HAIDHAUSEN

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HAIDHAUSEN
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2010/11
HAIDHAUSEN
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urban trail
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HAIDHAUSEN - ein"urban trail"
Stadtexkursionen einmal ganz anders
Stadtexkursionen leiden oft in besonderem Maß darunter, dass man
sich in größeren Exkursionsgruppen wegen des Straßenlärms kaum
noch verständigen kann. Außerdem führt die Trägheit einer Gruppe
nicht selten dazu, dass die letzten in der Schlange vielleicht gerade
noch den Schlusssatz der Erläuterungen der Exkursionsleitung mitbekommen. Das muss nicht nur daran liegen, dass sich die Exkursionsgruppe im Trott gähnender Langeweile immer mehr auseinander zieht. Oft sind es ja auch interessante Dinge längs des Weges,
die es einzelnen Teilnehmern wert sind, zu fotografieren oder sich
sonst etwas länger damit auseinandersetzen. Schließlich stellt sich
heraus, dass für kleine Exkursionen immer seltener Termine gefunden werden können, die sich nicht bei einigen Interessenten mit anderen wichtigen Veranstaltungen oder sonstigen Terminen überschneiden. Solche organisatorischen wie auch didaktischen
Überlegungen haben uns dazu ermutigt, einmal eine neue Form der
"Exkursion", den "Urban Trail" auszuprobieren und als Alternative
zur herkömmlichen Stadtführung anzubieten. Damit wird eine Idee
aufgegriffen, die wir Günter Gad aus Toronto verdanke, an dessen
Hochschule diese Form der Vermittlung von Wissen und Erfahrung
schon häufiger anzutreffen ist.
Ein solcher "Urban Trail" ist quasi die schriftliche Ausarbeitung einer Routenführung durch einen städtischen Teilraum, in der sich
Wissensimpulse (wie bei einem schriftlichen Exkursionsführer) und
Aufgaben zu eigenem Beobachten, Erleben, Nachdenken, Bewerten
etc. (wie bei einer "Schnitzeljagd) abwechseln. Die Ergebnisse dieser Aufgaben sollen schriftlich fixiert und anschließend im Seminar
nochmals diskutiert werden.
Bei diesem Trail handelt es sich um eine Gemeinschaftsproduktion
mehrerer Studentengenerationen, die am Originaltext immer wieder
Ergänzungen und Verbesserungen angebracht haben.
Auch bei der nun vorliegenden Version gilt unsere Bitte an alle BearbeiterInnen, ihre Erfahrungen und Meinungen zu dieser Art einer
Stadtexkursion als Schlussbemerkung festzuhalten und sich an der
Diskussion über sicherlich auch weiterhin notwendige Verbesserungen des Urban Trail Haidhausen zu beteiligen.
Organisatorische Vorbemerkungen:
Sie können den Urban Trail als Einzelperson, besser aber in einer
kleinen Gruppe von max. 3 Personen begehen und bearbeiten. (Das
macht mehr Spaß, und Sie können gemeinsam diskutieren). Arbeitsteilung derart, dass einzelne Gruppenmitglieder jeweils nur verschiedene Teile des Trails bearbeiten, geht am Zweck der Übung
vorbei und wird deshalb nicht als Leistung für einen Exkursionsschein akzeptiert (ein kleiner Test zu Beginn der Besprechung wird
bloße “Trittbrettfahrer” identifizieren). Jedes Gruppenmitglied muss
in der Lage sein, eine gemeinsam erarbeitete schriftliche Lösung zu
erläutern und zu vertreten. Wenn Sie sich innerhalb der Gruppe in
bestimmten Punkten nicht einig sind, so sollten alle Lösungsvorschläge bzw. Meinungen schriftlich festgehalten werden.
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Kriterium für die Scheinvergabe
ist die Abgabe Ihrer schriftlichen Bearbeitung sowie persönliche Anwesenheit während des festgesetzten Besprechungstermins.
Zeitaufwand
Die Bearbeitung des gesamten Trails im Gelände nimmt nach unserer Erfahrung einen bis eineinhalb Tage in Anspruch; für die häusliche Nacharbeit sind nochmals ca. zwei Tage anzusetzen.
Es empfiehlt sich, die Unterlagen zunächst einmal zuhause
durchzusehen und längere Erläuterungen schon vorab zu lesen. Dies gilt besonders, wenn es draußen kalt und ungemütlich ist.
Arbeit im Gelände
Es arbeitet sich leichter, wenn Sie ein Kartierbrett oder eine sonstige
feste Unterlage dabei haben. Es sollen jedoch keine Lösungen in das
Vorgabeblatt des Urban Trail geschrieben werden. Geben Sie Ihre
Lösungen unter Angabe der Aufgabennummern auf gesonderten
Blättern ab, die Sie jedoch zuvor daheim ins Reine schreiben sollen.
Abgabe der Lösungen
Pro Arbeitsgruppe muss nur eine Lösung abgegeben werden. Jedes
Gruppenmitglied soll jedoch eine eigene Kopie der Gruppenlösung
behalten. Die Besprechung der einzelnen Aufgaben findet mündlich
im Seminar statt, so dass Sie dort Gelegenheit haben, Ihre Lösungen
jeweils zu vergleichen und ggf. zu verbessern. Eine Rückgabe der
abgegebenen Exemplare erfolgt nicht.
Es wird jedoch erwartet, dass jede/r ein Belegexemplar der eigenen
Lösung dabei hat, in die dann während der Besprechung Korrekturen eingetragen werden können. Nicht bei jeder Frage gibt es ein
eindeutiges “Richtig oder Falsch”. Manche Fragen sind eher dazu gestellt, sich über ein Thema eigene Gedanken zu machen.
Übrigens:
Der vorliegende Trail wurde überwiegend von StudentInnen entwickelt. Auch bei der nochmaligen Überarbeitung sollte der Stil des
Erstentwurfs erhalten bleiben, was die persönliche Form der Anrede
erklärt. So hoffen wir nun, dass der neue Urban Trail Haidhausen
allen Kommilitoninnen und Kommilitonen nicht nur Freude bei der
Bearbeitung macht, sondern vor allem auch dazu beiträgt, die Strukturen und Probleme dieses Stadtteils besser kennenzulernen und dabei auch einige auf die Stadtentwicklung allgemein übertragbare Erkenntnisse zu gewinnen.
Walter Kuhn und Gitta Klassen
12. Auflage 2010
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BEVOR´S LOSGEHT
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Habt ihr eigentlich schon irgendwelche Vorstellungen von
Haidhausen?
Wenn ja, macht bitte zu Beginn ein kurzes Brainstorming und
schreibt in Stichworten auf, was Euch zu diesem Teil Münchens
spontan und ohne großes Nachdenken einfällt. (Ihr solltet aber
keine Romane verfassen, sondern alle Eure Antworten möglichst in
Stichpunkten aufschreiben !!! )
H
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s
a u
h
d
a i
i l
a
t r
a n
b
u r
Der Weg ist das Ziel ...
Der Weg ist mehr als das Ziel ...
Der Weg ist der Schein ...
Lao Tse
R.M.Rilke
Walter Kuhn
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STADTPLAN - HAIDHAUSEN
Tragt die Route im Verlauf Eures Spazierganges auf diesem Plan ein ...
Ausgangspunkt unser es Urban Trail ist der ...
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MAX-WEBER-PLATZ
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Der Platz ist zu err eichen mit den U-Bahn-Linien U4 und U5, den Straßenbahnen 18 und 19 sowie den Bussen 51, 91, 191 und 192.
Versucht zunächst einmal mit Hilfe von zwei Karten etwas über die Bedeutung dieses Standortes im
letzten Jahrhundert herauszubekommen:
1812
1890
a) Was könnt Ihr aus dem Kartenblatt von 1812
an Informationen über die damalige Bebauung und Nutzung herausfinden? Welche Besonderheiten haltet Ihr für bemerkenswert?
b) Betrachtet die Umgebung des Max-Weber-Platzes auf dem Katasterplan anno 1890. Was hat
sich gegenüber 1812 geändert?
c) An welchen Häusern findet Ihr Hinweise auf
das Baujahr? Bitte Adressen und Baujahr angeben.
Es reicht, wenn Ihr Euch die Häuser mit der
Adresse Max-Weber-Platz betrachtet.
Dr eht eine langsame Runde um den ganzen Platz und betrachtet dabei d i e
einzelnen Häuser und der en Nutzung! Schaut dabei ab und zu auch in die
Hinterhöfe, wenn dies ohne Störung der Bewohner möglich ist.
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Wie Ihr beim Blick in die Hinterhöfe sehen konntet,
ist die Bebauungsdichte um den Max-Weber-Platz
sehr hoch. Als Maß für die Nutzung eines Grundstücks werden in der Regel drei verschiedene Größen
verwendet:
Geschossflächenzahl (GFZ)
Sie gibt an, wieviele Quadratmeter Geschossfläche
je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig bzw.
realisiert sind.
Grundflächenzahl (GRZ)
Sie gibt an, wieviel Prozent der Grundstücksfläche
überbaut ist bzw. werden darf.
MAX-WEBER-PLATZ
d) Schätzt einmal für den gesamten Baublock
zwischen Max-Weber-Platz, Kirchenstraße,
Innere Wiener Straße, Schlossstraße und Einsteinstraße die tatsächlich realisierte GRZ und
GFZ. (Ihr kommt im weiteren Verlauf des
Trails noch durch die Schlossstraße, so dass
Ihr mit der Beantwortung dieser Frage noch
etwas warten könnt.)
e) Beschreibt als nächstes die Art der baulichen
Nutzung: Welche Nutzungen herrschen in den
einzelnen Stockwerken vor? (pauschale Antworten genügen)
Baumassenzahl (BMZ)
Sie gibt an, wieviele Kubikmeter Baumasse je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig bzw. realisiert sind.
Die für ein Grundstück höchst zulässigen Werte
dieser Größen sind nicht unwesentliche Bestimmungsfaktoren für den Grundstückspreis.
Geht nun ins Unter geschoß des U-Bahnhofes. Dort findet Ihr einen alten
Straßenbahnwagen und eine aufschlussr eiche Infor mationstafel.
„In der Grube“ - am Max-Weber-Platz um 1900
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MAX-WEBER-PLATZ
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Der Max-Weber-Platz ist manchen Münchnern unter Euch wahrscheinlich aus Weiß Ferdl´s "Wagen von der
Linie 8" bekannt. .... Öffentliche Verkehrsmittel fahren hier also schon seit einiger Zeit.
Ein Wagen von der Linie 8
(Weiss Ferdl)
Ein Wagen von der Linie 8,
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt.
So fährt der Wagen schnell dahin,
die Menschen, die im Wagen drin,
die schaun gar grantig, niemand lacht
da drin im Wagen Linie 8.
"Nächste Haltestelle: Harras, Waldfriedhof umsteigen."
"Ach bitte schön, Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?
muss ich jetzt da umsteigen?"
"Nein, erst am Stachus, in die Linie 19 oder 4.
So bitte austeigen lassen!
Aber Leit, laßts doch d'Leit naus, ned laßts es hoit naus!"
"Geh halt weg du alter Depp."
f) Seit wann gibt es die U-Bahn am Max-WeberPlatz?
g) Welche Konsequenzen könnten mit der
Eröffnung der U-Bahn für die Situation am
Max-Weber-Platz verbunden gewesen sein ?
"Rupertstraß', Zoologischer Garten umsteigen!"
"Ach bitte schön , Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?
muss ich jetzt da um...?"
"Nein, no lang net. Erst am Stachus in die Linie 19
oder 4. So, bitte aussteigen lassen!
Aber Leit, laßts doch d'Leit naus, ned laßts es halt naus!"
"Bitte schön, ich möchte aussteigen."
"Ja, na steig halt aus!"
"ja, aber ich kann nicht!"
"Ja, na kann i dir a net helfn."
"Vorsicht, der Wagen ist besetzt!"
"Ja, aber ich möchte doch aussteigen!"
"Ja, des hättest dir früher überlegen müssen!"
"Ach bitte schön, Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?"
"Na, erst am Stachus, jetzt lassens erna nur Zeit!
So, bitte umsteigen lassen!
Plattform freimachen! Bissl rascher aussteigen!
Herrschaft, alte Rutschn, schau halt amoi, dass'd aussi kimmst,
sonst tritt i dir ins Kreuz nei!"
"Ist doch unglaublich, so spricht man doch nicht mit einer Dame!"
"In der Trambahn gibt's koa Dame, da gibt's bloß an
Hammel!"
"Nächste Haltestelle: Gabelsbergerstraße, steigt jemand aus?"
"Ach bitte schön, Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?"
"Jetz is de no oweil da! Mein Gott, ich hab's eana doch
zwanzig moi gsagt.
Am Stachus, bei der letztn Station, da hättens rausmüssn!"
"Oh Gott, oh Gott, da trifft mich ja der Schlag!"
"Guat, na bleim's sitzn bis zum Nordfriedhof!
Vorsicht, der Wagen ist besetzt!"
Ein Wagen von der Linie 8,
"In die Mitte gehen!"
weiß-blau fährt weiter durch die Stadt.
So, das wäre schon mal geschafft!
Dieses war der längste Punkt auf dem ganzen Trail. Auch wenn wir im weiteren Verlauf nicht mehr
so oft darauf eingehen, solltet Ihr Euch dennoch selbst immer wieder danach fragen, warum an welchen Standorten welche Nutzungen anzutreffen sind, welche Bebauung (Alter, Dichte, Zustand etc.)
Ihr wo vorfindet, welche Leute dort jeweils wohnen oder arbeiten, welche positiven oder negativen
Standortfaktoren es gibt usw.
Beobachten und daraus Schlüsse ziehen – das sind sehr wichtige Qualifikationen für Geographen.
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KLINIKUM RECHTS DER ISAR
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Wenn Ihr wieder oben seid, geht nun die Ismaninger Straße ein Stück nach
Norden bis zum Haupteingang des Klinikums Rechts der Isar.
Von der Kranken- und Armenanstalt zur Uniklinik
Hier, an der Ismaninger Straße, wurde bereits 1834 eine "Haidhauser Kranken- und Armenanstalt" mit 34 Allgemein- und 2 Separatbetten eröffnet. Schon bald machte der Anstalt eine chronische Überbelegung schwer
zu schaffen. Die Suche nach einem anderen Grundstück gestaltete sich schwierig, und so kaufte man anliegende Äcker auf. 1848 konnte (mit Hilfe einer königlichen Spende für die Inneneinrichtungen) das heutige
Verwaltungsgebäude in Betrieb genommen werden.Doch auch in der folgenden Zeit hinkte man trotz ständiger Umbauten der anwachsenden Patientenzahl und dem technischen Fortschritt hinterher. 1902 hatte das
Krankenhaus 732 Betten (in Notzeiten maximal 850). Dennoch stand das Krankenhaus kurz vor der 100-JahrFeier vor der Auflösung. Diese Pläne wurden aufgrund massiver Bürgerproteste zurückgenommen.
Nach dem 2.Weltkrieg waren aufgrund starker Kriegszerstörungen nur noch 200 Betten belegbar. Dem früheren Flickwerk wollte man hierauf ein endgültiges Ende setzen und plante einen großen Neubau. So konnte
1957 der Südbau als chirurgische Klinik mit modernster Technik eingeweiht werden. Der Hubschrauberlandeplatz und die Hörsäle folgten bald. 1967 beschloss der Bayerische Landtag, das Krankenhaus Rechts der
Isar der Technischen Hochschule München anzugliedern und unter die Regie des Freistaates zu stellen. Das
Krankenhausgelände umfaßte zu diesem Zeitpunkt 8,8 ha (siehe Plan). (Dies entspricht etwa dem Stammund dem Nordgelände der TU zwischen Gabelsberger-, Luisen-, Hess- und Arcisstraße!) Doch mit den Umund Neubauten war es auch in den folgenden 15 Jahren nicht vorbei, die Institute breiteten sich zudem in
der näheren (Bogenhausen) und weiteren Umgebung (Schwabing) aus.
2001 gab es 1.150 Betten mit jährlich ca. 350.000 stationären Belegtagen. In den Polykliniken (ambulante Behandlung) wurden 422.000 Patienten versorgt.
Quelle: http://www.batum.bayern.de/html/body_klinikum_rechts_der_isar.html (abgerufen am 15.10.2010)
Wie sich die Standortsituation bzw. Platzbedarf des Krankenhauses seit seinen Ursprüngen entwickelt hat, seht
ihr auf der folgenden Karte. (Sie ist inzwischen veraltet, aber für den Zweck der Übung ausreichend.)
Gebäudenummer Baujahr
501
502
503
504
505
507
508
509
510
511
513
514
516
517
518
520
523
551
552
561
1941
1892
1893
1930
1900
1955
1875
1902
1955
1957
1901
1955
1958
1966
1900
1974
1903
1971
1972
1973
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a) Bildet aus den Angaben eine Legende mit vier
Zeitkategorien und färbt die Gebäude entsprechend ein. Formuliert danach eine kurze
verbale Beschreibung der Standortentwicklung. Versucht Euch durch einen Rundgang
durch das Krankenhausgelände auch selbst
einen Überblick zu verschaffen, wie die Architektur unterschiedlicher Zeitperioden in
der Realität aussieht, ohne den Betrieb zu
stören
KLINIKUM RECHTS DER ISAR
2/2
b) In der Diskussion um die Ansiedlung bzw. Erweiterung großer öffentlicher Einrichtungen
taucht immer wieder die Frage auf, ob dabei
Standorte in relativ zentralen Lagen einer
Stadt gewählt werden sollen, oder ob man
solche Einrichtungen eher am Stadtrand vorsehen soll? Welche Argumente lassen sich in
die Diskussion einbringen ?
Weiter geht es durch die Schlossstraße, die auf der gegenüberliegenden Seite von
der Einsteinstraße nach Süden abzweigt.
SCHLOSSSTRASSE
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Wenn Ihr durch diese Straße lauft, seht Euch besonders die Häuser auf der rechten Seite an.
Was könnte für GeographInnen hier besonders bemerkenswert sein ?
Notiert Eure Beobachtungen und Überlegungen.
Am Ende der Schlossstrasse steht auf der linken Seite
das ehemalige Haidhauser Brause- und Wannenbad
und am Johannisplatz das alte Feuerwehrhaus. Der
gesamte Gebäudekomplex wurde vor einigen Jahren
aufwändig renoviert.
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JOHANNISPLATZ
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Der Johannisplatz
1852, noch zwei Jahre vor Haidhausens Eingemeindung, wurde der Grundstein zu der mächtigen Johanniskirche gelegt. Zuvor war hier ein großer Anger, der im 18. Jahrhundert zu einem Schlösschen gehörte, wie es
sich zu dieser Zeit viele wohlhabende Adelige außerhalb der Stadt bauen ließen (vgl.Karte von 1812). Die
Fertigstellung der Kirche erfolgte aufgrund mehrfacher Verzögerung erst im Jahr 1879, zu einer Zeit, zu der
Haidhausens Bevölkerung bereits enorm gewachsen war.
Es scheint fast wie ein Wunder, dass es in dem dicht besiedelten Stadtteil Haidhausen einen so großen freien
Platz noch gibt. Auch der Verkehrslärm konnte weitgehend ferngehalten werden. In den 80er Jahren wurden
Pläne in der Öffentlichkeit diskutiert, den gesamten Platz mit einer "Tiefgarage zu untergraben". Diese Pläne wurden von der Bürgerinitiative "Rettet den Johannisplatz" hart bekämpft.
a) Welche Vorteile sahen wohl die Befürworter
einer Tiefgaragenlösung und welche Nachteile führten wohl die Gegner ins Feld ?
b) Wie ist Eure Meinung zu diesem Thema ?
Je dichter die Bebauung eines Gebietes und damit meist auch die Einwohner- bzw. Arbeitsplatzdichte ist, desto
größer ist in der Regel auch der Bedarf an Parkplätzen. 2007 waren im Stadtbezirk Au/Haidhausen insgesamt
20.910 Kraftfahrzeuge zugelassen. Das entspricht einer KFZ-Dichte von 374 KFZ pro 1000 Einwohnern (einschließlich aller Kinder und alten Leute ohne Führerschein!) (Quelle: http://www.mstatistik-muenchen.de/themen/stadtbezirke/stadtbezirkszahlen_2008/taschenbuch_2009.pdf, S.49 - abgerufen am 15.10.2010)
Ein Großteil dieser Fahrzeuge verfügt über keinen eigenen Stellplatz und muss deshalb auf öffentlichem Straßengrund geparkt werden. Zu Engpässen kommt es dabei regelmäßig am Abend, wenn die meisten Bewohner zuhause sind und Haidhausen auch durch viele Menschen von außerhalb des Stadtbezirks aufgesucht wird. Hierzu
zählen nicht nur die Besucher des Kulturzentrums am Gasteig sondern auch die der zahlreichen Kneipen und
Restaurants.
Wegen der gravierenden Parkplatznot wurde in den 80er Jahren in dem Stadtbezirk eine Parklizenzierung eingeführt.
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JOHANNISPLATZ
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Wir bleiben noch am Johannisplatz, gehen aber weiter bis zur Ecke Jugendstraße.
Neubau Johannisplatz/ Ecke Jugendstraße
Dieses Eckgrundstück wurde Mitte der 90er Jahre bebaut. Was die Wohnungen damals gekostet haben, zeigt
Euch der folgende Zeitungsausschnitt.
a) Berechnet den durchschnittlichen qm-Kaufpreis für die Wohnungen in Euro.
b) Wenn jemand hier eine Wohnung als Kapitalanlage kaufen und vermieten will: Welche
Faktoren muss man bei der Kalkulation des
Mietpreises miteinbeziehen? (Vielleicht fragt
Ihr einmal jemanden aus Eurem Bekanntenkreis, der schon ein Haus oder einen Wohnung gekauft hat)
c) Wie hat sich nach Euerer Einschätzung der
Wert dieser Wohnungen bis heute entwickelt?
d) Im Immobilienteil der Münchner Zeitungen
oder im Internet findet Ihr zahlreiche Verkaufsanzeigen aus Haidhausen. Wertet mindestens 10 solcher Anzeigen (nicht Vermietungen) aus und fertigt daraus eine übersichtliche Dokumentation.
Geht nun kurz nach Norden bis zur Kirchenstraße und biegt dort rechts ab.
We n n e s o f f e n i s t , s o l l t e t I h r u n b e d i n g t e i n m a l i n d a s H a i d h a u s e n
- M u seum (Kir chenstraße 24) gehen, das viele Infor mationen zur Geschichte dieses Stadtteils ber eithält.
Etwa 100 Meter nach dem Johannisplatz biegt Ihr links (nach Norden) ein in den Innenber eich des Sanierungsblocks 49
Bevor Ihr Euch dort weiter umschauen sollt, lest bitte erst einmal die folgenden Infor mationen.
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JOHANNISPLATZ
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Stadtteilsanierung Haidhausen
Wie Ihr schon im bisherigen Verlauf der Route gesehen habt, reicht die Bebauung Haidhausens bis weit in
das 19. Jh. zurück. Dementsprechend konnten viele Häuser, oft sogar ganze Baublöcke, den heutigen Nutzungsansprüchen nicht mehr genügen. Von denen, die es sich leisten konnten, zogen viele aus dem Stadtviertel weg. Die Folge war, dass der Stadtteil überwiegend von eher benachteiligten Gruppen (den Alten,
Ausländern, Armen und Auszubildenden = 4 x A) bewohnt wurde, die selbst nicht genügend Möglichkeiten
hatten, ihre Substandardwohnungen und Häuser aus eigener Kraft maßgeblich zu verbessern.
Um diesem in vielen Altbauquartieren zu beobachtenden Degradierungsprozess zu begegnen, wurde Anfang
der 70er Jahre das sog. Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) verabschiedet. Auch auf Haidhausen hat dieses Gesetz seine Anwendung gefunden und führte zu einem "Gesamtkonzept zur Stadtteilsanierung" in diesem Gebiet, das vom Stadtrat 1976 förmlich beschlossen wurde. Zu Anfang lag die Stadterneuerung noch in
Händen der Landeshauptstadt selbst; im Jahre 1979 wurde hierfür dann eine eigene Gesellschaft, die MGS,
gegründet.
Allgemein unterscheidet man bei der Sanierung zwischen Objektsanierung und Flächensanierung. Maßnahmen
der Objektsanierung sind in folgender Abb. übersichtlich dargestellt.
Abb.:
Münchener Gesellschaft
für Stadterneuerung mbH
(MGS)
Sie ist ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen mit dem Zweck der städtebaulichen Erneuerung Münchens. Ihr Arbeitsgebiet betrifft die Planung und Durchführung
der Sanierung, die Beratung in Sanierungsfällen und die Mitwirkung an vom Stadtrat
beschlossenen Stadterneuerungsprogrammen.
Ziel der MGS ist zunächst einmal die grundlegende Sanierung der Gebäude, notfalls
auch der Abriß von nicht erhaltenswerter
Bausubstanz und Neubau.
Daneben umfaßt die Arbeit der MGS auch
die Erstellung eines Sozialplans, Verlagerung störender Gewerbebetriebe aus
Wohngebieten, Versorgung des Viertels mit
nötigen Infrastruktureinrichtungen sowie
die Wohnumfeldverbesserung durch Hofbegrünung und Verkehrsberuhigung.
Hausbesitzer, die die Sanierung ihrer Häuser durch die MGS fördern lassen, müssen
sich verpflichten, die Wohnungsmieten in
den Häusern während der ersten 10 - 15
Jahre nach der Sanierung in einem bestimmten Rahmen zu lassen (vgl. Informationen der MGS).
Sanierung - was ist zu tun?
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„SANIERUNGSBLOCK 49“
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Als Beispiel weitgehender Flächensanierung kann der Sanierungsblock 49 betrachtet werden, in dem Ihr Euch
gerade befindet.
"Sanierungsblock 49"
Im Inneren des Blocks, der von der Einstein-, Schloss-, Kirchen- und Seeriederstraße eingeschlossen ist, befand sich lange Zeit die Unions-Brauerei. Nach der Einstellung des Betriebes an diesem Ort wurde das
Gelände mit seinen riesigen Brauereigebäuden anderweitig genutzt, u.a. durch einen großen Flohmarkt.
1982 wurde der Block von der MGS zum Zwecke der Sanierung aufgekauft. Zu dieser Zeit befanden sich hier
13 Wohnhäuser mit etwa 150 Wohneinheiten, in denen etwa 390 Personen lebten. 15,8 % davon waren Ausländer. Neben Parkplätzen im Hof gab es bereits eine private Tiefgarage mit rund 100 Stellplätzen. Die Fläche
des Blocks wurde zu einem Viertel zum Wohnen genutzt, 44 % waren Gewerbebetriebe, 13 % nutzten die
Stadtwerke und die restlichen 18 % waren Schulgelände. Wie die Bebauung dieses Blocks früher einmal ausgesehen hat, läßt sich aus dem folgendem Luftbild ersehen:
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„SANIERUNGSBLOCK 49“
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5/2
Abgesehen von der Randbebauung an der Einstein- und Kirchenstraße wurde der gesamte Ostteil des Blocks
flächensaniert. Durch Neubau entstanden etwa 250 Wohnungen (darunter viele Sozialwohnungen) und 350 Tiefgaragenplätze (nur für die Bewohner des Blocks). Die Keller der neuen Gebäude werden inzwischen teilweise
kulturell genutzt.
Im westlichen Teil des Blocks blieb die Bebauung größtenteils erhalten.
Schaut Euch sowohl im Inneren des Blocks als auch entlang der Einsteinstraße um.
a) Notiert stichpunktartig, welche Kultur-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen Ihr im Bereich
des Blocks finden könnt.
c) Gefällt es Euch hier? Schreibt auf, was Ihr an
dieser Wohnanlage gut findet, was Ihr vermißt und was Euch stören würde, wenn Ihr
hier leben würdet.
b) Überprüft auf der Grundlage des unten eingefügten Vorentwurfes von 1983 wieviel der
Planung umgesetzt wurde und zeichnet die
Änderungen im Plan ein.
Verlasst den Sanierungsblock 49in Richtung Seeriederstraße.
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„SANIERUNGSBLOCK 50“
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Ersatzwohnungen Seeriederstraße - "Sanierungsblock 50"
Auf diesem Gelände befand sich früher ein Straßenbahndepot. Nachdem es stillgelegt wurde, lag die Fläche
lange Zeit brach. Die zwei hufeisenförmige Wohnblocks mit insgesamt 219 Wohnungen entstanden in der
Zeit zwischen 1982 und 1984. Die Wohnungen wurden ursprünglich gebaut, um sanierungsbetroffenen Bürgern für die Dauer der Sanierung ihrer alten Wohnungen Ersatz anbieten zu können.
Heute befinden sich in den beiden Ersatzwohnungsblöcken auch "normale" Sozialwohnungen, in die von der
Sanierung nicht betroffene Mieter einziehen können. Allerdings werden die Wohnungsmieten vermutlich in
naher Zukunft steigen, wenn die Sozialbindung für diese Wohnungen ausläuft.
Warum sind solche Wohnungen besonders am Anfang größerer Sanierungsmaßnahmen besonders wichtig ?
Folgt dem Weg durch die Wohnanlage und verlaßt die Wohnanlage durch das
Gittertor an der Kirchenstraße. Danach geht Ihrt links hinauf zur alten Haidhauser
Kirche und zum Friedhof.
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ALTE HAIDHAUSER
KIRCHE UND FRIEDHOF
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Haidhausen - eine lange Geschichte
Bereits 808 n.Chr. wurde Haidhausen in einer Schenkungsurkunde des Bistums Freising erwähnt. Die eigentliche Entwicklung des Dorfes stand jedoch in direktem Zusammenhang mit der Salzstraße von Reichenhall nach Augsburg, die bekanntlich 1158 durch Herzog Heinrich den Löwen hierher verlegt wurde und zur
Gründung Münchens führte. Hierdurch wurden Kaufleute, Fuhrknechte, Treiber, Leute aus dem Verpflegungsgewerbe etc. angezogen, und es kam zu einer starken Zuwanderung. Nachdem die Stadt selbst eher an
den begüterten Neubürgern interessiert war, die für das Bürgerrecht bezahlten mussten, siedelten sich in Haidhausen, vor den Toren der Stadt, eher die ärmeren Leute an. Mit der baulichen Expansion Münchens entwickelte sich in Haidhausen durch die Einrichtung von Ziegelbrennereien sehr bald ein weiterer wichtiger
Erwerbszweig. Grundlage hierfür war eine ergiebige eiszeitliche Lößlehmzunge, die das Gebiet um Haidhausen bedeckte . Die Technik der Ziegelbrennerei wurde im 12. und 13. Jh. aus Italien importiert. Vor allem
im 18. und 19. Jh. lebten und arbeiteten in Haidhausen auch viele italienische Saison- und Gastarbeiter, oft
unter katastrophalen Bedingungen. Im Zuge der Industrialisierung ab 1871 entwickelte sich Haidhausen zu
einem sehr dicht bebauten Arbeiterquartier. In der Nähe des Ostbahnhofs siedelten sich Gewerbe und kleinere Industrie- sowie Großhandels- und Zulieferbetriebe an. Gleichzeitig wurden große Mietshäuser, insbesondere im später "Franzosenviertel" genannten Teil Haidhausens und am Max-Weber-Platz errichtet. Die Bevölkerungszahl stieg von 6154 im Jahre der Eingemeindung (1854) auf 46.000 um 1900. Damit war Haidhausen
um die Jahrhundertwende der dichtest besiedelte Stadtteil Münchens, in dem soziale und wirtschaftliche Probleme besonders ausgeprägt zutage traten.
a) Ihr seid jetzt im ehemaligen Dorfkern mit
der ältesten Kirche Haidhausens. Ist Euch
aufgefallen, dass Ihr auf der kurzen Strecke
einen beträchtlichen Höhenunterschied
überwinden mußtet? Wie viele Höhenmeter waren das etwa von der Kreuzung Seerieder-/Kirchenstraße bis zum oberen Rand
der Stufen und wie erklärt Ihr Euch diese
Höhendifferenz?
b) Oftmals sagen Friedhöfe eine Menge über die
Bewohner eines Dorfes oder einer Gemeinde aus. Dreht eine kleine Runde über
den Friedhof und seht Euch besonders die
Grabsteine in der Nähe der Kirche an. Findet Ihr erwähnenswerte Hinweise auf bestimmte Ereignisse oder Besonderheiten im
alten Haidhausen?
Lauft die Kirchenstraße wieder zurück bis zur Einmündung der Seeriederstraße. Am gegenüber liegenden Eck befindet sich heute eine griechische Taver ne
"Par os"
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ECKLOKAL AN DER SEERIEDERSTRAßE
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Ecklokal an der Seeriederstraße
Dieses Lokal an der Straßenecke kann auf eine lange Geschichte als Gaststätte zurückblicken: 1822 schon erhielt hier der Lenzbauer für einen Vorgängerbau die "Schankgerechtigkeit", nachdem er bereits einige Jahre
einen Übenachtungsbetrieb unterhalten hatte. Das heutige Gebäude wurde in den 1890er Jahren errichtet.
Nach dem 2. Weltkrieg wechselten die Namen der Gaststätte von "Zu den vier goldenen Äpfeln" zu "Haidhauser Klause". Unter dem Namen "Birdland" kehrten hier v.a. amerikanische Besatzungsoldaten in den 50er
und 60er Jahren ein. Bis vor wenigen Jahren hieß das Lokal noch "Mykonos" (nach WILHELM 1991).
a) Wie stellt Ihr Euch vor, dass das "Mykonos" in den
70er Jahren gewesen ist, d.h. zu einer Zeit bevor es
mit der Stadtteilsanierung richtig losgegangen ist?
Glaubt Ihr, dass heute hier die selbe Bevölkerungsschicht einkehrt wie damals?
Schräg gegenüber, in der Kirchenstr.24, befindet sich das Haidhausen Museum. Wenn es offen
ist, lohnt sich ein kurzer Besuch. Eine Viertelstunde r eicht schon für den ersten Überblick.
b) Bitte notiert, was Euch in dem Museum besonders beeindruckt hat (auch das Untergeschoss ist interessant). Notiert ausserdem, wieviel der Eintritt kostet.
Falls das Museum bei Eurem Rundgang gerade geschlossen war, notiert, was Ihr im Schaukasten an Informationen lesen konntet.
Öffnungszeiten für das Museum:
Mo. - Mi.
Do. - Sa.
So.
16.00 - 18.00 Uhr
geschlossen
14.00 - 18.00 Uhr
Geht nun links in die Wolfgangstraße und weiter bis zur Abzweigung der Leonhardstraße. In dem kleinen Haus an der Ecke (Wolfgangstr.18) befindet sich das ...
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ALTEN- UND SERVICEZENTRUM
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Alten- und Servicezentrum Haidhausen
Diese Einrichtung gibt uns Anlass, ein wenig über die Altersstruktur Haidhausens und deren Entwicklung nachzudenken. Auf dieser Seite findet Ihr zunächst zwei Darstellungen, aus denen Ihr die die Altersstruktur Haidhausens im Vergleich zur ganzen Stadt München ablesen könnt.
Altersverteilung der Bevölkerung am 31.12.2008
Stadtbezirk 5 (Au/Haidhausen)
a) Beschreibt in Stichworten die wesentlichen Unterschiede der Altersstruktur
Haidhausens im Vergleich zur Gesamtstadt.
München gesamt
Quelle: Statistisches Amt der LH München (Hrsg.):
Statistisches Taschenbuch 2009
b) Sucht in der Bibliothek nach einer Statistik
über die Altersstruktur Haidhausens im
Jahr 1990 und beschreibt die Entwicklung
des Anteils der Bevölkerung unter 15 bzw.
über 65 Jahren seit dieser Zeit.
c) Welche drei Stadtbezirke in München haben den höchsten Anteil an Kindern und
Jugendlichen unter 15 Jahren bzw. an Alten über 65 Jahren?
d) Überlegt einmal, welche Konsequenzen
sich für die Stadtplanung aus dem Wandel
der Bevölkerungsstrukturen ergeben.
Geht durch die Wolfgangstraße weiter bis zur Pr eysingstraße.
An der nächsten Ecke befindet sich ein alpenländisch anmutendes Haus, der
sogenannte "Kriechbaumhof", eine alte Haidhauser "Herber ge" ...
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HERBERGEN / KRIECHBAUMHOF
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Das Herbergswesen in Haidhausen
Wie bereits früher erwähnt, gab es schon vor dem ganz starken Bevölkerungsanstieg Haidhausens während
der Gründerzeit eine starke Zuwanderung von Arbeitern und Taglöhnern. Wohnraum wurde deshalb bald
zur Mangelware und daher sehr teuer. Oftmals mussten kinderreiche Familien mit weniger als 20 qm Wohnraum auskommen. Zum Teil wurden die Betten tagsüber sogar vermietet; das sogenannte "Schlafstellenwesen" griff um sich. Der Begriff der "Herberge" bezieht sich auf Stockwerke, Wohnungen oder Einzelzimmer
(im späten 19. Jahrhundert sogar Schuppen und Erker), die nicht vermietet, sondern zum Verkauf angeboten
wurden. Das ganze Gebäude, meist kleine Häuser, nennt man "Herbergsanwesen". Der Grund gehörte allen
Parteien gemeinsam. Man kann die Besitzform der Herbergen als Vorläufer der heutigen Eigentumswohnung
bezeichnen.
Um 1821 gab es in den Münchener Vororten ca. 500 Herbergsanwesen mit über
2.000 Wohnungen.
In Zeiten des größten Zuzugs und der
größten Bevölkerungsdichte entwickelten
sich vor allem die Herbergen als Krankheits- und Seuchenherde. Doch nicht nur
Faktoren wie die fehlende Kanalisation,
sondern auch die miserable Qualität der
Bausubstanz führten schon um die Jahrhundertwende zu einem immer lauter
werdenden Ruf nach dem Abriss dieser
Anwesen. Zunächst wurde 1900 die Neuerrichtung verboten, ab 1933 dann systematisch abgerissen. Der Krieg tat sein
Übriges, so dass heute nur noch wenige
Herbergsanwesen stehen, die häufig
denkmalgeschützt sind (vgl. WILHELM
1991).
Der Kriechbaumhof
Der Kriechbaumhof war eine solche Herberge.
Obwohl er gänzlich aus Holz gebaut ist, und sein
Name darauf schließen ließe, hat er weder etwas
mit dem Voralpenland noch mit einem landwirtschaftlichen Gehöft zu tun. Er ist über 300 Jahre alt,
stand jedoch bis 1976 an einer anderen Stelle in der
Nachbarschaft. Bis in die 70er Jahre hinein war er
noch bewohnt. Das Gebäude wurde später abgetragen, zehn Jahre lang gelagert und (zumindest
größtenteils) aus den alten Materialien wieder aufgebaut. Dieser Neuaufbau mit zeitgemäßer Isolierung und Heizungsanlage hat die MGS 1,1 Millionen DM gekostet.
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HERBERGEN / KRIECHBAUMHOF
10 /2
Schaut Euch den Kriechbaumhof einmal gründlich an.
a) Woran kann man erkennen, dass es sich beim
Kriechbaumhof um ein Herbergshaus und
nicht um einen alpenländischen Bauernhof
handelt ?
b) Wie ist die heutige Nutzung ?
c) Was könnt Ihr über die Herbergsanwesen gegenüber dem Kriechbaumhof erfahren ?
d) Wie werden diese Gebäude heute genutzt ?
Geht nun auf die ander e Seite der Pr eysingstraße und schaut dort einmal
in die Innenhöfe hinter den kleinen alten Herber gen.
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GRUN IN HAIDHAUSEN
10/3
Hinterhofbegrünung
Wie Ihr auf jeder Karte von Haidhausen sehen könnt,
gibt es in diesem Stadtteil heute nur wenige größere
öffentliche Grünflächen. Um so wichtiger ist es, dass
möglichst viele private Flächen entsiegelt werden
und zu einer ökologischen Verbesserung der Wohnumgebungbeitragen.
Das sog. „Hinterhhofbegrünungsprogramm“ der
Stadt, mit dem entsprechende Maßnahmen bezuschußt werden, soll hierzu einen Anreiz schaffen.
•) schreibt bitte auf Euerem weiteren Weg die
Adressen auf, wenn Euch irgendwo schön gestaltete Hinterhöfe auffallen.
Übrigens: Der Innenhof dort wurde mitsamt seinen
Ziegen Ende der 80er Jahre beim Vorgartenwettbewerb der Landeshauptstadt München prämiert !
Zurück zur Pr eysingstraße nach r echts (Osten) bis zu einem gr oßen Tor am
Ende der Straße. Auf dem Gelände dahinter befand sich früher das ...
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PREYSINGSCHLOSS
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Das Preysingschlösschen
und
seine Nachfahren
1678 kaufte der Reichsgraf von
Preysing-Hohenaschau das nebenstehende Gelände und errichtete ein
kleines schlösschen, dessen Zufahrt
über den Gasteig und durch eine
lange Allee, die heutige Preysingstraße, verlief.
Das Schloss wurde 1828 verkauft,
und 1840 erwarb es der Orden der
Frauen vom Guten Hirten zusammen mit dem weiter südlich gelegenen Haidenauschlösschen (1843).
Der Orden widersetzte sich über
100 Jahre lang jeder Veräußerung
des Grundes. Erst als das Kloster
1965 nach Solln umzog, wurde das
Gelände der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Ein Teil des Klostergartens wurde an
die Bayerische Hypotheken- und
Wechselbank verkauft, die ihn 1971
zu einem öffentlichen Park umgestalten ließ (vgl. WILHELM 1991).
Heute befindet sich auf dem
Gelände die katholische Stiftungsfachhochschule, eine Zweigstelle
der Universitätsbibliothek Eichstätt
(Abt. religiöse Pädagogik), der deutsche Katechetenverein sowie ein
Wohnheim und das Edith-SteinGymnasium.
Biegt nun nach r echts in die Metzstraße ab. Gleich um die Ecke befindet sich
heute ein kleines ...
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ZENTRUM FUR AUSLÄNDERARBEIT
Zentrum für Ausländerarbeit
Gut ein Fünftel aller Bewohner Haidhausens hat keinen deutschen Pass. 2008 lag der Ausländeranteil
in diesem Stadtteil mit ca. 21,9 Prozent nur knapp unter dem der städtischen Durchschnitt (23,1%).
Der oft vermutete Prozess der Ausländerverdrängung durch Sanierung kann demnach für Haidhausen
so pauschal nicht nachgewiesen werden.
a) Versucht einmal, anhand der Klingelschilder von insgesamt sechs
zufällig ausgewählten Häusern auf
Eurem weiteren Weg durch die
Metzstraße den o.g. Ausländeranteil zu überprüfen. Wählt für Euren Test dabei sowohl sanierte
Häuser als auch solche in weniger
gutem Zustand aus und macht eine
tabellarische Aufstellung über
Eure Recherchen.
b) Stimmt die Hypothese, wonach der
Ausländeranteil in Häusern weniger guten Zustands höher ist als in
den sanierten Häusern?
b) Welche Unsicherheiten ergeben
sich aus dieser groben Methode
der Auswertung von Klingelschildern für eine Schätzung des Ausländeranteils?
Gleich anschließend, bei der Adr esse Metzstr.31, findet Ihr das ....
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WOGENO-PROJEKT ( "AGENDA-HAUS")
13/1
Chronik der Metzstr. 31
Dieses Haus wurde 1897 erstmals in einem Münchner Adreßbuch erwähnt. Nach zahlreichen Besitzerwechseln verkaufte es eine Eigentümergemeinschaft 1988 an die MGS mit dem ausdrücklichen Wunsch, sozialverträgliche Mieten beizubehalten und auch weiterhin einfachen Leuten ein Zuhause zu bieten. Zwischen 1990
und 1991 wurden dann die BewohnerInnen von der MGS, die das Haus renovieren wollte, umgesetzt. Die
Renovierung wurde jedoch wegen fehlender Sanierungsmittel zunächst nicht durchgeführt. 1992 beschloss
der Stadtrat, alle MGS-Grundstücke zu veräußern. Das Haus wurde daher zum Verkauf gegen Höchstgebot
ausgeschrieben. Nach längeren, heftigen Debatten setzte sich im Münchner Rathaus dann doch die wohnungspolitische Vernunft durch, dass auch andere Ziele als bloße Gewinnmaximierung bei der Veräußerung
von städtischem Besitz zu gelten haben. So wurde die Metzstr. 31 im Dezember 1996 an die WOGENO verkauft. (Informationen zusammengestellt nach einem Prospekt der WOGENO).
Bevor Ihr die folgenden Fragen beantwortet lest den Artikel auf der nächsten Seite.
a) Bei der WOGENO handelt es sich um eine
junge Genossenschaft. Welche Zielsetzungen
verbinden sich mit einer solchen Rechtsform
und was bedeutet es für die BewohnerInnen,
in einem solchen Haus zu wohnen?
b) Die Metzstraße 31 wurde zum offiziellen Testhaus der lokalen AGENDA 21 benannt. Das
bedeutet, dass sich die BewohnerInnen zu
"nachhaltigen Lebensstilen" verpflichtet haben. Was stellt Ihr Euch unter "nachhaltigen
Lebensstilen" vor?
Geht die Metzstraße weiter bis zur Ecke an der Wörthstraße. Links an der Ecke
befindet sich das Haus ....
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WOGENO-PROJEKT ( "AGENDA-HAUS")
13/2
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WÖRTHSTRASSE 19
14/1
Eine andere Chronik : Wörthstrasse 19
Nachdem in den frühen 80er Jahren die Sanierung in Haidhausen weitgehend von der MGS betrieben wurde,
haben sich im Zuge der Aufwertung des Stadtviertels später auch viele private Investoren an der Sanierung
beteiligt und (wahrscheinlich) nicht schlecht daran verdient. Dies galt besonders dann, wenn ehemalige Miethäuser nach der Sanierung in Eigentumswohnungen aufgeteilt ("Wohnraumumwandlung") und dann einzeln
verkauft werden konnten. Oft stehen derartigen Verwertungsplänen allerdings die alten Mieter im Wege.
Leere Wohnungen und Häuser lassen sich nämlich nicht nur besser sanieren, sondern danach dann i.a. auch
teuerer verkaufen.
Das Haus Wörthstr.19 hat eine sehr traurige "Entmietungsgeschichte", die in einem Zeitungsartikel der Haidhauser Nachrichten eindrucksvoll dokumentiert wurde - zu lesen auf den folgenden zwei Seiten.
Wie Ihr der Verkaufspreisliste entnehmen könnt, war der frühere Eigentümer mit seinen rüden Vertreibungsmethoden offensichtlich leider erfolgreich.
a) Welchen Eindruck macht das Haus heute
auf Euch?
b) Welche Bevölkerungsschichten wohnen
jetzt vermutlich hier?
c) Wo die ehemaligen Mieter heute wohnen,
ist nicht bekannt. Macht Euch dennoch einige allgemeine Gedanken darüber, wo
weniger gut verdienende Bewohner wohl
noch am ehesten in München eine neue
Bleibe gefunden haben könnten.
Rund um den Bordeauxplatz - wie auch an vielen anderen Stellen Haidhausens - gibt es noch zahlreiche weitere Beispiele für solche seit den 80er Jahren privat sanierte Häuser.
Geht nun die Wöthstraße Richtung Südosten und biegt dann wieder links
in die Br eisacher Straße ein.
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WÖRTHSTRASSE 19
14/2
Entmietungs-Mafia in der Wörthstraße 19
Ausschnitte aus einem Bericht der Haidhauser Nachrichten ca. Sommer 1986 – das genaue Erscheinungsdatum ist in unseren Unterlagen verloren gegangen:
Beim gierigen Kampf der Spekulationshaie um sanierungsfähige Häuser gerade auch bei uns in Haidhausen taten und
tun sich Dinge, die ein normaler Mensch schlichtweg für nicht möglich hält………
Das Haus Wörthstraße 19 an der Ecke Metzstraße ….. ist derzeit ein Haus der offenen Türen: Die Haustür selber ist
nicht mehr verschließbar, die dahinter befindlichen Windfangtüren sind ausgehängt. Die Briefkästen klaffen auf, Namensschilder sind aufgerissen, die Post flattert durch die Gänge. Es zieht erbärmlich. Beim Rundgang durch das Haus
findet man Wohnungen ohne Türen, mit eingetretenen Türen oder mit Türen, bei denen die Schlösser und Beschläge
herausgerissen sind. Das von außen gesund und stattlich wirkende Haus ist im Innern heruntergekommen, auffällig
viele Wasserschäden an Wänden und Decken, alle Heizungen und alle Licht- und Stromleitungen sind tot. Aber es wohnen Mieter drin, offiziell mit gültigem Mietvertrag……..
Als wir abends im Haus eintreffen …. werden wir von einer Mieterin mit brennender Kerze empfangen. In einem Zimmer sind 15 Menschen versammelt, einige Kerzen verbreiten etwas Licht. …… Es sind die letzten Mieter, die sich den
Vertreibungspraktiken noch nicht gebeugt haben und die sich wehren wollen. …….
Das Haus war bis zu deren Bankrott ein Wohnheim der Zündappwerke. Als nächster Besitzer was die xxxx Bauträger
GmbH & Co KG eingetragen, …… die …. bankrott ging. Dann ….. übernahm die Frankfurter Hypothekenbank mit
Sitz in München ….. das Haus. Bald fand sich ein Käufer für dieses Haus ……. Allerdings sollte das Haus „mieterfrei“
sein.
Aber von all diesen Hintergründen wissen die Mieter zunächst nichts. (Sie besitzen gültige befristete Mietverträge, die
im April nächsten Jahres auslaufen…… Die Miete pro Zimmer pro Person beträgt 200.- DM bis 300 DM. Da auch mehrere Mieter ein Zimmer bewohnen, ergeben sich Zimmerpreise zwischen 400.- und 600.- DM im Monat. Hierin ausdrücklich enthalten sind Zahlungen für Strom und Gas. ….. Alle Mietverträge sehen schriftliche Kündigungen vor…
Am Abend des …. 13.10. 86 kam ein Passant an der Wörthstr. 19 vorbei und wird Zeuge, wie (einige Leute der Hausverwaltung) …. sich gegenüber den Hausbewohnern aufspielen…..
Der Passant erfährt, dass (jemand der Hausverwaltung) in den Wohnungen Türen ausgehängt hat und die Mieter aus
dem Haus werfen will….. Die Bewohner berichten später, dass die Türen hinter eine mit Sicherheitsschloss versehene
Stahltür gesperrt wurden…. Es kommt …. zu einer Schlägerei. Eine Mieterin ruft die Polizei. Da wollen (die Leute von
der Haus- und Grundstücksverwaltung) nicht zurückstehen und fordern vom Autotelefon angeblich (ebenfalls) Polizeischutz an. ….. Der sich zwischenzeitlich entfernende Passant wird (vom Hausverwalter in seinem Mercedes) ….
verfolgt. Bei der Verfolgung hilft später die Polizei ( …. bei der Verfolgung des Passanten) ….
So etwa am 17. September, als die Stadtwerke noch Strom lieferten, wurden die Sicherungen hinter der Stahltür von (jemandem der Hausverwaltung) herausgedreht. Das ganze Haus war ohne Licht, ohne Strom. die Heizung wurde ebenfalls unbrauchbar gemacht. Eine Woche später haben die Stadtwerke den Strom ganz abgestellt (weil die Hausverwaltung mit dem Bezahlen der Rechungen im Verzug war, obwohl sie von den Mietern dafür Gelder kassiert hatte)……
Dass die Stadtwerke damit die hierfür nicht verantwortlichen Mieter auf das Empfindlichste trafen und gleichzeitig den
Entmietungsrambo …. auf das Tatkräftigste unterstützten, ist denen egal gewesen……
Die Restmieter saßen deshalb ohne Licht und ohne Strom zum Kochen und Heizen in dem durch künstlich erzeugte
Wasserschäden kalt-feuchten Haus. …….
Der überwiegende Teil der Mieter sind Ausländer. Und die haben Angst in Deutschland……
Einen erfreulichen Erfolg für die Mieter erzielte ihr Rechtsanwalt Ude (der heutige OB) . In Verhandlungen mit den
Stadtwerken konnte er erreichen, dass ……… die Stadtwerke sich zu einem neuen Stromlieferungsvertrag mit den Mietern bereiterklärten. …..
Der technische Außendienst der Stadtwerke konnte jedoch den Sicherungskasten, der den Stadtwerken gehört, nicht erreichen, da die besagte Stahltür durch ein neues Keller – Sicherheitsschloss versperrt war. Aber die Stadtwerke kriegen
den Schlüssel nicht und müssen unverrichteter Dinge wieder abziehen. Wieder ein Wochenende ohne Strom etc. ……
(Der Vertreter der Hausverwaltung sagte), dass er mit allen Mitteln verhindern werde, dass der Strom wieder fließt. Erst
am Freitag wird unter städtischem Zwang die Türe durch die Frankfurter Hypothekenbank wieder geöffnet. ……
Soviel zu dem Praktiken von Entmietungsfirmen, die es in diesem Fall wenig später dann doch geschafft hatten, alle Mieter aus dem Haus zu befördern und damit den Weg frei zu machen für eine lukrativere Verwertung des Anwesens.
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BREISACHER STRAßE
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Ein interessantes und eher ungewöhnliches Beispiel einer erfolgreichen Sanierung ist das Haus Breisacher Straße 12.
Mitte der 70er Jahre nahm der Vermieter dieses Hauses nur noch Studenten und Ausländer auf, die das Haus
herunterwohnen sollten. Er wollte das Haus abreißen, die Abrißgenehmigung wurde ihm aber aus Denkmalschutzgründen verweigert. Die Bewohner, darunter viele Wohngemeinschaften, wollten das Haus als
Gruppe erwerben. Sie gründeten den „Verein für angewandte Ökologie”. Der Verein konnte aber die
Kaufsumme nicht aufbringen. Eine Privatperson sprang ein, kaufte das Haus und verpachtete es an die
Gruppe. Die Miete wurde für Renovierungsarbeiten verwendet. Als der Eigentümer später verkaufen wollte,
aber die Renovierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen waren, sprang die Stadt München ein. Durch das
inzwischen eingestellte Programm der „Mietermodernisierung” des Münchner Wohnungsamtes konnten 52%
der Kosten als Zuschuß abgedeckt werden. Heute ist das Haus fertig renoviert, es existiert sogar ein Sonnenkollektor zur Brauchwasseraufbereitung. Das Haus ist im Gemeinschaftseigentum (Rechtsform Verein). Es
hat 10 Wohnungen mit einer Wohnfläche von 734 qm und einer Gewerbefläche von 147 qm.
(vgl. Herde, 1993).
a) Wie wird dieses Haus heute genutzt?
b) Die Breisacher Straße galt in den 70er Jahren als der Mittelpunkt des alternativen Lebens in Haidhausen. Welche Spuren findet Ihr noch heute davon? Beschreibt Eure Beobachtungen.
Geht nun die Breisacher Straße weiter und zweigt links in die Elsässer Straße ein.
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ELSÄSSERSTRAßE 22 - FASSADENPREIS
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ELSÄSSER STRAßE 22
Dieses Mietshaus, ein stattlicher Jugendstilbau mit zwei Erkern, Giebel und sehr reicher Dekoration, 1903 von
R. Barbist erbaut, hat 1991 einen Fassadenpreis der Stadt München erhalten.
Der Fassadenwettbewerb wird in München seit 1969 durchgeführt. Jedes Jahr werden bis zu 25 Preise zu je
500,- Euro für durchgeführte Renovierungen von Stuckfassaden der Gründerzeit und des Jugendstiles sowie
von Fassaden älterer und abgeschlossener jüngerer Bauepochen (bis 50er Jahre) und für vorbildliche „Fassadenmalereien” verliehen. Im Schnitt bewerben sich 60 - 70 Hauseigentümer um diesen Preis. Die Stadt München will damit die besondere Aufgeschlossenheit und Leistung von Hausbesitzern bei der Renovierung von
Fassaden anerkennen. Über die Preisverleihung entscheidet der Stadtrat nach Anhörung einer ehrenamtlichen
Gutachterkommission. Beurteilungskriterien sind Originalität, Reichtum und Erhaltungsaufwand der Fassade,
farbliche Gestaltung und stadtgestalterische Bedeutung. Teilnahmeberechtigt sind alle Eigentümer von Gebäuden innerhalb der Stadtgrenzen der Landeshauptstadt München.
Informiert Euch im Internet unter dem Stichwort “Fassadenwettbewerb München” und findet heraus, wie alt Gebäude mindestens sein müssen, um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können.
Geht nun durch die Elsässer Straße nach Süden, biegt an der Orleanstraße
nach r echts und geht weiter bis zum ..
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ORLEANSPLATZ/OSTBAHNHOF
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ORLEANSPLATZ / OSTBAHNHOF
Der alte „Haidhauser Bahnhof” wurde 1871 als Endpunkt der neuen Eisenbahnlinie nach Rosenheim eingeweiht. Damals befand sich das Gebäude noch „auf der grünen Wiese”. Von Anfang an diente der Bahnhof nicht
nur dem Personen-, sondern auch dem Güterverkehr; Lagerhäuser waren oft unmittelbar an die Gleisanlagen
angeschlossen. Seit 1876 hieß das Gebäude im Neurenaissance-Stil „Münchner Ostbahnhof”. Die Planung des
Nationalsozialismus sah vor, dem Ostbahnhof die zentrale Stellung in der Stadterweiterung in Richtung Osten
zu geben. Dazu kam es aber nicht, das Gebäude wurde während des Krieges fast gänzlich zerstört. 1972 wurde
das neue S-Bahn-Schaltergebäude in Betrieb genommen und 1982 die übrigen Gebäudereste endgültig abgebrochen.
Bevor Ihr durch die Weißenbur ger Straße weiter geht, macht noch einen kurzen
Abstecher zur Wörthstraße 42. Dort findet Ihr das...
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HAUS DER EIGENARBEIT
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•) Informiert Euch über diese Initiative und überlegt, welche Bedeutung diese für das Projekt der lokalen AGENDA 21 zukommt.
Geht nun zurück zum Orleansplatz und biegt dort r echts ab in die Weißenbur ger Straße.
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SUBZENTRUM HAIDHAUSEN
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Im Bereich zwischen Ostbahnhof und Rosenheimer Platz hat sich – vor allem entlang der Weißenburger Straße
– eine sehr starke Einzelhandelkonzentration entwickelt. Im städtischen Zentrenkonzept wird dieser Bereich auch
als Subzentrum eingestuft, das ein großes Einzugsgebiet im Münchner Osten mit Gütern des täglichen, mittelund teilweise auch langfristigen Bedarfs versorgen kann.
Stadtteilzentren
Innenstadtnah
Äußere Stadtbezirke
a) Versucht aus der oben abgebildeten Karte die Lage der Stadtteilzentren im Innenstadtrandgebiet und
im äußeren Stadtgebiet zu benennen (möglichst genau und nicht nur mit der Bezeichnung der
Stadtbezirke).
Bei dieser Aufgabe geht es darum, Eure Mental-Map von München ein wenig zu trainieren. Es geht
nur um die Lage der großen Dreiecke und Quadrate.
Wer mit der Aufgabe Schwierigkeiten hat, findet auf folgender Internetseite die Lösung:
http://www.muenchen.de/cms/prod1/mde/_de/rubriken/Rathaus/75_plan/04_stadtentwicklung/06_flaechennutzplan/zentrenkonzept_index/zentrenkonzept_muenchen_2010.pdf
b) Erklärt mit eigenen Worten den Begriff “Polyzentrisches Stadtkonzept” und erläutert, warum das
für die Stadplanung wichtig ist.
Am Pariser Platz biegt Ihr r echts ab in die Pariser Straße und kehrt zurück
zum Bor deauxplatz.
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BORDEAUXPLATZ-„FRANZOSENVIERTEL“
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Bordeauxplatz - „Franzosenviertel“
Wenn Ihr den Stadtplan von Haidhausen betrachtet, dann stoßt Ihr auf viele Namen von französischen Städten. Ihr befindet Euch nämlich mitten im sogenannten "Franzosenviertel".
Der Name des ab 1870 angelegten Stadtviertels kommt davon, dass viele der Straßennamen an Schlachten
des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 oder an große französische Städte erinnern (aber Achtung,
der Bordeaux Platz trägt diesen Namen erst seit dem Zeitpunkt als Bordeaux Münchens Partnerstadt geworden ist).
Dieses Viertel mit dem Ostbahnhof als Zentrum gilt als das bedeutendste Beispiel des geometrischen Städtebaus der Gründerzeit in München. Als einheitlich geplantes und bebautes Stadterweiterungsgebiet und als
deutlich nach außen begrenztes und in sich geschlossenes Quartier mit den Merkmalen starker räumlicher
und architektonischer Homogenität, bildet es ein Ensemble. Um der eklatanten Wohnungsnot ab Mitte des
19. Jahrhunderts zumindest einigermaßen Herr zu werden und dem rasch anwachsenden Industrieproletariat
in Haidhausen Unterkunft zu verschaffen, beschloss man, in kürzester Zeit eine große Siedlung aus dem Boden zu stampfen. Gleichzeitig ist die Planung des "Franzosenviertels" aber auch Bestandteil einer frühen und
großangelegten Bauspekulation. Federführend dabei war der königliche Kämmerer Freiherr Carl von Eichthal. Er stammte aus einer alteingesessenen, reichen jüdischen Familie, die ihr Vermögen durch diverse spekulative Geldgeschäfte erworben hatte. Carl von Eichthal war nicht nur vermögend, sondern auch Miteigentümer eines eigenen Bankhauses. Zudem war er als Teilhaber der in Haidhausen tätigen "Ostbahnhofgesellschaft" schon frühzeitig über die Verkehrsplanungen im Münchner Osten informiert. Lange bevor erste
Informationen über den geplanten Bau des Ostbahnhofs einer breiteren Öffentlichkeit überhaupt bekannt
wurden, erwarb Eichthal für wenig Geld riesige Grundstücksflächen südöstlich des alten Haidhausens. Zum
Erstaunen der ehemaligen Besitzer verwandelten sich die bis dahin nahezu unverkäuflichen Äcker und Wiesen alsbald in wertvolle Baugrundstücke. Dann begann man mit der Errichtung ganzer Häuserzeilen. Da die
Gebäude vor allem für die ärmere Bevölkerung geplant waren, wurde so billig und platzsparend wie möglich gebaut. So entstanden viergeschossige Wohnhäuser mit engen und für Münchner Verhältnisse relativ dunklen Hinterhöfen. Auch die sanitären Anlagen und Leitungen waren aufgrund der Verwendung billigen Baumaterials in schlechtem Zustand. Überhaupt verabscheuten zur Entstehungszeit viele Haidhauser die in ihren
Augen scheußlichen "Mietskasernen"(vgl. WILHELM, 1991). Dennoch gibt es besonders um die attraktiven
Plätze herum Bereiche, die heute als sehr gute Wohnlage gelten.
•) Schaut Euch einmal
das Luftbild des Viertels an. Habt Ihr eine
Erklärung dafür, warum im rechten Teil
keine symmetrische
Struktur vorhanden
ist?
Geht nun an der Südwestseite des Bordeauxplatzes entlang und biegt dann
links ein in die ...
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METZSTRASSE / DENKMALSCHUTZ
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In diesem Straßenabschnitt - wie übrigens auch an zahlreichen anderen Stellen Haidhausens - findet Ihr noch
eine Menge alter Häuser, die heute unter Denkmalschutz stehen.
Denkmalschutz und Denkmalpflege
Denkmalschutz und Denkmalpflege in Bayern wurden mit Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 1973 auf
eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Das Denkmalschutzgesetz gibt nicht nur eine Definition der Denkmäler, die in seinen Geltungsbereich fallen, sondern es enthält darüber hinaus den Auftrag, eine Denkmalliste zu erstellen. In diesem Verzeichnis sind nach Begutachtung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege "von Menschen geschaffene Sachen aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer
geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt", als Denkmäler einzutragen. Galten noch im 19. Jahrhundert vor allem Zeugnisse aus dem Mittelalter und früherer Zeit als "denkmalwürdig", so reicht die Zeitgrenze heute bis nahe an
die Gegenwart, womit auch die historische Architektur des späteren 19. Jahrhunderts, dann die Bauten des
Jugendstils vor dem Ersten Weltkrieg und schließlich die "Neue Sachlichkeit" der zwanziger Jahre hinzugekommen sind. Erfaßt werden auch Bauwerke, die zwar rein kunsthistorisch gesehen von untergeordneter Bedeutung sind, oft aber gerade den Reiz eines Ensembles, den Charakter einer Stadt ausmachen.
Die meisten Häuser stehen also erst ab 1973 unter Denkmalschutz. Davor konnte man sie ohne weiteres abreißen (vgl. Denkmäler in Bayern 1985).
Eine Kurzbeschreibung über den Baustil der Häuser in der Metzstraße findet Ihr in folgendem Ausschnitt aus
der Denkmalliste.
Quelle: Petzet, Michael, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.)1985:
Denkmäler in Bayern. Band I.1 Landeshauptstadt München. 2.Auflage München
a) Welche baulichen Veränderungen an den
denkmalgeschützten Häusern lassen sich erkennen? Achtet besonders auf Fassaden, Fenster, Eingänge usw.
b) Welche drei Häuser der Metzstraße im Abschnitt zwischen Sedan- und Wörthstraße
würdet Ihr als die unter Denkmalschutzgesichtspunkten am besten erhaltenen einstufen?
c) Überlegt einmal welche Vor- und welche Nachteile Besitzer von denkmalgeschützten Häusern haben.
Geht die Metzstraße nach Südwesten, über quert die Sedanstraß e u n d
b i e g t d a n n r e c h t s i n d i e K e l l e r s t r a ß e a b . Schaut Euch dort das Anwesen
Nr.37 (wenn möglich, einschließlich des Hinterhofs) an und lest den Artikel
auf der folgenden Seite.
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KELLERSTRAßE - HINTERHOFGEWERBE
Der Artikel ist über 10 Jahre alt. Gibt es die Firma
Schäffler heute noch am gleichen Standort? Welche
anderen “grünen Künstlerwerkstätten” ausser den
Töpfern habt Ihr sonst schon unterwegs gesehen.
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Setzt nun Euer en Weg
fort bis zur Kr euzung an
der Steinstraße und darüber
hinaus in die Kellerstraße.
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BRAUEREIEN IN HAIDHAUSEN
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Der Name Kellerstraße erinnert an die vielen alten Bierkeller, die es früher im Bereich von Gasteig und Rosenheimer Berg gab. ... Kleiner Exkurs :
Brauereien in Haidhausen
Seit Ende des 18. Jh. verlegten viele Münchner Brauereien ihre Produktions- und Lagerstätten aus der Altstadt
an die Hangkante der Hochterrasse des Isartales. Dort war reichlich Quellwasser vorhanden, und vor allem
boten sich dort gute Möglichkeiten zur Anlage von Kühl- und Lagerkellern, die das Bier auch bis in den Sommer hinein vor dem "Umkippen" bewahren konnten. Die Produktion des Bieres war nämlich lange Zeit nur
im Winter möglich und erlaubt, da zur Gärung bestimmte Temperaturen nicht überschritten werden durften.
Zur Verbesserung der Kühlmöglichkeiten wurden im Winter regelmäßig große Mengen Eis aus der Isar und
den umliegenden Seen in die Keller eingebracht und über den Kellern Kastanien gepflanzt. Auch wurden die
Keller häufig mit großflächigen Schatten spendenden Giebelbauten überbaut.
Die Erfindung der Linde´schen Kühlmaschine im Jahr 1874 revolutionierte das Brauwesen grundlegend. Die
kleinen Brauereien konnten bei dieser Modernisierung nicht mithalten, weshalb viele von ihnen zur Aufgabe
gezwungen wurden. Aber auch die großen fusionierten zunehmend. Selbst eine der größten Brauereien um
die Jahrhundertwende, das Bürgerliche Brauhaus, das zu dieser Zeit einen jährlichen Bierausstoß von immerhin 200.000 Hektolitern hatte, wurde 1921 von der Löwenbräu AG übernommen. Diese wurde dadurch
zum wohl größten Grundbesitzer Haidhausens.
Herstellung und Verkauf von Bier waren bis ins 19. Jh. hinein noch zünftig geregelt. So durfte in den Kellern
das Bier zunächst nur gelagert, aber nicht ausgeschenkt werden. Schankrecht hatten nämlich nur die Wirte.
1812 paßte man sich jedoch mit den Gesetzen an die Praxis an, und die Betreiber der Bierkeller erhielten die
Erlaubnis, ihre Gäste mit "Bier und Brot" zu bewirten, nicht dagegen, sonstige Speisen auszugeben. (Darauf
ist zurückzuführen, dass man sich in München die Brotzeit bis zum heutigen Tag in den Biergarten mitbringen darf.)
Aus den ehemaligen Bierkellern entwickelten sich in Haidhausen (und auch an anderen Stellen Münchens)
riesige Gastronomiebetriebe, die auch zu den größten Versammlungsorten der Stadt wurden. Der Bürgerbräukeller zwischen Kellerstraße und Rosenheimer Straße faßte Anfang des Jahrhunderts mit seinen Sälen,
dem Braustüberl und dem großen Biergarten rund 10.000 Personen. Der Münchner Kindl-Keller, gleich gegenüber an der Ecke Rosenheimer Straße/Hochstraße verfügte nach dem Umbau 1899 über einen der größten Säle Deutschlands mit Platz für ca. 5000 bis 6000 Menschen.
Durch
Kriegszerstörungen
und/oder Abwanderungen der
Brauereien standen um den Rosenheimer Berg später große
zusammenhängende Flächen
für neue Nutzungen zur Verfügung, was den Bau von
Großprojekten, die Ihr im folgenden passieren werdet, wie
das Kulturzentrum am Gasteig
oder das Hilton-Hotel oder das
Motorama an der Ecke Rosenheimerstraße/Hochstraße erst
erklären können (vgl. WILHELM 1991).
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BRAUEREIEN IN HAIDHAUSEN
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Biegt in der Kellerstraße nach ca. 80 Meter n links ab auf das Gelände einer
größer en Eigentumswohnanlage. Geht dort zwischen den Wohnhäuser n durch, bis
Ihr auf dem Innenhofber eich nach r echts gehen könnt.
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HOTEL HILTON/ BÜRGERBRÄUKELLER
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Hotel Hilton
Dieses Hotel mit ca. 700 Betten in 479 Zimmern wurde ebenfalls bald nach Fertigstellung des Gasteig-Zentrums
errichtet. Mit Übernachtungspreisen zwischen € 205.- und 345.- für das Einzelzimmer (2004) gehört es zu den
Hotels gehobenen Standards in München.
a) Warum dürfte eine Hotelkette dieses
Niveaus hier eine Niederlassung errichtet haben? Welche Standortvorteile (vielleicht findet Ihr auch
Nachteile) hat das Hotel an dieser
Stelle?
Gedenkplatte/ehemaliger Bürgerbräukeller
Dort wo sich heute das Hilton-Hotel befindet, stand bis 1979 der geschtsträchtige Bürgerbräukeller. vor allem
während der Nazizeit erfuhl er als Versammlungsort der NSDAP traurige Berühmtheit. Am 9. November 1923 begann von hier aus der “Marsch auf die Feldherrnhalle” von Adolf Hilter und seinen Anhängern, der damals bereits durch einen Putsch an die Macht kommen wollte. Ab 1933 hielt Hitler jedes Jahr an dieser Stelle eine Rede
zum Gedenken an seinen ersten Putschversuch. Am 8. November 1939 entging er hier auch knapp einem Attentat
Wie hieß der Attentäter?
Wenn Ihr über den Hof zwischen Hotel und der Wohnbebauung nach
Nordwesten geht und den Hofbereich durch einen Torbogen in Richtung
Gasteig verlasst, findet Ihr eine Gedenkplatte, die an dieses Ereignis erinn e r t . S e t z t E u r e n We g d a n n w e i t e r f o r t b i s z u m G a s t e i g .
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GASTEIG /KULTURZENTRUM
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Gasteig /Kulturzentrum
Der "Gasteig"- Komplex wurde 1985 als städtisches Kulturzentrum mit einem Kostenaufwand von 335 Mio DM
fertiggestellt.
a) Schaut Euch im ganzen Bereich des Gasteig etwas um und notiert zunächst einmal, welche
Nutzungen Ihr im einzelnen dort vorfindet.
b) Welche Auswirkungen auf die Standortentwicklung Haidhausens könnte solch eine
Kultureinrichtung haben ?
c) Vor mehr als 30 Jahren, also lange bevor der
Gasteig gebaut worden ist, war als Standort
für die neue Philharmonie der Arabellapark
in Bogenhausen im Gespräch. Welche Argumente könnten hierfür vielleicht eine Rolle
gespielt haben ?
Im Jahr 2009 erhielten die Münchner Philharmoniker Finanzhilfen in Höhe von rund 17 Mio (Quelle Landeshauptstadt München, Stadtkämmerei (Hrsg.): Finanzdaten und Beteiligungsbericht 2009, S. 17) Bei rund
200.000 Besuchern pro Jahr (in München, ohne Gastspiele) wird damit jede Karte mit rund 85 Euro subventioniert. Karten in den Münchner Kammerspielen werden sogar noch höher subventioniert.
d) Haltet Ihr eine solch hohe Subventionierung
der Hochkultur für gerechtfertigt und welche
Auswirkungen hat dies wohl auf das übrige
Kulturleben in Stadt (und Land) ?
e) Gelegentlich betreiben auch große Firmen sogenanntes Kultursponsoring. Was ist wohl deren Interesse an einer „blühenden Hochkultur“ in ihrer Nähe?
Geht nun durch die Inner e Wiener Str. weiter in Richtung NO. Auf der linken Seite seht Ihr einige neue Häuser. Sie gehör en zu der Wohnr esidenz ....
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„MAX III“
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„Max III“
Diese exklusive Wohnanlage wurde zwischen 1994 und 1996 auf einem Teil des ehemaligen Hofbräugeländes
errichtet.
Die teuerste Wohnung (4,5 Zimmer und Dachterrasse mit 148,27qm Wohnfläche) kostete laut Verkaufsprospekt
2,365000 DM. Auch für die billigste Wohnung, ein Einzimmer- Appartement von 37 qm waren immerhin noch
350.000 DM zu bezahlen. Damit zählte dieser Standort mit zu den teuersten Wohnlagen in München.
a) Betrachtet Euch die gesamte Wohnanlage etwas genauer und überlegt, weshalb die Preise
dort zwischen rund 9.400.- und knapp
16.000.- DM/qm schwankten.
b) Kann nach Eurer Meinung mit solchen Wohnungen der Münchner Wohnungsnot entgegengewirkt werden?
c) Was sind wohl die Gründe dafür, dass die Hofbräu-Brauerei diesen Standort verlassen hat?
Wenn Ihr nun die Inner e Wiener Str. weiter geht, kommt Ihr noch an einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude des Hofbräu vorbei.
Bevor Ihr Euch im Hofbräukeller oder dem dahinter liegenden Bier garten
von den Anstr engungen des Pflastertr etens erholen könnt, dr eht nur noch eine
kleine Runde um ....
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WIENER PLATZ / KREPPE
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Wiener Platz und Kreppe
Lest zunächst einmal den folgenden Brief, der Euch etwas über das Leben in Haidhausen und dem Wiener Platz
vor rd. 100 Jahren erzählt:
Liebste Mutter,
im Juni 1899
lange lebe ich noch nicht in diesem München, doch ich hatte Glück: Schon nach zwei Tagen bekam ich Arbeit beim Neubau einer Ziegelei, kaum 15 Minuten von hier zu gehen. Ein Bauarbeiter war vom Gerüst gestürzt und brach sich das Genick. Ich bekam seinen Arbeitsplatz - für 45 Pfennige in der Stunde. Der Arbeitstag
beginnt morgens um 6 Uhr und endet abends um 6 Uhr. Doch gerade hier am Bau werden häufig Überstunden gemacht, das bringt 10 Pfennige extra... So kann ich Dir, liebste Mutter, vielleicht schon bald etwas
schicken, da ich ja sonst für niemanden sorgen muss.
Du wünschst Dir doch schon so lange eine neue Tasche. Liebste Mutter, Dein Traum wird schon eher in Erfüllung gehen als Du denkst. Gleich hier um die Ecke hat ein Täschner sein Geschäft. Ich meine, man könnt´
gut Freund werden mit ihm. Auch einen Korbmacher gibt es an diesem "Platzl", wie die Leute hier sagen, sowie einen Schuhladen, eine Spezereienhandlung und einen Markt mit frischen Waren vom Land. Auch die
Sailerei ist nicht weit entfernt. Alles, was man zum Leben braucht! Natürlich darf ich auch die große HofbräuGastwirtschaft nicht vergessen, wo ich abends oft einkehre. Doch so gut wie bei Dir schmeckt´s natürlich
nicht (wenngleich das Bier nicht zu verachten ist).
(ein Brief, der in dieser Form zu dieser
Zeit von jenem Karl leider nie geschrieben, sondern von den Mitarbeiterinnen
des Urban Trail erfunden wurde...)
Ich lege Dir eine
Federzeichnung
meiner Herberge
bei (das oberste
Fenster im vorderen Haus ist meines) und
grüße Dich
a) Sucht den Standort des Hauses im Mittelgrund
des Bildes und beschreibt, wie sich die Umgebung seit seiner Zeichnung verändert hat.
in Liebe Dein Karl
Lauft zum Schluss noch die
Steinstr. ca.200m auf und ab
b) Wie würdet Ihr die Geschäfte in der Inneren Wiener Straße, rund um den Wiener Platz und in der Steinstraße charakterisieren?
So, jetzt wird es endgültig Zeit für den Biergarten oder die Kneipe, wo Ihr
in aller Ruhe auch noch die letzte Frage auf der nächsten Seite beantworten
könnt.
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SCHLUSSSPURT
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SCHLUßSPURT
Lest Euch zum Schluss noch folgendes kurze Kapitel über „Gentrification“ durch.
Der Prozess der Gentrification
Hierunter versteht man „sowohl die physische Wiederherstellung verfallener Gebäude in innerstädtischen
Wohnlagen als auch eine Verdrängung unter sozialer Schichten“ (DANGSCHAT 1988, S. 272)
Der idealtypische Verlauf des Gentrification-Prozesses besteht in einem sogenannten doppelten InvasionsSukzessions-Zyklus, der von zwei Lebensstilgruppen getragen wird: die Alternativen als „Pioniere“ und die
Yuppies als „Gentrifier“.
Der Gentrification-Prozess beginnt mit einer unstrukturierten, ungeplanten „Invasion“ von jungen Leuten in
einzelne, oftmals heruntergekommene Wohngebiete. Ausschlaggebend für diese als Pioniere bezeichnete Bevölkerungsgruppe sind die günstigen Mietpreise, die innenstadtnahe Lage und die funktionsneutralen Wohnungsgrundrisse. Die innerstädtischen Altbauquartiere beginnen sich zu verändern: es entstehen erste SzeneKneipen, alternative Läden, die der Nachbarschaft eine neue Lebendigkeit verleihen.
Die neue Attraktivität der Wohnviertel regt eine Zuwanderung älterer, kaufkräftiger, meist ehe- und kinderloser Menschen (Yuppies) an. Gerade die Sukzession der „Gentrifier“ verändert radikal das Gesicht anfänglich
vereinzelter Häuser, später ganzer Straßenzüge, da die Häuser modernisiert bzw. zum Teil luxussaniert werden.
„Die Alternativen können.... die Funktion von „Pionieren der Reurbanisierung“ haben und einen Aufwertungsprozess einleiten, der die Voraussetzungen zerstört, die ihnen die Besetzung eines bestimmten Viertels
ermöglicht hatten. Statt Müsli und naturtrübem Saft stehen dann Sekt und Kaviar auf dem Tisch“ (HÄUSSERMANN/SIEBEL 1987, S. 19).
(Der Text des Kastens wurde fast wörtlich entnommen aus BINDER, S. 1994, S. 27/28).
•) Rekapituliert, welche Indikatoren in Haidhausen für diesen Prozess stehen und benennt diejenigen Stationen namentlich, die
Ihr als Beleg anführen würdet.
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ENDLICH NACH HAUSE
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Auch wenn Ihr jetzt sicherlich etwas müde seid:
Es hätte alles noch viel schlimmer
kommen können, wenn wir uns
auch noch mit
- dem Kunstpark - Ost + Jugendkultur
- der Grün- und Freiflächenplanung
- der weiteren Verkehrsberuhigung
- den Bedürfnissen der Kinder
- der Erhaltungssatzung (eine Ahnung, was das ist??)
- der Wohnraumzweckentfremdungsverordnung
- dem Maximilianeum und dessen
Einfluß auf die Stadtteilentwicklung
- den Plänen der Deutschen Bahn
AG über eine Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof usw.
.... intensiver auseinandergesetzt
hätten.
Da wir Euch also wenigstens ein
bißchen geschont haben, hoffen
wir, dass Ihr nach diesem Trail weder Haidhausen noch dem Geographiestudium für immer den
Rücken kehren wollt.
•) Wenn die Plattfüße nicht mehr
so schmerzen, und Ihr zu alter
Größe zurückgefunden habt, dann
schreibt doch bitte einmal auf, was
Euch an dem Trail gut oder weniger gut gefallen hat, wo Ihr Fehler
entdeckt habt, und welche konstruktiven Vorschläge Ihr hättet.
vorher / nachher ?
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LITERATUR
LITERATUR
BINDER, Sabine: Der Wandel von Sozialstrukturen, Lebensstilen und Wohnpräferenzen und seine Auswirkungen auf Wohnungsmarkt und Stadtentwicklung. Referat im Rahmen des Oberseminars „Wohnungsmarkt und Stadtentwicklung“ im Sommersemester
1994 am Geographischen Institut der TU München (Leitung R. Wießner; W. Kuhn).
BOHL, A.: Spaziergang durch Haidhauser Straßen. München 1992.
BUCHANAN, Elizabeth, GAD, Günter: Historic Hamilton. The learning trail. Hamilton/Ontario 1988.
DANGSCHAT, Jens: Gentrification: Der Wandel innenstadtnaher Wohnviertel. In:
Friedrichs, Jürgen (Hrsg.): Soziologische Stadtforschung. Opladen 1988.
GAD, Günter: Spadina. An Urban Trail, Toronto 1990.
HÄUSSERMANN, Hartmut; SIEBEL, Walter: Neue Urbanität. Frankfurt/Main 1987.
HEIL, Karolus: „Wohnen und Arbeiten in Haidhausen”. München 1989.
HERDE, Christian: Wohnen in München. Darmstadt 1993.
MGS (Hrsg.): Stadterneuerung in München. München 1984.
MGS (Hrsg.): Stadtteilsanierung Haidhausen. Neuordnung Block 49. München 1985.
MGS (Hrsg.): Informationen zur Stadtteilsanierung. Haidhausen. München 1/91, 1/92.
PETZET, Michael: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.)1985:
Denkmäler in Bayern. Band I.1 Landeshauptstadt München. 2.Auflage München
TZSCHASCHEL, Sabine: Haidhausen - ein Arbeiterviertel wandelt sein Gesicht. In:
GEIPEL, Robert; HEINRITZ, Günther: München - ein sozialgeographischer Exkursionsführer. (= Münchner Geographische Hefte Band 55/56) Kallmünz 1987, S. 377421
WEYERER, Benedikt: Vorstadtkavaliere in der Hinterhofidylle. In: München zu Fuß.
Hamburg 1988, S.143 - 156.
WILHELM, Hermann: Haidhausen: Münchner Vorstadt im Lauf der Zeit. München 1991.
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