Noch immer verdirbt zu viel - Landwirtschaftskammer Schleswig
Transcription
Noch immer verdirbt zu viel - Landwirtschaftskammer Schleswig
24 Pflanze BAUERNBLATT l 25. Mai 2013 ■ Getreidelagerung – Qualität ernten, lagern und vermarkten Noch immer verdirbt zu viel Lagerstabilität versteht man Ware mit einem Feuchtegehalt von unter 15,5 %. Dieser Wert liegt 1 % Punkt über der Handelsbasis und gilt für erntefrisches sowie technisch getrocknetes Getreide. Diese geringfügige Überfeuchte ist unter unseren Bedingungen ohne Weiteres mit der herkömmlichen Kühltechnik zu beherrschen. In der Praxis wird pro Kühlvorgang mit Außenluft bei einer Temperaturabsenkung von 10 °K der Feuchtegehalt um mindestens 0,5 % abgesenkt. Somit ist bereits nach dem zweiten Kühlvorgang gegen Ende September die Handelsbasis mit 14,5 % FeuchtegeGetreide muss grundsätzlich tro- halt erreicht. Allerdings müssen in Schleswigcken und kühl gelagert werden. Unter trockenem Getreide im Sinne der Holstein in der Regel 30 bis 70 % der Getreide ist einer der bedeutendsten Rohstoffe auf dem Weltmarkt und zudem eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Mit großer Sorgfalt wird es angebaut und geerntet. Jedoch verderben nach Angaben der FAO weltweit jährlich zirka 10 bis 20 % in den Lagern. Der größte Teil dieser Verluste entsteht durch Insektenbefall sowie Mykotoxine aufgrund unsachgemäßer Konservierung. Es stellt sich die Frage, was der Landwirt unternehmen kann und muss, um erntefrisches Getreide lagerfähig zu machen. arbeitungskapazitäten meist ausgeschöpft sind und des anfallenden Feuchtgetreides kaum noch Herr werden. Wenn die Kapazität der Feuchtgetreidezellen, die zur Optimierung des Trocknungsgangs unverzichtbar sind, erschöpft ist, muss das Erntegut zwangsläufig zwischengelagert werden. Hierzu können Lagerkapazitäten auf Betonplatten vor der eigentlichen Getreideanlage sowie in leer stehenden Scheunen und Fahrsiloanlagen genutzt werden. Es ist darauf zu achten, dass die zur Zwischenlagerung gedachte Lagerstätte zuvor nicht zur Lagerung von Knochenmehl, Klärschlamm oder Pflanzenschutzmitteln gedient hat. Nicht selten verlieren die Druschfrüchte im Feuchtgetreidelager Qualität. Feuchtgetreide sollte höchstens 48 Stunden ohne Kühlmöglichkeit zwischengelagert werden. Nach dieser Zeitspanne vermehren sich die natürlichen Mikroorganismen überproportional und schädigen das Erntegut. Daher gilt, wie in der Logistik auch, „first in, first out“. Das bedeutet, dass die Ware, die zuerst die Getreideanlage erreicht hat, auch zuerst dem Trocknungsprozess zugeführt werden muss. Vielerorts finden sich bereits planbefestigete Flächen (Betonplatte) vor Getreideanlagen zur Zwischenlagerung von Feuchtgetreide. In der Praxis haben sich weitere Vorteile ergeben. Vor allem nasses Getreide mit Feuchtegehalten über 22 % darf nicht in Feuchtgetreidezellen zwischengelagert werden. Diese Partien neigen zur Brückenbildung im Rundsilo, und die Rieselfähigkeit ist stark eingeschränkt. Es besteht die Gefahr einer Verstopfung. Hier haben sich die aus der Not geborenen vorgeschalteten Zwischenlager in Form von planbefestigten Flächen als nützlich erwiesen. Denn die physiologischen Vorgänge zur Konditionierung des Getreides für den Trocknungsprozess, allgemeinhin Foto: RKL als „Schwitzen“ bezeichnet, finden Druschfrüchte getrocknet werden. Gerade aus den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre wissen wir, wie unentbehrlich eine leistungsfähige Getreideanlage werden kann. Durch Sortenwahl und Bestandesführung haben wir mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem sich der Druschtermin für Raps und Weizen überschneidet. Hierdurch ist ein Zielkonflikt bezüglich Qualität und technologischer Druscheignung entstanden. Daraufhin sind die Mähdrusch- und Logistikkapazitäten angepasst worden, da der Anspruch besteht, das erzeugte Gut zum technologisch optimalen Zeitpunkt zu ernten. Dies führt wiederum dazu, dass die Getreideanlagen hierzulande im Bezug auf Annahme- und Ver- Moderne Getreideanlagen wie hier auf Gut Wensin sind an die Erntelogistik angepasst. Pflanze ■ BAUERNBLATT l 25. Mai 2013 auf den planbefestigten Flächen ebenfalls statt. Auch hier vollzieht sich der Feuchteausgleich zwischen den Körnern und im Korn selbst. Es entsteht ein homogenes Gut, das den Aufwand zur Steuerung eines Trockners auf ein Minimum reduziert und somit hilft, Zeit und Energiekosten zu sparen. Verunreinigung Als Nachteil hingegen ist zu sehen, dass die allgegenwärtige Gefahr der Verunreinigung und einer zusätzlichen Anfeuchtung durch Niederschlag besteht. Ersteres kann durch den Einsatz von Siloschutzgittern, wie man diese aus der Abdeckung von Grundfuttersiloanlagen kennt, auf ein Minimum reduziert werden. Die Anfeuchtung durch Niederschlag stellt, solange es sich um einen kurzen Schauer mit höchstens 10 mm handelt, in der Regel kein Problem dar. Sollte ein größerer Schauer absehbar sein, so ist es ratsam, das Feuchtgetreide auf der planbefestigten Fläche mit Silofolie abzudecken. Es ist darauf zu achten, dass Feuchtgetreide bei der Zwischenlagerung auf einer planbefestigten Fläche immer zu einem Kegel aufgeschüttet wird, da gegebenenfalls in Senken Wasseransammlungen entstehen, die durch den Getreidestapel hindurchsickern und das Getreide im günstigsten Fall nur zusätzlich anfeuchtet. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Feuchtgetreidekegel so positioniert sind, dass sämtliches Wasser ablaufen kann. Denn bei einem kurzen Regenschauer dringt das Wasser lediglich 3 cm von der Oberfläche in den Getreidestapel ein, wohingegen Wasser, welches unter den Getreidestapel läuft, bis zu 25 cm aufsteigen kann. Nichtdestotrotz ist eine planbefestigte Fläche als Puffer vor den Feuchtgetreidezellen ein Indiz dafür, dass das Konzept der Getreideanlage den technologischen Ansprüchen nicht mehr genügt. In der Regel sind die Betriebe über die Leistungsfähigkeit ihrer Getreideanlagen hinausgewachsen. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da Getreideanlagen für eine Nutzungsdauer von über 30 Jahren ausgelegt sind. Der technische Fortschritt hat Mähdrescher hervorgebracht, die eine Leistung von mehr als 50 t/h aufweisen. Aus heutiger Sicht sind alle Getreideanlagen, deren Förderleistung nicht mindesten der Mähdruschkapazität entspricht, als zu klein anzusehen. Somit haben viele Landwirte in der Vergangenheit unbeabsichtigt zu klein gebaut, da die Entwicklung in der Landtechnik Mobile Fördertechnik stellt gerade für kleinere Lager eine günstige Alternative dar und kann dazu genutzt werden, zusätzliche Feuchtgetreidelagerkapazitäten zu schaffen. Stationäre Fördertechnik optimiert die Arbeitsabläufe. Fotos (2): LM-Getreidetechnik sowie im Betriebswachstum nicht ab- die Lager an vielen Standorten ein zusehen war. und fällt somit als alternative Lagermöglichkeit weg. Zum anderen stellt eine eigene Getreideanlage ein InZusatzsicherung strument zur Qualitätssicherung Es stellt sich vielerorts aktueller und -verbesserung dar. Die Entscheidung, in eine Getreidenn je die Frage, ob in eine eigene Getreideanlage investiert werden deanlage zu investieren, hängt maßsoll. Zum einen stellt der Landhandel geblich von den Alternativen ab. Die Bewertung der Alternativen ist oftmals jedoch unzureichend. Da werden Investitionen in feste Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen für Fremdeinlagerung verglichen, und man versucht, daraus eine Lagerrendite abzuleiten. Dies führt allzu oft dazu, dass eine Investition in ein Getreidelager als unrentabel dargestellt und eingestuft wird. Gerade hier liegen unserer Meinung nach einige Fehlannahmen zugrunde. Die Kosten für die alternative Fremdeinlagerung unterliegen, wie andere Dienstleistungen und Produkte auch, der Teuerungsrate. Somit muss bei einem Vergleich zwischen der Investition in eine Getreideanlage auf der einen Seite und der Fremdeinlagerung auf der anderen Seite eine dynamische Kostenvergleichsrechnung gewählt werden, da davon auszugehen ist, dass die Kosten für eine Fremdeinlagerung sich jährlich um die Teuerungsrate erhöhen. Die Kosten für die Fremdeinlagerung ergeben sich beim Anbieter aus den Vollkosten plus Marge. Im Gegensatz dazu sind die Fixkosten, die aus der Investition in ein eigenes Getreidelager entstehen alljährlich gleich, da sich diese auf das Basisjahr beziehen. Des Weiteren wird fälschlicherweise angenommen, dass die Ware zum Fremdeinlagerungs- beziehungsweise Vermarktungszeitpunkt „Ernte“ dieselbe sei, wie die, die aus der eigenen Getreideanlage vermarktet wird. Dies ist ein Trugschluss. Zum einen scheint es beim Handel eine größere Toleranz bezüglich des Feuchtegehalts der Ware zu geben. Es entstehen weniger Trocknungskosten, zumal erfahrungsgemäß Landwirte günstiger Getreide trocknen können als der Landhandel. Zum anderen sind die Qualitätsparameter Hektolitergewicht, Fremdbesatz und Fallzahl in gewissem Umfang veränderlich. Darüber hinaus ergeben sich Ver- 25 26 Pflanze marktungsvorteile durch die Einbeziehung mehrerer Landhändler bei der Vermarktung. Nicht zu unterschätzen ist die Entlastung der Logistikkette in der Ernte, zumal jede Minute, die der Mähdrescher stehen muss, weil dessen Korntank voll ist, bares Geld kostet und die Feldwege in der Regel auch keine hohen Fahrgeschwindigkeiten zulassen. Die Verkürzung der Transportwege sowie der Wegfall der Wartezeit an der Waage bei der aufnehmenden Hand führen ebenfalls zu positiven monetären Effekten. Auch der Landhandel hat zukünftig unter dem Fachkräftemangel zu leiden. Daher ist davon auszugehen, dass dessen Logistik sowie die Anzahl der Standorte zukünftig sich in ihrem Umfang verringern und die Lagerung der Druschfrüchte auf den landwirtschaftlichen Betrieben stärker honoriert wird. Wir gehen davon aus, dass die aufnehmende Hand sich zukünftig stärker dem Handel zuwenden wird. BAUERNBLATT l 25. Mai 2013 ■ ordnet werden kann. Diese Kennzahl gilt nur für Anlagen, die für Konsumgetreide gedacht sind. Anlagen für Saatgutvermehrer und Futtergetreide in Verbindung mit Mahlund Mischeinrichtung haben in der Regel einen höheren Investitionsbedarf. die Baukosten, aber auch den Antriebbedarf reduziert. Es sollte möglichst auf den Bau von Elevatorkellern oder Ähnliches verzichtet werden. Zum einen bestehen vielerorts in Schleswig-Holstein Grundwasserprobleme, und zum anderen verteuern diese nur die Erstellungskosten Flachlager erfreuen sich großer Beliebtheit aufgrund ihrer Möglichkeit zur Mehrfachnutzung. Kosten Sind alle Aspekte in Bezug auf eine Getreideanlage beleuchtet und der Entschluss gefasst, sich intensiver mit dieser Thematik zu befassen kommt unweigerlich die Frage auf: „Was darf so was kosten?“ Die einzig richtige Antwort ist: „Es kommt drauf an.“ Es sind Faktoren wie Standort, Trocknungsverfahren, Lagerkonzept, Fruchtfolge, Betriebsgröße, Arbeitskräftebesatz, Marktpartner, Mehr- oder Einfachnutzung, Bodenbeschaffenheit, Grundwasserspiegel und vieles mehr einzubeziehen. Das RationalisierungsKuratorium für Landwirtschaft (RKL) hat hierzu jedoch eine Kennzahl von Eine gleichmäßige Verteilung des Erntegutes im Flachlager ist die Grundlage zirka 150 €/m³ beziehungsweise für eine fachgerechte Kühlung. Fotos (2): Malte Bombien 200 €/t, netto und inklusive aller GeDie Erfahrungen im Bereich der für das Fundament. Grundsätzlich werke, ermittelt, mit der ein Konzept für eine Getreideanlage einge- Getreidetechnik zeigen, dass Neuan- sind wenige große Lagerzellen günslagen immer dann rentabel werden, tiger als viele kleine. Des Weiteren wenn diese eine Lagerkapazität von stellt sich die Frage, ob eine Annahme mindestens 4.000 t aufweisen. Für unterirdisch oder aber eventuell auch kleinere Getreideanlagen, die neu oberirdisch erstellt werden kann. Geerstellt werden und rentabel sein nerell ist möglichst auf anorganische sollen, sind die folgenden Grundsät- Baustoffe zu setzen, wobei Stahl ze einzuhalten. günstiger ist als Beton. Sind bereits Bauhüllen vorhanden, ist abzuwägen, inwieweit diese Bau für ein Getreidelager umgenutzt Die Bauhöhe ist günstiger als die werden können. Ab einer DeckenBeanspruchung einer großen Bauflä- höhe von 4 m sind auch Altgebäude che. Fundamente und Dächer fallen sehr gut in Anlagenkonzepte einsomit kleiner aus und senken den In- bindbar. Da oftmals die Statik der vestitionsbedarf. Mittlerweile bieten Wände nicht ausreichend ist, dürfen die Anlagenhersteller auch Flachla- diese nur bis zu einer Höhe von 1 m ger mit Lagerhöhen von bis zu 8 m beschüttet werden. Abhilfe schaffen an. Kleine Grundflächen führen zu hier marktübliche Flachlagerzellen kurzen Förderwegen, was ebenfalls aus Trapezblechen, die in sich sta- tisch stabil sind. Selbst mit günstiger mobiler Fördertechnik können ähnlich gute Ergebnisse bei der Ablage des Erntegutes erzielt werden, wie bei stationärer Fördertechnik. Die Trocknungstechnik auf den Betrieben ist in den vergangenen Jahren vielfältiger geworden. Dies ist letztendlich darauf zurückzuführen, dass die Anforderungen an die Technik ebenfalls vielfältiger geworden sind. So beschäftigen sich die landwirtschaftlichen Betriebe neben neu hinzugekommenen Druschfrüchten, wie Mais und Soja, auch mit der Trocknung von Hackschnitzeln, Brotresten und Torf. In der Praxis sind somit Container- sowie Silosatztrockner, Dächerschachtdurchlauftrockner, Lagerbelüftungstrocknungen und Bandtrocknungsanlagen zu finden. Darüber hinaus besteht auf vielen Betrieben der Anspruch, die benötigte Wärmeenergie auch durch weitere Energieträger zu ersetzten. So finden sich in der Praxis neben konventionellen Heizöl- und Erdgasanlagen auch Konzepte, die mit Luft-Wasser-Wärmetauschern (Biogasanlagen) oder aber auch LuftLuft-Wärmetauschern (Hackschnitzelheizung) ausgestattet sind. Eine vollständige Substituierung der fossilen Energieträger ist möglich, in Anbetracht der hohen Investitionskosten jedoch oft nicht umsetzbar. In der Praxis haben sich Anlagen bewährt, die bis zu 50 % der fossilen Energieträger ersetzen. Der Erfolg einer Getreideanlage ist von vielen Faktoren abhängig, maßgeblich aber von den Investitionskosten. Gerade die Bewertung der Investitionskosten sowie die der Alternativen fallen häufig schwer. Da es sich bei einer Getreideanlage um eine langfristige Investition handelt, ist man gut beraten, wenn man einen Fachmann zu zurate zieht. FAZIT Getreide ist ein wertvoller Rohstoff, sei es als Nahrungs- oder als Futtermittel – der Lagerung kommt daher große Bedeutung zu. Die Herausforderung besteht darin, Verunreinigung zu minimieren, höchsten Qualitätsstandards zu genügen und beim Bau die Kosten im Rahmen zu halten. Albert Spreu Rationalisierungs-Kuratorium für Landwirtschaft (RKL e. K.) Tel.: 0 43 31-70 81 10 spreu@rkl-info.de