Kryotechnik fu¨ r die Supraleiterspulen des Wendelstein 7-X
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Kryotechnik fu¨ r die Supraleiterspulen des Wendelstein 7-X
K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G Felix Schauer Holger Bau Yury Bozhko* Chandra P. Dhard Uwe Meyer Michael Nagel Michael Pietsch Sylvio Raatz Kryotechnik für die Supraleiterspulen des Wendelstein 7-X Das Fusionsexperiment Wendelstein 7-X (W7-X), das derzeit am Teilinstitut Greifswald des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) errichtet wird, soll die prinzipielle Eignung eines Stellarators zur Energiegewinnung aus Kernfusion demonstrieren. Die Ergebnisse von W7-X werden eine wichtige Entscheidungsgrundlage für den Bau des ersten Demonstrationskraftwerkes bilden. In diesem Beitrag werden der Aufbau, die Funktionsweise und der gegenwärtige Fertigungsstand der Maschine, insbesondere der Kryokomponenten, sowie des Kälteversorgungssystems beschrieben. 1 Einleitung Cryotechnology for the Wendelstein 7-X superconducting magnet system A stellarator fusion experiment, Wendelstein 7-X (W7-X), is currently being erected at the Max-Planck-Institute für Plasmaphysik (IPP), Greifswald Branch, Germany. Aim of this facility is to show the principal suitability of a stellarator for future economic power production by nuclear fusion. The results of the W7-X experiment will be important decision criteria with regard to construction of a first demonstration power plant. After a short survey of fusion research, the layout and function of W7-X as well as the current state of construction are described. Particular emphasis is placed on the cryo-components and the extended helium refrigeration system. Keywords: nuclear fusion, stellarator, Wendelstein 7-X, superconducting magnet, helium refrigerator, cryogenics Ziel der Fusionsforschung ist es, aus der Verschmelzung von Atomkernen nutzbare Energie zu gewinnen [1]. Unter irdischen Bedingungen ist die Deuterium-Tritium-Reaktion D + T ! 4He + n + 17,58 MeV am einfachsten zu erzeugen. Die entstehenden Heliumkerne und Neutronen enthalten große Mengen von kinetischer Energie. Ein Gramm Brennstoff könnte in einem Kraftwerk 90 MWh erzeugen – die Verbrennungswärme von 11 t Kohle. Deuterium ist in nahezu unerschöpflichen Mengen im Meerwasser zu finden. Tritium – ein radioaktives Gas mit einer Halbwertszeit von 12,3 Jahren – kann im Kraftwerk nach der ersten Inbetriebnahme aus Lithium gebildet werden, das ebenfalls reichlich vorhanden ist. Die positiv geladenen D- und T-Kerne können nur verschmelzen, wenn sie einander sehr nahe kommen und die anziehenden Kernkräfte die elektrische Abstoßung überwinden. Dies ist nur bei extrem hohen Temperaturen möglich, wenn die Teilchen mit großer Geschwindigkeit aufeinander zufliegen. Bei solchen Temperaturen sind Atome ionisiert, das Gas befindet sich im elektrisch leitenden „Plasmazustand“ und kann in einem geeignet geformten „Magnetfeldkäfig“ eingeschlossen und somit von materiellen Wänden ferngehalten werden. Die Ionen bewegen sich dabei auf Kreis- und Schraubenbahnen um die Magnetfeldlinien und sind so an diese gebunden, sie können sich jedoch längs der Linien frei bewegen. Besonders geeignet sind Magnetfelder, die ringförmig in sich geschlossen sind. Die Feldlinien müssen verdrillt sein, weil ansonsten wegen der nach außen Dr. F. Schauer, Dipl.-Ing. (FH) H. Bau, Dipl.-Ing. Y. Bozhko, Dr. C. P. Dhard, Uwe Meyer, Dr. Michael Nagel, Dipl.-Ing. (FH) M. Pietsch, S. Raatz, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), EURATOM Association, Teilinstitut Greifswald, Greifswald * Deutsches Elektronen-Synchrotron, DESY, Hamburg 124 hin absinkenden Feldstärke die Teilchen schnell an die äußere Wand des Plasmagefäßes getrieben würden. Ein Plasma zündet, wenn die Energie der bei den Fusionsprozessen erzeugten Heliumkerne ausreicht, die Verluste auszugleichen. Das „Fusionsprodukt“ aus Temperatur, Dichte und Einschlusszeit, die ein Maß für die Güte der Wärmeisolation des Plasmas ist, muss eine Mindestgröße besitzen. Die günstigsten Bedingungen erhält man bei Temperaturen von etwa 100 Millionen Grad. Dann fordert die Zündbedingung Einschlusszeiten von ein bis zwei Sekunden und Dichten von etwa 1020 Ionen/m3 – das ist ca. 250 000-fach dünner als Luft. Einem brennenden Plasma am nächsten ist das Europäische Projekt JET, das derzeit weltweit größte Fusionsexperiment. Das dort erreichbare Fusionsprodukt ist nur noch um einen Faktor 5 vom Zündkriterium entfernt – sehr wenig im Vergleich zum Anstieg um fünf Größenordnungen in den letzten 40 Jahren. Das Plasma muss, ähnlich wie ein Ofen, bis zum Zünden aufgeheizt werden: Bei der ohmschen Heizung wird elektrischer Strom im Plasma induziert. Da der Plasmawiderstand mit steigender Temperatur abnimmt, ist diese Methode nur zur Anfangsheizung geeignet. Bei der Hochfrequenzheizung werden elektromagnetische Wellen eingestrahlt; dabei nehmen die Plasmateilchen Energie aus dem Feld der Welle auf und geben sie über Stöße an die anderen Teilchen weiter. Geeignete Resonanzen bieten die Kreisfrequenzen der Ionen und Elektronen um die Magnetfeldlinien zwischen 10 und 100 MHz bzw. zwischen 60 und 150 GHz. Schließlich werden bei der Neutralteilchenheizung schnelle Teilchen eingeschossen, die ihre Energie über Stöße an die Plasmateilchen abgeben. Schnelle Neutralteilchen werden erzeugt, indem man Ionen in einem elektrischen Feld beschleunigt und sie F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G danach neutralisiert. Sie können dann ungehindert durch den Magnetfeldkäfig in das Plasma eindringen. Atome, die durch schnelle Teilchen aus der Wand des Plasmagefäßes herausgeschlagen werden, verunreinigen das Plasma und entziehen ihm Energie. Um dies zu verhindern und andererseits das Gefäß zu schützen, lenkt ein spezielles Magnetfeld die Plasmarandschicht auf die gekühlten „Divertor“-Platten, die durch besonders hitze- und erosionsbeständige Materialien geschützt sind. Die Fusionsforschung konzentriert sich derzeit auf Tokamaks und Stellaratoren, die toroidale Magnetfelder besitzen. Die meisten Anlagen sind heute vom Typ Tokamak, der am weitesten erforscht und am nächsten an die Zündbedingungen herangekommen ist. Für den Magnetfeldkäfig benötigt ein Tokamak drei sich überlagernde Magnetfelder: Ein ringförmiges Feld, das durch ebene „Toroidalfelspulen“ erzeugt wird, ergibt in Kombination mit dem Feld eines im Plasma fließenden Stroms das zum Einschluss nötige verdrillte Feld. Ein drittes, vertikales Feld stabilisiert die Lage des Plasmas. Normalerweise wird der Plasmastrom durch Stromänderung in einer weiteren Transformatorspule induziert; das bedeutet, dass ein Tokamak ohne zusätzliche Maßnahmen nur gepulst betrieben werden kann. Um Dauerbetrieb zu erreichen werden Methoden untersucht, im Plasma einen kontinuierlichen Gleichstrom – zum Beispiel durch Hochfrequenzwellen – zu erzeugen. In einem Stellarator wird der magnetische Käfig durch ein einziges Spulensystem erzeugt, ohne toroidalen Strom im Plasma. Damit sind Stellaratoren für den Dauerbetrieb geeignet. Der Preis dafür ist die höhere Komplexität der Spulen, die zur Verdrillung der Feldlinien „verwunden“ sein müssen. Andererseits gewinnt man dadurch aber zusätzliche Optimierungsmöglichkeiten für das Magnetfeld. Das wichtigste Beispiel ist das optimierte Magnetfeld des Stellarators WENDELSTEIN 7-X (W7-X), der derzeit im Teilinstitut Greifswald des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) aufgebaut wird. Das weltweit größte geplante Fusionsprojekt ist „ITER“ (lat., der Weg), an dem Europa, Japan, die USA, Russland, China und Korea teilnehmen. ITER soll zeigen, dass es physikalisch und techF KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 nisch möglich ist, durch Kernverschmelzung Energie zu gewinnen. Er soll zum ersten Mal ein brennendes und für längere Zeit energielieferndes Plasma erzeugen. Außerdem sollen wesentliche technische Funktionen eines Fusionskraftwerks entwickelt und getestet werden. Hierzu gehören die supraleitenden Magnetspulen, die Tritium-Technologie, das Abführen der erzeugten Wärme sowie die Entwicklung fernbedient auswechselbarer Komponenten; ebenso sollen Sicherheits- und Umweltfragen untersucht werden. Die Planungsarbeiten für ITER wurden 2001 beendet. Derzeit laufen Verhandlungen über den Standort, um den sich Japan und die Europäische Union – mit dem Vorschlag Cadarache in Südfrankreich – beworben haben. Ungefähr zehn Jahre nach der Baugenehmigung könnte ITER das erste Plasma erzeugen. Die Baukosten werden auf 4,6 Mrd. Euro, die Betriebskosten – einschließlich Rücklagen für den späteren Abbau – auf jährlich 265 Mio Euro veranschlagt. Mit 20 Jahren Planungs-, Bau- und Betriebszeit für ITER und dann nochmals für ein anschließendes Demonstrationskraftwerk könnte die Fusion in etwa 50 Jahren wirtschaftlich nutzbare Energie liefern. Bei einem Fusionskraftwerk mit magnetischem Einschluss wird das Plasma mit Hilfe einer Startheizung von etwa 50 bis 100 MW gezündet. Während das bei der Reaktion entstehende Helium durch Energieabgabe die Verbrennung aufrecht erhält, verlassen die Neutronen das Magnetfeld ungehindert und werden im „Blanket“, das das Plasma umgibt, abgebremst. Die dabei entstehende Wärme wird über Kühlmittel, Wärmetauscher, Dampferzeuger und Turbogenerator in elektrische Energie umgewandelt. Das Blanket enthält u.a. Lithium, das durch die einfallenden Fusionsneutronen in Helium und Tritium aufgespaltet wird. Letzteres wird aufgesammelt und über Zwischenspeicher dem brennenden Plasma zusammen mit Deuterium als Brennstoff wieder zugeführt. Ein Kraftwerk von 1000 MW elektrischer Leistung verbraucht etwa 20 g Tritium pro Stunde. Die Tabelle 1 zeigt einige charakteristische Daten von W7-X, ITER und zwei Kraftwerkstypen zum Vergleich. 2 Das Fusionsexperiment Wendelstein 7-X WENDELSTEIN 7-X (W7-X) wird von der EU, dem Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern finanziert und soll die prinzipielle Kraftwerkseignung des Stellarators demonstrieren [2]. Ziel des Experiments ist, ein heißes und dichtes Plasma hinreichend lange einzuschließen, um Rückschlüsse auf Kraftwerksplasmen zu ermöglichen. Die Maschine wird mit normalem Wasserstoff und Deuterium – ohne Tritium – arbeiten. Wichtige Forschungsthemen sind die Plasma-Wand-Wechselwirkung und die Entwicklung eines Divertors, an dem die aus dem Plasma strömenden Ionen neutralisiert und mit Hilfe von Vakuumpumpen (Turbo- und Kryopumpen) abgesaugt werden. Anders als beim Tokamak sind keine zusätzlichen Magnetfelder für den Divertor erforderlich. Die Heizung des Plasmas erfolgt in erster Linie durch Mikrowellen mit einer Fre- Tabelle 1: Vergleich verschiedener Fusionsexperimente und -kraftwerke [1] W 7-X ITER Kraftwerk Tokamak Kraftwerk Stellarator Großer Plasmaradius (m) 5,5 6,2 9 18 Plasmahöhe/Breite (m) Mittel 1,1 7,4/4 10/6 Mittel 4,2 Plasmavolumen (m ) 30 837 760 1600 Magnetfeld (Plasmaachse; T) 3 5,3 7 5 Maximaler Plasmastrom (MA) 0 15 28 0 Heizleistung und Stromtrieb (MW) 30* 73 234 80 Fusionsleistung (MW) - 500 MW 3400 MW 3000 MW Energieverstärkung - 10 1 1 5 1 1 3 Plasmabetrieb/Brenndauer (min) ** 30 *) in der ersten Stufe 14 MW **) nur mit Mikrowellenheizung: Dauerbetrieb 125 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G innerhalb der Hülle den Kühlkanal, in dem überkritisches Helium mit einer Temperatur von ca. 4 K strömt. Das Hüllenmaterial ist aushärtbar; es ist beim Wickeln der Spule weich und erreicht seine Endfestigkeit während der Epoxidharz-Imprägnation der Isolation bei 180 C. Bild 1: Komponenten der W7-X-Basismaschine quenz von 140 GHz und einer Leistung von zehn Megawatt. Die Mikrowellen werden in den sog. Gyrotrons erzeugt, über Metallspiegel umgelenkt und in das Plasma fokussiert. Dort heizen sie bevorzugt jene Elektronen, welche in Resonanz zur eingestrahlten Frequenz um die Feldlinien rotieren. Die Ionen des Plasmas können zusätzlich mit Radiowellen einer Leistung von vier Megawatt geheizt werden. Schließlich erhöht die 20 MW-Neutralteilchenheizung durch Einschuss energiereicher neutraler Wasserstoffatome sowohl die Temperatur als auch die Dichte des Plasmas noch weiter. 2.1 Experimentierbetrieb Plasmaexperimente werden an ca. 80 Tagen/Jahr durchgeführt, wobei zu 90 % der Zeit bzw. während ca. 640 h/a die Induktion im Plasma 2,5 T beträgt (Normalbetrieb). Maximalbetrieb mit 3 T wird höchstens 60 h/a gefahren, wobei ein einzelner Zyklus nicht länger als eine halbe Stunde dauert. Die entsprechenden Spulenströme betragen 14 kA bzw. 18,2 kA. Über Nacht, bei tageweisen Unterbrechungen und an Wochenenden wird das Magnetsystem, insgesamt 5000 h/a, in Kurzzeit-Bereitschaft betrieben und auf ca. 10 K und höher gehalten. Während dieser Zeit erfolgen das Ausheizen des Plasmagefäßes (PG) zur Entgasung der Wände, die Regeneration der Kryopumpen und die Verflüssigung von Helium, das während der Experimente zur Erhöhung der Kältemaschinenleistung verwendet wird. Bei längeren Unterbrechungen von einer Woche und mehr, insgesamt etwa 3000 h/a, wird eine Erhöhung der Magnettemperatur auf ca. 80 K zugelassen. Transiente Betriebsphasen sind das Abkühlen und Aufwärmen 126 sowie Übergänge zwischen den einzelnen Betriebsmodi, insbesondere jedoch die Schnellabschaltung des Magnetsystems. 2.2 Aufbau der Basismaschine Bild 1 zeigt eine CAD-Darstellung der Basismaschine und ihrer wichtigsten Komponenten. 2.2.1 Spulen und Tragstruktur Das modular aufgebaute Magnetsystem besteht aus 50 nichtplanaren (npl) supraleitenden Spulen, die in fünf gleichen Modulen zu je zehn Spulen angeordnet sind. Jedes Modul besteht aus zwei klappsymmetrischen Halbmodulen (HM), so dass es insgesamt fünf geometrisch verschiedene npl-Spulen für die Erzeugung des Magnetfeldkäfigs gibt. Um die Flexibilität zu erhöhen wird den npl-Spulen ein zweiter Satz von zwanzig planaren (pl) supraleitenden Spulen – je zwei pro Halbmodul, d.h. insgesamt 2 Typen – überlagert. Die zehn Spulen eines Typs sind elektrisch in Serie geschaltet, so dass sich sieben Spulengruppen ergeben, die separat von je einer Stromquelle gespeist werden. Die Windungen bestehen aus einem NbTi/Cu-Kabel, das von einer Hülle aus der Alu-Legierung AlMgSi0,5 umgeben ist. Die Wicklungen der npl- und pl-Spulen sind aus sechs bzw. drei Doppellagen mit Leiterlängen von 170 m bzw. 110 m aufgebaut. Die elektrische Isolation der Windungen wird durch Glasfaserbänder, die um die Hülle gewickelt und mit Epoxidharz getränkt sind, sichergestellt. Das Kabel besteht aus 243 Kupferdrähten Ø 0,57 mm, die jeweils 144 NbTi Filamente mit Durchmessern von ca. 25 lm enthalten. Der Zwischenraum zwischen den Drähten bildet Die isolierten Wickelpakete sind zur mechanischen Verstärkung von massiven verschweißten Stahlgehäusen umgeben. Der Spalt dazwischen ist mit Quarzsand ausgefüllt und mit Epoxidharz vergossen, um einen festen Verbund zu gewährleisten. Die Spulen werden von einer ringförmigen Struktur gehalten, die auf zehn thermisch isolierenden GFK-Beinen steht. Außerdem stützt diese Struktur auch einen Teil der enormen Magnetkräfte ab. Weitere mechanische Stützelemente sind zwischen den Gehäusen verteilt angebracht. Die Kühlung der Gehäuse [3] erfolgt über zwei parallele Rohre, die zweimal um den Gehäuseumfang gelegt werden, so dass die Gehäuseoberfläche über die ganze Umfangslänge mit vier Kühlrohren in Kontakt ist. Die Ankopplung erfolgt über Kupferbänder, die quer zu den Kühlrohren auf die Gehäuseoberfläche geschweißt sind (Bild 2). Die Enden der Bänder sind um die Kühlrohre gewickelt und mit ihnen verlötet. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt (10/ 2004) wurden vom Konsortium BNN/ Ansaldo insgesamt 33 npl-Wickelpakete gefertigt. Davon befinden sich 17 in unterschiedlichen Stadien des Einbaus in die Gehäuse, vier davon wurden schon bei vollem Strom im Kryolabor der CEA in Saclay getestet. Nach Vollendung einiger Abschlussarbeiten beginnt das Auffädeln über den ersten PG-Sektor im Frühjahr 2005. Von den pl-Spulen wurden von der Fa. Tesla 13 Wicklungen gefertigt, sieben davon sind schon bzw. werden gerade in die Gehäuse eingebaut, und ebenfalls vier Spulen sind getestet. 2.2.2 Kryostat und thermische Isolation Die Supraleiterspulen samt Stütz- und Tragstruktur sind in einem Kryostaten angeordnet, dessen Wände durch das Plasmagefäß, das Außengefäß (AG) und die ca. 300 Stutzen gebildet werden. Diese führen durch den kalten Spulenbereich und ermöglichen den Betrieb und die Beobachtung des Plasmas. Der Kryostat ist evakuiert, seine Innenwände F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G Wärmeleitung haben. Als beste Lösung haben sich Rohre aus dem Polyamidimid Torlon 4203 herausgestellt, deren Verluste jeweils unter 0,5 W (Festpunkt) bzw. 0,25 W (Lospunkt) liegen. Bild 2: npl-Spule in der Auffädelvorrichtung sind mit thermischer Isolation, die aus Superisolation (SI) und aktiv gekühlten Schilden besteht [4, 5], bedeckt. Einstrahlungverluste auf die kalten Spulen- und Gehäuseoberflächen sind mit 1,5 W/m2 spezifiziert. Das PG und die daran anschließenden „inneren“ Abschnitte der Stutzen liegen im starken Magnetfeld und werden gelegentlichen bei 150 C zur Wandentgasung ausgeheizt. In diesen Bereichen muss die Isolation der Ausheiztemperatur standhalten, und außerdem muss bei Schnellabschaltungen des Magneten auf die Begrenzung von Wirbelströmen und der entsprechenden Kräfte und Verformungen geachtet werden. Die „äußeren“, an das AG grenzenden Teile der Stutzen, die die Bälge zur Kompensation der Bewegungen des Plasmagefäßes enthalten, werden ebenfalls ausgeheizt. Das Magnetfeld ist dort jedoch so gering, dass keine besonderen Vorkehrungen zur Vermeidung von Wirbelströmen ergriffen werden müssen. Bei der Isolation des AG muss weder auf Wärmebeständigkeit noch auf Wirbelstromfestigkeit geachtet werden. Die gesamte Isolation des Kryostaten wird als nicht selbständig brennbar ausgeführt. Der Kälteschild des PGs besteht aus GFK-Paneelen, in die drei Lagen Kupfernetz einlaminiert sind. Die Kupfernetze dienen zur Verbesserung der Wärmeleitung, sie sind zur Reduzierung von Wirbelströmen unterteilt. Die der kalten Seite zugewandte Schildoberfläche ist mit selbstklebender Alu-Folie zur Reduzierung der Emissivität beklebt (Bild 3). Der Schild eines PG-Halbmoduls besteht aus 4 5 toroidalen bzw. poloidalen Paneelreihen, eine Paneelfläche beträgt im Mittel etwa 1 m2. Jedes Paneel wird von ca. fünf Abstandshaltern am PG gehalten, wobei einer etwa in der Mitte als „Festpunkt“ das Paneel in allen Richtungen fixiert. Die übrigen „Lospunkte“ erlauben eine Bewegung des Schildes zum Ausgleich der thermischen Kontraktionen. Die Abstandshalter müssen mechanisch belastbar sein und sollen niedrige Um bei der komplexen Geometrie und den beengten Platzverhältnissen den Isolationsaufwand vertretbar zu halten, wurden die thermischen Verluste relativ großzügig spezifiziert. Für die Schildverluste sind 6 W/m2 bzw. 9 W/m2 zulässig, wenn sich die warme Wand auf Raumtemperatur bzw. auf der Betriebstemperatur von ca. 60 C befindet. Beim Ausheizen des PGs und der Stutzen sind Schildverluste von maximal 24 W/m2 zulässig. Am PG- und AG-Schild werden Temperaturen < 90 K erlaubt, die indirekt gekühlten Stutzenschilde können an einigen Stellen 130 K erreichen. Die F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 Als PG-Superisolation werden 20 Lagen geknitterte Kapton-Folie mit GlasseideZwischenlagen verwendet. Diese Isolation ist leicht zu verarbeiten, lässt sich gut der PG-Oberfläche anpassen, ist für die Ausheiztemperaturen des PGs geeignet und Wirbelströme sind vernachlässigbar. Die SI wird in Form von Paneelen hergestellt, die den Abmessungen der Schildpaneele entsprechen. Ein SI-Paneel besteht aus zwei zueinander versetzten Matten zu je 10 Lagen, die mit denen der Nachbarpaneele optisch dicht überlappen. Bei der Montage werden die SI-Matten einfach in die Schildpaneele eingelegt. Die schon vorher dort montierten Abstandshalter passen in entsprechende Löcher in den Matten, dadurch ist die SI auch fixiert. Die kompletten Paneele werden dann auf Schraubbolzen, die an die PG-Oberfläche geschweißt sind, aufgeschraubt. Die fünf am PG montierten Paneele einer toroidalen Reihe werden von zwei parallelen Kühlrohren gekühlt; alle vier Reihen eines HMs sind in Serie geschaltet. Die Kühlrohre sind über aufgelötete Kupferlitzen mit dem Schild thermisch kontaktiert, wobei die verzinnten Enden der Litzen mit je zwei Nieten aufgenietet sind. Eine Schicht Wärmeleitungsfett (Apiezon N) verbessert den Wärmeübergang zwischen Litze und Schildoberfläche. Die Wärme wird von den Cu-Netzen des Schildes über eine dünne GFK-Schicht auf die Litze übertragen. Bild 3: Erstes Isolationssegment auf einem PG-Sektor 127 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G Die Isolation der Stutzen und des AGs befindet sich noch in der Konstruktionsphase, sie wird erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt. Die SI sowohl des Innen- als auch Außenteils der Stutzen wird wegen der Hitzebeständigkeit und der leichteren Herstellbarkeit der Übergänge zur PG- bzw. AG-Isolation ebenfalls aus Kapton und Glasseide bestehen, wobei das Kapton nicht geknittert sein muss. Als Schild des Innenteils wird Messing verwendet, dessen relativ hoher elektrischer Widerstand die Wirbelströme begrenzt. Der Schild des Außenteils wird aus Kupfer gefertigt. Auf dem Schild des Innenteils werden außen einige Lagen Superisolation aufgewickelt. Beide Teile des Stutzenschildes werden indirekt durch Wärmeleitung sowohl vom PG- als auch, und das vorwiegend, vom AG-Schild her gekühlt. Zwischen den beiden Teilen der Stutzenisolation befindet sich zur Kompensation der Bewegungen und thermischen Ausdehnungen des PGs ein beweglicher, optisch dichter Übergang. Die Außengefäßisolation besteht großteils aus Aluminiumfolie mit Textilglasgewebe als Zwischenlage und einem Kupferschild, der analog zum PG-Schild ebenfalls in vier Paneelreihen unterteilt ist, die von jeweils zwei parallelen Kühlrohren gekühlt werden. Die Abstandshalter sind die gleichen wie am PG. Die Fertigung der Kryostatkomponenten läuft auf vollen Touren. Ein Modul des Plasmagefäßes wurde bereits ausgeliefert, alle Grundkörper des Außengefäßes sind fertig und bei den AGHalbschalen werden die verschiedenen Dome für Stutzen und Leiterverbinder angebaut. Von den ca. 300 Stutzen wurden bereits 120 Stück ausgeliefert. Der erste Sektor des Plasmagefäßes ist isoliert (Bild 3). Die weitere Isolation erfolgt Zug um Zug mit der Montage der Spulen über dem Plasmagefäß. Das PG und AG sowie die thermische Isolation wird von der Fa. MAN DWE gefertigt, die Stutzen von der Fa. Romabau. 2.2.3 Stromzuführungen Der Spulenstrom muss vom Anschluss auf Raumtemperatur zum tiefkalten Supraleiter geführt werden – dazu benötigt man spezielle Stromzuführungen. Das Problem dabei ist, dass gute elektrische Leiter i.a. auch gute Wärmeleiter sind. Länge und Querschnitt müssen so gewählt werden, dass einerseits hohe Wärmeleitungsverluste und andererseits große ohmsche Verluste oder gar 128 Überhitzen des Leiters vermieden werden. Bei größeren Strömen – so auch beim W7-X – werden die elektrischen Leiter als Wärmetauscher ausgeführt und über Helium, das vom kalten zum warmen Ende strömt, gekühlt. Die Stromzuführungen verursachen den größten Einzelbeitrag zu den Verlusten des Magnetsystems. Wegen der langdauernden Bereitschaftsphasen müssen v.a. die Leerlaufverluste niedrig gehalten werden. Dies kann man dadurch erreichen, dass die Zuführungen auf minimale Verluste beispielsweise bei etwa halbem Maximalstrom ausgelegt und bei vollem Strom „überlastet“ gefahren werden. Dadurch sinken die Leerlaufverluste auf etwa die Hälfte, während die Verluste bei Maximalstrom nur geringfügig erhöht werden. Im „überlasteten“ Betrieb wird der Stromleiter über die Raumtemperatur hinaus erwärmt, am warmen Ende wird er mit Wasser gekühlt. Als Material für solche Stromzuführungen eignen sich relativ schlechte elektrische Leiter, wie z.B. Messing oder Bronze. Eine weitere Besonderheit der W7-XStromzuführungen ist die Einbaulage mit den kalten Enden nach oben. Die Wärmetauscher müssen so ausgelegt sein, dass sich keine natürlichen Konvektionsströme der erzwungenen Heliumströmung überlagern. Für die W7-X-Stromzuführungen liegt eine vorläufige Konstruktion mit den genannten Merkmalen vor. Derzeit wird der Entwurf detailliert und die Spezifikation erstellt, die Bestellung ist für das Frühjahr 2005 geplant. 2.2.4 Komponenten im Plasmagefäß W7-X wird zwei Divertoreinheiten pro Modul haben, die aus gekühlten, kohlefaserverstäkten Graphit (CFC)-Targetplatten und gekühlten Prallplatten aus purem Graphit bestehen. Die Stahlwand des PGs wird durch gekühlte Graphitziegel und an weniger belasteten Stellen durch gekühlte B 4C-beschichtete Stahlpaneele geschützt. Hinter den Divertoreinheiten sind Kupferspulen zur Magnetfeldkorrektur und zum Verschieben der Lage des Auftreffpunktes der heißen Gase auf den Divertorplatten angeordnet. Des weiteren befinden sich dort auch die Pumpstutzen der Turbo-Vakuumpumpen und die mit überkritischem Helium gekühlten Kryopumpen, die das anfallende Gas über Schlitze zwi- schen den Targetplatten absaugen. Die Kryopumpen sind für eine Saugleistung von 200 mbar l /s Wasserstoff ausgelegt. Ihre Paneele bestehen aus mäanderförmigen Rohren, die von einem LN2-Schild umgeben sind, der wiederum durch wassergekühlte Prallplatten vom direkten Beschuss durch Plasmateilchen abgeschirmt wird. Die Komponenten im PG werden erst zu einem späteren Zeitpunkt montiert. Sie befinden sich derzeit teilweise im Entwicklungsstadium, bei einigen Komponenten beginnt bereits die Produktion [6]. Die Stahlpaneele zur Auskleidung des PGs werden von MAN DWE, die Kontrollspulen von der Fa. BNN (Babcock Noell Nuklear), die Targetelemente von der Fa. Plansee und die CFC-Elemente von der Fa. SNECMA hergestellt. 3. Kühlung der W7-X-Kryokomponenten Bild 4 zeigt das Kühlschema [7] des Moduls 3, an das die Leitungen der Kältemittelversorgung, die von der MagnetVentilbox kommen und von den dort eingebauten Ventilen gesteuert werden, angeschlossen sind. Die wichtigsten Daten der Kühlkreise sind in Tab. 2 zusammengestellt. 3.1 Kühlung der Wickelpakete Alle 300 Doppellagen der npl- sowie die 60 der pl-Spulen sind in Bezug auf die Kühlung jeweils parallel geschaltet, wobei die Strömung in den einzelnen Kühlkanälen [8] nur durch die Strömungswiderstände und nicht durch Ventile bestimmt wird. Kühlmittel ist überkritisches Helium bei 300 kPa, das für beide Spulengruppen von einer Pumpe über einen gemeinsamen Vorlauf („K“ in Bild 4) und zwei getrennte Rückläufe umgewälzt wird. Die entsprechenden Steuerventile sind in der separaten Magnet-Ventilbox in Torusnähe angeordnet. Diese Kühlkreise haben die Aufgabe, ohmsche Verluste der resistiven Bereiche der Leiterverbinder, Wirbelstrom- und Hysteresisverluste durch Magnetfeldänderungen sowie Wärmeleitungs- und -strahlungsverluste von außen abzuführen. Das Helium innerhalb der Kabel hat bei Betriebstemperatur eine um Größenordnungen höhere Wärmekapazität als die anderen Spulenmaterialien und leistet daher auch den Hauptbeitrag zur F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G Kühlkreise ist die Abkühlung des Magnetsystems auf Betriebstemperatur und die Abfuhr der Strahlungsverluste. 3.3 Kühlung der Kälteschilde Bild 4: Kühlkreise der Komponenten des W7-XMagnetsystems thermischen Stabilisierung des Supraleiters. Während der Abkühlung, des Bereitschaftsbetriebes und der Aufwärmphase werden nur minimale He-Mengen durch die Wickelkörper gepumpt, die Kühlung erfolgt dabei hauptsächlich über die Spulengehäuse. 3.2 Kühlung der Spulengehäuse und Stützstruktur Die 50 npl- und 20 pl-Spulengehäuse werden über einen gemeinsamen Vorlauf („M“ in Bild 4) parallel mit überkritischem He mit gleichen Eingangstemperaturen wie die Supraleiter gekühlt. In jedem Einzelkreis gleicht ein manuelles Ventil sowohl die Strömungswiderstände zwischen pl- und npl-Spulen als auch Unterschiede innerhalb einer Spulengruppe aus. Diese Ventile werden einmal eingestellt und verbleiben dann normalerweise in der gleichen Stellung. Vom gleichen Vorlauf werden auch die 10 parallelen Kühlkreise der Stützstruktur, einer pro Halbmodul, versorgt, wobei auch diese Kühlkreise jeweils mit einem feststehenden manuellen Ventil versehen sind, das eventuelle Unterschiede der Strömungswiderstände ausgleicht. Der Gehäuserücklauf ist mit dem der npl-Spulen zusammengefasst („L2N2“), die Strukturkühlung hat einen eigenen Rücklauf („N1“). Beide Kreise werden von einer gemeinsamen Pumpe betrieben. Die Hauptaufgabe dieser beiden Tabelle 2: Kühlkreisdaten für W7-X Maximalbetrieb (18,2 kA) Normalbetrieb (14 kA) T (K) PVerl. (kW) m_ (g/s) Leiterkühlung 3,4 1,1 450 230 3,9 0,8 200 70 Geh./Struktur 3,4 1,8 800 40 3,9 1,8 300 10 1 50 – 80 14 106 < 200 50 – 70 14 155 < 200 Schild Stromzuführung Dp (kPa) T (K) PVerl. (kW) m_ (g/s) Dp (kPa) 5 – 300 39 25 15 5 – 300 23 15 6 Kryopumpen 3,4 0,45 250 60 3,9 0,45 250 60 LN2-KP-Schild 80 6 300 80 80 6 300 80 Pumpverluste 3,3 1,3 3,8 0,22 Gesamtverl. 2 10,0 5,9 1 Plasmagefäß und Stutzen auf 60 C 2 Gesamtverluste bei 4.5 K Exergie-Äquivalent; ohne Verluste v. Kryopumpenschild, Kryoleitungen, Ventil-, Unterkühler- und Coldbox F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 Die Schilde werden wie die Stützstruktur über zehn parallele Kühlkreise – einer pro Halbmodul – von einem ringförmigen Vorlauf aus („H“) mit Kühlhelium von ca. 50 K versorgt. Die beiden parallelen Ströme eines Kreises kühlen zuerst in Serienschaltung die Paneele des AGHalbmoduls und werden dann zu einem manuellen Ventil zusammengeführt. Danach wird der Strom wieder in zwei Teilströme aufgeteilt, die die vier Paneelreihen des PG-Halbmoduls kühlen. Die manuellen Ventile in den HM-Kreisen werden einmal fest eingestellt, um Strömungsunterschiede zwischen den Halbmodulen auszugleichen. 3.4 Kühlung der Stromzuführungen Alle 14 Stromzuführungen werden von einem gemeinsamen ringförmigen Vorlauf („J“) mit gesättigtem He-Dampf bei 4,5 K versorgt, der von der He-Anlage über die Kryoleitung und die MagnetVentilbox geliefert wird. Die einzelnen He-Ströme werden in den Durchführungen auf Raumtemperatur aufgewärmt und der Niederdruckseite der Kälteanlage zugeführt. Die Regelung der einzelnen Gasströme erfolgt durch Ventile in den warmen Rückläufen. 3.5 Kühlung der DivertorKryopumpen Die Kryopumpen werden von einer Umwälzpumpe über eine eigene Ventilbox mit Helium versorgt. Die Wärmelast fällt nicht kontinuierlich, sondern je nach Plasmabetrieb an. In den Betriebspausen, meist über Nacht, werden die Kryopumpen zur Regeneration aufgewärmt. Die Versorgung mit Flüssigstickstoff erfolgt über die Coldbox der Heliumanlage vom 30 000 l LN 2-Tank aus. 4 Kälteanlage Die Kälteanlage [9, 10] hat die genannten fünf Heliumkühlkreise zu versorgen. Die Kältemittel werden von der Anlage über zwei ca. 70 m lange Kryoleitungen zu je einer Ventilbox für das Magnetsystem und für die Kryopumpen, die nahe dem Experiment aufgestellt sind, geleitet. Auch der LN2-Schild der Kryopum129 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G wobei der Flüssigstickstoff in einem in der Coldbox eingebauten Phasentrenner unterkühlt wird. Der zurückkommende Flüssiganteil wird im Phasentrenner gesammelt, der Dampfanteil unterstützt über Wärmetauscher die Abkühlung des Heliums in der Coldbox. LHe aus dem Tank wird zur Erhöhung der Kälteleistung während des Lastbetriebes in den 3,8 K-Unterkühler entspannt. Im Bereitschaftsbetrieb sind die Umwälzpumpen abgeschaltet; die Spulen werden vom JT-Strom hauptsächlich über den Gehäuse/Struktur-Kreis kalt gehalten. Gleichzeitig wird auch Helium verflüssigt. Für die Abkühlung des W7-X-Magneten auf 80 K wird LN2 verwendet, das über Wärmetauscher den Heliumstrom in der Coldbox kühlt. LN2-Vorkühlung der Coldbox kann auch zur Erhöhung der Verflüssigerleistung der Anlage eingesetzt werden. Bild 5: Haupt- und Unterkühlercoldbox der Heliumanlage [10] pen wird von der Stickstoff-Vorkühlung der He-Anlage aus über die entsprechende Kryoleitung und Ventilbox betrieben. Die Kälteanlage (Bild 5) wurde für Dauerbetrieb bei mittlerer Leistung und kurzfristige Lastspitzen ausgelegt. Ein Charakteristikum der Anlage ist daher die Integration eines 10 000 l LHe-Tanks, der während des Bereitschaftsbetriebes gefüllt und aus dem flüssiges Helium dem kalten Ende der Cold-Box zur Erhöhung der Kälteleistung während der Lastzyklen zugeführt wird. Die Anlage ist für eine minimale Temperatur von 3,4 K an den Spulen bei Maximalbetrieb ausgelegt. Im W7-X-Normalbetrieb werden die Spulen mit 3,8 K betrieben. Dafür sind zwei Unterkühler auf 3,3 K (37 kPa) bzw. 3,7 K (66 kPa) vorgesehen, die mit je einem kalten Kompressor auf Betriebsdruck gehalten werden. Die Kühlkreise für die Gehäuse & Struktur sowie die Kryopumpen werden mit überkritischen Helium betrieben, das mit Pumpen umgewälzt wird. Der Leiterkreis wird direkt vom Hauptstrom der Coldbox (Joule-Thompson130 Strom) versorgt. Nur bei großen Strömen zwischen Normal- und Maximalbetrieb wird die Leiterkreis-Umwälzpumpe zugeschaltet. Da die Supraleiterkabel einen großen Strömungswiderstand haben, werden durch den vorwiegenden Betrieb dieses Kreises mit dem JT-Strom die Pumpverluste signifikant vermindert. Im Gehäuse/Struktur-Kreis sind wegen des großen, bei Maximalfeldbetrieb erforderlichen Massenstroms zwei parallele Pumpen vorgesehen. Jede der Umwälzpumpen kann durch den JT-Strom ersetzt werden, was im Normalbetrieb volle Redundanz für das Magnetsystem und ca. 80 % für die Kryopumpen ergibt. Da in den ersten Betriebsjahren höchstens Normalbetrieb gefahren wird und die Kryopumpen erst für später vorgesehen sind, werden der kalte Kompressor für 3.3 K, die zweite Pumpe für den Gehäuse/Struktur-Kreis und die Umwälzpumpe für die Kryopumpen nach Bedarf nachgerüstet. Der Strahlenschild und die Stromzuführungen werden direkt von der Coldbox versorgt. Der Betrieb des LN2-Kryopumpenschildes erfolgt über den Tankdruck, Das He-Inventar kann bei 20 bar in drei von vier zur Verfügung stehenden Gastanks mit je 250 m3 gespeichert werden, sie werden über die beiden Kompressoren der Anlage gefüllt. Im Störfall oder bei einem Quench des Spulensystems wird das Gas nur durch Druckausgleich in die Gastanks geleitet. Die Anschlussleistung für die beiden Kompressorstufen der Heliumanlage beträgt ca. 1,6 MW. Dies entspricht in etwa einer äquivalenten Kälteleistung von 7 kW bei 4,5 K. Tatsächlich leistet die Maschine mit der LHe-Unterstützung aus dem Tank wesentlich mehr. Die für den Maximalbetrieb am W7-X benötigte äquivalente Kälteleistung bei 4,5 K beträgt 8,3 kW (ohne Berücksichtigung die LN2-Verluste des Kryopumpenschildes), die die Maschine nach dem Endausbau liefern muss. Dazu kommen noch die Verluste der Kryoleitungen, der Ventilboxen und des Unterkühlers, vor allem aber die der Umwälzpumpen und kalten Kompressoren, so dass die gesamte äquivalente Kältemaschinenleistung auf über 10 kW4,5K kommt. Die Kälteanlage samt Kryoleitungen und Magnet-Ventilbox wird von der Fa. Linde Kryotechnik gebaut, die Abnahme ist für das Jahr 2008 vorgesehen. 5 Zusammenfassung Je nach Experimentierbetrieb müssen die Supraleiter des W7-X-Magnetsystems auf Temperaturen bis zu 3,4 K hinunter gekühlt werden. Dazu ist es erforderlich, dass neben den SpulenF KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 K RY O T E C H N I K /S U P R A L E I T U N G leitern auch die Spulengehäuse samt Stütz- und Tragstruktur auf diese Temperatur gebracht werden und sich alle diese Komponenten in einem mit Superisolation und aktiv gekühltem Wärmestrahlenschild ausgerüsteten Kryostaten befinden. Auch die Stromzuführungen von den auf Raumtemperatur befindlichen Anschlüssen zu den Supraleitern müssen separat gekühlt werden. Diese Kühlkreise sowie die Kryopumpen im Plasmagefäß werden von einer Kälteanlage versorgt, die sich flexibel an die unterschiedlichen Betriebszustände des W7-X anpassen kann. Ihre Leistung ist für Dauerbetrieb bei niedrigen Spulenströmen ausgelegt und wird beim tageweisen Normal- bis hin zum kurzdauernden Maximalbetrieb vom Tankhelium, das während des Leerlaufs des Magnetsystem vorwiegend über Nacht verflüssigt wird, verstärkt. F KI Luft- und Kältetechnik 4/2005 Abgesehen von den Stromzuführungen, deren Beschaffung gerade vorbereitet wird, befinden sich alle Kryokomponenten des W7-X bereits in Produktion. Der Experimentierbetrieb wird Ende 2009 oder Anfang 2010 beginnen. Literatur [1] Max-Planck-Intstitut für Plasmaphysik, Kernfusion – Berichte aus der Forschung, Folge 2, IPP Garching und Greifswald (2002) [2] Wagner, F., Andreeva,T., Baldzuhn, J. et al.: Physics, Technologies and Status of the Wendelstein 7-X Device, 20th IAEA Fusion Energy Conference, Nov. 2004, Vilamoura, Portugal, paper FT/3-5 [3] Nagel, M., Schauer, F.: Cooling of the W7-X Superconducting Coils, Proc. 19th Int.Cryog. Eng. Conf. (ICEC19), Grenoble, Frankreich 2002, 677 – 680 [4] Schauer, F., Nagel M., Bozhko Y. et al.: Thermal insulation of the Wendelstein 7-X superconducting magnet system, 20th Int. Cryog. Eng. Conf. (ICEC20), May 2004, Beijing, paper ThOQ-3 [5] Nagel, M., Shim, S.Y., Schauer, F.: Thermal and structural analysis of the W7-X magnet heat radiation shield, 23rd Symp. on Fusion Techn., Sept. 2004, Venice, paper P2T-E-209 [6] Streibl, B., Boscary, J., Greuner, H. et al.: Manufacturing of the Wendelstein 7-X Divertor and Wall Protection, 23rd Symp. on Fusion Techn., Sept. 2004, Venice, paper P4C-F-54 [7] Schauer, F., Bau, H.: Bozhko, Y. u. a., Cryotechnology for Wendelstein 7-X, Fusion Eng. and Design 66-68 (2003) 1045 – 1048 [8] Schauer, F.: Kälteversorgungssystem des Kernfusionsexperimentes Wendelstein 7-X, DKV-Tagungsbericht, 24. Jg., Bd. I (1997) 116 – 130 [9] Bozhko, Y., Schauer, F.: Refrigeration system for W7-X, Nucl. Fusion 43 (2003) 835 – 841 [10] Kuendig, A., Schauer, F.: Bozhko, Y. u. a., Helium Refrigeration System for Wendelstein 7-X, 20th Int. Cryog. Eng. Conf., 2004, Beijing, paper TuOB-2 Schlüsselwörter Kernfusion Stellarator Wendelstein 7-X Supraleitermagnet Helium-Kälteanlage 131