Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels

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Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
Münzautomatenrecht | August 2004
ISSN 0176-6759
48. Jahrgang
Gesetzgebung
Rechtsprechung
Schrifttum
Zitierweise MAR
August 2004
Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
Gründe:
I.
Der Angeklagte A steht zurzeit in keinem festen Arbeitsverhältnis. ...
Der Angeklagte B wird derzeit von seinen Eltern unterstützt. ... In der
Spielstättenbranche ist der Angeklagte nicht mehr tätig. Die Spielstättengesellschaft
existiert nicht mehr. Es wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Bundeszentralregister weist für beide Angeklagte keine Eintragung auf.
Der Angeklagte B ist schuldig eines Vergehens der Unterschlagung, sachlich
zusammentreffend mit einem Vergehen der gemeinschaftlich begangenen
gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels und wird deswegen
zu einer Freiheitsstrafe ... verurteilt.
Der Angeklagte A ist schuldig eines Vergehens der gemeinschaftlich begangenen
gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels und wird deswegen
zu einer Freiheitsstrafe ... verurteilt.
Beide Angeklagte haben die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen
zu tragen.
Die Vollstreckung der Strafe wird für beide Angeklagte zur Bewährung ausgesetzt.
Die bei der Durchsuchung am 9. November 2000 beschlagnahmten und in der
Anklageschrift bezeichneten Spielgeräte sowie die auf dem Sicherstellungsverzeichnis
vom 9. November 2000 bezeichnete Computeranlage mit Zubehör werden
eingezogen.
Es wird für beide Angeklagte als Gesamtschuldner der Verfall des Wertersatzes in
Höhe von 76 681,40 D-Mark angeordnet.
II.
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im September 2000 transportierte
der Angeklagte B mithilfe eines Zeugen aus der Gaststätte C das Mobiliar ab und
stellte es in das von ihm neu eröffnete Bowlingcenter. Der Angeklagte hatte vor, das
Mobiliar für eigene Geschäftszwecke als sein Eigentum zu nutzen.
..........
Die Angeklagten betrieben in gemeinschaftlichem Zusammenwirken im Zeitraum
April 1999 bis 9. November 2000 eine Spielothek. Der Angeklagte B trat als
Geschäftsführer der Spielstättenbetriebsgesellschaft dabei als Betreiber der
genannten Spielothek (zwei Spielhallen) auf.
Der Angeklagte A war aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung
(Beratervertrag) mit der Spielstättenbetriebsgesellschaft, vertreten durch den
Mitangeklagten B, unter anderem für die Beaufsichtigung des Betriebes der
Spielothek zuständig. Gegenüber dem dort angestellten Personal
(Spielothekenaufsichten) war er weisungsbefugt und für deren Betreuung zuständig.
Als Entlohnung erhielt der Angeklagte A neben einer monatlichen Abschlagszahlung
als Vorschuss in Höhe von 2 000 DM grundsätzlich zwei Prozent des
Bruttojahresumsatzes. Bei Erhöhungen des Jahresüberschusses war er ebenfalls
prozentual beteiligt. Im Rahmen des Betriebes der genannten Spielothek wurden
seitens der Angeklagten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken die TokenSpielgeräte „Double Black Jack“, „Double Diamond“, „Red White and Blue“, „Triple
Cash“, „Diamond Fire“, „8 Ball“, „Super Stars“, „Triple Dollars“, „White Diamonds“,
„Asterix“, „Piccadilly Night“, „Valhalla“, „Viva Espania“, „Euro Play“, „Hilo Casino“,
„Cup Final“, „Dracula“, „Fun Poker“, „Crown Jewels“, „Crazy Caveon“, „Sinbad“,
„Excalibur“, „Black Jack“ sowie drei Token-Spielgeräte „Royal As“ nebst einer
dazugehörigen Displayeinheit sowie eine Computer-Roulett-Anlage, bestehend aus
zehn Einzelspielplätzen und einem mittigen Roulett-Kessel, sowie der dazugehörigen
Computeranlage, bestehend aus Rechner, Monitor, Tastatur und Drucker, aufgestellt.
Beiden Angeklagten war bekannt, dass der Betrieb dieser genannten
Unterhaltungsspielgeräte nur insoweit zulässig ist, als sich aus deren Betrieb keine
Gewinnmöglichkeit in Form eines geldwerten Vorteils für die jeweiligen Spieler
ergibt.
Die genannten Token-Spielgeräte stellten Glücksspielgeräte dar, da die Entscheidung
über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen der
Spieler bestimmt wird, die sich innerhalb weniger Sekunden entscheiden müssen, ob
durch Knopfdruck weitergespielt und der Einsatz damit vervielfacht wird oder nicht.
Eine größere Einflussmöglichkeit haben die Spieler an diesen Geräten nicht. Das
Spiel läuft durch technische Vorrichtungen automatisch ab. Gewinn oder
Verlustquote ist durch die konkreten Betreiber vor Ort, damit auch durch beide
Angeklagte, beliebig einstellbar.
Der Spielablauf funktionierte folgendermaßen:
In die Tokengeräte können sowohl Bargeld (5-DM-Münzen) als auch „Token“ (an der
Kasse zu kaufende Metallronden = Spielgeld in Größe eines 5-DM-Stückes) als
Spieleinsatz eingeworfen werden. Normalerweise erwarben die Spieler in der
Spielothek die Token an der Kasse (Einzelwert 5 DM), da die Token-Spielgeräte bei
Einwurf der Token 100 Punkte pro Toke zum Verspielen auswarfen, bei Geldeinwurf
in Form von Bargeld (5 DM) jedoch lediglich 50 Punkte als Spielkapital angezeigt
wurde. Somit konnte bei gleichem Geldeinsatz bei Kauf der Token an der Kasse
doppelt so lange gespielt werden.
In Abgrenzung zum Unterhaltungsspiel setzt das Glücksspiel weiter voraus, dass der
Spieler potenziell eine Ausschüttung erlangen kann, die seinen Einsatz übersteigt.
Dies lag im konkreten Fall bei den Token-Automaten in der Spielothek vor. Hatte der
Spieler seinen Token-Wert verspielt, so war das Spiel zu Ende. Hat der Spieler
jedoch Gewinnpunkte sammeln können, so wurden diese in Form von Token
ausgeschüttet (100 Gewinnpunkte ist eine Toke = Geldwert 5 DM), die der Spieler
beliebig weiterverwerten konnte. Das heißt, der Spieler in der Spielothek konnte die
ausgeworfene Toke weiter zum Spielen verwenden, aber auch an Mitspieler
innerhalb und außerhalb der Spielothek weiterverkaufen.
Die Übertragung auf Dritte war in tatsächlicher Hinsicht somit nicht ausgeschlossen.
Schon aus diesem Grund stellten die ausgeschütteten Token bei Punktegewinn in
jedem Fall für den konkreten Spieler einen Geldwert dar, der nach der
Verkehrsauffassung nicht unbedeutend war.
Darüber hinaus wurden die Spielothekenaufsichten (Zeuginnen) von dem
Angeklagten A in Absprache mit seinem Chef, dem Mitangeklagten B, angewiesen,
zumindest an Stammkunden die ausgeschütteten Token vollständig über den Einsatz
hinaus inklusive Nettogewinn zurückzuzahlen, um so den Gewinnanreiz bei den
Spielern zu erhöhen und den Umsatz in der Spielothek entsprechend zu steigern. An
der Umsatzsteigerung waren sowohl der Betreiber B als auch der Angeklagte A
interessiert, der auch aufgrund seines Vertrages eine prozentuale Provision insoweit
erhielt. Beim elektronischen Roulettspiel waren für den Einzelspieler durch
Berührung mit einem Computerbildschirm „Aktionen“ (Touchscreen) möglich, die
jedoch auch hier den Spielausgang nicht wesentlich beeinflussten, der insoweit
ebenfalls von technichen Einrichtungen mechanisch gesteuert wurde. Im Unterschied
zu den einfachen Token-Spielgeräten erhielt der Spieler hier gegen Pfandgeld in
Höhe von 20 DM eine Chipkarte (50 DM = 50 Punkte), auf der der vom Spieler
gewählte Einsatz gebucht wurde. Weiter wurden auf dieser Chipkarte im Laufe des
Spieles die Verluste und auch Gewinne aufgebucht und gegenseitig verrechnet. Auch
hier wurde mindestens gegenüber den jeweiligen Stammspielern zur Erhöhung des
Gewinnanreizes der über den jeweiligen Einsatz hinausgehende Gewinn ausbezahlt,
falls vom Spieler ein solcher erzielt wurde. Die Auszahlung erfolgte im Regelfall
durch die Spielothekenaufsichten, die entsprechend angewiesen waren.
Die Spieler konnten mit dem gespeicherten Geldwert auf der Chipkarte nach
Belieben verfahren. Ähnlich wie bei der ausgeschütteten Toke konnte der Spieler die
Karte zum Weiterspielen verwenden oder sich den überschüssigen Betrag auszahlen
lassen.
Weiter konnte die Chipkarte vom jeweiligen Spieler innerhalb und außerhalb der
Spielothek weiterverkauft werden an andere Spieler und stellte somit als solche an
sich schon einen Vermögenswert dar. Im Regelfall ließen sich jedoch die Spieler
durch die Spielothekenaufsichten und gemäß der Anweisung beider Angeklagten
jeden vorgelegten als Gewinn gespeicherten Betrag auszahlen.
Eine behördliche Erlaubnis zum Betreiben der Unterhaltungsspielgeräte in der oben
genannten Form besaßen beide Angeklagte, wie aus den am 26. Mai 1999 erteilten
gewerberechtlichen Genehmigungen gemäß Paragraf 33 i Gewerbeordnung für beide
Spielhallen zu entnehmen ist, nicht. Den beiden Angeklagten war klar, dass bei
einem derartigen Betrieb die benannten Unterhaltungsspielgeräte als unzulässige
Glücksspielgeräte benutzt wurden.
Darüber hinaus war den Angeklagten bekannt, dass für die Token-Spielgeräte
„Double Black Jack“, „Double Diamond“, „Red White and Blue“, „Triple Cash“,
„Diamond Fire“, „Super Stars“, „Red White and Blue“, „Triple Cash“, „White
Diamonds“ eine Erlaubnis zum Aufstellen der Geräte nicht vorlag, da es sich bei
diesen Spielen nicht um normale Unterhaltungsspielgeräte, sondern um
amerikanische „Slot-Machines“ handelt, deren Betrieb nur in staatlichen Spielcasinos
zugelassen ist. Sie sind nicht zulassungsfähig und hätten von daher durch beide
nicht aufgestellt werden dürfen. Die von beiden gemeinsam betriebene Spielhalle
war einer großen Anzahl von Besuchern zugänglich. Weiter handelten die
Angeklagten jeweils in der Absicht, sich durch die oben genannten Spielgeräte eine
vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen. Entsprechend ihrem Vorhaben
erzielten die Angeklagten während des Betriebes der Spielhalle an
Unterhaltungsspielgeräten einen Umsatz in Höhe von 76 681,40 DM.
III.
Der Angeklagte A erkannte seine Geschäftsführerfunktion in der Spielothek Black
Jack an. Über die Art und Weise, wie die Spielothek zu führen sei, habe man die
Einlassung entsprechend mit dem Betreiber abgesprochen. Er, der Angeklagte A,
habe die von seinem Chef, dem Angeklagten B, gemachten Halbwahrheiten
geglaubt. Beide, er und der Betreiber, seien davon ausgegangen, dass eine
Rückzahlung des Einsatzes an Token-Spielgeräten sowie eine langfristige Gewinnund Verlustrechnung für Stammspieler im Rahmen der Chipkarte am Roulette
rechtlich zulässig sei. Der Angeklagte B ergänzte im Rahmen seiner Einlassung
hierzu, dass man von den Verbänden falsch informiert worden sei.
Der Angeklagte A beteuerte zunächst, dass sowohl bei den ausgeschütteten Token
wie auch bei der Roulette-Chipkarte nur bis zum Einsatz ausbezahlt worden sei.
Diese Aussage wurde von dem Angeklagten jedoch im Rahmen des Verfahrens
mehrfach variiert. Später räumte der Angeklagte A auf Vorhalt ein, dass bei
Stammspielern alles und bei den anderen Spielern bis zum Einsatz zurückgetauscht
wurde. Diese Anweisung hätten auch alle Spielothekenaufsichten gehabt.
Der Angeklagte B blieb hingegen bei seiner Einlassung, dass nur der Einsatz
zurückbezahlt worden sei und lediglich auf der Roulette-Chipkarte eine längerfristige
Verlust- und Gewinnrechnung stattgefunden habe.
Das Gericht gewann während der Beweisaufnahme den Eindruck, dass das zuletzt
genannte Geständnis des Angeklagten A insoweit zutreffend ist, dass zumindest bei
Stammspielern jeglicher Nettogewinn sowohl bei den Token-Spielgeräten wie auch
bei dem Roulette im Einverständnis aller (beide Angeklagte sowie die ausführenden
Spielothekenaufsichten) zurückbezahlt wurde.
Diese Vorgehensweise stimmt nicht nur mit dem Observationsbericht des verdeckten
Ermittlers (Blatt 64 und 65 der Akten) überein, der von der Ausbezahlung von
reinen Nettogewinnen durch die jeweiligen Spielothekenaufsichten bezüglich
ausgeschütteter Token und aufgebuchter Gewinne auf der Chipkarte des Roulettes
spricht (Einsatztage 5. Oktober, 13. Oktober und 14. Oktober 2000), sondern wird
auch von den folgenden Zeugenaussagen bestätigt:
Der Zeuge G sagte aus, dass er bei Besuch der fraglichen Spielothek ab Juli 2000
einmal 17 000 Reingewinn auf der Chipkarte des Roulettes verbuchen konnte bei
einem Einsatz von 5 400 DM. Nach und nach sei der Gesamtgewinn an ihn
ausbezahlt worden. In Z 3 000 DM und aus der Spielothek in Y des Mitangeklagten B
das Restgeld, da in der Spielothek in Z nicht so viel Geld vorhanden gewesen sei.
Wenn die Reingewinne nicht ausbezahlt worden wären, würde keiner der echten
Spieler spielen.
Der Zeuge H (Roulettespieler) bestätigte, dass er ebenfalls geglaubt habe, dass
Gewinne an Stammspieler ausbezahlt werden. Insgesamt habe man aber als Spieler
in dieser Spielothek nicht gewinnen können.
Die Zeugin F berichtete von einer hohen Verlustmöglichkeit auf Dauer für die
betreffenden Spieler. Sie habe mit ihrem Bekannten zusammen mehrere tausend DMark verspielt. Die Einsätze seien nie aufgeschrieben worden, es sei jedoch „voll“ im
Falle eines Gewinns ausbezahlt worden.
Dies wurde ebenso vom Zeugen K bestätigt. Er selbst habe zirka 2 000 bis 3 000 DM
verspielt. Die Einsätze seien nicht überprüfbar gewesen, sondern die hingelegten
Token seien an der Kasse voll ausbezahlt worden.
Der Zeuge M bezeichnete sich selber als damals „spielsüchtig“ und bestätigte, dass
Rückzahlung der Token bei den Leuten erfolgte, die in der Spielothek als
Stammkunden bekannt gewesen seien.
Die Spielothekenaufsicht O bestätigte ebenfalls, dass der Rückkauf der Token nicht
vom Einsatz abhängig gewesen sei. Die Einsätze seien auch nicht aufgeschrieben
worden. Allen sei das Verbotene dieses Tuns klar gewesen. Die Kollegin P habe
gesagt, sie solle aufpassen, wenn eine Razzia oder ein verdeckter Polizist komme.
Hinsichtlich der Chipkarten meinte die Zeugin, dass sie den Betrag, der nach
Durchziehen der Karte im Computer aufleuchtete, ausbezahlt habe. Über die
Zusammensetzung könne sie nichts sagen.
Die Zeugin O bestätigte darüber hinaus, dass von den Spielothekenaufsichten
Erklärungen unterschrieben worden seien, dass der Rücktausch von Token verboten
sei. Dies sei zur Sicherheit der Chefs geschehen. A habe selbst gesagt, dass dieses
Vorgehen illegal sei. Sie habe es trotzdem gemacht, um ihre Arbeit nicht zu
verlieren. Bei den Kolleginnen mag es ähnlich gewesen sein.
Die entsprechende Anweisung durch die beiden Chefs sei nach Anschaffung der zehn
Token-Spielgeräte gekommen. Auch sie könne über den Betrag, der nach
Durchziehen der Chipkarte auf dem Bildschirm auftauchte, und dessen
Zusammensetzung nichts sagen. Sie habe das ausbezahlt, was der Computer
angezeigt habe.
Gegenüber den beiden Zeuginnen O und P beteuerte die Zeugin R, dass sie nur bis
zum notierten Einsatz ausbezahlt habe, und das auch nur bei Stammkunden.
Diese Einlassung der Zeugin deckt sich mit der ersten Einlassung des Angeklagten A,
die jedoch später von ihm selbst relativiert wurde.
Ihr konnte das Gericht nicht folgen. Sämtliche Zeugenaussagen der Spieler wie oben
angegeben sprechen gegen diese Aussage.
..........
Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass es sich bei der Aussage der Zeugin R
offensichtlich um eine Gefälligkeitsaussage zugunsten ihrer früheren Chefs handelt.
Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass der Angeklagte A
in Absprache mit seinem Chef, dem Angeklagten B, die Spielothekenaufsichten
anwies, alle Nettogewinne in Form von Token oder aufgespeichert auf der RouletteChipkarte, zumindest an Stammspieler auf deren Nachfrage hin, grundsätzlich
auszuzahlen.
Die Tatsache, dass offensichtlich alle drei Spielothekenaufsichten eine Erklärung
unterschreiben mussten, dass ihr Vorgehen rechtswidrig und verboten sei und sie
angewiesen worden seien, keine Token oder Nettogewinne zurückzuzahlen, spricht
dafür, dass beiden Angeklagten das Unrecht ihrer Vorgehensweise bewusst war.
Damit liegt auch kein Tatbestandsirrtum gemäß Paragraf 16 StGB über das
normative Tatbestandsmerkmal „Glücksspiel“ vor.
Die Umsatzberechnung beruht auf den Kassierungsprotokollen (Blatt 192 bis 195 der
Akten).
Die Gewerbsmäßigkeit des Handelns beider Angeklagter steht außer Frage. Beide
errichteten keine „Hobbyspielothek“, sondern versuchten mit der Spielothek ihren
Lebensunterhalt zu bestreiten und verschafften sich, wie die Umsatzzahlen zeigen,
auf diese Weise eine nicht geringe Geldeinnahmequelle.
Hinsichtlich der rechtlichen Subsumtion erfüllen die aufgestellten Token-Automaten
sowie das aufgestellte Roulette die Kriterien des Glücksspiels im Sinne des
Paragrafen 284 StGB: Entscheidung über Gewinn und Verlust hängt nicht wesentlich
von den Fähigkeiten und Kenntnissen des Spielers ab (vergleiche Randnotiz 3
Tründle/Fischer Paragraf 284 StGB, Auflage).
Gewinnerzielung liegt schon in Form der Ausschüttung von Geldwerten, Token oder
aufgebuchten Gewinn auf der Chipkarte vor, da diese allein schon für sich einen
Vermögenswert darstellen. Erst recht bei der Rückzahlung von Nettogewinnen für
Spieler.
Der mögliche Einsatz liegt ebenfalls nicht unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze, da
von dem Zeugen ... glaubhaft bekundet wurde, dass bei gewähltem hohen
Spieleinsatz (gerade von Spielern praktiziert) mindestens 2,50 DM = 50 Punkte
innerhalb von ein bis zwei Sekunden verloren werden konnten. Damit wird auch die
hohe Verlustmöglichkeit deutlich. Der Orientierungswert von 50 Euro pro Stunde ist
weit überschritten. Der Zeuge ... schildert im Übrigen anschaulich, dass neben dem
hohen Verlustrisiko bei süchtigen Spielern, die naturgemäß mit hohen Einsätzen
spielen, auch der Umstand eine Rolle spielt, dass dadurch, dass lediglich die
Punktanzahl durch das Gerät aufgezeigt wird, die Relation zum Geld verloren geht.
Beide Angeklagte waren daher insoweit jeweils wegen eines Vergehens der
gemeinschaftlich begangenen gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltung eines
Glücksspiels gemäß Paragraf 284 Absatz I, Absatz III Nummer 1, 25 Absatz I StGB
für schuldig zu sprechen.
..........
IV.
Zugunsten beider Angeklagter ist zu sehen, dass beide nicht vorgeahndet sind und
hinsichtlich der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels in der
Hauptverhandlung Bedauern und ein nachträgliches Unrechtsbewusstsein zeigten.
..........
Zu ihren Lasten musste sich jedoch auswirken, dass beide Angeklagte systematisch
und nachhaltig vorgingen und unter dem Deckmantel der Einsatzrückgewähr illegal
unter skrupelloser Gefährdung spielabhängiger Menschen versuchten, beträchtliche
Gewinne zu erzielen.
(Inzwischen rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Dillingen an der Donau vom 2.
Dezember 2002; AZ 2 Ds 306 Js 133365/00 si, unterbunden: 2 Ds 206 Js
104689/02. – Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dieter Schittenhelm, Gerlingen.)