Umsetzung mehrsprachiger Lerninhalte auf der Basis von
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Umsetzung mehrsprachiger Lerninhalte auf der Basis von
Umsetzung mehrsprachiger Lerninhalte auf der Basis von LMML, XSLT und JavaScript H.-D. Quednau und S. Paar Fachgebiet Biometrie und Angewandte Informatik der Technischen Universität München E-Mail: quednau@wzw.tum.de , wast@wast2000.de Zusammenfassung Es wird erörtert, warum es notwendig ist, E-Learning-Lektionen parallel in mehreren Sprachen anzubieten, und es wird gezeigt, wie diese Mehrsprachigkeit bei einem System umgesetzt ist, das bei der TUM bereits eingesetzt wird und bei der AIS vor der Einführung steht. Das System stützt sich auf internationale Normen und ist mit Software-Komponenten umzusetzen, die kostenfrei erhältlich sind. Resumo Estas pritraktata la neceso oferti virtualajn lekciojn paralele en pluraj lingvoj, kaj estas prezentata la maniero, laŭ kiu tiu plurlingveco estas realigata per sistemo, kiu en TUM jam laboras kaj en AIS estas baldaŭ enkondukota. La sistemo estas bazita sur internaciaj normoj kaj realigebla per softo-komponantoj, kiuj estas akireblaj senkoste. Rezime Raspravlja se zašto je neophodno da se lekcije nastave na daljinu ponude na više jezika i pokazuje se kako se ova višejezičnost uklapa u sistem koji je već prisutan kod TUM-a, a kod AIS-a se nalazi pred uvodjenjem. Ovaj sistem se oslanja na medjunarodne norme i može se koristiti sa softverskim komponentama koje se mogu besplatno dobiti. Motivation In den Ländern der Europäischen Union und einigen benachbarten Staaten wird nach einem Beschluss der Wissenschaftsminister (siehe The European Higher Education Area 1999) das Studium an den Hochschulen umstrukturiert, indem grundständige 8 - 10semestrige Studiengänge (in Deutschland und Österreich mit den Abschlüssen Diplom und Magister) von zweistufigen Studiengängen (in Deutschland meist unter den englischen Bezeichnungen Bachelor und Master bekannt) abgelöst werden. Diese Zweiteilung des Studiums soll es unter anderem den Studenten ermöglichen, nach Abschluss des BachelorStudiums unter einer großen Anzahl unterschiedlicher Master-Studiengänge auszuwählen, die auch im fremdsprachigen Ausland angeboten werden können. Aus diesem Grunde bieten bereits viele Hochschulen Masterkurse in einer anderen als der Landessprache an, insbesondere natürlich in englisch. Insbesondere die Master-Kurse werden von Studenten unterschiedlicher Nationalität besucht, und auch einheimische Studenten sollen auf einen eventuellen späteren Einsatz im Ausland vorbereitet werden. Deshalb haben wir für die Fakultät für Ernährung, Landnutzung und Umwelt der Technischen Universität München (TUM) und für die Akademio Internacia de la Sciencoj (AIS) ein System erarbeitet, das die einfache Erstellung mehrsprachiger ELearning-Kurse erlaubt – anstelle der bisher üblichen einsprachigen bei der TUM (deutsch oder englisch) bzw. ein- oder zweisprachigen bei der AIS (Esperanto, eventuell mit einer Parallelversion in einer weiteren Sprache). Für die Mehrsprachigkeit der Kurse sprechen folgende Gründe: 1. Den Studenten soll beim Verständnis des Stoffes dadurch zu geholfen werden, dass ihnen nach Möglichkeit der Kursinhalt in ihrer Muttersprache bzw. in der Sprache, in der sie ihre wissenschaftliche Sozialisation bekommen haben, angeboten wird. In vielen wissenschaftlichen Fächern ist das exakte Verständnis des Inhalts abhängig vom Verständnis der sprachlichen Differenzierung (vergleiche hierzu TREPL 2002, letzter Absatz), und dieses Verständnis ist in vollem Umfang für die meisten Menschen nur in ihrer Muttersprache oder einer speziell zu diesem Zweck entwickelten Plansprache wie Esperanto möglich. 2. Die Studenten sollen die Möglichkeit bekommen, sich in verschiedenen Wissenschaftssprachen zu vervollkommnen. 3. Nach FRANK (1998) ist die Formulierung eines wissenschaftlichen Ergebnisses in mehreren Sprachen vergleichbar der Projektion eines Körpers auf mehrere Ebenen: Bei einer Projektion können mehrere Punkte des Urbilds auf denselben Bildpunkt abgebildet werden und somit ununterscheidbar werden, bei einer anderen Projektion werden sie jedoch getrennt. In gleicher Weise können sprachspezifische Mehrdeutigkeiten in einer Sprache durch Formulierung in einer anderen Sprache aufgelöst werden. Benutzer-Schnittstelle Die Punkte (2) und (3) sprechen dagegen, die verschiedenen Sprachversionen eines Kurses unabhängig nebeneinander anzubieten. Stattdessen wird jedem Kurs eine Haupt- sprache zugeordnet, in der er beim Aufruf zunächst dargestellt wird. Unter jedem Absatz befindet sich eine Leiste, in der die für den jeweiligen Kurs verfügbaren Sprachen in ihrer ISO-639-alpha-2-Abkürzung (ISO 2005) stehen, z.B. de | en | eo | ro für deutsch | englisch | Esperanto | rumänisch. Bei einem Mausklick auf die Abkürzung öffnet sich ein PopupFenster, das den Abschnitt in der gewünschten Sprache enthält, ohne dass die Originalversion vom Bildschirm verschwindet. So können zumindest zwei Sprachversionen gleichzeitig und beliebig viele hintereinander betrachtet werden. XML, XSLT und JavaScript Die automatische Erzeugung der Hyperlink-Leiste und ihre Verknüpfung mit den entsprechenden Zieldateien in der gewünschten Sprache setzt voraus, dass die Lerneinheiten in einer XML-Sprache geschrieben sind, für die eine Transformations-Datei mit XSLTKommandos zur Verfügung steht, die diese Aufgabe erfüllt. XML ist eine Metasprache, die auch im Bereich E-Learning sehr gut für die Erfassung, den Austausch und die Speicherung von Daten verwandt werden kann. Mit ihrer Hilfe können eigene Sprachen über unterschiedliche Document Type Definition´s (DTD´s) (W3C 1999) oder Schemas (W3C 2002) definiert werden. In unserem Projekt verwenden wir bisher die XML-Sprache LMML (Learning Material Markup Language), die an der Universität Passau entwickelt wurde (SÜSS & FREITAG 2002). Sie bietet die Möglichkeit, die Inhalte von Lerneinheiten abzubilden. Zur Verarbeitung, Darstellung oder Konvertierung von XMLDateien wird häufig die Extensible Stylesheet Language Transformations (XSLT) eingesetzt (W3C 1999). Das Ergebnis einer Transformation kann z. B. ein weiteres XML-Dokument oder eine HTML-Datei sein. Mit Hilfe von XSLT ist es möglich, aus LMML-Dateien selektiv unterschiedliche Inhalte anzuzeigen oder zusammenzufassen (PAAR 2005). Grundsätzlich kann die Transformation auf dem Server durchgeführt werden – dann wird nur die HTMLSeite an den Client geschickt, oder es wird die XML-Datei zusammen mit der passenden XSLT-Datei an den Client geschickt und die Transformation vom Browser des Clienten durchgeführt. In unserem Projekt haben wir uns dafür entschieden, sämtliche Transformationen clientseitig durchführen zu lassen. Dies bietet die Möglichkeit, eine XSLTgesteuerte Transformation mit Hilfe von JavaScript durchzuführen, außerdem kann man den Lerninhalt z.B. von einer CD-ROM ohne Verbindung zu einem Server betrachten. Andererseits wird die Verwendung von PHP-Skripten von den meisten Lernplattformen nicht unterstützt. JavaScript ist eine meist clientseitig eingesetzte, objektbasierte Skriptsprache, die vom Interpreter des Browsers abgearbeitet wird. Sie wurde ursprünglich von der Firma Netscape entwickelt. Die Grundlagen von JavaScript sind unter dem Namen ECMAScript zum ISOStandard erhoben worden (ECMA 1999). JavaScript bietet die Möglichkeit der komplexeren Verarbeitung von XML mit XSLT. Es können z. B. XML-Dateien geladen und zusammen mit Parameterwerten an den XSLT-Prozessor des Browsers übergeben werden. Das Ergebnis wird wieder entgegengenommen und kann am Bildschirm dargestellt werden. Umsetzung des Hyperlinks Dieser Mechanismus wird benutzt, um die oben beschriebene Verknüpfung eines Abschnitts mit seinen verschiedenen Sprachversionen zu realisieren: Bei der Betätigung eines Sprach-Hyperlinks wird eine JavaScript-Funktion aufgerufen, z. B javascript:xslt (´´,´popup_languages.xsl´,´de´,´5´,´´,´´,´´,´´); Sie erhält als Parameter u. a. die Zielsprache und den eindeutigen label-Attributwert des zu übersetzenden Absatzes und übergibt diese Werte mit dem Dateinamen der aktuellen LMMLXML-Datei und einer XSLT-Datei an den XSLT-Prozessor. Das Transformationsergebnis (der Absatz in der jeweiligen Zielsprache) wird in einem Popup-Fenster angezeigt. Damit die Transformationsprogramme korrekt arbeiten können, müssen die Komponenten des Lerninhalts in die folgende Verzeichnisstruktur eingefügt werden: • media/ o o o o de/ en/ eo/ ro/ o o o o de/ en/ eo/ ro/ o o o o css/ javascript/ schema/ xslt/ o o o o de/ en/ eo/ ro/ • pdf/ • system/ • xml/ In den Verzeichnissen xml/xx liegen die Lerninhalte in Form von LMML-XML-Dateien in den verschiedenen Sprachen, hier in deutsch, englisch, Esperanto, rumänisch. Das Verzeichnis system beinhaltet alle Dateien, die für die Funktionalität der Lerninhalte benötigt werden. Die Schema-Dateien (Verzeichnis schema) können zur Validierung der LMMLXML-Dateien herangezogen werden. Die XSLT-Dateien (Verzeichnis xslt) sind für die Transformation der LMML-XML-Dateien verantwortlich. Die JavaScript-Dateien (Verzeichnis javascript) stellen komplexere Transformationen der LMML-XML-Dateien sicher – außer den Darstellungen für die verschiedenen Sprachversionen sind sie auch für spezielle Darstellungen von Vertiefungen, Exkursen, Literatur, Glossaren und ähnlichem zuständig. Die CSS-Dateien (Verzeichnis css) sorgen für die Formatierung der Transformationsergebnisse. Das Verzeichnis pdf beinhaltet evtl. vorhandene pdf-Dateien (in ihren jeweiligen Sprachen). Unter media werden z. B. sämtliche Grafik-, Ton-, Video-Dateien in ihrem jeweiligen Sprachordner abgelegt. Erstellung der Lerninhalte Bei der Erstellung mehrsprachiger Inhalte bietet es sich an zuerst eine Sprache mit all ihren LMML-XML-Dateien, pdf-Dateien, media-Dateien fertig zu erstellen und anschließend die Sprachordner zu kopieren, einzufügen und die Ordnernamen in die jeweilige Sprachkennung umzubenennen (jeweils in den Verzeichnissen xml, pdf und media). Anschließend kann jede LMML-XML-Datei im neuen Sprachordner geöffnet, übersetzt und betrachtet werden. Zum Abschluss wird die gesamte Verzeichnisstruktur nach dem Sharable Content Objekt Reference Model (SCORM) (SCORM 2004) in einer .zip-Datei verpackt. SCORM fordert als erste Komponente der .zip-Datei eine imsmanifest.xml, die die inhaltliche Struktur des Kurses festlegt. Die SCORM-kompatible .zip-Datei einschließlich der zugehörigen imsmanifest.xml lässt sich durch die kostenfreie Software Reusable eLearning Object Authoring & Delivery (RELOAD) (RELOAD 2005) sehr einfach erzeugen und anschließend in ein SCORM-kompatibles Lernmanagementsystem (LMS) importieren. Als LMS wird zur Zeit an der TUM das kommerzielle Clix (CLIX 2005) eingeführt, bei der AIS werden wir mit dem kostenfreien ILIAS (ILIAS 2005) arbeiten. Es ist jedoch auch möglich, die Lerninhalte unabhängig von einem LMS offline auf dem eigenen PC zu betrachten und zwischen den Einheiten zu navigieren. Voraussetzungen der Browser-Software Um das System nutzen zu können, müssen folgende Voraussetzungen der BrowserSoftware erfüllt werden: • Unterstützung von XML (W3C 2001), Extensible Stylesheet Language Transformations (XSLT) (W3C 1999) und Cascading Style Sheets (CSS) (W3C 1996) • Unterstützung und Aktivierung von JavaScript (ECMA 1999), • Deaktivierung eines vorhandenen Popup-Blockers, • Aktivierung von Active X (Microsoft Internet Explorer). Sollen die Lerninhalte offline im Internet Explorer 6 (Service Pack 2) betrachtet werden, muss die Ausführung aktiver Inhalte auf dem PC erlaubt werden (siehe Menü Extras, Internetoptionen, Erweitert). Folgende Browser wurden erfolgreich getestet: • Microsoft Internet Explorer 6 • Netscape Navigator Version 7.1 • Mozilla 1.7.3 • Mozilla Firefox Version 1.0 Sehr wahrscheinlich werden auch die oben genannten Browser mit höheren Versionsnummern die Lerninhalte korrekt darstellen können. Erste Tests bestätigen dies (Netscape Navigator Version 8.0 Beta, Mozilla Firefox Version 1.0.2). Literatur CLIX (2005): imc Advanced Learning Solutions, Learning Management System Software http://www.im-c.de/homepage/index.htm ECMA 1999: Standard ECMA-262, ECMAScript Language Specification, 3rd edition (December 1999), This Standard defines the ECMAScript scripting language, http://www.ecma-international.org/publications/standards/Ecma-262.htm FRANK, H., 1998: Die revidierte Wissenschaft zwischen Forschung und Lehre. Über eine Kommunikationskybernetologie als Fachwissenschafts-Semiotik. grkg/Humankybernetik 39(4), 147 - 160 ILIAS (2005): ILIAS, Open Source Lernplattform, http://www.ilias.de/ios/index.html, ISO (2005): ISO 639, http://en.wikipedia.org/wiki/ISO_639 PAAR, S., 2005: Der Einsatz von XSLT im Bereich E-Learning am Beispiel von IMS LD und LMML. In: Tagungsband der 15. und 16. Tagung der Sektion Forstliche Biometrie und Informatik der DVFFA in Freiburg 2003 und Freising 2004, im Druck http://www.forst.tu-muenchen.de/publ/quednau/paar3.html RELOAD (2005): Reusable eLearning Object Authoring & Delivery, RELOAD Editor and SCORM Player, http://www.reload.ac.uk/ SCORM, 2004: Sharable Content Object Reference Model, http://www.adlnet.org/ SÜSS, C. und FREITAG, B., 2002: Datenbanken und Informationssysteme: Passauer Knowledge Management System (PaKMaS), http://daisy.fmi.uni-passau.de/pakmas/pakmas.html THE EUROPEAN HIGHER EDUCATION AREA, 1999: The Bologna Declaration of 19 June 1999: Joint declaration of the European Ministers of Education http://www.bologna-berlin2003.de/pdf/bologna_declaration.pdf TREPL, L., 2002: Merkzettel für alle, die mir Diplom-, Seminar- und andere Arbeiten zum Korrigieren und Kommentieren geben. http://www.loek.agrar.tu-muenchen.de/lehre/download/merkzettel6.pdf W3C, 1996: World Wide Web Consortium: Cascading Style Sheets, level 1, W3C Recommendation 17 Dec 1996, revised 11 Jan 1999, http://www.w3.org/TR/CSS1 W3C, 1999: World Wide Web Consortium: XSL Transformations (XSLT), Version 1.0, W3C Recommendation 16 November 1999, http://www.w3.org/TR/1999/REC-xslt-19991116.html W3C, 2001: World Wide Web Consortium: Extensible Markup Language (XML) 1.0 (Second Edition). http://www.w3.org/TR/2000/WD-xml-2e-2000-08-14, 2000-08-14 W3C 2002: World Wide Web Consortium: XML Schema W3C Recommendation, http://www.w3.org/XML/Schema