Fabeln aus aller
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Fabeln aus aller
n e t s n ö h c Die s Fabeln aus aller Welt Zusammengestellt von Nina Strugholz Mit Bildern von Anna Marshall DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 5 06.06.2013 15:19:49 Inhalt 12 Vorwort urf Max Bolliger Maulw 15 Der Igel und der ler Christian Fürchtegott Gel 16 Das Kutschpferd t g Gotthold Ephraim Lessin r Stier 17 Das Ross und de Jean de la Fontaine r Ziegenbock 18 Der Fuchs und de Clemente Bondi 20 Die Schildkröte r Hase Aesop und de 21 Die Schildkröte Luther d der Feldmaus Martin aus un 22 Von der Stadtm hann Wolfgang von Go eth 24 Die Frösche Jo e sich im Wasser sieht 26 Der Hirsch, der im Johann Wilhelm Ludwig Gle Gottfried August Bürger er äb gr tz ha Sc e Di 8 2 rder Johann Gottfried von He r Wind 29 Die Sonne und de r Hecht und der Krebs de , an hw Sc r De 0 3 witsch Krylow hönfeldt nach Ivan Andreje Sc n vo n äfi Gr bil Sy x Bolliger 31 Freundschaft Ma 6 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 6 06.06.2013 15:19:50 34 Die Grille und die Ameise Jean de la Fontaine 35 Die junge Schwalbe Gottho ld Ephraim Lessing 36 Der Hirtenjunge und der Wo lf Aesop 39 Der Elefant und die Maus Johann Wilhelm Ludwig Gleim 40 Der stolze Schmetterling aus Afrika 41 Das Schilfrohr und der Ölbaum Aesop 42 Die Seefahrer Felix Maria de Samaniego 44 Der Hund im Wasser Martin Luther 45 Die Krähe und der Wasserkr ug Aesop 46 Das Hähnchen, die Katze und das Mä Jean de la Fontaine uschen 48 Der Löwe mit dem Esel Got thold Ephraim Lessing 7 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 7 06.06.2013 15:19:51 48 Der Esel mit dem Löwen Gotthold Ephraim Lessin g 49 Der Löwe und de r Esel Aesop 51 Dressierte Katzen aus Indien 52 Die drei Hunde Theodor Etzel 54 Das große Geheim nis aus Griechenland 56 Der Hahn Rober t Reinick 57 Die Katze als Är ztin und die Hühner Aesop 58 Der Zeisig Chris tian Fürchtegott Geller t 60 Arthur und Al au f Freiersfü ßen James Thurber 62 Kein Mäuseschla raffenla nd Trilussa 64 Der Affe als Schie dsrichter aus Korea 66 Der Gärtner und das Fe rkel John Gay 68 Der Schnabelste her Rafik Schami 8 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 8 06.06.2013 15:19:52 e Daniel Wilhelm Triller e Wies 78 Der Bach und di h Abraham Emanuel Fröhlic 79 Die Nützlichen s Aesop r Fuch 80 Der Rabe und de ierritt 83 Seltsamer Spaz Johann Peter Hebel Frida Soyaux-Schanz chen 84 Das blinde Hähn Heinrich Seidel tskreis 87 Der weite Gesich se Max Bolliger der Ha 88 Der Drache und r Marie de France Freie 90 Der Mäuserich als er Magnus Gottfried Lichtw r Adler 94 Der Fuchs und de x Bolliger 96 Die Mistfliege Ma en aus Indonesien enbrat 98 Büffel- oder Zieg lstoi d fangen wollte Leo To n Mon 99 Die Ente, die de e d Joachim Heinrich Camp 100 Der Mops und der Mon 102 Der Affe und die Brillen 103 gew Der Affe, der zum König w Iwan Andrejewitsch Krylo ählt wurde Aesop 9 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 9 06.06.2013 15:19:52 ge und die Der tollkühne Mausejun 104 James Thurber vorsichtige Katze 107 Konrad Pfeffel Der junge Hase Gottlieb 108 Das Kamel und die Ra 109 Tanne Der Apfelbaum und die 110 n Fürchtegott Geller Der grüne Esel Christia 112 rdo da Vinci Der Pfirsichbaum Leona 113 Die Nester der Vögel 114 Der Löwe und die Mau 116 Die Katzen und der Ha 119 ch Aesop Der Fuchs und der Stor 120 Der Löwe und der Men 121 Gotthold Ephraim Lessing se Ha r de d un e w Lö Der tte aus Asien Arthur Schopenhauer t Aesop s Babrios Lichtwer usherr Magnus Gottfried sch Romulus 10 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 10 06.06.2013 15:19:53 122 Die junge Ziege und der Wolf als Flö 124 Der Tanzbär Christian Fürchtegott Gell ert 126 Die Ameise und das Weizenkorn 128 Der Blinde und der Lahme Christi an Fürchtegott Gellert 129 Der Philosoph Novalis 130 Der gefangene Adler Babrios 131 Was der Esel nicht verstehen kann 132 Der Pavian und der Pudel Gottlieb Konrad Pfeffel 134 Der Drache und der Bauer aus Eur opa 136 Der Kuckuck Christian Fürchtegott Gellert 137 Die Schnupftababksdose Joachim Ringelnatz 138 Quellenverzeichnis tenspieler Aesop Leonardo da Vinci Aesop 11 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 11 06.06.2013 15:19:53 Der Igel und der Maulwurf Auf der Suche nach einer Wohnung für den Winter kam ein Igel an der Höhle eines Maulwurfs vorbei. „Hättest du nicht noch ein wenig Platz für mich?“, fragte der Igel den Maulwurf. „Er ist ein drolliger Bursche“, dachte der Maulwurf. „Es ist zwar eng bei mir …“, brummte er. „Das stört mich nicht“, sagte der Igel und zog sofort ein. Am ersten Tag machte er sich dünn und hielt sich so ruhig wie möglich. Am zweiten Tag aber begann er sich auszubreiten, den ganzen Tag zu schlafen und dabei auch noch zu schnarchen. Der Maulwurf drückte sich in eine Ecke und wagte sich kaum noch zu rühren, um nicht dauernd von den Stacheln des Igels gestochen zu werden. „Ach, wäre ich mit meiner Einladung doch nicht so voreilig gewesen“, dachte er. Am dritten Tag nahm er all seinen Mut zusammen. „Mein lieber Igel“, sagte er, „sicher hast du Verständnis dafür, wenn ich dich bitte, wieder auszuziehen und dir eine eigene Wohnung zu suchen. Die Höhle ist für uns beide zu klein.“ Der Igel lachte. „Das mag sein, riesig ist sie nicht, aber wem es hier nicht gefällt, der soll gehen. Ich bleibe.“ Der Maulwurf war sprachlos, aber weil er keine Lust hatte mit dem Igel zu streiten, entschloss er sich am vierten Tag, eine neue Höhle zu graben und sich in Zukunft seine Gäste etwas genauer anzusehen. Max Bolliger 15 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 15 06.06.2013 15:19:57 Das Kutschpferd Ein Kutschpferd sah den Gaul den Pflug im Acker ziehn Und wieherte mit Stolz auf ihn. „Wann“, sprach es, und fing an, die Schenkel schön zu heben, „Wann kannst du dir ein solches Ansehn geben? Und wann bewundert dich die Welt?“ „Schweig“, rief der Gaul, „und lass mich ruhig pflügen; Denn baute nicht mein Fleiß das Feld: Wo würdest du den Haber kriegen, Der deiner Schenkel Stolz erhält?“ Die ihr die Niedern so verachtet; Vornehme Müßiggänger, wisst, Dass selbst der Stolz, mit dem ihr sie betrachtet, Dass euer Vorzug selbst, aus dem ihr sie verachtet, Auf ihren Fleiß gegründet ist. Ist der, der sich und euch durch seine Händ’ ernährt, Nichts Bessers als Verachtung wert? Gesetzt, du hättest bessre Sitten: So ist der Vorzug doch nicht dein. Denn stammtest du aus ihren Hütten: So hättest du auch ihre Sitten. Und was du bist, und mehr, das würden sie auch sein, Wenn sie wie du erzogen wären. Dich kann die Welt sehr leicht, ihn aber nicht entbehren. Christian Fürchtegott Gellert 16 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 16 06.06.2013 15:19:57 Das Ross und der Stier Auf einem feurigen Rosse flog stolz ein dreister Knabe daher. Da rief ein wilder Stier dem Rosse zu: „Schande! Von einem Knaben ließe ich mich nicht regieren!“ „Aber ich“, versetzte das Ross. „Denn was für Ehre könnte es mir bringen, einen Knaben abzuwerfen?“ Gotthold Ephraim Lessing 17 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 17 06.06.2013 15:19:58 Der Fuchs und der Ziegenbock Meister Reineke ging an einem heißen Sommertag mit seinem Freund, dem Ziegenbock, spazieren. Sie kamen an einem Brunnen vorbei, der nicht sehr tief war. Der muntere Bock kletterte sofort auf den Brunnenrand, blickte neugierig hinunter und sprang, ohne zu zögern, in das kühle Nass. Der Fuchs hörte ihn herumplatschen und genüsslich schlurfen. Da er selber sehr durstig war, folgte er dem Ziegenbock und trank sich satt. Dann sagte er zu seinem Freund: „Der Trunk war erquickend, ich fühle mich wie neugeboren. Doch nun rate mir, wie kommen wir aus diesem feuchten Gefängnis wieder heraus?“ „Dir wird schon etwas einfallen“, blökte der Bock zuversichtlich und rieb seine Hörner an der Brunnenwand. Das brachte den Fuchs auf eine Idee. „Stell dich auf deine Hinterbeine, und stemme deine Vorderhufe fest gegen die Mauer“, forderte er den Ziegenbock auf, „ich werde versuchen, über deinen Rücken hinaufzugelangen.“ „Du bist wirklich schlau“, staunte der ahnungslose Bock, „das wäre mir niemals eingefallen.“ Er kletterte mit seinen Vorderfüßen die Brunnenwand empor, streckte seinen Körper, so gut er konnte, und erreichte so fast den Rand des Brunnens. „Kopf runter!“, rief der Fuchs ihm zu, und schwupps war er auch schon über den Rücken des Ziegenbocks ins Freie gelangt. „Bravo, Rotschwanz!“, lobte der Bock seinen Freund, „du bist nicht nur gescheit, sondern auch verteufelt geschickt.“ Doch plötzlich stutzte der Ziegenbock. „Und wie ziehst du mich nun heraus?“ Der Fuchs kicherte. „Hättest du nur halb soviel Verstand wie Haare in deinem Bart, du wärest nicht in den Brunnen gesprungen, ohne vorher zu bedenken, wie du wieder herauskommst. Jetzt hast du sicher Zeit genug dazu. Lebe wohl! Ich kann dir leider keine Gesellschaft leisten, denn auf mich warten wichtige Geschäfte.“ Jean de la Fontaine DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 18 06.06.2013 15:19:59 19 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 19 06.06.2013 15:20:00 Die Schildkröte Beim Schein der Morgenröte Macht auf den Weg sich eine Landschildkröte, Um etwa auf Entfernung einer Meile Verschiedne wichtige Dinge zu besorgen. So ging sie aus am Morgen Und wanderte – sie liebt nicht sehr die Eile – Langsam dahin und mit bedächtiger Weile. So kam’s, dass sie in fünfzehn Stunden Kaum fünfzig Fuß des Weges überwunden. Und ganz erstaunt, dass rings schon Dunkel lag, Rief sie: „Mein Gott, wie kurz ist doch der Tag!“ Clemente Bondi 20 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 20 06.06.2013 15:20:01 Die Schildkröte und der Hase Eine Schildkröte wurde wegen ihrer Langsamkeit von einem Hasen verspottet. Trotzdem wagte sie es, den Hasen zum Wettlauf herauszufordern. Der Hase ließ sich mehr aus Scherz als aus Prahlerei darauf ein. Es kam der Tag, an dem der Wettlauf stattfinden sollte. Das Ziel wurde festgelegt und beide betraten im gleichen Augenblick die Laufbahn. Die Schildkröte kroch langsam und unermüdlich. Der Hase dagegen legte sich mit mächtigen Sprüngen gleich ins Zeug, wollte er den Spott für die Schildkröte doch auf die Spitze treiben. Als der Hase nur noch wenige Schritte vom Ziel entfernt war, setzte er sich schnaufend ins Gras und schlief kurz darauf ein. Die großen Sprünge hatten ihn nämlich müde gemacht. Doch plötzlich sah sich der Hase vom Jubel der Zuschauer geweckt, denn die Schildkröte hatte gerade das Ziel erreicht und gewonnen. Der Hase musste zugeben, dass das Vertrauen in seine Schnelligkeit ihn so leichtsinnig gemacht hatte, dass sogar ein langsames Kriechtier ihn mit Ausdauer besiegen konnte. Aesop 21 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 21 06.06.2013 15:20:02 Von der Stadtmaus und der Feldmaus Eine Stadtmaus ging spazieren und kam zu einer Feldmaus. Die tat sich gütlich an Eicheln, Gersten, Nüssen und woran sie konnte. Aber die Stadtmaus sprach: „Was willst du hier in Armut leben! Komm mit mir, ich will dir und mir genug schaffen von allerlei köstlicher Speise.“ Die Feldmaus zog mit ihr hin in ein herrlich schönes Haus, darin die Stadtmaus wohnte, und sie gingen in die Kammern, die voll waren von Fleisch, Speck, Würsten, Brot, Käse und allem. Da sprach die Stadtmaus: „Nun iss und sei guter Dinge. Solcher Speise habe ich täglich im Überfluss.“ Da kam der Kellner und rumpelte mit den Schlüsseln an der Tür. Die Mäuse erschraken und liefen davon. Die Stadtmaus fand bald ihr Loch, aber die Feldmaus wusste nirgends hin, lief die Wand auf und ab und gab schon ihr Leben verloren. Da der Kellner wieder hinaus war, sprach die Stadtmaus: „Es hat nun keine Not, lass uns guter Dinge sein.“ Die Feldmaus antwortete: „Du hast gut reden, du wusstest dein Loch fein zu treffen, derweil bin ich schier vor Angst gestorben. Ich will dir sagen, was meine Meinung ist: Bleib du eine Stadtmaus und friss Würste und Speck, ich will ein armes Feldmäuslein bleiben und meine Eicheln essen. Du bist keinen Augenblick sicher vor dem Kellner, vor den Katzen, vor so vielen Mäusefallen, und das ganze Haus ist dir feind. Von alldem bin ich frei und bin sicher in meinem armen Feldlöchlein.“ Wer reich ist, hat viel Sorge. Martin Luther DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 22 06.06.2013 15:20:03 23 DO_018_230204_Hausb_Fabeln_02.indd 23 06.06.2013 15:20:04