Sachverhalt

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Sachverhalt
Was seither geschah Neues aus der
Rechtsprechung ’rund
um die Pflanze‘
CIOPORA Deutschland e.V.
Mitgliederversammlung 2013
Thomas Leidereiter, LL.M.
Hannover, 22. Februar 2013
Rechtsberatung. Steuerberatung. Luther.
Agenda
I.
‚Fortsetzung folgt‘ oder: ‚Gala Schnitzer II.‘ –
EuGH, Urt. v. 19.12.2012, C-534/10 P
II.
‚Extrablatt, Extrablatt: Deutschland verstößt gegen das Völkerrecht!‘–
BPatG, Beschl. v. 6.9.2012, 36 W (pat) 1/10 – Waldrebsorte Fond
Memories
III. ‚Ohne Schutz nix los‘: Sortenschutzverletzung durch Lizenzierung
nicht geschützter Sorte? –
LG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2012, 4a O 96/11
IV. ‚Eine lange Geschichte‘ –
EuG, Urt. v. 18.9.2012 verb. Rs. T-133/08, T-134/08, T-177/08, T-242/09
V. ‚Ein guter Name setzt sich durch‘ –
HABM, Beschl. v. 19.12.12, Nr. 6590 C – DISCUS
VI. ‚Was ist denn jetzt noch?‘ –
EPA, Vorlageverfahren G 2/12 – Getrocknete Tomate II
VII. ‚Was soll das Kosten?‘ –
Update zu SUMCOL 01 – EuGH, Urt. v. 20.4.2010, C-38/09 P
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I. ‚Fortsetzung folgt‘ oder: ‚Gala Schnitzer II.‘
EuGH, Urteil vom 19.12.2012, C-534/10 P
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=131975&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1360692
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I. Gala Schnitzer II.
Wir erinnern uns – Sachverhalt:
Sortenschutzanmeldung Malus Mill „Gala Schnitzer“ im Jahr 1999.
CPVO verlangt Vorlage von Pflanzenmaterial für die technische Prüfung
beim Bundessortenamt (BSA).
Empfangsbestätigung für Material wird vom BSA erteilt. Zusätzlich wird
ein ‚phytosanitäres Zertifikat‘ verlangt.
Anmelder übermittelt Europäischen Pflanzenpass (‘PP’) an das BSA.
BSA akzeptiert den Pflanzenpass, erwartet aber weiteres Zertifikat.
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I. Gala Schnitzer II.
Wir erinnern uns – Sachverhalt:
Anmelder informiert BSA, dass kein Zertifikat beigebracht werden könne,
weil das Material virusinfiziert gewesen sei.
BSA informiert das CPVO über geplantes Entwurzeln und schlägt vor,
dass der Anmelder aufgefordert wird, neues Material einzusenden.
CPVO stellt fest, dass Anforderung von Pflanzenmaterial unklar gewesen
sei und erlaubt Neueinsendung.
Schutzerteilung trotz der Einwendungen eines Wettbewerbers und seines
Lizenznehmers.
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I. Gala Schnitzer II.
Wir erinnern uns: Entscheidung des EuG – T-135/08
„Dieses Ermessen umfasst das Recht des CPVO, falls es dies für
erforderlich erachtet, die Voraussetzungen, denen es die Prüfung eines
Antrags auf gemeinschaftlichen Sortenschutz unterwirft, zu präzisieren,
sofern die Frist, innerhalb deren der Steller dieses Schutzantrags der an
ihn gerichteten Aufforderung im Einzelfall nachzukommen hat, nicht
abgelaufen ist.“
Schutzerteilung für ‚Gala Schnitzer‘ ist rechtmäßig.
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob das Gericht Tatsachen „nachprüfen“ darf
„Der Gerichtshof hat zu Art. 63 [GMV], der mit Art. 73 [GemSortVO] im
Wesentlichen wortgleich ist, wiederholt entschieden, dass es dem
Gericht obliegt, die Rechtmäßigkeit …. dadurch zu überprüfen, dass
es die von den Beschwerdekammern vorgenommene Anwendung
des Unionsrechts insbesondere auf den ihnen vorliegenden
Sachverhalt einer Kontrolle unterzieht.“
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt
Art. 55(4) GemSortVO: Das Amt bestimmt durch allgemeine
Regelung oder Aufforderung im Einzelfall, wann, wo und in welcher
Menge und Beschaffenheit das Material für die technische Prüfung
sowie Referenzmuster vorzulegen sind.
Verstoß wg. gesonderter Anforderung des Zertifikats?
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt
„Zunächst ist nämlich darauf hinzuweisen, dass zum einen die
Aufgabe des CPVO durch eine wissenschaftliche und technische
Komplexität der Bedingungen für die Prüfung von Anträgen auf
gemeinschaftlichen Sortenschutz gekennzeichnet ist, so dass ihm
bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben ein Ermessensspielraum
einzuräumen ist.“
Wieder einmal: Ermessensspielraum (vgl. SUMCOL 01).
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt
„Zum anderen unterliegt das CPVO als Einrichtung der Union dem
Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, nach dem es ihm
obliegt, alle relevanten Aspekte einer Sache sorgfältig und
unparteiisch zu prüfen und alle für die Ausübung seines Ermessens
erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände
zusammenzutragen.“
CPVO muss alle Aspekte selbständig zusammentragen.
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt
„Im Licht dieser Feststellungen ist erstens darauf hinzuweisen, dass
das CPVO … bestimmt, wann, wo und in welcher Menge und
Beschaffenheit das Material für die technische Prüfung sowie
Referenzmuster vorzulegen sind. Diese Bestimmung kann … nicht
dahin ausgelegt werden, dass sie das CPVO daran hindert, das zu
prüfende Pflanzenmaterial und die schriftlichen Nachweise
betreffend dieses Pflanzenmaterial getrennt anzufordern.“
Versendung zweier Schreiben war zulässig.
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I. Gala Schnitzer II.
Entscheidung des EuGH – C-534/10 P (19/12/2012)
Zur Frage ob ein Verstoß gegen Art. 55(4) GemSortVO vorliegt
„…angesichts des Umstands, dass das CPVO, …der … Ansicht war,
dass seine ursprüngliche Aufforderung Ungenauigkeiten enthalte,
oblag es dem CPVO, das KSB aufzufordern, ihm Pflanzenmaterial
zu übersenden, das den in einer neuen Aufforderung im Einzelfall
dargelegten Anforderungen entsprach... “
CPVO durfte dem Anmelder weitere Einreichung gestatten, weil es
sich „unklar ausgedrückt“ hatte.
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II. ‚Extrablatt, Extrablatt:
Deutschland verstößt gegen das Völkerrecht!‘
BPatG, Beschluss vom 06.09.2012 36 W (pat) 1/10 –
Waldrebsorte Fond Memories
http://juris.bundespatentgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bpatg&Art=en&Datum=20129&Seite=5&nr=23994&pos=83&anz=90&Blank=1.pdf
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Sachverhalt
23.04.2008:
Antrag auf Erteilung von nat. Sortenschutz für Clematis
florida „Fond Memories“
01.06.2004:
Erstmalige Abgabe von Vermehrungsmaterial/Erntegut
zu gewerblichen Zwecken in Großbritannien
Zurückweisung des Antrags durch Bundessortenamt, Widerspruch
durch Antragstellerin, Zurückweisung des Widerspruchs, Beschwerde
zum Bundespatentgericht (BPatG)
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Rechtsrahmen
Art. 6(1) UPOV 1991
„(1) [Kriterien] Die Sorte wird als neu angesehen, wenn am Tag der
Einreichung des Antrags auf Erteilung eines Züchterrechts
Vermehrungsmaterial oder Erntegut der Sorte
i) im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, in der der Antrag eingereicht
worden ist, nicht früher als ein Jahr und
ii) im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei als der, in der der
Antrag eingereicht worden ist, nicht früher als vier Jahre oder im Fall
von Bäumen und Reben nicht früher als sechs Jahre durch den
Züchter oder mit seiner Zustimmung zum Zwecke der Auswertung
der Sorte verkauft oder auf andere Weise an andere abgegeben
wurde.“
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Rechtsrahmen
Art. 6(3) UPOV 1991
„(3) ["Hoheitsgebiet" in bestimmten Fällen] Zum Zwecke des
Absatzes 1 können alle Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten
derselben zwischenstaatlichen Organisation sind, gemeinsam
vorgehen, um Handlungen in Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten
dieser Organisation mit Handlungen in ihrem jeweiligen eigenen
Hoheitsgebiet gleichzustellen, sofern dies die Vorschriften dieser
Organisation erfordern; gegebenenfalls haben sie dies dem
Generalsekretär zu notifizieren.“
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Rechtsrahmen
§ 6 Abs. 1 SortG
„(1) Eine Sorte gilt als neu, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der
Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines
Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb
folgender Zeiträume zu gewerblichen Zwecken an andere
abgegeben worden sind:
1. innerhalb der Europäischen Union ein Jahr,
2. außerhalb der Europäischen Union vier Jahre, bei Rebe (Vitis L.)
und Baumarten sechs Jahre.“
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Entscheidung
Zur Zulässigkeit
Beschwerde ist beim Bundessortenamt einzureichen – trotz des
scheinbar abweichenden Wortlauts von § 34 I SortG („findet die
Beschwerde an das Patentgericht statt“).
- Argument: Abhilfemöglichkeit gemäß §§ 36 SortG, 73 Abs. 3 S. 1 PatG.
Zustellung von Entscheidungen an ausländische Antragsteller (hier: in
die NL) hat per Einschreiben/Rückschein zu erfolgen.
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Entscheidung
Zur Begründetheit
Die Zurückweisung ist trotz eines Verstoßes gegen UPOV 1991
wirksam, denn § 6 Abs. 1 SortG (1997) ist rechtsgültig, obwohl die
Vorschrift gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen verstößt, die
Deutschland durch die Unterzeichnung von UPOV 1991 eingegangen
ist.
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II. Deutschland und das Völkerrecht
Entscheidung
Zur Begründetheit
Argumentationskette:
Art. 6(1) UPOV 1991 hat unverändert (im Vergleich zu den früheren
Akten) zum Ziel, nur Handlungen im „Antragsland“ zu erfassen, damit
die Sorten zunächst im Ausland erprobt werden können.
§ 6 Abs. 1 SortG knüpft entgegen der Regelung in Art. 6(1) UPOV aber
nicht an Gebiet der „Vertragspartei“ (= Deutschland), sondern an den
Vertrieb innerhalb der EU an.
20
II. Deutschland und das Völkerrecht
Entscheidung
Zur Begründetheit
Die Abweichung von § 6 Abs. 1 SortG zu UPOV 1991 lässt sich nicht
unter Rückgriff auf Art. 6(3) UPOV rechtfertigen. Die Voraussetzungen
von Art. 6(3) UPOV sind nicht erfüllt. Es fehlt schon an einem
„gemeinsamen Vorgehen der Mitgliedstaaten“.
Auch die Regelungen der GemSortVO erfordern keine Bezugnahme auf
das Gebiet der EU in § 6 Abs. 1 SortG. Das System des
gemeinschaftlichen Sortenschutzes besteht parallel zum und
unabhängig vom nationalen Sortenschutz in Deutschland.
21
II. Deutschland und das Völkerrecht
Entscheidung
Zur Begründetheit
Allerdings führt der Verstoß gegen UPOV 1991 nicht zur „Nichtigkeit“
von § 6 Abs. 1 SortG, denn
- UPOV gewährt keinen unmittelbaren Schutz für Bürger und
Unternehmen in den „Vertragsparteien“ (Ländern);
- es besteht kein Anwendungsvorrang von UPOV;
- es ist keine anderweitige Auslegung von § 6 Abs. 1 SortG (gegen
dessen Wortlaut) erlaubt, und
- es ist keine Rechtsfortbildung durch das Gericht wider den Wortlaut
des Gesetzes möglich.
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III. ‚Ohne Schutz nix los‘:
Sortenschutzverletzung durch Lizenzierung nicht
geschützter Sorte? –
LG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2012, 4a O 96/11
nicht online verfügbar
23
III. Ohne Schutz nix los
Sachverhalt
Der Kläger ist Inhaber Gemeinschaftssorte LEMON SYMPHONY der
botanischen Art Osteospermum ecklonis.
Der Beklagte ist Gärtnermeister und war ehemals als Züchter bei der
XY GmbH angestellt.
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III. Ohne Schutz nix los
Sachverhalt
Der Beklagte stellte am 26.11.2001 einen Antrag auf
gemeinschaftlichen Sortenschutz für SUMOST 01; ebenfalls eine
Osteospermum-Sorte.
Das CPVO hat den Antrag für SUMOST 01 zurückgewiesen, weil
diese Sorte mit Sorte LEMON SYMPHONY übereinstimme.
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III. Ohne Schutz nix los
Sachverhalt
Der Kläger nahm die XY GmbH wegen Verletzung der
Sortenschutzrechte an LEMON SYMPHONY vor den Düsseldorfer
Gerichten in Anspruch.
Die XY GmbH wurde wegen Sortenschutzrechtsverletzung verurteilt
(BGH, Urteil vom 23.04.2009 - Xa ZR 14/07). Nichtigkeitsverfahren für
LEMON SYMPHONY schwebt noch (s. unten IV.).
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III. Ohne Schutz nix los
Sachverhalt
Kläger behauptet, der Beklagte habe nicht nur XY GmbH, sondern
auch Dritten eine Lizenz an der Sorte SUMOST 01 erteilt, so dass auch
er für Sortenschutzverletzungen durch den Vertrieb der Sorte hafte.
Kläger verlangt Auskunftserteilung über mit Dritten abgeschlossene
Lizenzverträge für die Vermehrung / Vermarktung von SUMOST 01.
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III. Ohne Schutz nix los
Entscheidung
Zur angeblichen Haftung wegen Lizenzerteilung
„Voraussetzung eines derartigen Auskunftsanspruchs ist somit immer,
dass der Anspruchsgegner das Sortenschutzrecht des Anspruchstellers
verletzt.“
„Eine derartige Sortenschutzverletzung stellt die bloße
Lizenzgewährung …, auf welche sich der Kläger ausschließlich
bezieht, jedoch nicht dar, denn dabei handelt es sich um keine der in
Art. 13 Abs. lit. a) bis g) GemSortVO enumerativ genannten
Handlungen.“
28
III. Ohne Schutz nix los
Entscheidung
Artikel 13 GemSortVO
(2) … bedürfen die nachstehend aufgeführten Handlungen in Bezug auf
Sortenbestandteile oder Erntegut der geschützten Sorte … der
Zustimmung des Inhabers:
a) Erzeugung oder Fortpflanzung (Vermehrung),
b) Aufbereitung zum Zweck der Vermehrung,
c) Anbieten zum Verkauf,
d) Verkauf oder sonstiges Inverkehrbringen,
e) Ausfuhr aus der Gemeinschaft,
f) Einfuhr in die Gemeinschaft,
g) Aufbewahrung zu einem der unter den Buchstaben a) bis f) genannten
Zwecke.
29
III. Ohne Schutz nix los
Entscheidung
Zur angeblichen Haftung wegen Lizenzerteilung
Zum Sortenschutz bei noch nicht erteiltem Schutzrecht:
„Insbesondere setzt auch der in § 37 Abs. 3 SortG geregelte
Entschädigungsanspruch voraus, dass die entsprechende Sorte auch
tatsächlich erteilt wird…“
„Damit lässt sich jedoch auch nicht feststellen, dass der Beklagte mit
der durch den Kläger behaupteten Lizenzerteilung die Verletzung der
Klagesorte zumindest gefördert und damit eine Sortenschutzverletzung
mitverursacht hat.“
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III. Ohne Schutz nix los
Entscheidung
Zur angeblichen „Störerhaftung“
„Zwar ist auch derjenige ‚Verletzer‘ und damit tauglicher Schuldner
sämtlicher … Ansprüche, der die Verwirklichung des
Benutzungstatbestandes durch einen Anderen objektiv ermöglicht oder
fördert…, wobei für die Haftung grundsätzlich an jede vorwerfbare
Mitverursachung der Rechtsverletzung einschließlich der
ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße angeknüpft werden
kann...“
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III. Ohne Schutz nix los
Entscheidung
Zur angeblichen „Störerhaftung“
„Unabhängig davon, ob im Sortenschutzrecht … anders als im
Patentrecht an einer noch nicht erteilten Sorte überhaupt wirksam eine
Lizenz erteilt werden kann, bedurfte jedenfalls weder die XY GmbH
noch die XY B.V. einer derartigen Lizenz, denn mangels Erteilung des
Schutzes für die Sorte „SUMOST 01“ standen und stehen dem
Beklagten jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung
gegen diese keine Ansprüche wegen einer Sortenschutzverletzung zu“.
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IV. ‚Eine lange Geschichte‘ –
EuG, Urteil vom 18.9.2012 verb. Rs. T-133/08, T-134/08, T177/08, T-242/09
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=127061&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1458899
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IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Der Kläger ist Züchter unter Anmelder der Gemeinschaftssorte
SUMOST 01 der botanischen Art Osteospermum ecklonis.
Beklagt ist das CPVO.
Der Streithelfer ist Inhaber der Gemeinschaftssorte LEMON
SYMPHONY.
34
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Der Kläger stellte am 26.11.2001 einen Antrag auf gemeinschaftlichen
Sortenschutz für SUMOST 01.
Das CPVO hat den Antrag für SUMOST 01 zurückgewiesen, weil
diese Sorte mit Sorte LEMON SYMPHONY übereinstimme.
Allerdings zeigten sich zwischen der amtlichen Sortenbeschreibung
von LEMON SYMPHONY und späteren Beschreibungen Unterschiede;
z.B. ‚Haltung der Triebe‘: 1997 ‚aufrecht (1)‘ – 2002 ‚halbaufrecht bis
waagerecht (4)‘.
35
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Der Kläger beantragte zunächst die Aufhebung des Sortenschutzes für
LEMON SYMPHONY (kurz auch „LS“) wegen fehlender Beständigkeit,
Art. 21 GemSortVO.
Es stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei dem für die technische
Prüfung von LEMON SYMPHONY im Jahre 1997 „eingesandten
Vermehrungsmaterial … um knospige Verkaufsware handelt[e], die mit
Wachstumsregulatoren behandelt und gestutzt wurde.“ Die
ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung war nach Auskunft des
Bundessortenamtes daher gefährdet.
36
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
„Die technische Prüfung wurde später im Laufe des Jahres 1997
trotzdem durchgeführt, ohne dass das Bundessortenamt heute noch
bestätigen kann, ob sie unmittelbar an dem vom Streithelfer versandten
Pflanzenmaterial vorgenommen wurde oder an Stecklingen, die auf der
Grundlage dieses Materials gewonnen wurden, wie ein in der Akte
enthaltener handschriftlicher Vermerk vom 30. Januar 1997 zu
bestätigen scheint, der lautet: ‚Das Bundessortenamt hat Stecklinge
genommen, abwarten, TK 30/01/97‘.“
37
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Kläger beantragte daher Nichtigerklärung von LS nach Art. 20
GemSortVO. Diese habe nie in der beschriebenen Form existiert.
Im Jahr 2007 ändert das CPVO die Sortenbeschreibung von LS unter
anderem im Merkmal ‚Haltung der Triebe‘ von ‚aufrecht (1)‘ in
‚halbaufrecht bis waagerecht (4)‘.
Kläger legte Beschwerden ein gegen
die Änderung der Sortenbeschreibung LS, Zurückweisung des Aufhebungsantrags LS
und Zurückweisung von SUMOST 01 (Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08);
die Zurückweisung des Nichtigkeitsantrags LS (Verfahren EuG T-242/09);
38
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Verf. T-242/09 vor dem CPVO
- Beschwerdegründe des Klägers:
Die technische Prüfung von LEMON SYMPHONY sei nicht an
ordnungsgemäßen Pflanzenmaterial vorgenommen worden. Entweder
sei sie an behandelten Pflanzen oder an Stecklingen erfolgt. In beiden
Fällen seien die festgestellten Merkmalsausprägungen nicht dem
Genotyp der Sorte entsprungen. Daher sei Unterscheidbarkeit nach
Art. 7 GemSortVO nicht festgestellt worden und der Sortenschutz für
nichtig zu erklären. Es sei einer „nicht existierenden“ Sorte Schutz
erteilt worden.
- 23.01.2008: Mdl. Verhandlung und Zurückweisung der Beschwerde.
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IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zur Amtsermittlung in Nichtigkeitsverfahren
„Daher ist zunächst festzustellen, dass Art. 76 der Verordnung, der die
Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen betrifft, vom Wortlaut her
auf das Verfahren vor der Beschwerdekammer aufgrund einer
Beschwerde gegen eine Entscheidung des CPVO, mir der der Antrag
eines Beteiligten auf Nichtigerklärung des gemeinschaftlichen
Sortenschutzes abgelehnt wurde, nicht anwendbar ist, da dieses
Verfahren nicht unter die Art. 54 und 55 der Verordnung fällt.“
Kein Amtsermittlung im Nichtigkeitsverfahren
40
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zur Amtsermittlung in Nichtigkeitsverfahren
„Da ein Nichtigkeitsverfahren nicht von Amts wegen, sondern auf
Antrag eines Beteiligten eingeleitet wird, trägt dieser nach den Art. 76
und 81 der Verordnung in Verbindung mit ihrem Art. 20 die Beweislast
dafür, dass die Voraussetzungen der Nichtigerklärung erfüllt sind.“
„…ist es Sache der Partei, die sich auf die Nichtigkeit beruft, die
Tatsachen vorzutragen und die Beweise vorzulegen, aus denen sich
ihres Erachtens ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung
von Art. 20 der Verordnung erfüllt sind.“
41
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zur „Beibringungslast“ in Nichtigkeitsverfahren
„Teilt das CPVO ihre Auffassung nicht, hat diese Partei zumindest
konkrete und durch Beweise untermauerte Anhaltspunkte zur Stützung
ihres Vorbringens zu liefern.“
„Insoweit hält es das Gericht jedoch für angebracht, auf die
Beschwerdekammer des CPVO … die Rechtsprechung des
Gerichtshofs anzuwenden, nach der dem Antrag einer Partei auf
prozessleitende Maßnahmen nicht stattgegeben werden kann, wenn
sie keinen hinreichenden Anfangsbeweis anbietet, der die Anordnung
derartiger Maßnahmen gerechtfertigt erscheinen lässt.“
42
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zur gerichtlichen Nachprüfung in Nichtigkeitsverfahren
„Festzustellen ist vielmehr, dass der Kläger mit diesem Vorbringen,
anders als er geltend macht, in Wirklichkeit erreichen will, dass das
Gericht den Sachverhalt und die einschlägigen Beweise neu beurteilt.“
Was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist!
„Insoweit ist daher zu unterscheiden, ob die Tatsachenfeststellungen
und -würdigungen der Beschwerdekammer das Ergebnis komplexer
Bewertungen im Bereich der Botanik oder der Genetik sind, die
besondere Sachkenntnis oder besonderes wissenschaftliches oder
technisches Wissen erfordern.“
43
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zum geprüften Material und „allgemein bekannten Tatsachen“
„…genügt jedoch der Hinweis, dass die Beschwerdekammer mit ihren
Ausführungen … es sei „gängige Praxis, alle in einer Prüfung
verwendeten Sorten aus Stecklingen zu vermehren, die zum selben
Zeitpunkt gewonnen werden, um sicherzustellen, dass alle Materialien
dasselbe physiologische Alter aufweisen“, implizit, aber zweifelsfrei die
Feststellung getroffen hat, dass dies auch vorliegend der Fall war.“
44
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zum geprüften Material und „allgemein bekannten Tatsachen“
„Gestützt auf ihre eigene Erfahrung hat die Beschwerdekammer
nämlich festgestellt, dass die von ihr als „gängig“ eingestufte Praxis der
Vermehrung durch Stecklinge auf alle bei der technischen Prüfung
verwendeten Sorten angewandt werde, um sicherzustellen, dass alle
Materialien dasselbe physiologische Alter aufwiesen.“
45
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zu „allgemein bekannten Tatsachen“
„Es handelt sich hierbei um die Feststellung einer Tatsache, die die
Beschwerdekammer als allgemein bekannt ansieht. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs in Rechtsstreitigkeiten über die
Gemeinschaftsmarke brauchen die Stellen des HABM in ihren
Entscheidungen aber nicht den Beweis für die Richtigkeit allgemein
bekannter Tatsachen zu erbringen.“
„Daher ist diese Feststellung einer allgemein bekannten Tatsache
mangels Beweises des Gegenteils zu bestätigen.“
46
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘
„Nach den Angaben des Bundessortenamts ergibt sich die
Ausprägungsstufe „aufrecht“ für die Beschreibung des Merkmals
„Haltung der Triebe“ bei LEMON SYMPHONY im Jahr 1997 aus dem
Vergleich dieser Sorte mit den Referenzsorten im Versuchsanbau und
der Feststellung, dass LEMON SYMPHONY die „aufrechteste“ der
Sorten gewesen sei, an denen in jenem Jahr Versuche vorgenommen
worden seien.“
47
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘
„In der Folge hätten die zunehmende Zahl von Sorten der Art
Osteospermum ecklonis und die Änderung der Prüfungsrichtlinien das
Bundessortenamt veranlasst, eine Anpassung dieser Beschreibung
durch Angabe der Ausprägungsstufe „halbaufrecht bis waagerecht“
vorzuschlagen.“
48
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Zum Merkmal ‚Haltung der Triebe‘
„Es handele sich nicht um eine inhaltliche, die Identität der Sorte
berührende Änderung der Beschreibung, sondern um eine bloße
Änderung der ursprünglich gewählten Kennzeichnung, die nicht die
Identität der Sorte verändere, sondern nur ihre bessere Beschreibung
ermögliche, vor allem mittels ihrer Abgrenzung von anderen Sorten
derselben Art.“
„Das Gericht hält diese Erläuterungen für hinreichend ausführlich und
überzeugend, um dem Widerlegungsversuch, den der Kläger mit
seinem Vorbringen unternommen hat, ohne Weiteres standzuhalten.“
49
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-242/09
Die Klage in Sachen T-242/09 wird zurückgewiesen.
Das Rechtsmittel ist unter dem Aktenzeichen C-546/12 P beim EuGH
anhängig und auf sechs Rechtsmittelgründe gestützt.
Es bleibt abzuwarten, wie lange es bis zu einer Entscheidung durch
den Gerichtshof dauert.
50
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08 vor dem CPVO
- September 2007: telefonische Anfrage wegen Termin Anfang Dezember.
- 20.09.2007:
Kläger: Termin ist in diesen Sachen nicht sinnvoll,
bevor nicht über Nichtigkeitsantrag entschieden ist.
- 09.10.2007:
Vorankündigung der Ladung mit Bitte um
Empfangsbestätigung.
- 17.10.2007:
Entscheidung BeschwKammer: die Verfahren
werden nicht ausgesetzt.
- 19.10.2007:
Weitere Einwände des Klägers gegen mdl. Verhandlung.
51
IV. Eine lange Geschichte
Sachverhalt
Verf. T-133/08, T-134/08 und T-177/08 vor dem CPVO
- 29.10.2007:
Versendung der Ladung durch BeschwKammer.
- 06.11.2007:
Zugang der Ladung beim Kläger.
- 29.11.2007:
Mitteilung Kläger, dass er nicht an mdl. Verh. teilnimmt.
- 4.12.2007:
Mdl. Verhandlung und Entscheidung der BeschwKammer
ohne den Kläger.
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IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08
Zur Ladungsfrist und zur Ladung
„Vorliegend wird in den drei angefochtenen Entscheidungen weder vom
CPVO noch vom Streithelfer in Abrede gestellt und zudem von der
Beschwerdekammer ausdrücklich eingeräumt, dass die
Mindestladungsfrist von einem Monat gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 2 der
Durchführungsverordnung nicht eingehalten wurde.“
„Das Fax der Beschwerdekammer vom 9. Oktober 2007 kann nach
seiner Überschrift und seinem Wortlaut keinesfalls die Funktion einer
ordnungsgemäßen und fristgerechten Ladung des Klägers erfüllt
haben, zumal es nicht in der Verfahrenssprache abgefasst war und
seinem Empfänger nicht … zugestellt wurde.“
53
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08
Zur Ladungsfrist und zur Ladung
„Da diese Mindestladungsfrist nicht eingehalten wurde, wurde der
Kläger nicht ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der
Beschwerdekammer geladen.“
„Das Nichterscheinen des Klägers in dieser mündlichen Verhandlung
gestattete es der Beschwerdekammer daher nicht, das Verfahren in
seiner Abwesenheit fortzusetzen. Nach Art. 59 Abs. 2 der
Durchführungsverordnung darf das Verfahren nämlich nur dann in
absentia fortgesetzt werden, wenn ein „ordnungsgemäß“ geladener
Beteiligter nicht erschienen ist.“
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IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08
Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
„Der in den drei Rechtssachen geltend gemachte Klagegrund, mit dem
eine Verletzung dieser Vorschrift und des Anspruchs auf rechtliches
Gehör gerügt wird, ist somit begründet und ist geeignet, zur Aufhebung
der drei angefochtenen Entscheidungen zu führen.“
„Keines der Argumente des CPVO und des Streithelfers vermag dieses
Ergebnis in Frage zu stellen.“
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IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08
Zum Ausbleiben des Klägers in der Verhandlung
„Jedenfalls kann die Weigerung des Klägers, zur mündlichen
Verhandlung am 4. Dezember 2007 zu erscheinen, nicht als
rechtsmissbräuchlich betrachtet werden. Der Kläger hatte im Gegenteil
einen berechtigten und stichhaltigen Grund, die Aussetzung des
Verfahrens in den drei fraglichen Rechtssachen vor der
Beschwerdekammer zu beantragen, bis eine Entscheidung ergangen
ist, mit der das Nichtigkeitsverfahren beendet wird.“
56
IV. Eine lange Geschichte
Urteil in Sachen T-133/08, T-134/08 und T-177/08
Zur Durchführung der mdl. Verhandlung ohne den Kläger
„Der Kläger hatte somit einen berechtigten und stichhaltigen Grund,
sich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. Dezember
2007 zu widersetzen. Umgekehrt hat die Vorsitzende der
Beschwerdekammer, aus welchen tieferen Gründen auch immer, einen
unangemessenen oder sogar rechtsmissbräuchlichen Gebrauch von
ihren Befugnissen gemacht, indem sie trotz der vernünftigen und
stichhaltigen Einwände des Klägers daran festhielt, an diesem Termin
eine mündliche Verhandlung durchzuführen.“
57
V. ‚Ein guter Name setzt sich durch‘ –
HABM, Beschluss vom 19.12.12, Nr. 6590 C – DISCUS
http://oami.europa.eu/LegalDocs/Cancellation/en/C007089964_3216.pdf
58
V. Ein guter Name setzt sich durch
Sachverhalt
Gemeinschaftsmarke Nr. 7 089 964 „DISCUS” (Wort) (“CTM”) wurde am
25.07.2008 angemeldet und am 18.05.2009 für ‚lebende Pflanzen, Teile
lebender Pflanzen, Saatgut und Schnittblumen‘ in Klasse 31
eingetragen.
Am 07.05.2012 hat Antragsteller die Nichtigerklärung der CTM
beantragt. Zum einen wegen eines absoluten Schutzhindernisses nach
Art. 52(1)(a) GMV: die CTM sei rein beschreibend und damit in
Verletzung von Art. 7(1)(c) GMV eingetragen worden. Zudem beruft er
sich auf das relative Schutzhindernis unter Art. 53(2) GMV, nämlich eine
Verletzung des Gemeinschaftssortenschutzrechts Nr. 21483 “DISCUS”
nach Art. 53(2)(d) GMV. Die Sorte wurde am 17.12.2007 geschützt.
59
V. Ein guter Name setzt sich durch
Sachverhalt
Dem Nichtigkeitsantrag vorausgegangen war, dass der Inhaber der
CTM beim CPVO Einwendungen gegen die Festsetzung der
Sortenbezeichnung „DISCUS“ im Jahre 2010 für die
Gemeinschaftssorte Nr. 28986 „DISCUS” der botanischen Art Lolium
perenne L. erhoben hatte, so dass ein Verfahren über die Änderung der
Sortenbezeichnung eingeleitet wurde.
Trotz Aufforderung durch den Antragsteller wurden die Einwendungen
nicht zurückgezogen.
60
V. Ein guter Name setzt sich durch
Rechtliche Argumente
Der Antragsteller argumentiert, die CTM sei identisch mit der älteren
Sortenbezeichnung „DISCUS”, registriert als Gemeinschaftssorte Nr.
21483 der botanischen Art Triticum aestivum L. emend. Fiori et Paol.
(Winterweizen). Die Bezeichnung „DISCUS” sei daher rein
beschreibend für die von der Markenanmeldung erfassten Waren.
Zudem beruft sich der Antragsteller auf das relative Schutzhindernis,
d.h. eine Verletzung der Rechte an der Sortenbezeichnung „DISCUS“.
61
V. Ein guter Name setzt sich durch
„Intervention“ des CPVO
Das CPVO nahm den Fall zum Anlass, sich mit dem HABM in
Verbindung zu setzen. Dies hat dazu geführt, dass eine Änderung des
Handbuchs des HABM zur aktuellen Gemeinschaftsmarkenpraxis
vorgenommen wurde. Auf den Seiten 33 bis 35 wurden Regelungen
zum Umgang mit Sortenbezeichnungen und zur Nutzung des CPVO
Variety Finder durch die Prüfer des HABM aufgenommen.
62
V. Ein guter Name setzt sich durch
„Intervention“ des CPVO
Nach der Darstellung im Handbuch des HABM sollen
Sortenbezeichnungen in Anlehnung an Art. 20(1)(a) UPOV 1991 eine
generische Bezeichnung darstellen („Die Sorte ist mit einer
Sortenbezeichnung als Gattungsbezeichnung zu kennzeichnen“).
Nach Art. 7(1)(c) GMV sind von der Eintragung ausgeschlossen,
„Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen,
welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, … oder zur Bezeichnung
sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.“
63
V. Ein guter Name setzt sich durch
Entscheidung
„In the present case, applicant has shown that the word “DISCUS” is
registered for Triticum aestivum L. emend. Fiori et Paol. as a plant
variety under No 21 483 in the register of the CPVO. It was registered
on 17/12/2007 which is before the filing date of the contested CTM. The
contested CTM is registered for living plants and parts of living plants,
sowing seeds, cut flowers. These are all goods that have a direct link to
the plant variety in question. As the contested CTM is identical to the
registered plant variety, it must be considered descriptive at the time of
the application for the goods of the registration.”
64
V. Ein guter Name setzt sich durch
Wo ist der ‚Haken‘?
Im deutschen Markenrecht wurden Sortenbezeichnungen als absolute
Schutzhindernisse durch das SortG 1985 abgeschafft.
§ 13 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG eröffnet lediglich einen Löschungsanspruch
gegenüber prioritätsjüngeren Registermarken.
Es besteht nicht einmal ein Widerspruchsrecht, der Inhaber der
Sortenbezeichnung muss vielmehr Klage erheben.
65
V. Ein guter Name setzt sich durch
Wo ist der ‚Haken‘?
Anknüpfungspunkt ist Art. 4(4)(c) MarkenRL, der den Mitgliedstaaten
die Möglichkeit eröffnet, andere als Kennzeichenrechte als relative
Schutzhindernisse vorzusehen.
Kann die GMV in Ansehung der MarkenRL anders auszulegen sein?
Was ist in den einzelnen Mitgliedstaaten und mit nationalen Sorten?
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. GRUR wird aktiv.
66
VI. ‚Was ist denn jetzt noch?‘ –
EPA Vorlageverfahren G 2/12 – Getrocknete Tomate II
https://register.epo.org/espacenet/application?number=EP00940724&lng=en&tab=doclist
67
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Patentanmeldung ursprünglich für:
„1. ein Verfahren zum Züchten von Tomatenpflanzen, die Tomaten mit
verringertem Fruchtwassergehalt erzeugen, umfassend die Schritte:
1. Kreuzen von mindestens einer Lycopersicon esculentum-Pflanze mit einem
Lycopersicon spp., um Hybridsamen zu erzeugen;
2. Sammeln der ersten Generation von Hybridsamen;
3. Züchten von Pflanzen aus der ersten Generation von Hybridsamen;
68
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Patentanmeldung ursprünglich für:
4.
Bestäuben der Pflanzen der jüngsten Hybridgeneration;
5.
Sammeln der Samen, die von der jüngsten Hybridgeneration erzeugt
wurden;
6.
Züchten von Pflanzen aus den Samen der jüngsten Hybridgeneration;
69
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Patentanmeldung ursprünglich für:
7.
Gestatten, dass die Pflanzen über den Punkt des normalen Reifens
hinaus an dem Stängel verbleiben; und
8.
Durchmustern auf verringerten Fruchtwassergehalt, wie durch die
verlängerte Konservierung der reifen Frucht und Faltung der Fruchthaut
angezeigt.“
„15. Tomatenfrucht, gekennzeichnet durch eine Fähigkeit der natürlichen
Dehydratisierung, während sie sich auf einer Tomatenpflanze befindet…“
70
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA G1/08,
19.12.2010:
„1. A non-microbiological process for the production of plants which
contains or consists of the steps of sexually crossing the whole
genomes of plants and of subsequently selecting plants is in principle
excluded from patentability as being "essentially biological" within the
meaning of Article 53(b) EPC.”
71
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA G1/08,
19.12.2010:
„2. Such a process does not escape the exclusion of Article 53(b) EPC
merely because it contains, as a further step or as part of any of the
steps of crossing and selection, a step of a technical nature which
serves to enable or assist the performance of the steps of sexually
crossing the whole genomes of plants or of subsequently selecting
plants.”
Kein Schutz für Verfahren, welche die Kreuzung/Selektion von
Pflanzen beinhalten.
72
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Anschließend: Beschränkung des Patentanspruchs auf:
„A tomato fruit of the species Lycopersicon esculentum which is
naturally dehydrated, wherein natural dehydration is defined as
wrinkling of skin of the tomato fruit when the fruit is allowed to remain
on the plant after a normal ripe harvest stage, said natural dehydration
being generally unaccompanied by microbial spoilage.“
73
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen:
1. Kann sich der Ausschluss von im Wesentlichen biologischen
Verfahren zur Züchtung von Pflanzen in Artikel 53 b) EPÜ negativ
auf die Gewährbarkeit eines Erzeugnisanspruchs auswirken, der
auf Pflanzen oder Pflanzenmaterial wie eine Frucht gerichtet ist?
74
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen:
2. Ist insbesondere ein Anspruch, der auf Pflanzen oder
Pflanzenmaterial gerichtet ist, bei denen es sich nicht um eine
Pflanzensorte handelt, auch dann gewährbar, wenn das einzige
am Anmeldetag verfügbare Verfahren zur Erzeugung des
beanspruchten Gegenstands ein in der Patentanmeldung
offenbartes im Wesentlichen biologisches Verfahren zur Züchtung
von Pflanzen ist?
75
VI. Was ist denn jetzt noch?
Sachverhalt
Erneute Vorlage an Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen:
3. Ist es im Rahmen der Fragen 1 und 2 relevant, dass sich der
durch den Erzeugnisanspruchs verliehene Schutz auf die
Erzeugung des beanspruchten Erzeugnisses durch ein im
Wesentlichen biologisches Verfahren für die Züchtung von
Pflanzen erstreckt, das nach Artikel 53 b) EPÜ als solches nicht
patentierbar ist?
76
VI. Was ist denn jetzt noch?
Zum Rechtlichen
Die Einsprechende hat zwischenzeitlich ihren Einspruch
zurückgenommen, so dass lediglich über die Beschwerde des
Patentinhabers zu entscheiden ist. Daher wird – auch in
Stellungnahmen Dritter – geltend gemacht, dass es aus Rechtsgründen
ausgeschlossen sein sollte, dass die Technische Beschwerdekammer
die Situation des Patentinhabers gegenüber der Einspruchsabteilung
verschlechtert (Verbot der sog. reformatio in peius).
77
VI. Was ist denn jetzt noch?
Zum Rechtlichen
Vorläufige, nicht bindende Stellungnahme des Berichterstatters:
„On the contrary, the board of appeal would be entitled to decide in the
context of the main request that the exclusion from patentability of
essentially biological processes for the production of plants in Article
53(b) EPC is a bar to the patentability of a product claim for a plant
which is produced by an essentially biological process and deny
patentability of the product claims for that reason.“
Entscheidungen sind immer auch Ausdruck des Zeitgeists
78
VII. ‚Was soll das Kosten?‘ –
Update zu SUMCOL 01 – EuGH, Urteil vom
20.4.2010, C-38/09 P
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=81360&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1388355
79
VII. Was soll das Kosten?
Sachverhalt
Der Kläger hat die Sorte SUMCOL 01 der botanischen Art Plectranthus
ornatus im Jahr 2001 zum gemeinschaftlichen Sortenschutz
angemeldet.
Die Sortenschutzanmeldung wurde vom CPVO zurückgewiesen, da die
Sorte sich angeblich nicht deutlich von einer am Antragstag allgemein
bekannten Sorte unterschied.
Die vom Kläger erhobene Beschwerde wurde ebenfalls
zurückgewiesen.
80
VII. Was soll das Kosten?
Sachverhalt
Sowohl die Klage zum Gericht der Europäischen Union als auch das
Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Union waren erfolglos.
EuGH: „Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht… nicht zu
einer umfassenden Nachprüfung verpflichtet war; es konnte sich
vielmehr in Anbetracht der wissenschaftlichen und technischen
Komplexität auf die Kontrolle offensichtlicher Beurteilungsfehler
beschränken.“
81
VII. Was soll das Kosten?
Sachverhalt
Die Kosten wurden dem Kläger auferlegt.
CPVO macht in zweiter Instanz Kosten i.H.v. EUR 26.287,59 geltend.
- Anwaltskosten „pauschal EUR 15.000 “ für den ersten Anwalt im gerichtlichen
Verfahren (dieser ist später krankheitsbedingt ausgeschieden).
- EUR 2.000 für das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem ebenfalls ein Anwalt
tätig ist.
82
VII. Was soll das Kosten?
Zur Sache
Laufendes Verfahren, in dem sich zeigen wird:
- ob Vertretung durch ersten Anwalt tatsächlich stattgefunden hat (dieser wurde
gegenüber dem Gerichtshof nicht als solcher benannt);
- ob ein Pauschalhonorar von EUR 15.000,00 für die Vertretung „notwendig“
war;
- ob eine anwaltliche Vertretung des CPVO im Kostenfestfestsetzungsverfahren
zulässig ist bzw. deren Kosten zu erstatten sind;
- ob Anwaltshonorare zu Stundensätzen von EUR 350,00 und EUR 400,00
angemessen sind;
- inwieweit die geltend gemachten Kosten schon vorgerichtlich zu belegen sind.
83
VII. Was soll das Kosten?
Zur Sache
− Es gilt aber grundsätzlich:
„Da das Unionsrecht keine Gebührenordnung kennt, hat der EuGH
die Gegebenheiten des Einzelfalls frei zu würdigen und dabei das
wirtschaftliche Interesse der Parteien am Ausgang des
Rechtsstreits, den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine
Bedeutung im Hinblick auf das Unionsrecht sowie den
Schwierigkeitsgrad der Rechtssache und den Arbeitsaufwand, den
das streitige Verfahren den tätig gewordenen Bevollmächtigten
und Beiständen verursachen konnte, zu berücksichtigen.“
84
Fazit
85
Fazit
Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen
des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu
lassen.
Hinsichtlich „komplexer botanischer Sachverhalte“ besteht ein „weites
Ermessen“ des Gemeinschaftlichen Sortenamtes.
CPVO hat weites Ermessen auch bei Anforderung von Prüfmaterial.
Unklar ist, wann überhaupt vollständige Überprüfung durch das
Gericht stattfindet. Was sind „komplexe botanische Sachverhalte“,
was nicht?
86
Fazit
Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen
des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu
lassen.
Wenn die Entscheidung LEMON SYMPHONY/SUMOST 01 bestätigt
würde, wäre es möglich, dass das CPVO und das Gericht
europäischen Union allgemein bekannte Tatsachen ohne weitere
Prüfungsmöglichkeit (für den EuGH) unterstellen.
Es besteht ein immenses Kostenrisiko (Kostenerstattung); neben den
ohnehin erheblichen Kosten, die für die eigene sachgerechte
Vertretung anfallen.
87
Fazit
Es treten immer größere Hemmnisse auf, Entscheidungen
des Gemeinschaftlichen Sortenamtes gerichtlich prüfen zu
lassen.
Selbst bei erfolgreicher Klage erfolgt regelmäßig nur
Zurückverweisung, so dass die Verfahren fortgesetzt werden.
Immense Verfahrensdauer (4,5 Jahre von der ersten Klage im April
2008 bis zum Urteil des EuG am 18.09.2012).
88
Fazit
Im Heimatmarkt deutscher Züchter gelten „strengere“
Vorschriften zur Sortenschutzanmeldung als durch UPOV
vorgesehen.
Die Lizenzierung zum Sortenschutz angemeldeter Sorten
muss gesetzlich vorgesehen werden (national und
europäisch).
Die Sortenbezeichnung muss auch gesetzlich als absolutes
Schutzhindernis für „entsprechende“ Markenanmeldungen
vorgesehen werden.
Kommt es zur Patenterteilung für die „schrumpelige
Tomate“?
89
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