Rundbrief Witschi 1 Kamerun 6.2008 high

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Rundbrief Witschi 1 Kamerun 6.2008 high
Trägervereine mission 21
Basler Mission BM
Evangelische Mission im Kwango EMIK
Herrnhuter Mission HM
Südafrika-Mission SAM
Witschi Sandra & Kouoh Christian
Teofilo Kisanji University
Mbeya, Tansania
Tel:
+255 78 34 44 872
E-Mail: sandra.witschi@mission-21.org
christian.kouoh@mission-21.org
Arbeit mit Waisenkindern – Co-Leitung
Projekt Nr. 186.1509
Tansania, Juni 2008
Berufsbildung, Schulbildung und universitäre Bildung - Dozent
Projekt Nr. 186.1507
Rundbrief Nr. 1
Liebe Freundinnen, Freunde und Bekannte
Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind Christian und ich offiziell Ökumenische Mitarbeitende von mission 21. Damit ist Christian neu zur Equipe gestossen, ich hingegen habe
‚nur’ Abteilung und Arbeitsort gewechselt.
Im Januar haben wir unsere Wohnung in Bern aufgelöst, das Frachtgepäck vorbereitet
und sind im Februar nach Tansania ausgereist.
Zukünftiger Arbeitsort ist Mbeya in der Südwestprovinz, unweit vom Malawisee und verkehrstechnisch gut gelegen an der Eisenbahnverbindung Daressalam-Sambia. Wir beide
stehen im Dienst der Moravian Church, der tansanischen Partnerkirche von mission 21.
Christian wird an der jungen Universität der Kirche (Teofilo Kisanji University) Französisch und Linguistik lehren, und ich werde im Programm für Waisen und ‚vulnerable
children’ – gemeinsam mit der Pfarrerin Tulinagwe Kibona – die Leitung übernehmen.
Was genau unsere Arbeit beinhaltet, wird erst im nächsten Rundbrief stehen, denn noch
haben wir nicht angefangen. Im Februar haben wir lediglich eine kurze Antrittsvisite in
Mbeya gemacht, wo wir die Kirchenleitung und unsere zukünftigen Arbeitskolleginnen
und -kollegen kennen gelernt haben. Ein Besuch in Rungwe, in der Südprovinz der Moravian Church, durfte natürlich auch nicht fehlen. Dort wurde schliesslich die Moravian
Church durch die Herrnhuter Missionare gegründet. Mit einem ersten Eindruck von unserem neuen Zuhause sind wir anschliessend via Daressalam nach Sansibar gereist.
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Sansibar
Die Inseln von Sansibar sind rund 2 bis 3 Bootsstunden von Daressalam entfernt und
der Ort, wo wir bis Ende Mai unseren Swahilikurs absolvieren. Zwar sind sowohl Englisch
wie auch Swahili offizielle Landessprachen von Tansania, aber im täglichen Leben sind
Swahilikenntnisse ein Muss. Insbesondere im Hinterland der Küste kommunizieren die
Menschen zuallererst in ihrer lokalen Sprache. Swahili ist Unterrichtssprache auf Primarschulstufe; in Englisch wird lediglich auf Sekundarschulstufe unterrichtet. Je nach Bildungsstand verfügen die Leute also über unterschiedliche Sprachkenntnisse, aber man
kann doch davon ausgehen, dass man mit Swahili relativ weit kommt. Gerade in den
Städten, wo die ethnischen Zugehörigkeiten gemischt sind, ist Swahili die eigentliche
Umgangssprache.
Auf Sansibar wohnen
wir bei einer Gastfamilie, mitten im malerischen Labyrinth der
Gassen und Gässchen
von Stone Town, der
Altstadt von Zanzibar
Town. Die Unterkunft
bei einer lokalen Familie ist der Hauptgrund, dass wir Sansibar gewählt haben
und den Kurs nicht in
Morogoro machen,
wie sonst bei mission
21 üblich. Morogoro – wie auch die übrigen Sprachschulen – sind nach dem Internatsprinzip organisiert. Gemeinsam mit den anderen Studierenden verbringt man seine Tage
auf dem etwas abseits gelegenen Campus der Schule und hat wenig Kontakte mit der
Bevölkerung und somit kaum Übungsmöglichkeiten. Dass wir nun für drei Monate von
der Familie von Suhad und Naushad aufgenommen worden sind, hat demgegenüber verschiedene Vorteile. Wir sind auch neben dem Unterricht mit der Sprache konfrontiert,
insbesondere, weil nicht alle Familienmitglieder Englisch sprechen. Zudem sind wir mitten in der Stadt und können jederzeit einen Bummel zum Markt oder durch die Altstadt
machen – auch hier mit der Idee, den Kurs gleich praktisch umzusetzen. Und natürlich
bekommen wir auf diese Weise etwas vom Alltag und Familienleben mit. Besonders
spannend ist der Blick auf die islamisch geprägte Gesellschaft sowie auf die Unterschiede
innerhalb Tansanias, die sich wohl am stärksten zwischen dem Festland und Sansibar
manifestieren. Neben den Christen stellen die Muslime den grössten Bevölkerungsanteil,
und wir finden es wichtig, dass wir ausser dem christlichen Kontext, den wir später vertieft kennen lernen werden, auch etwas über den muslimischen Kontext erfahren, zumal
es zwischen diesen beiden Religionsgruppen Spannungen gibt, die bis auf die nationale
politische Ebene reichen.
Ein Paradies – oder die Folgen des Tourismus
Wer „Sansibar“ hört, denkt wohl zuerst an ein Ferienparadies, an die Tropen- und Gewürzinsel und an das reiche historische Erbe. Sansibar ist all dies und zudem eine Wegkreuzung zwischen Afrika, dem arabischen Raum und Indien. Diese kulturelle Mischung
lässt sich bereits äusserlich an Vielem festmachen: an den verschiedenen Schattierun-
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gen der Hautfarbe, am Essen, an den sprachlichen Einflüssen und nicht zuletzt an den
Bekleidungsstilen.
Was wir auch tagtäglich mitbekommen, ist der nicht nur positive Einfluss des Tourismus.
Sansibar ist Urlaubsziel von jungen Rucksacktouristen, Pauschalreisenden, Kreuzfahrtpassagieren bis hin zu Fünfsternegästen. In der Altstadt wimmelt es von Hotels, Souvenirshops und Restaurants. Die sogenannten Beach Boys sind omnipräsent und grüssen
sämtliche Touristen (pauschal ‚Wazungus’ – also ‚Weisse’ – genannt) mit ‚Jambo’ und
‚Hakuna Matata’, das eigentlich das Swahili aus Kenia ist. Aber dank Filmen wie ‚Out of
Africa’ oder ‚The Lion King’ scheinen alle Wazungus diese Wörter zu kennen. Wie an Badeorten so üblich, tummelt sich die Touristenschar in der Regel knapp bekleidet, was in
krassem Gegensatz zu den meist streng verhüllten Frauen steht. Kein Wunder, schüttelt
darob manch alter Papa besorgt den Kopf und fürchtet um den Verlust der eigenen Traditionen.
Was ebenso zu denken gibt, ist die gnadenlose Überbauung der Küstenlinie. Hotel steht
neben Hotel und versperrt den Weg zum Strand, ganz so, als ob vorher niemand dort
gewohnt hätte. Die Bauvorschriften sollen – wie zu hören ist – nicht immer ganz ernst
genommen werden. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass mit entsprechendem Budget
alles möglich ist und die lokalen Autoritäten gegen Bezahlung gerne Hand bieten. Leider
sind viele Hotels in der Hand ausländischer Hotelketten, und viele der Angestellten werden vom Festland geholt. Kein Wunder, dass sich die Sansibaris um ihr Land und ihre
Ressourcen betrogen fühlen und separatistische Tendenzen hegen. Die Union mit dem
Festland wird in vielen Kreisen als Fehler betrachtet. Man fühlt sich vom Festland dominiert, obwohl Sansibar eine Teilautonomie mit eigener Regierung hat. Die viel beschworene Einheit, die durch Julius Nyerere – dem Begründer des modernen Tansanias – ins
Leben gerufen wurde, bekommt hier einige Kratzer ab.
Auch sonst ist in den letzten Monaten politisch einiges aus den Fugen geraten. Die Tansanier sind in der Regel sehr stolz auf ihr Land (die Einheit) und die politische Stabilität.
Nyerere wird hoch verehrt, aber auch der derzeitige Präsident Kikwete gilt als integer
und wird dementsprechend geachtet. Nun haben gerade zwei grosse Korruptionsskandale das Land erschüttert, und der Stolz, anders als die krisengeschüttelten Nachbarstaaten zu sein, ist ins Wanken geraten. Der erste Skandal hat zum Rücktritt des Premierministers samt Kabinett geführt. Für uns ist die Tatsache, dass Rücktritt und Neuwahlen
ohne grössere Unruhen über die Bühne gegangen sind, aber auch als positives Zeichen
für eine noch junge Demokratie zu werten.
Der jüngste Skandal hat das geheime Konto eines Ministers auf einer Offshore Bank in
Jersey zutage gefördert und den Glauben vieler Tansanier Lügen gestraft, dass die Hinterziehung von Geldern im grossen Stil durch hochrangige Politiker in Tansania nicht
existiere. Der Minister ist mittlerweile zurückgetreten, und nun wird die systematische
Überprüfung sämtlicher Minister gefordert. Wir sind gespannt, wie es weitergeht und
welche Konsequenzen aus der Geschichte gezogen werden.
Im Sprachkurs
Aber eigentlich sind wir ja nicht in einem Politikkurs, sondern am Swahililernen. Dies ist
wahrlich eine Ganztagsbeschäftigung mit 4 Stunden (nicht Lektionen) Unterricht und
mindestens 2 Stunden Hausaufgaben. Nachher ist der Kopf meist so voll, dass sämtliche
Versuche, noch etwas Grammatik zu repetieren oder Vokabeln zu lernen, nicht allzu viel
fruchten.
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Soll noch jemand sagen, dass dies eine einfache Sprache ist (was
hier übrigens alle
tun…). Aber zum Glück
kann man die Leute,
die ‚harakaharaka’
(schnell) sprechen,
immer ermuntern, ‚polepole’ (langsam) zu
reden. So haben wir
zumindest eine Chance
zu erahnen, worum es
sich handeln könnte.
Reden heisst übrigens
kuzungumza – die ersten zwei Wochen konnte ich (Sandra) dieses Wort nicht aussprechen, ohne zu stottern.
Ich finde es nach wie vor faszinierend, dass man ganze Sätze in ein Wort hineinquetschen kann. Zum Beispiel: ‚Kesho nitakuandikia barua’ – ‚Morgen werde ich dir einen
Brief schreiben’. Ein ganz simpler Satz. ‚Nitakuandikia’ – ‚Ich werde dir schreiben’. Man
beachte vor allem die Endung ‚-ia’, die eine präpositionale Verbform anzeigt, d.h. einen
Zustand beschreibt, in dem jemand etwas für jemanden tut. Logisch, oder?
Dies soll nun aber nicht abschrecken. Vielmehr entdecken wir die Schönheiten des Swahili – zum Beispiel, dass es sich um eine sehr effiziente Sprache handelt. Was auf
Deutsch rund zehn Wörter braucht, kann in Swahili mit lediglich zwei Wörtern ausgedrückt werden. Beispiel: ‚Ningalijua, ningalikuambia’. Was soviel heisst wie: ‚Wenn ich
es gewusst hätte, dann hätte ich es dir gesagt’.
In diesem Sinne schliessen wir diesen ersten Rundbrief mit einem herzlichen ‚Asante
sana kusoma barua yetu na kwaherini’ (herzlichen Dank fürs Lesen unseres Briefes und
auf Wiedersehen).
Sandra Witschi & Christian Kouoh
Spenden können gerne auf eines der folgenden Konten überwiesen werden:
mission 21: Postcheckkonto Basel 40 – 726233-2 Projekt Nr. 186.1507 und Nr. 186.1509
BM-Deutscher Zweig: EKK Stuttgart (BLZ 600 606 06) Konto Nr.000 1180
EMS: EKK Stuttgart (BLZ 600 606 06) Konto 124
EAWM-Wien: Postsparkasse (BLZ 60000) Konto Nr. 1177.822
mission 21 engagiert sich in 17 Ländern für die Armutsbekämpfung und für die
Aufbauarbeit im theologisch-kirchlichen Bereich. In der Schweiz wirkt mission 21
zusammen mit den Kirchen und fördert Bildung, Austausch und missionstheologische Forschung. Die 100 Projekte von mission 21 und den 57 Partnerkirchen und
-organisationen sind Ausdruck einer lebendigen, internationalen Lerngemeinschaft.
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