Antonio Stradivaris Violine - Institute of Music Acoustics (Wiener
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Antonio Stradivaris Violine - Institute of Music Acoustics (Wiener
U n iv e rsä tfü M u k d a ln e K stW i Institut für Wiener Klangstil Diplomarbeit aus dem Fach Instrumental- und Gesangspädagogik Antonio Stradivaris Violine “Ex Benvenuti, Ex Halphen” Eine Dokumentation der Geschichte und der akustischen Eigenschaften des Instruments Johanna Ensbacher Betreuer: Gregor Widholm, o. Univ.- Prof. Mag.art. Wien, Jänner 2009 Viva fui silvis; Fui dura occisa securi; Dum vixi, tacui; Mortua dulce cano! Als ich lebte, war ich im Wald; Mich fällte das harte Beil; Als ich lebte schwieg ich; Gestorben singe ich süß. Alte Geigeninschrift 2 In a h ltrzic e sv 1. Einleitung 5 2. Antonio Stradivari 7 2.1. Geburtsjahr und Ort 2.2. Lehre und Arbeitsverhältnis 2.3. Erste Ehe und Wohnsitz 2.4. Zweite Ehe und Sterbejahre 2.5. Erbe und Nachlass 2.6. Stradivaris Instrumente heute 2.7. Heute in Cremona 2.8. Schaffensperioden 8 9 11 13 14 15 16 17 3. Das Instrument „Ex Benvenuti“ 21 3.1. Fotos 21 3.2. Geschichte der „Ex Halphen, Ex Benvenuti, 1727“ 3.2.1. Bereits vorhandene Fakten 3.2.2. Verlauf der Nachforschungen 24 24 25 4. Besitzer der Ex Halphen, Ex Benvenuti 34 4.1. Sizilianische Familie 34 4.2. Halphen 4.2.1. Halphen und die Stradivari 4.2.2. Halphen Stiftung 4.2.3. „Fernand Halphen als Kind“ 4.2.4. Verkauf der Stradivari an Joseph Benvenuti 34 36 38 39 40 4.3. Benvenuti 4.3.1. Joseph Benvenuti 4.3.2. Diane Benvenuti 45 45 48 3 4.4. Maurice Hasson 4.4.1. Interview 4.4.2. Pressestimmern 4.4.3. Diskographie: Maurice Hasson 51 54 63 65 4.5. Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 4.5.1. Prof. Eckhard Seifert 4.5.2. Fragebogen 67 68 70 5. Echtheitszertifikate 73 5.1. W. Henry Hill, Arthur F. Hill, Alfred E. Hill, London 5.2. Etienne Vatelot, Paris 5.3. David R. Hill and Son, London 5.4. John and Arthur Beare, London 73 75 77 78 6. Akustische Eigenschaften der Violine 80 6.1. Laser Interfereometrie 6.1.1. Videos 6.6.2. Die ersten 20 Eigenmoden der Ex Benvenuti 6.6.3. Vergleich mit Untersuchungen von Martin Schleske 80 83 84 104 6.2. Admittanzmessungen 107 6.3. Die Hohlraumresonanz der Ex Benvenuti 112 7. Zusammenfassung 116 8. Literaturverzeichnis 117 9. Curriculum Vitae 121 10. Anhang 123 4 1 .E in le u tg Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Dokumentation der Geschichte und der akustischen Eigenschaften einer Violine (1727) von Antonio Stradivari. Seit dem Jahre 2005 befindet sich dieses Instrument im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung. Da die Geschichte dieser Violine viele Lücken aufwies trat die Privatstiftung mit der Bitte um weitere Nachforschungen an das Institut für Wiener Klangstil (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) heran. Prof. Widholm informierte mich über den Forschungsauftrag woraufhin ich wenig später mit großem Interesse mit der Arbeit begann. Mag. Hans Hammerschmied (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Wien) übergab dem Institut für Wiener Klangstil Kopien aller Unterlagen und der Echtheitszertifikate, welche sich in Besitz der Privatstiftung befinden. Diese Dokumente und weitere Informationen von Mag. Hans Hammerschmied bildeten den Ausgangspunkt für die folgenden Nachforschungen. Als Ziel der Arbeit wurde eine möglichst genaue Dokumentation des Instruments angestrebt. Es sollte sowohl die Geschichte des Instruments lückenlos aufgearbeitet werden, als auch die akustischen Eigenschaften des Instruments untersucht werden. 5 An dieser Stelle sei den vielen beteiligten Personen gedankt: Prof. Gregor Widholm, der als Leiter des Instituts und Betreuer der Arbeit unermüdlich mit Rat und Tat, mit Korrekturen, mit Hilfestellung und Trost bei aussichtslosem Stillstand der Forschungen mir zur Seite stand. Prof. Wilfried Kausel möchte ich für die Unterstützung bei den laserinterfereometrischen Untersuchungen danken. Mag. Hans Hammerschmied und Mag. Andrea Hammerschmied für die Chance, mir eine solche Forschungsarbeit zu ermöglichen. Albert Hammerschmied für seine wertvollen Recherchen in Paris und für die Übersetzung der französischen e- mails. Christine Eriks und Peter Biddulph sei gedankt für die Informationen die man nicht in Büchern findet und für Kontakte, die ohne sie nicht möglich gewesen wären. Meinen Eltern, Geschwistern, Freunden, insbesondere Josef Reif und Stefanie Rechnitzer möchte ich für das Verständnis und für die Ausdauer im Zuhören und Weiterhelfen danken. Ohne deren mentale Unterstützung wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. 6 2 .A to n iS ra d v „Der Meister aller Meister der Geigenmacherei, ein genialer Künstler, der nicht mehr erreicht und noch weniger übertroffen wurde.“1 „Der größte Meister aller Zeiten, dessen Ruhm von Guarneri del Gesu annähernd erreicht wird, der aber hinsichtlich der Produktivität und Vielseitigkeit der Kunst mit Stradivari sich nicht messen kann.“2 Abb. 1: Vermutliches Porträt von Antonio Stradivari, Hill, S. 285 Antonio Stradivari zählt aufgrund seines Bekanntheitsgrades zu den am meisten untersuchten und erforschten Geigenbauern. Obwohl die Archive in Cremona genauestens erforscht wurden, gibt es bis heute viele ungeklärte Details bezüglich seines Lebens und seiner beruflichen Laufbahn.3 Im folgenden Kapitel habe ich versucht die unterschiedlichen Meinungen und Aussagen zu sammeln. Lütgendorff, 826 Fuchs, S. 185 - 186 3 MGG, 1578 1 2 7 2.1. Geburtsjahr und Ort Stradivari entstammt einer angesehenen Cremoneser Familie deren Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Trotz des genauen Stammbaumes (siehe Anhang) gibt es keinerlei Aufzeichnungen über sein Geburtsdatum oder den Geburtsort. Möglicherweise verließ die Familie in diesen Jahren die Stadt aufgrund der herrschenden Pest.4 In den meisten Quellen wird angegeben, dass Antonio Stradivari im Jahre 1644 in einem Nebenort von Cremona geboren wurde. Aufgrund eines Zettels in einer Violine "fatto di anni 83“ aus dem Jahre 1727 galt dieses Geburtsjahr lange als richtig.5 Charles Beare spricht von der Geburt Stradivaris in oder um 1644, da Stradivari in der letzten Schaffensperiode sein Alter auf mehreren Geigenzetteln vermerkte. Doch der Geburtsort, die Umstände seiner Geburt und der Kindheit sind bis heute nicht geklärt.6 Neueren Forschungen zufolge kommen aber auch die Jahre 1648/ 1649 in Frage.7 Laut der Volkszählung im Jahre 1668 bewohnten Signor Stradivari (28), Signora Francesca seine Gattin (26)und Giulia Maria deren Tochter (3 Monate alt) dieses Haus.8 Aufgrund dieses Dokuments wäre das Geburtsjahr Stradivaris 1640. Durch die Ungenauigkeit der Angaben des Alters bei Volkszählungen ergeben sich weiters die möglichen Geburtsjahre 1647, 1646, 1648 und 1649.9 Kolneder, S. 135 Kolneder, S. 135 6 Beare, S. 23 7 Kolneder, S. 135 8 Hill, S. 10 9 Hill, S. 286 4 5 8 2.2. Lehre und Arbeitsverhältnis Hill nimmt an, dass Stradivaris Karriere bei Nicolo Amati im Jahre 1656 - 58 begann, da das Alter zum Beginn einer Lehre damals bei 12 bis 14 Jahren lag. Dass aus dieser Zeit keine von Stradivari signierten Instrumente vorliegen, liegt vermutlich an der Tatsache, dass Amati großen Wert auf Genauigkeit legte und alle aus seinem Hause kommenden Instrumente als Qualitätssiegel nur seinen Namen tragen durften. Erst der Fund einer frühen Violine aus dem Jahre 1666 von Antonio Stradivari beweist, dass er in der Werkstatt von Amati tätig war. Auf ihrem Zettel steht: „Alumnus Nicolai Amati, faciebat anno 1666“. Ab 1667 erwähnt Stradivari jedoch nicht mehr Amatis Namen, sondern hatte seine eigenen Zettel.10 Charles Beare findet hingegen keinerlei Hinweise, dass Stradivari sich vor seinem 20. Lebensjahr mit dem Geigenbau beschäftigt hätte und spricht von der Ausübung eines anderen Berufs. Da Stradivari im Hause des Handwerkers Pescaroli wohnte und die Werkstätten von Amati und Pescaroli nahe beieinander lagen, liegt die Vermutung nahe, dass Stradivari dadurch Kontakt zu Amati knüpfen konnte.11 Bei Kolneder wird von einer Überlieferung gesprochen, welche besagt, dass Stradivari als Tischlerlehrling gearbeitet haben soll und nur in seiner Freizeit bei Amati ausgeholfen hat.12 Hill, S. 25- 27 Beare, S.25 12 Kolneder, S. 135 10 11 9 Wiederum fragwürdig ist die genaue Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Amati, da es keinerlei Aufzeichnungen darüber gibt. Laut Hill könnte man aufgrund der fehlenden Instrumente aus dieser Zeit zu der Annahme kommen, dass Stradivari möglicherweise bis zum Jahre 1680 Amati in der Werkstatt half.13 Abbildung 2: Porträt aus wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Antonio_Stradivari 13 Hill, S. 31 10 2.3. Erste Ehe und Wohnsitz Aus einer Anzeige aus dem Jahr 1667 geht hervor, dass Antonio Stradivari Francesca Ferabosca heiratete.14 Er zog mit seiner Gattin in das Haus „Casa del Pescatore“ in Cremona. Im Jahre 1680 interessierte sich Stradivari für das Haus Nummer 1 auf dem Piazza Roma. Das Haus befand sich im Besitz der Cremoneser Familie Dicenardi und der Preis betrug 7000 Lire. Laut Kaufvertrag hat Antonio Stradivari 2000 Lire bar bezahlt und den Rest auf 4 Jahre zurückgezahlt. Mittlerweile hatte das Ehepaar 5 Kinder, wovon ein Sohn schon im Kleinkindalter verstorben ist.15 Stradivari beschreibt das Haus als schmal mit Erdgeschoß und 2 Stöcken, Dachboden und großen Kellerräumen. Im Erdgeschoß befanden sich der Verkaufsraum, das Wohnzimmer und die Küche. Am anderen Ende des Hofes gab es einen Abstellraum. Im ersten Stock gab es 4 Zimmer und im 2. Stock 3 Zimmer. Der Dachboden unter dem Flachdach war zum Trocknen von Früchten und Bettwäsche vorgesehen. Antonio Stradivari benützte ihn jedoch zum Trocknen der lackierten Instrumente.16 Hill, S. 8 Hill, S. 10 16 Hill, S. 10- 13 14 15 11 Abbildung 3: Stradivaris Haus Piazza S. Domenico, Hill, S. 9 Abbildung 4: Grundriss, Piazza S. Domenico, Hill, S. 11 Dieses Haus blieb bis 1888 so erhalten, bis die Besitzer des benachbarten Cafes bauliche Neuerungen vornahmen und einen Billard Raum im Erdgeschoß des Stradivari Hauses einrichteten. Bei den Umbauarbeiten wurde eine Truhe mit Stradivaris eingravierten Namen und dessen Familienwappen und ein kleines Stück Eisenerz in Form eines Eckzahns gefunden. Laut Hill verwendete es Stradivari wahrscheinlich zum Polieren. Diese beiden Funde und die Brustwehr des Brunnens vom Garten sind heute im Städtischen Museum in Cremona zu finden.17 Am 20. Mai 1698 stirbt Francesca Ferabosca. Sie wurde in der Kirche San Domenica beigesetzt. Den Dokumenten zufolge war es ein sehr aufwändiges Begräbnis, was zu dieser Zeit eher unüblich war. 17 Hill, S. 10- 14 12 Dem Begräbnis wohnten 14 Priester und ein Chorjunge, 36 Dominikanische Patres, 16 Franziskaner Patres, 31 Patres aus der Gemeinde San Angelo, 27 Patres aus San Luca, 21 Patres aus San Salvatore, 19 Patres aus San Francesco, Waisen, Bettler und Fackelträger bei.18 2.4. Zweite Ehe und Sterbejahre Im darauf folgenden Jahr (1699) heiratet Stradivari Antonia Zambelli. Aus dieser zweiten Ehe gehen 5 Kinder hervor, davon 4 Söhne und eine Tochter. Anscheinend verlief seine zweite Ehe problemlos und unkompliziert, da er in dieser Zeit sehr intensiv an seinen Instrumenten arbeitete. Die beiden Söhne Ombono und Francesco aus erster Ehe wollten in die Fußstapfen des Vaters treten, standen jedoch immer in seinem Schatten.19 Charles Beare kommt zu der Annahme, dass die beiden Söhne nur die groben Arbeiten verrichten durften. Die Feinarbeit und die Vollendung der Instrumente übernahm Stradivari selbst.20 1727 verlor Stradivari seinen 24 Jahre alten Sohn G. B. Martino. Laut Hill war das für ihn möglicherweise der Anlass sich um ein Familiengrab zu kümmern. Er erwarb eine kleine Kapelle in der Kirche San Domenico. Der Grabstein trägt den Namen der Familie der vormaligen Besitzer, Familie Villani, aber das Wappen der Stradivaris.21 Hill, S. 15- 17 Hill, S. 17- 18 20 Beare, S. 28- 29 21 Hill, S. 18- 19 18 19 13 Am 4. Mai 1737 verstarb Antonia Zambelli im Alter von 73 Jahren und nur wenige Monate später am 18. Dezember 1737 folgte ihr Antonio Stradivari im Alter von 93 Jahren. Sein Leichnam wurde am Tag darauf im Familiengrab beigesetzt.22 2.5. Erbe und Nachlass Der ältere Sohn Francesco (1671- 1743) führte gemeinsam mit seinem Bruder Ombono (1679- 1742) die Werkstatt weiter. Doch die beiden Söhne Stradivaris wagten nicht Instrumente, ohne Vermerk auf den Vater, zu verkaufen. Ein Beispiel dafür sind die Geigenzettel: „Hombonus Stradivarius/ sub disciplina A. Stradivari 1725“ und „Revisto e Corretto da me Antonio Stradivari in Cremona 1720“ (nachgesehen und korrigiert von…).23 Die beiden Brüder vererbten alles an Paolo (1708- 1776), den jüngsten Sohn aus zweiter Ehe. Im Nachlass befanden sich 91 Geigen, welche während der folgenden 30 Jahre allmählich verkauft wurden. Im Jahre 1755 waren nur noch 10 Geigen übrig (davon waren 2 von Francesco Stradivari). Count Cozio di Salabue (1755- 1840), ein Edelmann und Sammler aus der Umgebung von Turin, erwarb die restlichen Instrumente und außerdem noch Formen, Schablonen und Werkzeug aus dem Nachlass Stradivaris. In weiterer Folge vererbte Count Cozio das Erworbene an seinen Neffen, den Marquis Dalla Valle. Von der Familie des Marquis wurde der Nachlass an den Geigenbauer Guiseppe Fiorini weitergegeben und dieser wiederum gab Antonio Stradivaris 22 23 Hill, S. 19- 21 Kolneder, S. 143 14 Nachlass an die Stadt Cremona weiter. Dort sind die Stücke heute noch im Palazzo Communale zu sehen.24 Weiters ist der Stradivari Nachlass im Ala Ponzone zu finden und in gebundener Form bei Simone F. Sacconi „Die ‚Geheimnisse’ Stradivaris“.25 2.6. Stradivaris Instrumente heute Von Antonio Stradivari sind heute noch ungewöhnlich viele Instrumente erhalten. Der Grund dafür könnte sein, dass sie schon zu einem frühen Zeitpunkt direkt in den Besitz von Berufsmusikern kamen, welche die Instrumente zu schätzen wussten. Geiger wie Alard, Auer, Baillot, Beriot, Böhm, Dancla, David, de Vito, Dushkin, Flesch, Heifetz, Joachim, Kreisler, Kreutzer, Kubelik, Marsick, Menuhin, Milstein, Oistrach, Paganini, Rode, Rostal, Sarasate, Schneiderhan, Sevcik, Spohr, Stern, Suk, Szeryng, Vieuxtemps, Viotti, Wieniawski, Ysaye,… spielten eine Stradivari.26 Wie viele Instrumente Stradivari gebaut hat und wie viele heute noch erhalten sind, ist nicht geklärt. Es gibt Vermutungen bzw. Berechnungen von August Riechers, der von 3000 Instrumenten spricht. Wiliam Henley gibt 1000 und die Brüder Hill geben 1116 Instrumente an. Im Allgemeinen wird von insgesamt 1200 Instrumenten (600 Violinen, 12 Bratschen, 50 Celli, kein Kontrabass, Harfe, Gitarre, Pochette,…) gesprochen. Unterschiedliche Ansichten Beare, S. 31 Sacconi, Titel 26 Kolneder, S. 140 24 25 15 gibt es auch bei der Zahl der registrierten Instrumente. Ernest Doring gibt 509 Instrumente an, Henley spricht von 400 Violinen und die Brüder Hill sprechen von 600 Instrumenten und nahmen an, dass noch weitere 100 existieren.27 2.7. Heute in Cremona Leider ist das Grab der Familie Stradivari nicht mehr erhalten, da die Kirche San Domenico 1869 abgerissen wurde und die Gebeine zur „Entsorgung“ vor die Stadt gebracht wurden. Abbildung 5: Kirche San Domenico beim Abriss 1869, Hill, S. 22 27 Kolneder, S. 138 16 Der Grabstein ist aber im Städtischen Museum zu finden. Anstelle der Kirche, im jetzigen Park, steht eine Gedenktafel.28 „HERE WHERE FORMERLY STOOD THE CONVENT AND CHURCH OF THE DOMINICAN INQUISITORS THE TOWN COUNCIL HAVE PROVIDED A PLESANT PROSPECT OF TREES AND FLOWERS 1878“ Das Haus von Antonio Stradivari ist am Piazza Roma in umgebauter Form zu finden. Die Inschrift an Stradivaris Haus lautet:29 „HERE STOOD THE HOUSE IN WHICH ANTONIO STRADIVARI BROUGHT THE VIOLIN TO ITS HIGHEST PERFECTION AND LEFT TO CREMONA AN IMPERISHABLE NAME AS MASTER OF ITS CRAFT“. 2.8. Schaffensperioden Die frühesten Instrumente, die von Antonio Stradivari erhalten sind, stammen aus dem Jahre 1666, 1667 und 1669. Davor sind keine Instrumente bekannt, welche charakteristische Merkmale von Antonio Stradivari aufweisen. Hart vermerkt jedoch in seinem Buch „The Violin“, (London, 1887), dass Lancetti erwähnt hätte, dass aus dem Jahre 1665 und 1666 Instrumente existieren, die den Namen 28 29 Hill, S. 21- 24 Hill, S. 24 17 von Amati tragen, aber seiner Meinung nach von Stradivari angefertigt wurden.30 Man kann also nur Vermutungen anstellen, wann er tatsächlich unter seinem eigenen Namen zu arbeiten begonnen hat. Sehr wahrscheinlich ist das Jahr 1680 als er das Haus am Piazza Roma erwarb. Da aus dieser Zeit sehr wenige Instrumente erhalten sind, gehen die Hills davon aus, dass Stradivari Amati sehr lange zur Hand ging. Nach Amatis Tod soll er die Werkzeuge, die Modelle und Vorlagen nicht seinem Sohn Hieronymus, sondern Stradivari vermacht haben.31 Bis 1684 arbeitete Stradivari mit kleineren Modellen als sein Meister Amati dies tat. Möglicherweise lag es daran, dass die damaligen Geiger den strahlenden und leichteren Ton bevorzugten. Ab dem Jahre 1683- 1689 begann Stardivari die Dimensionen eher an das „grand“ Amati Modell anzugleichen. Da der Einfluss Amatis im weitesten Sinne in dieser Schaffensperiode nachzuweisen ist, wird sie als „Amatise“ bezeichnet. In dieser Zeit erlangte er die Perfektion seines Handwerks.32 Im Jahre 1690 kreierte Antonio Stradivari „The long Strad“. Innerhalb der nächsten 10 Jahre experimentierte er mit langen Modellen in denen er über 19 verschiedene Formen entwarf. Beeinflusst wurde er wahrscheinlich von Magginis Instrumenten, welche einen strahlenden Klang kombiniert mit einer Fülle von Kraft aufweisen.33 Hill, S. 29- 39 Hill, S. 29- 39 32 Hill, S. 29- 39 33 Hill, S. 40- 45 30 31 18 Nach dieser experimentellen Phase in der Stradivari viel Erfahrung gesammelt hat, begann ab 1700 die „Goldenen Periode“. Charakteristisch für diese Periode ist die besondere Berücksichtigung des Materialaspektes. Die mechanischen und akustischen Eigenschaften des Holzes führten zu unterschiedlich ausgearbeiteten Decken- und Bodenstärken.34 In dieser Periode entstehen Violinen wie die „Vieuxtemps“, „Dolphin“, „Boissier“, „Batta“, „Alard“, „Messie“, „Dancla“, „Sarasate“, „Titan“, „Tartini“, „Wieniawski“,… In dieser Zeit schuf Stradivari mehr Instrumente als in irgendeiner seiner anderen Schaffensperioden. Obwohl man über Stradivaris Tagesablauf wenig weiß, muss man Wohl durch die Fülle an Instrumenten zur Annahme kommen, dass er unermüdlich Tag für Tag daran gearbeitet haben muss.35 Der mittlerweile 77 jährige Geigenbauer erbaut in den Jahren 1725 bis 1727 beeindruckende Violinen von höchster Qualität. Trotz der abnehmenden handwerklichen Sicherheit arbeitet Stradivari unermüdlich weiter. Eines der Instrumente trägt sogar die Inschrift „fatto di anni 83“ (erbaut im Alter von 83 Jahren).36 In der letzten Schaffensperiode (1730- 1737) entstanden sehr unterschiedliche Instrumente. Hill schreibt, dass Stradivari aufgrund des hohen Alters seine Arbeit nicht mehr so genau durchführen konnte wie in den Jahren zuvor. Ein typisches Beispiel eines Spätwerks ist die „Muntz“ Violine (1736). Hill weist auf eine Niederheitmann, S. 128- 129 Hill, S. 58- 65 36 Hill, S. 81 34 35 19 Entkräftung und Ungenauigkeit Stradivaris hin, obwohl seine langjährige Erfahrung unverkennbar ist.37 Weitere Instrumente aus dieser Zeit sind die „Habeneck“, die Violine von M. Ysaye und die „Kreutzer“ Stradivari. Die „Ungenauigkeit“ dieser Instrumente ist jedoch nur im Vergleich mit nahezu perfekten Instrumenten aus den vorangegangenen Epochen erkennbar.38 Bei Niederheitmann ist nachzulesen, dass Stradivari nun mehr als zuvor seine Gehilfen in die Arbeit mit einbezogen hat. Doch die Instrumente wurden nur von ihm eigenhändig fertig gestellt. Einige wenige Instrumente tragen die Bezeichnung „sub disciplina“ oder „sotto la disciplina di Antonio Stradivari“ woraus hervorgeht, dass er sehr streng war, nur das mit seinem Namen zu bezeichnen, was er auch tatsächlich gemacht hat.39 Hill, S. 86- 89 Hill, S. 86- 89 39 Niederheitmann, S. 129- 130 37 38 20 3 .„ExH a lp e h n x ,E B v u ti“ 3.1. Fotos Abbildung 6: Foto Decke, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung 21 Abbildung 7: Foto Boden, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung 22 Abbildung 8: Foto Seitenansicht, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung Abbildung 9: Foto Schnecke, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung 23 3.2. Geschichte der „Ex Halphen, Ex Benvenuti, 1727“ 3.2.1. Bereits vorhandene Fakten40 Die Violine „Ex Halphen, Ex Benvenuti“ wurde im Jahre 1727 von Antonio Stradivari in Cremona gebaut. Aufgrund einer Notiz von Alfred Hill ist bekannt, dass die Geige von ca. 1825- 1889 im Besitz einer sizilianischen Familie war. Der Name ist in der Notiz nicht vermerkt. 1889 brachte Signore Senderi die Violine nach London zu W.E. Hill and Sons, welche sie um 600 Pfund erwarben. 1890 kauft H.C. Silvestre, ein sehr angesehener Geigenhändler und -bauer in Paris, die Stradivari um 800 Pfund (20 000frs.). Dieser verkaufte die Violine weiter an Monsieur Halphen für 24 000 frs. wobei erwähnt werden sollte, dass der Geigenhändler 22 000 frs. erhielt und Marsick, der Lehrer von Monsieur Halphen, 2 000 frs. Vermittlungsprovision erhielt. Monsieur Halphen starb im 1. Weltkrieg, die Violine blieb bis 1965 in Familienbesitz. Im Jahre 1965 erwarb Diane Benvenuti, eine Pariser Geigenprofessorin, das Instrument um sie an Schüler zu vermieten. Ihr Schüler Maurice Hasson begann 1973 darauf zu spielen. Vier Jahre später kaufte er die Violine. Maurice Hasson spielte auf der Violine bis zum Jahre 2005. 2005 wurde die Ex Benvenuti von der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung, Wien angekauft. Seit dem 20. Juli 2005 befindet sich die Violine als Leihgabe bei den Wiener Philharmonikern in den Händen von Prof. Eckhart Seifert.41 40 41 John and Arthur Beare, Brief vom 11. Juli 2005 Information Stiftungsunterlagen 24 3.2.2. Verlauf der Nachforschungen Die derzeitige Besitzerin der Ex Benvenuti Stradivari ist die Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung. Nachdem das dort vorhandene Dokumentationsmaterial zu diesem Instrument viele Lücken aufweist, bekam ich die Chance, im Rahmen meiner Diplomarbeit Recherchen zu den fehlenden Teilen durchzuführen. Da der Verkauf dieses Instrumentes über John & Arthur Beare erfolgte, bot es sich an mit Frances Gillham, eine der Direktorinnen, Kontakt aufzunehmen. In einer e- mail vom 4. Sept. 07 ersuchte ich Frances Gillham mir die entsprechenden Kontaktdaten des Vorbesitzers Maurice Hasson zu nennen. Sie verweigerte jedoch die Herausgabe der Daten mit dem Hinweis, Hasson wolle mit niemanden über die Angelegenheit sprechen. Sie sei aber bereit eventuelle Fragen an Hasson weiterzuleiten und seine allfällige Antwort mir zukommen zu lassen. Daraufhin entwarf ich einen ausführlichen Fragebogen (siehe Anhang) den ich Frau Gillham per e- mail zusandte. Am 6. Dez. 07 erhielt ich von ihr ein Antwort Mail, in dem nur Bruchstücke von Informationen zu den im Fragebogen angeführten Punkten enthalten waren. Frau Gillham erklärte mir, dass sie den gesamten Fragebogen an Hasson nicht weitergeleitet hätte, da er angeblich keine Details veröffentlicht haben wollte. In einem e- mail am 20.11.07 versuchte ich mein Glück bei Dietmar Machhold („Machold Rare Violins“) und formulierte mein Anliegen. Die Suche führte mich zu ihm, weil Herr Machhold angeblich einen Teil des Archivs von W.E. Hill and Sons aufgekauft hätte. Doch leider konnte er mir nicht weiterhelfen. 25 Vorerst gab ich mich damit zufrieden und versuchte über eine andere, in den Unterlagen der Stiftung angeführte Person, Frau Prof. Diane Benvenuti etwas in Erfahrung zu bringen. Im Jänner 2008 fragte ich nochmals bei Frances Gillham nach, ob über Diane Benvenuti Dokumente in London zu finden wären. Gleichzeitig erklärte ich meine Bereitschaft nach London zu kommen um vor Ort zu recherchieren. Aber ich bekam zur Antwort, dass es in London keine relevanten Dokumente gäbe und ich mich an das Pariser Konservatorium wenden solle. Da mir keine Kontaktperson bekannt war, wandte ich mich an das Außeninstitut der MDW und erfuhr von Frau Ulla Wanner (Geschäftsführerin der ECMA- European Chamber Music Academy) die entsprechenden Kontaktdaten von Frau Amudssen Gretchen, die für Außenbeziehungen und Kommunikation am „Conservatoire National Supérieur de Paris“ zuständig ist. Am 10. Dez. 07 kam die Rückmeldung aus Paris, dass Frau Benvenuti nicht am Conservatoire National Supérieur de Paris unterrichtet hätte und man auch nicht wüsste, wo sie sonst ihrer Unterrichtstätigkeit nachgegangen sei. Nun stellte sich für mich die Frage, wo eine Professorin in Paris sonst noch unterrichten könnte. Da ihr Schüler Maurice Hasson relativ bekannt und erfolgreich ist, ging ich davon aus, dass es sich um eine renommiertere Einrichtung handeln muss. Darüber hinaus verfügte sie ja offensichtlich auch über die entsprechenden finanziellen Mittel, ein Instrument von so hoher Qualität für einen Schüler anschaffen zu können. Da ich noch nie in Paris war und auch nicht mit dem hiesigen Unterrichtssystem vertraut war, fragte ich bei einer Freundin- Aurore Cany, die am „Conservatoire 26 National Supérieur de Paris“ studiert hat, nach, ob sie mir eventuell weiterhelfen könnte. Auf meine Fragen ob sie den Namen Diane Benvenuti schon einmal gehört hätte, oder wisse ob es in Paris eine ähnliche Einrichtung wie das Conservatoire gebe, schüttelte sie nur den Kopf. Laut ihrer Aussage findet man alle, die auf diesem Level Musik studieren am Conservatoire. Es gäbe viele andere kleinere Institutionen, die aber keine gemeinsame übergeordnete Organisation haben. Also schwer zu finden sind. Die Geigenbauerin Christine Eriks (Wien) brachte mich auf die Idee David Hill zu kontaktieren. Als Mitglied der Hill Familie und Besitzer der „Private Diaries“ erhoffte ich mir von ihm weiterführende Informationen zu erhalten. Leider fanden sich in seinem privaten Archiv keinerlei zweckdienliche Angaben wie z.B.: Adresse von Diane Benvenuti, Rechnungen oder Dokumente die Ex Benvenuti betreffend oder Hinweise zur sizilianischen Familie in deren Besitz sich das Instrument ca. 1825 - 1889 befand. David Hill verwies mich nur an das Buch „A. Stradivari- His life and work“, welches ich zu dem Zeitpunkt schon gelesen hatte. Er übermittelte mir nochmals die Daten die er über die Ex Benvenuti besaß. Diese stimmten exakt mit denen überein, die ich von der Stiftung erhalten habe. In den Unterlagen der Stiftung entdeckte ich in einer Notiz von Alfred Hill, dass er im Jahre 1931 die Witwe von Monsieur Halphen besuchte und die Geige besichtigte. Ich hoffte, dass in den privaten Aufzeichnungen der Hills eine Adresse der Halphens zu finden sein könnte. Daher schrieb ich im 7. Juni erneut ein e - mail an Mr. David Hill, erhielt jedoch am 10. Juni die Nachricht, dass es keine Aufzeichnungen bezüglich der Adresse gibt. 27 Zeitgleich versuchte ich mit Monsieur Etienne Vatelot über VatelotRampal, Paris Kontakt aufzunehmen. Im Besitz der Stiftung befindet sich nämlich ein Echtheitszertifikat von Etienne Vatelot. Ich hoffte, dass ich von ihm eine Adresse von Diane Benvenuti oder Monsieur Halphen in Paris erhalten könnte. Leider erhielt ich auf zwei e- mails (englisch) und auf einem eigens zu diesem Zweck ins französische übersetzten Brief, keine Antwort. Anlässlich Prof. Widholms Teilnahme an einem internationalen Kongress in Paris besuchte er Ende Juni die Geigenwerkstatt Vatelot- Rampal. Monsieur Rampal bestätigte den Erhalt der emails und Briefe und meinte, dass er mit dem sich mittlerweile im Ruhestand befindlichen Etienne Vatelot darüber gesprochen hätte. Dieser könne sich jedoch aufgrund seines Alters und der unzähligen Gutachten, die er im Laufe seines Lebens erstellt hätte, nicht mehr an alle Details erinnern. Ein weiterer Ansatzpunkt war der Vorbesitzer der Ex Benvenuti, Maurice Hasson. Den Stiftungsunterlagen konnte ich entnehmen, dass es sich um einen Londoner Geigenprofessor handelte, der sich oft in Venezuela und Paris aufhielt. Ich durchsuchte das Londoner Telefonbuch und fand tatsächlich eine Adresse und Telefonnummer, wobei ich nicht genau wusste ob es sich um den „Geiger“ Hasson handelt. Da Frances Gillham seine Adresse und Telefonnummer mir gegenüber unter Verschluss hielt, war ich eher skeptisch, im öffentlichen Telefonbuch tatsächlich fündig zu werden. Die ersten fünf Anrufe waren erfolglos, da sich unter diesem Anschluss niemand meldete. Ich ließ mich nicht entmutigen und rief 28 diese Nummer immer wieder an. Angeblich soll er noch immer als Solist aktiv sein und sich des Öfteren länger im Ausland aufhalten. Am 16. August 08 war es dann soweit. Maurice Hasson war zu Hause, hob ab und ich konnte völlig problemlos einen Interview Termin in seiner Wohnung in London für den 29. August um 17.00 vereinbaren. Die Erkenntnisse des Interviews führten zu weiteren Nachforschungen. Denn im Gespräch hat sich ergeben, dass nicht Frau Diane Benvenuti eine Geigenlehrerin war, sondern ihr Gatte Herr Joseph Benvenuti als Klavier- und Kammermusiklehrer am Pariser Konservatorium tätig war. Frau Benvenuti stammt der Familie Rothschild ab und war Zeit ihres Lebens eine Förderin junger Musiktalente. Um über Herrn Joseph Benvenuti weitere Informationen zu erhalten, schrieb ich erneut an Frau Gretchen Amudssen, die Dame im Pariser Konservatorium, die für die Außenbeziehungen zuständig ist. Auf die Anfrage bezüglich Herrn Joseph Benvenuti erhielt ich am 11.9.08 weitere Informationen von Frau Sophie Levy aus dem Archiv des Pariser Konservatoriums. In meiner Antwort ersuchte ich nach einigen Dankesworten um ein Foto von Herrn Benvenuti, die mir bald per e- mail zugesandt wurden. Über Frau Diane Rothschild versuchte ich im Londoner Rothschild Archiv Informationen zu finden. Da die Dokumente ab 1930 unter Verschluss gehalten werden wurde ich dort nicht fündig. 29 Durch die Übersetzungen von Briefen, die sich im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung befinden, wurde der Stammbaum der Halphen Familie klar. Eine Unterschrift, die ein Doppelname war (Abb. 16), gab den Hinweis darauf. Eine Internetrecherche hat in Folge weitere Informationen gebracht. Am 13.9.08 erhielt ich per e- mail das korrigierte und erweiterte Interview von Janet de Hasson. Im Mail enthalten waren auch Zeitungsausschnitte aus diversen Ländern (siehe Anhang) welche Frau Hasson mitschickte, da sie dachte, es könnte mir bei meiner Arbeit behilflich sein. Durch Internetrecherche nach Herrn Joseph Benvenuti ergab sich der Kontakt zu Frau Veronica Jochum von Moltke, die bei Herrn Benvenuti in Paris studiert hat. Da die Pianistin im Oktober 08 in Linz zu tun hätte, wäre sie bereit in einem Interview über Ihren Lehrer zu erzählen. Leider war es aus terminlichen Gründen nicht möglich ein Treffen in Linz zu vereinbaren, der Kontakt blieb aber bestehen und wir verschoben unser Treffen auf ihren nächsten Aufenthalt in Deutschland, den 8. oder 9. November 08. Abbildung 10: Veronica Jochum von Moltke, www.veronicajochum.com 30 In der Zwischenzeit formulierte ich die Fragen, die ich Frau Veronica Jochum von Moltke stellen wollte und sandte ihr diese per e- mail zu. Am 10. November 08 erhielt ich einen Anruf von Frau Veronica Jochum von Moltke. Sie meinte, dass es nicht nötig wäre nach München zu fahren, da sie auf meine Fragen keine detaillierten Antworten geben könnte. Außerdem hat sie durch ihre rege Konzerttätigkeit sehr viel zu tun und bräuchte die Zeit zum Üben. Die Antworten auf meine Fragen notierte ich also während unseres Telefongesprächs. Am 22. November erhielt ich einen Anruf von Herrn Mag. Hammerschmied, der mir Hilfe bezüglich Paris anbot. Sein Sohn Albert würde demnächst die Stadt besuchen und könnte dort eventuell einiges für mich erledigen. In einem e - mail listete ich die mir bekannten Gebäude auf, wo Mitglieder der Halphen Familie gewohnt haben oder diese Gebäude erbaut haben. (115, Avenue Henri- Martin XVI und 10- 12 Rue Deux Ponts). Der wichtigste Punkt war jedoch der Besuch der Rothschild Stiftung in Paris. Laut des Berichts von Albert Hammerschmied bestätigte der Generaldirektor, dass Diane Benvenuti eine geborenen Rothschild sei, verwies ihn für weitere Informationen an Eric de Rothschild, den Neffen von Diane Benvenuti, der die Rothschild Bank in Paris leitet. Die Sekretärin Catherine Benner von Eric de Rothschild empfahl Albert Hammerschmied an Frau Benvenutis Tochter Anka Begley Mühlstein in New York weiter, die sich aber nur wage an die Mutter erinnern könnte. Frau Begley - Mühlstein leitete Albert Hammerschmied an ihre Schwester Nathalie Josso in Paris weiter. 31 „Frau Josso hat nach Diane Benvenutis Tod ihre Pariser Wohnung ausgeräumt und ihre Dokumente zu sich genommen. Sie erinnerte sich, dass Diane Benvenuti sehr musikbegeistert war. Herr Benvenuti, der ihr zweiter Ehemann war, war Professor am Pariser Konservatorium. Sie selbst spielte nicht Geige. Frau Josso hielt es für möglich, dass das Instrument für Benvenutis Ehemann angeschafft worden ist. An Details über die Anschaffung bzw. den Verkauf konnte sie sich nicht erinnern. Allerdings ist Frau Josso bereit nach Dokumenten zu suchen, die zur Aufklärung beitragen könnten, sobald sie von ihrem Aufenthalt in Tunesien am 9. November nach Paris zurückgekommen sein wird.“42 Den weiteren e - mail Kontakt führte Albert Hammerschmied in französischer Sprache. Das zweite e - mail vom 10.12. beinhaltete Informationen, die von Frau Josso und ihrem Gatten Dr. Robert Gastone aus dem Nachlass und eigenen Nachforschungen hervorgehen. Frau Josso bestätigt darin, dass der Name der Halphen Familie ihr ein Begriff sei und es sich um eine jüdische Familie handle, die in die Rothschild Familie eingeheiratet haben muss. Weiters schreibt sie: „Ich vermute, ohne einen Beweis dafür zu haben, dass meine Mutter diese Violine für ihren 2. Mann, Joseph Benvenuti, ein Klavierprofessor einer Klavierklasse sowie einer Kammermusikklasse am Pariser Konservatorium, erworben hat.“43 42 43 Bericht Albert Hammerschmied vom 1. November 08 e - mail vom 10.12.08, Übersetzung Albert Hammerschmied 32 Den Verkauf an Herrn Hasson betreffend besitzt Frau Josso ein Dokument aus dem Nachlass von Diane Benvenuti, welches sich bereits im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung befand (Abb. 28). Außerdem waren im Anhang noch zwei Photos von Herrn Hasson (siehe Anhang), 2 Photos von Diane Benvenuti und 3 Photos von Joseph Benvenuti beim Violinspiel und Klavierspiel im kammermusikalischen Rahmen in ihrem Haus in Louveciennes. 33 4 .B e zsitrd x E H lp a h ,v n e ti u 4.1. Sizilianische Familie Nach der Notiz von Alfred Hill (Abb. 34) wurde die Geige Signor Sendere im Jahre 1889 nach London zum Verkauf gebracht. Dieser bemerkte, dass sich die Stradivari (1727) für circa 80 Jahre in Besitz einer sizilianischen Familie befunden hat. Er bestätigte, dass sich das Instrument im Originalzustand befand. 4.2. Halphen Fernand Gustave Halphen, ein französisch jüdischer Komponist, wurde am 18. Jänner 1872 in Paris geboren. Er entstammte aus einer wohlhabenden Familie. Sein Vater war George Halphen, ein Diamanten Händler, und seine Mutter Henriette Antonia Stern (gestorben 1905) stammte aus einer Bankiersfamilie. Abbildung 11: Fernand Halphen, http://www.musimem.com/halphen.htm 34 Im Alter von 10 Jahren erhielt Fernand Gustave Halphen Privatunterricht in Komposition bei Gabriel Faure bevor er am Pariser Konservatorium bei Ernest Guiraud, Paul Dukas, Claude Debussy und Erik Satie studierte. Nach dem Tod von Guiraud im Jahre 1892 studierte er bei Jules Massenet, der auch Henri Rabaud, Florent Schmitt, Charles Koechlin und Reynaldo Hahn unterrichtete. Fernand Gustave Halphen war auch Preisträger des „Grand Prix de Rome“. Er erhielt den 1. Platz mit seiner Fuge im Jahr 1895 und im darauf folgenden Jahr den 2. Platz für seine Kantate „Melusine“. Monsieur Halphen ist bekannt als Komponist. Er schrieb eine Sinfonie in 4 Sätzen, welche in Paris und Monte Carlo aufgeführt wurde, weiters eine Suite für Orchester, eine Pantomime „Hagoseida“, ein Ballett „Le Reveil du faune“ und viele andere Sinfonien. Er interessierte sich auch sehr für Kammermusik so schrieb er eine Sonate für Violine und Piano und komponierte Werke für Orgel. Aus Halphens Feder entstammt auch eine Oper „Le Cor Fleuri“ welche im „National Theatre Opera Comique“ am 10. Mai 1904 aufgeführt wurde. Als Kapitän des 13. Infanterie Regiments fiel er im 1. Weltkrieg am 16. Mai 1917.44 44 http://en.wikipedia.org/wiki/Fernand_Halphen, 8.9.2008 35 4.2.1. Halphen und die Stradivari Laut den Aufzeichnungen von Alfred Hill soll Monsieur Halphen ein begeisterter Geiger gewesen sein.45 Angeblich erhielt er Unterricht bei Martin Pierre Marsick, der ein belgischer Geiger und Lehrer war. Martin Pierre Marsick (1847- 1924) Marsick hat sein Studium in Brüssel mit einer Gold Medaille abgeschlossen und studierte am Pariser Konservatorium bei Lambert Massert weiter. Neben seiner regen Konzerttätigkeit mit seinem Streichquartett, mit Orchestern und vielen Konzertreisen in Europa und der USA unterrichtete er von 1892- 1900 am Pariser Konservatorium.46 Kaufabwicklung Im Jahre 1890 wurde die Stradivari von H.C. Silvestre an Fernand Gustave Halphen verkauft, wobei M.P. Marsick der Vermittler war.47 Bei Niederheitmann wird in der Zusammenstellung von Stradivaris Instrumenten die Ex Benvenuti angeführt unter (siehe Anhang): 1727 Herr Halphen, London 48 Aufzeichnungen von Alfred Hill http://en.wikipedia.org/wiki/Martin_Pierre_Marsick 47 Aufzeichnungen von Alfred Hill 48 Niederheitmann, S.149 45 46 36 Hippolyte Chretien Silvestre Geboren am 1. 4. 1845 Sommervillers, Meurthe, Frankreich Gestorben 1913 in Neuilly- Plaisance, Seine-et-Oise, Frankreich49 Abbildung 12: Geigenzettel Silvestre, Lütgendorff, S. 132 Als Neffe von Pierre und Hippolyte Silvestre arbeitete er in deren Werkstatt mit und übernahm diese im Jahre 1865. Als würdiger Nachfolger der beiden Onkel zog er mit einem Violoncello die Aufmerksamkeit bei der Wiener Weltaustellung1873 auf sich. Das Instrument, das durch die Fülle und den Adel des Tones wie durch die Ausführung hervorragte. Ebenso gut waren seine Geigen und Violen, deren Lack an italienische Vorbilder erinnert.50 1884 verlegte Silvestre sein Geschäft nach Paris und war auch als Reparateur und Händler sehr bekannt.51 Lütgendorff, Ergänzungsband S. 564 Lütgendorff, S. 132 51 Lütgendorff, S. 132 49 50 37 4.2.2. Halphen Stiftung52 Am 15. Feber 1899 heiratete Halphen Alice Königswarter (1878 1963). Sie war wahrscheinlich auch mit der Rothschild Familie verwandt. Sie rufte die Halphen Stiftung ins Leben, welche jungen Kompositionsstudenten im Konservatorium helfen sollte, ihre Werke zu veröffentlichen und zur Aufführung zu bringen. Die Stiftung schuf auch einen Sozialwohnbau auf der „Ile St.- Louis“ in Paris. Das Haus auf der „Rue des Deux- Ponts“ beherbergte 50 mietgebundene Apartments in 2 Blöcken. Dort wohnten 112 jüdische Mieter, davon 40 Kinder, welche im September 1942 alle nach Auschwitz- Birkenau abgeschoben wurden. Bis ins Jahr 2003 lebten dort Mieter mit geringen Einkommen. Manche Familien lebten dort über Jahrzehnte in einer der teuersten Gegenden von Paris. Seit dem Jahre 2004 sind alle Mieter ausgezogen und es wurde ein sehr luxuriöses Apartment Haus eingerichtet. Das Mosaik „Fondation Fernand Halphen“ wurde entfernt. Heute erinnert eine Gedenktafel an die Deportation der Bewohner dieses Mietshauses. Abbildung 13: Gedenktafel, 10-12 Rue Deux Ponts, Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008 52 http://en.wikipedia.org/wiki/Fernand_Halphen, 8.9.2008 38 Abbildung 14: Wohnhaus 10- 12 Rue Deux Ponts, Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008 4.2.3. „Fernand Halphen als Kind“ Auguste Renoir (1841- 1919) Der Figurenmaler Auguste Renoir führte von Beginn an Porträts auf Bestellung aus. So kam er auch in das Haus der Familie Halphen. Die Eltern Fernands hatten eine einflussreiche Stellung im jüdischen wohlhabenden Bürgertum von Paris. Fernand Halphen widmete sein Leben der Musik. Da seine Eltern anscheinend wenig Wert auf dieses Gemälde legten, schenkten sie es einer ehemaligen Gouvernante. Über einen Kunsthändler kam es zu Charles Pacquement, einen Kunstsammler, der das Gemälde am Ende des ersten Weltkrieges der Witwe von Fernand Halphen schenkte.53 http://www.musee-orsay.fr/de/kollektionen/kommentiertewerke/gemaelde/commentaire_id/fernand-halphen-als-kind 53 39 Abbildung 15: Fernand Halphen als Kind http://www.musee-orsay.fr/de/kollektionen/kommentiertewerke/gemaelde/commentaire_id/fernand-halphen-als-kind 4.2.3. Verkauf der Stradivari an Joseph Benvenuti Fernand Gustave Halphen und Alice Königswarter hatten 2 Kinder. Die Tochter Henriette wurde am 26. Februar 1911 und der Sohn George wurde am 9. März 1913 geboren.54 Nach dem Tod von Monsieur Halphen blieb die Violine noch im Besitz der Familie. Die Mutter Alice vererbte die Stradivari weiter an ihre Kinder Henriette und George.55 Diese verkauften die Geige im Jahre 1965 an Herrn Joseph Benvenuti, der ein Bekannter der Mutter gewesen sein musste, wie aus dem Brief von Georges Halphen an Joseph Benvenuti vom 19. Juni 1965 hervorgeht. (Abb. 17)56 http://en.wikipedia.org/wiki/Fernand_Halphen, 8.9.2008 Brief vom 15. Juni 1965 56 Brief vom 19. Juni 1965 54 55 40 Zwei Briefe, die sich im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung befinden, bestätigen und dokumentieren den Verkauf der Stradivari 1727. Die Kinder, Henriette und George, des Ehepaar Halphen verkauften ihr Erbe an Herrn Benvenuti weiter. • Bestätigung von Henriette Halphen Schuhmann Abbildung 16: Bestätigung des Verkaufs von Henriette Halphen Schuhmann in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Übersetzung 115, Avenue Henri- Martin. XVI 15. Juni 1965 Der Unterzeichnete bestätigt, dass die Stradivari- Violine aus dem Jahre 1727, die mein Bruder Georg Halphen und ich von meiner Mutter Madame Fernand geerbt haben, Eigentum von Monsieur Benvenuti ist. Henriette Halphen Schumann 41 • Brief von George Halphen an Joseph Benvenuti Abbildung 17: Brief von Georges Halphen an Joseph Benvenuti, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Übersetzung57 La Chapelle en serval (Oise) Tel. 3 19. Juni 1965 Lieber Freund, Meine Schwester übergab mir ihren Scheck, ich danke Ihnen dafür aufrichtig. Ich bin überaus glücklich, dass Sie nunmehr Eigentümer der Stradivari meines Vaters wurden und ich bin sicher, dass meine Mutter, die Sie sehr schätzte, sehr zufrieden damit wäre, dass diese Geige somit von Ihren Schülern verwendet und von einem großen Musiker wie Ihnen bewahrt wird. Mit dem Ausdruck meiner Wertschätzung, Georges Halphen P.S.: Bitte übermitteln Sie Diane meine herzlichsten Grüße. 57 Beglaubigte Übersetzung: Mag. Andrea Hammerschmied 42 Wohngebäude der Halphen Familie Die folgenden Adressen wurden den Briefen (Abb. 16 und 17) entnommen. • 115, Avenue Henri- Martin XVI Abbildung 18: 115, Avenue Henri- Martin XVI, Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008 Im Zuge eines Parisbesuchs von Albert Hammerschmied suchte er die Adresse von Frau Henriette Halphen Schumann auf, doch es gab kein Anzeichen, dass Sie und ihr Gatte oder deren Kinder noch unter dieser Adresse wohnten. 43 • La Chapelle en serval (Oise) Die Nachforschungen diese Adresse betreffend führten mich auf die Homepage http://www.musimem.com/halphen.htm wo ich ein Schloss unter dieser Adresse fand, welches für die Halphen Familie erbaut wurde. Der Architekt Wilhelm Isernhagen plante und erbaute das Schloss im Jahre 1909. Es befindet sich inmitten des Waldes Chantilly. Kürzlich wurde das Schloss in Mont Royal umbenannt und gehört nun zu einer Luxushotelkette. Weiter Informationen findet man unter: www.tiara-hotels.com/chantilly/default-fr.html Abbildung 19: Mont Royal, http://www.tiara-hotels.com/chantilly/default-fr.html 44 4.3. Benvenuti 4.3.1. Joseph Benvenuti Abbildung 20: Joseph Benvenuti (links) beim Violinspiel in Louveciennes, Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso Joseph Benvenuti wurde am 2. Oktober 1898 in Tunis geboren. Er unterrichtete am Pariser Konservatorium von 1945 - 1967. Er war Kammermusikprofessor von 1945 - 1952 und wurde dann Klavierprofessor. Herr Benvenuti starb am 17. August 1967.58 58 Informationen aus dem Archiv des CNSMDP, Sophie Levy 45 Abbildung 21: Kammermusik bei den Benvenutis (Benvenuti am Klavier) Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso Veronica Jochum von Moltke erhielt im Jahre 1958 Privatunterricht bei Joseph Benvenuti und bezeichnete ihn als sehr humorvollen Menschen. Da sie als Privatschülerin bei ihm im Hause und nur für die Dauer eines Jahres Unterricht erhielt, konnte sie leider nichts über die Unterrichtstätigkeit am Conservatoire National Supérieur de Paris sagen. 46 Abbildung 22: Joseph Benvenuti mit seinen Studenten 1967, Archives du CNSMDP. Droits réservés Abbildung 23: Joseph Benvenuti mit seinen Studenten 1967, Archives du CNSMDP. Droits réservés 47 4.3.2. Diane Benvenuti (12. Dez. 1907- 17. Nov. 1996) Tochter von Robert Philippe Gustave de Rothschild und Gabrielle Nelly Regine Beer59 Abbildung 24: Kammermusik im Hause Benvenuti, Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso Die folgenden Informationen stammen von Frau Josso, der Tochter von Diane Benvenuti aus erster Ehe mit Anathole Mühlstein (Übersetzung Albert Hammerschmied): Diane Benvenuti, geborene Rothschild wurde 1917 geboren. (Eltern: Robert und Nelly de Rothschild). Abgesehen von ihrer schulischen Ausbildung bis zur Matura, kam sie wahrscheinlich in den Genuss eines Klavierunterrichts. 59 http://freepages.genealogy.rootsweb.ancestry.com, 30.11.08, 19.20 48 Diane Benvenuti heiratete Anathole Mühlstein (ca. 1932) mit dem sie 3 Töchter hatte. Sie ließ sich jedoch von ihm scheiden um im Jahre 1950 Joseph Benvenuti zu heiraten, der Pianist und Prof. am Pariser Konservatorium war. Laut den Informationen von Frau Josso entstammt aus dieser Zeit das rege Interesse am musikalischen Leben. Diane Benvenuti unterstützte die Schüler ihres Mannes mit der Leihgabe von äußerst wertvollen Instrumenten. In ihrem Besitz befanden sich 2 Instrumente von Antonio Stardivari. Zu ihren Lebzeiten wurde eine Violine an Maurice Hasson verkauft und das zweite Instrument wurde nach ihrem Tod an den Geiger Kantorow in Lyon verkauft, der auf der Violine schon längere Zeit gespielt hatte. Abbildung 25: Diane Benvenuti, in ihrem Garten in Louveciennes, Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso 49 Diane Benvenuti besuchte außerdem regelmäßig Konzerte, spielte jedoch selbst kein Instrument. Sie verstarb im November des Jahres 1996. Leider konnte Frau Josso nur wenige Informationen über Frau Benvenuti angeben, da sie und ihre beiden Schwestern nach der Scheidung mit der Pflege des Vaters betraut waren und folglich sehr wenig Kontakt zu ihrer Mutter hatten. Abbildung 26: Diane Benvenuti und Arthur Rubinstein, in Israel, Petah Tika Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso 50 4.4. Maurice Hasson Maurice Hasson ist ein Geiger mit internationalen Namen und bekannt für sein tiefgehendes musikalisches Feingefühl und seiner scheinbar ganz einfachen virtuosen Technik. Nach seinem ersten Konzert in London wurde er von „The Times“ als „aristocrat among the violonists“ bezeichnet.60 Abbildung 27: Maurice Hasson, Foto: Privatbesitz Hasson Maurice Hasson wurde im Jahre 1935 in Frankreich geboren, lebte von 1960 bis 1973 in Venezuela, danach wählte er London als seinen Lebensmittelpunkt.61 Aufgrund von vielen Konzertreisen war er jedoch auch in vielen anderen Ländern bekannt. Seine Tourneen führten ihn nach Nord- und Südamerika, durch ganz Europa, Israel, Südafrika, Japan, Australien und Neuseeland und Japan.62 Lebenslauf: Maurice Hasson www.mvdaily.com/articles/2005/06/Hasson.htm 62 Lebenslauf: Maurice Hasson 60 61 51 Das Studium absolvierte Hasson am Pariser Konservatorium wo er mit einem „First Prize for Violin“, einem „Grand Prix for chamber music“ und mit dem „Prix d´Honneur“, welcher äußerst selten verliehen wird, abschloss. Er studierte bei Henryk Szeryng, der einen großen künstlerischen Einfluss auf ihn ausübte. 63 Sein Debüt in den USA gab er mit dem Cleveland Orchestra und Lorin Maazel im Jahre 1978. Abbildung 28: Maurice Hassons Debüt in den USA, mit Lorin Maazel und dem Cleveland Orchestra, 1978 Foto: Privatbesitz Hasson Maurice Hasson spielte unter den Dirigenten Sir Colin Davis, Sir Yehudi Menuhin, Eliahu Inbal, Sir Simon Rattle, Sir Neville Marriner, Kurt Masur, Michel Plasson, Eduardo Mata, Rafael Fruhbeck de Burgos, Sir Alexander Gibson, Michel Plasson, Sir Andrew Davis, Sachio Fujioka, Sir Raymond Leppard, Paavo Berglund, Sir Charles Groves, Gustavo Dudamel, Carlos Riazuelo, Pinchas Steinberg und Mark Wigglesworth um nur einige zu nennen. 63 Lebenslauf: Maurice Hasson 52 Maurice Hasson wurde von zahlreichen Radio- und Fernsehstationen zu Produktionen eingeladen. So zum Beispiel von der BBC, um das 200 jährige Jubiläum Paganinis mit einer Live Übertragung seines 1. Konzerts für Violine und Orchester zu feiern. Bei der "Gala Stradivarius Concert" in der Barbican Hall, London, übernahm er den Solopart in Vivaldis Jahreszeiten.64 Für Emi, Pickwick, ASV und Philips spielte er zahlreiche CD´s ein. Einige dieser Aufnahmen sind mit internationalen Preisen prämiert worden, z.B.: Paganini Konzert Nr. 1, das Bach Doppelkonzert mit Henryk Szeryng und der Academy of St. Martin in the Fields mit Sir Neville Marriner, die „Virtuoso Violin“ mit Ian Brown und Sonaten von Faure, Franck und Debussy mit Christian Ivaldi.65 Auszeichnungen und Ehrungen • Professor und Ehrenmitglied der Royal Academy of Music, London • „Order of Andres Bello“ höchste Auszeichnung für Künstler in Venezuela • die „Medaille de Vermeil“ bekam Hasson 1966 von der Stadt Paris Die Meisterklassen, die er bei internationalen Festivals hält, sind sehr gefragt, z.B. beim Festival Pablo Casals in Frankreich.66 Lebenslauf: Maurice Hasson www.mvdaily.com/articles/2005/06/Hasson.htm 66 http://www.ram.ac.uk/study/selectadepartment/biogs/Maurice+Hasson.htm 64 65 53 Seine Konzerttätigkeit führt ihn noch immer einmal jährlich nach Venezuela, wo er mit dem „Orquestas Juveniles e Fantiles de Venezuela“ (Jugend- und Kinderorchester Venezuela, ausgezeichnet mit dem Internationalen UNESCO Musik Preis) als Solist auftritt. Der Komponist Gonzalo Castellanos Yumar aus Venezuela widmete Maurice Hasson das „Concierto para Violin y Orquesta“ das er mit dem London Symphony Orchestra zur Uraufführung brachte.67 4.4.1. Interview Am Freitag, den 29. August 08, war es mir nach vielen Versuchen möglich, Herrn Maurice Hasson zu interviewen. Der im Vorfeld entworfenen Fragebogen diente als Grundlage des Gesprächs, das wir in seiner Londoner Wohnung führten. Wir sprachen 2 Stunden über die Stradivari Ex Benvenuti, die ihn während seiner 35 jährigen Karriere begleitete. Studium und Ausbildung Maurice Hasson erzählte, dass er den ersten Geigenunterricht im Alter von 11 Jahren erhielt und zwei Jahre später sein Studium am Conservatoire de Paris begann. In dieser Zeit (13. - 15. Lebensjahr) studierte er bei Joseph Benvenuti Kammermusik. Mit 15 schloss er das Studium in Rekordzeit ab und erhielt den: • 1. Preis für Violine, • den Grand Prix für Kammermusik und • den „Prix d´Honneur“, der davor 60 Jahre lang nicht verliehen wurde. 67 Lebenslauf: Maurice Hasson 54 Sein Pariser Debut gab er 1950 mit dem Mendelssohn Violinkonzert e-moll im Pleyel Saal unter Dean Dixon und dem Orchestre Lamoureux. Venezuela Nach dem Militärdienst entschloss er sich aufgrund einer Annonce am Pariser Konservatorium, einen Lehrposten an der Barquisimeto Musikschule in Venezuela anzunehmen, weil er nicht das Leben eines Orchestermusikers führen wollte. In Barquisimeto blieb er nur 6 Monate, denn bald erhielt er das Angebot einer Professur an der Universität in Merida (Hauptstadt der Venezuelanischen Anden). Dort unterrichtete Maurice Hasson von Oktober 1960 bis Juni 1967. Während dieser Jahre in Venezuela konzertierte er in zahlreichen Städten im ganzen Land, sogar in kleinen abgelegenen Orten. Mit seiner intensiven Konzerttätigkeit machte er das Geigenrepertoire in Venezuela bekannt und trug somit zum heutigen Interesse und der Liebe zur klassischen Musik bei. Maurice Hasson liebte das Land und die Menschen so sehr, dass er die Venezuelanische Staatsbürgerschaft beantragte. Bis heute besteht noch eine sehr starke Bindung zu diesem Land. Nach wie vor wird er alljährlich von venezuelanischen Orchestern eingeladen. Mittlerweile ist er ein großes Vorbild für die neue Musiker- Generation des Landes. 55 Abbildung 29: Maurice Hasson Foto: Privatbesitz Hasson Die Ex Benvenuti als Leihgabe und der spätere Kauf Nach 10 jähriger Unterrichtstätigkeit in Venezuela kehrte Maurice Hasson 1970 wieder nach Paris zurück. Dort traf er Diane Benvenuti (Rothschild), die Witwe seines ehemaligen Lehrers Joseph Benvenuti. Benvenuti bat seine Frau, Maurice Hasson zu fördern und zu unterstützen sobald sich eine Gelegenheit ergäbe. (Dies war ihre eigene Aussage, als sie Herrn Hasson wieder traf.) So führten Diane Benvenuti und Herr Hasson ein Gespräch über die Leihgabe einer Violine. Sie stellte ihm 2 Violinen zur Wahl. Das Instrument sollte auf Lebenszeit für seine Karriere zur Verfügung gestellt werden. Danach sollte Maurice Hasson eine würdige NachfolgerIn suchen. Dies war der Wunsch des bereits verstorbenen Joseph Benvenuti. Maurice Hasson hatte die Wahl zwischen der „Ex Benvenuti, Ex Halphen“ Stradivari und der Long Pattern Stradivari von Leopold Auer. Die Wahl fiel ihm nicht schwer, denn er hatte vom ersten 56 Moment an eine starke emotionale Beziehung zu der „Ex Benvenuti („My Expression“). Es war „Liebe auf den ersten Blick“ und er nennt die Stardivari liebevoll „my violin“. Im Jahre 1975 wollte Hasson die Violine von Diane Benvenuti käuflich erwerben, da sie manchmal die Geige für kurze Zeit anderen jungen Talenten zur Verfügung stellen wollte, die sie um ihre Unterstützung baten. Durch die rege Konzerttätigkeit von Hasson und seine starke emotionale Beziehung zum Instrument, war ein Verleih der Geige jedoch immer ein Problem. Nach einem klärenden Gespräch im Jahre 1977 mit Frau Benvenuti war sie einverstanden mit dem Verkauf. Abbildung 30: Übergabebestätigung der Stradivari 1727 von Diane Benvenuti an Maurice Hasson, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 57 Name der Stradivari Während Maurice Hasson auf dem Instrument spielte wurde die Stradivari niemals mit dem Namen „Halphen“ bezeichnet. Die Geige bekam ihren Namen als Zeugnis der Dankbarkeit und im Andenken an Joseph Benvenuti und Diane de Rothschild Benvenuti für ihre großzügige Geste. Der Name „Benvenuti“ hat im Italienischen die äußerst treffende Bedeutung „Willkommen“. Dies sollte auf Wunsch von Herrn Hasson der über 35 Jahre täglich auf der Violine gespielt hat und das Publikum in allen Kontinenten mit seiner Musik und dem Klang ergriffen und bewegt hat, beibehalten werden. Abbildung 31: Maurice Hasson, Foto: Privatbesitz Hasson Karriere und Repertoire Mit der Aufnahme des Paganini und Prokofjev Violinkonzerts im Jahre 1973 wurde der Grundstein seiner Solistenkarriere in Europa gelegt. Hasson spielte in 35 Jahre über 2000 Konzerte mit dieser Violine. Sein Repertoire umfasst über 35 Violinkonzerte und unzählige Sonaten. 58 Nachdem die Violine sein Eigentum war, meinte sein Professor Henryk Szeryng: „Maurice du spielst immer besser, seit die Geige dir gehört.“ Klang der Ex Benvenuti Den Klang der Violine beschreibt Herr Hasson als außergewöhnlichen. Die G- Saite sei sehr stark ähnlich wie bei einer Guarneri und die E- Saite klingt für ihn wie ein Koloratursopran. Hasson (und nach seiner Aussage auch Etienne Vatelot) sind der Meinung, dass sie selten eine Stradivari mit so einer Klarheit auf der E- Saite gehört haben. Weitere Begriffe wie klar, nobel und rein treffen für ihn zur Beschreibung des Klanges zu. Hasson betont im Interview öfter, dass der Spieler den Ausdruck gestalten kann. Er erzählt, dass eine Stradivari relativ schwer zu spielen ist, da der kleinste Fehler hörbar wird und dass der Spieler selbst den Klang gestalten muss. Der Klang kann somit weich und stark sein, doch er wird niemals hart. Bei Paganini ist es möglich sehr brillant zu spielen und bei Debussy kann man den Klang sehr vielschichtig gestalten. Zu der Wärme des Tons meint Herr Hasson, dass sie nicht mit einer Guarneri zu vergleichen sei. Wenn der Spieler es jedoch geschickt anstelle, wäre es möglich, die gewünschte Wärme der Stradivari zu entlocken. Er bezeichnet die Ex Benvenuti als sehr kraftvoll im Ton und das Pianissimo als außergewöhnlich weittragend. Man „höre es immer bis in die letzte Reihe“. Im kleinen Raum zeige sich die Klangstärke nicht so deutlich, wohl aber im Konzertsaal. 59 Saiten Zu meiner Frage, welche Saiten Maurice Hasson auf der Ex Benvenuti verwendet hätte erzählte er, dass er viele Saiten ausprobiert habe, doch manche übten zu viel Druck auf das Instrument aus. Er ist der Meinung, dass Thomastik – Infeld Dominant Saiten für dieses Instrument die Beste Wahl sind. Zu Beginn, als er die Stradivari bekam, versuchte Hasson Pirastro Olive Saiten, doch diese waren nicht sehr verlässlich im Halten der Stimmung, weil sie vom klimatischen Wechsel zu stark beeinflusst werden. So blieb er bei der Marke Dominant- Medium für die G, D und A- Saite und einer Kaplan E Golden Spiral mittlerer Stärke. Abbildung 32: Lady Di und Maurice Hasson, Foto: Privatbesitz Hasson 60 Bogen Maurice Hasson spielte auf der Stradivari mit einem „Dominique Peccatte“ Bogen, der wie er meint einen sehr warmen, homogenen Klang erzeugt und den Ton sehr gut weiter trägt. Reparaturen, Änderungen und Empfindlichkeit Reparaturen und Änderungen wurden in seiner Zeit keine durchgeführt, da Maurice Hasson der Meinung ist „The less you touch a violin the better“. Weiters nahm er dazu Stellung, dass manche Geiger die Geige immer verbessern wollen und oft Reparaturen in Auftrag geben, aber nicht immer das Instrument Schuld habe. “People accuse the violin; sometimes you should accuse the player.” Maurice Hasson bezeichnet die Geige als sehr gesund und spricht von einer relativen Unempfindlichkeit bezüglich Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsunterschiede. Zubehör Seinen Kinnhalter und die Schulterstütze wechselte er öfters im Laufe seiner Karriere aufgrund des Komforts und der physischen Veränderungen des Körpers. Beziehung zum Instrument Auf die Frage ob er die Beziehung zu der Ex Benvenuti Stradivari beschreiben könnte antwortete Hassons Frau Janet: „Antonia Stradivari war seine erste Frau und ich seine zweite.“ 61 Mein Eindruck Mein persönlicher Eindruck von Herrn Hasson war ein äußerst sympathischer. Mit seiner Herzlichkeit empfang er mich in seiner Wohnung gemeinsam mit seiner Frau zu einem zweistündigen Gespräch über seine überwältigenden Liebe zur Musik und zu der „Ex Benvenuti“ Stardivari. Im Laufe des Gesprächs wurde mir klar wie sehr Herr Hasson von der Musik und dem Klang (s)einer Violine begeistert war. Seine Augen strahlten während unseres Gesprächs. Er wirkte sehr ausgeglichen und doch von der Leidenschaft zur Musik gepackt um jeden dafür zu begeistern. Abbildung 33: Maurice Hasson Foto: Privatbesitz Hasson Ich kam auch in den Genuss eines „Privatkonzerts“. Er führte mir den Peccatte Bogen vor und spielte aus dem Stegreif den Beginn des Brahms und des Mendelssohn Konzerts. Ich war beeindruckt von seiner perfekten Leichtigkeit und seiner Technik ohne sich eingespielt zu haben. 62 Sein Temperament, seine Leidenschaft und Herzlichkeit waren nach dem Gespräch und in diesen wenigen Takten unglaublich präsent. Ein Musiker mit Leib und Seele, der seine Liebe zur Musik, zu den Menschen und zu seiner Violine „Antonia Stradivari“ in sich trägt und durch seine Natürlichkeit auf jeden in seinem Umfeld überträgt. 4.4.2. Pressestimmen Dieses Kapitel war vorerst nicht vorgesehen, da aus dem Interview nicht hervorging, dass es eine Sammlung von Pressestimmen vorhanden ist. Diese Sammlung befindet sich vollständig im Anhang. Besonders hervorheben möchte ich die Stellen, die die „Ex Benvenuti betreffen. „Die Welt“, Berlin: „Die dynamische Spannweite seines (Hassons) Spiels ist erstaunlich groß, vom verhauchten Pianissimo bis zum kräftigen- satten Fortebeides gibt seine Stradivarius hervorragend tonschön her.“ „The Jerusalem Post“, Jerusalem: “Performing on a most beautiful Stradivari of 1727,…” Yohanan Boehm “Express Wieczorny”, Warschau: “…delighted the audience by this golden tone and variety of sound, partly due to his magnificent instrument.” Janusz Ekiert 63 “Uusi Suomi”, Helsinki: “In fact his performance on the 1727 Stradivarius continually brought to mind the magic one attributes to Paganini.” Heikki Aaltola “De Telegraaf”, Amsterdam “…The clear vibrant sound of the violin harmonized beautifully with his exciting interpretation.” “Carrefour”, Paris: “When you listen to Maurice Hasson you have the feeling that the violin is about to reveal to you all its secrets,…” Abbildung 34: Maurice Hasson, Foto: Privatbesitz Hasson 64 4.4.3. Diskographie: Maurice Hasson Die nachfolgenden Daten entstammen meiner Internetrecherche, persönliche Recherchen in London und den Angaben von Maurice Hasson. Titel Label Jahr Die virtuose Violine Asv (CODAEX) 15. Juni 1990 Violin Favourites Gibclassic 1. Mai 1996 Bach Die Vier Orchestersuiten, Violinkonzerte Philips (Universal) 7. November 1995 Bach Sämtliche Orchesterwerke Philips (Universal) 6. Jänner 1998 Perlen des Barock Philips (Universal) 13. Feber 1997 Henryk Szeryng J.S. Bach Die Violinkonzerte Academy of St. Martin in the Fields Sir Neville Marriner Philips (Universal) 3. Mai 1988 Brilliant showpieces of the violin Maurice Hasson, Ian Brown ENIGMA 1977 65 Paganini Violinkonzert No. 1, Prokofiev Violin Konzert No. 2 Maurice Hasson, New Philharmonic Orchestra, Gerard Devos Classic For Pleasure (LP, nicht mehr erhältlich) 1973 Johannes Brahms Die Vier Sinfonien, Violinkonzert Maurice Hasson, Halle Orchestra James Loughran Classic for Pleasure 2002 BBC Classics, Live Recording BBC Concert Orchestra, Barry Woodsworth Ernest Chausson, Poeme for violin and Orchestra Maurice Hasson 1993 Fernsehübertragungen BBC Scottish TV, Life Broadcast Tzigane, Maurice Ravel Maurice Hasson BBC Scottish Symphony Orchestra, Lois de Fremaux Beethoven Violin Konzert Japan Fernsehübertragung 9. Juni 2002 66 4.5. Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung68 Im Sommer 1999 wurde die Privatstiftung gegründet mit der Zielsetzung, dass die Kunst und Kultur einerseits und die Wissenschaft und Forschung andererseits gefördert werden soll. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass das kulturelle Erbe und hier besonders die Musik einen Schwerpunkt darstellen sollte. Folglich wurden nun Gespräche mit Künstlern und Kulturmanagern geführt um nachhaltige Möglichkeiten auszuloten. Es entstand der Wunsch alte Saiteninstrumente anzukaufen um die Musiker in Wien zu fördern. Nachdem die Fragen geklärt wurden wer auf dem Instrument spielen sollte und wo man dieses Instrument kaufen könnte, wurde ein Wiener Geigensolist beauftragt bei John & Arthur Beare in London nach zwei geeigneten Instrumenten zu suchen. Zur Wahl standen die 1727 Stradivari von Herrn Hasson und eine weitere Stradivari, die lange Zeit von einem führenden Solisten des 20. Jahrhunderts gespielt worden war. Doch leider war diese in einem wesentlich schlechteren Zustand und es wurde empfohlen auf den bekannteren Namen zu verzichten, da die klangliche Qualität der Ex Benvenuti viel besser war, da Maurice Hasson bis vor kurzem noch darauf gespielt hätte. Nun begann sich die Stiftung für die Ex Benvenuti ernsthaft zu interessieren. Im Juni 2005 brachte Peter Beare, der ein Mitglied von John & Arthur Beare London ist, die 1727 Stardivari nach Wien um das Instrument von drei Wiener Geigenbauern untersuchen, abmessen und inspizieren zu lassen und auf Echtheit, Qualität und Zustand des Instruments zu prüfen sowie eine ungefähre 68 Bericht einer gemeinnützigen Privatstiftung, Hans Hammerschmied 67 Wertangabe zu machen. Im Anschluss sollte Klangqualität und Klangfarbe im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins verifiziert werden. Die klangliche Demonstration von E. Seifert und W. Hedenborg betörte die Stiftungsvorstandsmitglieder, die Stifterin und die Musiker selbst. Alle Anwesenden waren in höchstem Maße entzückt über die Qualität dieses Instruments. Im Juli 2005 wurde die Ex Benvenuti von der Stiftung tatsächlich erworben und anlässlich einer Orchesterprobe der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Maestro Ricardo Muti offiziell und feierlich dem Orchester übergeben. 4.5.1. Prof. Eckhard Seifert69 Prof. Eckhard Seifert, erster Geiger der Wiener Philharmoniker, wurde 1952 in Weyer/ Oberösterreich geboren. Bereits im Alter von 16 Jahren begann er sein Violinstudium an der Universität Mozarteum in Salzburg. Nach 2 Jahren wechselte er zu Prof. Franz Samohyl an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und erhielt mit 21 Jahren sein Engagement an der Wiener Staatsoper als Primgeiger. 1975 wurde er zum Stimmführer der Primgeigen, 1976 erfolgte die Aufnahme in den Verein der Wiener Philharmoniker als ordentliches Mitglied. 69 Lebenslauf von Prof. Eckhard Seifert 68 Abbildung 35: Prof. Eckhard Seifert Foto: Privatbesitz Seifert Künstlerisches Renommee erwarb sich Prof. Eckhard Seifert unter anderem als Primarius des ehemaligen Seifert- Quartetts, als Konzertmeister der Wiener Streichersolisten sowie seit 1980 Mitglied des Küchl- Quartetts und seit 1990 des Wiener Ring Ensembles. Prof. Eckhard Seifert gibt regelmäßig Konzerte als Solist und Kammermusiker im In- und Ausland. Eckhard Seifert spielt seit dem 9.1.2004 auf der „Ex Benvenuti“. Die Violine wurde als Leihgabe der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung den Wiener Philharmoniker zur Verfügung gestellt.70 70 Unterlagen Stiftung 69 4.5.2. Fragebogen (siehe Anhang) Seifert spielt auf der Stradivari sowohl im Orchester als auch als Solist und Kammermusiker. Seiner Meinung nach hebt sich die Violine von anderen Instrumenten sehr gut ab, bezeichnet die Tragfähigkeit des Instruments als hervorragend, doch die Violine könne sich nicht optimal mit anderen Instrumenten mischen. Auf Temperaturunterschiede reagiert die „Ex Benvenuti“ Stradivari nicht extrem empfindlich, auf Luftfeuchtigkeit reagiert sie schneller. Klang Zur Beschreibung des Klanges verwendet Prof. Eckhard Seifert die Begriffe: hell, ausdrucksstark, brillant, warm, groß, edel, voluminös, intensiv, füllig, differenziert, nuancenreich, kernig und fein. Die Begriffe sandig und hart treffen für ihn nicht ganz zu. Saiten Prof. Eckhard Seifert verwendet für G-, D-, und A- Saite die blauen Thomastik- Infeld Saiten und für die E- Saite die Marke Kaplan (stark). Er probierte auch Pirastro Synoxa Saiten, doch ist er der Meinung, dass die Thomastik- Infeld Saiten am Besten zu der Ex Benvenuti Stradivari passen. Die angegebenen Saiten verwendet Seifert für alle Besetzungen (Solo, Orchester und Kammermusik) und Epochen (Barock, Klassik, Romantik und Moderne). 70 Bogen Prof. Eckhard Seifert verwendet drei unterschiedliche Bögen. Bei Solokonzerten spielt er einen „Tourte Bogen“, im Orchester einen „Nürnberger“ und bei seiner Tätigkeit als Kammermusiker einen „Peccatte-Bogen“. Darüber hinaus ist für ihn die Wahl des Bogens abhängig von der Epoche. Für Barockmusik verwendet Seifert den „Nürnberger“ Bogen, für Werke der Klassik den „Tourte“ Bogen und für romantische Musik den „Peccatte“ Bogen. Auf die Frage welcher Bogen seiner Meinung nach am Besten zu der „Ex Benvenuti“ passe, nannte er den „Tourte“ Bogen. Reparaturen ließ er nur am Steg vornehmen. Es wurden die Neigung und der Abstand zum Griffbrett verändert. Diese Arbeiten wurden von Charles Beare, London oder Christine Eriks, Wien durchgeführt. Seit 2004 wurden am Instrument keine sonstigen Änderungen vorgenommen. Prof. Eckhard Seifert ist als Mitglied der Wiener Philharmoniker ein äußerst aktiver Musiker. In seiner Orchestertätigkeit bespielt er alle namhaften Konzertsäle weltweit. Die Literatur, die Städte und Konzertsäle mit dem entsprechenden Repertoire aufzulisten ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Besonders hervorzuheben ist die Tätigkeit im Küchl Quartett und das Spiel von diversen Opernsoli in der Wiener Staatsoper. 71 Zur „Ex Benvenuti“ Stradivari meint Herr Seifert: „Ich habe noch nie auf einem so tollen Instrument gespielt. Es lässt einem jeden Wunsch offen und hat einfach keinen Schwachpunkt. Wenn etwas nicht so klingt, ist auf jeden Fall der darauf spielende Musiker schuld.“ 72 5 .E c te h szirfa k Im Jahre 1727 wurde die Violine „Ex Halphen, Ex Benvenuti“ von Antonio Stradivari gebaut. Dies ist durch folgende Zertifikate und Quellen bestätigt. 5.1. W. Henry Hill, Arthur F. Hill, Alfred E. Hill, London Im Jahre 1902 wurde das Buch „Antonio Stradivari- His life and work (1644- 1737)“ von Wiliam E. Hill and Sons veröffentlicht. Dieses Buch ist bis heute eine wichtige und oft zitierte Quelle. Es beinhaltet die Aufarbeitung des Lebens von Antonio Stradivari und einen Katalog aller von ihm erbauten Instrumente. Auf Seite 81 ist die „Ex Halphen, Ex Benvenuti“ angeführt.71 Diese Angabe ist auf eine Notiz von Alfred Hill zurückzuführen, der die Violine im März 1931 in Paris besichtigt und geschätzt hat. 71 Hill, S. 81 73 Abbildung 36: Notiz Alfred Hill in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 74 5.2. Etienne Vatelot, Paris72 Etienne Vatelot (geb. 192573) ein Pariser Geigenbauer, erlernte seinen Beruf in der damals bereits etablierten Werkstatt seines Vaters Marcel Vatelot im Jahre 1942. Er studierte bei Amedee Dieudonne in Mirecourt, bei Viktor Quenoil und bei Rudier in New York, kehrte aber bald nach Paris zurück, wo er sich der Restauration von Instrumenten widmete. 1966 arbeitet Vatelot gemeinsam mit Claude Santelli an einem Film um die Regierung von der Notwendigkeit einer Geigenbauerschule in Frankreich zu überzeugen. Große Geiger wie Yehudi Menuhin, Isaac Stern und David Oistrach unterstützten dieses Projekt indem sie Interviews für den Film gaben. Das Projekt war erfolgreich und eine kleine Schule für 5 Studenten wurde eröffnet. Mittlerweile ist die Schule auf 20 Studierende erweitert worden und die Zahl der erfolgreichen Absolventen beträgt bereits 150. Eine von Etienne Vatelot gegründete Stiftung unterstützt Studenten mit Stipendien. Das Kapital dafür wurde bei Konzerten mit Freunden wie Isaac Stern und Mstislav Rostropovitch eingespielt. Auf die zugegebenermaßen plakative Frage, ob Vatelot Stradivaris oder Guaneris Instrumente bevorzuge antwortete er, dass diese Frage vergleichbar sei mit der Frage, wer die schönste Frau sei, die man je gesehen habe. Er meint, dass es sehr viele schöne Frauen gibt, aber alle unterschiedliche Persönlichkeiten sind. 72 73 Kaden, Strings Magazine Kolneder, S. 211 75 Etienne Vatelot ist pensionierter Geigenbauer, Sachverständiger beim Berufungsgericht und bei der französischen Zollbehörde. Im Rahmen seiner Arbeit erstellte er zahlreiche Echtheitszertifikate so auch für die „Ex Halphen, Ex Benvenuti“. Sein Gutachten: Das Instrument hat einen Boden aus 2 Teilen Ahornholz, mit deutlicher schmaler und enger, gegen die Ränder zu leicht ansteigender Flammung. Die Decke besteht aus 2 Teilen Fichtenholz von mittelweitem und bei der Mittelfuge etwas engerem Wuchs. Die Zargen aus Ahorn haben eine sehr enge Flammung. Die Schnecke ist aus leicht geflammtem Ahorn. Der Lack ist von rot- oranger Farbe auf goldenem Grund. Die Länge beträgt 354 mm.74 „Ich, Etienne Vatelot, Geigenbausachverständiger in Paris, bestätige, dass die Violine, die Monsieur Maurice Hasson gehört und die mit einem Zettel von Antonius Stradivarius in Cremona aus dem Jahr 1727 versehen ist, ein echtes Instrument dieses Geigenbauers ist. (…) Dieses bemerkenswerte Instrument ist ein typisches Exemplar der von A. Stradivarius in der genannten Epoche gefertigten Violinen. Paris, am 6. Jänner 1978“75 Vatelot, Echtheitszertifikat Beglaubigte Übersetzung, Vatelot, Echtheitszertifikat, Mag. Andrea Hammerschmied 74 75 76 Abbildung 37: Echtheitszerifikat Vatelot, französisch, in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 5.3. David R. Hill and Son, London David R. Hill and Son hat am 7. Juli 2005 folgendes Echtheitszertifikat ausgestellt: „Wir bestätigen, dass die Violine im Besitz von Dr. Hans Hammerschmied in Wien, Österreich, unserer Meinung nach von Antonio Stradivari im Jahr 1727, wie am Zettel angegeben, gebaut wurde. Beschreibung: Der Boden ist aus 2 Teilen mit kleiner horizontaler Flammung, das Holz der Zargen ist ähnlich und der Kopf weniger betont. Die Decke ist aus Fichtenholz mit feiner Maserung in der 77 Mitte. Der Lack ist gold- rot- braun. Das Instrument ist ein schönes und charakteristisches Beispiel von A. Stradivari und in sehr gutem Zustand. Früher bekannt unter dem Namen „Ex Halphen“ hat sie eine Länge von 354 mm.“76 5.4. John and Arthur Beare, London Die Wurzeln dieser Geigenhändler, -bauer und -restaurateure geht auf das Jahr 1892 zurück. Beare´s besitzt weltweit einen sehr hohen Stellenwert für Geiger und Sammler. Gutachten werden erstellt, Reparaturen vorgenommen und Instrumente werden von ihm geschätzt. Beare´s zeichnet sich durch seine internationale und durchaus berühmte Kundschaft aus. Musiker wie Jaqueline du Pre, Heinrich Schiff, Nigel Kennedy, Yehudi Menuhin, Nathan Milstein, Isaac Stern, Pinchas Zukerman und Joshua Bell sind bzw. waren Stammkunden.77 Das Echtheitszertifikat von John and Arthur Beare wurde am 8. Juli 2005 ausgestellt. „Wir bestätigen, dass die Geige, die die Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung, Am Heumarkt 13, Wien, Österreich von uns erworben hat, unserer Beurteilung nach ein feines altes italienisches Instrument ist, das von Antonio Stradivari 1727 in Cremona gebaut wurde.“ 76 77 Hill, D.R., Echtheitszertifikat www.beares.com/about_us.html 78 Abbildung 38: Echtheitszertifikat Charles Beare in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 79 6 .A u k sc tih e E g n a fd rV o l 6.1. Laser Interfereometrie Die Laser Interfereometrie mit der Stradivari Ex- Benvenuti, Ex Halphen (1727) wurde am 12. Juni 08 am Institut für Wiener Klangstil, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien unter Anleitung von ao. Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Wilfried Kausel durchgeführt. Setup Auf einem speziell luftgefederten Tisch (0,5 t schwer) wird die Violine am Hals auf einem Stativ fixiert. Ebenfalls auf diesem Tisch befindet sich die Laser Einheit. Der Laserstrahl wird durch eine Spezialoptik in einen Objekt- und Referenzstrahl geteilt. Der Objektstrahl wird auf das Instrument gelenkt, von diesem reflektiert und von der am optischen Tisch montierten Videokamera erfasst. Gleichzeitig wird der Referenzstrahl der Optik der Videokamera zugeführt. Über eine spezielle Messdatenerfassungskarte wird das Signal der Videokamera in den PC übertragen. Ein Spezialprogramm errechnet aus den beiden Bildern ein Interferenzmuster, das in 80 Einzelbildern abgespeichert wird. Aus diesen Bildern errechnet ein weiteres Programm das entsprechende Video. Das Instrument wird mit einem Brüel&Kjaer Shaker an der Stegkante mit einem Sinus Sweep von 100 – 1500 Hz zum Schwingen angeregt. Mit welcher Amplitude (wie stark) der Shakerstift den Steg zum Schwingen anregt, hängt von der dem Shaker zugeführten Spannung ab. In der nachfolgenden Aufstellung ist dieser Wert in mV (Milli Volt) für jedes Video angegeben. Nachdem die Anregung des Instrumentenkorpus in diesem Fall nicht von der Saite selbst, sondern vom Steg erfolgt, müssen die Saiten abgedämpft werden. Wie in der Abbildung ersichtlich, erfolgte dies mit einem Schaumstoff Teil. Werden die Saiten nicht abgedämpft, so nehmen sie bei ihren Resonanzfrequenzen Schwingungsenergie auf und entziehen damit dem Korpus einen signifikanten Anteil der über den Shaker zugeführten Energie. Das hätte zur Folge, dass zum Beispiel bei den Frequenzen der leeren Saiten der Korpus weniger stark schwingen würde als er tatsächlich angeregt wird. Daher ist der Schaumstoff zur Dämpfung der Saiten notwendig. 81 Technische Daten Laser:78 • Type: 5 Watt Festkörperlaser Coherent Verdi V5 • Dioden gepumpt, frequenzverdoppelt Nd:YVO4 • Wellenlänge 532 nm • räumlicher Mode: TEM00 • 5 W CW- Ausgangsleistung • Spektrale Breite: <5 MHz • Polarisation: 100:1, vertikal • Strahldurchmesser: 2,25 mm (bei 1/e²), Rauschen < 0.03%eff • Kohärenzlänge: >150 m • Anschlussleistung: <1,3 kW an 90 V bis 220 V, <15.5 A, luftgekühlt • Abmessungen Laserkopf: 464 x 140 x 109 mm³ • Gewicht Laserkopf: 10 kg • Energieversorgung/Steuerung: 525 x 485 x 196 mm³ • Gewicht Energieversorgung/Steuerung: 31,5 kg • Laserklasse IV 78 www.iwk.mdw.ac.at 82 6.1.1. Videos Aus den laserinterfereometrischen Daten wurden Videos erstellt, die das Schwingungsverhalten von Decke und Boden über den relevanten Frequenzbereich von 100 - 1500 Hz dokumentieren. Diese sind auf der beiliegenden CD zu finden. Boden Video 1 100- 300 Hz 20 mV Video 2 200-600 Hz 40 mV Video 3 500- 1250 Hz 100 mV Video 4 1200- 1500 Hz 800 mV Video 5 100- 300 20 mV Video 6 200-600 Hz 40 mV Video 7 500- 1500 Hz 100 mV Video 8 1000- 1500 Hz 400 mV Video 9 1200- 1500 Hz 800 mV Decke 83 6.2.2. Die ersten 20 Eigenmoden der Ex Benvenuti Abbildung 39: Decke 131 Hz, 20 mV Abbildung 40: Boden 131 Hz, 20 mV 84 Abbildung 41: Decke 146 Hz, 20 mV Abbildung 42: Boden 146 Hz, 20 mV 85 Abbildung 43: Decke 167, 20 mV Abbildung 44: Boden 167 Hz, 20 mV 86 Abbildung 45: Decke 217 Hz, 20 mV Abbildung 46: Boden 217 Hz, 20 mV 87 Abbildung 47: Decke 254 Hz, 20 mV Abbildung 48: Boden 254 Hz, 20 mV 88 Abbildung 49: Decke 286 Hz, 40 mV Abbildung 50: Boden 286 Hz, 40 mV 89 Abbildung 51: Decke 396 Hz, 40 mV Abbildung 52: Boden 396 Hz, 40 mV 90 Abbildung 53: Decke 454 Hz, 40 mV Abbildung 54: Boden 454 Hz, 40 mV 91 Abbildung 55: Decke 484 Hz, 40 mV Abbildung 56: Boden 484 Hz, 40 mV 92 Abbildung 57: Decke 520 Hz, 100 mV Abbildung 58: Boden 520 Hz, 100 mV 93 Abbildung 59: Decke 575 Hz, 100 mV Abbildung 60: Boden 575 Hz, 100 mV 94 Abbildung 61: Decke 675, 100 mV Abbildung 62: Boden 675 Hz, 100 mV 95 Abbildung 63: Decke 825 Hz, 100 mV Abbildung 64: Boden 825 Hz, 100 mV 96 Abbildung 65: Decke 930 Hz, 100 mV Abbildung 66: Boden 930 Hz, 100 mV 97 Abbildung 67: Decke 1050 Hz, 400 mV Abbildung 68: Boden 1050 Hz, 800 mV 98 Abbildung 69: Decke 1090 Hz, 400 mV Abbildung 70: Boden 1090 Hz, 800 mV 99 Abbildung 71: Decke 1150, 400 mV Abbildung 72: Boden 1150 Hz, 800 mV 100 Abbildung 73: Decke 1200 Hz, 800 mV Abbildung 74: Boden 1200 Hz, 800 mV 101 Abbildung 75: Decke 1340 Hz, 800 mV Abbildung 76: Boden 1340 Hz, 800 mV 102 Abbildung 77: Decke 1470 Hz, 800 mV Abbildung 78: Boden 1470 Hz, 800 mV 103 6.2.3. Vergleich mit Untersuchungen von Martin Schleske Martin Schleske, in Stuttgart geboren, ist Geigenbauer, Forscher und Künstler. Nach seiner Ausbildung in der berühmten Geigenbauschule Mittenwald und dem Physikstudium in München eröffnete er im Jahre 1996 sein eigenes Meisteratelier und Akustiklabor in München. Seine Forschungen und Messungen an altitalienischen Streichinstrumenten sowie seine „Klangkopien“ haben international beträchtliches Aufsehen erregt. Regelmäßig wird Martin Schleske als Referent auf Kursen und internationalen Symposien für musikalische Akustik eingeladen und veröffentlicht seine Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften und Büchern. Er ist ebenfalls regelmäßig Gastvortragender in den USA.79 Die folgende Abbildung zeigt die ersten 25 Eigenmoden der Stradivari 1712 nach Martin Schleske. Ermittelt wurden sie, indem das Instrument am Steg mit einem Impulshammer angeregt und an möglichst vielen Stellen von Decke und Boden mit einem Beschleunigungsaufnehmer die örtliche Schwingung gemessen wurde. Mit einem entsprechenden Computerprogramm werden die einzelnen Messungen phasengetreu miteinander in Beziehung gesetzt und damit eine optische Darstellung der Schwingungsmoden erreicht. Man nennt diese Methode „Modalanalyse“. Die Resultate sind ähnlich jener der Admittanzmessung und stellen im Prinzip den akustischen Fingerabdruck des Instrumentes dar. Die Moden sind abhängig von den Proportionen der vibrierenden Struktur, der Geometrie und vom Material. Die Modalanalyse zeigt 79 www.schleske.de, 18.1.09 104 wie die Parameter des Materials und des Modells sich zu einem Bild vereinen.80 Abbildung 79: Die ersten 25 Eigenmoden einer Stradivari 1712, Martin Schleske, Empirical Tools in Contemporary Violin making: Part I. Analysis of design, Materials, Varnish and normal modes CASJ Vol. 4, No. 5 (Series II), May 2002 80 Schleske, Empirical Tools in Violin Making, S. 59 105 Die folgende Tabelle soll die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten der Eigenmoden der Stradivari 1712 und der Ex Benvenuti 1727 aufzeigen. Stradivari 1712 Ex Benvenuti 1727 117 Hz 144 Hz 172 Hz 220 Hz 254 Hz 286 Hz 376 Hz 409 Hz 448 Hz 513 Hz 524 Hz 713 Hz 769 Hz 779 Hz 131 Hz 146 Hz 167 Hz 217 Hz 254 Hz 286 Hz 396 Hz 454 Hz 484 Hz 520 Hz 575 Hz 675 Hz 825 Hz 854 Hz 884 Hz 919 Hz 985 Hz 1060 Hz 1110 Hz 1130 Hz 1190 Hz 1210 Hz 1280 Hz 1320 Hz 930 Hz 1050 Hz 1090 Hz 1150 Hz 1200 Hz 1340 Hz 1470 Hz 106 6.2. Admittanzmessungen Während eine lasertechnische Untersuchung der Violine (Kapitel 6.1.) mit der Electronic Speckle Interfereometrie (ESPI) zeigt, bei welchen Frequenzen Decke und Boden ausgeprägte Moden besitzen und an welcher Stelle sie genau schwingen (das ist besonders für Geigenbauer interessant), sagt eine solche Untersuchung nichts darüber aus, wie viel Schallenergie insgesamt vom Korpus abgestrahlt wird. Um einen Rückschluss auf die klanglichen Eigenschaften einer Violine zu bekommen, muss eine andere Untersuchungsmethode gewählt werden: entweder eine Transferfunktionsmessung oder einer Admittanzmessung. Bei der Transferfunktionsmessung wird im schalltoten Raum die Violine am Steg der Reihe nach mit allen Frequenzen angeregt und der vom Instrument abgestrahlte Schall gemessen. Ein Nachteil dieser Messung ergibt sich aus der starken Richtwirkung bei Violinen. Dadurch ist das Resultat in hohem Maße von der Mikrophonposition abhängig. Aus diesem Grund hat sich international die Admittanzmessung als Standard durchgesetzt. Hier wird die Violine ebenfalls am Steg angeregt, aber nicht der abgegebene Schall, sondern an der gegenüberliegenden Seite des Steges die Reaktion des gesamten Korpus gemessen. Das Resultat ist eine Kurve, die unabhängig vom Raum in dem gemessen wurde, angibt, wie viel Schall die Violine bei jeder Frequenz abstrahlt. Vorteil: es ist kein schalltoter Raum und kein Mikrophon nötig, auch die Richtwirkung des Instrumentes spielt 107 keine Rolle. Nachteil: mit dieser Messung wird die Hohlraumresonanz nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigt. Daher wurde im Zuge dieser Untersuchung die Hohlraumresonanz zusätzlich mit BIAS gemessen (siehe Kapitel 6.3.). Die Admittanzmessung wurde mit dem am Institut für Wiener Klangstil entwickelten VIAS-System gemessen. Dabei wird an der rechten Stegoberkante bei der e-Saite das Instrument mit einem kurzen Impuls angeregt und gleichzeitig an der Stegoberkante bei der g-Saite mit einem dort befestigten 0,2 Gramm leichten Beschleunigungsaufnehmer die Reaktion des Instrumentes gemessen. Die Saiten werden dazu mit einem Stück Schaumstoff abgedämpft. Abbildung 80: Montage des Beschleunigungsaufnehmers am Steg einer Violine 108 Die nachfolgende Abbildung zeigt die Admittanzkurve der Stradivari Ex Benvenuti. Deutlich erkennbar sind die für altitalienische Geigen typischen Hauptresonanzen, die bei der Ex Benvenuti exakt beim A1 (440 Hz) und beim C2 (525 Hz) liegen. Weitere Maxima finden sich beim B2, Cis3 und G3. Ebenfalls gut ausgeprägt und typisch für Violinen von Antonio Stradivari sind die Resonanzen im Frequenzbereich zwischen 2,5 kHz – 4 kHz. Dieser Bereich ist für die "Brillanz" des Violinklanges wesentlich. Abbildung 81: Admittanzkurve der Ex Benvenuti 1727 Eine (eher unangenehme) Eigenschaft vieler wertvoller altitalienischer Violinen ist ihre Neigung zu Wolftönen. Ein solcher Wolfton wird in den meisten Fällen durch eine extrem starke Deckenresonanz meist im Bereich um 500 Hz verursacht. Die Ex Benvenuti besitzt zwar ebenfalls eine Deckenresonanz in diesem Frequenzbereich, allerdings teilt sich die Energie auf 2 Resonanzspitzen (bei 440 Hz und 525 Hz) auf. Dadurch reicht die Deckenresonanz nicht aus, eine Wolftonsituation zu erzeugen. Die Ex Benvenuti besitzt keinen Wolfton. 109 Die gelbe Kurve in der nächsten Abbildung zeigt als Beispiel eine wertvolle Geige von Jakob Stainer mit einem erwiesenermaßen extrem starken Wolfston bei 500 Hz. Ein Vergleich zwischen der Ex Benvenuti und einer Jakob Stainer Violine (Besitz: American National Museum Vermont) zeigt den deutlichen Unterschied in der Brillanz des Klanges. Abbildung 82: Vergleich der Admittanzkurven der Stradivari Ex Benvenuti (rot) und der Jakob Stainer Geige (gelb) Während die Jakob Stainer im "nasalen" Bereich zwischen 1000 Hz und 2000 Hz stark abstrahlt, fällt sie in dem für die Brillanz des Klanges verantwortlichen Bereich gegenüber der Ex Benvenuti gleich um 20 dB ab. Weil man nun aufgrund der Admittanzkurve weiß, wie viel Schall die Violine bei welcher Frequenz abgibt, kann man den spezifischen Klang der Violine simulieren und gleichzeitig auch in Form eines Klangspektrums oder Spektrogamms optisch darstellen. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Klang der Ex Benvenuti vom tiefsten Ton der g-Saite bis zum D6 bei 10.000 Hz. 110 Abbildung 83: Virtueller Klang der Stradivari Ex Benvenuti Auf der waagrechten Achse sind die Töne und auf der senkrechten Achse für jeden Ton die für die Klangfarbe wichtigen ersten 20 Teiltöne aufgetragen. Die Stärke jedes im Klang enthaltenen Teiltones ist in Farbe codiert (von weiß bis schwarz). Je heller die Farbe, desto größer die Amplitude des jeweiligen Teiltones. Die schwarze Kurve gibt den RMS-Pegel (=Schallpegel = Lautstärke) für jeden Ton an. Neben den stark "grundtönigen" a1, c2, b2 und g3 zeigt die Schallpegelkurve eine beeindruckend konstante Dichte im Brillanzbereich zwischen 2000 Hz und 4000 Hz. Die weiße Kurve ist das "Harmonic Centroid". Diese Kurve gibt für jeden Ton die Frequenz, bei der dieser Ton seinen Klangschwerpunkt besitzt, an. Auch diese Kurve ist mit Ausnahme der oben erwähnten vier Töne sehr konstant. 111 Die nächste Abbildung ermöglicht den Vergleich der Violinen anhand ihres virtuellen Klanges. Links: Jakob Stainer, rechts: Ex Benvenuti. Abbildung 85: Virtueller Klang Jakob Stainer Geige Abbildung 84: Virtueller Klang der Ex Benvenuti Stradivari 6.3. Die Hohlraumresonanz der Ex Benvenuti Die Hohlraumresonanz eines Streichinstrumentes (nach ihrem Entdecker auch Helmholtz-Resonanz genannt) hängt von dem Luftvolumen, das sich im Inneren des Korpus befindet ab. Sie liegt bei Violinen je nach Größe des Instrumentes meist zwischen 250 Hz und 300 Hz. In diesem Frequenzbereich besitzt das vom Geigenkorpus umschlossene Luftvolumen eine "Eigenresonanz“, beginnt zu schwingen und strahlt dadurch über die F-Löcher Schall mit dieser Frequenz ab. Das heißt, dass bei Tönen im Bereich der g-Saite zusätzlich zu dem vom Korpus erzeugten Schall noch Schall über die F-Löcher abgestrahlt wird. Die Hohlraumresonanz beeinflusst daher primär die Klangfarbe von Tönen die auf der g-Saite gespielt werden. 112 Abbildung 86: Messungen der Hohlraumresonanz Die Hohlraumresonanz-Messungen wurden an unterschiedlichen Stellen vorgenommen: Blau = in der Mitte des rechten F-Loches bei der e-Saite Rot = am Ende des rechten F-Loches (e-Saite) Gelb = am Ende des linken F-Loches (g-Saite) Darüber hinaus kommt bei allen Streichinstrumenten ein weiterer Effekt zum Tragen: Bei manchen Frequenzen (das hängt von der Bauart ab) schwingen Decke und Boden (oder zumindest wesentliche Teile davon) "gegenphasig". Das heißt, wenn die Decke "einwärts" schwingt (sich nach unten bewegt), schwingt der Boden gerade ebenfalls einwärts (bewegt sich nach oben) und umgekehrt. Dadurch wird 113 das Gesamtvolumen der Luft innerhalb des Korpus periodisch verringert und vergrößert. Beim "Verringern" wird über die F-Löcher Luft angesaugt, beim "Vergrößern" wird Luft über die F-Löcher an den Außenraum abgegeben. Man spricht bei diesen Frequenzen davon, dass das Instrument "atmet". Die F-Löcher wirken bei solchen Frequenzen daher als zusätzliche Schallquelle. Bei dem vorliegenden Instrument wurden die Helmholtz-Resonanz und die vorhin beschriebenen weiteren Hohlraumresonanzen mit "BIAS" gemessen. Neben der Helmholtz-Resonanz bei 267 Hz (nahe dem c1) finden sich weitere Luft-Resonanzen bei: 1133 Hz (cis3) und 1212 Hz (eher schwache Zwischenresonanzen) 1944 Hz (b3) 2172 Hz (cis4) schwache Zwischenresonanz 2512 Hz (es4) 2703 Hz (e4) 3084 Hz und 3148 Hz (nahe g4) 3272 Hz und 3381 Hz ( nahe gis4) 3678 Hz (b4) Die gefundenen Resonanzen sind aus der Abbildung 87 ersichtlich. Die Kurve stellt den Mittelwert der am F-Loch bei der e-Saite gemessenen Kurven dar. 114 Abbildung 87: Mittelwert der Kurven, die am F- Loch bei der e- Saite gemessen wurden 115 7 .Zu m sa e n fg Diese Arbeit vermittelt zunächst Einblicke in das Leben und das Wirken des bis heute größten Geigenbauers Antonio Stradivari. Der Hauptteil der Arbeit besteht jedoch in der Dokumentation eines bestimmten Instruments. Bereits vorhandene Fakten über die Ex Benvenuti Stradivari werden angeführt und der Verlauf der weiteren Nachforschungen dokumentiert. Die Auflistung der Besitzer der Violine vereint das bereits vorhandene Informationsmaterial mit dem neu erforschten Teil. Es wurden alle Details in die Arbeit mit eingebracht um eine möglichst lückenlose Dokumentation des Instruments zu erhalten. Ein weiteres Kapitel bilden die Echtheitszertifikate der wichtigsten Geigenhändler. Hier sind Kopien der Dokumente und deren Übersetzung zu finden, in denen mehrmals die Echtheit der Ex Benvenuti bestätigt wird. Im letzten Kapitel werden die akustischen Eigenschaften des Instruments objektiv mit Hilfe dreier unterschiedlicher Untersuchungsmethoden dokumentiert: Der Laser Interfereometrie, der Admittanzmessung und der Messung der Hohlraumresonanz. Die Resultate dieser Untersuchungen stellen eine objektive Dokumentation der besonderen akustischen Eigenschaften dieses Instrumentes dar. Soweit es die mir zugänglichen Fremddaten ermöglichten, habe ich zum Vergleich die Daten gegenüber gestellt. 116 8 .Le itra u v zc h n s Beare, Charles Capolavori di Antonio Stradivari Cremona, Palazzo Comunale, 26. August - 7. Oktober 1987 Arnoldo Mondadori Editore, 1987 Beare, Charles Stradivari Violin, 1727, A brief history, 2005 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Beare, John and Arthur Echtheitszertifikat, Original 8. Juli 2005 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Finscher, Ludwig und Blume, Friedrich Die Musik in Geschichte und Gegenwart Personenteil Band 15: Schoo- Stran Bärenreiter Verlag 2006, Kassel Fuchs, Albert Taxe der Streichinstrumente Anleitung zur Einschätzung von Geigen, Violoncelli, Kontrabässen usw. nach Herkunft und Wert 13. Auflage Musikverlag Friedrich Hofmeister, Hofheim am Taunus 117 Hill, Alfred Notiz zur Stradivari „Ex Halphen“ 1727 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Hill, David R. and Son Echtheitszertifikat, Original, 7. Juli 2005 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Hill, W. Henry, Arthur F., Alfred E.; Antonio Stradivari, His life and work (1644- 1737) Dover Publications, Inc. New York, 1963 Kaden, Patricia Artikel aus dem Strings Magazine http://www.stringsmagazine.com/issues/strings90/newsprof.shtml 31.8. 08, 19.30 Kolneder, Walter Das Buch der Violine Atlantis Musikbuch- Verlag, 1933 Zürich und Mainz Lütgendorff, Willibald Leo Freiherr von Die Geigen- und Lautenmacher Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Frankfurt am Main Verlag von Heinrich Keller, 1913 118 Lütgendorff, Willibald Leo Freiherr von, Ergänzungsband von Thomas Drescher Die Geigen- und Lautenmacher Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Verlegt bei Hans Schneider Tutzing, 1990 Niederheitmann, Friedrich Cremona, Eine Charakteristik der italienischen Instrumente und ihrer Instrumente Leipzig, Verlag von Carl Merseburger, 1922 Sacconi, Simone F. Die „Geheimnisse“ Stradivaris Verlag Erwin Bochinsky, 1977 Schleske, Martin Empirical Tools in Contemporary Violin Making Catgut Acoustical Society Journal Vol. 4, No. 5, (Series II), May 2002 Schleske, Martin www.schleske.de Stand: 10. 1. 09, 17.00 Sound Post http://www.thesoundpost.com/EN/fineInst/3-fineViolin50k.cfm Stand: 30. 7. 08, 15.00 119 Vatelot, Etienne Echtheitszerifikat der Violine von Maurice Hasson, Stradivari aus dem Jahr 1727 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Beglaubigte Übersetzung aus dem Französischen: Mag. Andrea Hammerschmied 120 9 .C ric u lV m a te geboren am 3. November 1980, in Eisenstadt, Burgenland Ausbildung 11. Juni 1999 Matura, mit gutem Erfolg ORG der Schwestern vom göttlichen Erlöser, Theresianum Eisenstadt 1999- 2001 Studium der Musikwissenschaft Universität Wien 2001- 2005 Studium Instrumentalpädagogik der Violine, Schwerpunkt: Musikalische Früherziehung Joseph Haydn Konservatorium bei Mag. Veronica Kröner 20. Jänner 2005 Lehrbefähigungsprüfung für Violine Mit ausgezeichnetem Erfolg seit 2006 Magisterstudium Instrumentalpädagogik, Violine Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, bei Univ. Prof Jacqueline Roscheck- Morard 121 Tätigkeiten seit 1995 Mitglied im Haydnorchester Eisenstadt seit 2002 Unterrichtstätigkeit als Violinpädagogin Musikschule Katzelsdorf (NÖ) seit 2004 Tätigkeit in verschiedenen Orchestern: Wiener Jeunesse Orchester, Innviertler Sinfonieorchester, Orchester des Musikfestival Steyr, Amici Musici; seit 2003 Konzertmeisterin im Haydnorchester Eisenstadt seit 2004 Unterrichtstätigkeit, Musikalische Früherziehung Zentralmusikschule Neusiedl am See seit 2005 Mitglied des „Dionysos“ Quartett: Auftritte im In- und Ausland, Schloss Esterhazy (Eisenstadt), Zusammenarbeit mit Garish, Chris And The Other Girls und Wolfgang Wograndl; 2008- 2009 Solistische Tätigkeit im In- und Ausland 122 1 0 .A a h n g • Stammbaum Stradivari Lütgendorff S. 842 123 • Zusammenstellung Stradivari Instrumente von Niederheitmann 1922, S. 149 124 • Fotos Maurice Hasson Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso 125 • Fragebogen (deutsch) Fragen zur Stradivari "Ex Benvenuti", "Ex Halphen" Mein Name ist Johanna Ensbacher und ich bin Studentin (Violine) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Ich arbeite an der Diplomarbeit "A. Stradivari, Ex Benvenuti. Eine Dokumentation der Geschichte und der akustischen Eigenschaften des Instruments". Ziel der Arbeit ist es, das Leben der Violine möglichst genau zu dokumentieren und für die Nachwelt zugänglich zu machen. Daher bitte ich sie um Ihre Mithilfe. Um es für Sie einfacher zu machen, habe ich versucht einen umfassenden Fragebogen zu erstellen. Fragen, die für Sie nicht zutreffen, lassen Sie einfach unbeantwortet. Andererseits bin ich für jeden Hinweis oder jede Episode aus dem Leben des Instruments. Vielen Dank im Voraus für Ihre Mühe! 1. In welchen Zeitraum haben Sie auf der Ex- Benvenuti gespielt? von bis 2. Ist die Violine ihr Eigentum? Ja Nein 2.1. Wer hat Ihnen die Violine zur Verfügung gestellt? 126 3. Verwendung und Eigenschaften der Ex Benvenuti 3.1. In welchen Besetzungen spielen Sie auf der Violine? Solo Ja Nein Orchester Ja Nein Kammermusik Ja Nein 3.2. Klangliche und spieltechnische Eigenschaften der Ex Benvenuti (Bitte kreuzen Sie die zutreffende Zahl an.) hebt sich gegenüber anderen Instrumenten gut ab mischt sich gut in der Gruppe Saitenabstand zum Griffbrett Stegkrümmung 1 2 5 optimal gut 3 1 2 5 optimal gut 3 1 2 5 zu hoch niedrig 3 1 2 5 optimal gut 3 4 weniger 4 weniger 4 zu 4 weniger 127 Tragfähigkeit Neigt die Violine zum Pfeifen? 1 2 5 optimal gut 3 4 weniger Nein Ja Unter welchen Umständen? Neigt die Violine zu Wolftönen? Ja Nein Welche Saite? Welche Töne? 3.3. Wie würden Sie den Klang der Ex Benvenuti beschreiben? (1= trifft zu, 5= trifft nicht zu) Bitte kreuzen Sie die zutreffende Zahl an. hell 1 2 3 4 5 dunkel 1 2 3 4 5 ausdrucksstark 1 2 3 4 5 direkt 1 2 3 4 5 schrill 1 2 3 4 5 weich 1 2 3 4 5 hart 1 2 3 4 5 128 universell 1 2 3 4 5 fokussiert 1 2 3 4 5 klar 1 2 3 4 5 undeutlich 1 2 3 4 5 brillant 1 2 3 4 5 warm 1 2 3 4 5 komplex 1 2 3 4 5 groß 1 2 3 4 5 klein 1 2 3 4 5 edel 1 2 3 4 5 voluminös 1 2 3 4 5 intensiv 1 2 3 4 5 füllig 1 2 3 4 5 fein 1 2 3 4 5 differenziert 1 2 3 4 5 nuancenreich 1 2 3 4 5 eng 1 2 3 4 5 kernig 1 2 3 4 5 sandig 1 2 3 4 5 schneidend 1 2 3 4 5 andere Begriffe: 129 4. Saiten 4.1. Spielen Sie auf einem einheitlichen Saitensatz? Ja Welchen Saitensatz verwenden Sie? Nein 4.2. Spielen Sie auf einem gemischten Saitensatz? Ja Welche Saiten verwenden Sie? E: Nein A: D: G: 4.3. Verwenden Sie immer die oben angeführten Saiten? Ja Nein 4.3.1. Probieren Sie unterschiedliche Saiten aus? Ja Nein Welche Saiten haben Sie schon probiert? 130 4.3.2. Wechseln Sie die Saiten je nach Art der Besetzung? Ja Nein Welche Saiten verwenden Sie, beim Solospiel: im Orchester: in der Kammermusik 4.3.2. Verwenden Sie unterschiedliche Saiten bei verschiedenen Epochen? Ja Nein Welche Saiten verwenden Sie bei Barockmusik: bei klassischer Musik: bei romantischer Musik: bei moderner Musik: 131 4.4. Welche Saiten passen Ihrer Meinung nach am Besten zu der Ex Benvenuti? 5. Bogen 5.1. Welchen Bogen benutzen Sie? 5.2. Benutzen Sie immer den gleichen Bogen in Kombination mit der Ex Benvenuti? Ja Nein 4.3.1. Probieren Sie unterschiedliche Bögen aus? Ja Nein Welche Bögen haben Sie schon probiert? 4.3.2. Wechseln Sie den Bogen je nach Art der Besetzung? Ja Nein Welche Bögen verwenden Sie, beim Solospiel: 132 im Orchester: in der Kammermusik 4.3.2. Verwenden Sie unterschiedliche Bögen bei verschiedenen Epochen? Ja Nein Welche Bögen verwenden Sie bei Barockmusik: bei klassischer Musik: bei romantischer Musik: bei moderner Musik: 133 5.3. Welcher Bogen passt Ihrer Meinung am Besten zur Ex Benvenuti? 6. Zubehör 6.1. Verwenden Sie eine Schulterstütze? Ja Nein Welche Schulterstütze verwenden Sie? Was verwenden Sie stattdessen? (z.B. Polster, Leder, Taschentuch, gar nichts,…) 6.2. Verwenden Sie einen Kinnhalter? Ja Welches Modell? Nein 134 6.3. Welchen Saitenhalter verwenden Sie? (Modell, Holz od. Kunststoff, eingebaute Feinstimmer,…) 7. Reparaturen und Umbau 7.1. Wurde der Steg verändert? Ja Was wurde am Steg verändert? Nein 7.2. Wurden Änderungen am Stimmstock vorgenommen? Ja Aus welchen Grund? Nein 135 7.3. Wurden andere Reparaturen oder Umbauten vorgenommen? Ja Welche? Nein 8. Literatur/ Konzerte/ CD Aufnahmen 8.1. Welche Literatur haben Sie auf der Ex Benvenuti gespielt? 8.2. In welchen Ländern/ Städten und Konzertsälen haben Sie auf der Ex Benvenuti gespielt? 8.3. Welche CD Aufnahmen haben sie mit der Ex Benvenuti gespielt? 136 9. Ist die Ex Benvenuti Ihrer Meinung nach eine empfindliche Violine? (1= sehr empfindlich, 5= unempfindlich) Luftfeuchtigkeit 1 2 3 4 5 Temperatur 2 3 4 5 1 10. Zu welchem Geigenbauer bringen Sie das Instrument bei eventuell anfallenden Reparaturen? 11. Kennen Sie besondere Episoden aus dem Leben des Instruments oder hatten Sie selbst außergewöhnliche Erlebnisse? Wenn ja, beschreiben Sie diese kurz . 12. Könnten Sie Ihre persönliche Beziehung zum Instrument in Worte fassen? Vielen Dank für Ihre Hilfe! 137 • Fragebogen Englisch Q e u stio n a r x "E e B n v ti u 1. In which period of time did you play on the Ex Benvenuti? 2. Yes Was the violin your property? No Did you have a second violin to play with in this period of time? Yes What was your second violin? 3. No Usage, sound characteristics, acoustic properties 3.1. Did you use the violin for: soloist playing Yes No playing in an orchestra chamber music Yes No Yes No 3.2. Characteristics in playing and particular sound characteristics Please mark with a cross! silhouetted against other instruments Ability to blend in an ensemble 1 2 3 5 optimal suboptimal 1 2 3 5 optimal suboptimal 4 4 138 distance between strings and finger board 1 2 3 5 to high low 1 2 3 5 optimal suboptimal 1 2 3 5 optimal suboptimal bending of the bridge range Does the violin tend to wheeze? 4 to 4 4 No Yes In which situations? Does the violin tend to wolf note? No Yes On which string? Which note? 3.3. Which terms would you use for describing the special sound of the Ex Benvenuti? Please mark with a cross! (1= applies, 5= does not apply) Bright Dark 1 5 1 5 2 3 4 2 3 4 139 Expressive direct Flashy Soft Hard Clear Cloudy brilliant warm Complex Grand Thin Noble voluminous nasal centered powerful 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 2 3 4 Other terms: 140 4. Strings 4.1. Did you use all 4 strings from one company and brand? Yes Which strings did you use? No 4.2. Did you use different strings from different companies and brand? Yes No Which strings did you use? 4.3. Did you always use the strings which you mentioned above? Yes No 4.3.1. Did you try different strings? Yes No Which strings did you try? 4.3.2. Did you change the strings depending on playing Solo/ in an orchestra or chamber music? Yes Which strings did you use for: No 141 soloist playing: the orchestra: chamber music 4.3.3. Did you change the strings depending on which kind of the music you played? Yes No Which strings did you use playing baroque music: classical music: romantic music: contemporary music: 142 4.4. Which strings fit best for the Ex Benvenuti? 5. Bow 5.1. Which bow did you use? 5.2. Did you always use the same bow? Yes No 5.2.1. Did you try out different bows? Yes No Which bows did you try? 5.2.2. Did you change the bow 143 depending on playing as a soloist/ in an orchestra or playing chamber music? Yes No Which bows did you use for, soloist playing: playing in the orchestra: playing chamber music: 5.2.3. Did you change the bow depending on the era of the music? Yes No Which bows did you use for baroque music: classical music: romantic music: contemporary music: 144 5.3. Which bow fits best for the Ex Benvenuti? 6. Accessory 6.1. Did you use a shoulder support? Yes No Which shoulder support did you use? What did you use instead of the shoulder support? 6.2. Did you use a chin rest? Yes Which type? No center fitting left 145 6.3. Which tailpiece did you use? (Type, wood/ plastic, fine tuners,) 7. Repairs 7.1. Were there any modifications on the bridge at the time you played on the violin? Yes What modifications on the bridge were done? No 7.2. Were there any modifications on the sound post? Yes Why? No 7.3. Were there any other repairs? Yes Which? No 146 8. Literature/ Concerts/ CDs 8.1. Which pieces of music did you play with the Ex Benvenuti? 8.2. In which countries/ cities or towns and concert halls did you play with the Ex Benvenuti? 8.3. Which recordings did you play with the Ex Benvenuti? 8.4. Did you keep any programs from concerts? 147 8.5. With whom did you play together chamber music? 8.6. Can you name some of your students? 9. Is the Ex Benvenuti in your opinion a very sensitive violin to air humidity and temperature? (1= very sensitive, 5= not sensitive) air humidity 1 2 3 4 5 temperature 1 2 3 4 5 10. Who was your violin maker during the time you played with the Ex Benvenuti? 148 11. Have you heard about any special episodes of the Ex Benvenuti or did you have extraordinary experiences yourself? If so, please describe it. 12. Diane Benvenuti – is she still alive? 12.1. In which period of time did Diane Benvenuti gave lessons to you? Where did she teach? (Private, in a school, organization?) 12.2. Which sort of teacher was she? Very demanding and stringent or more kind- and soft-hearted? Relationship? 12.3. Do you still have contact with her? 149 12.4. Do you think she would agree to give an interview? How could I get in contact with her? Dou you know her address? 12.5. Dou you have a picture of her? 12.6. Dou you know her birthday (and date of death)? 12.7. Do you know any details of her life? 12.8. You got the Stradivari from her. Is it right? I have the information, that she first lent it to you and after 4 years you bought it from her. Can you tell the story? 150 13. Halphen 13.1. Do you have any information about the former player Mr. Halphen? 13.2. Was he a professional violin player or did he play just for fun? 13.3. Did Diane Benvenuti tell you anything about the Halphen family? Did she buy the violin private or was a luthier involved? 13.4. Is anybody of the family in Paris to whom I could talk? 14. Do you have any idea who could know more about the violin beside Charles Beare and David Hill; Etienne Vatelot cannot remember. 151 15. Maurice Hasson 15.1. Do you have a photo of you with the instrument, and if so, may I have a copy of it? If not: May I take a photo of you? I would like to insert pictures of people who played with the Stardivari. 15.2. I would like to insert your Curriculum Vitae in my work. Do you have one? 15.3. This is the one of the last and most difficult questions. And I must say that you don’t have to answer, although the answer is very interesting for my work. But please do not misunderstand! Why did you sell the violin? 16. Could you describe your personal relationship to the Ex Benvenuti? Thanks a lot for your help! 152 • Pressestimmen Privatbesitz: Maurice Hasson 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 E rk lä u g n Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig verfasst und Literatur, Hilfsmittel sowie Quellen nach bestem Wissen und Gewissen vollständig angegeben habe. _____________________________________ Johanna Ensbacher 164