Breast Cancer - the European Oncology Nursing Society

Transcription

Breast Cancer - the European Oncology Nursing Society
N U R S I N G
A T
T H E
H E A R T
O F
P A T I E N T
C A R E
Autumn 2009
Theme:
Breast
Canc e r
Care
Contents
Autumn 2009
GAST-LEITARTIKEL
Editor-in-Chief:
Clair Watts
5
Debbie Fenlon
Catherine Miller
Mitteilung des EONS-Vorstands. Zielgerichtete Therapien
im Krebstherapieprogramm (Treatment of Cancer
Programme) 2009. 80 Fragen und Antworten zu Krebs
und Sexualität
Art Editor:
FEATURES
Production Editor:
6
Anna Wagstaff
Editorial Assistant:
Jason Harris
10
EONS Secretariat:
Avenue Mounier 83, 1200 Brussels, Belgium
Phone: +32 (0)2 779 99 23
Fax: +32 (0)2 779 99 37
12
e-mail: eons.secretariat@cancernurse.eu
Website: www.cancernurse.eu
EONS acknowledges AMGEN (Europe) GmbH,
AstraZeneca, Merck KGaA, Novartis, Hoffmann-
16
La Roche, Sanofi-Aventis Groupe, Wyeth Europa,
GSK and Topotarget for their continued support of
18
the Society as sustaining members.
Print run: 5000 copies
Electronic version accessible
Klassifizierung des Mammakarzinoms: der dreifach
negative Phänotyp
26
Die Fortbildung von Brustschwestern: Herausforderungen
und Anforderungen
28
Rat und Informationen für Frauen mit Lymphödemrisiko
nach einer Brustkrebstherapie
Premier Print Group Ltd
25-31 Violet Road, London, E3 3QQ, UK
Disclaimer
The views expressed herein are those of the
agency/company represented in advertisements is
Untersuchung der Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse von Frauen mit
Mammakarzinom aus schwer erreichbaren Gruppen in
Großbritannien: Empfehlungen für Brustschwestern
24
© 2009 HarrisDPI. www.harrisdpi.co.uk
the European Oncology Nursing Society. The
Adhärenz bezüglich der adjuvanten endokrinen Therapie
Veränderungen im Gesundheitswesen – Veränderungen
in der Brustkrebsversorgung
Design and production:
authors and do not necessarily reflect the views of
Auf die vielschichtigen Bedürfnisse von Frauen mit
metastasierendem Mammakarzinom eingehen - eine
Grundsatzinitiative
21
to 24000 EONS members
Printed by:
Die Rolle der Brustschwester bei der Beurteilung von
Brustkliniken in Europa
solely responsible for the accuracy of information
presented in that advertisement.
The European Oncology Nursing Society (EONS)
does not accept responsibility for the accuracy of
The aim of the EONS Newsletter is to provide a written resource for European nurses working
in cancer settings. The content of the articles is intended to contribute to the growing body
of knowledge concerning cancer care.
any translated materials contained within this
edition of the EONS Newsletter.
2
All correspondence should be addressed to the Editor-in-Chief at: eons.secretariat@cancernurse.eu
Editorial
Gast-Leitartikel
Debbie Fenion
eit den 1980-er Jahren arbeite ich mit Mammakarzinompatientinnen zusammen und
hatte die Ehre, einige der Personen kennenzulernen, die Einfluss auf die Einführung der Pflege bei
Brusterkrankungen (Breast Care Nursing) als Fachgebiet hatten, wie Ann Tait, Sylvia Denton, Peter
Maguire, Maggie Watson und Kinta Beaver, und mit
ihnen zusammenzuarbeiten. Insbesondere Ann hat
Einfluss gehabt und sie arbeitete auch weiterhin mit
der britischen Wohltätigkeitsorganisation Breast Cancer Care, um für Frauen mit Mammakarzinom die
beste Versorgung zu sichern. Anns (endgültiger)
Rücktritt von ihrer Tätigkeit in diesem Gebiet fällt
zeitlich mit der Herausgabe des EONS European
Breast Care Nursing Curriculum zusammen. Sicherlich ist sie hoch erfreut, zu sehen, dass die Pflege bei
Brusterkrankungen den Kinderschuhen entwachsen
ist und sich als Fachgebiet weltweit etabliert.
S
Das EONS Breast Care Nursing Curriculum wurde
als Antwort auf die Notwendigkeit entwickelt, europaweit einheitliche Richtlinien über die Pflege und
Ausbildung bei Brusterkrankungen zu erstellen. Ein
Panel von Experten für die Pflege bei Brusterkrankungen aus ganz Europa wurde einberufen, die zusammen die Aufgaben und Standards der Pflege bei
Brusterkrankungen festlegten und sich auf die
Kernkompetenzen und Lernerfolgskontrollen für
Brustschwestern (Breast Care Nurse) einigten.
Einige der Krankenschwestern, die zum Aufbau
dieses Curriculum beigetragen haben, kommen auch
in diesem Newsletter zu Wort. Ilana Kadmon, die
einen Dienst für Pflege bei Brusterkrankungen in ganz
Israel ins Leben gerufen hat, diskutiert die
Notwendigkeit für einheitliche Ausbildungsstandards
der Brustschwestern und die Vorbereitung der nächsten Generation. Yvonne Wengstrom, ehemalige
Präsidentin von EONS und Professorin für Krebstherapie und Eva Gustafsson vom Karolinska Universitätsklinikum in Schweden sprechen über die stärkere
Adhärenz von Frauen bei endokrinen Therapien durch
mehr Informationen und besseres Symptommanagement. Saskia Claassen, eine erfahrene spezialisierte
Krankenschwester für Brustkrebs am CatharinaKrankenhaus in Eindhoven in den Niederlanden,
nimmt an der Beurteilung von Brustkliniken in ganz
Europa teil, zur Sicherstellung, dass ein adäquates
Angebot an Pflege bei Brusterkrankungen besteht. Sie
gibt uns Einblicke in diese Tätigkeit. Manuela Eicher
beschreibt, inwiefern Brustschwestern gut positioniert
sind, um auf die in ganz Europa auftretenden Veränderungen im Gesundheitswesen zu reagieren, dank
der Erkenntnis, dass die Bedürfnisse von Frauen mit
Mammakarzinom nach Therapieabschluss fortbestehen und sie ähnliche Bedürfnisse wie Menschen mit
anderen langfristigen Erkrankungen haben.
Weitere Beiträge zum Newsletter erzählen uns
über andere Aspekte der Rolle der Pflege bei
Brusterkrankungen. Mary Woods, Consultant Nurse
für Lymphödeme am Royal Marsden Hospital in London und Surrey in Großbritannien hat viele Jahre unterrichtet, geforscht und Frauen mit Lymphödemen
unterstützt und ist am besten in der Lage, uns über
die Neuigkeiten bei der Behandlung dieser
Erkrankung zu informieren. Kay Townsend erzählt
Neues über die Komplexitäten der Rezeptororte von
Brustkrebszellen und Therapien. Dazu kommen
Beiträge der britischen Wohltätigkeitsorganisation
Breast Cancer Care, die auf die Unterstützung und
Aufklärung von Personen abzielt, die von Brustkrebs
betroffen sind: Emma Blows beschreibt die
Forschungsarbeiten in Zusammenarbeit mit Professor
Alison Richardson und Professor Emma Ream von
der King’s University, London über Outreach-Programme zur Informationsverbreitung und Unterstützung benachteiligter Gruppen in der britischen
Gesellschaft, wie Schwarze, ethnische Minderheiten
und ältere Frauen mit Brustkrebs. Liz Reed hat mit
ihren Nachforschungen über die Bedürfnisse von
Frauen mit sekundärem Mammakarzinom einen
wichtigen Beitrag geleistet und sie erzählt uns, wie
Breast Cancer Care auf diese Ergebnisse mit dem
Einrichten eines Ausschusses reagiert hat, der sich
den Bedürfnissen von Frauen widmet, deren
Brustkrebs sich ausgebreitet hat.
In dieser Ausgabe sehen wir, dass die Bedürfnisse
von Mammakarzinompatientinnen weit über die Diagnose und Therapie hinausgehen, dass ihre
Bedürfnisse breit und von Dauer sind. Ich hoffe, dass
die Ausbildung als Pflegefachkraft uns über das
medizinische Modell der Akutversorgung und -therapie hinausgehen lässt und wir uns von der Diagnose
über die Therapie bis hin zum langfristigen Überleben
auf die Erfahrung Brustkrebs konzentrieren. Als
Brustschwestern sind wir auf die Bedürfnisse der
Mammakarzinompatientinnen fokussiert, ganz gleich
welche Bedürfnisse oder Vorstellungen sie haben und
unabhängig vom individuellen Erkrankungsablauf
oder der derzeitigen Therapie. Dadurch versetzen wir
Frauen mit Mammakarzinom in die Lage, ihre gesetzten Ziele zu erreichen, trotz der Einschränkungen,
die ihnen ihre Erfahrung mit Brustkrebs auferlegt.
5
Mitteilung des EONS-Vorstands
Normalerweise läuft im Sommer
alles etwas langsamer bei der Arbeit, das trifft dieses Jahr jedoch nicht
auf den Vorstand von EONS zu. Seit dem
Frühjahr 2009 hat der Vorstand eine neue
Geschäftsführerin ernannt, die neue
Website lanciert, die Renovierung der
Büroräume organisiert und mit dem
Neuentwurf des Newsletters begonnen.
Wir heißen Dr. Clair Watts herzlich
willkommen. Seit ihrem Beitritt in April
hat sie sich zunächst mit der
Bürorenovierung und der
Websiteentwicklung beschäftigt. Die
Website von EONS steht jetzt live mit
ihrem neuen Look im Internet, schauen
Sie doch einfach mal vorbei, falls Sie
das noch nicht getan haben. Sowohl das
Erscheinungsbild als auch der Inhalt
wurden komplett überarbeitet, um
Ihnen die aktuellsten Informationen
benutzerfreundlich bereitzustellen. Bei
Fragen oder Vorschlägen zur Website
wenden Sie sich bitte an das Büro von
EONS, damit wir diesen
Entwicklungsprozess zusammen
fortführen können. Die Website von
EONS findet sich unter:
http://www.cancernurse.eu/
Der Vorstand hat seine Arbeit mit den
Projektpartnern fortgesetzt und die
Aktualisierung der
Aufklärungsmaterialien von EONS
sowie die Entwicklung von neuen
Ausbildungsprojekten vorangetrieben.
So wurde zum Beispiel das TARGETProgramm überarbeitet und erneut
unter dem Namen target update
2009“ eingeführt. Der erste, äußerst
erfolgreiche Fortbildungskurs dieser
neuen Reihe fand im Mai in Dublin,
Irland statt. Beim BREATHE-Projekt
(Breathing and Respiratory Education
And Training for Health professionals
with E technology oder Aus- und
Fortbildung im Bereich Atmung und
Respiration für medizinische
Fachkräfte mit E-Technologie)
durchläuft der Lehrplan jetzt den
letzten Schritt, bei dem er an den Stil
von EONS angepasst wird, und wird
im September auf der Website von
EONS vorgestellt werden. Auch
wurde der Aufbau-Lehrplan für Pflege
bei Brusterkrankungen von EONS
inzwischen fertig gestellt und wird
offiziell auf dem ECCO-ESMO Kongress
in Berlin vorgestellt. Mehr über die
Projekte von EONS erfahren Sie auf
unserer Website.
Viel Zeit wurde auch auf die
Programmplanung für den Kurs
„Onkologiepflege“ auf dem ECCO15
ESMO34 Kongress in Berlin verwendet
sowie auf die Entwicklung des
Programms für die 7th Spring
Convention der EONS. Die
Vorstandsmitglieder freuen sich darauf,
viele von Ihnen in Berlin zu sehen und
hoffen, dass Sie das Programm so
motivierend und innovativ finden wie
wir. Auch möchten wir die Gelegenheit
ergreifen, uns bei allen zu bedanken,
die ihre Abstrakte für Präsentationen
auf dem ECCO-ESMO Kongress
eingereicht haben, und hoffen, dass die
Teilnehmer dieses Kongresses uns bei
einem Umtrunk während der
Generalversammlung der EONS am
Dienstag, den 22. September um 18 Uhr
Gesellschaft leisten. Inzwischen wurde
auch der Termin für die Einreichung
der Abstrakte und
Stipendienfinanzierungen für den
Frühjahrskongress der EONS (15.-16.
April 2010 in Den Haag, Niederlande)
auf den 17. Dezember 2009 festgesetzt.
Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen
und Ihre zukünftige Mitarbeit!
Ulrika Östlund
6
LATEST NEWS
target 2009 – Zielgerichtete Therapien
im Krebstherapieprogramm
m Freitag, den 22. Mai 2009 hielt die
irische Gesellschaft für onkologische Pflege
(Irish Association of Nursing in Oncology (IANO))
mit Unterstützung von Amgen Ireland und Merck
Serono erfolgreich das zweite target-Programm
im Crown Plaza Hotel, Santry, Dublin 9 ab. Insgesamt nahmen 29 Onkologieschwestern/pfleger aus onkologischen Kliniken aus dem
ganzen Land teil.
Das erste Target-Programm im Jahr 2006
hatte sich auf die zielgerichteten Anti-EGFR-Therapien bei Kolorektalkarzinomen konzentriert. Allerdings führte eine umfangreiche Überarbeitung des
Programms zum Einschluss sämtlicher zielgerichteter Therapien für alle Tumorarten. Irland
war das erste Land, das dieses neue Target-Programm umsetzte.
Am Tag selbst hatte Frau Frieda Clinton, Präsidentin der IANO, den Vorsitz inne. Herausragende
A
80 Fragen und Antworten zu Krebs und Sexualität
Sexuelle Dysfunktion ist eine häufige
langfristige Nebenwirkung der
Krebstherapie. Krebspatienten berichten,
dass die sexuellen Risiken vor der Therapie
oder die Behandlungsmöglichkeiten bei
sexueller Dysfunktion nach erfolgter Therapie
nur selten besprochen werden. Obwohl viele
Onkologieschwestern/-pfleger wissen, dass
sexuelle Probleme bei Patienten und deren
Partnern auftreten können, bietet der Großteil
der Pflegekräfte keine Informationen zu und
Unterstützung bei sexuellen Fragen an. Dazu
kommt, dass sexuelle Schwierigkeiten häufig
nicht vom Krebsversorgungsteam identifiziert
werden und die Mehrheit der Patienten keine
oder nur geringe Unterstützung im Umgang
mit den Auswirkungen von Krebs und seiner
Behandlung auf ihre Intimsphäre erhält.
Patienten und ihre Partner wünschen sich
Informationen über die Auswirkungen von
Krankheit, Therapie und Behinderungen auf
ihre Sexualität. Dieses (unerfüllte)
Informationsbedürfnis und die Einstellung
von Pflegekräften im Hinblick auf Sexualität
haben den Bedarf an leicht zugänglichen
Informationen für Patienten und deren Partner
hervorgehobenen.
Aus Studien geht hervor, dass
unterschiedliche Informationen zur Sexualität
zu drei verschiedenen Zeitpunkten benötigt
werden: Diagnose und Therapiezeitraum,
Rekonvaleszenz und Wiederaufnahme des
Sexlebens. Wir konzentrieren uns auf alle
Krebstherapien, die Auswirkungen auf die
Sexualität und Fertilität haben können. Mit
„80 Fragen und Antworten über Krebs und
Sexualität“ zielen wir darauf ab,
Informationen über Sexualität für Patienten
mit allen Krebsarten und deren Partner
verständlich zu präsentieren und zugänglich
zu machen. Diese Informationen können, falls
nötig, den Patienten dabei unterstützen,
erwartete sexuelle Probleme mit ihrem
medizinischen Ansprechpartner zu bereden.
Damit soll Patienten geholfen werden, auf die
erwarteten sexuellen Probleme ihrer
Krebserkrankungen oder Therapie vorbereitet
zu sein und die Lebensqualität positiv zu
Redner gaben einen umfangreichen Überblick über
die zielgerichteten Therapien, von Präsentationen
über die Molekularbiologie der Krebserkrankungen
hin zum Einsatz zielgerichteter Therapie in klinischen Einrichtungen. Der Kurs wurde sehr positiv
aufgenommen. Die Teilnehmer fanden den Kurs
äußerst wertvoll und stellten fest, dass die vermittelten Informationen sehr starke Relevanz für ihre
klinische Praxis hatten. Der Tag ging mit einer interaktiven Sitzung zu Ende, die den Teilnehmern
die Möglichkeit bot, ihre klinischen Erfahrungen
mit zielgerichteten Therapien zu teilen. Alle Teilnehmer erhielten am Ende des Tages eine Referenzmappe mit den Lehrvorträgen.
Mitte August wird eine Folgebefragung nach 3
Monaten durchgeführt, um festzustellen, ob die
einzelnen Teilnehmer in der Lage waren, ihr neu
erworbenes Wissen in der täglichen Praxis
anzuwenden. Frieda Clinton
beeinflussen. Hoffentlich kann in naher
Zukunft einem Großteil der sexuellen
Probleme durch die rechtzeitige und
angemessene Bereitstellung von
Informationen und Aufklärung der Patienten
vorgebeugt werden.
Im ersten Entwurf dieser Broschüre haben
wir aus der Fachliteratur und
multidisziplinären Expertenmeinungen von
26 medizinischen Fachkräften Antworten auf
80 Fragen zusammengestellt. Diese
Informationen führten zu Debatten zu diesem
Thema und da es immer noch an
konsensbasierten Informationen – ganz
absehen von Nachweisen – über die Sexualität
nach Krebserkrankungen mangelt, wurde mit
der Sammlung von strukturiertem Feedback
von Patienten/Partnern und Kollegen auf dem
Gebiet begonnen, um die Broschüre zu
vervollständigen und zu überarbeiten.
Obwohl die Broschüre derzeit nur auf
Niederländisch erhältlich ist, wurden bereits
Vorbereitungen für eine englische Fassung
getroffen. Corien Eeltink & Daniela Hahn
7
D
Saskia Claassen
as Fachgebiet der Pflege bei
Brusterkrankungen hat sich in den
letzten 20 Jahren in Großbritannien,
Australien, den USA, Skandinavien
und den Benelux-Staaten herausgebildet. Der Zweck
dieses Aufgabenbereichs ist die Unterstützung von
Frauen, die von Brustkrebs betroffen sind, und deren
Familien. Mit der Zeit hat sich eine Reihe von
verschiedenen Rollen für die Brustschwestern mit
verschiedenen Ausbildungsoptionen abgezeichnet
und es wurden Krankenschwestern mit
verschiedenen Bildungswegen und Erfahrungen
eingestellt. Die verwendeten Berufsbezeichnungen
lauten u. a. Breast Care Nurse, Advanced Nurse
Practitioner [1, 2] Nurse Specialist, Specialist Breast
Nurses [3, 4] oder Breast Cancer Nurse [5]. Die Rollen
haben sich in verschiedenen Umfeldern entwickelt,
die oft auf einen einzigen Bereich spezialisiert waren,
darunter Mammographie-Screening, Diagnose,
Chirurgie, Radiotherapie, metastasierende Erkrankung
und Nachsorge.
Belege aus randomisierten kontrollierten Studien
legen nahe, dass die Beteiligung der Brustschwester
psychologische Vorteile hat, darunter geringere
Belastung [6], verminderte Angstzustände und
Depressionen, stärkeres körperliches und soziales
Wohlbefinden [5, 9], deutliche geringer ausgeprägte
krankheitsbedingte Ungewissheit bis zu sechs
Monaten nach Diagnose [2] und deutlich geringere
Insomnie, Kurzatmigkeit und finanzielle
Schwierigkeiten [10].
Als Bestandteil eines multidisziplinären Teams
scheinen Brustschwestern Auswirkung auf die
Qualität von Brustzentren zu haben. In einer
zufälligen Auswahl von 72 Brustkrebsteams wirkte
sich der Anteil der Brustschwestern, abgesehen vom
Arbeitspensum des Teams, positiv auf die klinische
Gesamtleistung aus[7].
Aufgrund der großen Unterschiede in der
Krankenpflege und Ausbildung in Europa kann nicht
davon ausgegangen werden, dass eine
Krankenschwester, die im Bereich Brustkrebs tätig ist,
die Ausbildung oder Chance haben wird, sich
beruflich weiterzuentwickeln, auch wenn sie sich
bessere Aufklärung über die Bedürfnisse der Frauen
mit Mammakarzinom wünscht, um eine optimale
10
Die Rolle der
Brustschwester
Beurteilung von
Brustkliniken in
Versorgung zu gewährleisten.
Internationale Leitlinien über die Standards für die
Ausbildung von spezialisierten medizinischen
Fachkräften im Bereich Krebserkrankungen wurden
von EUSOMA (der europäischen Gesellschaft der
Brustkrebsspezialisten) entwickelt und veröffentlicht
[8]
. Sie besagen zum Beispiel, dass Brustschwestern
über spezielle Kenntnisse verfügen und mit den für
ihre Patienten relevanten Themen vertraut sein
müssen.
EUSOMA hat auch internationale Leitlinien für
Brustkliniken erlassen. Brustkliniken in ganz Europa
können sich um eine Akkreditierung bemühen. Ein
Expertengremium, darunter ein Chirurge, ein
Radiologe, ein Pathologe und eine Brustschwester,
besucht die Klinik und beurteilt, ob sie die von
EUSOMA entwickelten Standards erfüllt.
Die Rolle der Brustschwester gilt als wichtiger
Bestandteil einer Brustklinik und eine Klinik kann
ohne Brustschwester keine Akkreditierung erhalten.
Als erfahrene spezialisierte Krankenschwester für
Brustkrebs in der Brustklinik des CatharinaKrankenhauses in Eindhoven in den Niederlanden
bin ich Teil des EUSOMA-Teams, das diese
n Europa
Brustkliniken besucht. Bei diesen Besuchen treffe ich
mit der bzw. den Brustschwester(n) und dem Personal
zur Patientenunterstützung zusammen. Zudem
schaue ich mir auch die Informationsbereitstellung
an. Ich überprüfe, ob die Klinik die von der EUSOMA
aufgestellten Kriterien erfüllt. Beispiele sind die
Anzahl der Brustschwestern (es muss mindestens
zwei Brustschwestern geben) und der Zeitpunkt, an
dem die Patientin die Brustschwester trifft. Die
Standards besagen, dass die Brustschwester bei neu
diagnostizierten Patientinnen zum Zeitpunkt der
Diagnose als Beistand und zur Erteilung praktischer
Ratschläge und emotionalen Unterstützung zur
Verfügung stehen muss. Ferner muss sie in der Lage
sein, die Therapiepläne eingehender erklären zu
können. Auf Anfrage muss sie auch bei der
Nachsorge für Patientinnen mit primärem
Mammakarzinom und bei fortgeschrittenem
Mammakarzinom zur Verfügung stehen. Ein weiterer
Standard besagt, dass Brustschwestern anwesend
sein müssen, um Frauen zu unterstützen, die mit
fortgeschrittenem Mammakarzinom diagnostiziert
werden. Das Ziel dieser Besuche ist, zu beobachten,
wie die Versorgung gemäß den EUSOMA-Leitlinien
David Townend Photography
bei der
organisiert ist und bereitgestellt wird.
Bei diesen Besuchen ist mir aufgefallen, dass die
Krankenpflege und Ausbildung in Europa sich
tatsächlich stark unterscheidet. Eines der Kriterien
für die EUSOMA-Akkreditierung ist das
Vorhandensein einer Brustschwester, daher hat jedes
besuchte Krankenhaus eine, aber das
Ausbildungsniveau und die Rollenausübung können
stark voneinander abweichen. So arbeiten sie zum
Beispiel häufig noch alle Schichten. Arbeitet die
Brustschwester eine Nachtschicht, steht sie nicht zur
Verfügung, um Patientinnen weiterzuhelfen, Kontakt
mit den Ärzten zu haben oder Patienteninformationen
zu erstellen.
Ein anderes Beispiel ist, dass nicht jedes Land über
eine Ausbildung für die Pflege bei Brusterkrankungen
verfügt. Einige Krankenschwestern werden
krankenhausintern ausgebildet, andere jedoch lernen
nur durch die Erfahrung in der Praxis. Daher bin ich
hocherfreut, dass die Brustkrebsgruppe des
Europäischen Parlaments sowie die EUSOMA die
Brustschwestern als wichtigen Bestandteil eines
multidisziplinären Teams benannt haben. Aufgrund
der großen Unterschiede in der Ausbildung, sofern sie
vorhanden ist und den abweichenden Niveaus der
Ausbildung besteht ein Bedarf nach EU-Richtlinien
zur Pflege und Ausbildung bei Brusterkrankungen.
Die European Oncology Nursing Society (EONS)
hat die Ausarbeitung eines Lehrplans zur Ausbildung
von Brustschwestern in Auftrag gegeben, der in allen
europäischen Ländern eingesetzt werden kann.
Dieser Lehrplan wurde in Anlehnung an das EONS
post-basic Curriculum in Cancer Nursing 2005 (3.
Auflage) entwickelt. Der EONS-Lehrplan für Pflege
bei Brusterkrankungen zielt auf alle
Krankenschwestern ab, die Personen mit Brustkrebs
versorgen. Dieser Lehrplan ist auf Grundstufenniveau
und soll von berufstätigen und in Teilzeit
studierenden Krankenschwestern als unabhängiges
Modul belegt werden.
Der Lehrplan ist ein äußerst wichtiger Schritt zur
Verbesserung der Qualität der Pflege im Allgemeinen
und insbesondere der Qualität der Pflege durch
Brustschwestern in allen europäischen Ländern, und
um in Europa eine einheitliche Art Brustschwester
auszubilden, die in jedem Krankenhaus die gleiche
Rolle ausübt, als vollwertiges Mitglied eines
multidisziplinären Teams.
Diese Entwicklung muss mit der ärztlichen
Versorgung gleichziehen und der Krankenpflege in
jedem europäischem Land zu einem hohen
Standard verhelfen.
11
QUELLENANGABEN:
1. Maguire, P., et al., Effect of counselling on the
psychiatric morbidity associated with mastectomy. Br
Med J, 1980. 281(6253): S. 1454-6.
2. Ritz, L.J., et al., Effects of advanced nursing care
on quality of life and cost outcomes of women
diagnosed with breast cancer. Oncol Nurs Forum,
2000. 27(6): S. 923-32.
3. Liebert, B., et al., An evidence-based specialist
breast nurse role in practice: a multicentre
implementation study. Eur J Cancer Care (Engl), 2003.
12(1): S. 91-7.
4. Watson, M., et al., Counselling Breast Cancer
Patients: a specialist nurse service. Counselling
Psychology Quarterly, 1988. 1(1): S. 25-33.
5. McArdle, J.M., et al., Psychological support for
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6. Wengström, Y., C. Häggmark, and C. Forsberg,
Coping with radiation therapy: Effects of a nursing
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2001. 7: S. 8-15.
7. Haward, R., Amir, Z., Borrill, C., Dawson, J.,
Scully, J., West, M., and Sainsbury, R. 2003. Breast
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workload, and methods of operation on their
effectiveness. Br J Cancer 89:15-22.
8. Cataliotti, L., et al., Guidelines on the standards
for the training of specialised health professionals
dealing with breast cancer. Eur J Cancer, 2007.
9. Strong, V., et al., Management of depression for
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randomised trial. Lancet, 2008. 372(9632): S. 40-8.
10. Arving, C., et al., Satisfaction, utilisation and
perceived benefit of individual psychosocial support
for breast cancer patients--a randomised study of
nurse versus psychologist interventions. Patient Educ
Couns, 2006. 62(2): S. 235-43.
12
Auf die vielschichtigen
Bedürfnisse von Frauen
mit metastasierendem
Mammakarzinom eingehen eine Grundsatzinitiative
Elizabeth Reed and Dora Wheeler
Im letzten Jahrzehnt hat sich in der
medizinischen Behandlung des
metastasierenden Mammakarzinoms eine
Verbesserung abgezeichnet: die Entwicklung
von wirksameren und besser verträglichen
Therapien, die mit der Zeit einer breiteren
Spanne von aufeinander folgenden Patientinnen verabreicht werden können (1), (2) (3). Die
aktive Therapie führt bei Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom, auch denen
mit Viszeralerkrankung, häufig zu einer verlängerten Krankheitstrajektorie und für viele
kann es zu einer Langzeiterkrankung werden.
Aufgrund der zunehmenden Therapieoptionen und der potenziell längeren Krankheitstrajektorie gestalten sich die zu treffenden
Entscheidungen und zu überwindenden Hindernisse und Probleme im Laufe der Zeit komplexer. Wenngleich Fortschritte bei den
Therapieoptionen zu einer höheren Lebenserwartung geführt haben, sind die psychosozialen Ressourcen für Frauen nach wie
vor begrenzt. Auf Seiten der Fachkräfte mangelt es an Bewusstsein über die sowie eine ausreichende Anerkennung der Bedürfnisse der
Frauen, was nachweislich Auswirkungen auf
deren Wohlbefinden hat (4).
Aus dem Wunsch, den vielschichtigen
12
Bedürfnissen dieser zunehmenden Anzahl an
Frauen in Großbritannien Rechnung zu tragen
und als Reaktion auf das Feedback von Frauen
mit metastasierendem Mammakarzinom, die
sich allein gelassen und isoliert fühlten, ging
im Jahr 2006 die Arbeitsgruppe Sekundärer1
Brustkrebs von Breast Cancer Care 2 hervor,
zur Verbesserung der Versorgung, Therapie
und Unterstützung von Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom.
Arbeitsgruppe Sekundärer Brustkrebs
Die Arbeitsgruppe wurde 2006 ins Leben
gerufen und bestand zwei Jahre lang als nationaler Zusammenschluss aus medizinischen
Fachkräften, Wohltätigkeitsorganisationen,
Entscheidungsträgern und Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom. Die Agenda
wurde von Frauen geleitet, die mit dieser
metastasierenden Erkrankung leben. Acht
Frauen bildeten eine sogenannte User Advisory Group (kurz UAG oder Interessenvertretergruppe), die sich regelmäßig traf, und
50 Frauen stellten Teil eines Referenzpanels
(RP) dar, das an Umfragen und Fokusgruppen
teilnahm, Fachartikel kommentierte, Aufklärungsveranstaltungen besuchte und Medieninterviews gab. Zwei Mitglieder der UAG
waren auch in der Arbeitsgruppe vertreten.
Die Prioritäten der Arbeitsgruppe leiteten
sich aus einem von der UAG vorgestellten, um
die Meinungen des RPs ergänzten Fachartikel
und den Ergebnissen des Expertenkonsenses
ab (Abbildung 1).
DATENSAMMLUNG
Trotz der Fortschritte bei den diagnostischen
Verfahren und der Behandlung des Mammakarzinoms wird geschätzt, dass ungefähr
50 % aller Frauen mit primärem operierbarem
Mammakarzinom, die nur eine locoregionale
Therapie erhalten, beim ersten Arztbesuch
Mikrometastasen aufweisen und später zur
metastasierenden Form der Erkrankung
übergehen(5); 5-10 % weisen bei Diagnosestellung eine metastasierende Erkrankung auf(6).
Diese Zahlen belegen, dass ein beträchtlicher Anteil der geschätzten 550.000
Frauen, die in Großbritannien mit der Diagnose Brustkrebs leben, an der metastasierenden Form der Erkrankung leiden(7). Jedoch
werden in Großbritannien keine Daten über
die Inzidenz von metastasierendem Mammakarzinom erfasst. Durch das Fehlen der
genauen Daten fällt es Entscheidungsträgern
und Dienstleistungsanbietern schwer, Dienste
zu entwickeln, die den Bedürfnissen dieser
Breast Cancer Care
Frauen entsprechen.
Die Arbeitsgruppe erstellte eine Grundsatzmitteilung, die die Notwendigkeit der
Datensammlung über die Inzidenz von metastasierendem Mammakarzinom hervorhob und
die Ergebnisse einer Umfrage unter Krebsregistern, die Inzidenzdaten eines Registers sowie
Empfehlungen enthielt. Im Oktober 2007
wurde in Westminster die Kampagne ‘Stand
up and be counted’ lanciert.
Die Arbeitsgruppe sprach die Empfehlung
aus, dass die Daten über die Inzidenz des
metastasierenden Mammakarzinoms und die
Überlebensraten gesammelt werden sollten
und rief alle Stakeholder auf, gegen den Mangel an Daten vorzugehen. Im Juni 2008 teilte
das National Cancer Intelligence Network mit,
dass die Daten über rezidivierendes und metastasierendes Mammakarzinom in allen Krebsregistern obligatorisch erfasst werden würden.
Koordination der Versorgung
Aus Forschungsergebnissen geht hervor, dass
Frauen mit metastasierender Erkrankung nicht
Abbildung 1: Prioritätsbereiche der Arbeitsgruppe
● Mangelnde Daten zur Inzidenz und Überlebensrate bei metastasierendem
Mammakarzinom
● Mangelnder Zugang zu einer spezialisierten Krankenschwester mit
Fähigkeiten und Kenntnissen in der Behandlung des metastasierenden
Mammakarzinoms
● Lücken beim Zugang zu akkuraten und zutreffenden Informationen ab dem
Zeitpunkt der Diagnose
● Lücken in der Bereitstellung psychologischer Unterstützung für Frauen mit
metastasierendem Mammakarzinom und deren Familien
● Bedarf nach besserer Behandlung des metastasierenden
Mammakarzinoms in der Primärversorgung
dieselbe Aufmerksamkeit und Versorgung wie
Frauen mit Primärerkrankung erhalten.
Die Auswirkungen der inadäquaten Bereitstellung der Versorgung auf das körperliche und psychologische Wohlbefinden
könnten erklären, warum unkontrollierte
Symptome, wie u. a. Erschöpfung,
Schmerzen, Schlaflosigkeit und Depression
bei Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom als Problem gelten(8) (9) (10).
Viele Frauen in der Arbeitsgruppe hatten
das Gefühl, dass ihre Erfahrungen bei der Diagnose mit metastasierendem Mammakarzinom schlechter waren als ihre Erfahrungen bei
der Diagnose mit primärem Mammakarzinom,
bei der sie Informationen und Unterstützung
erhielten. Nur einigen wurde die Unterstützung einer Brustschwester angeboten und
viele hatten den Eindruck, dass sie sich mit
wenig offiziellem Beistand mit den komplexen
Gesundheits- und Sozialdiensten auseinanderzusetzen mussten. Brustschwestern hingegen berichten, dass ihre Zeit hauptsächlich auf
das Erfüllen der Bedürfnisse von Frauen in der
adjuvanten Therapie entfällt, und einige hatten den Eindruck, dass ihnen das Wissen oder
die Sicherheit fehle, Frauen mit metastasierender Erkrankung zu versorgen.
13
Die Arbeitsgruppe forderte, dass alle Frauen
mit der Diagnose metastasierendes Mammakarzinom eine Ansprechpartnerin zur Seite
gestellt bekommen, die über die passenden
Fähigkeiten und Kenntnisse zur Unterstützung
und Versorgung von Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom verfügt. Darauf
aufbauend sammelt Breast Cancer Care derzeit
Informationen aus ganz Großbritannien über
die Pflegemodelle, die auf diese Patientengruppe angewandt werden könnten, und beabsichtigt die Durchführung von Studien zur
Untersuchung der Auswirkungen der verschiedenen Nachsorgemodelle.
INFORMATIONSBEREITSTELLUNG
Bei der Diagnose von Personen mit rezidivierendem Karzinom besteht unter dem
Therapiepersonal die Annahme, dass deren
vorherige Erfahrung mit der Erstdiagnose sie
auf diesen Rückfall vorbereitet hat. 90 % der
Patienten berichten über weniger Aufmerksamkeit und bereitgestellte Informationen
und die Annahme, dass sie damit zurecht
kämen und ausreichend Unterstützung hätten(12). Zudem scheint das Engagement
der Fachkräfte mit fortschreitendem
Krankheitsverlauf und schwindenden Therapieoptionen abzunehmen(13).
Als Reaktion auf diese Aussagen und auf
Feedback der UAG und des RPs empfahl die
Arbeitsgruppe eine Beurteilung der Informationsbedürfnisse aller Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom. Breast Cancer
Care hat in Beratung mit Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom und medizinischen Fachkräften ein Ressourcenpaket
zusammengestellt, das Informationen über die
Diagnose und Therapie sowie andere
Ressourcen enthält. Damit wird das Paket zu
einer persönliche Akte für jede Frau. Es ist
kostenlos und kann von jedermann über seine
medizinische Fachkraft oder auf der Website
von Breast Cancer Care (www.breastcancercare.org.uk) bezogen werden.
Psychologische Unterstützung
Die Arbeitsgruppe war sehr stark der Ansicht,
dass die psychologischen Bedürfnisse von
Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom regelmäßig überprüft werden sollten. Bei
mehr als 50 % der Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom wurde im Zusammenhang mit ihrer Krebserkrankung klinisch
signifikante Niveaus an traumatischen
Stresssymptomen festgestellt (14) und bei einem
Drittel der Frauen trat eine affektive Störung
auf, die wiederum bei einem Drittel dieser
Frauen ein anhaltendes Problem darstellte, das
einer Intervention bedurfte(10). Vor diesem Hintergrund ist das Bedürfnis, der psychologischen Gesundheit Beachtung zu schenken, von
überragender Wichtigkeit.
Den Frauen in der UAG und im RP waren
auch die Bedürfnisse der Familien und Freunde ein Anliegen. Sie waren der Ansicht,
dass den Bedürfnissen der Familienmitglieder
von Seiten der medizinischen Fachkräfte sehr
wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Diese Erfahrung wird durch Nachweise
gestützt, aus denen hervorgeht, dass medizinische Fachkräfte die nötige Unterstützung
für Patienten mit metastasierenden Karzinomen anscheinend unterschätzen und diese
Mike Richards, the UK National
Cancer Director, speaking at
the launch of the final report of
the Secondary Breast Cancer
Breast Cancer Care
Taskforce, November 2008
14
unerfüllte Anforderung zu hohen Belastungen
für die Pflegepersonen geführt hat, darunter
schlechte Gesundheitszustände(15). Zudem
können Pflegepersonen für Frauen mit metastasierendem Mammakarzinom Depressionen
ähnlicher Stärke wie die von ihnen versorgten
Frauen aufweisen(16).
Die Arbeitsgruppe rief dazu auf, dass
Regierungsinitiativen die Beurteilung des psychologischen Wohlbefindens von Patienten
und Familienmitgliedern mit berücksichtigen
sollten, und zwar anhand von anerkannten
Beurteilungsinstrumenten, die bei Schlüsselpunkten, wie der Krankheitsprogression,
und regelmäßig im Verlauf der Erkrankung
zum Einsatz kommen.
Bereitstellung der Primärversorgung
Die Arbeitsgruppe identifizierte drei
Hauptbedenken bei der Bereitstellung der
Primärversorgung
● Aufklärung der Allgemeinärzte über die
Anzeichen und Symptome von
metastasierendem Mammakarzinom
● Kenntnisse der Ärzte in der
Primärversorgung über die Behandlung
von metastasierendem Mammakarzinom
● Kommunikation zwischen Primär- und
Krankenhausversorgung
Diese Prioritäten finden sich auch in Studien
wieder, die herausfanden, dass die Beteiligung
von Allgemeinärzten und Palliativpflegediensten bei der Behandlung des metastasierenden
Mammakarzinoms beschränkt ist und die Versorgung in erster Linie durch Krankenhausfachärzte in ambulanten Kliniken erfolgt, mit
wenig oder gar keiner Unterstützung durch
niedergelassene Ärzte(17).
Eine von der Arbeitsgruppe durchgeführte
Umfrage ergab, dass 64 % der Frauen mit
ihren Symptomen zuallererst bei ihrem
Hausarzt vorstellig wurden und 66 % mehr
als einen Termin bei ihrem Hausarzt hatten,
bevor sie an einen Brustkrebsspezialisten
überwiesen wurden(18). Frauen in der UAG und
im RP äußerten Bedenken, dass ihre Hausärzte
nicht ausreichend über die medizinische Behandlung von metastasierendem Mammakarzinom informiert seien und die
Kommunikation zwischen Primär- und
Krankenhausversorgung lückenhaft sei. Die
Arbeitsgruppe entwickelte nach Beratung mit
Interessenten, Ärzten der Primärversorgung
und Mitgliedern der Arbeitsgruppe ein Instru-
ment zur Unterstützung von Teams in der
primären Gesundheitsversorgung bei der Betreuung von Frauen mit metastasierendem
Mammakarzinom(19) und empfahl, dass jeder
Allgemeinarzt, zusammen mit dem Schreiben
zur Bestätigung der Diagnose metastasierendes Mammakarzinom bei einer Patientin, eine
Kopie davon erhält.
Trotz des signifikanten Bestands an internationalen Studien über die vielschichtigen
Bedürfnisse von Frauen mit metastasierendem
Mammakarzinom konnte die Arbeitsgruppe
nur wenig Beweise dafür finden, dass sich dies
niederschlägt in Beurteilungen über die
Bedürfnisse in der klinischen Praxis in
Großbritannien oder die adäquate Bereitstellung von Diensten, die eine dauerhafte Unterstützung bieten. Die Entwicklung von
Unterstützungsdiensten scheint der Entwicklung von lebensverlängernden Therapien hinterher zu hinken.
Die Arbeitsgruppe löste sich im November
2008 auf, aber ihre Arbeit besteht fort. Breast
Cancer Care beeinflusst und verbessert die
Versorgung von Frauen mit metastasierendem
Mammakarzinom in allen identifizierten Bereichen, durch die Zusammenarbeit mit
Regierungsinitiativen, wie der National Cancer Survivorship Initiative, und Kampagnenarbeiten. Mehr über die Erfolge der
Arbeitsgruppe und weiterführende Tätigkeiten
finden Sie unter http://www.breastcancercare.org.uk/server/show/nav.728.
Breast Cancer Care
DEBATTE
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15
Adhärenz bezüglich der adjuvanten
M
endokrinen Therapie
Fred Van Deelen. www.organisart.co.uk
Yvonne Wengström and Eva Gustafsson
ammarkarzinomtherapi
en verursachen heute
im Allgemeinen
deutlich weniger
körperliche Deformierung durch
chirurgische Eingriffe als noch vor fünfzig
Jahren, sind jedoch komplexer und in
ihrer Dauer länger. Heute sind einige,
aber nicht alle Frauen oft gut über die
Details Ihrer Krebsdiagnose und prognose gut informiert und sind
zunehmend an den Entscheidungen über
ihre Therapie beteiligt (Shared Decision
Making). Trotzdem liegt noch ein
weiter Weg vor uns. Selbst wenn
schwere Depressionen beim Großteil
der Brustkrebspatientinnen und überlebenden selten auftreten, leiden
viele an therapiebezogener Belastung,
Angst vor Rückfällen, Änderungen im
Körperbild und der Sexualität sowie
physischen Toxizitäten der adjuvanten
Therapie.
Die adjuvante endokrine Therapie
(AET) wird zur Senkung des
Rückfallrisikos bei Frauen mit
hormonresponsivem Mammakarzinom
angewandt. Frauen erhalten die AET im
Allgemeinen für fünf Jahre. Jüngste
Forschungsergebnisse sprechen allerdings
für eine Verlängerung der Therapiedauer.
Wie erwähnt kommt der
Entscheidungsfindung eine immer
wichtigere Rolle in der Krebstherapie zu.
Für Frauen mit Mammakarzinom wird es,
aufgrund der Anzahl, Komplexität und
Nebenwirkungen, zunehmend schwieriger
die Vorteile und Nachteile der
verschiedenen Therapien abzuwiegen.
16
Shared Decision Making wurde als der
bevorzugte Ansatz für
Therapieentscheidungen der Patienten
benannt, dem eine positive Wirkung auf
das Ergebnis zugemessen wird[1;2].
Die zunehmende Patientenautonomie
hat in der Fachliteratur zum Ersatz des
stärker autoritätsgeladenen Begriffs
Compliance durch den Begriff Adhärenz
geführt[3]. Adhärenz kann definiert
werden als „das Ausmaß, in dem das
Verhalten einer Person mit dem ärztlichen
oder gesundheitlichen Rat
übereinstimmt“[4], auf die der
Entscheidungsprozess Einfluss ausüben
kann. Die medikamentöse Adhärenz kann,
selbst bei potenziell lebensbedrohlichen
Erkrankungen wie Brustkrebs, nicht
vorausgesetzt werden.[3] Jüngste
Forschungsergebnisse belegen einen
Zusammenhang zwischen der
langfristigen Adhärenz bei der adjuvanten
endokrinen Therapie (AET), dem
richtigen Beteiligungsgrad an der
Entscheidungsfindung und der
patientenzentrierten Pflege[5]. Diese Studie
legt nahe, dass die Nicht-Adhärenz bei
einer Therapie auf drei Faktoren
zurückzuführen ist:
● mangelnde Informationen über die Vorund Nachteile
● mangelnder sichtbarer Nutzen
● Bedarf einer psychologischen
Anpassung zur Erkennung der
Therapienotwendigkeit
Der Entscheidungsprozess muss
die mit der Patientenbetreuung
beauftragten medizinischen
Fachkräfte mit einbeziehen,
damit die Patienten über die
nötigen Informationen zum
Treffen schwieriger
Entscheidungen verfügen. Bei
der patientenzentrierten Pflege ist
auch die Entscheidung des
Patienten über das Ausmaß
der Partnerschaft
grundlegend. Aufgrund der
Komplexität der
Nebenwirkungen der
verschiedenen Therapien ist es
wesentlich,
Brustkrebspatientinnen
Informationen über die verschiedenen
Therapieoptionen und deren Vor- und
Nachteile mitzuteilen. Die
Therapieauswahl ist für die betroffenen
Frauen schwierig, weil sie in Form von
Empfehlungen anstatt eindeutiger
Ratschläge erfolgt. Ärzte haben zuweilen
dieses Informationsbedürfnis unterschätzt
und in jüngsten Jahren geht der Trend
dahin, dass Krebspatienten sich mehr
Beratung, Informationen und Einfluss auf
die Therapie wünschen[6;7]. Die
empfundene Kontrolle über eine
Erkrankung wirkt sich ebenfalls auf die
medikamentöse Adhärenz aus[8].
Soziodemographischen Faktoren, wie
Geschlecht, Bildungsstand und
Abstammung, konnte kein Einfluss auf
die Adhärenz zugeschrieben werden. Aus
einigen Studien geht jedoch hervor, dass
die Nicht-Adhärenz der AET im
fortgeschrittenen Alter wahrscheinlicher
ist[5] und dass die Adhärenz bei
langfristiger Medikation oft mit der Zeit
abnimmt[2]. Auch ist allseits bekannt, dass
bei komplexen Therapien oder Therapien
mit Nebenwirkungen eine geringere
Wahrscheinlichkeit für die Adhärenz
besteht[3;9].
Die Vorteile der AET sind gut
dokumentiert und sie ist oft gut
verträglich, allerdings haben ihre
zahlreichen Nebenwirkungen nicht
ausreichend Berücksichtigung gefunden.
Symptome und Nebenwirkungen gleichen
oft menopausalen Beschwerden, die
schwere Auswirkungen auf die
Lebensqualität haben können, wenngleich
Frauen mit vorheriger Chemotherapie die
Nebenwirkungen der AET als weniger
schwerwiegend beschreiben mögen.
Informationen über Nebenwirkungen
werden oft als unsystematisch
beschrieben und viele halten die
Informationen der Packungsbeilage der
Medikamentenschachtel für
angsterregend. Wenngleich Patienten oft
willens sind, angesichts einer
lebensbedrohlichen Erkrankung wie
Brustkrebs, Nebenwirkungen zu
tolerieren, kann nicht von der
tatsächlichen medikamentösen Adhärenz
ausgegangen werden. Studien belegen,
dass unangenehme Nebenwirkungen
einer Medikation die Adhärenz mindern
können[5;6]. Unsere klinische Erfahrung
hat gezeigt, dass die Nebenwirkungen
manchmal durch die Einnahme der Pille
zu einer anderen Tageszeit gemindert
werden konnten. Dies wird durch das
Ergebnis unterstützt, dass Frauen bei
Einnahme von Tamoxifen im Tagesverlauf
ein anderes Muster der Hitzewallungen
aufweisen als Frauen, die kein Tamoxifen
einnehmen(10). Komplementärtherapien
wie Akupunktur können ebenfalls
hilfreich sein.
Ganz offensichtlich ist es wichtig, zu
wissen, warum eine AET empfohlen wird,
sowie Informationen über den Nutzen
und die Risiken der Therapie zu erhalten.
Allerdings kommt es nicht selten vor, dass
diese Informationen fehlen und
unzureichende Kenntnisse über den
Zweck und das Präventionsziel der AET
bestehen. Studien haben gezeigt, dass die
Patienten ihre Krankheit und den Grund
für die verordnete Medikation zur
Gewährleistung der Adhärenz verstehen
müssen(11). Informationen über Risiken
und Nutzen wirken sich nicht nur auf die
Adhärenz aus, sondern ermöglichen eine
informierte Entscheidung. Der Glaube an
die Notwendigkeit der Einnahme eines
verordneten Medikaments ist wesentlich
für die Adhärenz. Beweise belegen, dass
therapieadhärente Patienten Vorteile
erleben, während bei Nicht-Adhärenz
häufiger keine Vorteile empfunden
werden(12). Zum Erreichen einer optimalen
Adhärenz bedarf es einer wirksamen
Kommunikation zwischen Patienten und
medizinischen Fachkräften über die AET.
Dies kann in der adjuvanten Situation
durchaus eine Herausforderung
darstellen, wenn der Patient sich über die
Notwendigkeit oder die Vorteile der AET
nicht im Klaren ist.
Es konnten einige Faktoren und
Erfahrungen identifiziert werden, die
unabhängig von der Therapiefortsetzung
einen Einfluss haben. In der
Krebstherapie entfällt die zentrale
Aufgabe bei der Unterstützung der
Patienten auf die Pflegekräfte. Daher
müssen sie bessere Strategien zur
Aufklärung der Frauen mit
Mammakarzinom über deren
Therapieoptionen entwickeln, um ihnen
einen besseren Beitrag im Rahmen ihrer
gewünschten Entscheidungsrolle zu
ermöglichen und die Adhärenz bei der
langfristigen adjuvanten Therapie zu
verbessern.
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18
Corbis/Jose Luis Pelaez
Untersuchung der Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse von Frauen mit
Mammakarzinom aus schwer erreichbaren
Gruppen in Großbritannien: Empfehlungen
für Brustschwestern
Emma Blows, Karen Scanlon, Alison Richardson and Emma Ream
In Großbritannien bestehen ganz
eindeutig Ungleichheiten bei den
Ergebnissen der Krebstherapie unter den
verschiedenen Gruppen, darunter
Angehöriger schwarzer Personengruppen
und ethnischer Minderheiten (auf
Englisch: „black and minority ethnic
(BME) groups”) sowie ältere Personen. Ein
wichtiges Ziel der Krebsreformstrategie
18
(Cancer Reform Strategy) (2007) des
britischen Gesundheitsministeriums ist
die Verbesserung der Qualität und
Versorgungserfahrung für diese Gruppen.
Die Strategie hat die gleichberechtigte
Bereitstellung von Informationen und
Unterstützung als Grundlage für das
Erreichen dieses Ziels herausgestellt
(Gesundheitsministerium, 2007).
Die britische gemeinnützige
Organisation Breast Cancer Care hat in
Zusammenarbeit mit King’s College
London vor kurzem ein zweijähriges
Forschungsprojekt abgeschlossen – das
Projekt Better Access Better Services
(BABS) (Besserer Zugang Bessere
Dienstleistungen). Dessen Ziel war die
Identifizierung und Erforschung von
Barrieren für die Inanspruchnahme der
Dienstleistungen von Breast Cancer Care
und die Entwicklung einer Strategie für
die stärkere Inanspruchnahme von
Dienstleistungen durch Menschen, die
von Brustkrebs betroffen sind. Das Projekt
war speziell darauf ausgerichtet, die
Barrieren für schwer erreichbare Gruppen
zu erforschen, darunter BME-Gruppen
und ältere Frauen (über 65).
DIE ZIELE DES PROJEKTS:
Untersuchung der gegenwärtigen
Bereitstellung von Informationen und
Unterstützungsdienstleistungen für
Frauen mit Mammakarzinom und
Identifizierung von Servicelücken
● Identifizierung von Beispielen für
optimale Verfahren bei der
Bereitstellung von Informationen und
Unterstützung für „schwer erreichbare“
Gruppen
● Entwurf und Konzipierung einer
langfristigen Strategie von Breast
Cancer Care zur
Dienstleistungsentwicklung
Dieser Artikel fasst die Ergebnisse aus
zwei Phasen des Projekts zusammen und
hebt die Empfehlungen für
Brustschwestern hervor, die
Forschungsergebnissen zufolge eine
wichtige Quelle für Informationen für und
Unterstützung von
Brustkrebspatientinnen sind.
●
Literaturüberblick zur Erforschung der
Informationsbedürfnisse von Frauen
mit Mammakarzinom
Wir haben uns einen umfassenden
Überblick über die Literatur verschafft,
um die Informationsbedürfnisse,
Informationsquellen und
informationssuchenden Verhaltensweisen
von Frauen mit Mammakarzinom in der
Allgemeinbevölkerung im Vergleich zu
denen in schwer erreichbaren Gruppen
(BME-Gruppen und ältere Frauen) zu
erforschen (Blows et al, 2007).
Daraus ging hervor, dass die
Informationsbedürfnisse von Frauen mit
Mammakarzinom im Einklang mit der
generischen Krebsliteratur sehr stark
individuell sind und sich im Verlauf des
Brustkrebsleidens der Frauen verändern
(Luker et al, 1996; Rees & Bath, 2000a).
Die Brustschwester wurde für Frauen mit
Mammakarzinom als wertvolle
Informationsquelle identifiziert (Luker et
al, 1996). Sie fördert die Kontinuität in
der Versorgung, indem sie als Bindeglied
zwischen Patientinnen und sonstigen
medizinischen Fachkräften im
Brustkrebsteam agiert. Jedoch wird es im
Zeitraum nach der aktiven Therapie
zunehmend schwieriger, Zugang zu
medizinischen Fachkräften zu finden.
Daher wird den Bedürfnissen der Frauen
in dieser Zeit normalerweise nicht
Rechnung getragen (Luker et al, 1996;
Vivar & McQueen, 2005). Sie suchen
demzufolge nach alternativen
Informationsquellen, um ihre Bedürfnisse
zu erfüllen (Rees & Bath, 2000b). So sind
beispielsweise die Erfahrungen und
Ratschläge von anderen Patientinnen eine
wertvolle Informationsquelle für Frauen
mit Mammakarzinom, da diese von
Dingen erzählen können, die den
medizinischen Fachkräften nicht bekannt
sind oder an deren Weitergabe diese nicht
denken (Rozmovits & Ziebland, 2004).
Die informationssuchenden
Verhaltensweisen und der Zweck der
Informationen variieren ebenfalls im
Laufe der Zeit. Die
informationssuchenden Verhaltensweisen
sind sehr stark individuell geprägt (Rees &
Bath, 2001). Frauen suchen gegebenenfalls
nach Informationen, um in einer Zeit der
Ungewissheit ein Gefühl der Kontrolle zu
behalten, um Angstzustände zu
verringern, um zur aktiven Teilnahme an
Entscheidungen ein besseres Verständnis
über die Therapien zu gewinnen und um
die Bewältigung der Krankheit zu
erleichtern (Mills & Sullivan, 1999; Rees &
Bath, 2001). Doch genauso können Frauen
Informationen gezielt vermeiden, um
Ängste und negative Gefühle im
Zusammenhang mit ihrer Erkrankung zu
verhindern (Rees & Bath, 2001).
Im Vergleich zu Frauen aus der
Allgemeinbevölkerung haben Frauen aus
den BME-Gruppen tendenziell
beschränkte Kenntnisse über Brustkrebs.
Frauen aus einigen Gemeinschaften
glauben, dass Mammakarzinom eine
„Erkrankung weißer Frauen“ ist und
schätzen daher ihr Erkrankungsrisiko als
gering ein (Watts et al, 2004). Die
kulturellen und gesundheitlichen
Ansichten und Ängste vor Brustkrebs
halten Frauen davon ab, Rat zu suchen
und Therapien anzutreten (Watts et al,
2004). Frauen aus BME-Gruppen weisen
überwiegend ähnliche
Informationsbedürfnisse wie die
Allgemeinbevölkerung auf (Muthu Kumar
et al, 2004), haben jedoch nur begrenzten
Zugang zu kulturell angemessen
formulierten schriftlichen und
mündlichen Quellen, die diesen
Anforderungen Rechnung tragen (Watts et
al, 2004).
Die Literatur über ältere Frauen legt
nahe, dass diese ihre Informationen
vorzugsweise von Fachärzten im
Krankenhaus beziehen, und, im
Gegensatz zu jüngeren Frauen, nicht dazu
tendieren, alternative Informationsquellen
heranzuziehen (Silliman et al, 1998; Vivar
& McQueen, 2005). Sie vertrauen in die
medizinischen Fachkräfte, gehen davon
aus, dass der Arzt „es am besten weiß“
und nehmen allgemein bei der
Entscheidung über und der Behandlung
ihrer Erkrankung eine passive Rolle ein
(Leydon et al, 2000). Allerdings ist
bedenklich, dass die Qualität der
Kommunikation und Interaktion zwischen
älteren Frauen und medizinischen
Fachkräften mit zunehmendem Alter
abnimmt. Je älter die Patientinnen sind,
desto weniger Zeit verbringen die
Fachärzte mit ihnen (Maly et al, 2004).
Dies trägt möglicherweise dazu bei, dass
ältere Frauen nicht ausreichend
Informationen und Unterstützung
erhalten.
Erkundungsstudie zur Erforschung der
Eignung und der Zugänglichkeit von
Dienstleistungen für Frauen aus
„schwer erreichbaren“ Gruppen
In der letzten Projektphase führten wir
eine qualitative Erkundungsstudie über
die Eignung und Zugänglichkeit von
Dienstleistungen durch, die
Brustkrebspatientinnen aus schwer
19
Unterstützungsniveau schien deutlich zu
schwanken, insbesondere nach der
Therapie, wenn einige Frauen das Gefühl
haben, „bindungslos“ zu sein und sich
besorgt über das Leben nach der Therapie
zeigen. Andere wiederum fühlten sich
bestärkt, vertrauten auf die erhaltenen
Informationen und fühlten sich von den
medizinischen Fachkräften umsorgt.
Besondere Bedeutung kam der Rolle der
Fachärzte und Brustschwestern zu, die
eindeutig eine Schlüsselrolle bei der
Bereitstellung von Informationen und
Unterstützung für diese Frauen spielen.
erreichbaren Gruppen in Großbritannien
durch den staatlichen und freiwilligen
Sektor erhalten. Es fanden Fokusgruppen
mit asiatischen und afro-karibischen
Frauen sowie semi-strukturierte
Telefoninterviews mit älteren Frauen
(über 65) statt, die Folgendes erforschten:
● Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse dieser
Frauen
● Rolle der Wohltätigkeitsorganisationen
bei der Erfüllung ihrer Bedürfnisse
● Hindernisse und unterstützende
Faktoren, die Einfluss auf die
Inanspruchnahme der Dienstleistungen
haben, die vom staatlichen oder
freiwilligen Sektor angeboten werden
EMPFEHLUNGEN FÜR
BRUSTSCHWESTERN
Ergebnisse der schwer erreichbaren
Gruppen
1. Individuelle Bewertung der
Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse
Sowohl die asiatischen als auch die afrokaribischen Frauen wiesen unerfüllte
Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse auf,
insbesondere im Hinblick auf Haut- und
Haarpflege und Ernährungsfragen.
Brustschwestern galten als eine wichtige
Quelle für Informationen und
Unterstützung, gaben jedoch
uneinheitliche Hinweise auf
Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse
der Frauen aus diesen Gemeinschaften
zugeschnitten sind. Allerdings waren die
Frauen auch der Ansicht, dass die vom
staatlichen und freiwilligen Sektor
bereitgestellten Dienstleistungen häufig
nicht für ihre Bedürfnisse relevant oder
repräsentativ sind. Dementsprechend
waren Frauen aus asiatischen und afrokaribischen Gemeinschaften häufig mit
den in Anspruch genommenen
Dienstleistungen unzufrieden.
Die Brustschwestern spielen eine
Schlüsselrolle bei der Bereitstellung von
Informationen. Es sollten verstärkt
Vorkehrungen für die Einstellung und
Ausbildung von Brustschwestern bzw.
Informationsfachkräften für
Krebserkrankungen getroffen werden, die
ihre Zeit und Fachkenntnis darauf
verwenden, jede Patientin mit den nötigen
Informationen zu versorgen.
Ergebnisse für ältere Frauen
3. Kommunikationsfähigkeitsausbildung
In dieser Studie waren medizinische
Fachkräfte die wichtigste Quelle für
Informationen für und Unterstützung von
ältere(n) Frauen. Allerdings wurden
häufig eine schlechte Kommunikation
und die mangelnde Beteiligung an der
Entscheidungsfindung bei Therapie und
Versorgung erwähnt. Das von
medizinischen Fachkräften angebotene
20
Brustschwestern sollten weiterhin eine
Sensibilisierung für die sich
verändernden Bedürfnisse und
Präferenzen der einzelnen Frauen
aufweisen. Die Art und der Zeitpunkt der
Informationserteilung muss kontinuierlich
überprüft werden, damit jede Patientin die
für ihre individuellen Bedürfnisse
zutreffenden Informationen erhält.
2. Bereitstellung von
Fachkrankenschwestern
Medizinische Fachkräfte müssen
ansprechbar sein und sich an die
Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse der Patienten
anpassen. Das ist insbesondere bei der
Betreuung von Patienten aus BMEGruppen und älteren Frauen notwendig.
Einige medizinische Fachkräfte müssen
gegebenenfalls in den Themenbereichen
kulturelle Sensibilisierung und Diversität
geschult werden. Auch sollten spezifische
Schulungen über die Kommunikation mit
älteren Frauen in Betracht gezogen
werden, damit diese sich, falls sie
möchten, am Entscheidungsprozess
beteiligen.
4. Bereitstellung und Hinweise auf
kulturell angemessene
Dienstleistungen
Die Entwicklung und Bereitstellung von
Dienstleistungen, die für Patienten mit
stark verschiedenen Hintergründen
kulturell angemessen sind, ist wichtig.
Frauen aus verschiedenen BME- oder
Altersgruppen haben bestimmte Bedenken,
die berücksichtigt werden sollten und die
nicht durch einen „für alle einheitlichen“
Ansatz der Dienstleistungsbereitstellung
angegangen werden können. Zudem ist es
nötig, dass Brustschwestern verstärkt auf
kulturell angemessene staatliche und
freiwillige Unterstützungsdienstleistungen
hinweisen.
SCHLUSSFOLGERUNG
Das BABS-Projekt hat eine Reihe von
Forschungs- und Bewertungstechniken
angewendet, um einen umfassenden
Überblick über die Informations- und
Unterstützungsbedürfnisse von
Brustkrebspatientinnen, insbesondere
Frauen aus BME-Gruppen und ältere
Frauen, zu gewinnen. Die
Projektergebnisse haben mehrfach die
Rolle der Brustschwester bei der
Bereitstellung von Informationen und
Unterstützung für diese Frauen
hervorgehoben. Brustschwestern müssen
über die Bedürfnisse von Frauen der
verschiedenen Gruppen informiert sein
und sollten die Frauen auf kulturell
angemessene Informations- und
Unterstützungsdienstleistungen
hinweisen. Sensibilisierung und
Verständnis für die Bedürfnisse der
Patientinnen werden darüber hinaus
sicherstellen, dass Frauen mit
Mammakarzinom aus vielen
verschiedenen Bevölkerungsgruppen
angemessene Informationen und
Unterstützung erhalten.
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21
Manuela Eicher
D
ie jüngste rapide
Entwicklung der
Therapieansätze hat die
Wahrnehmung des
Mammakarzinoms verändert.
Mammakarzinom ist eine heterogene, sehr
stark variable Erkrankung, die einer
individualisierten Therapie bedarf. Mehr
als 80 % der Brustkrebspatientinnen
überleben ihre Erkrankung und sehen
sich mit den Herausforderungen der
Krebsüberlebenden konfrontiert.
Aufgrund seiner langen Dauer und des
hohen Rückfallrisikos sollte Brustkrebs als
chronische Erkrankung eingestuft werden.
Frauen mit der Diagnose
Mammakarzinom entwickeln spezielle
emotionale, informatorische und
physische Anforderungen, die in der
Onkologiepflege im letzten Jahrzehnt
analysiert wurden. Viele dieser Studien
kommen zu dem Schluss, dass der
Großteil der Frauen zwar im Allgemeinen
mit der erhaltenen Versorgung zufrieden
ist, jedoch gleichzeitig eine Reihe von
unerfüllten Bedürfnissen im Rahmen der
unterstützenden Pflege herausstellt.
Der Bericht der WHO „Preparing a
health workforce for the 21st century: the
challenges of chronic conditions“ (frei
übersetzt Vorbereitung der Fachkräfte im
Gesundheitswesen auf das 21.
Jahrhundert: die Herausforderungen von
chronischen Erkrankungen) kritisiert an
den gegenwärtigen Pflegemodellen deren
Schwerpunkt der Diagnose und Therapie
von akuten Erkrankungen
(Weltgesundheitsorganisation, 2005). Sie
hält solche überalterten Pflegemodelle für
unzureichend für die zunehmende
David Townend/Royal Marsden
Veränderungen im
Gesundheitswesen –
Veränderungen in der
Brustkrebsversorgung
Patientenpopulation mit
Gesundheitsproblemen, die sich
jahrzehnte- oder sogar lebenslang
manifestieren. Dies führt dazu, dass
Patienten zahlreiche medizinische
Fachkräfte in verschiedenen
Einrichtungen aufsuchen, unter denen es
an Koordination mangelt. Das wiederum
führt zu einer teuren, verwirrenden und
für den Patienten schlimmstenfalls
schädlichen Versorgung (Pruitt & EppingJordan, 2005). In ihrem Bericht
identifiziert die WHO insgesamt fünf für
die Versorgung von Patienten mit
chronischen Erkrankungen nötige
Kernkompetenzen: patientenorientierte
Pflege, Partnerschaften,
Qualitätsverbesserung, Informations- und
Kommunikationstechnologie sowie
Perspektiven für das öffentliche
21
Gesundheitswesen.
Die besonderen Bedürfnisse von Frauen
mit Mammakarzinom, die Heterogenität
dieser chronischen Erkrankung sowie die
Entwicklung der Diagnose- und
Therapieansätze haben zum Aufbau
multidisziplinärer Teams geführt. Solche
Teams führen durch die Koordination
einer Gruppe von Spezialisten auf diesem
Fachgebiet tendenziell zu einer höheren
Beständigkeit, Kontinuität, Koordination
und Kosteneffizienz (Fleissig, Jenkins,
Catt, & Fallowfield, 2006). Seit 2000
schreibt die European Society of Breast
Cancer Specialists (Europäische
Gesellschaft der Brustkrebsspezialisten)
vor, dass Brustschwestern Bestandteil
dieser Teams sein müssen (EUSOMA,
2000). Während in einigen Ländern (z. B.
Großbritannien, die Niederlande,
Skandinavien) Brustschwestern einen
integralen Bestandteil spezieller
Brustkliniken darstellen, halten andere
Länder (z. B. Frankreich) tendenziell am
traditionellen Pflegemodell ohne das
Angebot der Betreuung durch
Brustschwestern fest. Bisher
unterscheiden sich die
Zuständigkeitsbereiche, Rollen und
Ausbildungswege der Brustschwestern in
ganz Europa erheblich unter den
einzelnen Einrichtungen und Ländern
(Eicher, Marquard, & Aebi, 2006).
Befürwortung eines einheitlicheren
Brustschwesternmodells für Europa
Zukünftig sollten Brustschwestern
einheitlichere Rollen,
Zuständigkeitsbereiche und
Ausbildungswege aufweisen. Dadurch
könnten die Patientinnen besser
verstehen, mit welchen Anforderungen
sie sich an die Brustschwester wenden
können. Insbesondere stünde dabei der
Vorteil eines standardisierten,
patientenorientierten, kooperativen
Ansatzes im Vordergrund, der auch eine
insgesamt bessere Koordination unter den
medizinischen Fachkräften und
Einrichtungen umfassen würde. Der
Krankenpflegeforschung würde damit
eine bessere Analyse der Effizienz und
Kostenrentabilität von Brustschwestern
22
ermöglicht. Aufgrund ihrer spezifischen
Rolle in multidisziplinären Teams sind
Brustschwestern gut positioniert, um bei
der Umsetzung von neuen Pflegemodellen
in ganz Europa im Rahmen der
Brustkrebsversorgung eine führende
Stellung zu übernehmen. Diese These
wird dieser Artikel überprüfen, indem er
zwei von der WHO festgelegte
Kernkompetenzen (patientenorientierte
Pflege und Partnerschaften) den
Kompetenzen der Brustschwestern gemäß
dem Aufbau-Lehrplan für
Brustschwestern von EONS
gegenüberstellt. Brustschwestern können
aufgrund ihrer speziellen Kompetenzen
einen wichtigen Beitrag zu den nötigen
Änderungen der Pflegemodelle leisten.
Daher können sie für Personen, die von
Brustkrebs betroffen sind, als wichtige
Beteiligte gelten bei der Förderung einer
Verlagerung von der Akutversorgung hin
zu Pflegemodellen für chronische
Krankheiten.
PATIENTENORIENTIERTE PFLEGE
Die WHO schlägt eine Verlagerung von
der fachkraftorientierten Pflege hin zur
patientenorientierten Pflege vor. Die
Essenz der patientenorientierten Pflege
ist, die Krankheitserfahrung aus der
Perspektive des Patienten zu betrachten.
Zu den zentralen Elementen für solch
eine Verlagerung zählen:
● Das Einfühlvermögen und den Respekt
der medizinischen Fachkräften
gegenüber den Bedürfnisse, Werten,
Unterschieden und Präferenzen der
Patienten
● Ausrichtung auf die Koordination einer
kontinuierlichen und rechtzeitigen
Pflege
● Linderung von Schmerzen und
emotionaler Belastung
● Zuhören und Kommunizieren
● Bereitstellung von Aufklärung und
Informationen
● Partizipative Entscheidungsfindung und
Behandlung
● Prävention von Krankheiten,
Behinderungen und Beeinträchtigungen
● Förderung des Wohlbefinden und einer
gesunden Lebensführung
Der Aufbau-Lehrplan von EONS
verlangt von den Brustschwestern, die
Identifikation, Überprüfung und
Priorisierung der potenziellen und
tatsächlichen körperlichen,
psychologischen, sozialen, sexuellen und
spirituellen Gesundheit und
Bewältigungsstrategien und der sich
daraus ableitenden
Unterstützungsbedürfnisse der
Brustkrebspatientinnen über das gesamte
Pflegekontinuum hinweg.
Brustschwestern müssen die Fähigkeit
aufweisen, den aktuellen Wissensstand
und die vorhandenen Nachweise über das
Mammakarzinom und dessen
Auswirkungen in die unterstützenden
Pflege zu integrieren und zur wirksamen
Förderung von
Selbstverwaltungsstrategien zu nutzen,
um die zahlreichen
Gesundheitsbedürfnisse von
Brustkrebspatientinnen im Rahmen eines
multidisziplinären Pflegeansatzes zu
erfüllen. Brustschwestern müssen in der
Lage sein, Aufklärung durchzuführen, um
Patientinnen und deren Familien zu
helfen, optimale
Selbstverwaltungsstrategien zu erlernen.
Daneben müssen sie Informationen
bereitstellen, um ein optimales
Therapieergebnis zu sichern, Leid zu
verringern und den Patientinnen zur
informierten Entscheidungsfindung bei
Therapieoptionen und der Nutzung der in
der Gemeinschaft vorhandenen
Unterstützung zu verhelfen. Bei
vollständiger Umsetzung versetzt der
Lehrplan von EONS Brustschwestern in
eine vielversprechende
Ausgangssituation, um die Forderung der
WHO, nach stärker patientenorientierter
Pflege zu erfüllen.
Partnerschaften
Die WHO definiert Partnerschaften als die
Fähigkeit, sich mit Patienten, anderen
Anbietern und Gemeinschaften
zusammenzuschließen, zur effizienten
Versorgung von Patienten mit chronischen
Krankheiten. Die Fachkräfte müssen über
Fähigkeiten verfügen, die ihnen
ermöglichen, Entscheidungsbefugnisse zu
teilen und die Patienten im Hinblick auf
ihre persönliche Gesundheitsversorgung an
allen Aspekten der Entscheidungsfindung
beteiligt. Sie müssen über die Fähigkeit zur
Teamarbeit und Zusammenarbeit mit
anderen Anbietern verfügen: diejenigen,
die die Patienten im Laufe der Zeit
versorgen, in verschiedenen
Einrichtungen, aus unterschiedlichen
Fachgebieten und für verschiedene
Erkrankungen, die beim selben Patient
möglicherweise gleichzeitig vorliegen.
Der Lehrplan von EONS fordert, dass
Brustschwestern kollaborative
therapeutische Beziehungen mit
Brustkrebspatientinnen und deren Familien
aufbauen, um deren zahlreiche Bedürfnisse
über das gesamte BrustkrebsPflegekontinuum hinweg zu antizipieren
und zu erfüllen. Sie sollten sich der
Vielseitigkeit der Rollen der
Gesundheitsversorgungsressourcen bewusst
sein, die für die Bedürfnisse von
Brustkrebspatientinnen relevant sind und
diese angemessen nutzen. Sie sind dafür
verantwortlich, einen koordinierten und
effizienten Ansatz für die Bereitstellung von
Gesundheits- und
Unterstützungsdienstleistungen und des
Pflegeangebots zu fördern, die auf die
individuellen klinischen und sozialen
Umstände über das BrustkrebsPflegekontinuum hinweg abgestimmt sind.
Zudem sollten sie in der Lage sein, mit der
Patientin, ihrer Familie, anderen
Pflegekräften und Mitgliedern des
Gesundheitsversorgungsteams
zusammenzuarbeiten, um die
Therapieergebnisse für
Brustkrebspatientinnen zu optimieren.
Auch hier ermöglicht der Lehrplan von
EONS Brustschwestern eine führende Rolle
im Rahmen der Forderung der WHO
einzunehmen, Partnerschaften mit und über
ein multidisziplinäres Team hinaus sowie
innerhalb und über dessen institutionellen
Kontext hinaus aufzubauen.
umzusetzen und damit wichtige Beteiligte
an der dringend nötigen Verlagerung von
Akutpflege-Modellen hin zu stärker an
chronischen Krankheiten orientierten
Modellen und Pflegestandards zu sein.
Schlussfolgerung
Pruitt, S. D., & Epping-Jordan, J. E. (2005). Preparing
Wie am Beispiel der patientenorientierten
Pflege und Partnerschaften dargestellt,
sind Brustschwestern, die in
Übereinstimmung mit den Kompetenzen
des Lehrplans von EONS ausgebildet
wurden und arbeiten, in einer guten
Position, um die Forderungen der WHO
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23
Klassifizierung des
Mammakarzinoms:
der dreifach negative Phänotyp
Kay Townsend
Science Photo Library
Die Rezeptoren, die die Therapie
und die Prognose des
Mammakarzinoms angeben, sind sowohl
in der Öffentlichkeit als auch unter dem
medizinischen Personal inzwischen
allseits bekannt, obwohl der Patientin die
Implikationen der Diagnose nicht immer
klar sind („Gott sei Dank bin ich HER2positiv und kann Herceptin erhalten“).
Die Subtypen werden zunehmend
deutlicher, wenngleich komplizierter,
voneinander abgegrenzt. Dieser Artikel
gibt einen Überblick über die
gegenwärtigen
Mammakarzinomkategorien und bespricht
die derzeitigen Therapieoptionen für den
dreifach negativen Subtyp, der eine
schlechte Prognose aufweist.
Östrogenrezeptoren (ER),
Progesteronrezeptoren (PR) und humane
epidermale Wachstumsfaktorrezeptoren
(HER2) sind gängige Begriffe in der
Brustkrebsversorgung. Die Kombination
aus Vorhandensein (positiv) oder
Abwesenheit (negativ) der Rezeptoren ist
ein Indikator für das Ansprechen der
Erkrankung auf die Therapie. Ein
Rezeptor allein reicht für die
Therapieentscheidung nicht aus, daher
werden Subtypen ausgehend von der
Kombination der Rezeptoren klassifiziert.
Daraus entstehen neue Begriffe, wie das
relativ neue dreifach negative Phänotyp
(TNP) -Karzinom, das sowohl ER-negativ,
PR-negativ als auch HER-negativ ist.
Dieser Subtyp wird noch eingehender
24
danach unterschieden, ob zudem eine
Überexpression der Basalmarker CK 5/6
und der epidermalen
Wachstumsfaktorrezeptoren (EGFR)
vorliegt, d. h. innerhalb des TNP-Subtyps
findet eine weitere Klassifizierung statt:
die TNP-Typen, die mehrheitlich Marker
aufweisen – die „basal-like“ TNP – und
die ohne Marker – die „non-basal-like“
oder „normal breast-like“ TNP (Sorlie et al
2003).
Leider ist die Interpretation nicht so
eindeutig, wie das Diagramm unten
nahelegt, weil einige Karzinome, die basal
sind, anscheinend keine TNP-Karzinome
sind. Die Diskussion unter den Forschern
hält an, während Methoden zur
Unterscheidung zwischen den basalen
Karzinomen und den TNP „basal-like“
Karzinomen entwickelt werden (Rakha et
al 2007). Derzeit sollten sich die
Therapieentscheidungen auf den
Rezeptorstatus des Karzinoms stützen,
und für Karzinome mit dreifach negativen
Ergebnissen ist die Chemotherapie die
anerkannte First-Line-Therapie (Aebi &
Pagani, 2007).
Es ist bekannt, dass Patienten mit einem
ER-negativen Status stärker von
intensiven Chemotherapien profitieren als
Patienten mit einem ER-positiven Status
(Berry et al 2006), aber TNP ist ein relativ
neuer Subtyp und der ideale Ansatz ist
IHCoder
FisH-Tests
ER-,
PR-Status
Ähnlich wie Luminal A
Weniger häufiger,
sehr aggressiver
Subtyp
Aggressiver Subtyp
Hormon-responsiv
Mit zunehmendem
Alter assoziiert
HER2 +
LUMINAL B
HER2 +
klassischer HER2
ER - HER2 +
CK5/6 & EGFR -
„NON-BASAL“
DREIFACH NEGATIV
CK5/6 +
&/or
EGFR +
„BASAL-LIKE“
DREIFACH NEGATIV
umstritten. Studien haben ein
Überwiegen der BRCA1-Mutation dieser
Karzinome belegt, die sowohl auf
Quervernetzungsmittel (z. B. Platinsalze)
als auch den Poly ADP-ribose polymerase
(PARP) Enzymhemmer anspricht (ReisFilho & Tutt 2008). Derzeit werden für
Studien (TNT-Studie, BRCA-Studie)
Teilnehmer rekrutiert, um zu
untersuchen, ob diese Tatsache genutzt
werden kann. Festzuhalten ist, dass dieser
Subtyp des Mammakarzinoms erforscht
werden muss; die systemische
Therapieoption ist Chemotherapie und es
Häufigster Subtyp
Gute Prognose
LUMINAL A
HER2 -
‘Basal-like’ TNP
Schlechtere Prognose
HER2 -
ERPR+/-
HER2 ER- HER2+
Niedriger
histologischer
Grad
SUBTYP
Mammakarzinom
Luminal B
Häufiger
ER+/PR-
CK5/6
&/or
EGFR+
ER+
PR+/-
Luminal A
Weniger aggressiv
HER2
status
Hochgradige Histologie
Erhöhtes Risiko bei
Frauen <40
Besseres Ergebnis
mit HER2
Hochgradige Histologie, hohe Rate
Erhöhtes Risiko bei
Frauen <40
wird derzeit in Phase-III-Studien
rekrutiert.
Zu den zukünftigen Therapien können
monoklonale Antikörper wie
Bevacizumab zählen. Diese Antikörper
beeinträchtigen das Wachstum der
Blutgefäße des Karzinoms durch
Ansteuerung des vaskulären
endothelialen Wachstumsfaktor-Rezeptors
(VEGF) zur Hemmung seiner Wirkung.
Wenngleich gehofft wird, dass die
Einflussnahme auf die Angiogenese bei
diesen TNP-Karzinomen erfolgreich sein
wird, hat das britische National Institute
of Clinical Excellence
(NICE) die
‘Non-basal’ TNP
Technologiebeurteilung
seines Einsatzes als FirstÄhnlich wie basal-like
Line-Therapie für
metastasierendes
Bessere Prognose als
Mammakarzinom mit
basal-like dreifach
Paclitaxol unterbrochen,
negativ
weil es nach Berichten
des Herstellers im
Vergleich mit Paclitaxol
allein vermutlich nicht
als kosteneffizient
eingestuft werden wird
(NICE 2008). Geplant ist
eine weitere
Technologiebeurteilung
von Bevacizumab mit
nicht taxanhaltiger
Chemotherapie.
25
Dieser relativ neue Subtyp des
Mammakarzinoms hat eine schlechte
Prognose, weil die Therapieoptionen
derzeit beschränkt sind. Die systemische
Therapieoption ist Chemotherapie und es
wird mit Studien, die derzeit Teilnehmer
rekrutieren, nach dem idealen
Therapieplan geforscht.
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26
Amgen/TITAN
Die Fortbildung von
Brustschwestern:
Herausforderungen
und Anforderungen
Ilana Kadmon
Die Pflege bei Brusterkrankungen
als Spezialgebiet trat zum ersten
Mal in den 1980-er Jahren auf. Einige der
ersten Beschreibungen über die Rolle der
Brustschwester und ihre Bedeutung bei
der Unterstützung und Beratung von
Frauen mit Mammakarzinom stammen aus
Großbritannien (z. B. Maguire et al., 1980;
Denton, 1888; Watson et al., 1988; Denton,
1991). Maguire und seine Kollegen hoben
die Bedeutung der Überwachung des psychosozialen Wohlbefindens von Frauen
mit Mammakarzinom und die Bedeutung
der Rolle der beratenden Krankenschwester im Rahmen derselben hervor.
Diese Berichte aus Großbritannien und die
Rolle dort hatten in den 1990-ern Einfluss
auf andere westliche Länder, wie die USA,
Australien, Skandinavien und Israel,
solche Pflegeberufe einzurichten (White,
1998; Wilkes et al., 1999; Hordern, 2000;
Kadmon 2008).
In Israel beispielsweise wird die Pflege
bei Brusterkrankungen als anerkanntes
Fachgebiet seit 1996 entwickelt, mit
großzügiger Unterstützung des israelischen
Krebsverbands. Die erste Position wurde in
der Hadassah Medical Organization in
Jerusalem eingerichtet. Inzwischen hat
sich der Großteil der medizinischen Einrichtungen im Land dazu entschlossen,
eine (und manchmal zwei) Krankenschwestern einzustellen, die sich der Versorgung von Frauen mit Mammakarzinom
26
widmen. Derzeit gibt
es landesweit etwa
fünfundzwanzig
Krankenschwestern in
solchen Positionen.
Allerdings mangelt
es für diese Rolle, die
inzwischen in verschiedenen westlichen
Ländern eingeführt
wurde, an einer
angemessenen Standardisierung der Berufsausübung und, noch viel wichtiger, einem
einheitlichen Lehrplan. Wie bereits Amir,
et al. (2004) bei der Untersuchung der
Rolle der Brustschwester in Großbritannien feststellten, liegen Beweise vor, dass
die Brustschwester auf gehobenem Berufsniveau praktiziert. Allerdings mangelt es
erheblich an einer beweisbasierten
Beschreibung dieses gehobenen Berufsniveaus. (Originalzitat, S. 306)
Das Fehlen eines Ausbildungsstandards
kann sich im Hinblick auf die Krankenschwestern in verschiedenen Aspekten
niederschlagen:
● Unterschiedliche Ausbildungsabschlüsse.
Einige Brustschwestern verfügen über ein
Diplom, andere über einen BachelorAbschluss, wieder andere über einen
Abschluss im Rahmen eines
Aufbaustudiums.
● Unterschiedliche Ausbildung in der
Onkologiepflege im Allgemeinen und
●
●
der Pflege bei Brusterkrankungen im
Einzelnen. Einige Brustschwestern
verfügen, neben der Sonderausbildung
für die Pflege von Patientinnen mit
Mammakarzinom, über eine
fortführende Onkologieweiterbildung,
andere nicht.
Unterschiedliche berufliche
Hintergründe und berufliche Erfahrung.
Einige Krankenschwestern gehen nach
vielen Jahren Berufstätigkeit im Bereich
Onkologie, Chirurgie oder plastische
Chirurgie oder langfristiger Erfahrung in
der Versorgung von Frauen mit
Mammakarzinom zum Berufsfeld
Brustschwester über, andere weisen
einen vollkommen anderen Hintergrund
auf und haben nur wenig Erfahrung auf
diesem Gebiet.
Unterschiede in der persönlichen
Erfahrung der Brustschwester mit
Krebserkrankungen und insbesondere
mit Mammakarzinom. Dies ist von
großer Bedeutung und kann
die Tätigkeit der
Krankenschwester erheblich
beeinflussen. Einige der
Brustschwestern haben selbst
an Mammakarzinom gelitten
(oder ein sehr enges
Familienmitglied ist daran
erkrankt) und ihre Perspektive
sowie ihr Ansatz in Bezug auf
die Erkrankung und deren
Therapie kann sich sehr stark
von den Brustschwestern
unterscheiden, die auf privater
Ebene noch keinen Kontakt
mit der Krankheit hatten.
● Unterschiedlicher
nationaler, kultureller und
politischer Status der Pflege,
Versorgung und Ausbildung.
In einigen Ländern ist die
Krankenpflege ein
akademischer Beruf mit
verschiedenen Fachgebieten,
die allerseits anerkannt sind,
in anderen ist diese
Spezialisierung überhaupt
nicht etabliert und existiert
aufgrund des bestehenden
Ausbildungssystems der
Krankenschwestern nicht. Das kann
natürlich die Ausbildung von
Brustschwestern erheblich beeinflussen
und in dieser Berufsuntergruppe zu
einer großen Diversität führen.
Zahlreiche, größtenteils australische
Studien haben versucht, die Bedeutung
der Rolle der Brustschwestern für Frauen
mit der Diagnose Mammakarzinom zu untersuchen. Allerdings befasste sich bisher
keine Studie mit der Ausbildung der
Brustschwestern und ihrem Einfluss auf
das Versorgungsniveau.
In Großbritannien und in Australien
wurden einige Bemühungen unternommen, um Krankenschwestern im Bereich
Brustkrebs auszubilden. In Großbritannien
hat das Royal College of Nursing (RCN)
Module zur Ausbildung von Brustschwestern entwickelt. Burnet et al. (2004) halten
in ihrem Artikel über die sich entwickelnde Rolle der auf die Pflege von
Brusterkrankungen spezialisierten
Krankenschwester in Großbritannien fest,
dass: „Es (das RCN) drei Stadien in der
beruflichen Weiterbildung der
Brustschwester identifiziert hat: Breast
Care Nurse, Clinical Nurse Specialist und
Nurse Consultant. Es empfiehlt eine strukturierte Ausbildungsvorbereitung, darunter
spezifische Qualifikationen in der Pflege
bei Brusterkrankungen, Lehre, Beurteilung
und Beratung sowie einen akademischen
Abschluss“ (S. 39).
Jedoch gibt es, abgesehen von der britischen und der australischen Erfahrung,
keinen nationalen oder anerkannten
Lehrplan für diese spezialisierte Krankenschwesterausbildung. Zudem besteht
keine europäisch einheitliche Ausbildung,
die in ganz Europa als Ausbildungsstandard für diesen Bereich gilt. Und beim
Durchforsten der Literatur stößt man auf
keinen einzigen Artikel, der die Thematik
der nötigen Spezialausbildung für
Brustschwestern aufgreift.
Angesichts der fehlenden Standards, ist
es wichtig, einige erforderlichen ausbildungstechnische und grundlegende Faktoren hervorzuheben, die bei
Krankenschwestern vorhanden sein sollten, wenn sie eine Aus- oder Fortbildung
zur Brustschwester beginnen:
● Als Mindestanforderung einen
vorhandenen Bachelor-Abschluss,
vorzugsweise einen Master-Abschluss
● Absolvierte fortführende Ausbildung im
Bereich Krebspflege
● Bestehende mehrjährige berufliche
Erfahrung mit Karzinomen und
vorzugsweise Brustkrebspatientinnen
● Gewisse Erfahrung in der
Krankenpflegeforschung
Zu beachten ist, dass viele Krankenschwestern in Europa nicht über den Ausbildungshintergrund verfügten, um eine
Anstellung in solch einer Position zu erhalten. Diese Krankenschwestern haben diese
Position entweder durch Eigeninitiative,
auf Initiative des Krankenpflegemanagements oder die Initiative eines Arztes hin,
der Brustkrebspatientinnen behandelt, eingerichtet. Diese Krankenschwestern kann
man als Brustschwestern der ersten Generation bezeichnen. In unserer Verantwor-
tung liegt es, über die Zukunft und die
nächste Generation der Brustschwestern in
Europa nachzudenken und uns dieser Herausforderung zu stellen. Wir müssen
gewährleisten, dass sie eine angemessene
Ausbildung mit optimaler Vorbereitung erhalten, bevor sie diese äußerst wichtige
und hochinteressante Aufgabe ausüben.
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27
Rat und Informationen für Frauen mit
Lymphödemrisiko nach einer
Brustkrebstherapie
EINLEITUNG
Frauen, die eine Brustkrebstherapie
erhalten, wird eine Fülle an Informationen
über ihre benötigte Therapie zur Verfügung
gestellt und sie können unter Gefühlen leiden, die ihre Zukunftsängste widerspiegeln.
Genau hier ist der richtige Zeitpunkt, um
Informationen über das Lymphödemrisiko
sowie Ratschläge über die Versorgung der
Risikopopulation bereitzustellen. Die
Erteilung der Informationen in diesem
frühen Stadium zielt darauf ab, Frauen zur
Ausübung von gesunden Aktivitäten zur
Förderung der Lymphdrainage zu ermutigen, um das zukünftige Auftreten eines
Lymphödemrisikos zu minimieren.
Im Rahmen der Brustkrebstherapie
treten Frauen mit vielen medizinischen
Fachkräften in Kontakt, die alle für die
Aufklärung über Lymphödeme eine
wichtige Rolle spielen können. Das Wissen,
welche Frauen ein Risiko tragen, warum sie
es tragen und was zur Minimierung desselben getan werden kann, ist daher
grundlegend, und dieser Artikel wird
jeden dieser Aspekte im Einzelnen besprechend.
Hintergrund
Nach der Brustkrebstherapie können Lymphödeme
im gesamten Gliedmaß oder in Teilen
desselben auftreten.
Es wird als sekundäres
Lymphödem bezeichnet,
weil es durch den Riss
oder Verschluss von Lymphgefäßen während eines
chirurgischen Eingriffes
oder der Radiotherapie verur-
28
Mary Woods
sacht wird. Die Reduzierung der verfügbaren Drainagewege für die Lymphe kann
zur Akkumulation der Lymphflüssigkeit
im Gewebe und zu sichtbaren Schwellungen führen.
Häufig wird die Schwellung zuerst von
der Patientin bemerkt und kann zunächst
leicht und unkompliziert sein. Ohne Therapie jedoch kann diese fortschreiten und
letztendlich können Komplikationen in
Form von Haut- und Gewebeveränderungen auftreten. Abb. 1 stellt ein leichtes Lym-
phödem und ein schwereres Lymphödem
des Arms dar. Nach einer brusterhaltenden
Therapie können Schwellungen auch im
Brustgewebe auftreten. Diese manifestieren
sich häufiger bei Frauen mit größeren
Brüsten und Frauen, die eine Kombination
aus chirurgischem Eingriff und Radiotherapie erhielten (Mondrey und Johnstone
2002), und können Probleme in Form von
schweren und schmerzvollen Brüsten
verursachen und Auswirkungen auf das
Körperbild, das Anpassen eines BHs sowie
die Kleidung haben.
Identifizierung der Stadien des
sekundären Lymphödems
Lymphödeme können jederzeit nach einer
Brustkrebstherapie entstehen und Frauen
tragen lebenslang das Risiko, dass diese aufgrund des vorgenommenen Lymphknoteneingriffs auftreten. Die International
Society of Lymphology (Internationale
Gesellschaft für Lymphologie , 2000) hat die
Entwicklungsstadien eines Lymphödems
anhand der zu beobachtenden körperlichen
Anzeichen nach Auftreten der Schwellung
am Gliedmaß beschrieben. Allerdings verweisen Foldi and Foldi (2003) auch auf die
Zeit zwischen Lymphknoteneingriff und
dem ersten Auftreten einer Schwellung, in
der die Frau ein Risiko der Lymphödementwicklung trägt sowie auf eine subklinische
oder Latenzzeit, in der keine Schwellung
vorhanden ist. Diese Phase kann viele Jahre
andauern. In dieser Zeit ist die Transportfähigkeit des Lymphsystems gemindert, reicht aber immer noch zum Abtransport der
Lymphlast aus (Foldi und Foldi 2003).
Philip Meech Photography
Wer trägt ein Risiko
brustkrebsbezogenen Lymphödems?
Jede Frau, die eine Brustkrebstherapie in
Form eines chirurgischen Eingriffs oder eine
Radiotherapie im Lymphknotenbereich erhalten hat, trägt dieses Lymphödemrisiko.
Die am häufigsten bei der Brustkrebstherapie betroffenen Lymphknoten werden in
Abb. 2 aufgezeigt. Dazu zählen die axillaren
und die supraklavikulären Lymphknoten.
Darüber hinaus trägt jede Patientin, deren
Tumor Lymphknotenbereiche blockiert, das
Risiko eines Lymphödems.
Schätzungsweise entwickeln ein Drittel
aller Frauen nach der Brustkrebstherapie irgendwann ein Lymphödem (Mortimer et al
1996). Allerdings spricht Armer (2003)
davon, dass Lymphödeme nicht ausreichend erkannt und diagnostiziert werden,
weil die frühen Anzeichen für das
Auftreten eines Lymphödems, darunter
verändertes Empfinden und Funktionsänderungen, nicht mit Lymphödemen assoziiert werden. Diese These wird von Moffatt
et al (2003) gestützt, die davon sprechen,
dass die echte Prävalenzrate von Lymphödemen möglicherweise unterschätzt
wird, weil bei vielen Frauen die Erkrankung
oder die auftretenden Symptome nicht behandelt werden.
Faktoren, die zur
Lymphödementwicklung beitragen
Lymphödeme können frühzeitig oder
verzögert auftreten. Zwar ist es nicht
möglich, vorherzusagen, bei welchen
Frauen die Erkrankung auftreten wird, aber
den an ihrer Entwicklung beteiligten Faktoren wurde Beachtung geschenkt. Der
Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen, bei denen Lymphknoten entfernt werden und sich nicht wieder regenerieren,
und der Radiotherapie für Lympknotenbereiche, die zu Vernarbungen und einer
verringerten Lymphdrainage führt, wurde
bereits besprochen.
Deo et al (2004) vermuten einen Zusammenhang zwischen einer postoperativen
Schwellung, die mehr als zwei Wochen
lang fortbesteht und der Entwicklung eines
Lymphödems.
Andere
postoperative
Ereignisse, bei denen eine klinische Relevanz für das Lymphödemrisiko vermutet
wird, umfassen Serombildung, Strangbildung (sog. Geigensaitenphänomen) und
post-operative Infektionen, obwohl diese
Assoziationen nur durch wenige Studien
unterstützt werden.
In einer Studie über Lymphödemanzeichen und -symptome beobachteten Armer
and Fui (2005), dass jüngere Frauen ein
höheres Lymphödemrisiko tragen und Deo
et al (2004) stellten fest, dass Frauen mit
einem erhöhten Body Mass Index eine
größeres Lymphödemrisiko aufweisen.
MINIMIERUNG DES
LYMPHÖDEMRISIKOS
Lawenda et al (2009) äußerten, dass die
Lymphödembehandlung mit Präventionsbemühungen beginnen sollte. Dabei kommen zwei Hauptprinzipien zum Tragen,
und Frauen sollten so früh wie möglich Rat
erhalten, wie sie diese in ihr tägliches
Leben integrieren können.
1. Minimierung der Lymphproduktion
Die Lymphproduktion ist direkt proportional zum Blutfluss, d. h. Aktivitäten, die
den Blutfluss erhöhen, können zu einer erhöhen Lymphproduktion führen und sollten möglichst gering gehalten werden. Dazu
zählen extreme Hitzeeinflüsse, wie Sauna,
heiße Bäder und Sonnenbäder. Die Entzündungsreaktion auf Verletzung oder Trauma
kann ebenfalls zu einem erhöhten Blutfluss
führen und Frauen sollten Ratschläge zur
Hautpflege erhalten, um die Hautintegrität
zu fördern und das Infektionsrisiko zu minimieren. Es besteht das Risiko, dass ausgedehnte, energische und iterative
Aktivitäten oder Sportarten den Blutfluss
erhöhen, insbesondere wenn diese Betätigung zuvor noch nicht ausgeübt wurde.
Eine langsame, kontrollierte Rückkehr zu
zuvor ausgeübten Aktivitäten ist ratsam,
wobei auf Schmerzen, Ziehen oder
Schwere im Arm geachtet werden sollte,
was darauf hinweisen könnten, dass die
Aktivität zu anstrengend ist und überdacht
werden sollte.
2. Minimierung der Obstruktion des
Lymphtransports
Man geht davon aus, dass das Tragen von
enger Kleidung oder eng anliegendem
Schmuck kleinere, für den Lymphtransport
zuständige Lymphgefäße verstopft. Frauen
sollten daher auf lockere Kleidung achten
und Schmuck am anderen Arm oder an der
anderen Hand tragen, falls er eng anliegt.
Klinische Maßnahmen, wie die Kontrolle
des Blutdrucks und die Verwendung einer
Manschette, können oberflächliche Lymphgefäße beschädigen und sollten ebenfalls
an dem Arm mit Lymphödemrisiko vermieden werden.
Piller (1999) und Armer et al (2003) ar-
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gumentieren, dass die Entwicklung eines
Lymphödems im frühen Stadium nur
dann wirklich festgestellt werden kann,
wenn präoperativ die Vermessung des
Arms erfolgte und für einen Vergleich
zum späteren Zeitpunkt zur Verfügung
steht. Diese kann als Umfangsmessung
mithilfe eines Messbands oder als Bioimpendanz-Analyse erfolgen. Bis die Zunahmen der Armmaße als Hinweis auf
ein Lymphödem festgestellt werden
kann, schlagen Armer et al (2003) vor,
dass alle Frauen darauf hingewiesen werden sollten, auf frühe Anzeichen eines
Lymphödems zu achten, die sich oft als
Schwere, Enge des oder Schmerzen im
Arm bemerkbar machen. Werden diese
Symptome bei Auftreten ernst genommen und frühzeitig Rat eingeholt, ist
es möglich, das Lymphödem rückgängig
zu machen.
Eine nicht-randomisierte Studie von
Campisi et al (2006) spricht sich für eine
dreimonatige Präventionstherapie für
Frauen aus, die nach einer Brusttherapie
ein Lymphödemrisiko tragen. Die Studiengruppe erhielt über einen Zeitraum
von drei Monaten jeden Tag an zwei
Wochen im Monat eine manuelle Lymphdrainage (MLD) und trug täglich eine
Kompressionsbestrumpfung. Die Kontrollgruppe wurde hingegen nur klinisch
beobachtet. Die Ergebnisse legten nahe,
dass das Programm Nutzen brachte,
jedoch sind die klinischen, praktischen
und finanziellen Implikationen einer
solch intensiven Behandlung zur Prävention des sekundären Lymphödems fragwürdig.
●
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Ein Hautpflegeplan zur Minimierung
des Infektionsrisikos
Körperliche Betätigung zur Förderung
der Lymphdrainage
Einfache Lymphdrainage, basierend
auf den Prinzipien der manuellen
Lymphdrainage, zur Förderung der
Lymphdrainage
Kompressionstherapie zur Reduzierung
und Kontrolle der Schwellung
Campisi C, Davini D, Bellini C, et al (2006) Is there a
role for microsurgery in the prevention of arm
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Zusammenfassung
Lymphödeme nach erfolgter Brustkrebstherapie können physische, psychologische und psychosoziale Implikationen für
Frauen haben. Daher sollten so früh wie
möglich Strategien zur Risikominimierung zu einem geeigneten Zeitpunkt
einfühlsam besprochen werden. Ausgewogene Ratschläge, die an die Umstände
der Betroffenen angepasst sind, stellen
sicher, dass Frauen keine Angst vor der
Entwicklung eines Lymphödems haben,
ihre Lebensqualität beibehalten können
und sich trotzdem bewusst sind, warum
sie zur Risikogruppe zählen und was sie
zur Risikominimierung tun können.
Alle medizinischen Fachkräfte, die
diese Gruppe von Frauen versorgen, sollten in der Lage sein, nach erfolgter
Brustkrebstherapie regelmäßig Lymphödemkontrollen durchzuführen, und
sich für einen Ansatz der Risikoreduktion aussprechen anstatt abzuwarten, bis
die aktive Behandlung einer Schwellung
notwendig wird.
Basierend auf einer Präsentation bei
der IBCN2 (Interconference Breast Cancer Meeting) in Sarajevo, Bosnien und
Herzegowina, April 2009
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BEHANDLUNG DES LYMPHÖDEMS
Die Behandlung bei Auftreten eines Lymphödems umfasst eine Kombination von
Ansätzen, die auf die Reduzierung und
Kontrolle der Schwellung abzielt. Der
Schwerpunkt liegt auf der aktiven Teilnahme der Patientin, täglich gegen die
Schwellung vorzugehen.
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