Dem Miteinander verpflichtet
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Dem Miteinander verpflichtet
09.12.13 09:07 Vorwärts Regine-Hildebrandt-Preis Dem Miteinander verpflichtet Sarah Kohlhauer • 03. Dezember 2013 Mit dem Patenprojekt "Du & Ich" leistet der Verein Miko e.V. aus Strausberg solidarische Nachbarschaftshilfe. Laudatorin Gesine Schwan und Schirmherrin Manuela Schwesig würdigen das Engagement und gratulieren zum Regine-Hildebrandt-Preis. (Foto: Marco Urban) „Der tiefere Sinn des Lebens liegt im Miteinander" war der Leitspruch von Regine Hildebrandt. Mit der Verleihung des Regine-Hildebrandt-Preises würdigen die SPD und das Forum Ostdeutschland der Sozialdemokratie am Montagabend drei Vereine, die sich einer sozialen Gesellschaft verpflichtet haben. Was würde Regine Hildebrandt dazu sagen? Die Frage wird an diesem Montagabend im Willy-BrandtHaus häufig gestellt. Was würde die SPD-Politikerin von der nächsten Großen Koalition denken? „Mit den Arschlöchern der CDU koaliere ich nicht“, hatte sie 1999 gesagt, als der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe eine Große Koalition mit der CDU unter Jörg Schönbohm einging. Deshalb trat Regine Hildebrandt aus der brandenburgischen Landesregierung aus, in der sie Arbeitsund Sozialministerin gewesen war. Weil sie Charakter hatte, konsequent, mutig und dickköpfig war – „und weil es für sie folgerichtig war,“ sagt Manuela Schwesig am Montagabend. Die Schirmherrin des Regine-Hildebrandt-Preises hebt die Stärke der 2001 verstorbenen SPD-Politikerin hervor, die mit ihrer zupackenden und zuhörenden Art für Schwesig ein Vorbild bleibt. „ausm Knick kommen“ Was Regine Hildebrandt zur geplanten nächsten Großen Koalition gesagt hätte, kann auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende nur ahnen. „Wir müssen ausm Knick kommen, det is et jetzt,“ mutmaßt Schwesig berlinernd und verweist auf ein weiteres Bonmot Hildebrandts: „Politik geschieht schon gar nicht dort, wo man sich den Hintern plattsitzt.“ Sicher ist sich Schwesig dagegen, dass Hildebrandt die Preisträger des nach ihr benannten Preises als würdig empfunden hätte. Der Pirnaer Verein AKuBiz (zum Artikel), der Koblenzer Verein Gemeinsames Wohnen und der Verein Miko e.V. (zum Artikel) aus Strausberg sind die diesjährigen Preisträger des Regine-HildebrandtPreises. Die SPD und das Forum Ostdeutschland der Sozialdemokratie verleihen ihn an gesellschaftliche Gruppen und Person, die für Ostdeutschland und für die innere Einheit Deutschlands, gegen Rechtsextremismus und Gewalt wirken und für Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit eintreten. Enormes ehrenamtliches Engagement Bisher fand die Preisverleihung des mit 20 000 Euro dotierten Preises immer am Todestag Hildebrandts, dem 26. November statt. Wegen der Koalitionsverhandlungen wurde die Verleihung in diesem Jahr auf den 2.Dezember verschoben. Auch dieses Datum, der Tag des Ehrenamtes, passt angesichts des ernormen ehrenamtlichen Engagements, das die Preisträger für ihre Sache leisten. Etwa der Verein AKuBiz aus Pirna, der sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagiert und der die Unterzeichnung der so genannten Extremismusklausel verweigert hatte, die seit 2011 für den Erhalt von Fördergeldern des Bundes und des Landes Sachsen notwendig ist. Laudator Martin Dulig würdigt den Verein am Montagabend als „Vorreiter derjenigen, die sich gegen Misstrauen wehren“ und dankte dem Verein für sein Engagement. „Wir versprechen, weiter zu brüllen, versprechen Sie zu den politisch Verantwortlichen zu gehören, die nicht weghören“, sagt der Vereinsvorsitzende Steffen Richter als er den Preis entgegennimmt. Auch der Strausberger Verein Miko e.V. hört und sieht hin: Ihr Patenprojekt „Du &Ich“ vermittelt Patenschaft an Kinder, deren Eltern zu wenig Zeit für sie haben. So schützt er die Kinder vor Vernachlässigung und arbeitet präventiv. Ein Engagement, das auch Laudatorin Gesine Schwan würdigt: „Ganz im Sinne von Regine Hildebrandt führt das Projekt Menschen zusammen. Nachbarschaftshilfe statt Jugendhilfe, das ist kein kleiner Unterschied.“ Soziales Engagement zeichnet auch Christine Holzing vom Verein „Gemeinsames Wohnen“ aus, der in der Region Koblenz trotz Widerständen ein Mehrgenerationenhaus baute. „Hier leben Alt und Jung, Familien, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung unter einem Dach und achten aufeinander. Viele leben heute anonym ohne persönliche Nähe in einem Mietshaus“, würdigt der Koblenzer Bundestagsabgeordnete Detlev Pilger das Projekt. Mit der Auszeichnung an „Gemeinsames Wohnen“ wurde zum ersten Mal in der zwölfjährigen Geschichte des Preises ein Projekt aus Westdeutschland ausgezeichnet. Auch das wäre sicher im Sinne Hildebrandts gewesen, über die der Spiegel einst schrieb„Sie war die Brücke über die Widersprüche des sich vereinenden Deutschlands.“ © vorwaerts.de 2013 URL: http://www.vorwaerts.de/113102/regine-hildebrandt-preisverleihung.html