die formel1 im gepäck

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DIE FORMEL 1 IM GEPÄCK
Fotos: imago, Boris Schlegelmilch
Die Formel-1-Saison 2009 hat begonnen. MAN Nutzfahrzeuge trägt wieder zur reibungslosen Logistik in den Rennställen bei. Ein Heer von Sattelzugmaschinen bringt die
Show auf die Straße und die PS-Boliden zu den Rennen.
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>>> Zwei Stunden dauert ein Formel-1-GrandPrix maximal. Sein offizieller Teil zumindest.
Denn wenn die schwarz-weiß karierte Flagge
gefallen ist, die Boliden endlich zur Ruhe kommen und die Sieger in Champagnerlaune
sind, beginnt bereits der nächste Wettlauf.
Beim Rennen nach dem Rennen gewinnt, wer
seine Fahrzeuge samt Ausrüstung schnellstmöglich wieder am heimischen Teamsitz
oder beim nächsten Rennen hat. So sind in
nur wenigen Stunden die Boxenanlagen wieder leergeräumt. Die Fracht landet, fein säuberlich sortiert, in Hightechtrucks, die sich
unmittelbar auf den Weg machen. Dabei
klingt die logistische Herausforderung zunächst gar nicht spektakulär: Alle 14 Tage drei
Fahrzeuge an eine europäische Rennstrecke
zu bringen hört sich bei Weitem nicht so stressig an, wie es tatsächlich ist.
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WETTRENNEN ZUR STRECKE
Doch die Fracht ist empfindlich, die Beladung
kompliziert und der Zeitdruck immens. Je
früher die Rennfahrzeuge wieder zurückkommen, desto eher kann mit ihnen gearbeitet werden: Schäden können ausgebessert
und die Technik modifiziert werden. Wer seine Autos eher daheim hat, kann länger an
der Weiterentwicklung arbeiten und erhöht
seine Chance, die Konkurrenten auf der Strecke zu überholen.
Bis in die Fünfzigerjahre hinein war es
daher nicht ungewöhnlich, dass Rennwagenhersteller eigene Transporter zur Beförderung konstruierten – meist auf Pkw-Basis mit
starken Sportmotoren. Und musste es besonders schnell gehen, wurde auch schon mal
ein Rennfahrzeug auf eigener Achse überführt. Beides ist mittlerweile natürlich unvorstellbar. Heute gibt es in der Formel-1-Welt
eine weitaus effizientere Transportlösung:
Sattelzugmaschinen mit bis zu 680 PS. Sechs
von zehn Formel-1-Rennställen setzten im
01. Formel-1-Boliden werden mit größtmöglicher Vorsicht entladen. Ihr Wert: bis zu fünf Millionen Euro.
02. Ein Toyota-Mechaniker erklimmt die Außentreppe
zu seinem MAN-Teamtruck im Fahrerlager.
03. Mit Thermohüllen werden die Reifen geschützt.
Sie sind das „schwarze Gold“ der Formel 1.
>GRAND-PRIX-KALENDER
2009
17 Rennen bis zum Titel
29. März: Australien, Melbourne
5. April: Malaysia, Kuala Lumpur
19. April: China, Shanghai
26. April: Bahrain, Manama
10. Mai: Spanien, Barcelona
24. Mai: Monaco, Monte Carlo
7. Juni: Türkei, Istanbul
21. Juni: England, Silverstone
12. Juli: Deutschland, Nürburgring
26. Juli: Ungarn, Budapest
23. August: Spanien, Valencia
30. August: Belgien, Spa
13. September: Italien, Monza
27. September: Singapur, Singapur
4. Oktober: Japan, Suzuka
18. Oktober: Brasilien, São Paulo
1. November: Abu Dhabi, Abu Dhabi
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Fotos: imago (3)
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vergangenen Jahr für ihre Straßenlogistik auf
MAN – das spricht für sich. Bis ins kleinste Detail mit den jeweiligen Teamlackierungen versehen, reihen sie sich im Fahrerlager auf und
sind längst fester Bestandteil des Grand-PrixSports geworden.
Eine besonders enge Beziehung entstand in den letzten Jahren zwischen dem
Nutzfahrzeughersteller und dem Panasonic
Toyota Racing Team, das in Köln beheimatet
ist. Der Fuhrpark des Rennstalls umfasst allein 16 neue MAN TGX. Zu ihnen gesellten
sich in der Saison 2008 zwei 7,5-Tonner der
TGL-Baureihe sowie zwei dreiachsige TGA.
Doch John Day, bei Toyota Racing für die
Renn- und Testlogistik verantwortlich, ist
sich sicher, dass für die neue Grand-PrixSaison Veränderungen ins Haus stehen.
„Wenn es tatsächlich zum Verbot der Testfahrten zwischen den Rennen kommen sollte, hat das natürlich auch Auswirkungen auf
unseren Fuhrpark“, analysiert der Logistiker.
Denn nur zehn seiner 20 MAN-Fahrzeuge
bringt John Day zu einem Formel-1-Wochenende mit. Die übrigen sind – zumindest bislang – überwiegend für das Testteam im Einsatz, das häufig bereits in unmittelbarem
Anschluss an ein Rennwochenende seine Arbeit an einer anderen Rennstrecke aufnimmt.
„Die Lkw des Einsatzteams spulen jährlich
jeweils rund 25 000 Kilometer ab, die des
Testteams erreichen fast das Dreifache“,
rechnet Logistikchef John Day vor.
Mag sein, dass in reinen Speditionen
die Laufleistung höher ist. Dafür ist die Ladung nur selten so kostspielig wie in der Formel 1. An der Spitze steht dabei der Sattelzug, in dem die Rennfahrzeuge befördert werden. Deren Materialwert kann mit insgesamt
gut fünf Millionen Euro angesetzt werden,
schließlich sind gleich drei Toyota an Bord:
zwei Einsatzfahrzeuge und ein Ersatzwagen.
Vier weitere Lastzüge sind so dicht mit Tech-
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Fünf erstaunliche Dinge über die
Formel 1, die Sie noch nicht wussten:
Herzschlag
Mitten im Vulkan
Der Stress der Rennfahrer lässt sich am
Puls ablesen. Der Ruhepuls liegt bei 60 Schlägen in der Minute. Beim Einstieg ins Cockpit
liegt er bei 90, kurz vor dem Start nähert er sich
der 130. Der Adrenalinhöchststand wird vor
der ersten Kurve gemessen: Dann schlägt das
Herz 180 Mal pro Minute.
Schwerstarbeit im Rennmotor leisten vor
allem die Kolben. Bei 300 Kilometern pro Stunde brodelt im Kraftpaket des Rennwagens ein
Vulkan. Bei 19 000 Umdrehungen pro Minute
legen die Kolben innerhalb einer Sekunde
25 Meter Weg zurück. Dabei müssen sie das
8 500-Fache der Erdbeschleunigung aushalten.
Luftikusse
Klarsicht
Feiner Zwirn
Der Luftwiderstand von Formel-1Boliden ist eine Katastrophe. Ihr
Strömungswiderstands-Koeffizient
liegt im Durchschnitt bei 1,20.
Schuld sind die frei stehenden
Räder und die vielen Flügel und
Spoiler. Zum Vergleich: Der neue
Audi A4 erreicht lediglich 0,27.
Visiere müssen strenge
Sicherheitstests bestehen: Sie werden mit
500 Kilometer pro Stunde schnellen Projektilen
beschossen. Die Einschläge dürfen nicht tiefer als 2,5 Millimeter sein.
Das kleinste Teil im 5 000-TeilePuzzle Rennwagen ist der Faden,
aus dem die Kohlefaserhülle der
Sicherheitszelle gewebt wird.
Jeder Kohlefaserfaden besteht
aus 12 000 Mikrofäden, die jeweils 15 Mal dünner sind als ein
menschliches Haar.
nik bepackt wie ein gut gesetztes Tetris-Spiel:
mit Verschleißmaterial wie Schrauben, Muttern, Fett und Öl, mit Ersatz- und Wechselteilen für eine Woche und mit dem mobilen
Rechenzentrum, das zur Analyse der Fahrzeugdaten benötigt wird.
DAS RESTAURANT FÄHRT MIT
In den übrigen fünf Trucks sind die nicht
technischen Komponenten beheimatet, zum
Beispiel das Motorhome und die Hospitality, die zur Bewirtung und als Rückzugsort
im hektischen Fahrerlager dienen. Aber auch
klassische Verbrauchsmaterialien, Merchandisingartikel und Nahrungsmittel befinden
sich an Bord der großen Auflieger: Spezielle
Papierservietten, bedruckt mit dem Teamlogo, dekorative Topfpflanzen, elegante Teppichböden und gut gekühlter Champagner
sind genauso fester Bestandteil der Formel1-Welt wie die Rennfahrzeuge selbst. Doch
im Gegensatz zu den exklusiven Requisiten
werden Wagen und Technik nach dem
Rennen sehnlichst im Toyota-Werk in KölnMarsdorf zurückerwartet. „Unsere Techniktrucks verlassen normalerweise noch am
Sonntag gegen 20.30 Uhr die Rennstrecke“,
erklärt John Day. Das sind nur wenige Stunden nach dem Fallen der Zielflagge. „Wir gehören damit stets zu den Ersten“, ergänzt der
Brite stolz, weist aber auch auf Besonderheiten hin: „In Monaco oder Spa-Francorchamps sieht es anders aus. Dort sorgen bauliche Gegebenheiten und Sonderregelungen
dafür, dass die Teams erst am Montagvormittag loskommen.“
Und noch ein anderer europäischer
Grand Prix stellt eine Herausforderung für die
Logistik dar. „Zum Rennen in Istanbul kommen die Motorhomes auf dem langen Landweg, während der Rest der Flotte Mittelmeerfähren nutzt. Das bedeutet einen höheren organisatorischen Aufwand, ganz zu
schweigen von der längeren Reisedauer“, hebt
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01. In der Formel 1 dreht sich alles ums
Tempo – auch im mobilen Rechenzentrum des Toyota-Teams.
02. Wichtig für die Aerodynamik ist der
Frontflügel. Dieser erzeugt rund ein
Viertel des Abtriebs eines F1-Autos.
03. Mit ausfahrbaren Erkern lässt sich
der Arbeitsbereich an Bord der
Lkw-Auflieger merklich vergrößern.
04. Längst fester Bestandteil jedes
Grand Prix: reihenweise MANTrucks im Fahrerlager
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Fotos: Toyota Motor Corporation (3), imago
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John Day den Türkei-Grand-Prix hervor. Eigene Regeln gelten auch bei „Back-to-back
Races“, wie es im Fachjargon heißt. Damit ist
die Abfolge zweier Rennen innerhalb von sieben Tagen gemeint. Nach dem Formel-1-Kalender 2009 ist das in Europa nur einmal Ende August der Fall. „Doch dann wird es hart“,
prognostiziert John Day und skizziert: „Es
gibt zwischen den Rennen keinerlei Erholung,
und wir müssen die Personalstärke verdoppeln. Be- und Entladen bleiben zwar grundsätzlich gleich, nur führen die Transporte direkt zum nächsten Veranstaltungsort ohne
Zwischenstopp und technische Kontrolle.“
An jeder Formel-1-Strecke sehen die Boxen etwas anders aus, daher ist die Einrichtung jedes Mal maßgeschneidert. Am Nürburgring gibt es beispielsweise alles vom
Feinsten: große, moderne Boxen, reichlich
Steckdosen und Toiletten. Das lässt sich von
Monza nicht behaupten, wo die Boxen alt
und eng sind. In Monaco ist alles mehr oder
weniger improvisiert. Die Teams müssen
wirklich alles mitbringen: angefangen bei der
Verkabelung – im Schnitt mehr als 500 Meter pro Box – über die Zeitansagen, das Gestell,
an dem die Karosserien hängen, und nicht
zu vergessen die Wandpaneele mit Markenzeichen, damit das Ganze wirklich wie die jeweilige Formel-1-Werkstatt aussieht.
OHNE LKW-TEAMS LÄUFT NICHTS
Der Aufbau vor Ort dauert in der Regel gut
zwei Tage. Und gleich am Sonntagabend
muss alles wieder eingepackt werden. Aber
auch dazwischen haben die Lkw-Teams jede
Menge zu tun. Besonders die Reifenmechaniker, die ab Donnerstag praktisch nonstop
die Reifen einsammeln, auf den richtigen
Druck bringen, markieren, auflisten, einpacken, erhitzen und ausgeben. Lkw-Trucks
und ihre Fahrer bilden zweifellos das Fundament für den Formel-1-Zirkus und seine
Akteure: die Teamchefs, die Topfahrer und
nicht zuletzt die Medienleute, die das Publikum bedienen. Ohne die Lkw-Fahrer hätten
sie keine Rennwagen, ja nicht einmal Werkstätten an der Boxengasse. Jede Panne und
jede Verzögerung zwischen den Grand-PrixRennen wäre eine Katastrophe.
T-SHIRTS FÜR DIE POLIZEI
Selbstredend, dass Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der MAN-Zugmaschinen daher eine besonders große Rolle spielen. Denn
nur, wenn die Fracht pünktlich eintrifft, können die Mechaniker ab Mittwochmorgen vor
dem Rennen mit den Vorbereitungen vor
Ort beginnen. Staus und Umwege sind beim
Transport genauso wenig gefragt wie ungeplante Kontrollen, von denen die bunt lackierten Lastzüge aber nicht verschont sind.
Immer wieder passiert es den Lkw-Fahrern,
dass sie von schaulustigen Polizisten oder
dem Zoll gestoppt werden. Auf einem Trip
nach Monte Carlo oder Monza kann es schon
mal zwei oder drei Stopps wegen neugierigen
Beamten geben. Frustrierend, wenn man es
ohnehin eilig hat und nur 80 Kilometer pro
Stunde fahren darf. Doch oft reicht ein exklusiver Blick in den Laderaum oder das Verteilen eines kleinen Give-aways wie Mütze
oder T-Shirt, um die Weiterfahrt rasch fortsetzen zu können.
Verzögerungen ganz anderer Art stellen Tankstopps der Lastzüge dar. Markus Bürger, der Cheftrucker von Toyota Motorsport,
wird beim minutenlangen Befüllen des 400Liter-Lkw-Tanks regelmäßig ungeduldig: Er
steuert nicht nur den Toyota-Renntransporter, sondern ist am Wochenende auch Tankwart bei den Boxenstopps. Dort schießen
zwölf Liter Benzin pro Sekunde in die Tanks
der Formel-1-Boliden, sodass sie im Handumdrehen vollgetankt sind. So weit wird es
mit der Geschwindigkeit in der F1-Logistik
wohl aber nie getrieben.
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> GEPÄCKLISTE
40 Tonnen teure Fracht –
was ein Formel-1-Team geladen hat
„Ohne die Motorhomes und die Lkw wiegt unsere Ausstattung 38 bis 40 Tonnen,
einschließlich der drei Rennfahrzeuge“, rechnet John Day, bei Toyota Racing für die
Renn- und Testlogistik verantwortlich. „Sie ist fast unabhängig davon, ob wir zu
einem europäischen oder einem interkontinentalen Rennen reisen.“ In diesem Gesamtgewicht sind die technischen Komponenten wie Motoren, Spoiler und Räder
enthalten, aber auch Werkstattausrüstung, Computer, Datenleitungen, Stromkabel
und Funkgeräte. Viele Ersatzteile werden in bis zu sechsfacher Ausführung eingepackt. Lang ist auch die Liste der Artikel aus der Rubrik „Wohlfühlen und Bewirtung“ – von kompletten Küchen über komfortable Ledersessel bis hin zu Streichhölzern muss alles mit. Geht man ins Detail, kommen so rund 10 000 Einzelpositionen zusammen, die auf einer knapp 100-seitigen Checkliste erfasst werden müssen.