Thesen zur Vertreibung der Deutschen

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Thesen zur Vertreibung der Deutschen
Thesen zur Vertreibung der Deutschen
Von Prof. Dr. Alfred M. de Zayas (www.alfreddezayas.com)
Thesen zur Vertreibung
Historische Thesen
Völkerrechtliche Thesen
Schlussfolgerungen
Quelle
Thesen zur Vertreibung
Die demographische Katastrophe der Vertreibung der Deutschen und ihre langfristigen Konsequenzen sind
bisher weder in Deutschland noch in Amerika ausreichend diskutiert und verstanden worden. Um sie
besser anpacken zu können, wurden diese historischen und völkerrechtlichen Thesen verfasst, die in einer
früheren Auflage (veröffentlicht in den "Anmerkungen zur Vertreibung" Kohlhammer, Stuttgart) in der
"Historischen Zeitschrift" und "Geschichte in Wissenschaft und Unterricht" lobend erwähnt wurden.
Nach den ethnischen Säuberungen im ehemaligen Jugoslawien und im Hinblick auf die
Kriegsverbrecherprozesse in Den Haag, ist eine aktualisierte Fassung der Thesen notwendig geworden, um
das Geschehen 1944/1950 in die Geschichte der Kriegsverbrechen und des Völkermordes besser
einordnen zu können. Die aktualisierten Thesen sind im Januar 2006 als Anlage zum Buch "Die deutschen
Vertriebenen. Keine Täter sondern Opfer" Leopold Stocker Verlag (Ares) in Graz erschienen.
Historische Thesen
1. Der Begriff Vertreibung als terminus technicus beinhaltet nicht nur die gewaltsamen Vertreibungen
vom Sommer und Herbst 1945, sondern auch die Evakuierung der deutschen Bevölkerung seitens
der deutschen Behörden ab dem Herbst 1944, die allgemeine Flucht im Frühjahr 1945 sowie die
organisierten Zwangsumsiedlungen ab 1946. Der Begriff Vertreibung muss so verstanden werden,
weil sowohl die Evakuierten als auch die Geflüchteten beabsichtigten, nach Beendigung der
Kampfhandlungen in ihre Wohngebiete zurückzukehren. Sie wurden jedoch von den sowjetischen
und polnischen Behörden daran gehindert und eben deshalb zu Vertriebenen gemacht.
2. Nach der Niederwerfung Polens im September 1939 wandten Hitler und Stalin ähnliche Methoden
zur dauerhaften Beherrschung ihres jeweiligen Beuteanteils an. Hitler ließ etwa 650.000 Polen aus
Gebieten Westpolens, die in das Reich eingegliedert werden sollten, deportieren, wobei im
Anschluss daran dort verschiedene deutsche Volksgruppen nach ihrer Rückführung aus der
sowjetischen Einflusssphäre ("Heim ins Reich") angesiedelt wurden. Währenddessen trachtete
Stalin mittels Deportationen anti-sowjetisch eingestellter Polen und durch die Ermordung der
polnischen militärischen Elite (Katyn, 1940) die Macht über das Gebiet östlich der RibbentropMolotow-Linie zu festigen. Im Ostfeldzug ab 1941 plante Hitler im europäischen Teil der
Sowjetunion große deutsche Siedlungskomplexe durch Vertreibung der einheimischen
Bevölkerung zu schaffen.
3. Das Prinzip der Zwangsumsiedlung wurde auf westlicher Seite zunächst von dem tschechischen
Exil-Politiker Eduard Benesch nach dem Münchener Abkommen, noch vor Kriegsausbruch,
befürwortet und im Laufe des Krieges in seinen Gesprächen mit Stalin, Churchill und Roosevelt zu
seinem wesentlichen Kriegsziel aufgebaut. Zunächst waren davon nur einige Hunderttausende
Sudetendeutsche betroffen, die sich gegenüber dem tschechischen Staat illoyal verhalten und - wie
Benesch behauptete - als Hitlers "Fünfte Kolonne" betätigt hätten. Allmählich erfasste Beneschs
Ausweisungsforderung immer mehr Deutsche - unter Außerachtlassung jeglichen Schuldprinzips,
einfach um den tschechoslowakischen Staat künftig nicht mehr mit einer nennenswerten deutschen
nationalen Minderheit zu belasten.
4. Nachdem das Prinzip der Zwangsumsiedlung Volksdeutscher ("illoyale Minderheiten") von den
Alliierten akzeptiert worden war, wurde es im Zusammenhang mit der geplanten Westexpansion
des polnischen Staates auch auf Reichsdeutsche (keine Minderheiten) in den östlichen Provinzen
Deutschlands angewandt. Auf der Konferenz von Teheran (28. November - 01. Dezember 1943)
führte Stalins Forderung, Polen östlich der Curzon-Linie zu annektieren, zur Entscheidung, Polen
im Westen auf Kosten Deutschlands zu entschädigen. Mit der territorialen Entschädigung war auch
der Plan zur Aussiedlung der einheimischen deutschen Bevölkerung verbunden, ohne dass sich
direkte Bezüge zu den nationalsozialistischen Vertreibungspraktiken im Osten feststellen ließen.
5. Die einschlägigen Akten im Public Record Office in London und in den National Archives in
Washington zeigen, dass die Experten im Foreign Office und im State Department bis zu den
Konferenzen von Jalta und Potsdam dafür eintraten, die territorialen Entschädigungen an Polen
(zunächst nur Ostpreußen, dann maximal bis zur Oder) und die damit verbundenen Umsiedlungen
der Deutschen zu beschränken (zwischen zweieinhalb und sieben Millionen). Sie sollten durch eine
sog. Population Transfers Commission beaufsichtigt werden, um einen stufenweise geordneten
Ablauf und eine Entschädigung für zurückgelassenes Eigentum zu gewährleisten. Dabei stützten
sich die Diplomaten auf den Präzedenzfall des Bevölkerungsaustausches zwischen Griechenland
und der Türkei 1923 bis 1926, der unter Aufsicht des Völkerbundes und auf der Basis des
Lausanner Abkommens durchgeführt worden war.
6. Auf der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 wurde zwar der bekannte Artikel XIII über den
Transfer der Deutschen angenommen, jedoch ist er häufig falsch ausgelegt worden, wenn
behauptet wird, dass die Anglo-Amerikaner den Umfang der Umsiedlung befürwortet hätten. Im
Gegenteil: Artikel XIII stellt eine Notmaßnahme dar, die in höchster Eile verfasst und angenommen
werden musste, weil die nicht genehmigten, wilden Vertreibungen aus der Tschechoslowakei, aus
Polen und aus den deutschen Ostgebieten eine völlig chaotische Situation in der amerikanischen
und der britischen Besatzungszone verursacht hatten, nicht zuletzt auch in Berlin, wie in unzähligen
amerikanischen und britischen Berichten aus dieser Zeit belegt ist. Somit war Artikel XIII kein
Blankoscheck für die Vertreiberstaaten. Vielmehr bezweckte er zunächst ein
Vertreibungsmoratorium und die Übertragung der Zuständigkeit für Umfang und Zeitpunkt des
Transfers an den Alliierten Kontrollrat in Berlin.
7. Die amerikanische und die britische Regierung protestierten in Warschau und Prag wiederholt wegen
der inhumanen Behandlung der deutschen Bevölkerung und der Nichteinhaltung der Richtlinien des
Artikels XIII.
8. Die Umsiedlungen, die nach der Aufstellung eines Aufnahmeplans des Alliierten Kontrollrates im
November 1945 erfolgten, verliefen weniger verlustreich. Jedoch urteilte 1950 die WalterKommission des amerikanischen Repräsentantenhauses in einem ausführlichen Bericht über die
Vertreibung der Deutschen, dass keine Phase der Vertreibung als human bezeichnet werden könne.
9. Ein noch schwereres Schicksal traf mehr als anderthalb Millionen Verschleppter. Nur 55 Prozent
überlebten. Hier ist die angloamerikanische Mitverantwortung gut belegbar, denn Churchill und
Roosevelt akzeptierten am 11. Februar 1945 auf der Konferenz von Jalta das Prinzip, wonach
deutsche Zwangsarbeit als Kriegsentschädigung zugelassen wurde. Durch diesen gemeinsamen
Beschluss, der ebenfalls von Stalin unterzeichnet wurde, wurden Volksdeutsche aus Rumänien,
Jugoslawien und Ungarn und Reichsdeutsche aus Ostpreußen, Pommern und Schlesien - Männer
wie Frauen - zur Sklavenarbeit in die Sowjetunion verschleppt, gewissermaßen als "lebende
Reparationen".
10. Flucht, Vertreibung und Verschleppung haben über zwei Millionen unschuldige Opfer das Leben
gekostet - und dies zum Teil quasi als Friedensmaßnahmen bzw. nach der deutschen Kapitulation.
Ein solches Ereignis muss von der Welt zur Kenntnis genommen werden - ohne Polemik und ohne
Vorwurf der Aufrechnung - eben als historisches Faktum. In diesem Zusammenhang muss auch
der Verzicht auf Gewalt und Vergeltung in der Charta der Heimatvertriebenen vom August 1950
besonders gewürdigt werden.
Völkerrechtliche Thesen
1. Heimatrecht ist Menschenrecht.
2. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das als jus cogens anerkannt wird, beinhaltet
notwendigerweise das Recht auf die Heimat, denn man kann nur das Selbstbestimmungsrecht
ausüben, wenn man aus der Heimat nicht vertrieben wird.
3. Die Vertreibung der Deutschen war völkerrechtswidrig.
4. Die Haager Landkriegsordnung von 1907 war im Zweiten Weltkrieg anwendbar. Artikel 42-56
beschränken die Befugnisse von Okkupanten in besetzten Gebieten und gewähren der Bevölkerung
Schutz, insbesondere der Ehre und der Rechte der Familie, des Lebens der Bürger und des
Privateigentums (Artikel 46), und verbieten Kollektivstrafen (Artikel 50). Eine Massenvertreibung
ist mit der Haager Landkriegsordnung in keiner Weise in Einklang zu bringen. Auch gemäß der
"Martenschen Klausel" in der Präambel der IV. Haager Konvention von 1907 sind Vertreibungen
rechtswidrig.
5. Vertreibungen waren im Jahre 1945 völkerrechtswidrig, auch in Friedenszeiten, denn sie verletzen
die Minderheitenschutzverträge, die Polen und die Tschechoslowakei verpflichteten.
6. Die Rechtsprechung des Internationalen Militär-Tribunals in Nürnberg verurteilte die
Vertreibungen, die von den Nationalsozialisten durchgeführt worden waren, als Kriegsverbrechen
und Verbrechen gegen die Menschheit. Das Völkerrecht hat per definitionem universale Geltung,
und darum stellten die Vertreibungsaktionen gegen die Deutschen, gemessen an denselben
Prinzipien, ebenfalls Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit dar.
7. Artikel XIII des Potsdamer Protokolls konnte nicht und hat auch keine Legalisierung der Vertreibung
der Deutschen bewirkt. Die Alliierten hatten keine unbeschränkte Verfügungsgewalt über das Leben
der Ostdeutschen. Auch wenn es ein "Interalliiertes Transferabkommen" gegeben hätte (und
Artikel XIII stellt kein solches Abkommen dar), müsste es nach völkerrechtlichen Prinzipien
beurteilt werden.
8. Nach dem Stand des heutigen Völkerrechts sind Zwangsumsiedlungen völkerrechtswidrig. Artikel
49 der IV. Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August
1949 verbietet Zwangsumsiedlungen. Sie sind ausnahmsweise nur dann gestattet, wenn zwingende
militärische Gründe zu dem einzigen Zweck, die Bevölkerung zu schützen, eine Evakuierung
erfordern. Solche Evakuierungen, die sowieso nur vorübergehend sein dürfen, sind illegal, wenn sie
aus einer Lebensraumpolitik abgeleitet werden.
9. In Friedenszeiten verstoßen Vertreibungen gegen die UNO-Charta, gegen die
Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948 und gegen die Menschenrechtspakte von 1966.
Für die Unterzeichner des Vierten Protokolls der Europäischen Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und der Grundfreiheiten gelten Artikel 3: "Niemand darf aus dem Hoheitsgebiet
des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, durch eine Einzel- oder eine Kollektivmaßnahme
ausgewiesen werden."; und Artikel 4: "Kollektivausweisungen von Fremden sind nicht zulässig."
10. In Kriegs- sowie Friedenszeiten stellen Vertreibung und Verschleppung völkerrechtliche
Verbrechen dar. Gemäß Artikel 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs gelten
Vertreibungen als Kriegsverbrechen, gemäß Art. 7 als Verbrechen gegen die Menschheit.
11. Vertreibung und Verschleppung können sehr wohl als Völkermord bezeichnet werden, wenn die
Absicht des Vertreiberstaates nachweislich ist, eine Volksgruppe auch nur teilweise zu vernichten.
Dies war zweifelsohne die Absicht Beneschs, wie in seinen Reden und in den Benesch-Dekreten
ausreichend belegt. Dies ist auch die Auffassung führender Völkerrechtslehrer u. a. Felix Ermacora
und Dieter Blumenwitz. Somit erfüllte die Vertreibung der Sudetendeutschen den Tatbestand des
Völkermordes im Sinne der UNO-Völkermordskonvention von 1948. Auch Teilaspekte der
Vertreibung der Deutschen durch Polen und Jugoslawien sind nachweislich Genozid.
12. Die entschädigungslose Enteignung von Privateigentum fremder Staatsbürger ist
völkerrechtswidrig. Wenn eine Enteignung im Zusammenhang mit einem Verbrechen gegen die
Menschheit steht, bzw. Bestandteil eines Genozids ist, darf die Staatengemeinschaft diese
Enteignung nicht anerkennen. Der Staat der Nationalität der Opfer dieser Enteignungen ist zum
diplomatischen Schutz seiner Bürger verpflichtet, denn die Ausübung des diplomatischen Schutzes
ist in diesen Fällen keine Ermessensfrage.
13. Das Völkerrecht gilt gleichermaßen für alle. Darum sind die Staaten erga omnes verpflichtet, die
Normen des Völkerrechts konsequent anzuwenden, ohne willkürliche Ausnahmen. Ein Staat
gefährdet die Rechtssicherheit und stellt die Glaubwürdigkeit der völkerrechtlichen Rechtsordnung
in Frage, wenn er nach unterschiedlichen Maßstäben handelt. Völkermord und Verbrechen gegen die
Menschheit müssen stets verurteilt werden, unabhängig von der Nationalität der Opfer.
14. Flüchtlinge und Vertriebene haben ein Recht auf Rückkehr sowie ein Recht auf Restitution (Siehe
UNO-Unterkommission für Menschenrechte, Resolutionen 2002/30 und 2005/21 sowie der
Schlussbericht der Unterkommission über Vertreibung und die Menschenrechte UN Doc E/CN.
4/Sub. 2/1997/23 und die Ausführungen des ersten UN-Hochkommissars für Menschenrechte Dr.
José Ayala Lasso vom 28. Mai 1995 in Frankfurt a. M. und 6. August 2005 in Berlin).
Schlussfolgerungen
1. Aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft muss mit Ehrfurcht gedacht werden. Der Versuch,
manche Verbrechen zu verharmlosen oder gar zu verschweigen, verstößt nicht nur gegen das Ethos
der Wissenschaft. Er ist Hohn und Unbarmherzigkeit den Opfern gegenüber.
2. Die Vertreibung der Deutschen ist ein legitimer Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Sie
gehört zu den folgenschwersten Ereignissen der Zeitgeschichte, weil durch sie ein in Jahrhunderten
gewachsenes Zusammenleben von Slawen und Deutschen ausgelöscht wurde. Daher kann sie nicht
einfach aus der gemeinsamen europäischen Erfahrung ausgeklammert werden. Trotzdem existiert
immer noch eine gewisse Tabuisierung dieser Thematik, die zwar nicht die Forschung, wohl aber
die offene Diskussion hemmt. Es ist einfach eine Frage der historischen Vollständigkeit, sich auch
diesem Kapitel der Geschichte zu stellen.
3. Es ist die wissenschaftliche und moralische Pflicht des Historikers, geschichtliche Vorgänge zu
erforschen und darzustellen, indem er die Fakten feststellt und sie in größere Zusammenhänge
einordnet. Es ist einer freien Gesellschaft und einer freien Wissenschaft unwürdig, wenn man
Zeithistorikern, die sich in seriöser Weise mit politisch heiklen oder gar unerwünschten Themen
befassen, unterstellt, ihre Untersuchungen dienten der "Aufrechnung" oder "Apologie" von
Verbrechen. Das Bild einer Epoche wird unweigerlich verfälscht, wenn man um politischer
Wirkungen willen bestimmte Teilbereiche ausblendet.
4. Die Vertreibung darf nicht als eine Frage von Schuld und Sühne betrachtet werden. Die Aufgabe,
die für Krieg und Kriegsverbrechen Schuldigen zu bestrafen, war den Nürnberger Prozessen
übertragen, und sie stellten dazu ein neues völkerrechtliches Prinzip auf, das der persönlichen
Haftung von Politikern und Soldaten für ihre Handlungen. Jedoch wurden 15 Millionen Deutsche
vertrieben - oder zur Flucht gezwungen, was faktisch dasselbe bedeutet - offensichtlich, ohne nach
ihrer persönlichen Schuld oder Unschuld zu fragen. Eine Strafe, die von der Berücksichtigung
persönlicher Schuld und der Verhältnismäßigkeit der Mittel absieht, ist juristisch und moralisch
nicht vertretbar.
5. Es gibt keine Kollektivschuld. Der Gedanke der Kollektivschuld ist, wie Victor Gollancz treffend
feststellte, "ein unsinniger, unliberaler, antichristlicher, beklagenswert nazistischer Gedanke"
(Stimme aus dem Chaos, S. 320). Schuld ist, wie Unschuld, persönlich und eben nicht kollektiv.
Darum kann ein Prinzip der Kollektivschuld ebenso wenig für die Vertreibung wie für den Krieg
selbst angewandt werden. Es besteht jedoch sicherlich eine kollektive Sittlichkeit, die uns alle zu
humanem Umgang miteinander verpflichten sollte.
6. Es gibt keine humanen Zwangsumsiedlungen, dies ist ein Widerspruch in sich, denn der
erzwungene Verlust der Heimat kann nie human sein.
7. Die Erörterung der Vertreibung hat eine eminente Bedeutung für die Gegenwart. Sie ist kein
abgeschlossenes Kapitel der Geschichte, denn es ereignen sich heute noch weitere Vertreibungen in
der Welt, die von der Völkergemeinschaft verurteilt werden müssen.
8. In der neuen Weltordnung, die nach dem Ende des Kalten Krieges im Entstehen ist, braucht man
vor allem historische Aufrichtigkeit und Objektivität. Es ist zu hoffen, dass die neue Generation
der Historiker aus Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakaei, Ungarns, Sloweniens,
Kroatiens, Serbiens und der Russischen Föderation die Vertreibung der Deutschen in ihrer
geschichtlichen Tragweite - und Tragik - und damit den eigenen Teil an Verantwortung erkennt
und anerkennt. Gute Nachbarschaft verlangt gegenseitige Offenheit und die Bereitschaft, die
eigenen Fehler zuzugeben. In der europäischen Union sollte dies selbstverständlich sein.
9. Täter-Opfer: Es bedeutet eine geschichtliche Klitterung und sogar eine Verletzung der
Menschenrechte, die deutschen Vertriebenen als Täter zu diffamieren. Die Vertriebenen waren
Opfer der Unmenschlichkeit der Sieger - und heute sind sie oft Opfer der Diffamierung durch die
Medien und durch Zeitgeist-Historiker. Der absurden Täter- und Opferschablone muss konsequent
widersprochen werden.
10. Das Zentrum gegen Vertreibungen: Das Phänomen Vertreibung ist kein ausschließlich deutsches
Problem. Die Armenier und die Griechen wurden im Ersten Weltkrieg vertrieben und massakriert.
Griechische Zyprioten wurden 1974 in den Süden Zyperns verjagt. In den 90er Jahren wurden
Kosovaren, Bosnier und Kroaten durch Serben ethnisch gesäubert, Serben wurden aus der Krajina
vertrieben. Heute werden Menschen im Sudan (v. a. in Darfur) vertrieben. Darum will das Zentrum
gegen Vertreibungen in Berlin alle Vertreibungen dokumentieren und erforschen, um den Opfern
zu gedenken und künftige Vertreibungen verhindern zu helfen.
Quelle
Prof. Dr. Dr. Alfred Maurice de Zayas: Thesen zur Vertreibung der Deutschen. Eine Publikation des BDV
Nordrhein-Westfalen, August 2006.
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