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UMG Berichte 4 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal Kurzbericht im Auftrag der inatura Erlebnis Naturschau Dornbirn Maria Aschauer & Markus Grabher UMG Umweltbüro Grabher office@umg.at www.umg.at Mai 2010 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal von Maria Aschauer und Markus Grabher Amphibien sind wohl die weltweit am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. In Mitteleuropa zählt der Verlust an Lebensräumen noch immer zu den Hauptgefährdungsursachen. Der Verbreitungsschwerpunkt der in Vorarlberg stark gefährdeten Arten Kammmolch (Triturus cristatus), Teichmolch (Triturus vulgaris), Gelbbauchunke (Bombina Schutzmaßnahmen für stark gefährdete Amphibienarten variegata) und Laubfrosch (Hyla arborea) liegt im Rheintal (vgl Aschauer et al. 2008). Hier sind neben der direkten Zerstörung der Lebensräume auch Habitatfragmentierung und -isolation wesentliche Gefährdungsursachen. Insbesondere die Vorkommen von Kamm- und Teichmolch sind heute stark isoliert. Für den Laubfrosch besteht Vernetzungs- und Aufwertungsbedarf vor allem abseits des Bodensees. Und für die Gelbbauchunke sind besonders temporäre Kleingewässer für den langfristigen Erhalt der Art wichtig. 1. Amphibien und Biotopverbund Die Vorkommen von Amphibien werden durch mehrere Faktoren beeinflusst. Neben der Verteilung geeigneter Laichgewässer und Sommerlebensräume (Skelly 2001, Guerry et al. 2002) sind Landnutzung und das Gewässerumfeld (vgl zB Simon et al. 2009, Schmidt 2009), mögliche Ausbreitungsbarrieren (zB Straßen oder Siedlungen) (zB Reh & Seitz 1990) und auch die Landschaftsgeschichte entscheidend (Piha et al. 2007). Im Schweizer Alpenrheintal lässt sich der Amphibienrückgang in Folge des Landschaftswandels über fast ein halbes Jahrhundert dokumentieren (Lippuner & Heusser 2001, 2005). Auch im Vorarlberger Rheintal sind Pflanzen- und wenig mobile Tierarten durch Straßen, Siedlungsgebiete und intensiv genutzte Landschaften in TeilpopulatiProblem Landschaftszerschneidung onen aufgesplittert (UMG 2005b). Das Aussterberisiko einer isolierten Teilpopulation ist umso höher, je schlechter die ökologische Qualität des verbliebenen Restlebensraums ist (Forman 1995, Freemark et al. 2002). Mit zunehmender Fragmentierung verändert sich das Verhältnis von Randflächen zu intakten Lebensräumen (EdgeEffekt; vgl. Soulé 1986). Kleine Populationen unterliegen durch zufällige Schwankungen im Geburten- und Sterbeprozess, durch Schwankungen in den Umweltbedingungen und im Genpool einem höheren Aussterberisiko als große Populationen (Henle 2003). Sie weisen eine geringere genetische Vielfalt auf und haben dadurch eine geringere Anpassungs- Starke Populationsschwankungen fähigkeit an veränderte Umweltbedingungen. Amphibien stellen hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie sind auf ein Mosaik unterschiedlicher Teillebensräume angewiesen, die als Laichgewässer, Sommerhabitate und Winterquartiere dienen. Die Qualität dieser Habitate bestimmt wesentlich die Populationsschwankungen, die auch unter natürlichen Bedingungen groß sind (vgl Pechmann et al. 1991, Blab 1986, Blab & Blab 1981). Seite 1 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal Zuwanderung aus Nachbarpopulationen wichtig UMG Berichte 4 Die Überlebensfähigkeit von Amphibienpopulationen hängt stark von der Möglichkeit ab, lokale Aussterbeereignisse durch Zuwanderung aus benachbarten Populationen aufzufangen. Vollständig isolierte Populationen müssen eine ausreichend effektive, dh fortpflanzungsfähige Populationsgröße besitzen, um auf Dauer überlebensfähig zu sein. Für nachhaltigen Amphibienschutz ist eine Vernetzung der Populationen, also ein Biotopverbund unerlässlich. Elemente eines Biotopverbundsystems sind: • Populationen vernetzen großflächige Dauerlebensräume, die ein langfristiges Überleben von stabilen Populationen ermöglichen; • kleinere Trittsteine zwischen den Lebensraum„inseln“, die zumindest eine zeitweise Besiedlung und Reproduktion erlauben und als Zwischenstationen für den Individuenaustausch dienen; • bandförmige Korridore als Wanderwege, die großflächige Dauerlebensräume und Trittsteine über ein möglichst engmaschiges Netz miteinander verbinden; • flächenhafte Reduktion der Isolationswirkung durch Nutzungsextensivierung. (Jedicke 1994) Seite 2 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 2. Amphibien fördern 2.1. Laichgewässer anlegen Unterschiedliche Laichgewässer Bei der Neuanlage von Gewässern sind die artspezifischen Ansprüche zu berücksichtigen. Das Spektrum reicht von temporären, vegetationsarmen Pfützen bis zu dauerhaften Weihern. Werden vorhandene Bestände gestärkt, sollten die neuen Gewässer in nicht zu großer Entfernung zu bestehenden Vorkommen liegen. Ideal ist, mehrere unterschiedlich alte (Heinrich & Glandt 1999) und unterschiedlich gestaltete Gewässer auf kleinem Raum zu schaffen. Ein Verbund aus mehreren Gewässern wird schwankenden Witterungsbedingungen am besten gerechtet. • Standortwahl Die Umgebung eines Gewässers ist ein wichtiger Faktor für Amphibien (Guerry & Hunter 2002). Viele Arten halten sich den Großteil ihres Lebens in Gewässernähe Geeignetes Gewässerumfeld auf. Geeignete Landlebensräume sind naturnahe Laub- oder Mischwälder sowie extensiv genutztes, strukturreiches Kulturland. Neben einer naturnahen Gewässerumgebung ist auch die Vernetzung mit bestehenden Vorkommen anzustreben. Selbstverständlich dürfen keine wertvollen Lebensräume, zB intakte Moore, durch neue Gewässer beeinträchtigt werden. • Anlage dauerhafter Gewässer Größere Gewässer sind strukturreicher und verlanden langsamer als kleine Gewässer. Allerdings ist in diesen auch die Wahrscheinlichkeit eines Fischbesatzes größer, der zu den Hauptgefährdungsursachen für Amphibien zählt (Günther et al. 2005, vgl auch Hecnar & M'Closkey 1997). Im Rheintal wurden in letzten Jahren zahlreiche Amphibienlaichgewässer durch Fischbesatz – meist mit Goldfi- Problem in größeren Laichgewässern schen – entwertet. Gewässer mit regulierbaren Wasserständen könnten hier hilfreich sein. Größere dauerhafte Gewässer werden im Alpenrheintal seit einigen Jahren zunehmend auch durch den nicht heimischen Seefrosch (Rana ridibunda) besiedelt, der andere Amphibienarten verdrängt. Eine Lösung dieses Problems ist derzeit noch nicht in Sicht. Bei der Gewässeranlage ist zu beachten (nach Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 2000): Ö Die Wasserversorgung schlagswasser sollte erfolgen. durch Besonders Grund-, geeignet Hangfür und/oder die Nieder- Anlage von Amphibiengewässern sind wasserstauende Böden in Grundwassernähe und/oder mit Oberflächenstaunässe. Dauerhafte Gewässer Ö Der Gewässeruntergrund sollte möglichst nährstoff- und humusarm sein. Im Idealfall erfolgt die Abdichtung durch natürliche Materalien, zB durch Ton oder Lehm. Allerdings fallen solche Gewässer im Laufe der Zeit oft trocken, wenn Pflanzenwurzeln oder Schwundrisse nach längeren niederschlagsfreien Seite 3 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Perioden zu undichten Stellen führen. In diesen Fällen ist Folienabdichtung durchaus eine brauchbare Alternative (Hachtel et al. 2006). Ö Ausreichend flache, aber auch tiefe Bereiche (Überwinterung) gestalten. Insbesondere am besonnten Nordwest-, Nord- und Nordostufer sind Flachwasserbereiche als Aufenthaltsorte für Amphibienlarven wichtig. Ö Ufer bzw Uferlinien vielgestaltig und abwechslungsreich gestalten, dabei mindestens die halbe Uferlänge flach ausformen. Ö Einen Abstand von mindestens 250 Meter zu Straßen und 25 m zu intensiv genutzen Landwirtschaftsflächen einhalten. Ö Gewässer nicht bepflanzen. Eine standortgerechte Vegetation stellt sich meist innerhalb weniger Jahre von selbst ein. • Anlage temporärer Gewässer Für viele Amphibien ist das gelegentliche Austrocknen der Laichgewässer wichtig, da dies Fressfeinde wie Fische oder Insekten beseitigt. Pionierarten wie die Gelbbauchunke sind auf Klein- und Kleinstgewässer früher Sukzessionsstadien an- Gewässer für Pionierarten gewiesen. In naturnahen Landschaften entstehen diese durch die Landschaftsdynamik, beispielsweise durch Überschwemmungen in Augebieten, die durch großzügige Renaturierungen gefördert werden sollten (Gollmann & Gollmann 2002). Ist das nicht möglich, lassen sich temporäre Laichgewässer nur mit hohem Aufwand erhalten. Ö Mit Maschinen, beispielsweise Radladern, lassen sich Rohbodenflächen mit kleinen Tümpeln für Gelbbauchunken schaffen. Für eine rasche Besiedlung durch Gelbbauchunken sollte die Entfernung zu einem bestehenden Gelbbauchunkenvorkommen nicht mehr als etwa 150 m betragen (Buschmann & Scheel 2009). Ö Betriebsareale, Betriebsareale Deponien oder Lagerflächen haben oft ein hohes Entwicklungspotenzial für temporäre Gewässer. In vielen Fällen lassen sich hier Kleingewässer ohne erheblichen Aufwand im Rahmen des normalen Betriebsablaufs schaffen. Ö Gelbbauchunken nutzen häufig Radspurtümpel auf Forst- und Feldwegen oder randliche Entwässerungsmulden. In wichtigen Habitaten ist daher auf Wege und Entwässerungsgräben die Befestigung von Wegen zu verzichten. Auch im Rahmen von Wegsanierungen sollten Radspurtümpel gezielt belassen werden. Ö Auch das Grabensystem der Riede hat Lebensraumpotenzial für Amphibien: Durch lokale Vertiefungen entstehen kleine Stillgewässer; eine großflächige Sohlabsenkung, die zu einer Grundwasserabsenkungen führen würde, ist dagegen zu vermeiden. Eine regelmäßige Neuanlage bzw Pflege ist im Rahmen des Grabenunterhalts möglich. Seite 4 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal • UMG Berichte 4 Gewässerpflege Kleingewässer verlanden rasch, weshalb regelmäßige Pflegemaßnahmen wichtig sind. Ö In Laichgewässern für Pionierarten sind Pflegemaßahmen alle ein bis drei Jahre notwendig, bei größeren Teichen und Weihern etwa alle zwei bis fünf Jahre (Meyer et al. 2009). Ö Bester Zeitpunkt für Pflegemaßnahmen an Gewässern ist der Herbst, wenn die Entwicklung der Larven abgeschlossen ist und Adulttiere sich noch nicht zur Überwinterung ins Gewässer zurückgezogen haben (vgl Glandt 2006). Ö Das Entfernen von Vegetation und Bodengrund versetzt Gewässer in frühere Sukzessionsstadien und ist insbesondere bei Laichgewässern für Gelbbauchunke und Laubfrosch wichtig. Trocknen die Gewässer nicht regelmäßig aus, trägt die Entfernung des Bodengrunds etwa alle zwei Jahre Neue Sukzession initiieren dazu bei, die Prädatorendichte zu verringern. Auf Dauer können sich allerdings Probleme durch die zunehmende Gewässervertiefung (zB Durchstoßen der wasserstauenden Schicht) ergeben (Zahn & Niedermeier 2004). Entschlammung wird dann notwendig, wenn sich Faulschlamm am Gewässerboden gebildet hat, der im Sommer Sauerstoffmangel zur Folge hat. Bester Zeitpunkt hierfür ist ebenfalls der Spätherbst (Glandt 2008). Ö Werden größere Gewässer mit starkem Pflanzenwuchs entkrautet, sind diese Maßnahmen auf einen Teil des Gewässers zu beschränken. Die schonenste Methode ist das Entkrauten mittels Harke und Rechen. Das anfallende Pflanzenmaterial sollte einige Tage am Ufer belassen werden, damit Kleintiere zurück ins Gewässer wandern können. Bester Zeitpunkt hierfür ist der der Entkrautung und Pflanzenrück schnitt Spätsommer (Glandt 2008). Ö Bei zu starker Beschattung werden die Gehölze zurückgeschnitten, um den Falllaubeintrag und damit die Sauerstoffzehrung zu verringern (Glandt 2006). Dies erfolgt in der kalten Jahreszeit. Ö Eine teilweise Entfernung von Röhrichtpflanzen ist zweckmäßig, wenn die Flachwasserzone zu stark zuwächst. Bester Zeitpunkt sind Herbst oder Winter (Glandt 2008). 2.2. Optimierung von Ausbreitungskorridoren Für ein funktionierendes Biotopverbundssystem müssen Ausbreitungswege erhalten und ökologisch aufgewertet werden, um den Austausch zwischen den Populationen sicher zu stellen. Naturnahe Gewässer und extensiv genutztes Kulturland Für Amphibien sind breite Wanderkorridore erforderlich, da sie im Gegensatz zu Kleinsäugern lineare Strukturen wie Hecken nicht optimal nutzen können (Joly et al. 2001). Dabei sind die spezifischen Habitatansprüche der einzelnen Arten zu berücksichtigen, insbesondere bei wenig mobilen Arten wie Molchen (Burbrink et al. 1998). Gräben sind als Ausbreitungskorridore für Amphibien besonders gut geeignet (Reh & Seitz 1990, Mazzerolle 2005). Bachauen, strukturreiche Hecken, Gehölzstreifen und Waldränder mit breiten Krautstreifen bieten ebenso wie Brachflächen und extensives Seite 5 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Feuchtgründland günstigere mikroklimatische Bedingungen als intensiv genutzte Landwirtschaftsflächen. Zumindest für den Laubfrosch sind auch strukturreiche Wegränder geeignet – die Mahd kann hier allerdings hohe Verluste verursachen (Hansen et al. 2004). Trittsteinbiotope Ein Netz an Kleingewässern bietet nicht nur großzügig Laichmöglichkeiten, sondern schafft auch als „Trittsteinbiotope“, die eine Vernetzung der einzelnen Populationen fördert. 2.3. Öffentlichkeitsarbeit Eine Information von Grundeigentümern, Bewirtschaftern und der Bevölkerung unterstützt die Artenhilfsmaßnahmen. Trotz Schutzbestimmungen werden auch heute noch Amphibien aus der Natur entnommen, um sie beispielsweise in Gartenteichen Informationsmöglichkeiten anbieten anzusiedeln. Gerade für die bedrohte Gelbbauchunke, die einfach zu fangen ist, ist dies problematisch. Die Habitatansprüche von Amphibien sind zu kommunizieren. So haben beispielsweise viele Gartenbesitzer oder Gemeinden Interesse, Lebensräume für Amphibien zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Problematik des (Gold)fischbesatzes hinzuweisen. Seite 6 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 3. Stark gefährdete Amphibienarten im Vorarlberger Rheintal 3.1. Teichmolch Lebensraum Halboffene bis offene Landschaften der Tallagen Der Teichmolch gilt als sehr anpassungsfähige Art, die ein breites Spektrum an Lebensräumen in der planaren und kollinen Höhenstufe besiedelt (Cabela et al. 2001, Laufer et al. 2007). Die Art nutzt bevorzugt halboffene bis offene Landschaften, meidet aber auch geschlossene Waldgebiete nicht völlig (Laufer et al. 2007). Fortpflanzungsgewässer sind strukturreiche, fischfreie, kleinere bis mittelgroße Stillgewässer mit reichlich Vegetation und ausgedehnter Flachwasserzone (Laufer et al. 2007). Ältere Gewässer sind besser geeignet als neue (Stumpel & van der Voet 1998). Vorteilhaft sind Gehölze im Umkreis von 200 m (Laufer et al. 2007). Kühlere, schattige Laichplätze werden nur in tiefen Lagen genutzt, mit zunehmender Meereshöhe ist die Art auf sonnige Gewässer beschränkt (Blab 1986). Wanderverhalten Die Landlebensräume befinden sich um Umfeld der Laichgewässer – der Aktionsradius beträgt etwa 400 m (Blab 1986), Wanderdistanzen von bis zu 1,275 km wurden Bevorzugt in Gewässernähe nachgewiesen (Weddeling et al. 2006 zit in Jehle & Sinsch 2007). Da der Teichmolch auch unbewaldetes Kulturland besiedelt, besitzt er ein relativ hohes Neubesiedlungsvermögen (Schuster 2004). Trotzdem wandern Adulte und Jungtiere bevorzugt in Gehölz bestandene Flächen ab (Malmgren 2002). Außerhalb der Hauptwanderzeiten zeigen Teichmolche meist eine äußerst geringe Mobilität (Günter 1996). Verbreitung im Vorarlberger Rheintal Die Vorkommen des Teichmolchs im Vorarlberger Rheintal sind stark isoliert, weshalb die Stützung der bestehenden Vorkommen sehr wichtig ist. Die bedeutendsten Bestände des Teichmolchs befinden sich im Rheindelta – vor allem im Rheinholz in Gai- Alter Rhein wichtigster Teichmolchlebensraum ßau im Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet Rheindelta und am Alten Rhein zwischen Gaißau und Höchst – Bruggerloch. Kleinere Populationen existieren auch am Rohrspitz in Fußach, beim Rheindeltahaus in Hard und an der linkseitigen Bregenzerachmündung. Abseits des Bodensees kommt der Teichmolch in Lustenau (Nördliches Schweizer Ried, Obere Mähder), im Lauteracher Ried, auf dem Motocrossgelände an der Dornbirnerach und in den Alten Rüttenen in Feldkirch vor. Nachweise gelingen aber auch immer wieder in Garten- bzw Schwimmteichen im Siedlungsraum. 3.2. Kammmolch Lebensraum Waldreiche Landschaften Charakteristische Lebensräume des Kammmolchs sind Flussauen, Feuchtwiesen, strukturreiches Grünland und Laub- und Laubmischwälder tieferer Lagen. Waldgebiete werden gegenüber Grünland bevorzugt (Müllner 2001). Die Landlebensräume des Kammmolchs befinden sie sich oft unmittelbarer Nähe der Laichgewässer (Jehle 2000). Seite 7 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Kammmolche besiedeln unterschiedlichste stehende Gewässer. Optimal sind eine Größe zwischen 500 und 750 m² (Oldham et al. 2000), mindestens 70 cm Tiefe, eine reiche Unterwasservegetation, lehmiger, reich strukturierter Untergrund, wenig Faulschlamm am Boden und genügend freier Schwimmraum. Allerdings gelingen Beobachtungen auch in wesentlich kleineren Gewässern. Gewässer ab einem Alter von etwa zehn Jahren sind für den Kammmolch besser geeignet (Blab 1986). Für eine erfolgreiche Fortpflanzung sind hohe Wassertemperaturen erforderlich (Laufer et al. 2007, Günther 1996). Ganztägig beschattete Gewässer werden vom Wärme liebenden Kammmolch meist nur vorübergehend aufgesucht und kaum als Laichplatz genutzt (Blab 1986). Im Rheindelta nutzt der Kammmolch auch die Seggenrieder im Uferbereich des Bodensees (Zoller 2005). Wanderverhalten Unter den heimischen Molchen ist der Kammmolch am engsten an das Laichgewässer gebunden. Auch während der terrestrischen Phase bleiben die Tiere häufig in Gewässernähe – die Landlebensräume sind meist nicht weiter als 100 bis 200 m vom Enge Bindung an Laichgewässer aquatischen Lebensraum entfernt (Latham et al. 1996), viele Tiere bleiben im Umkreis von 15 m um die Gewässer (Jehle 2000). Kammmolche können aber auch über deutlich größere Entfernungen von über 1000 m wandern (Kupfer 1998), für Jungtiere liegt die maximal nachgewiesene Wanderdistanz bei rund 860 m (Kupfer 1998). Neue Gewässer werden vor allem von subadulten Tieren besiedelt (Laufer et al. 2007). Verbreitung im Vorarlberger Rheintal Die Vorkommen des Kammmolchs im Vorarlberger Rheintal sind sehr stark isoliert. Zum Schutz der teilweise sehr kleinen Bestände sind gezielte Biotopverbesserungsmaßnahmen erforderlich. Die bedeutendsten Vorarlberger Vorkommen des Kammmolchs liegen im Rheinholz im Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet Rheindelta – ein Auwaldkomplex aus Hartholzauwäldern, Steifseggensümpfen, beweideten Feuchtwiesen und Röhricht- Rheinholz wichtigster Lebensraum in Vorarlberg gesellschaften an der Mündung des Alten Rheins. Hier ist der Kammmolch vermutlich die häufigste Molchart. Der Kammmolch kommt auch am Rohrspitz in Fußach, im Gebiet und das Rheindeltahaus in Hard und am Alten Rhein in Gaißau vor. Weitere Vorkommen befinden sich in Lustenau in den Oberen Mähdern, im Hiltiareal an der Gemeindegrenze zwischen Götzis und Koblach am Fuß des Kummenbergs und in den Alten Rüttenen in Feldkirch. Das Vorkommen im Koblacher Ried ist fraglich, da das Gewässer inzwischen mit Goldfischen besetzt ist. Auch im nördlichen Schweizer Ried in Lustenau ist der Kammmolch aufgrund von Fischbesatz vermutlich verschwunden. 3.3. Gelbbauchunke Lebensraum Die natürlichen Habitate der Gelbbauchunken liegen in Fluss- und Bachauen, wo durch Umlagerungen und Überschwemmungen immer wieder Klein- und Kleinstgewässer entstehen. Heute kommt die Art vor allem in sekundären Lebensräumen wie Seite 8 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal Sekundärlebensräume UMG Berichte 4 Fahrspuren, Gräben, Pfützen, auf Baustellen oder Deponieflächen vor (Günther 1996, Laufer et al. 2007, Gollmann & Gollmann 2002). Auch wenn Gelbbauchunken zwischen 30 und 70 % ihre Aktivitätsphase im Wasser verbringen, benötigen sie im Gewässerumfeld deckungsreiche, nicht oder extensiv genutzte Landlebensräume mit einer hohen Bodenfeuchte (Laufer et al. 2001). Auch bei langer Trockenheit müssen ausreichend Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein (Barandun et al. 2008). Bevorzugte terrestrische Habitate sind Feuchtwiesen, Laub- und Mischwälder sowie Ruderalflächen mit einer mäßig bis üppig entwickelten Krautschicht (Cabela et al. 2001). Gewässer früher Sukzessionsstadien Laichgewässer sind meist flache bis maximal 40 cm tiefe, besonnte, vegetationsarme Kleingewässer früher Sukzessionsstadien, die rasch eine hohe Wassertemperatur erreichen und dadurch eine schnelle Larvalentwicklung ermöglichen (Laufer et al. 2007). Als Aufenthaltsgewässer werden verschiedenste Gewässertypen genutzt. Sie sind meist größer, dichter bewachsen, stärker beschattet und dauerhafter als die Laichgewässer. Wanderverhalten Der Aktionsradius von Gelbbauchunken beträgt 400 bis 700 m bei adulten Tieren und etwa 900 m bei Jungtieren (Rzehak 1984 zit in Laufer et al. 2007). Die meisten adulten Gelbbauchunken sind standorttreu, dennoch können sie teilweise erhebli- Standorttreue che Strecken zurücklegen (Jacob et al. 2009). Größere Wanderungen sind meist eine Folge ungünstiger Lebensraumbedingungen – etwa wenn Gewässer austrocknen (Gollmann et al. 2000). Häufige Gewässerwechsel finden insbesondere zwischen eng beieinander liegenden Gewässern statt. Zu Ausbreitung der Art tragen vor allem Jungtiere und Subadulte bei. Unter günstigen Wanderbedingungen können sie nach wenigen Wochen mehrere hundert Meter vom Geburtsgewässer angetroffen werden (Gollmann & Gollmann 2002). Adulttiere wurden in maximal 4,5 km Entfernung vom nächsten Vorkommen nachgewiesen (Jehle & Sinsch 2007). Hohe Lebenserwartung Unken können ein für Froschlurche erstaunlich hohes Alter erreichen. Dadurch können sie Reproduktionsausfälle auch über mehrere Jahre hinweg überdauern (Laufer et al. 2007). Verbreitung im Vorarlberger Rheintal Im Vorarlberger Rheintal sind noch einige mittlere und größere Vorkommen der Gelbbauchunke erhalten, allerdings wurden in den letzten Jahren zahlreiche Laichgewässer zerstört. Eine Optimierung des Lebensraumangebots sowie Maßnahmen zur großräumigen Vernetzung sind daher wichtig. Die bedeutendsten Vorkommen sind: Rheinholz an der Mündung des Alten Rheins in Gaißau, Mündungslandschaft am Neuen Rhein, Bregenzerachmündung, Grabensystem des Lustenauer Rieds, Kleingewässer im Motocrossgelände an der Dornbirnerach, Betriebsareal Klien zwischen Dornbirn und Hohenems, Hiltiareal an der Ge- Mehrere bedeutende Vorkommen meindegrenze zwischen Götzis und Koblach am Fuß des Kummenbergs, Deponiegelände des ehemaligen Steinbruchareals Kalkofen in Koblach, Matschels – Unterried im Natura 2000-Gebiet Bangs-Matschels in Feldkirch. Kleinere Vorkommen: Kieswerk Kopf am Alten Rhein in Altach, Grabensystem des Kleingartenareals im Gebiet Fohren an der Gemeindegrenze Götzis – Altach – Ho- Seite 9 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 henems am Talrand des Rheintals, Birken im Koblacher Ried, Alte Rüttenen und Gisinger Au in Feldkirch. Einzelnachweise der Gelbbauchunke existieren beispielsweise aus Hard – Erlach, dem Lauteracher Ried sowie aus dem nördlichen und dem südlichen Schweizer Ried in Lustenau oder vom Landesforstgarten in Rankweil. 3.4. Laubfrosch Lebensraum Der Laubfrosch gilt als Charakterart heckenreicher, extensiv genutzter Wiesen- und Aulandschaften. Er bevorzugt Lebensräume mit hohem Grundwasserstand und gebüschreichem, ausgedehntem Feuchtgrünland (Laufer et al. 2007). Laubfrösche verbringen einen großen Teil ihres Lebens in terrestrischen Biotopen (Glandt 2004). Strukturreiche Landlebensräume Wichtig sind eine ausgeprägte Vertikalstruktur aus Stauden-, Gebüsch- und Baumvegetation mit windgeschützten Sonnenplätzen und zahlreichen blühenden Pflanzen, die für Insektenreichtum sorgen (Stumpel 1993, Grosse 1994). Laubfrösche nutzen überwiegend stehende, mittelgroße bis kleinere, gut besonnte, dauerhafte oder zeitweilig austrocknende Gewässer mit ausgeprägter Flachwasserzone und guter Wasserqualität (Grosse & Nöllert 1993, Grosse 1994). Nur ein Bruchteil der Laichgewässer sind auch Fortpflanzungsgewässer, in denen sich die Kaulquappen bis zur Metamorphose entwickeln (Tester 1990). Barandun (1996) konnte im Rheintal nur in einem Viertel aller Rufgewässer Nachwuchs beobachten. Neben Problem Prädation hohen Wassertemperaturen ist ein geringer Prädationsdruck, dh Abwesenheit von Fischen und räuberischen Wasserinsekten, Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung der Kaulquappen (Tester 1990). Ideale Fortpflanzungsgewässer sind Flutwiesen. Sie führen im Sommer Wasser – Vermehrungsgewässer dürfen zwischen Ende April und Ende August nicht austrocknen – sind warm und weisen ausreichende Deckungsstrukturen bei einer geringen Dichte von Fressfeinden auf (Barandun et al. 2003). Wanderverhalten Als Art dynamischer Flussauen und Verlandungszonen von Seen ist der Laubfrosch weniger orstreu als viele andere Amphibienarten (Tester 2001). Laubfroschmännchen wechseln während einer Laichperiode das Rufgewässer häufig (Tester 1990). Mobile Art Regelmäßiger Austausch zwischen Populationen (Metapopulation) ist bis in eine Entfernung von drei Kilometern möglich (Geske 1997). Die Sommerlebensräume liegen meist in einem Umkreis von 500 bis 600 m um die Gewässer (Fog 1993, Blab 1986), es treten aber immer auch weiträumig vagabundierende Individuen auf, die große Distanzen zurücklegen (Laufer et al. 2007). Bei den Wanderungen dienen oft vegetationsreiche Gräben als Leitlinien. Jungfrösche wandern im ersten Jahr bis in eine Entfernung von 1000 m ab (Claunsitzer 1986). Im Freiland erreichen Laubfrösche in der Regel nur ein Alter zwischen drei und sechs Jahren (Grosse 1994). Die Mortalitätsrate ist mit 70 % pro Jahr im Vergleich zu ande- Hohe Mortalitätsrate ren Froschlurchen hoch (Tester 1990). 90 % einer Population werden in rund zwei Jahren ersetzt. Voraussetzung für ein dauerhaftes Vorkommen ist deshalb eine hohe Seite 10 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Dichte geeigneter Laichgewässer und Sommerlebensräume (Grosse 1994). Nur eine stabile Metapopulation sichert den langfristigen Erhalt (Balletto & Giacoma 1993). Verbreitung im Vorarlberger Rheintal Bodenseeufer bedeutendster Lebensraum Das Bodenseeufer ist der wichtigste Lebensraum für den Laubfrosch in Vorarlberg. Hier kommt die Art in individuenstarken Beständen von der Staatsgrenze in Gaißau bis zum Mehrerauer Seeufer in Bregenz vor. Vernetzungs- und Aufwertungsbedarf besteht vor allem für Vorkommen abseits des Bodensees – hier sind die Bestände stark rückläufig. Die räumliche Vernetzung zwischen den Populationen hat sich innerhalb weniger Jahre aufgelöst (Barandun et al. 2003). Vorkommen sind in Lustenau (südliches Schweizer Ried, Obere Mähder) und dem Motocrossgelände an der Dornbirnerach, im Betriebsgebiet Klien zwischen Dornbirn und Hohenems und den Alten Rüttenen in Feldkirch erhalten. Mehrere Nachweise, vermutlich ohne erfolgreiche Vermehrung, existieren von den Lehmgrubenseen am Ortsrand von Fußach. Aufgrund der hohen Mobilität des Laubfroschs gelingen zudem immer wieder Einzelnachweise, teilweise auch weit abseits der bekannten Hauptvorkommen. Teichmolchmännchen (Foto: Dietmar Huber) Kammmolchmännchen (Foto: Dietmar Huber) Gelbbauchunke Laubfrosch Seite 11 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Verbreitung des Teichmolchs im Vorarlberger Rheintal. In der Verbreitungskarte sind alle exakt verorteten Funddaten (Unschärferadius < 500 m) ab dem Jahr 2000 dargestellt. Der der wichtigste Lebensraum für den Teichmolch ist die Landschaft am Alten Rhein. Seite 12 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Verbreitung des Kammmolchs im Vorarlberger Rheintal. In der Verbreitungskarte sind alle exakt verorteten Funddaten (Unschärferadius < 500 m) ab dem Jahr 2000 dargestellt. Das Rheinholz an der Mündung des Alten Rheins ist der bedeutendste Lebensraum für den Kammmolch in Vorarlberg. Seite 13 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Verbreitung der Gelbbauchunke im Vorarlberger Rheintal. In der Verbreitungskarte sind alle exakt verorteten Funddaten (Unschärferadius < 500 m) ab dem Jahr 2000 dargestellt. Im Vorarlberger Rheintal sind noch einige mittlere und größere Vorkommen der Gelbbauchunke vorhanden. Seite 14 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Verbreitung des Laubfroschs im Vorarlberger Rheintal. In der Verbreitungskarte sind alle exakt verorteten Funddaten (Unschärferadius < 500 m) ab dem Jahr 2000 dargestellt. Das Bodenseeufer ist der wichtigste Lebensraum für den Laubfrosch in Vorarlberg. Seite 15 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal 4. UMG Berichte 4 Empfehlungen zu Aufwertung und Vernetzung Ausgehend von der aktuellen Verbreitungssituation lassen sich Maßnahmen zur Stärkung der bestehenden Population, Aufwertungsmaßnahmen für potenzielle Lebensräume, aus denen derzeit keine oder nur einzelne Nachweise vorliegen, sowie Vorschläge zur großräumigen Vernetzung ableiten. Seite 16 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Für die langfristige Erhaltung der stark gefährdeten Amphibienarten im Vorarlberger Rheintal müssen die noch existierenden großen, ausbreitungsfähigen Populationen gestützt werden, indem bestehende Laichgewässer optimiert und neue Gewässer angelegt werden. Zusätzlich sind Maßnahmen zur Bestandsvergrößerung und räumlichen Vernetzung in kleinen und isolierten Vorkommen wichtig, um auch hier wieder Vermehrungszentren zu schaffen, von denen ausgehend eine eigenständige Neubesiedlung erfolgen kann. Zur Entwicklung stabiler Populationen eigen sich zB Gebiete, aus denen derzeit nur Einzelnachweise vorliegen sowie Lebensräume, deren Nutzung und Landschaftsstruktur auf ein hohes Entwicklungspotenzial weist. Amphibien benötigen Rückzugsmöglichkeiten mit geeigneten mikroklimatischen Bedingungen. Naturnahe Gräben (vgl Mazerolle 2005) und Fließgewässer erlangen eine besondere Bedeutung als vernetzende Strukturen. Naturnaher Gewässerunterhalt, Extensivgrünland, die Erhaltung von Altgrasstreifen und Hochstaudenfluren entFließgewässer als Amphibienwanderwege lang von Wegen und Gehölzen sind daher wichtig für den Biotopverbund. Als großräumig vernetzende Elemente sind vor allem Flüsse und Bäche wichtig. Damit Fließgewässer ihre Funktion als Leitlinien für den Individuenaustausch zwischen Amphibienpopulationen erfüllen können, ist ein möglichst naturnaher Gewässerzustand mit zahlreichen Strukturelementen am Gewässer und im Gewässerumfeld notwendig. Wenn Maßnahmen zum Biotopverbund, vor allem Fließgewässerrevitalisierungen, realisiert werden, erhöht dies zugleich das Angebot geeigneter Landlebensräume. 4.1. Aufwertungsmaßnahmen zur Stützung wichtiger Vorkommen • Rheinspitz Das Rheinholz zählt zu den wichtigsten Amphibienlebensräumen im Alpenrheintal und in Vorarlberg. Das Laichplatzangebot wird wesentlich durch die Wasserstände des Bodensees bestimmt. Defizite bestehen in Niederwasserjahren, in denen Wichtigster Amphibienlebensraum in Vorarlberg die Laichmöglichkeiten stark begrenzt sind. Im Rahmen der Endgestaltung Alter Rhein wurden einige Maßnahmen zur Förderung von Amphibien umgesetzt. Durch teilweise Reaktivierung alter, verlandeter Grabenstrukturen in den beweideten Feuchtwiesen im nördlichen Rheinholz sowie die Schaffung weiterer lokaler Vertiefungen an nassen Standorten in den Lichtungen am Alten Rhein sollte der Lebensraum weiter aufgewertet werden. Damit diese Gewässer auch in Niedrigwasserjahren ausreichend Wasser führen, ist eine Vertiefung um etwa 30 bis 60 cm notwendig. Von diesen Maßnahmen profitieren auch Pflanzenarten temporärer Kleingewässer und Überschwemmungswiesen, beispielsweise das Flutende Teichlebermoos (Riccia fluitans), die Dreifurchige Wasserlinse (Lemna trisulca) oder die Vielwurzelige Teichlinse (Spirodela polyrhiza) (vgl Scholze 1986). Wichtig ist zudem die Vernetzung des Rheinholzes mit dem restlichen Rheindelta. • Rohrspitz Das Gelände am Rohrspitz ist Lebensraum für Laubfrosch, Teich- und Kammmolch. Laubfrösche halten sich vor allem in den Überschwemmungsbereichen nördlich des Polderdammes, Molche dagegen im Grabensystem südlich des Seite 17 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Dammes auf. Die Laichmöglichkeiten für den Laubfrosch sind vom Wasserstand des Bodensees abhängig. In den Streuwiesen landseits des Polderdamms hingegen ist der Wasserhaushalt künstlich reguliert. Abseits des Rohrspitzes sind viele Streuwiesen degradiert, versauert bzw wurden lokal durch Ruderalarten (Goldrute) verdrängt (UMG 2005). Nasse und geeignete Amphibienlebensräume sind derzeit nur im nördlichsten Bereich erhalten. Geländemulden, die auch bei niedrigen Frühjahrswasserständen des Bodensees überschwemmt sind, fördern insbesondere den Laubfrosch. Im Frühjahr 2009 Flutmulden für den Laubfrosch wurde eine Vertiefung im Uferbereich westlich des Hafens Salzmann angelegt. Sowohl westlich als auch östlich des Hafens Salzmann ist die Anlage weiterer Mulden zu empfehlen. Da diese Vertiefungen rasch verlanden, ist eine regelmäßige Pflege bzw in einigen Jahren die Schaffung neuer Mulden notwendig. Das seit Ende der 1990er Jahre diskutierte Wiedervernässungsprojekt ist rasch umzusetzen. Dabei soll Bodenseewasser gezielt in die Streuwiesen eingeleitet werden. • Rheinmündung links Auf den jungen Sedimentationsflächen an der linken Rheinmündung hat sich eine vielfältige Landschaft aus Flachwasserbereichen, Röhrichten, Großseggensümpfen und jungen Auwäldern entwickelt, die nicht nur als Amphibienlebensraum von Bedeutung ist. Für Kamm- und Teichmolch sind der Erhalt und die Entwicklung von Laichmöglichkeiten um das Rheindeltahaus wichtig, zB durch die Anlage unterschiedlich tiefer Geländemulden (etwa 0,5 bis 1 m tief) auf der seit zahlreiche Amphibiennachweise rund um das Rheindeltahaus Jahren nicht mehr genutzten Feuchtfläche nördlich des Rheindeltahauses. Das Schlammabsatzbecken beim Rheindeltahaus – einst einer der wertvollsten Laubfroschlebensräume – ist heute mit Schilf und jungem Auwald bewachsen. Durch lokales Abschürfen des Oberbodens lassen sich hier Vertiefungen und damit Laichmöglichkeiten für Amphibien schaffen. Die regelmäßig durchgeführten Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen der Internationalen Rheinregulierung am Neuen Rhein bieten zudem die Chance, ohne großen Aufwand insbesondere die Pionierarten Gelbbauchunke und Laubfrosch gezielt zu fördern ( zB beim Umschlagplatz in nördlichen Bereich der Lagune). Als ergänzende Maßnahmen ist die Anlage flacher Mulden im Rheinvorland zwischen der Rheinbrücke Hard – Fußach und der Rheinmündung zu empfehlen. Früher vorhandene Gewässer wurden zumindest vom Laubfrosch genutzt, Potenzial bieten diese Gewässer aber auch für die Gelbbauchunke. Anmerkung: Im Winter 2009/2010 wurden einige Maßnahmen umgesetzt. • Schleienloch und Umgebung Das Gebiet der Schleienlöcher auf der rechten Seite des Neuen Rheins ist Lebensraum für den Laubfrosch. Ein Reproduktionsnachweis der Gelbbauchunke existiert aus einem Tümpel auf einer Brachfläche nördlich der ARA Hofsteig. In den vergangenen Jahren war dieser künstlich geschaffene Tümpel, der vom Wasserspiegel des Bodensees abhängt, im Frühsommer jedoch meist trocken. Verbessern lässt sich diese Situation durch die Anlage von Kleingewässer, deren Wasserstand unabhängig vom Bodensee ist. Seite 18 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Flache Mulden im Rheinvorland fördern Laubfrösche; teilweise wurden diese Maßnahmen im Winter 2009/2010 umgesetzt. • Bregenzerachmündung links Die Auwälder- und Uferlebensräume auf Harder Seite der Bregenzerachmündung sind Lebensraum für Laubfrosch, Gelbbauchunke und Teichmolch. Darüber hinaus kommen hier Wasserfrösche, Grasfrösche, Erdkröten und Bergmolche vor. Gelbbauchunke beim Industriehafen Hard Von großer Bedeutung – insbesondere für die Gelbbauchunke – ist auch das an das Natura 2000-Gebiet Bregenzerachmündung – Mehrerauer Seeufer angrenzende Areal des Industriehafens. Dieses Deponiegelände, das lange Zeit als Umschlagplatz für Schotter, Kies und Bauschutt genutzt wurde, soll 2010 in einen naturnahen Erholungsraum zurückgeführt werden. Dabei ist die Anlage unterschiedlich großer und tiefer Kleingewässer als Laichmöglichkeit für Amphibien vorgesehen. Ergänzend zur Schaffung neuer Laichgewässer ist Öffentlichkeitsarbeit wichtig, da immer wieder illegal Gelbbauchunken für Gartenteiche entnommen werden. Das Laichgewässer in der Verlängerung der Achstraße innerhalb der Auwaldfläche des Natura 2000-Gebiets Mehrerauer Seeufer – Bregenzerachmündung ist infolge der Hochwässer 1999 und 2005 weitgehend verlandet. Vertiefungen fördern hier Laubfrosch, Gelbbauchunke und Teichmolch. Lebensraumpotenzial besteht auch für den Kammmolch. • Bregenzerachmündung rechts – Mehrerauer Seeufer Die rechtsseitige Bregenzerachmündung mit dem Mehrerauer Seeufer ist Lebensraum für Laubfrosch und Gelbbauchunke und darüber hinaus für Wasserfrösche, Grasfrosch, Erdkröte und Bergmolch. Unterstützende Maßnahmen sind insbesondere für die Gelbbauchunke wichtig, deren Laichmöglichkeiten derzeit stark beschränkt sind. Bereits 2006 wurden auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände im Rahmen der Aktion „72 Stunden ohne Kompromiss“ Flachteiche angelegt. Kleingewässer auf dem ehemaligen Militärübungsgelände Diese Gewässer sind allerdings rasch ausgetrocknet. Hier ist die Neuschaffung flacher Tümpel geplant. Dabei ist eine wirksame Abdichtung, zB durch Lehmschlag in drei Schichten oder auch Teichfolie, wichtig. • Alter Rhein zwischen Gaißau und Höchst Am Alten Rhein zwischen dem Bruggerloch in Höchst bis nach Gaißau sind unterschiedlichste Stillgewässer erhalten, die vor allem für den Teichmolch große Bedeutung haben. Teilweise handelt es sich hier um ältere Gewässer, teilweise um Gewässer, die in den vergangenen Jahren im Rahmen der Endgestaltung Alter Rhein neu angelegt wurden. Eine Verdichtung des Laichgewässerangebots stärkt die wohl wichtigste Population des Teichmolchs in Vorarlberg und schafft zugleich einen durchgehenden Biotopverbund vom Bruggerloch am Neuen Rhein über den Alten Rhein bis zum Bodensee. Geeignete Standorte wären zB extensiv genutzte Flächen bzw Randflächen nahe des Bruggerlochs oder Weideflächen auf dem Gelände des Naturparks am Alten Rhein. Seite 19 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal • UMG Berichte 4 Motocrossgelände an der Dornbirnerach in Dornbirn Im Motocrossgelände am linken Ufer der Dornbirnerach in Dornbirn – Eichwald sind zahlreiche Kleingewässer entstanden. Das Gebiet ist ein wertvoller Lebensraum für Gelbbauchunke und Wasserfrosche. Nachweise existieren auch von Teichmolch, Laubfrosch, Grasfrosch und Bergmolch. Der westliche Bereich des Weitere Aufwertungsmaßnahmen im Motocrossgelände Motocrossgeländes wird nicht mehr genutzt. In diesem Bereich sowie entlang des Zufahrtsweges zum Parkplatz parallel zur Dornbirnerach, wo bereits in den vergangenen Jahren Kleingewässer geschaffen wurden, sind in den kommenden Jahren sukzessive neue temporäre Kleingewässer als Laichplätze für die Gelbbauchunke und den Laubfrosch anzulegen. Einzelne größere und tiefere Gewässer fördern den Teichmolch. • Nördliches Schweizer Ried Das nördliche Schweizer Ried in Lustenau ist ein Mosaik großflächiger Intensivwiesen, Ackerflächen, Streuwiesen und wenig intensiver Feuchtwiesen, die in den vergangenen Jahren durch Extensivierung von Ackerflächen entstanden sind. Zudem wurden größere Gehölzflächen angelegt. Entwässerungsgräben, Einzelbäume und kleinere Feldgehölze ergänzen das Lebensraumangebot. Seit 1995 wurden zahlreiche Teiche geschaffen, in denen meist nach kurzer Zeit Kammmolch, Teichmolch und Laubfrosch nachgewiesen werden konnten. Vermutlich durch Besatz mit Goldfischen und Schleien in nahezu allen Gewässern gelangen in den vergangenen Jahren keine Nachweise des Kammmolchs mehr. Nur im nördlichsten Gewässer nahe der Häusle-Deponie konnten trotz Vorkom- Problem Fischbesatz men von Schleien 2009 noch Teichmolche nachgewiesen werden. Im Jahre 2006 wurden zusätzliche Gewässer im Rahmen des Interreg-Projektes „Feuchtgrünland und Storchenlebensräume zwischen Alpenrhein und Donau“ (www.feuchtwiesen-stoerche-bodensee.net) geschaffen. Da die neu geschaffenen Gewässer als flache Geländemulden gestaltet wurden – auch in Hinblick auf ihre Bedeutung für Wiesenvögel, vor allem den Kiebitz – ist eine rasche Verlandung vor allem durch Rohrkolben (Typha latifolia) zu beobachten. Künftig sind deshalb regelmäßige Pflegemaßnahmen (Mahd, teilweise Abschürfung) der Flachteiche wichtig. • Lustenauer Ried In der klein strukturierten Landschaft des Lustenauer Rieds (Streuried, Neuner Teile und Hintervorsee) sind zahlreiche Gräben mit Vorkommen der Gelbbauchunke erhalten. Die angrenzende Nutzung ist ein Mosaik aus Kleingärten, Gehölzen, in- Grabensystem aufwerten tensiv, halbintensiv und extensiv genutzten Flächen (vgl UMG 2005b). Wichtig ist die Erhaltung und Förderung der Grabenstrukturen, teilweise mit flachen Böschungen sowie deren naturnahe Pflege. Dies sollte durch eine Information der Grundeigentümer und Bewirtschafter erfolgen. • Widnauerried Seit Jahrzehnten pflegt der Verein „Die Drossel“ eine Feuchtwiese mit mehreren Amphibienlebensraum Drosselbiotop Kleingewässern. In den vergangenen drei Jahren wurden in einem angrenzenden Grundstück zusätzliche Gewässer unterschiedlicher Tiefe und Größe neu angelegt. Aus diesem Gebiet liegen mehrere Nachweise des Laubfroschs vor. ErstSeite 20 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 mals konnten 2009 auch Gelbbauchunken in einem im Winter 2009 geschaffenen Kleingewässer nachgewiesen werden. Probleme ergeben sich durch den Fischbesatz in den größeren Gewässern sowie durch den ebenfalls 2009 erstmals nachgewiesenen Seefrosch, der andere Arten verdrängt. Sowohl Fische als auch Seefrösche lassen sich aus den größeren Gewässern wohl nicht mehr entfernen. Ziel ist die Erhaltung der temporären Kleingewässer sowie die Anlage zusätzlicher Laichmöglichkeiten, beispielsweise durch lokale Vertiefungen in Gräben. • Obere Mähder – Seelache Die Altwässer des Rheins in der Seelache am westlichen Rand des Natura 2000Gebiets Gsieg – Obere Mähder sind ein wichtiger Lebensraum für Molche und Laubfrösche. Bereits in den vergangenen Jahren wurden Pflegemaßnahmen durchgeführt, indem Gehölze zurückgeschnitten, die Ufervegetation gemäht Pflegemaßnahmen wichtig und die Gewässer teilweise auch entschlammt wurden. Erforderlich ist die Weiterführung der Pflegemaßnahmen, insbesondere die abschnittweise Mahd und Entschlammung. In Hinblick auf die Ansprüche der Gelbbauchunke sind zusätzliche Temporärgewässer wichtig: zB Reaktivierung der 1993 geschaffenen Kleingewässer oder die Anlage zusätzlicher Gewässer im Randbereich der Extensivierungsfläche der Gemeinde Lustenau. • Klien Durch den Steinbruch und die verschiedenen Gewerbebetriebe sind im Gebiet „Klien“ in Dornbirn und Hohenems zahlreiche größere und kleinere Gewässer entstanden. Neben Grasfrosch und Erdkröte, die beide in beachtlichen Beständen Betriebsgebiet vorkommen bzw vorgekommen sind, sind vor allem die Populationen von Laubfrosch und Gelbbauchunke bemerkenswert; für diese beiden Arten zählt das Gebiet zu den bedeutendsten Lebensräumen abseits des Bodensees: Am 1.7.2005 wurden allein in einem Betonbecken 49 Gelbbauchunken gezählt. Allerdings wurden in den vergangenen drei Jahren durch Betriebserweiterungen zahlreiche Laichgewässer aufgeschüttet oder überbaut, darunter auch das erwähnte Becken. Neue Laichgewässer im Randbereich der Betriebsareale und des Steinbruchs sind daher wichtig. Im Rahmen des Hochwasserschutzprojektes Fallbach-Satzbach konnten 2009 zwei neue Gewässer angelegt werden. • Kieswerk Kopf Das Kieswerk Kopf liegt am Alten Rhein in Altach. Auf dem Betriebsgelände sind Temporärgewässer und Schlammabsetzbecken geeignete Laichgewässer für die Gelbbauchunke. In den angrenzenden größeren Stillgewässern wurde 2009 der Seefrosch nachgewiesen. Mit vergleichsweise geringem Aufwand ließen sich weitere Temporärgewässer schaffen. Auch Öffentlichkeitsarbeit ist in diesem durch Besucher stark frequentiertem Gebiet wichtig (Problem der illegalen Entnahme). • Fohren Das Grabensystem des Kleingartenareals in Fohren im Gemeindegebiet von Altach an den Gemeindegrenzen zu Götzis und Hohenems ist Lebensraum für die Seite 21 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal Gelbbauchunke. Gelbbauchunken im Grabensystem Im Mai 2004 UMG Berichte 4 wurden 30 Adulttiere gezählt. Die Landwirtschafsflächen zwischen den Schrebergräten werden als Intensivwiesen genutzt. An das Schrebergartenareal grenzen Brachflächen, die teilweise mit Gehölzen bestanden sind, eine Deponiefläche, wenig intensive sowie intensiv genutzte Wiesen (UMG 2005b). Die Gelbbauchunke wird durch die naturnahe Pflege und Optimierung des Grabensystems, zB durch die Schaffung lokaler Vertiefungen, sowie die Anlage von Kleingewässern auf den angrenzenden Brach- und Deponieflächen gefördert. • Kommingen (Hiltiareal) Das Gebiet Kommingen an der Gemeindegrenze zwischen Götzis und Koblach am Fuß des Kummenbergs zählt zu den bedeutendsten Amphibienlebensräumen im mittleren Rheintal. Durch den jahrzehntelangen Materialabbau sowie den aktuellen Betrieb sind eine Reihe von Gewässern entstanden. Auf dem nicht mehr genutzten Lehmgrubenareal hat sich ein Feuchtgebiets- Ehemaliges Lehmgrubenareal komplex aus Wasserflächen, Röhrichten, Hochstaudenfluren und Gehölzen entwickelt. Auf diesen inzwischen stark verwachsenen und bewaldeten Flächen existieren neben drei größeren Baggerseen zahlreiche kleinere, zum Teil nur temporär Wasser führende und über Gräben miteinander verbundene Gewässer. Für Amphibien ist der Fischbesatz in den größeren Gewässern problematisch, die Kleingewässern der „verwilderten“ Bereiche drohen durch Verlandung und Verwaldung an Wert zu verlieren. Vor allem die temporären Gewässer im Steinbruchgelände sind für Amphibien von Bedeutung. Hier sollten weitere Gewässer und kleine Gräben geschaffen sowie die für den Betrieb Verantwortlichen über Amphibienschutzmaßnahmen informiert werden. • Koblacher Ried Ost Im östlichen Koblacher Ried sind immer wieder Gelbbauchunken zu beobachten, obwohl geeignete Laichgewässer rar sind. 2006 konnte in einem größeren Stillgewässer ein Kammmolch nachgewiesen werden; ob dieses Vorkommen noch aktuell ist, muss bezweifelt werden, da inzwischen Goldfische eingesetzt wurden. Bis in die 1990er war das Koblacher Ried auch Lebensraum für den Laubfrosch, aktuelle Nachweise fehlen jedoch (Barandun et al. 2003). Das Laichplatzangebot für Gelbbauchunke kann durch lokales Vertiefen und Aufweiten von Gräben sowie Kleingewässer in den Lehmböden am Fuß des Schlosshügels verbessert werden. Für den Kammmolch ist insbesondere die Anlage von Gewässern wichtig, deren Wasserstand reguliert werden kann, um das Problem des Goldfischbesatzes in den Griff zu bekommen. Die ist beispielsweise durch zeitweisen Aufstau von Entwässerungsgräben möglich (Frühjahr und Sommer). • Kalkofen in Koblach Das ehemalige Steinbruchgelände zählt zu den wichtigsten Lebensräumen für die Gelbbauchunke im Rheintal. Auf dem Deponiegelände wurden bereits meh- Deponieareal im ehemaligen Steinbruch rere Kleingewässer mit teilweise steilen Böschungen angelegt. Probleme ergeben sich vor allem in längeren Trockenperioden, wenn sämtliche derzeit vorhandeSeite 22 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 nen Gewässer trocken fallen. Die Situation lässt sich durch die Anlage zusätzlicher unterschiedlich tiefer und großer Gewässer unterhalb der Deponiefläche, durch lokale Vertiefung und Aufweitung des Hangwassergrabens am Böschungsfuß sowie die Abdichtung der Gewässer auf der Deponie (zB mit Waschschlamm) verbessern. Wichtig ist zudem eine Information des Deponiebetreibers über Amphibienschutzmaßnahmen. • Alte Rüttenen Seit Jahren werden in den Alten Rüttenen Artschutzhilfsmaßnahmen für Amphibien umgesetzt, die großen Erfolg zeigen. Neben Folienteichen wurden mehrere Flachtümpel mit maximal 50 cm Tiefe angelegt und mit Lehm abgedichtet – ide- Weit zurück reichende Amphibienschutzmaßnahmen ale Gewässer für Gelbbauchunke und Laubfrosch. Darüber hinaus werden regelmäßig Pflegeingriffe durchgeführt, um die Verlandung der Gewässer zu verhindern (Wust 1996). In den Alten Rüttenen kommt inzwischen der Seefrosch vor (Wust 1996b). In dem größeren Gewässer wurden zudem Goldfische eingesetzt, die Flachteiche werden zum Teil von Blässhühnern genutzt, die hier auch Laich fressen (Wust mündl Mitt). Die Weiterführung der Maßnahmen ist für die Amphibienpopulationen des südlichen Rheintals von großer Bedeutung. In Hinblick auf Prädation durch Seefrosch und Fische ist auch hier insbesondere die Anlage von Kleinstgewässern zu empfehlen. • Matschels – Unterried Die Vorkommen der Gelbbauchunke in Matschels-Unterried konzentrieren sich vor allem auf Radspurpfützen auf Forst- und Bewirtschaftswegen im Wald, seltener auch auf den Randbereich von Streuwiesen im Unterried. Aufgrund der Beschattung sind diese Gewässer suboptimal. Die Gelbbauchunke wurde für dieses FFH-Gebiet gemeldet, dh Artenhilfsmaßnahmen sind hier besonders wichtig. Im Herbst 2010 ist die Anlage von vier Laichgewässern sowie eines rund 200 m² großen Aufenthaltsgewässers mit einer Tiefe zwischen 0,5 und 1,5 m geplant. Eine Natura 2000-Gebiet Biotoppflege durch Ausmähen des sonnenexponierten Nordufers ist vorgesehen. Ähnliche Maßnahmen wurden nördlich der Ill durch den Grundeigentümer, die Agrargemeinschaft Altenstadt, bereits mit Erfolg umgesetzt. Auch wenn die derzeit vorhandenen Radspurtümpel keine optimalen Bedingungen für die Gelbbauchunke bieten, ist ihr Erhalt sicherzustellen, dh eine Verfüllung zu vermeiden. Die Verantwortlichen wurden bereits informiert. 4.4. Ergänzende Maßnahmen • Lehmgrubenseen in Fußach In der Gewässerlandschaft der Lehmgrubenseen am Ortsrand von Fußach wurden Grünfrösche, Grasfrösche, Erdkröten und Laubfrösche nachgewiesen. Großes Potenzial für Amphibien Aufgrund des Fischbesatzes kann sich derzeit allerdings wohl vor allem die Erdkröte erfolgreich fortpflanzen, da ihre Kaulquappen von Fischen nur selten gefressen werden. Potenzielle Laichstandorte für den Laubfrosch sind inzwischen Seite 23 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal stark verlandet. Trotzdem UMG Berichte 4 werden hier regelmäßig rufende Laubfrösche nachgewiesen – im Rahmen der Erhebungen zur Erfolgskontrolle zum Projekt „Letzte Chance für den Laubfrosch im Alpenrheintal“ über 20 Rufer (Barandun et al. 2003). Das Gebiet besitzt ein großes Potenzial für den Amphibienschutz. Für neue Kleingewässer besonders geeignet ist die derzeit kaum genutzte und mit Großseggen und Schilf bewachsene Fläche im südlichen Bereich des Lehmgrubenseenareals. • Gelände des Müllverwertungsbetriebs in Lustenau Das Areal der Hubert Häusle GmbH an der Gemeindegrenze von Lustenau, Fußach und Lauterach grenzt an das Nördliche Schweizer Ried. Die Fläche im südlichen Teil des Betriebsareals, die derzeit teilweise als Materialumschlagplatz genutzt wird, wäre idealer Standort für die Anlage flacher Gewässer für Gelbbauchunke und Laubfrosch. • Haslacherried in Lustenau Die ehemalige Deponiefläche am Neunerkanal und der Kanal selbst sind potenzielle Amphibienlebensräume. Eine Renaturierung würde dies unterstützen. • Wolfurt – Birken Birken ist Teil des Natura 2000-Gebiets „Soren, Gleggen - Köblern, Schweizer Ried und Birken - Schwarzes Zeug“. Die Streuwiesenlandschaft setzt sich aus Pfeifengraswiesen zusammen, die teilweise in Großseggenriede überleiten (UMG & Naturschutzbund Vorarlberg 2007). In den 1990er Jahren angelegte Teiche wurden von Laubfröschen und anderen Amphibien besiedelt (Barandun 1996). Gemäß Vorarlberger Biotopinventar waren die Gräben in Wolfurt – Birken Lebensraum für Ehemaliges Vorkommen des Kammmolchs den Kammmolch (Gabherr 1986). Im Rahmen des Interreg-Projektes „Feuchtgrünland und Storchenlebensräume zwischen Donau und Alpenrhein“ (www.feuchtwiesen-stoerche-bodensee.net) wurden Geländemulden geschaffen. Ein Großteil der Kleingewässer ist inzwischen jedoch verlandet. Die Situation ließe sich durch Reaktivierung des verlandeten Stillgewässers im zentralen Bereich von Wolfurt – Birken (Gst 91123-2048) verbessern. Diese Fläche steht für Naturschutzzwecke zur Verfügung. Zudem könnten durch lokale Grabenvertiefungen Laichgewässer für den hier einst vorkommenden Kammmolch entstehen. • Hohenemser Ried Im Hohenemser Ried sind vor allem um den Flughafen Reste der einst großflächigen Niedermoorlandschaft in Form von Streuwiesen und wenig intensiv genutzten Feuchtwiesen erhalten. Aus dem Gebiet liegen Einzelnachweise des Laubfroschs sowie ältere Nachweise der Gelbbauchunke (bis Mitte der 1990er Jahre) vor. Beim Laubfrosch konnten Anfang der 1990er Jahre noch mehrere Rufergruppen nachgewiesen werden, ein Reproduktionsnachweis gelang jedoch nicht (Barandun 1996). Für Kleingewässer wären Feuchtwiesen, möglichst über Lehmböden, in der Umgebung des Flugplatzes, beim Hubschrauberlandeplatz oder südlich davon geeignet. Die grundsätzliche Zustimmung eines Eigentümers Seite 24 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 hierfür liegt bereits vor. Lokale Vertiefungen in Gräben würden die Situation insbesondere in Trockenperioden verbessern. • Deponie Kadel in Koblach Der Steinbruch Kadel bei Koblach lieferte über Jahrzehnte Felsblöcke für die Rheinregulierung. Inzwischen ist der Gesteinsabbau abgeschlossen. Das Gelände wird allmählich mit Aushubmaterial aufgefüllt. Im Rahmen der Endgestaltung sollen auch Maßnahmen zum Biotop- und Artenschutz umgesetzt werden – ein wichtiger Schritt zu Schaffung eines Biotopverbundsystems für Amphibien rund um den Kummenberg. Im Südteil der Deponie ist die Anlage flacher Geländemulden geplant. Ergänzend dazu soll ein etwa 20 m² großes und permanent Wasser führendes Feuchtbiotop am Südrand des Areals entstehen. • Mettauer Teiche in Meiningen Die Gewässer des ehemaligen Abbaugeländes der Lehmgrube Meiningen nörd- Einst bedeutender Amphibienlebensraum lich der ARA waren einst ein regional bedeutsamer Amphibienlaichplatz (vgl Broggi 1986) mit Vorkommen von Kammmolch, Teichmolch, Laubfrosch und Gelbbauchunke. Heute ist das Gewässer stark verwachsen, mit Fischen besetzt und beherbergt eine individuenstarke Seefroschpopulation. Durch neue Kleingewässer südlich der Frutzmündung würden neue Amphibiengewässer entstehen. Diese sollten ausreichend besonnt, dh teilweise von Gehölzen freigestellt werden. • Landesforstgarten Der Landesforstgarten liegt im Gemeindegebiet von Rankweil linksufrig der Frutz. Ein Einzelnachweis der Gelbbauchunke existiert aus einem Radspurtümpel Potenzial für die Gelbbauchunke (Nachweis Andreas Kapp). Das größere Stillgewässer ist für die Gelbbauchunke kaum geeignet. Das Angebot an Kleingewässern sollte durch den Erhalt von Radspurtümpeln und die gezielte Anlage von Kleingewässern verbessert werden. • Südliches Koblacher Ried Im südlichen Koblacher Ried (Dürne) sind teils zusammenhängende, teils aufgesplitterte Streuwiesenreste erhalten. Amphibien finden hier derzeit kaum geeignete Laichgewässer. Neue Kleingewässer, insbesondere für die Gelbbauchunke, Trittsteinbiotope wären wertvolle Trittsteinbiotope. Da in der Umgebung bereits Seefrösche nachgewiesen wurden, ist die Schaffung kleiner Gewässer zielführend. Dies kann durch Abschürfung bereits nasser Standorte erfolgen. • Paspels-Biotop Bei Paspels in Rankweil – Brederis wurden mehrere Teiche und Flachteiche für Amphibien angelegt (Wust 1996c). Probleme ergeben sich vor allem durch den Seefrosch, der nicht nur die größeren Teiche besiedelt, sondern durch Subadulte auch die Flachteiche. Die Vorkommen des Laubfrosches (vgl Barandun et al. 2003) sind inzwischen erloschen. Die Gelbbauchunke lässt sich durch die Anlage von Kleingewässern (Pfützen, Traktorspuren) fördern. Seite 25 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal • UMG Berichte 4 Gisinger Au In der Gisinger Au wurde ein neu geschaffener Flachteich rasch durch die Gelbbauchunke besiedelt. Lebensraumpotenzial besteht hier nicht nur für Gelbbauchunken, sondern auch für Laubfrosch, Kamm- und Teichmolch, die in den Alten Rüttenen vorkommen. Weitere unterschiedlich große und tiefe Gewässer würden die Situation weiter verbessern. 4.2. Großräumiger Biotopverbund Neben Kleingewässern als Trittsteinbiotope sind vor allem Fließgewässer für den großÖkologische Aufwertung von Fließgewässern räumigen Biotopverbund geeignet. Ein Großteil der Fließgewässer des Vorarlberger Rheintals ist ökomorphologisch stark beeinträchtigt (vgl Buhmann et al. 2001). Aufwertungsmaßnahmen sind daher nicht nur für Amphibien wichtig. Da eine großräumige Renaturierung der Fließgewässer allenfalls langfristig realistisch ist, sind kurzfristig punktuelle Aufwertungen anzustreben. Ö Kleingewässer als Trittsteinbiotope im Uferbereich bzw Gewässervorland; Ö Förderung der Strukturvielfalt, um Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten zu schaffen, beispielsweise Gehölzgruppen, Altgrasstreifen, Wurzelstöcke und andere Totholzstrukturen; Ö Förderung einer naturnahen Ufervegetation mit Röhrichten, Hochstaudenfluren und Gewässer begleitenden Ufergehölzen; Ö Extensivierung intensiv genutzter Gewässervorländer; Ö Entwicklung extensiv genutzter Gewässerrandstreifen und eines naturnahen Gewässerumfelds. Ö Entfernung unpassierbarer bzw schwer passierbarer Wanderhindernisse wie Betonbefestigungen, Verrohrungen, Pflasterungen unter Brücken; Ö Schonende Gewässerpflege, indem beispielsweise Pflegemaßnahmen wie Entschlammen, Entkrauten, Böschungsmahd und Gehölzpflege nur abschnittsweise durchgeführt und naturnahe Gewässerstrukturen erhalten werden. Verzicht auf Grabenfräsen. Zur Böschungsmahd tierschonende Mähtechniken, dh Balkenmäher einsetzen. Ö Aufwertung von Entwässerungsgräben durch Böschungsabflachung und lokale Vertiefungen, die auch in Trockenperioden Wasser führen, die Entwässerungswirkung jedoch nicht verstärken. • Rheindelta Das Bodenseeufer zwischen Rhein- und Rohrspitz ist – entsprechende Wasserstände des Bodensees vorausgesetzt – vor allem für Laubfrösche ein wichtiger Lebensraum. Zusätzliche Kleingewässer als Laichgewässer und Trittsteinbiotope für andere Arten sind sowohl innerhalb als auch außerhalb des Polderdammes wichtig. • Bregenzerach Die Bregenzerach verbindet mit der Bregenzerachmündung und der Bregenzerachschlucht zwei bedeutende Vorkommen der Gelbbauchunke. Zwischen Seite 26 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Schluchtstrecke und Mündung ist die Ach begradigt. Trotz kleinräumiger oder auch durchgehender Böschungssicherung ist die Ufervegetation zumindest abschnittsweise naturnah und standorttypisch (Parthl et al. 2004). Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung, beispielsweise Aufweitungen und Bö- Gewässerentwicklungskonzept in Ausarbeitung schungsstrukturierungen werden derzeit im Rahmen des Gewässerentwicklungskonzepts Bregenzerach erarbeitet, das 2010 fertig gestellt werden soll. • Lustenauer Kanal Der Lustenauer Kanal besitzt ein großes Potenzial als Ausbreitungsweg für Amphibien im nördlichen Rheintal. Das Gewässer verbindet mehrere Amphibienvorkommen und potenzielle Amphibienlebensräume. Derzeit befindet sich der Lustenauer Kanal in einem ökomorphologisch stark be- Renaturierung in Planung einträchtigten Zustand. Das Gewässer ist strukturarm, die Böschungen sind durchgehend gesichert (Buhmann et al. 2001). Revitalisierungsmaßnahmen sollten das Gewässer als Lebensraum und als Wanderkorridor auch für Amphibien aufwerten. Im Bereich des nördlichen Schweizer Rieds in Lustenau ist derzeit eine Renaturierung in Planung. • Koblacher Kanal – Rheintal-Binnenkanal Der Koblacher Kanal bzw Rheintal-Binnenkanal hat aufgrund der Nord-SüdErstreckung ein großes Potenzial als Ausbreitungslinie im Vorarlberger Rheintal. Insgesamt befindet sich das Gewässer in einem strukturell stark beeinträchtigten, abschnittsweise sogar naturfernen Zustand. Standortgerechte Ufervegetation ist Punktuelle Maßnahmen nur sehr kleinräumig vorhanden (Buhmann et al. 2001). Neben einer großräumigen Strukturierung sind auch punktuelle Maßnahmen, wie sie beispielsweise in Hohenems in Form von Teichen durchgeführt wurden, wertvolle Beiträge für den Amphibienschutz. • Dornbirner Ach Die Dornbirner Ach besitzt mit ihren Vorländern und extensiv genutzten Wiesen in der Umgebung ein großes Potenzial als Wanderweg für Amphibien. Mit den Dornbirnerachmäandern ist zudem ein naturnaher Flussabschnitt mit natürlichen Uferzonen und ausgedehnten Auwäldern erhalten (vgl Grabherr 1986). Im Unterlauf jedoch wurden die Böschungen durch raue Regelprofile gesichert. Eine standortgerechte Ufervegetation fehlt hier weitgehend (Buhmann et al. 2001). Aufwertungsmaßnahmen sind daher insbesondere im Bereich zwischen Mündung und Mäandern wichtig. Auch punktuelle Maßnahmen, zB Kleingewässer im Nahbereich der Ach, tragen zum Biotopverbund bei. • Hohenemser Landgraben Der Hohenemser Landgraben ist ein potenzieller Korridor zwischen der bedeutenden Laubfrosch- und Gelbbauchunkenpopulation am Talrand im Gebiet Klien und dem Hohenemser Ried bzw dem Rheintal-Binnenkanal. Derzeit ist das Gewässer jedoch ökomorphologisch stark beeinträchtigt, stellenweise naturfern (Buhmann et al. 2001). Seite 27 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal • UMG Berichte 4 Spiersbach Der Spiersbach entspringt in Liechtenstein und fließt dann durch das Naturschutzgebiet und Natura 2000-Gebiet Bangs-Matschels. Damit verbindet er die Gelbbauchunkenvorkommen in Matschels - Unterried mit dem Ruggeller Ried – dem größten zusammenhängenden Flachmoor und wertvollsten Amphibienlebensraum in Liechtenstein mit Vorkommen von Laubfrosch, Kammmolch und Gelbbauchunke (Kühnis 2002). Gemäß Barandun et al. (2008) zählt das Ruggeller Ried zu den Schwerpunktgebieten für die prioritäre Förderung der Gelbbauchunke im Fürstentum Liechtenstein. Der Spiersbach – im Unterlauf ursprünglich ein vom Grundwasser gespeister Gießenbach – befindet sich heute in einem stark beeinträchtigten Zustand. Die Böschungen sind durchgehend als raue Regelprofile gesichert (Buhmann et al. Existierendes Gewässerentwicklungskonzept 2001). Für das Gewässer wurde ein Gewässerentwicklungskonzept erstellt (Jehle et al.). Als erster Schritt wurde 2007 die Spiersbachmündung renaturiert. • Frutz Die Frutz – und mit Einschränkungen die Bregenzerach – sind praktisch die einzigen Fließgewässer am Talboden des Vorarlberger Rheintals mit einem durchgehenden Gehölzgürtel. Die Böschungen der Frutz sind durchgehend oder klein- Durchgehendes Ufergehölz räumig gesichert – insgesamt ist die Strukturgüte wesentlich, lokal auch mäßig beeinträchtig (Buhmann et al. 2001). Für etliche Tiergruppen einschließlich Amphibien ist die Frutz potenzieller Wanderkorridor und könnte durch Neuanlage von Gewässern auch zu einem wichtigen Lebensraum werden. • Alpenrhein Der Alpenrhein, der größte Wildfluss Europas, ist heute fast durchgehend begradigt, reguliert und durch Hochwasserschutzdämme von seinen Nebengewässern und Auwäldern abgetrennt (Michor 2005). Für Amphibien ist der Rhein mit rund 80 m Breite und starker Strömung ein nahezu unüberwindbares Wanderhindernis. Die Rheinvorländer werden überwiegend intensiv landwirtschaftlich genutzt (UMG 2005b). Derzeit sind am Alpenrhein für Amphibien kaum geeignete Habitatstrukturen erhalten. Nur im untersten Abschnitt werden die immer wieder überschwemmten Vorländer insbesondere durch Laubfrösche und Wasserfrösche genutzt. Eine Revitalisierung des Rheins, die Erhaltung und Wiederherstellung von Feuchtgebieten sowie die Beseitigung von Wanderhindernissen sind Voraussetzungen dafür, dass der Alpenrhein seine Funktion als Wanderkorridor und als Lebensraum wieder erfüllen kann (vgl Müller & Jenny 2005). Im Rahmen des Entwicklungskon- Entwicklungskonzept Alpenrhein zepts Alpenrhein wurde ein umfassendes Konzept für die zukünftige Entwicklung des Gewässers erstellt, indem auch Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands vorgeschlagen werden (Michor 2005). Eine großräumige Realisierung ökologischer Aufwertungsmaßnahmen ist jedoch allenfalls langfristig möglich. • Ill Die Ill ist im Unterlauf ein stark verbautes Gewässer und durch den Schwellbetrieb der Kraftwerke beeinträchtigt. Amphibien finden hier derzeit keinen Lebensraum. Seite 28 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 An der Mündung soll ein Kraftwerk errichtet werden, dessen Staubereich rund 1,2 km flussaufwärts reicht. In diesem Staubereich sind Strukturierungsmaßnahmen in den Vorländern geplant. Laufende Projekte an der Ill Zugleich ist ein Gewässerentwicklungskonzept für die Ill in Ausarbeitung. Hier werden Gerinneaufweitungen und Uferstrukturierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die geeignet sind, die Situation für Amphibien zu verbessern. Die Ill könnte damit zu einem Lebensraum für Amphibien oder zumindest zu einem wichtigen Ausbreitungskorridor für die Amphibien in Bangs – Matschels und der Wald- und Gewässerlandschaft nördlich der Ill werden. Seite 29 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 5. Fotos 2008 angelegtes Gewässer am Alten Rhein, Situation Frühjahr 2009. Der Rheinspitz zählt zu den bedeutendsten Amphibienlebensräumen in Vorarlberg. Waldflächen, eng verzahnt mit Röhrichten, Großseggenrieden und Feuchtweideflächen bilden ein artenreiches Lebensraummosaik. Seite 30 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Laubfrösche lassen sich durch die Anlage flacher Flutmulden fördern. Im Bild eine im Frühjahr 2009 angelegte Vertiefung am Rohrspitz. Die Gelbbauchunke nutzt häufig anthropogen entstandene Gewässer, Betriebsareale besitzen für diese Art deshalb ein großes Potenzial – hier im Areal des Industriehafens in Hard. Seite 31 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Im nördlichen Schweizer Ried wurden im Rahmen des InterregProjektes „Feuchtgrünland und Storchenlebensräume zwischen Alpenrhein und Donau“ mehrere Flachteiche geschaffen – für ihren Erhalt sind regelmäßige Pflegemaßnahmen wichtig. Naturnahe Gräben mit flachen Böschungen sind für Amphibien wertvolle Lebensraumstrukturen. Durch gezielte Grabenabflachung, eventuell sogar in Kombination mit der Anlage von Kleingewässern, wie sie zB im südlichen Schweizer Ried durchgeführt wurden, kann das Grabensystem als Lebensraum für Amphibien und anderer Tiere optimiert werden. Seite 32 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 Durch die Vertiefung bereits nasser Standorte lassen sich neue Laichgewässer schaffen. Im Bild ein geeigneter Standort im südlichen Koblacher Ried. Für den großräumigen Biotopverbund sind Fließgewässer von großer Bedeutung. Durch die Renaturierung der Bregenzerach würde ein Verbindungskorridor zwischen zwei Populationen der Gelbbauchunke entstehen. Seite 33 von 39 Artenschutzkonzept für gefährdete Amphibien im Vorarlberger Rheintal UMG Berichte 4 6. Literatur Aschauer M., Grabher M., Huber D., Loacker I., Tschisner C. & Amann G. (2008): Rote Liste gefährdeter Amphibien und Reptilien Vorarlbergs. Rote Listen 5, inatura, Dornbirn, 124 S. AVL Arge Vegetationsökologie und Landschaftsplanung: Biotopbericht zum Biotopinventar Vorarlberg. Im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung Abteilung IVe – Umweltschutz, unveröff. Balletto E. & Giacoma C. (1993): Stochastic extinction probability for European populations of Hyla arborea: an approach by VORTEX. In: Stumpel A. H. P. & Tester U. (Ed.): Ecology and Conservation of the European Tree Frog. Proceedings of the 1st International Workshop on Hyla arboera, 13-14 February 1992, Potsdam, Germany. 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