„Coffee table“-Sadomasochismus

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„Coffee table“-Sadomasochismus
KU LT U R
Luxemburger Wort
Freitag, den 13. Februar 2015
17
44 musiciens en lice
«International Percussion Competition Luxembourg»
„Coffee table“-Sadomasochismus
Anrüchig, politisch korrekt und langweilig: „Fifty Shades of Grey“-AIl inclusive
VON VESNA ANDONOVIC
Dieser Film ist weder für VegetarierInnen, noch VeganerInnen geeignet! Aber keine Sorge, sein
Publikum wird „Fifty Shades of
Grey“ dennoch finden: dem Vorgeschmack der mit sage und
schreibe über 2 000 verkauften
Tickets, für die am vergangenen
Mittwochabend angesetzte „Ladiesnight“, nach auch noch erschreckend zahlreich. Dabei dürfte selbst bekennenden Genießern
karnivorer Genüsse beim Anblick
von so viel Ungegartem die Lust
danach vergehen. Schlecht für einen Film, der sich gerade die
durchschlagende
Kombination
dieser beiden elementaren Triebe
zum Thema macht. Liebe ist eben
doch, wie ein jeder weiß, noch immer eine Bauch- und Kopfsache.
Und der Unterschied zwischen
schmutzigem Porno und salonfähiger Erotik da drin? Nun, die
schmuddeligen Ausgeburten des
Ersteren, Fassung „Hausfrauensex“, waren gestern; die Appleund Audi-gesponserte PenthouseVariation der Letzteren ist voll in!
Wenn das Licht im Kinosaal, nach
125 Minuten Schattenspielen, wieder angeht, stehen zwei Gewissheiten unumstößlich im Raum:
Teil zwei kommt bestimmt, und
schlimm, sehr schlimm sogar, steht
es um das Abendland!
Wer Letzteres mit dem täglichen Blick in die internationale
Nachrichtenlage nicht längst begriffen hat, dem wird es – nicht
minder schmerzlich – hier bewusst. Aber eine Zivilisation, deren Wünsche sich auf Unterwerfen und Unterwerfung beschränken, kann nicht nur, sie sollte auch
nicht überdauern. Selbst dann
nicht, wenn sich diese Leere hinter dem Ausgangsparadigma versteckt, dass in jeder Frau eine hingebungsvolle Sozialarbeiterin und
in jedem Mann ihr ganz persönliches Weltrettungsprojekt steckt.
„Fifty Shades of Grey“, sehnsüchtig erwartet von der millionenfachen, vornehmlich weiblichen Leserschaft des gleichnamigen Romans der Britin E. L. James,
ist genau das, was man an dieser
Stelle erwarten kann: ein Mainstream-Märchen anno 2015 und die
filmisch uninspirierte Adaptierung eines mittelmäßigen Buches,
dessen Flirt mit dem Anrüchigen
weder gesellschaftsrelevant, schon
gar nicht sozialkritisch und demzufolge so attraktiv und überflüssig wie ein Kropf ist.
An einem „Gute-Laune-Tag“ ist
der Film bestenfalls eine unterhaltsame Anhäufung sexistischer
Dämlichkeit und Plattitüden (wer
beim so was von plumpen, phallischen Spiel mit dem Bleistift nicht
schmunzeln muss, entbehrt definitiv jeglicher Lebensfreude). An
einem „Schlechte-Laune-Tag“ ist
er allenfalls eine schallende Ohrfeige für den Intellekt, der selbst
die unteren Bereiche der IQ-Skala
unterfordert.
Kinky-Quatsch
Verwunderlich eigentlich, dass im
Gegensatz zur kleinsten Werbenacktheit hier – vor allem bei den
starken Frauen des schwachen
Geschlechts – nicht Entrüstungsstürme losgetreten werden, sondern der in sozialen Netzwerken
übliche Shitstorm einem hormonell verzückten Verzückungstsunami weichen muss. Das lässt
Böses ahnen, was den Stand der
Dinge in Sachen weibliche
Identität, Selbstbestimmtheit und
-wahrnehmung im 21. Jahrhundert
in Luxemburg und der Welt anbelangt. Wer hätte sich träumen
lassen, dass – selbst ohne persönlichen Vergleichswert – sogar noch
eine Tupperware-Party sinnlicher
erscheint als der gehypteste Skandalfilm des Jahres?
So belehrend-prüde, politisch
korrekt und über jegliche Kritik
erhaben sie sich sonst auch gerne
geben – eine Roman-Trilogie und
ihre unvermeidbare und leider
erste von drohenden drei Adaptierungen für die große Leinwand
offenbart das andere Gesicht der
Vereinigten Staaten, das sich hinter der gutbürgerlichen WASPFassade verbirgt: Frei nach „Pecunia non olet“ geht es auch mit
„Fifty Shades of Grey“ unter die
Gürtellinie, und zwar mit handfestem „kinky“-Quatsch, der allen-
So dämlich kann Liebe sein: Studentin Anastasia (Dakota Johnson) und
ihr SM-Märchenprinz Christian (Jamie Dornan).
(FOTO: UNIVERSAL)
falls liebestötend ist. Anfangs als
„The Master of the Universe“ auf
Fan-Webseiten veröffentlicht, ist
James' Geschichte eine Hommage
an Stephenie Meyers „Twilight“Romane. Dies wiederum erklärt
vieles, vor allem wieso die unanständige
Soft-Sado-Maso-Posse
ebenso läppisch und karikierend
daherkommt wie die „Kein Sex vor
dem Ja-Wort“-Teenagersaga.
Für all jene – und es gibt sie
(zum Glück) zahlreicher, als man
denkt – die das literarische Phänomen „Fifty Shades of Grey“ verpasst oder erfolgreich umgangen
haben, die Kurzfassung: Die junge
„English lit“-Absolventin (für ein
„literature“-Buchstabieren reicht
der Bachelor scheinbar in den USA
nicht) Anastasia Steele (Dakota
Johnson im „La Boum“-SophieMarceau-Look) gerät in den Sog
des brillanten und charismatischen – und ah ja, natürlich ebenfalls steinreichen! – Christian Grey
(Jamie Dornan – ein Laborklon aus
Robert Pattinsons und Colin Firths
DNA). Sie lebt mit ihrem „Dominus“ (ja, auch das soll es geben!)
dessen sexuelle Fantasien, von
Bondage- bis hin zu Züchtigungsspielchen, aus. Klingt ja vorweg
vielleicht spannend, aber das Resultat dürfte dem guten, alten Donatien Alphonse François nicht
mal ein müdes Lächeln entlocken.
Wie erwartet finden sich auch
hier die Zutaten des klassischen
Märchens, dessen Bandbreite von
Aschenputtel bis hin zu Rotkäppchen und der böse Wolf reicht: die
holde, arme (erkennbar an einem
in mehreren Szenen getragenen
Paar Schuhe!) und – Achtung Spoiler! – jungfräuliche Maid, der
schöne (ein Sixpack und eindurchtrainierter Hintern ersetzen wirkungsvoll die obsolet gewordenen
inneren Werte) Märchenprinz,
dessen weißes Ross durch Hubschrauber und Segelflieger und die
Rüstung durch Maßanzüge und
Designerjeans ersetzt wurden.
Dass mit Sam Taylor-Johnson
auch noch eine Frau Regie führt,
rettet es auch nicht, und so kommt
ihr Opus klinisch-steril, und zwar
filmisch sauber, aber unbefriedigend, da auf „Déjà vus“ setzend,
daher. Und man sollte sich nicht
täuschen: Rein mathematisch von
der Bildschirmzeit gesehen, ist
„Fifty Shades of Grey“ ein Männerfilm, da die weibliche Anatomie als leinwandgeeigneter eingestuft und verwendet wurde.
Fazit: „Wer nicht hören will,
muss fühlen“: Wer demnach den
unwiderstehlichen Trieb verspürt,
sich den Film anzutun, riskiert
höchstens, sich in der (in diesem
Fall leider!) anonymen Zuschauerstatistik am Ende des Jahres wiederzufinden. Sicher ist: Es gibt definitiv fünfzig sinnvollere Dinge, in
die man seine Zeit investieren
könnte. Zum Beispiel einfach mal
Steven Shainbergs „Secretary“ mit
dem Duo Maggie Gyllenhaal/James Spader wieder ausgraben: Da
heißt der attraktive Chef – Überraschung! – auch Grey, und Sie
amüsieren sich definitiv besser,
wenngleich nur im Pantoffelkino!
Pour sa neuvième édition l'«International Competition Luxembourg» se consacrera du 14 au 22
février aux quatuors de percussion.
11 ensembles se sont inscrits, les
44 musiciens sont originaires de
Bulgarie, Espagne, Allemagne,
Taiwan, Suède, France, Japon,
Portugal et Luxembourg. Le
Grand-Duché sera représenté par
trois quatuors: Back to Rythm,
Loopers, et Random.
Lors des épreuves éliminatoires
à partir du 15 février au Conservatoire de Luxembourg, les ensembles devront interpréter un
morceau imposé et une pièce au
choix.
En finale, les quatuors joueront
un récital de 35 minutes avec au
choix une fugue à quatre voix du
«Clavier bien tempéré» de J.S.
Bach. Autre partition imposée, le
Concerto n° 1 du compositeur danois Anders Koppel, commandée
par l'IPCL en 1995. Pour cette finale les ensembles sélectionnés
seront accompagnés par le
Luxembourg Brass.
Le jury de cette édition 2015 sera présidée par Paul Mootz, professeur au Conservatoire de
Luxembourg et fondateur du concours bisannuel IPCL. Beverley
Johnston (Canada), Keiko Nakamura (Japon), Boris Dinev
(Luxembourg/Bulgarie), Anders
Koppel (Danemark), Philippe Limoge (France) et Bart Quartier
(Belgique) feront partie du jury.
Le premier prix du concours sera doté de 20.000 euros, 12.000 euros pour le second et 6.000 euros
pour le troisième prix. D'autres
distinctions seront également remises.
Précisons que toutes les séances
du concours sont ouvertes au public. Entrée libre pour les éliminatoires, réservations pour la demi-finale (jeudi 19 et vendredi 20
février) et pour la finale (22 février).
(C.)
Réservations des places au 47.08.95.1 et sur www.
luxembourgticket.lu. Informations sur le concours, les participants et les épreuves sur:
n
www.ipcl.lu
Filmisches Denkmal
für einen Attentäter
Premiere von Hirschbiegels „Elser“ bei der Berlinale
Berlin. Mit Oliver Hirschbiegels
Widerstands-Drama „Elser“ ist
gestern bei der 65. Berlinale der
fünfte und letzte deutsche Film im
offiziellen
Wettbewerbsprogramm gezeigt worden. Der Regisseur von „Der Untergang“ und
„Diana“ erzählt in seinem außer
Konkurrenz laufenden Werk die
wahre Geschichte des schwäbischen Schreiners und Nazi-Gegners Georg Elser. In einer ersten
Festivalvorführung wurde der Film
mit Applaus aufgenommen.
Am 8. November 1939 platzierte
Elser hinter dem Rednerpult von
Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller eine Bombe. Das Attentat scheiterte, weil Hitler den
Veranstaltungsort früher als geplant verließ. „Er hätte die Welt
verändert“ ist der Untertitel des
Films mit Christian Friedel
(„Amour fou“, „Das weiße Band“)
in der Hauptrolle. Der englische
Titel von „Elser“ lautet „13 Minutes“ – denn die Bombe explodierte
13 Minuten, nachdem Hitler vorzeitig den Saal verlassen hatte.
Viel Applaus für Greenaway und
Bären-Chancen für Guatemala
Am achten Berlinale-Tag wurde
auch heftig darüber diskutiert,
welcher Film bei der Preisverleihung morgen die besten Chancen
auf den Goldenen Bären hat. Vor
allem die deutschen Kritiker sind
begeistert von Sebastian Schippers Echtzeit-Thriller „Victoria“.
Bei den internationalen Filmfachleuten sind Werke aus Russland,
Guatemala, Großbritannien und
Chile vorn.
Der britische Filmemacher Peter Greenaway erhielt viel Applaus für seine ungewöhnliche
Filmbiografie „Eisenstein in Guanajuato“. Darin wird eine Episode
aus dem Leben des sowjetischen
Regisseurs Sergei Eisenstein erzählt, der in Mexiko seine Sexualität neu entdeckt. Der russische
Regisseur Oliver Hirschbiegel präsentierte sein Widerstands-Drama
„Elser“ .
(FOTO: AFP)
Beitrag „Under Electric Clouds“
von Alexei German überzeugte die
Zuschauer ebenfalls. Der im Jahr
2017 spielende Episodenfilm über
die Agonie eines Landes lebt von
surrealistischen Szenen und klugen Verweisen auf die russische
Geschichte und Literatur.
Sehr beeindruckt war das Publikum von dem harten chilenischen Film „El Club“ von Pablo
Larraín.
Er erzählt von einer Gruppe katholischer Priester, die wegen des
Missbrauchs von Kindern und
weiterer Verbrechen exkommuniziert wurden und jetzt gemeinsam
in einem Haus am Meer leben und
büßen sollen. Dann taucht eines
ihrer Opfer auf. Ebenfalls BärenChancen könnte Guatemala haben, das erstmals im Wettbewerb
dabei war. Jayro Bustamante erzählt in „Ixcanul Volcano“ von
dem Maya-Mädchen María, das
vor einer arrangierten Ehe flüchten will.
Die Qual der Wahl hat dann am
Ende die siebenköpfige BerlinaleJury unter Vorsitz von US-Regisseur Darren Aronofsky.
(dpa)