Mitschrift der Vorlesung vom 02.07.2014
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Technische Universität München Kostenrechnung Sommersemester 2014 Prof. Dr. Gunther Friedl Lehrstuhl für Controlling Technische Universität München Mitschrift der Vorlesung vom 02.07.2014 Technische Universität München Gliederung zu Kapitel 8 8. Kosten- und Erlösinformationen für operative Entscheidungen 8.1 Operative Entscheidungen 8.2 Relevante Kosten operativer Entscheidungen 8.3 Entscheidungen über die Leistungserstellung 8.4 Preisentscheidungen Kostenrechnung: Kapitel 8 2 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München 8.1 Kennzeichnung des Entscheidungsprozesses operativer Entscheidungen Entscheidungsprozess: Planungsgegenstände, -horizont, -ziele und –restriktionen Planungsgegenstände: Bestimmung des Produkt- und Produktions- bzw. Dienstleistungsprogramms, Auswahl eines geeigneten Produktionsverfahrens, Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug sowie Bestimmung von Preisuntergrenzen und von Listenpreisen Kostenrechnung: Kapitel 8 3 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Planungshorizont bis zu einem Jahr variiert oft mit dem Planungsgegenstand Planungsziele typischerweise mehrdimensional monetäre & qualitative Kriterien Planungsrestriktionen Einproduktrestriktion Mehrproduktrestriktion Definition Ober- bzw. Untergrenze für eine einzelne Entscheidungsvariable. Ober- bzw. Untergrenze für mehrere Entscheidungsvariablen. Merkmal Mehrere Ausbringungsgüter beanspruchen gemeinsam eine knappe Ressource. Eine knappe Ressource wird von einem Ausbringungsgut beansprucht. Beispiele • • Kostenrechnung: Kapitel 8 Spezialist für Knieoperationen • Spezialmaterial zur Fertigung • eines Produktes 4 Allgemeiner Chirurg Schrauben oder Muttern zur Montage verschiedener Produkte 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Klassifikation relevanter Informationen Quantitative Informationen Qualitative Informationen numerisch erfassbar nur bedingt numerisch mess- und beschreibbar Beispiel • monetär: Tagessätze, Selbstkosten • nicht-monetär: Auslastungsgrad der MA Beispiel • Arbeitsmoral Quantitative und qualitative Informationen können relevant für Entscheidungen sein. Das Rechnungswesen stellt quantitative Größen auf monetärer Basis bereit. Näherungsweise Abbildung der Folgen von Entscheidungen, da schwer quantifizier- und bewertbare Folgen nicht erfasst werden. Vernachlässigung von positiven oder negativen Verbundeffekten Das Rechnungswesen ist ein Informationssystem neben anderen. Kostenrechnung: Kapitel 8 5 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München In Einzelfällen: Nutzung einfacher Entscheidungsregeln fester Zusammenhang zwischen den quantitativen Größen des Rechnungswesens und der zu treffenden Entscheidung. Je wichtiger nicht-monetäre oder qualitative Informationen sind, desto seltener werden einfache Entscheidungsregeln genutzt. Merkmale von Entscheidungen bei Unsicherheit Die Folgen von Entscheidungen liegen in der Zukunft und sind daher unsicher. • Beispiel: variierende Nachfrage Möglichkeiten zum Umgang mit Unsicherheiten mit Hilfe des Rechnungswesens Informationen über erwartete Erlöse und Kosten. Identifikation verschiedener Umweltszenarien; Bestimmung der Erlöse und Kosten je Szenario. Kostenrechnung: Kapitel 8 6 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München 8.2 Relevante Kosten operativer Entscheidungen Anforderungen an Informationen des Rechnungswesens aktuell genau relevant Sunk Costs und operative Entscheidungen Sunk Costs sind durch vergangene Entscheidungen unwiderruflich festgelegt, nicht veränderbar und variieren nicht mit der Alternative. • Beispiel: Abschreibung des Restbuchwertes einer Anlage Sunk Costs sind entscheidungsirrelevant und sollten nicht in einer Kalkulation enthalten sein. Kostenrechnung: Kapitel 8 7 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Opportunitätskosten und operative Entscheidungen Opportunitätskosten entsprechen dem entgangenen Vorteil der nicht gewählten Alternative, entstehen bei Mehrproduktrestriktionen und sind entscheidungsrelevant. Beispiel: Alternative Nutzung eines leer stehenden Raumes Einrichtung Internetcafé Überschuss • • Vermietung Buchhändler Erfolgsunterschied der Alternativen 6.000 € – 1.500 € 4.500 € Beide Alternativen erzielen einen Überschuss Berücksichtigung von Opportunitätskosten Vermietung an Buchhändler Kostenrechnung: Kapitel 8 8 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Entscheidungswirkungen von Kosteninformationen: Teilkostenrechnung Produktkosten Getrennter Ausweis fixer und variabler Kosten Nützlichkeit der Bereitstellung relevanter Information / Informationen unterstützt sinnWirkung volle operative Entscheidungen. Kostenrechnung: Kapitel 8 9 Vollkostenrechnung Verteilung sämtlicher Kosten auf Produkteinheiten Berücksichtigung irrelevanter Komponenten kann zu verzerrten operativen Entscheidungen führen. 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Beispiel Reha-Klinik: Analytische Bestimmung der optimalen Anzahl an Patienten Kosten- und Preis-Absatz-Funktion: Kostenfunktion: K = Kfix + kv · x Preis-Absatz-Funktion: p(x) = a – ½ b · x Teilkostenrechnung Verteilung der Fixkosten (Plananzahl x(p)) - Vollkostenrechnung kVK = K(p) / x(p) = Kfix / x(p) + kv Betriebsergebnis G = Umsatz – Kosten (a – ½ b x) · x – Kfix – kv · x (a – ½ b x) · x – Kfix /x(p) · x – kv · x Optimale Patientenzahl xTK* = (a – kv) / b xVK* = (a – kv – Kfix /x(p)) / b Kostenrechnung: Kapitel 8 10 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München 8.3 Entscheidungen über die Leistungserstellung Entscheidungskriterien variieren je nach Mehrproduktrestriktion Restriktion Entscheidungskriterium Keine wirksame Mehrproduktrestriktion Deckungsbeitrag der Produkte Eine wirksame Mehrproduktrestriktion Relativer Deckungsbeitrag der Produkte Mehrere wirksame Mehrproduktrestriktionen Gesamtdeckungsbeitrag Kostenrechnung: Kapitel 8 11 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms bei keiner wirksamen Mehrproduktrestriktion Produktionsentscheidung auf Basis des Deckungsbeitrags pro Einheit • Deckungsbeitrag = Stückerlös - Stückkosten Bei negativen Deckungsbeiträgen: Keine Fertigung des Produkts Aber: Verbundeffekte mit anderen Produkten Verbundeffekte des Absatzes: Ausmaß des Einflusses des Absatzes eines Produktes auf den Absatz anderer Produkte. Kostenrechnung: Kapitel 8 12 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Beispiel: Januar - keine wirksame Mehrproduktrestriktion Die Großbäckerei Luca fertigt Pizzen, Flammkuchen und Baguettes und erwägt Mini-Pizzen in ihr Sortiment aufzunehmen. Kapazitätsgrenzen: Portioniermaschine: 240 Stunden, Backofen: 200 Stunden Produkte Flammkuchen Pizza Baguette Mini pizza Stückerlöse [€/Stk] 6,00 8,70 2,95 1,80 Stückkosten [€/Stk] 3,44 4,96 1,56 1,95 Deckungsbeitrag je Stück [€/Stk] 2,56 3,74 1,39 -0,15 Portionierzeit [Min/T Stk] 140 160 95 35 Backzeit [Min/T Stk] 115 130 60 55 60 18 22 30 Nachfragemenge [T Stk] Fixkosten: 145.200 €.pro Monat Kostenrechnung: Kapitel 8 13 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München . Negativer Deckungsbeitrag: Minipizzen werden nicht gefertigt Restliche Produkte: Prüfung möglicher Mehrproduktrestriktionen Bei maximalem Produktionsprogramm beträgt die Inanspruchnahme • der Portioniermaschine: • des Ofens: 60 60 140 160 95 18 22 222,82 Maschinenstunden 60 60 60 115 130 60 18 22 176 Backstunden 60 60 60 Keine wirksame Mehrproduktrestriktion im Januar. Möglich und optimal, alle Produkte mit einem positiven Stückdeckungsbeitrag bis zur Absatzgrenze zu erzeugen. Kostenrechnung: Kapitel 8 14 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms bei einer wirksamen Mehrproduktrestriktion Beispiel: April - eine wirksame Mehrproduktrestriktion beim Pizzabäcker maximale Absatzmenge je Produkt (Einproduktrestriktion) die verbleibende Zeit auf der Portioniermaschine (Mehrproduktrestriktion) Annahme: Außerordentliche Wartung Portioniermaschine: nur 210 Stunden nutzbar Unveränderte Kapazität des Backofens, Kosten- und Erlössituation, Nachfrage Entscheidung auf Basis des relativen Deckungsbeitrags Relativer Deckungsbeitrag = Stückerlös - Stückkosten Benötigte Kapazität Begriffsvielfalt relativer Deckungsbeitrag engpassbezogener DB spezifischer DB Kostenrechnung: Kapitel 8 15 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Vorgehensweise zur Ermittlung des optimalen Produktionsprograms bei einer wirksamen Mehrproduktrestriktion 1. Berücksichtigung von Produkten mit positivem Deckungsbeitrag. 2. Reihung der Produkte nach abnehmendem relativem Deckungsbeitrag. 3. Einplanung der Produkte auf der Engpassmaschine. 4. Beachtung von Einprodukt- bzw. Mehrproduktrestriktionen bei der Bestimmung der Produktionsmenge. Kostenrechnung: Kapitel 8 16 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Beispiel Pizzabäcker: Portioniermaschine: nur 210 Stunden nutzbar Produkte Flammkuchen Pizza Baguette Deckungsbeitrag je Stück [€/Stk] 2,56 3,74 1,39 Portionierzeit [Min/T Stk] 140 160 95 Nachfragemenge [T Stk] 60 18 22 Berechnung relativer Deckungsbeiträge: Pizza: 2,56 € / (140/1000) Min = 18,29 € je Minute Produkte Deckungsbeitrag je Minute auf der Portioniermaschine [€/Min] Reihenfolge abnehmender Deckungsbeiträge je Minute Kostenrechnung: Kapitel 8 Flammkuchen Pizza 17 Baguette 18,29 23,38 14,63 2 1 3 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Schrittweise Ableitung des optimalen Produktionsprogramms (bei Maximalkapazität der Portioniermaschine von 210 h, d.h. 12.600 Min): Produkt Menge [Stk] Kapazitätsinanspruchnahme [Min] Freie Kapazität [Min] Flammkuchen 18.000 18.000 · 160 / 1.000 = 2.880 12.600 – 2.880 = 9.720 Pizza 60.000 60.000 · 140 / 1.000 = 8.400 9.720 – 8.400 = 1.320 Baguette 13.895 13.895 · 95 / 1.000 = 1.320 1.320 – 1.320 = 0 Auf Basis des optimalen Produktionsprogramms wird folgendes Betriebsergebnis erwartet: Kostenrechnung: Kapitel 8 + + = 18 18.000Stk · 3,74 €/Stk 60.000Stk · 2,56 €/Stk 13.895Stk · 1,39 €/Stk 145.200 € 95.034,05 €. 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Bestimmung des optimalen Produktionsprogramms bei zwei wirksamen Mehrproduktrestriktionen Entscheidung auf Basis des Gesamtdeckungsbeitrags Mehrere simultane Restriktionen: erhöhte Komplexität bei der Lösungssuche analytische/graphische Lösungen Computerunterstütze Ermittlung der Lösung bei besonders komplexen Problemen Kostenrechnung: Kapitel 8 19 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München 8.4 Preisentscheidungen Preissetzer in Branchen mit wenigen Wettbewerbern oder mit kundenspezifischen Aufträgen und starker Marktmacht Preisnehmer in Branchen mit zahlreichen Anbietern oder mit relativ homogenen Produkten Sowohl für Preisnehmer als auch für Preissetzer gilt: Preis p, so dass Angebot = Nachfrage Ökonomische Preisbildung Vereinfachte Preisbildung - Selbstkosten K und Gewinnspanne a - Grenzerlöse U′ und Grenzkosten K′ p = (1 + a) K U′(p) = K′(p) Kostenrechnung: Kapitel 8 20 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Preisuntergrenzen für Verhandlungen und Ausschreibungen angebotsabgebendes Unternehmen: Information über Preisuntergrenze Ku Angebotspreis: auf Basis des Gewinnaufschlags α p = (1+ α) Ku Praxisbeispiel – Ausschreibungen Ausschreibungen für Handwerks- und Dienstleistungen werden vielfach über Auftragsbörsen abgewickelt. (Bsp.: Online-Auktionshäuser MyHammer, blauarbeit.de, WORK5.de) Veröffentlichung von Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber Bauaufträge mit einem Volumen > 5.150.000 € müssen im Europäischen Ausschreibungsamtblatt (Supplement S / TED) veröffentlicht werden. Das Ausschreibungsportal des Bundes veröffentlicht Ausschreibungen von Bundeseinrichtungen. Kostenrechnung: Kapitel 8 21 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Beispiel: Preisuntergrenze für einen Spezialauftrag bei Luca Januar: Großauftrag über 4.000 Spezialpizzen Portioniermaschine: 10 Stunden (4 · 150/60) Backofen: 8 Stunden (4 · 120/60) Stückkosten: 3,90€ Ausreichende Kapazität: Preisuntergrenze = variable Kosten (3,90€) April: Angebote für verschiedene Auftragsvolumina Portioniermaschine: völlig ausgelastet Zunächst Verdrängung des Produkts mit niedrigstem DB auf der Portioniermaschine. Baguette: entgangener DB = 14,63€/Min Opportunitätskosten Kostenrechnung: Kapitel 8 22 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Preisuntergrenze für 1.000 Stück Spezialpizza im Monat April Portionierzeit: 50 Minuten 1.000Stk · 3,90 €/Stk + 150Min · 14,63 €/Min = 6.094,50 € 6,09 € je Stück Bis zu einem Auftragsvolumen von 8.800 Spezialpizzen wird nur das Baguette verdrängt (1.320 / 150 · 1.000). Preisuntergrenze für 20.000 Stück Spezialpizza im Monat April Verdrängung des Produkts mit zweitniedrigstem DB (Pizza) Zur Fertigung der weiteren 11.200 Stk Spezialpizza (= 20.000 – 8.800) sind 1.680 Maschinenminuten (= 11.200 · 150 / 1.000) erforderlich 12.000 Stk Pizza (= 1.680 / 140 · 1.000) werden verdrängt 20.000Stk · 3,90 €/Stk + 1.320Min · 14,63 €/Min + 1.680Min · 18,29 €/Min = 128.038,80 € 6,40 € je Stück Kostenrechnung: Kapitel 8 23 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013) Technische Universität München Langfristige Preisentscheidungen Bestimmung der durchschnittlich angestrebten Preise Langfristige Einflussgrößen Wirkungen der Preise auf Nachfrage Zahlungsbereitschaft der Kunden Möglichkeit zur Anpassung der Kapazitäten Fixkosten der Kapazitäten potentiell relevant für langfristige Entscheidungen Vollkostenrechnung für langfristige Preisentscheidungen Kostenrechnung: Kapitel 8 24 2010) © Friedl/Hofmann/Pedell (Vahlen 2013)