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070_079_boote_05_09 16.04.2009 6:41 Uhr Seite 70 REISE Der lange Weg nach Bremerhaven Welchen Grund gibt es, von Hamburg über Hannover und Minden nach Bremerhaven zu fahren? Text Jürgen Straßburger Fotos Harald Mertes, Jürgen Straßburger Der Elbe-Seitenkanal im Regendunst (großes Foto). Unterhalb der Bremer Weserschleuse geht’s in die Tidenweser (links). Doppelte Begegnung auf der Weser bei Nienburg (Mitte). Ansteuerung der „Havenwelten“ in Bremerhaven. 70 boote 5/09 070_079_boote_05_09 W 16.04.2009 er mit dem Boot von Hamburg mal eben nach Bremerhaven will, wird sich wohl immer für den nur 165 km langen Weg über Elbe und Schifffahrtsweg Elbe-Weser entscheiden. Es muss also einen besonderen Grund geben,das gleiche Ziel über Elbe, Elbe-Seitenkanal,Mittellandkanal und Weser anzusteuern,statt 165 rund 510 km unter den Kiel zu nehmen. 6:41 Uhr Seite 71 Bei uns war es zunächst die Idee, mal eine große norddeutsche Schleife zu fahren,die über den südlichen Umweg nach Bremerhaven von dort über den Schifffahrtsweg Elbe-Weser,den Nord-Ostsee-Kanal,die Ostsee,den Elbe-Lübeck-Kanal und die Elbe zurück nach Hamburg führen sollte. Erst bei der Durchführung des Plans wurde uns klar, dass es für die nicht sonderlich at- traktive Fahrt über Elbe-Seiten- und Mittellandkanal sowie die weitaus attraktivere Weser durchaus einen weiteren Grund geben kann: den niedersächsischen Spargel. Dazu muss man wissen, dass das Herzstück seines Anbaugebietes sich zwischen dem Städtedreieck Hamburg – Hannover – Bremen erstreckt und die genannten Wasserstraßen durch die wichtigsten Anbaugebiete führen: Region Lüneburger Heide, Region Braunschweig, Region Hannover und die MittelweserRegion. Gehen wir also auf Spargeltörn, und genießen Sie mit uns die „Niedersächsische Spargelstraße“ (www.nieder saechsische-spargelstrasse.de) mal nicht mit Auto oder Fahrrad, sondern mit dem Boot. Um die weiße Frucht auf dieser Route frisch gestochen zu genießen, muss natürlich auch boote 5/09 71 070_079_boote_05_09 14.04.2009 16:31 Uhr Seite 72 REISE Von links nach rechts: Südlich von Bremen lockt die Weser im Bereich Wieltsee mit perfekten Stränden. Am oberen Wehrarm der Schleuse Petershagen liegt die Steganlage des MYC Lahde. Ein holländisches Gastboot verlässt den Yachthafen Heidanger durch die enge Zufahrt. die Jahreszeit stimmen: Ab Ende April bis zum 24. Juni wird das begehrte Gemüse geerntet. Da liegen wir mittendrin, denn unser Törn beginnt am 15. Mai 2008 in Hamburg. Mit einem Verdränger wie unserer „Troll“ tut man gut daran, das Tidenrevier der Elbe von Hamburg bis zur Schleuse Geesthacht mit auflaufendem Wasser zu befahren. Der Flutstrom schiebt auf diesen rund 30 km mit 3 bis 4 km/h: ein Zeit und Diesel sparender Gewinn. Es ist gräuslich,wenn man an der Schleuse Geesthacht warten muss, denn weder im Unternoch im Oberwasser gibt es Wartesteiger für die Sportschifffahrt. Man kann allenfalls mit der Vorleine an den riesigen Dalben festmachen, die eigentlich für die Berufsschifffahrt eingerammt wurden. Diesmal beträgt unsere Wartezeit nur 20 Minuten. Noch 16 km bis zu unserem Tagesziel, der „Marina Lauenburg“. Jetzt frisst uns der Elbstrom natürlich ein paar Kilometer über Grund weg. Deshalb brauchen wir von der Schleuse Geesthacht bis Lauenburg knapp zwei Stunden. In der Marina, die im Mündungsbereich des Elbe-LübeckKanals oberhalb der ersten Kanalbrücke liegt, werden wir schon erwartet: Unser BerlinKorrespondent Peter Egloff und seine Frau sind uns, mit 72 boote 5/09 ihrem Boot auf Urlaubstörn, ein wenig entgegengekommen. Auf ihrem Rückweg nach Berlin wollen sie uns bis Wolfsburg begleiten.Das abendliche Essen in der Traditionsgaststätte „Altes Schifferhaus“ ist nicht mehr der Erwähnung wert – das war mal anders, nämlich besser! Guter Service macht die Marina Lauenburg zu einem beliebten Etappenziel:Wasser und Strom am Steg, Dieseltankstelle, schöne Sanitäranlage mit Waschmaschine und Trockner, frisch gezapftes Bier im „Skipper’s Treff“ und der Brötchenservice des Hafenmeisters. Liegegebühr für „Troll“ (8 m): 14 Euro einschließlich Strom. Vier Kilometer müssen wir auf der Elbe zurück Richtung Geesthacht, um die Einfahrt in den Elbe-Seitenkanal zu erreichen. Die Sonne verschwindet im Tagesverlauf zunehmend hinter Wolken.Dazu passt,dass uns das spektakuläre Hebewerk Lüneburg fast zwei Stunden auf die „Hebung“ warten lässt. So brauchen wir für die 50 km lange Tagesetappe von Lauenburg bis Uelzen sieben Stunden. Den Hafen des Yachtclub Uelzen erreichen wir bei strömendem Regen. Aber es gibt ausgleichende Gerechtigkeit: Uelzen, das ist Heide, und das heißt zu dieser Jahreszeit: Heidespargel! Schon in Lüneburg beginnt die nördlichste Spargelregion Niedersachsens. Und so bekommen wir das königliche Gemüse am Abend „satt“ in der gemütlichen Clubgaststätte. Es ist ratsam, den Spargel früh genug zu bestellen (Telefon 0581-4 32 11 oder 0170-726 46 83). Was noch? Wasser und Strom am Gästesteg, feine Sanitäranlagen für die Crew mit Waschmaschine und Trockner, Grillplatz,Kinderspielplatz und kostenloser Fahrradverleih. Auftakt mit Heidespargel satt im Yachtclub Uelzen Regen total am nächsten Tag: Der Elbe-Seitenkanal verschwimmt im Dunst des Dauerregens und bekommt mystische Züge. Auch eine Variante, der Gleichförmigkeit neue Aspekte abzugewinnen. Die Schleuse Uelzen I lässt uns eine Stunde warten. (Neubau Uelzen II ist mal wieder nicht in Betrieb). An der Liegestelle Bodenteich nutzen wir die nahen Einkaufsmöglichkeiten,um kräftig Heidespargel zu bunkern, den wir am Abend an Bord von Peter Egloffs „Pauline II“ zuberei- ten wollen. Tagesziel: der Hafen des MBC Wolfsburg. Für uns ein Umweg von 12 km in östlicher Richtung plus Schleuse Sülfeld. Warum Wolfsburg? Weil wir das VW-Prestigeobjekt, die „Autostadt“, besuchen wollen. Doch es kommt anders. Die Schleuse Sülfeld lässt uns so lange warten, dass wir um unser gemütliches Spargelessen fürchten und deshalb Kurs West nehmen und den Hafen des YC Hoffmannstadt Fallersleben ansteuern, der nur wenig östlich der Einmündung des ElbeSeitenkanals in den Mittelandkanal liegt und besonders durch seine „opulenten“ Sanitäranlagen besticht. Am Steg natürlich Wasser und Strom,im Clubhaus frisch gezapftes Bier. (Liegegebühr 8 Euro). Doch das Bier lässt uns heute kalt, denn an Bord von „Pauline II“ gibt es zum Spargel „satt“ diesmal einen trockenen Riesling. Stark bewölkt und kalt – aber der Regen ist vorbei. Gemeinsam mit „Pauline II“ nehmen wir erneut Anlauf auf Wolfsburg. Sonntag früh ist wenig Verkehr, und wir können die Schleuse Sülfeld nach kurzer Wartezeit passieren. In Wolfsburg machen wir an der Liegestelle für Kleinfahrzeuge in Höhe des Wolfsburger Bahnhofs fest.Vor uns in Sichtweite die „Autostadt“, das von VW parallel zur EXPO 2000 in 070_079_boote_05_09 16.04.2009 Im Trog des spektakulären Schiffshebewerks Lüneburg geht es ganz gemütlich um satte 38 m nach oben oder nach unten. 12:02 Uhr Seite 73 070_079_boote_05_09 14.04.2009 16:32 Uhr Seite 74 REISE Brückengewirr und viel Berufsschifffahrt: der Mittellandkanal in der Nähe des Braunschweiger Hafens. Pauline II passiert auf Parallelfahrt zu „Troll“ das VW-Werk in Wolfsburg. 74 boote 5/09 Hannover eröffnete Ausstellungs- und Auslieferungsgelände. Eine Fußgängerbrücke verbindet die Bahnhofseite des Kanals mit der Autostadt. Für uns ein kurzer Fußweg. Bevor wir uns intensiv der Autostadt mit ihren vielen Facetten rund ums Thema „Mobilität“ widmen,nehmen wir Abschied von „Pauline II“, die jetzt endgültig Kurs auf Berlin nimmt. Die Autostadt ist unbedingt einen Besuch wert, und man sollte sich mindestens einen halben Tag Zeit nehmen.Allein in der außergewöhnlichen Oldtimer-Sammlung kann man Stunden verbringen.Die beiden gläsernen Auslieferungstürme, vollautomatisch wie von Geisterhand gesteuert, sind ein weiteres Highlight. Fans einzelner VW-Marken kommen in den „Markenpavillons“ auf ihre Kosten. So demonstriert bei- spielsweise Lamborghini eine Motorsound-Show, bei der PSfreaks Gänsehaut kriegen. Kurs West. Vor Sülfeld liegen wir wieder eine Stunde (nach Fertigstellung der Südkammer Ende letzten Jahres dürfte es jetzt kaum noch Wartezeiten geben), und so brauchen wir für die 35 Kanalkilometer bis zum Yachthafen Heidanger im Stichkanal Salzgitter gut vier Stunden. Der Gästesteg im Yachthafen ist belegt, und man weist uns einen Dalbenplatz zu. Es gibt Strom,aber Wasser nur an einer Zapfstelle mit Schlüssel vom Hafenmeister. Das Essen im „Restaurant am Yachthafen“ ist gut und entspricht der gehobenen Preisklasse (www.restau rant-heidanger.de). Natürlich steht niedersächsicher Spargel auf der Karte,den wir aber heute mal weglassen. Etwas „unter- belichtet“ sind die Sanitäranlagen, denn es gibt in der „Herrenabteilung“ nur eine Dusche und ein WC. Da kann es eng werden! (Liegegeld 9,50 Euro inkl. Strom.) Kurs auf Seelze, 12 km westlich von Hannover.Wartezeit an der Schleuse Anderten 45 Minuten. Tankstopp in Hannover an der Diesel-Tankstelle der Marinekameradschaft. Der Yachthafen Seelze liegt im Stichkanal Hannover-Linden,2 km vom Mittellandkanal entfernt. An einem freien Platz am Gästesteg machen wir fest. Steganlagen, Stromkästen und -leitungen machen einen zunehmend maroden Eindruck. Der Zustand der Sanitäranlagen ist allenfalls befriedigend (Liegegebühren inkl. Strom 10 Euro). Juniorchef Frank Klingenberg scheint seinem Hafen deutlich weniger Sorgfalt 070_079_boote_05_09 14.04.2009 16:32 Uhr Seite 75 Von links nach rechts: Die Altstadt von Lauenburg aus der Perspektive der Mündung des Elbe-Lübeck-Kanals in die Elbe. Eine knuffige Begegnung auf dem Mittellandkanal. Steganlage im Yachthafen Heidanger, im Hintergrund das empfehlenswerte „Restaurant am Yachthafen“. zuzuwenden als früher sein Vater Willi. Das Restaurant „Am Yachthafen“ ist wegen Ruhetag (montags) geschlossen und entzieht sich somit unserem geplanten Spargeltest. Dafür finden wir im Ort frischen Spargel aus der Region Hannover, dessen wohl bekannteste Marke der „Burgdorfer Qualitätsspargel“ ist. Am Abend hüllt sich das Cockpit von „Troll“ in Spargelduft. Kurs auf Minden. Am Südufer des Mittellandkanals wird in der Ferne ein Höhenzug sichtbar: der Deister. Vor Minden führt der Kanal in südwestlicher Richtung mit einer langen Geraden direkt auf die Porta Westfalica zu, die zunächst nur als kleiner Pickel aus den Wäldern am Ostrand des Wiehengebirges ragt. Dann überqueren wir die Kanalbrücke über die Weser. Per Funk wird uns auf Anfrage die Schachtschleuse Minden als Abstieg zur Weser zugewiesen. Ohne Wartezeit geht’s gut 13 m abwärts. Der Schwimmsteg des MYC Lahde liegt in einem WeserAltarm 9 km unterhalb der Schachtschleuse – ein grünes Fleckchen in herrlicher Ruhe und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem großen Campingplatz. Am Steg Wasser und Strom, Sanitäranlagen auf dem Campingplatz (gut 5 Fußminuten). Der Club plant, einen eigenen Sanitärcontainer aufzustellen – „wenn das Geld reicht“. Liegegebühr 10 Euro inkl. Strom. Duschen 50 Cent. Die Porta Westfalica als Pickel am Rand des Wiehengebirges Gern nehmen wir das Angebot der Gastfahrräder an und radeln zum Abendessen nach Lahde (rund 2 km). Bei einem Italiener im Sportzentrum werden wir fündig. Strahlender Sonnenschein, aber ein lausig kalter Nordwind begleitet unsere Fahrt nach Nienburg. Die Weserschleusen Petershagen,Schlüsselburg und Landesbergen laufen wie am Schnürchen, und so erreichen wir Nienburg schneller als erwartet. Wir sind erschrocken, als wir in das weite Hafenbecken von Nienburg einlaufen: Am Steg des „Kanu Club Weser Nienburg“ dümpeln mal gerade zwei kleine Sportboote, und am Gästesteg liegt nur eine Motoryacht unter schweizerischer Flagge. Ansonsten ist es tot wie Hund! Im bewirtschafteten Clubhaus mit Biergarten (Essen und Trinken) werden wir freundlich begrüßt, zahlen 1,00 Euro pro Bootsmeter und 1,50 Euro für Strom (Wasser nur am Kopf des Clubstegs!), und man weist uns in die Sanitäranlagen ein (1 Dusche, 1 Waschbecken, 1 WC). Das nette Stadtzentrum von Nienburg ist schnell erreicht (rund 500 m), gute Einkaufs- AWARDED AT FIRST GLANCE Complementing the successful launch of both 370 flybridge and coupe Nord West have taken advantage of their new exceptional hull to produce an exciting and innovative new sports cruiser range. The Nord West 370 Sport offers full open top exhilaration for those discerning clients who like a full open sky experience. To complete the new 370 range Nord West introduce their semi rigid hardtop – Nord West 370 Sports Top. NORD WEST 370 SPORT www.nordwest.se | T. +46 304 349 60 070_079_boote_05_09 14.04.2009 16:32 Uhr Seite 76 REISE WAS SKI PPER WISSEN MÜSSEN Brunsbüttel N o rd - O s t s e e - Ka n a l Glückstadt Elb Otterndorf e Os Schifffahrtsweg Elbe-Weser te Bederkesa Stade Wedel Hamburg Bremerhaven Geesthacht Lauenburg Bremervörde Wese r Brake Geesthacht Boizenburg El be Schiffshebewerk Lüneburg Elsfleth Vegesack Lüneburg Worpswede m Lesu te Hun Bremen Weserschleuse Bremen Bad Bevensen Baden Langwedel Uelzen Dörverden ElbeS e i t e n ka n a l A ll e r Landesbergen 30 km 0 Wittingen Nienburg Celle Schlüsselburg Burgdorf Calberlah Idensen Seelze Schachtschleuse Lübbecke Minden Petershagen Anderten Lahde M i t t e l l a n d Hannover ka n a l Sehnde Berenbusch Wes er TIPPS ZUM TÖRN Fahrgeschwindigkeit Elbe Hamburger Hafengebiet (km 639 bis km 607,5) 22 km/h (12 kn); oberhalb km 607,5 unbegrenzt; Elbe-Seitenkanal 15 km/h; Mittellandkanal 15 km/h; Weser 35 km/h; in den Schleusenkanälen bis 1,30 m Tiefgang 10 km/h; bei mehr als 1,30 m Tiefgang 8 km/h. Führerschein Die Weser ist unterhalb der Wilhelm-Kaisen-Brücke (Weser-km 366,7/Unterweser-km 0,0) Seeschifffahrtsstraße. Ab hier ist der Sportbootführerschein See erforderlich. Törnführer/Karten ■ Manfred Fenzl: Vom Rhein zur Nord- und Ostsee. Mit Flüssen und Kanälen zwischen Ems und 76 boote 5/09 Sülfeld Misburg S t i c h ka n a l Hildeheim Peine S t i c h ka n a l Salzgitter Wolfsburg Fallersleben Abbesbüttel Braunschweig Elbe. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978-3-89225-446-1. ■ Doris und Andreas Saal: Törnführer Elbe 3. Lauenburg – Cuxhaven. Heel Verlag, Königswinter. ISBN 3898805506. ■ Deutsche Binnenwasserstraßen 2: Die Elbe. Hamburg – Magdeburg und Elbe-LübeckKanal. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978-3-89225-438-6. ■ Heinz Squarra: Mit dem Boot durchs Heideland. YachtclubInfos, Bensheim. ISBN 3-925 640-25-8. ■ Heinz Squarra: Mit dem Boot vom Rhein nach Berlin. Yachtclub-Infos, Bensheim. ISBN 3-925640-23-1. ■ Deutsche Binnenwasserstraßen 1: Mittellandkanal und Elbe-Seitenkanal. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978-389225-437-9. Planungskarte ■ Jürgen Straßburger: Gewäs- ZEICHNUNG: HEINZ HUCHTMANN Drakenburg Wese r Hoya Uelzen Bad Bodenteich Dörverden serkarte Deutschland. Nordwest: Rhein – Elbe, Ems – Weser. Mit Mittellandkanal. Edition Maritim, Hamburg. ISBN 978-389225-342-6. Törnetappen Hamburg-Tatenberg – Lauenburg Lauenburg – Uelzen Uelzen – Sülfeld – Fallersleben Fallersleben – Wolfsburg – Heidanger Heidanger – Seelze Seelze – Lahde Lahde – Nienburg Nienburg – Dörverden Dörverden – Bremen-Hemelingen Bremen-Hemelingen – Bremen Bremen – Elsfleth Elsfleth – Brake Brake – Bremerhaven Summe km 48 54 70 46 70 58 47 40 52 7 33 11 26 562 möglichkeiten gibt es jenseits der Weserbrücke (800 m). Wir finden unser sonniges Abendziel mit Weserblick knapp oberhalb der Fußgängerbrücke auf der Terrasse des Restaurants „Hasbergscher Hof“. Und hier entscheiden wir uns, niemanden wird es überraschen, für eine der vielen Variationen des Nienburger Spargels. Um dieses Produkt von anderen Spargelsorten abzuheben, wurde die Wort- und Bildmarke „Nienburger Spargel“ 1996 unter Patentschutz gestellt. 60 Anbaubetriebe gehören der Arbeitsgemeinschaft „Nienburger Spargel“ an. Mit einer Anbaufläche von 500 Hektar nimmt der Landkreis Nienburg in einer deutschen Gesamtstatistik den 9.Platz ein. Natürlich hat man auch eine eigene Website: www.nienbur ger-spargel.de Auf dem Weg von Nienburg nach Dörverden machen wir Mittagspause am Gaststeg des WSV Hoya, der außerhalb des Hafenbeckens am Weserstrom liegt. Auch hier ist das kleine Becken (für Boote bis 8 m) nur zur Hälfte belegt.Was ist los mit den Weserskippern? An der Steganlage des WSV Dörverden finden wir unseren Platz für die Nacht. Eine herrliche Lage im Altarm der Weser mit betörendem Blick auf die Kirche von Dörverden. Das alles in absoluter Ruhe. Kein Wunder, dass dieses Plätzchen unter Weserskippern besser als „Palm Beach“ bekannt ist,denn als Dörverden. Hier darf man definitiv nicht vorbeifahren! Dank ausgeliehener Fahrräder erreichen wir über die Fußgängerbrücke die Ortsmitte in wenigen Minuten. Die Einkaufsmöglichkeiten sind perfekt: Supermarkt, Discounter, Bäcker…Ach ja: Frischen Spargel vom Bio-Bauern gibt’s auch. Wir bestellen 2 kg für den nächsten Morgen. Nur ein paar 070_079_boote_05_09 15.04.2009 Meter vom Ortskern entfernt liegt die „Pfeffermühle“, ein sehr empfehlenswertes Restaurant mit kleiner Gartenterrasse und interessanter Karte. Da schlagen wir zu! Den Sundowner in Form eines frisch gezapften Biers genießen wir auf der „Terrasse“ des schwimmenden Clubheims der Dörverdener – ein perfekt umgestalteter ehemaliger Bootsschuppen des WSA Verden, in dem sich neben dem Clubraum auch die Sanitäranlagen befinden (Dusche,WC,Waschbecken,je 1 x). Keiner kennt Dörverden – aber jeder kennt „Palm Beach“ Bei strahlend blauem Himmel und erfrischendem Ostwind verlassen wir Dörverden und steuern Bremen entgegen. In der „Marina Achim“ (Weserhafen Uesen,Fluss-km 341 RU) legen wir eine Mittagspause ein und essen im schicken Restaurant „Bootshaus“ von der Tageskarte „Dorsch auf Blattspinat mit Basmati-Reis“. Dank 10:25 Uhr Seite 77 des schönen Wetters (und der Nähe von Bremen mit seinen vielen Weserhäfen) tummeln sich im Verlauf des Freitagnachmittags neben uns erstmals auch ein paar andere Sportboote auf der Weser. Besonders in Höhe des Wieltsees mit seinen fünf Clubanlagen ist endlich richtig was los. Für die Nacht machen wir im Wassersport-Zentrum-Oberweser in Bremen-Hemelingen fest – dank der nahen A1 nicht gerade ein ruhiger Schlafplatz. Dafür sorgen drei Service-Betriebe für umfassende Versorgung rund ums Boot: die Tankstelle des Marina-Betreibers Beyer, der „Bootsausrüster Dörgelow“ (der hat die Beschläge, die ich suche), und beim „Motoren-Service Nord Haumann“ bekomme ich Volvo-Penta-Motorenöl, wovon ich ebenfalls Nachschub brauche.An Bord der „Troll“ gibt es am Abend noch einmal Mittelweser-Spargel. Der letzte Spargel dieses Törns. Den begehrten Steg der „Marina Bremen“ (Wasser, Strom, je 1 x Dusche, Waschbecken und WC, was für den Andrang viel zu wenig ist) erreichen wir in gut einer Stunde, nachdem wir zuvor über die Sportbootschleuse Bremen-Hemelingen von der gemächlich fließenden Im kleinen Hafenbecken des WSV Hoya haben Boote bis 8 m Länge Platz. Größere Boote liegen am Schwimmsteg im Strom. 070_079_boote_05_09 16.04.2009 12:11 Uhr Seite 78 REISE Von links nach rechts: Die Bootsschleuse Bremen-Hemelingen entlässt die Boote in die Tiden-Weser. Auf der Unterweser werden die Pötte größer: Begegnung mit einem KüMo vor Vegesack. Rappelvoll ist der Hafen des Braker Ruder- und Segelvereins im Frühjahr. in die von Ebbe und Flut diktierte Tiden-Weser eingefahren sind. „Marina Bremen“ liegt auf Schlagdistanz nur wenig unterhalb der „Schlachte“, die sich auch „maritime Meile“ nennt, am Nordwestrand der Bremer Altstadt. Weder die berühmten „Bremer Stadtmusikanten“ (neben dem Rathaus) noch Rathaus und Roland (Weltkulturerbe) können uns an diesem herrlichen Sommerabend in ihren Bann ziehen. Die hehre Kultur wird schlicht den leiblichen Genüssen geopfert, die wir auf der „Schlachte“ in reichlicher Auswahl finden. Zwischen Bürgermeister-Smidtund Wilhelm-Kaisen-Brücke drängt sich mehr als ein Dutzend Restaurants, Bars, Bistros, Cafés und Lounges aus vieler Herren Länder in den hübsch restaurierten Speicherhäusern und ergießt seine Tische und Stühle von der Hauskante bis an den Rand der Weser. Was hier abgeht, steht im „Schlachte Journal“ oder ist unter www.schlachte.de nachzulesen. Mit ablaufendem Wasser und bei ENE zwischen 3 und 4 Beaufort geht es die Unterweser runter. Das kleine Örtchen Elsfleth, zwischen Weser und Huntemündung gelegen, ist unser nächstes Ziel.Das sind rund 30 Stromkilometer, die wir in 2 1/2 Stunden hinter uns haben. Im Elsflether Stadthafen oberhalb des Hunte-Sperrwerks liegt der private Sportbootanleger der Reederei Horst Werner Janssen (Wasser und Strom am Steg). Ein perfektes Gastplätzchen, weil es von hier nur wenige Schritte in den beschaulichen Ort sind, der gute und fußläufige Einkaufsmöglichkeiten bietet (Supermärkte hinter dem Kirchhof). Direkt am Hafen das „Café Panorama“ in dem sich auch die sehr feinen Blick vom Hotel „Sail City“ auf den Neuen Hafen mit „Lloyd Marina Bremerhaven“. 78 boote 5/09 070_079_boote_05_09 14.04.2009 Sanitäranlagen befinden (Zugang mit Code vom Hafenmeister).Von hier noch ein paar Meter über den Bahnübergang, und der Rathausplatz ist erreicht und damit das Restaurant „Zur Kogge“, dessen Fischspezialitäten durch und durch zu empfehlen sind. (Rathausplatz 7,Telefon 0440495 99 10). Wind NNE mit 4 Beaufort. Wetteronline verspricht für die Unterweser vor Bremerhaven, unserem geplanten Tagesziel, Böen von 40 bis 60 km/h (6 bis 7 Beaufort). Das ist nicht wirklich lustig, schon gar nicht im Bereich der Großen Luneplate, dem Weserabschnitt zwischen Nordenham und Bremerhaven. Wenn dort Wind gegen Strom steht, wird’s hackig. Deshalb ändere ich schon morgens die Planung und gebe Brake als Tagesziel aus. Das ist eine Faulenzer-Etappe von nur elf Stromkilometern, aber angesichts der Wetterbedingungen eine akzeptable Variante. In 45 Minuten haben wir mit ablaufendem Wasser Brake erreicht. Völlig undenkbar, bei diesem Wetter am Gaststeg der Stadt festzumachen, der wenig oberhalb der Braker Hafenschleuse völlig ungeschützt der Windsee und den Wellen der Berufsschifffahrt ausgesetzt ist. Also gibt es keine Alternative zum Binnenhafen, der aber nur über die Hafenschleuse erreichbar ist. Wir rufen „Brake lock“ per Funk: „45 Minuten wird es wohl dauern.“ Tatsächlich werden es fast zwei lange Stunden, in denen wir auf der bewegten Weser im Bereich der Schleuse auf und ab dümpeln, bevor wir endlich in die Hafenschleuse und danach in den Binnenhafen einlaufen dürfen. Der kleine Hafen des „Braker Ruder und Segelverein“ (BRSV) im südlichsten Zipfel des Binnenhafens ist bis auf den letzten Platz belegt, ein Club- 16:33 Uhr Seite 79 mitglied nicht anwesend – logisch, wer ist Montagmittag schon im Hafen? Also legen wir uns erst einmal längsseits an die Kaimauer, knapp außerhalb der Umzäunung des Clubhafens. Eine Brakerin empfiehlt uns den Fischimbiss „Neptun“ in der Fischvermarktungshalle auf der Nordseite der Hafenschleuse. Ein toller Tipp, denn im Neptun bekommen wir Brataal, dem wir schon ein paarmal vergeblich hinterhergelaufen sind. Wichtig: Das Lokal hat täglich nur bis 14 Uhr geöffnet. Wir schlendern durch das ansehnliche Brake, dessen Hauptstraße Richtung Weser gar schon ein wenig SeebäderFlair ausstrahlt, und stellen beim Rückweg zum Boot fest, dass sich unser Liegeplatz Bremerhaven: Fasziniert vom Zauber der „Havenwelten“ tatsächlich fast mitten im Ortszentrum befindet. Aldi ist „gleich um die Ecke“, andere Supermärkte aber wohl irgendwo weit draußen „auf dem Acker“.Am Nachmittag erlaubt uns ein Clubmitglied, an der Außenkante des äußeren Fingersteges längsseits festzumachen. Wir freuen uns über das Angebot, denn nun haben wir Wasser und Strom und können die properen Sanitäranlagen im netten Clubhaus benutzen. Dafür zahlen wir inkl. Wasser, Strom und Duschen nur 8 Euro! Der Clubhafen ist umzäunt und nur mit einem Code zugänglich. Schon beim Einlaufen in den Binnenhafen hatten wir mit der Hafenschleuse verabredet, am nächsten Tag um 11 Uhr wieder Richtung Weser zu schleusen. Gemeinsam mit einem Binnenschiff geht es tatsächlich Punkt 11 Uhr Richtung Weser. Der Wind ist noch immer heftig, und die Vorhersage für Bremerhaven hat immer noch Böen von 40 bis 60 km/h im Angebot. Unser Vorteil: Er kommt nicht mehr aus NNE, sondern direkt aus E. Das verspricht bessere Abdeckung an der Großen Luneplate. Um 12.30 Uhr passieren wir ohne Probleme bei 4 bis 5 Beaufort Tonne 60 in Höhe Nordenham. Wenig später wird es auf der Blexen-Reede doch noch ein wenig ungemütlich, aber durchaus machbar. Dann liegt Bremerhaven vor uns,vor allem das neue,weithin sichtbare Bremerhaven rund um das Entwicklungsgebiet „Alter und Neuer Hafen“. Alles überragend das „Atlantic Hotel Sail City“, eine Miniaturausgabe des Burj-Al-Arab in Dubai, und Kuppel und Spitzturm des „Mediterraneo“, das ein authentisch mediterranes Einkaufs- und Erlebnisforum werden soll. Irgendwie dazwischen das eigenwillig wie eine Banane geformte „Klimahaus Bremerhaven 8° Ost“, in dem die Besucher ab 27.Juni 2009„die Kräfte der Natur und die Wechselwirkungen des Klimas für Leben auf dem Planeten Erde verstehen und erleben sollen“, wie es auf der Website www.bremer haven.de heißt. Durch die Neue Schleuse, die neben dem historischen Leuchtturm in den Neuen Hafen führt, erreichen wir unser Etappenziel: Die „Lloyd Marina Bremerhaven“.Ein perfekter Hafen, in dem man an sicheren Fingerstegen längsseits liegt. Zugang zum Steg mit Code. Wasser (mit Chip – 1 Euro für rund 100 l) und Strom, geräumige und saubere Sanitäran- Stadtnah und direkt am Puls des Lebens: die Steganlage der Marina Bremen auf Schlagdistanz zur beliebten „Schlachte“. lagen (Zugang mit Code, Duschen mit Chip – 1 Euro). Suiten und Appartments gibt es im „boardinghouse“, in dessen Rezeption auch alle Wünsche der Skipper bei Hafenmeister Rüdiger Magowsky auf offene Ohren treffen. Das schicke Bistro im boardinghouse stillt den Hunger der Crews vom Frühstück bis zum Abendessen. „Bremerhaven wächst am Meer“ heißt der verheißungsvolle Slogan der Marketingstrategen. Vieles soll in den „Havenwelten“ noch entstehen, einiges ist bereits zu bewundern, wie beispielsweise der „Zoo am Meer“ und das „Deutsche Auswandererhaus“,in dem die Geschichte der europäischen Migration zwischen 1840 und 1955 in einmaliger Weise lebendig wird. Ein Besuch ist Pflicht! Dass dies nicht nur von mir so gesehen wird, belegt die Tatsache, dass das Deutsche Auswandererhaus 2007 mit dem Titel „European Museum of the Year“ geehrt wurde. Und nebenbei: Selten wird klarer, wie eng Auswanderung und Schifffahrt zusammenhängen. boote 5/09 79