Model-Castingshows im Alltag von Jugendlichen

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Model-Castingshows im Alltag von Jugendlichen
Projektbericht
Model-Castingshows im
Alltag von Jugendlichen
Christine W. Wijnen
unter Mitarbeit von Julia Fraunberger
Salzburg, Januar 2011
Dieses Forschungsprojekt wurde gemeinsam mit den SchülerInnen
der 2. ALG-Klasse (2009/10) der HLW Ried am Wolfgangsee durchgeführt:
Matthias Angerler, Isabell Egger, Cornelia Fuchsberger, Nina Gantschnigg,
Bernhard Gruber, Maria Meindl, Lisa Nistelberger, Miriam Rieger, Sandra
Sandbichler, Magdalena Scheibl, Maria Spicker, Elisa Sternbauer, Caroline
Stockhammer und Johanna Weiss
Klassenvorstand: Sven Bichl
Inhalt
Dank ................................................................................................................ 1
1
2
3
Zur Einführung .......................................................................................... 2
1.2
Der Untersuchungsgegenstand........................................................................... 2
1.2
Ausgangslage und Ziele des Projektes ................................................................ 5
Theoretische Grundlagen .......................................................................... 7
2.1.
Zur Bedeutung von Medien im Alltag von Heranwachsenden ........................... 7
2.2
Stand der Forschung zu (Model-)Castinghows ................................................. 11
Methodische Grundlagen und Anlage der Studie ..................................... 17
3.1
Aktionsforschung .............................................................................................. 17
3.2
Forschungsdesign .............................................................................................. 19
3.2.1
Datenerhebung ......................................................................................... 23
3.2.3
Datenanalyse ............................................................................................. 26
3.3
4
Ablauf und Organisation der Studie .................................................................. 27
3.3.1
Einführung der SchülerInnen .................................................................... 27
3.3.2
Beteiligung der SchülerInnen am Forschungsprozess............................... 28
Ergebnisse............................................................................................... 31
4.1
Allgemeiner Medienumgang............................................................................. 31
4.2
Nutzung und Bewertung von (Model-)Castingshows ....................................... 33
4.3
Auseinandersetzung mit den handelnden Personen ........................................ 41
4.4
Schönheitsideale ............................................................................................... 55
4.5
Alltagbezüge ...................................................................................................... 63
5
Zusammenfassung .................................................................................. 73
6
Fazit aus einem partizipativen Forschungsprojekt mit Jugendlichen ......... 77
7
Literatur .................................................................................................. 80
8
Anhang ................................................................................................... 87
8.1
Erhebungsinstrumente...................................................................................... 87
8.1.1 Screening-Fragebogen ...................................................................................... 87
8.1.2
Leitfaden für die Gruppendiskussionen .................................................... 91
8.1.3
Leitfaden für die Einzelinterviews ............................................................. 97
8.2
Codewortbaum ............................................................................................... 105
8.3
Einzelfalldarstellungen .................................................................................... 105
Dank
Dieses Projekt wurde gefördert durch das Zentrum für Zukunftsforschung der
Fachhochschule Salzburg, das Institut für Medienbildung sowie das Raiffeisen
Schulsponsoring. Allen Institutionen gebührt an dieser Stelle großer Dank.
Zu danken ist ebenso den LehrerInnen und der Schulleitung der Höheren
Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe (HLW) Ried am Wolfgangsee, die
durch großes Entgegenkommen (z.B. das Blocken von Stunden) ein
projektorientiertes Arbeiten über ein ganzes Schuljahr ermöglicht haben.
Besonders hervorzuheben ist dabei Sven Bichl, Schuladministrator und
Klassenvorstand der beteiligten Schulklasse, der sich mit großem Engagement
für dieses Forschungsprojekt eingesetzt und die SchülerInnen in ihrer Arbeit
unterstützt hat.
Des
Weiteren
ist
Samuel
Unterkircher
für
die
Begleitung
von
Gruppendiskussionen und die Durchführung von Interviews, Sonja Messner und
Katharina
Premm für
Datenmaterials
sowie
Transkriptionsarbeiten
Julia
Fraunberger
und
für
die
die
Codierung
Mitarbeit
bei
des
der
Datenauswertung und der Berichtslegung zu danken.
Nicht zuletzt gebührt aber ein besonderer Dank den SchülerInnen der 2. ALGKlasse (2009/10) der HLW Ried am Wolfgangsee, deren Engagement weit über
den
in
einem
hinausreichte.
herkömmlichen
Schulprojekt
üblichen
Arbeitsaufwand
Seite |2
1
Zur Einführung
1.2
Der Untersuchungsgegenstand
Castingshows gehören zur Fernsehgattung Reality TV, die sich durch eine
Vermischung mit formalen Elementen anderer Gattungen und durch einen
ebenso hybriden Charakter ihrer Genres auszeichnet. Klaus und Lücke1
definieren
elf
Reality
TV-Genres,
die
sie
wiederum
in
narratives
(gewaltzentriertes Reality TV, Real Life Comedy, Gerichtsshow, Personal-HelpShow) und performatives Realitätsfernsehen (Beziehungsshow, BeziehungsGame-Show, Daily Talk, Problemlösesendungen, Reality Soap, Dokusoap,
Castingshow) unterscheiden. Diese Genres charakterisieren sich durch eine
starke Verwandtschaft und fließende Übergänge zu anderen Genres und
Gattungen; herkömmliche Kategorien wie Information und Unterhaltung,
Fiktion und Dokumentation oder Inszenierung und Authentizität verschwimmen
dabei zusehends. So finden sich etwa im Genre Castingshow Gemeinsamkeiten
mit Fernsehshows, Dokumentationen, (Reality und Doku) Soaps sowie Serien.
Ein wesentliches Kennzeichen der Castingshow ist die Darstellung eines
Auswahlprozesses bei dem anhand bestimmter Kriterien (je nach inhaltlicher
Schwerpunktsetzung der jeweiligen Show) aus einer Gruppe von KandidatInnen
im Verlauf einer Sendungs-Staffel eine Person als GewinnerIn der Show
hervorgeht. Im Zuge dieses Auswahlprozesses müssen die KandidatInnen
verschiedene Aufgaben erfüllen und werden dabei von einer, zumeist aus
prominenten oder semi-prominenten Personen bestehenden, Jury beurteilt. Der
Erfolg bei der Bewältigung dieser Aufgaben sowie die damit verbundenen
Urteile der Jury dienen als Basis für die Selektion der KandidatInnen. Bei
manchen Castingshows wird zudem das Fernsehpublikum in Form eines
Televotings in den Selektionsprozess einbezogen. Eine Ausnahme bilden
Beziehungs-Castingshows, die darauf abzielen, für eine bestimmte Person
den/die geeigneteN LebenspartnerIn oder FreundIn auszuwählen. Hier trifft
nicht eine Jury sondern die betreffende Person die Entscheidung, welche
1
Vgl. Klaus/Lücke 2003, S. 199f; die Autorinnen bezeichnen Reality TV allerdings nicht als eine
Fernsehgattung sondern als eine Genrefamilie.
Seite |3
KandidatInnen in die nächste Runde aufsteigen dürfen. Als Subgenres der
Castingshow zeichnen sich bislang Model-Castingshows,2 Musik-/MusicalCastingshows,3 allgemeine Talent-Castingshows,4 Beziehungs-Castingshows5
und Berufs-Castingshows6 ab.
Zentrale Kennzeichen des Reality TV sind die Präsentation nichtprominenter
ProtagonistInnen als „normale“ Menschen des Alltags und – eng verbunden
damit – die Inszenierung vermeintlich authentischer Handlungen bzw.
Erlebnisse, der ProtagonistInnen, die jedoch einer strengen Dramaturgie folgt.
Wesentliche
Kennzeichen
dieser
Inszenierung
sind
Personalisierung,
Emotionalisierung, Intimisierung, Stereotypisierung und Dramatisierung.7 In
Bezug auf Castingshows äußert sich dies in der Personalisierung und
gleichzeitigen Stereotypisierung der KandidatInnen durch Interviews, kurze
Videobeiträge und zum Teil intime Einblicke in deren Privatleben. Besondere
Eigenschaften der KandidatInnen werden herausgearbeitet, übermäßig betont
und z.T. werden bestimmte Reaktionen provoziert. So finden sich beispielsweise
in vielen Castingshows die Figuren der „Zicke“, der „Sensiblen“, des
„unermüdlichen Kämpfers“ etc. Auch das Stilmittel der Dramatisierung ist ein
wichtiges Element der Castingshow. Besonders spannungsgeladene Momente
wie die Beurteilung der KandidatInnen oder die Entscheidung über deren
weiteren Verbleib in der Show werden entsprechend in Szene gesetzt. Gerade
diese Momente sind zumeist auch durch eine starke Emotionalisierung, in der
die KandidatInnen ungehemmt Freude, Enttäuschung und Tränen zeigen,
gekennzeichnet.
Musik/Musical- und Model-Castingshows sind relativ ähnlich aufgebaut und
zielen besonders auf ein jugendliches Publikum ab, gilt es doch aus einer großen
Zahl zumeist junger BewerberInnen das beste Model- bzw. Gesangstalent
herauszufiltern. Sie zeichnen sich durch eine starke Bewerbung und
2
Zum Beispiel Germany’s Next Topmodel (Pro7) und Austria’s Next Topmodel (plus4)
Zum Beispiel Starmania (ORF 1),Helden von Morgen (ORF 1),Deutschland sucht den Superstar
(RTL), Popstars (Pro7),Musical! Die Show (ORF 1) oder die beiden „Klassiker“ Pop Idol und X
Factor(seit 2010 auch als deutsche Variante auf VOX zu sehen).
4
Zum Beispiel Das Supertalent (RTL)
5
Zum Beispiel Bauer sucht Frau (ATV und RTL),Der Bachelor (ORF1 und RTL) oder Paris BFF
(MTV).
6
Zum Beispiel Project Runway (VIVA; Suche nach Modedesignern), Restaurant sucht Chef (RTL
2) oder Deutschlands Meisterkoch (Sat1)
7
Siehe dazu ausführlich Klaus/Lücke 2003, S. 205-210
3
Seite |4
crossmediale Vermarktung über Internet, Radio, Jugendzeitschriften bis hin zu
CDs bzw. mp3-Downloads und diverse Fanartikel wie beispielsweise T-Shirts
aus. Die Shows präsentieren zum einen das durch eine, in der Regel
wöchentliche, Selektion der KandidatInnen stark in die Länge gezogene
„eigentliche Casting“, zum anderen durchlaufen die KandidatInnen eine Art
„Schule“, in der diese das richtige Auftreten als Topmodel bzw. als Musikstar
erlernen sollen. Sowohl der wöchentliche Auftritt der KandidatInnen als auch
deren Lernerfolge und Arbeit an ihrer musikalischen Leistung bzw. an der
Verbesserung ihrer Präsentation am Laufsteg oder vor der Kamera werden
entsprechend inszeniert. Nicht zu vergessen ist der ebenso inszenierte „Blick
hinter die Kulissen“, der Authentizität vermitteln soll. Die KandidatInnen
erhalten so einerseits einen gewissen Raum zur Selbstinszenierung, andererseits
werden aber auch gezielt Rivalitäten geschürt, um zu polarisieren und zu
provozieren. Die KandidatInnen werden in belastenden Situationen dargestellt
und vorgeführt und auf diese Weise nach einer festgelegten Dramaturgie als
spezielle Typen bzw. VertreterInnen bestimmter (Charakter-)Eigenschaften
inszeniert.
Vor dem Hintergrund der großen Beliebtheit,8 die Musik/Musical- und ModelCastingshows unter Jugendlichen genießen, stellt sich die Frage, welche Rolle
diese im (Medien-)Alltag Heranwachsender spielen. Vor allem ModelCastingshows,
bei
denen
die
Inszenierung
von
Körperlichkeit,
Schönheitsidealen, Körperbeherrschung und Selbstdisziplin besonders im
Vordergrund steht, erscheinen im Hinblick auf Jugendliche besonders
interessant, da sich diese in einer Lebensphase befinden, in der die
Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, mit Frauen- und Männerbildern
sowie die Identitätsfindung und die Frage danach wer bzw. wie man einmal sein
möchte, von großer Bedeutung sind.
Ausgehend von diesen Überlegungen widmet sich das Projekt „ModelCastingshows im Alltag von Jugendlichen“ der Aneignung der deutschsprachigen
Model-Castingshows Germany’s Next Topmodel (Pro7) und Austria’s Next
Topmodel (plus4) durch österreichische Jugendliche im Alter von 15 bis 19
8
Laut einer Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen
haben Castingshows unter 12- bis 17-Jährigen Deutschen einen Marktanteil von bis zu 62%;
Deutschland sucht den Superstar und Germany’s Next Topmodel erfreuen sich dabei
besonderer Beliebtheit (vgl. Götz/Gather 2010, S. 56).
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Jahren. Es wurde der Frage nachgegangen, welche Bedeutung Jungen und
Mädchen Model-Castingshows im Vergleich zu anderen Castingshows
beimessen und welche Rolle Castingshows generell in der Fernsehrezeption
Jugendlicher spielen. Ebenso wurde untersucht, wie die in den genannten
Model-Castingshows sowie in anderen Castingshows dargestellten (Schönheits)Ideale und Inszenierungen alltäglicher Jugendlicher von den Heranwachsenden
beurteilt
werden
und
welche
Rolle
diese
in
deren
(Medien-)
Alltag im Kontext der für dieses Alter relevanten Entwicklungsaufgaben spielen.
1.2
Ausgangslage und Ziele des Projektes
Die Auseinandersetzung mit der Rolle von Medienangeboten im Kontext der
(Medien-)Sozialisation
Heranwachsender
erfolgte
bislang
zumeist
aus
Perspektive Erwachsener, die Medieninhalte analysieren und/oder mittels
unterschiedlicher Formen der Befragung, Visualisierungen und anderen
Erhebungsmethoden versuchen, Einblicke in jugendliche Medienwelten zu
erhalten. Auch wenn in der Rezeptions- und Mediensozialisationsforschung
(besonders mit qualitativen Methoden) versucht wird, sich möglichst nah an
jugendliche Lebenswelten heranzutasten, wurde bislang selten der Versuch
unternommen, von Grund auf die Perspektive zu wechseln und Jugendliche
direkt in den Forschungsprozess zu integrieren.
Im Projekt „Model-Castingshows im Alltag von Jugendlichen“ wurde diese
Herausforderung in Anlehnung an Erfahrungen aus der Aktionsforschung
angenommen. Über ein ganzes Schuljahr wurde eng mit einer Klasse 17- bis 18Jähriger SchülerInnen der HLW Ried am Wolfgangsee zusammengearbeitet und
ein gemeinsames Forschungsprojekt zum Umgang Jugendlicher mit ModelCastingshows und damit zusammenhängender Auseinandersetzungen mit
(Schönheits-)Idealen und inszenierter Körperlichkeit durchgeführt. Die Jungen
und Mädchen wurden in den gesamten Forschungsprozess integriert. Sie
brachten
sich
in
die
Formulierung
der
Forschungsfrage(n),
die
Leitfadenkonstruktion sowie die Interpretation der Ergebnisse ein und führten
selbständig Gruppendiskussionen mit Gleichaltrigen durch.
Seite |6
Durch den gewählten partizipativen Ansatz9 war eine prozessorientierte und
offenere Vorgangsweise als bei herkömmlichen Forschungsprojekten vonnöten;
grundsätzlich wurde aber an einem linearen Forschungsdesign festgehalten.
Über die fachlich-wissenschaftliche Hilfestellung mussten die am Projekt
beteiligten SchülerInnen auch pädagogisch bestmöglich unterstützt werden, um
sie in ihrer ersten wissenschaftlichen Arbeit nicht zu überfordern. Zu diesem
Zweck wurden vor Beginn des eigentlichen Projektes verschiedene Workshops
abgehalten, um die Jugendlichen in die Thematik sowie in das wissenschaftliche
Arbeiten einzuführen.10 Während des gesamten Forschungsprozesses herrschte
ebenfalls ein enger Kontakt zwischen den SchülerInnen, dem Klassenvorstand
sowie der Projektleiterin, um die Jungen und Mädchen in ihrer Arbeit
bestmöglich zu unterstützen.
Dieses Projekt hatte somit auch experimentellen Charakter und gilt als Versuch,
Elemente der Aktionsforschung in eine auf Heranwachsende ausgerichtete
Rezeptionsstudie zu integrieren. Dabei stellte sich auch die Frage, ob eine
Integration Jugendlicher als ExpertInnen für jugendliche Lebenswelten einen
direkteren Zugang zu Prozessen der Medienaneignung junger Menschen und
Aushandlung von Medieninhalten im Kontext von Gleichaltrigengruppen bietet.
Damit verbunden war einerseits die Frage ob, wie und unter welchen
Bedingungen
eine
derartige
Integration
Heranwachsender
in
den
Forschungsprozess möglich ist. Andererseits galt es zu hinterfragen, inwiefern es
ein derartiger Ansatz tatsächlich ermöglicht, zusätzliche, andere oder eine
andere Qualität an Informationen über den Forschungsgegenstand zu erhalten.
9
Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel 3.
Näheres dazu findet sich in Kapitel 3.3.
10
Seite |7
2
Theoretische Grundlagen
2.1.
Zur Bedeutung von Medien im Alltag von Heranwachsenden
Sozialisation bezeichnet den lebenslangen Prozess, in dem sich Menschen vor
dem Hintergrund ihrer persönlichen Anlagen mit der sie umgebenden sozialen
und physikalischen Umwelt auseinandersetzen.11 Die Entwicklung der
menschlichen Persönlichkeit wird durch wechselseitige Interaktionen des
Menschen mit der ihn umgebenden Umwelt beeinflusst; jedem Individuum ist
daher die Fähigkeit, zur aktiven Realitätsaneignung, -verarbeitung, -bewältigung
und -veränderung zuzusprechen.12 Sozialisation umfasst somit „sowohl die
Erziehung als intendierte[n] und institutionalisierte[n] pädagogische[n] Akt der
Vermittlung von Wissen, Normen und Werten […] [als auch] die Formen
personaler und medialer Information, die als informelles Lehren bzw. Lernen
bezeichnet werden“.13 Ziel des lebenslangen Sozialisationsprozesses ist es,
Handlungssicherheit in der Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt zu
gewinnen14 und auf diese Weise ein „stabiles Selbstbild“15 zu erwerben.
Aktuelle sozialisationstheoretische Debatten knüpfen vor dem Hintergrund,
dass Individuen heute durch eine Vielfalt an Orientierungsangeboten
zunehmend auf sich selbst gestellt sind, an interaktionistische Theorien an und
rücken die Auseinandersetzung mit Individualisierung, Selbstorganisation und
Selbstsozialisation ins Zentrum.16 Es ist davon auszugehen, dass herkömmliche
Sozialisationsinstanzen wie Familie, Nachbarschaft oder schulisches und
berufliches Umfeld heute für den Einzelnen bzw. die Einzelne immer weniger
Orientierungskraft besitzen. Stattdessen eröffnen sich neue Handlungs- und
Entscheidungsspielräume.17 Soziale Rollen werden dadurch nicht mehr wie
selbstverständlich übernommen, sondern das Individuum wählt selbständig
11
Vgl. Fromme 2006, S. 2 und Wegener 2007a, S. 44
vgl. Geulen 2004
13
Schorb 2005, S. 381
14
Vgl. Grundmann 2004, S. 318
15
Süss 2004, S. 33
16
Vgl. Fromme 2007, S. 16f sowie Veith 2004, S. 363ff
17
Siehe dazu auch die Ausführungen von Lothar Mikos (2003, S. 309-327) zu Aspekten
mediatisierter Identität und den damit verbundenen Risiken einer öffentlichen
Selbstdarstellung im Fernsehen.
12
Seite |8
zwischen den Gruppen und Kulturen, denen es sich anschließen möchte.
Orientierung bieten dabei neue, anonyme Sozialisationsinstanzen18 wie
beispielsweise Medien.19
Auch Havinghursts Life-Span-Theory20 misst dem Individuum eine aktive Rolle
bei der Gestaltung der eigenen Entwicklung bei. Sie geht davon aus, dass
Menschen im Laufe ihres Lebens immer wieder mit neuen Situationen und
speziellen Entwicklungsaufgaben, den sogenannten development tasks,
konfrontiert und vor die Aufgabe gestellt werden, diese erfolgreich zu meistern.
Eine erfolgreiche Bewältigung dieser Aufgaben führt zu Selbstvertrauen und
Erfolg im Umgang mit neuen Aufgaben, Misserfolge führen zu Unsicherheiten
und Problemen mit weiteren Herausforderungen.21
Heranwachsende
wählen
vor
dem
Hintergrund
ihres
konkreten
Lebenszusammenhangs bzw. sozialökologischen Umfelds22 unter anderem auch
Medienangebote23 aus, um die für ihr jeweiliges Alter dominanten
Entwicklungsaufgaben zu lösen und damit verbundene Krisen24 zu bewältigen.
Sie dienen als Mittel zur Selbstvergewisserung sowie Auseinandersetzung mit
sich selbst und der sozialen Umwelt.25 Medienfiguren ermöglichen es, mit
verschiedenen Rollen zu experimentieren und „Als-Ob-Erfahrungen“ zu machen;
zudem liefern Mediensymboliken Gesprächsstoff in Gleichaltrigengruppen.26
Allerdings werden Medien in sozialisationstheoretischen Diskursen bis auf
wenige
Ausnahmen27oft
nur
am
Rande
und
nicht
als
tragende
Sozialisationsinstanz berücksichtigt.28 Dennoch kann das „pädagogische (und
18
Diese Entwicklung setzt jedoch die Fähigkeit zur Selbststeuerung und Selbstorganisation
voraus, über die aber nicht alle Menschen gleichermaßen verfügen.
19
Siehe dazu Fromme 2007, S. 17
20
Vgl. Havinghurst 1972
21
Siehe dazu auch Süss/Lampert/Wijnen 2010, S. 46ff sowie Paus-Hasebrink/Bichler 2008, S.
66f
22
Vgl. u.a. Vollbrecht 2007; siehe auch Süss 2004, S. 30
23
Siehe dazu insbesondere Wegener 2008 und 2007b aber beispielsweise auch Berghaus 1986
und Weiß 2001.
24
Vgl. Oevermann 2004; siehe auch Paus-Hasebrink/Bichler 2008, S. 52ff sowie Vollbrecht
2007, S. 102
25
Siehe Barthelmes/Sander 2001, Mikos 2000 sowie Süss 2007
26
vgl. Paus-Haase 2000
27
Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Rolle der Medien als Sozialisationsinstanz mit
speziellem Fokus auf sozial benachteiligte Kinder findet sich beispielsweise in PausHasebrink/Bichler 2008, S. 187ff
28
Siehe Hoffmann 2007, S. 11-19
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sozialisatorische) Ziel eines gelingenden Aufwachsens […] nur mehr innerhalb
und nicht jenseits der Medienwelt verfolgt werden.“29
Schorb30 weist den Medien daher drei wesentliche Funktionen im Kontext von
Sozialisationsprozessen zu: Als Faktoren der Sozialisation können sie
Einstellungen, Urteile, Wissen und (besonders bei jüngeren Kindern) zum Teil
auch das Verhalten im Kontext anderer Sozialisationsfaktoren beeinflussen, als
Instrumente in Sozialisationsprozessen unterstützen sie Heranwachsende bei
der Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrem sozialen und kulturellen
Umfeld und in Kontexten des bewusst intendierten Lernens (sofern dieses als
Sozialisation aufgefasst wird) dienen sie als Mittler der Sozialisation. Der
zweitgenannten Funktion kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, denn sie
verweist auf lebenspraktische Zusammenhänge für das Rezeptionsverhalten
und die Aneignung von Medieninhalten.31 Dem entspricht Ralf Weiß‘32 auf
Bourdieus Theorie der Praxis zurückgehendes Konzept zur Einbettung
kulturellen (Medien-)Handelns in den Alltag. Es geht davon aus, dass Menschen
bei ihrer „praktische(n) Bewältigung des sozialen Alltags“33 Kraft ihrer Kapitalien
versuchen, „die ins Auge gefassten „Chancen“ (eines) jeweiligen sozialen Ortes
für sich zu verwirklichen“,34 diese Möglichkeiten, Identität auszubilden und
Handlungskompetenz zu erwerben, jedoch ungleich verteilt und unter anderem
abhängig vom sozialen Herkunftsmilieuder handelnden Personen35 sind. Der
subjektive Sinn,36 den der Umgang mit Medieninhalten und Medienfiguren37 für
29
Fromme 2007; S. 18
Vgl. Schorb 2005, S. 386f
31
Fromme (vgl. 2007, S. 20) weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass Medien
nicht nur Sozialisationsprozesse beeinflussen, sondern umgekehrt Sozialisationserfahrungen
sich auch auf die Mediennutzung auswirken können.
32
vgl. Weiß 2000, siehe auch Mikos 2007, S. 36f
33
Weiß 2000, S. 44
34
Weiß 2000, S. 48
35
Siehe dazu insbesondere die Studie von Paus-Hasebrink/Bichler 2008
36
Weiß (vgl. 2000, S. 59f) führt sein Konzept am Beispiel des Aufbaus parasozialer Beziehungen
zu ProtagonistInnen von Daily Soaps durch Jugendliche aus sozial schwächeren Milieus, die im
Kontext ihrer Entwicklungsaufgaben (als alltagspraktisches und handlungsleitendes Thema
ihrer Lebensphase) mit der Frage nach dem Entwurf ihres zukünftigen Lebens konfrontiert
sind, aus. Die Inhalte dieser Serien stimmen mit den Vorstellungen dieser Jugendlichen
hinsichtlich einer „perfekten Lebensführung“ überein, geben ihren unerfüllten Wünschen und
utopischen Lebensentwürfen symbolische Gestalt und machen sie dadurch zu einem
Bestandteil ihres Alltags. Die Heranwachsenden versichern sich ihres Lebensentwurfs so durch
emotionales Erleben einer medialen Versinnbildlichung.
30
S e i t e | 10
Individuen hat, wird demgemäß wesentlich von jenen Themen bestimmt, die
sich
für
deren
Leben
„nach
Maßgabe
ihrer
Orientierungen
und
Anschauungsweisen stellen.“38
Daran
knüpft
Thomas‘39
Auseinandersetzung
Medienangebote
mit
an
Forderung
der
Frage
Alltagserfahrung
nach
der
einer
eingehenderen
Anschlussfähigkeit
und
Alltagshandeln
dieser
an.
Medienaneignungsprozesse und darüber hinausgehend auch Mediendiskurse
sind in diesem Sinne als soziales, gesellschaftliches Handeln zu verstehen, das
nicht losgelöst von strukturellen Bedingungen und Zusammenhängen, die
überindividuelle Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungsmuster prägen,
betrachtet werden kann.40 Thomas verweist diesbezüglich – insbesondere im
Kontext ihrer Arbeiten zu Reality TV-Formaten41– auf Vergesellschaftungsmodi
vor dem Hintergrund neoliberalistischer Werte. Medieninhalte begreift sie
jedoch nicht als Resultat einer herrschenden, neoliberalistischen Ideologie
sondern „als Elemente des Sozialen, in denen sich vorherrschende Denkweisen
und Handlungsmuster verdichten und verstetigen können.“42 Im Hinblick auf
Castingshows betont sie die Destandardisierung und Dynamisierung von
Leistungsprozessen in einer neoliberalen Gesellschaft43 und hebt die diesen
Fernsehangeboten inhärenten Definitionen und Inszenierungen von Leistung,
Anpassung
und
Selbstausbeutung
im
Kontext
von
Prozessen
der
Selbstpräsentation, -inszenierung und –vermarktung hervor. Diese können– vor
dem Hintergrund individueller Lesarten44 – für Heranwachsende, die in aktivaneignender Weise unter anderem auch in Medien nach Vorbildern und/oder
Gegenpositionen suchen,45 (mögliche) Anknüpfungspunkte für die Aushandlung
persönlicher Lebensentwürfe bieten.
37
Zur parasozialen Interaktion und zum Aufbau parasozialer Beziehungen mit Medienfiguren
siehe insbesondere Schramm/Hartmann 2007.
38
Weiß 2000, S. 52
39
Vgl. Thomas 2010, S. 40
40
Vgl. Thomas 2007, S. 62f
41
Siehe dazu Thomas 2007 und 2010; die Autorin verwendet dabei zum Teil den im angloamerikanischen Raum gebräuchlichen Begriff des Lifestyle-Television.
42
Thomas 2010, S. 36
43
Vgl. Thomas 2007, S. 59
44
Siehe dazu u.a. auch Hall 1990 und Winter 2004.
45
Vgl. u.a. Barthelmes/Sander 2001, S. 59; siehe auch Hipfl 2002, S. 49ff und Hipfl 2004, S. 14
S e i t e | 11
Model-Castingshows werden hinsichtlich vermuteter Einflüsse und Wirkungen
auf Jugendliche in der Öffentlichkeit zum Teil kontrovers diskutiert. So wurde
etwa der deutschen Show Germany's Next Topmodel vorgeworfen, junge
Mädchen zu übertriebenem Schlankheitswahn bis hin zur Magersucht zu
treiben. Bei solchen Annahmen wird jedoch vergessen, dass Heranwachsende
keineswegs als passive RezipientInnen vor dem Bildschirm sitzen und
Fernsehangebote unreflektiert auf sich einwirken lassen.46 Dennoch stellt sich
die Frage, wie Jugendliche, die neben jungen Erwachsenen als primäre
Zielgruppe dieses Sendungsformats gelten, mit diesen Angeboten umgehen und
sieinterpretieren, damit diese im Sinne Weiß‘ vor dem Hintergrund ihrer
handlungsleitenden und alltagspraktischen Themen sowie individuellen
Lebensentwürfe tatsächlich subjektiven Sinn ergeben. Auch wenn die
Inszenierung von Schönheit und Körperlichkeit als ein zentrales Kennzeichen
dieses Formats sofort ins Auge sticht, stellt sich in Rückbezug auf Thomas
ebenso die Frage nach der (aus Perspektive der Jugendlichen) Relevanz weiterer
Themen und Gesellschaftsbilder, die in Model-Castingshows verhandelt werden.
2.2
Stand der Forschung zu (Model-)Castinghows
Castingshows erfreuen sich in den letzten Jahren großer Popularität im
deutschsprachigen Fernsehen. Besonders beliebt sind Musik-Castingshows wie
Deutschland sucht den Superstar, Popstars oder die österreichischen Pendants
Starmania bzw. die im Oktober 2010 angelaufene Show Helden von Morgen.
Aber auch die beiden deutschsprachigen Model-Castingshows Germany’s Next
Topmodel und Austria’s Next Topmodel sorgen für entsprechende Quoten. So
waren Castingshows als aktuelles Reality-Format in den letzten Jahren auch
häufig Thema von Hausarbeiten oder einschlägiger wissenschaftlicher
Qualifikationsarbeiten,47 die aber nicht immer allgemein zugänglich sind. Die
meisten Untersuchungen konzentrieren sich (ausgehend von unterschiedlichen
Disziplinen und Perspektiven) bislang allerdings auf Musik-Castingshows, ModelCastingshows werden vergleichsweise selten thematisiert.
46
Siehe dazu beispielsweise Göttlich/Krotz/Paus-Haase 2001, Kutschera 2001, Paus-Hasebrink
2004, Paus-Hasebrink/Bichler 2008, Wagner/Theunert 2006 und Weiß 2001.
47
Beispielsweise Hofstadler (2009), Mörke (2007) oder Timborn (2004), aber auch Alt (2007),
Grünangerl (2007), Klein/Spalt/Mayer (2007), Schrauff (2007)und Spatzier (2007).
S e i t e | 12
Eine Ausnahme ist die im Jahre 2009 vom Internationalen Zentralinstitut für das
Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) durchgeführte Studie zur Bedeutung von
Castingshows für Heranwachsende. Dabei lag der Fokus zum einen auf der
Musik-Castingshow Deutschland sucht den Superstar, zum anderen aber auch
auf der Model-Castingshow Germany’s Next Topmodel.48 Neben einer
standardisierten Befragung, in der sowohl Mädchen als auch Jungen befragt
wurden, lag der Schwerpunkt der ergänzenden qualitativen Teilstudie auf
Medienaneignungsprozessen 12- bis 21-jähriger Mädchen.49 Als wesentliches
Motiv für die Rezeption von Germany’s Next Topmodel(GNTM) kristallisiert sich
in
dieser
Untersuchung
eine
intensive
Auseinandersetzung
mit
den
Kandidatinnen heraus. Dies geschieht entweder dadurch, dass sich die
Jugendlichen über die Fehler der Protagonistinnen lustig machen und
„ablästern“, oder durch ein Mitfreuen und intensives Miterleben bis hin zum
Aufbau parasozialer Beziehungen zu den Kandidatinnen.50 Aus dieser Studie
geht ebenso hervor, dass die Show Jugendlichen im Kontext ihrer persönlichen
Lebenserfahrungen viele Anknüpfungspunkte und Identifikationsmöglichkeiten
bietet. Dazu gehören unter anderem das Erfüllen von Leistungsanforderungen,
der Umgang mit Beurteilungen durch andere und die Auseinandersetzung mit
Schönheitsidealen und damit verbundene Formen der Selbstpräsentation und inszenierung. Der Wunsch, im Freundeskreis und in der Schule mitreden zu
können, ist ebenfalls ein starkes Motiv für eine regelmäßige Rezeption von
Germany’s Next Topmodel.51 Götz und Gather können außerdem tendenzielle
Unterschiede im Schöheitsempfinden jener Jugendlichen, die Germany’s Next
Topmodel viel bzw. regelmäßig sehen und jener, die diese Castingshow nie
sehen, feststellen. In der Beurteilung von Frauenkörpern zeigt sich allerdings
nicht, dass GNTM-SeherInnen deutlich schlankere Körper bevorzugen, sondern
dass ihre Präferenz vorrangig von einer entsprechend professionellen
Inszenierung dieser Körper (wie sie es aus der Model-Castingshow kennen)
abhängt.52
48
Das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) führte 2009
eine Studie zur Bedeutung von Castingshows für Heranwachsende mit Fokus auf Deutschland
sucht den Superstar und Germany’s Next Topmodel durch (Götz/Gather 2010a und 2010b).
49
Vgl. Götz/Gather 2010a, S. 56
50
Vgl. ebd., S. 56f.
51
Vgl. ebd., S. 58
52
Vgl. ebd., S. 60f.
S e i t e | 13
In Form einer tiefenhermeneutischen Formatanalyse setzt sich Gültekin53 mit
Model-Castingshows bzw. primär mit Germany’s Next Topmodel und der
Inszenierung der Figur Heidi Klum auseinander. Sie arbeitet vor allem die
Inszenierung Klums als unfehlbare Expertin und als Profi in vielen
unterschiedlichen Rollen, vom perfekten Model über die Fotografin bis hin zur
Handwerkerin heraus. Des Weiteren wird in dieser Untersuchung das
assymetrische Verhältnis zwischen Heidi Klum und den Kandidatinnen von
Germany’s Next Topmodel, dessen Spektrum von Demütigung bis zur
verständnisvollen Freundin reicht, thematisiert. In ähnlicher Weise, jedoch
wesentlich tiefergehender, aber nicht so sehr auf Germany’s Next Topmodel
fokussiert, setzt sich Alrun Seifert54 allgemein mit der Marke bzw. Figur Heidi
Klum als international erfolgreiche Celebrety auseinander.
Eine Studie von Stach und Lutz55 hat wiederum mehr die Perspektive der
RezipientInnen im Blick. In exemplarischen Gruppendiskussionen stießen die
beiden Autorinnen bei Jungen auf eine starke Abneigung gegenüber der ModelCastingshow Germany’s Next Topmodel. Sie versuchen den Grund für diese
stark emotionale Abwertung durch die männlichen Rezipienten in einer
gefühlten Hilflosigkeit und Angst dieser, „Opfer wirkmächtiger, strategischer
Frauen“56 zu werden, festzumachen. Diese Analyse bleibt jedoch relativ
oberflächlich und es stellt sich die Frage, ob diese Schlussfolgerung tatsächlich
in
dieser
Form
verallgemeinerbar
Medienaneignungsprozesse
und
Kontexte
ist,
der
wenn
Rezeption
individuelle
sowie
die
entsprechende Anschlusskommunikation mit FreundInnen und Gleichaltrigen
berücksichtigt werden.
Musik-Castingshows sind wesentlich besser untersucht als Model-Castingshows.
Für Österreich interessant sind einige Studien zur sehr erfolgreichen nationalen
53
Vgl. Gültekin 2010, S. 143-171. In dieser tiefenhermeneutischen Formatanalyse wurde eine
Inhaltsanalyse mit einer Konversationsanalyse kombiniert. Im Rahmen der
Konversationsanalyse verfolgte eine Gruppe von ForscherInnen gemeinsam eine spezielle
Sendung und jedeR fertigte für sich ein Wahrnehmungsprotokoll an, in welchem freie
Emotionen und Assoziationen während der Rezeption notiert wurden. Diese wurden
gemeinsam mit den Ergebnissen der Inhaltsanalyse interpretiert.
54
Vgl. Seifert 2010
55
Vgl. Stach/Lutz 2010, S. 172-185
56
Ebd., S. 184
S e i t e | 14
Castingshow Starmania.57 Hervorzuheben ist vor allem die Arbeit von RothEbner58 zur Aneignung von Starmania und der Bedeutung dieser MusikCastingshow für die Identitätskonstruktion Jugendlicher. Die Untersuchung zeigt
zum einen unterschiedliche und sehr individuelle Umgangsweisen mit dem
Angebot Starmania, die von einem intensiven Miterleben mit den
KandidatInnen und dem Aufbau parasozialer Beziehungen bis hin zu einer sehr
distanzierten und kritischen Rezeption reichen. Zum anderen wird aber auch
deutlich, wie Jugendliche in dieser Musik-Castingshow Anknüpfungspunkte für
den Umgang mit alltagspraktischen Themen finden. In Prozessen der
Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Identität dienen die StarmaniaKandidatInnen Jugendlichen sowohl als Identifikationspotentiale als auch als
Anknüpfungspunkte für eine bewusste Abgrenzung.59Interessant sind vor allem
die Hervorhebung von Starmania als nationales Produkt durch die
RezipientInnen und die besondere Identifikation der Jugendlichen mit
KandidatInnen aus deren unmittelbarer Wohnregion.60
Auch Schwarz61 setzt sich mit der Bedeutung von Starmania im Rahmen von
Sozialisationsprozessen auseinander und fokussiert vor allem die Bedeutung
dieser Musik-Castingshow für die Konstruktion von Geschlechtsidentität bei
Kindern und Jugendlichen. In ihrer Untersuchung zeigt sich, dass sich jüngere
Heranwachsende eher an gleichgeschlechtlichen KandidatInnen orientieren,
während in der Pubertät die Auseinandersetzung mit dem anderen Geschlecht
und somit auch mit andersgeschlechtlichen KandidatInnen zunehmend an
Bedeutung erlangt. Des Weiteren weist Schwarz auch auf die Rollen der Mütter
in der gemeinsamen Starmania-Rezeption in der Familie hin. Auch hier bieten
sich Heranwachsenden Anknüpfungspunkte für die Auseinandersetzung mit
Geschlechterrollen: während Väter diesem Format in der Regel skeptisch
gegenüberstehen, gelten Mütter oft als Expertinnen für dieses in den Familien
als weiblich konnotierte Format. Die gemeinsame Starmania-Rezeption
weiblicher Familienmitglieder sowie ein besonders kritischer Umgang
57
Untersuchungen zur deutschen Musik-Castingshow Deutschland sucht den Superstar liegen
unter anderem von Kurotschka (2007) oder Döveling (2007) vor.
58
Vgl. Roth-Ebner 2008
59
Vgl. Roth-Ebner 2008, S. 177f.
60
Vgl. ebd., S. 179
61
Vgl. Schwarz 2006 und 2007
S e i t e | 15
männlicher Familienmitglieder mit dieser Musik-Castingshow erlangen dadurch
eine besondere Bedeutung.
Klaus und O‘Connor62 führten sowohl in Österreich als auch in Irland Studien zur
Aneignung von Castingshows durch. In einer vergleichenden Betrachtung der
Ergebnisse stellen sie fest, dass Castingshows ihren Fans zahlreiche
Möglichkeiten zur Anknüpfung an deren Alltag und damit verbundenen
Herausforderungen bieten. Dadurch erlangen sie eine besondere Bedeutung für
die jugendlichen RezipientInnen.63 Sowohl aus den irischen als auch aus den
österreichischen
Studien
geht
hervor,
dass
Castingshows
eine
Anschlusskommunikation auf unterschiedlichen Ebenen, seien es Gespräche
innerhalb der Familie sowohl während als auch nach einer gemeinsamen
Rezeption oder Gespräche innerhalb von Gleichaltrigengruppen, anstoßen. In
diesen Gesprächen sowohl über die Show als auch über die KandidatInnen
zeigen sich zahllose Assoziationen und Verweise auf den Alltag der
RezipientInnen;
überCastingshows
vor
allem
auch
als
Jugendlichen
Möglichkeit
dient
zur
die
Kommunikation
Auseinandersetzung
mit
altersspezifischen Entwicklungsaufgaben wie etwa die Aushandlung von
Identitätspositionen und Geschlechterrollen, aber auch zur Auseinandersetzung
mit gesellschaftlichen Spielregeln (z.B. die Thematisierung von Leistungswille
sowie Kooperation bei gleichzeitiger Konkurrenz).64
Des Weiteren zeigt sich in den Studien von Klaus und O’Connor, dass der Jury
eine große Bedeutung beigemessen wird. Die JurorInnen werden großteils
aufgrund der ihnen beigemessenen fachlichen Kompetenzen geschätzt;
individuelle Vorlieben und Abneigungen gegenüber einzelner JurorInnen hängen
unter anderem von deren Verhalten in der Show aber auch von deren
Persönlichkeitsmerkmalen ab.65 Um mit den KandidatInnen entsprechend
mitleben zu können, ist es den Jugendlichen wichtig, entsprechende
Hintergrundinformationen über eben diese zu erhalten. Besonders wichtig ist
den jungen RezipientInnen in dieser Hinsicht auch die Authentizität der
KandidatInnen.66 Wie in der Untersuchung von Roth-Ebner67 zeigt sich auch in
62
Vgl. Klaus/O’Connor 2010, S. 48-72
Vgl. ebd. S. 56
64
Vgl. Klaus/O’Connor 2010, S. 56ff
65
Vgl. ebd., S. 60
66
Vgl. ebd., S. 63
63
S e i t e | 16
den Studien von Klaus und O’Connor die Bedeutung von Starmania als
nationales Produkt, das von den RezipientInnen als erfolgreiche heimische
Musik-Castingshow geschätzt wird. Im Gegensatz dazu wird die irische Show
You’re
a
Star
im
Vergleich
zu
britischen
und
amerikanischen
68
Konkurrenzprodukten abgelehnt.
Zusammenfassend zeigt sich in allen Studien, dass Castingshows jungen
RezipientInnen zahlreiche Anknüpfungspunkte zu ihrem alltäglichen Leben
bieten. Die Anschlusskommunikation in Gleichaltrigengruppen sowie die
Möglichkeit des aktiven Mitlebens mit den KandidatInnen sind wesentliche
Motive für die Rezeption von Castingshows. In intensiver Beschäftigung mit den
KandidatInnen bearbeiten Jugendliche persönliche Lebenserfahrungen und
Herausforderungen im Kontext der für ihr Alter zentralen Entwicklungsaufgaben
wie
etwa
die
Auseinandersetzung
mit
der
eigenen
Identität,
mit
Geschlechterrollen und mit gesellschaftlichen Spielregeln. Neben den
KandidatInnen, die entweder der Identifikation oder der bewussten Abgrenzung
dienen können, ist auch die Jury häufiger Gesprächsstoff jugendlicher
RezipientInnen. In der Regel sprechen Jugendliche der Jury eine hohe fachliche
Kompetenz zu. Einzelne Jurymitglieder können aber durch ihr jeweiliges
Verhalten und ihre Inszenierung entweder Ambivalenzen, wie etwa die Figur
Dieter Bohlen, oder aber, wie beispielsweise die Figur Heidi Klum, eine
besondere Faszination hervorrufen.
67
Vgl. Roth-Ebner 2008, S. 179
Vgl. Klaus/O’Connor 2010, S. 64f
68
S e i t e | 17
3
Methodische Grundlagen und Anlage der Studie
3.1
Aktionsforschung
Die Aktionsforschung geht auf die Arbeiten von Kurt Lewin aus den 1940er
Jahren zurück und entstand als Kritik an der zu jener Zeit primär
experimentellen Ausrichtung der Sozialpsychologie. Lewins Ziel war es,
sozialwissenschaftliche Forschung nicht lediglich um ihrer selbst willen zu
betreiben, sondern diese durch eine enge Verknüpfung von Wissenschaft und
Praxis sowie eine direkte Integration Betroffener (z.B. VertreterInnen einer
bestimmten
sozialen
Randgruppe)
in
den
Forschungsprozess
für
sozialemanzipatorische Zwecke nutzbar zu machen und praxisrelevante
Lösungen für soziale Probleme zu entwickeln.69 In den 1970er Jahren fand diese
Forschungsstrategie
im
Grundsatzdebatten
auch
Kontext
Eingang
allgemeiner
in
den
methodologischer
deutschsprachigen
sozialwissenschaftlichen Diskurs, verlor aber nach kurzer Popularität (besonders
in der Erziehungswissenschaft, der Soziologie und Sozialen Arbeit) unter zum
Teil heftiger Kritik70 schnell wieder an Bedeutung.71
Heute sind im deutschen Sprachraum nur wenige VertreterInnen zu finden, die
sich explizit mit Ansätzen der Aktionsforschung beschäftigen.72In den USA ist
Aktionsforschung allerdings nach wie vor sehr populär und findet unter
verschiedenen Bezeichnungen wie etwa „participatory (action) research“ oder
„community-based research“ vor allem im Bereich der Sozialen Arbeit, der
Gesundheitsforschung und auch der erziehungswissenschaftlichen Forschung
69
Vgl. Frank et al. 1998 sowie Unger et al. 2007, S. 10
Kritisiert wurden vor allem eine fehlende theoretische Grundlage bzw.
gesellschaftstheoretische Fundierung sowie die oft schwer nachvollziehbare Vorgangsweise in
Projekten der Aktionsforschung (unklare Formulierung der Ziele, Vorannahmen und
Methoden). Dies ging einher mit einer allgemeinen Marginalisierung der Rolle der Theorie im
Forschungsprozess, die den berechtigten Vorwurf einer einseitigen Fixierung auf die Praxis und
den praktischen Nutzen sowie einer damit verbundenen mangelnden Wissenschaftlichkeit
nach sich zog (vgl. Unger et al. 2007, S. 17ff).
71
Vgl. Unger et al. 2007, S. 13
72
Zum Teil schließt die vor allem in der Erziehungswissenschaft und Sozialen Arbeit
angesiedelte Praxisforschung (vgl. Moser 2008) an Konzepte der Aktionsforschung an.
Besonders intensiv setzt man sich am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
im Rahmen der Gesundheitsforschung mit Ansätzen der Aktionsforschung auseinander.
70
S e i t e | 18
Anwendung.73 Auch wenn diesen neueren Projekten bei genauerer Betrachtung
ebenso eine teilweise Überbewertung der Praxis und eine zu starke
Fokussierung auf den praktischen und sozialen Nutzen eines Forschungsprojekts
bei Vernachlässigung entsprechender theoretischer Grundlagen vorgeworfen
werden
kann,
erscheinen
partizipative
Forschungsprojekte
mit
Heranwachsenden74 für die Kinder- und Jugendmedienforschung nicht
uninteressant.
Gerade im Bereich der Medienaneignung und –sozialisation stellt sich die Frage,
ob es ausreicht, die Medienwelten Heranwachsender lediglich aus Perspektive
Erwachsener zu untersuchen und zu beurteilen, oder ob eine Integration von
Kindern und Jugendlichen in den Forschungsprozess nicht auch andere
Sichtweisen eröffnen und auf diese Weise zu neuen Erkenntnissen führen
könnte. So zeigen beispielsweise partizipative Forschungsprojekte mit sozial
benachteiligten Jugendlichen,75 dass der Einbezug von VertreterInnen der
jeweils zu untersuchenden sozialen Gruppe sich unter anderem in der
Formulierung und Präzisierung der Forschungsfragen so wieder Interpretation
der Ergebnisse als hilfreich erweisen kann. Im Gegensatz zu diesen in der
Tradition der klassischen Aktionsforschung stehenden Forschungsprojekten
verfolgt die Mediensozialisationsforschung jedoch nicht das Ziel, konkrete
soziale Probleme zu lösen. Daher ist es weder sinnvoll noch möglich, den in der
Aktionsforschung
üblichen
zirkulären
Prozess
der
gemeinsamen
Erkenntnisgewinnung von WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen bzw.
Betroffenen zu übernehmen. Es bietet sich aber an, eher im Sinne einer
Evaluation des gesamten Forschungsprozesses Betroffene, d.h. VertreterInnen
der zu untersuchenden Altersgruppe, an verschiedenen Stationen des
Forschungsprozesses
(beispielsweise
bei
der
Entwicklung
der
Erhebungsinstrumente oder bei der Interpretation der Ergebnisse) zu einer
Diskussion der Vorgangsweise einzuladen oder aber auch (nach entsprechender
Schulung) bei der Datenerhebung (z.B. die Anlage von Interviews als Gespräche
unter Gleichaltrigen) einzusetzen, um auf diese Weise die Perspektive der
73
Siehe unter anderem Reason/Bradbury 2002, Borda 2002 und Gosin et al. 2003.
Siehe dazu vor allem Brown/Rodriguez 2009.
75
Siehe Beispielsweise Payne/Starks/Gibson 2009, Cammarota/Romero 2009, Stovall/Delgado
2009 oder Yang 2009.
74
S e i t e | 19
Heranwachsenden auf ihre eigenen Lebens- und Medienwelten besser
berücksichtigen zu können.
In der vorliegenden Studie wurde versucht, dies in intensiver Zusammenarbeit
mit einer Schulklasse der HLW Ried am Wolfgangsee in die Forschungspraxis
umzusetzen. Die Jungen und Mädchen wurden dabei in den gesamten
Forschungsprozess integriert und beteiligten sich aktiv an der Formulierung der
Forschungsfrage(n), der Leitfadenkonstruktion sowie der Interpretation der
Ergebnisse.
Zudem
führten
sie
selbständig
Gruppendiskussionen
mit
Gleichaltrigen durch. Dieses Forschungsprojekt hat somit auch experimentellen
Charakter und gilt als Versuch, Elemente der Aktionsforschung in eine auf
Heranwachsende ausgerichtete Rezeptionsstudie zu integrieren. Dabei wurde
auch der Frage nachgegangen, ob und unter welchen Bedingungen eine
Integration Heranwachsender in den Forschungsprozess möglich bzw. sinnvoll
ist und ob dies tatsächlich einen wissenschaftlichen Mehrwert im Hinblick auf
die Qualität der Ergebnisse hat.
3.2
Forschungsdesign
Im Zentrum des Interesses stand die Erforschung des Umganges 15- bis 19jähriger Heranwachsender mit über (Model-)Castingshows vermittelten
Vorbildern und (Schönheits-)Idealen, und dies aus Perspektive der Jugendlichen
selbst. Die grundlegenden Forschungsfragen standen bereits zu Beginn des
Projektes fest, wurden aber nochmals gemeinsam mit den SchülerInnen
erarbeitet, diskutiert, ergänzt und ausformuliert:
1) Welche (Model-)Castingshows werden von 15- bis 19-jährigen Jugendlichen
in ihrem (Medien-)Alltag als wichtig erachtet?
1a) Welche Rolle spielen Castingshows generell im Kontext der allgemeinen
Fernsehrezeption 15- bis 19-jähriger Jugendlicher?
1b)
Welche
Topmodelund
Castingshows?
Rolle
spielen
Austria’s
die
Next
Model-CastingshowsGermany’s
Topmodelim
Vergleich
zu
Next
anderen
S e i t e | 20
S e i t e | 21
2) Wie gehen 15- bis 19-jährige Jugendliche mit über (Model-)Castingshows
vermittelten (Schönheits-)Idealen um?
2a) Finden Jugendliche in (Model-)Castingshows (Schönheits-)Ideale und wie
definieren sie selbst diese Idealbilder?
2b) Wie bewerten Jugendliche Germany’s Next Topmodelund Austria’s Next
Topmodel
im
Hinblick
auf
die
Inszenierung
von
Schönheit
und
Körperlichkeit?
2c) Welche Rolle spielen diese medial vermittelten Idealbilder sowie
Repräsentationen von Körperlichkeit in der realen Lebenswelt der
Jugendlichen?
2d) Welche Bedeutung kommt der cross-medialen Vermarktung der (Model) Castingshows bei der Vermittlung von (Schönheits-)Idealen und ihrer
Aneignung durch Jugendliche zu?
Das Projekt war als qualitative Rezeptionsstudie mit acht Gruppendiskussionen
und 17 Leitfadeninterviews mit besonders aussagekräftigen ProbandInnen (zehn
Mädchen
und
sieben
Jungen)
angelegt.
Die
TeilnehmerInnen
der
Gruppendiskussionen, von denen jeweils vier in der Stadt und vier auf dem Land
durchgeführt wurden, wurden mittels Screening-Fragebögen ausgewählt. Das
Alter der Untersuchungspopulation beschränkte sich deshalb auf 15 bis 19
Jahre, weil die an dem geplanten Forschungsvorhaben beteiligten SchülerInnen
zum Zeitpunkt der Erhebung 17 bis 18 Jahre alt waren und die durchgeführten
Gruppendiskussionen als Gespräche unter (in etwa) Gleichaltrigen angelegt
waren. Das gesamte Projekt gliederte sich in vier Phasen:
I)
Einführung in die Thematik
Dem eigentlichen Start des Forschungsprojektes war eine zweimonatige
Einführungsphase vorgelagert, in der die beteiligten SchülerInnen in Form
unterschiedlicher Workshops in das wissenschaftliche Arbeiten im Allgemeinen,
in die Rezeptionsforschung und in das Thema (Model-)Castingshow eingeführt
wurden. Diese Einführung diente als Grundlage, um die Jugendlichen in den
Forschungsprozess integrieren zu können und sie letztendlich dazu zu
befähigen, selbständig Gruppendiskussionen zu leiten.
S e i t e | 22
Einführung in die Thematik
Reflexion des eigenen Mediennutzungsverhaltens
Sensibilisierung für das Forschungsvorhaben
Datenerhebung
Screening-Fragebogen (n = 276)
Gruppendiskussionen (n = 51)
Einzelinterviews (n = 17)
Transkription
Datenanalyse
Fokussierende Analyse
Kontextuelle Analyse
Zusammenführung und Interpretation
S e i t e | 23
II)
Datenerhebung
Die Datenerhebung erfolgte mittels eines dreistufigen Verfahrens. Anhand eines
Screening-Fragebogens (n=276)wurden Jugendliche im Alter von 15 bis 19
Jahren für Gruppendiskussionen (n=51) rekrutiert. Aus jeder Gruppe wurden
wiederum besonders aussagekräftige ProbandInnen ausgewählt, um sie in Form
eines Leitfadeninterviews (n=17)tiefergehend zu befragen.
III)
Datenanalyse
Die Gruppendiskussionen und die Leitfadeninterviews wurden transkribiert und
anschließend mittels thematischen Codierens nach Strauss bzw. Flick76
ausfbereitet. Es wurde sowohl eine fokussierende als auch eine kontextuelle
Analyse des Datenmaterials durchgeführt.
IV) Zusammenführung & Interpretation
Die Ergebnisse der fokussierenden und kontextuellen Analyse wurden
zusammengeführt,
mit
den
SchülerInnen
diskutiert
und
gemeinsam
interpretiert.
3.2.1 Datenerhebung
Im Rahmen der Projekteingangsphase wurden die SchülerInnen auch in die
Konstruktion von Interviewleitfäden sowie in die Interviewtechnik eingeführt. Es
wurden gemeinsam ein Leitfaden für die Gruppendiskussionen und die
Einzelinterviews erstellt. In der Leitfadenkonstruktion zeigte sich die
Rückmeldung der SchülerInnen als sehr fruchtbar, da durch die Diskussion mit
den Jugendlichen bzw. der Jungen und Mädchen untereinander die Art der
Fragestellung sowie einzelne inhaltliche Schwerpunktsetzungen besonders gut
an
die
Bedürfnisse
und
die
Lebenswelt
von15-
bis
18-jährigen
Heranwachsenden angepasst werden konnte.
An verschiedenen Schulen und Jugendzentren wurde ein Screening-Fragebogen
verteilt, der der Rekrutierung und Auswahl der zu befragenden Jugendlichen im
76
Vgl. Flick 2007, S. 402-208 sowie Strauss 1998 und Strauss/Corbin 1998
S e i t e | 24
Hinblick auf Geschlecht, formale Bildung, allgemeine Fernsehnutzung und
Nutzung von Castingshows diente.
Mit
den
ausgewählten
Jugendlichen
wurden
Gruppendiskussionen
durchgeführt, die von jeweils zwei SchülerInnen geleitet wurden und auf diese
Weise als Gespräche unter Gleichaltrigen angelegt waren. Die Leitung von
Gruppendiskussionen77 sowie die entsprechende Interviewtechnik wurden
vorab
in
einem
eigenen
Interview-Workshop
geübt.
Mit
jedem
InterviewerInnen-Team wurde ein Probedurchlauf der Gruppendiskussion
durchgeführt. Dies ermöglichte den SchülerInnen Tipps und Rückmeldungen zu
ihrem Interviewverhalten zu geben und sie auf die entsprechende
Erhebungssituation vorzubereiten. Zudem dienten diese Probedurchläufe der
Kontrolle des Interviewverhaltens der einzelnen SchülerInnen, um eine
möglichst
einheitliche
Herangehensweise
bzw.
Durchführung
der
Gruppendiskussionen zu gewährleisten. Die InterviewerInnen-Teams wurden
jeweils durch eine Protokollatin bzw. einen Protokollanten, der/die bereits über
eine große Erfahrung in der Durchführung von Gruppendiskussionen und
qualitativen Befragungen verfügten, unterstützt.78Die ProtokollantInnen hatten
den Auftrag, sich so gut als möglich zurückzuziehen, sich nicht an der
Gruppendiskussion zu beteiligen und lediglich Protokoll zu führen. Im Falle
etwaiger Probleme der InterviewerInnen waren sie jedoch angehalten, diesen
unterstützend zur Seite zu stehen; dies war allerdings nicht nötig. Die
ProtokollantInnen hatten zusätzlich die Aufgabe, nach der jeweiligen
Gruppendiskussion eine Beschreibung der Erhebungssituation zu verfassen, um
die
Qualität
der
erhobenen
Daten
beurteilen
zu
können.79Die
Gruppendiskussionen wurden sehr offen gehalten, um jenen Themen, die von
den ProbandInnen selbst eingebracht werden, genügend Raum zu geben.
77
Der Ablauf der Gruppendiskussionen erfolgte in Anlehnung an Loos/Schäfer 2001, S. 48ff.
Vgl. dazu auch Lamnek 2005
79
So passierte es beispielsweise einem Interviewerinnen-Team, gegen Ende der
Gruppendiskussion tendenziell suggestiv zu werden, da sie das Gefühl hatten, noch mehr
Informationen zu medienvermittelten Schönheitsbildern herausholen zu müssen. Dies wurde
in der Beschreibung der Erhebungssituation festgehalten und bei der Datenauswertung und
der Beurteilung der Aussagen der ProbandInnen berücksichtigt.
78
S e i t e | 25
Die
Gruppendiskussionen
dienten
im
Sinne
des
theoretischen
Samplings80ebenso einem zusätzlichen Screening zur Auswahl jener Jungen und
Mädchen, die als besonders geeignet für eine weitere Befragung in Form eines
Leitfadeninterviews erschienen.
Insgesamt wurden acht Gruppendiskussionen, deren Zusammenstellung in
nachfolgender Tabelle dargestellt ist, durchgeführt.
Zusammenstellung der Gruppendiskussionen
Gruppendiskussion Geschlecht Formale Bildung
Region
GD 1
weiblich
gemischt
Land
GD 2
weiblich
gemischt
Stadt
GD 3
männlich
gemischt
Land
GD 4
männlich
formal niedrige Bildung81
Stadt
GD 5
gemischt
formal höhere Bildung
Land
GD 6
weiblich
formal höhere Bildung82
Stadt
GD7
gemischt
formal niedrigere Bildung Land
GD 8
gemischt
formal niedrigere Bildung Stadt
Insgesamt 8 Gruppendiskussionen
Die Gruppendiskussionen mit den männlichen Jugendlichen wurden von
Schülern
geleitet,
Gruppendiskussionen
die
mit
gemischten
den
Gruppendiskussionen
weiblichen
Jugendlichen
sowie
die
wurden
von
Schülerinnen geleitet.
80
Siehe dazu beispielweise Charmaz 2006, S. 99-108, Flick 2005, S. 191ff, Glaser/Strauss S.
45ff, Strauss/Corbin 1998, S. 201ff oder Strübing 2004, S. 29ff
81
Die formal höher gebildeten Jungen weigerten sich an einer Diskussion zum Thema (Model-)
Castingshows teilzunehmen und sagten kurz vor Beginn der Gruppendiskussion geschlossen
ab. Die ursprünglich geplante Gruppendiskussion mit formal höher und formal niedriger
gebildeten männlichen Jugendlichen wurde aber trotzdem (auch wenn letztendlich nur formal
niedriger gebildete Jungen anwesend waren) durchgeführt.
82
Auch bei dieser Gruppendiskussion erschienen die formal höher gebildeten männlichen
Jugendlichen nicht zum angesetzten Termin, sodass die Gruppendiskussion letztendlich nicht
wie geplant mit formal höher gebildeten Mädchen und Jungen sondern lediglich mit formal
höher gebildeten Mädchen durchgeführt wurde.
S e i t e | 26
Für die Leitfadeninterviews wurden auf Basis der Gruppendiskussionen und
Screening-Fragebögen diejenigen Jugendlichen ausgewählt, die sich als
besonders aussagekräftig erwiesen. Dies waren beispielsweise jene Jungen und
Mädchen, die (Model-)Castingshows entweder einen besonders hohen
Stellenwert
(verbunden
mit
einem
entsprechenden
Involvement
und
Identifikationspotential) beimaßen oder die diesen Formaten besonders kritisch
gegenüber standen. Die Einzelinterviews dienten dazu, einen tieferen Einblick in
den Umgang mit (Model-) Castingshows vor dem Hintergrund individueller
Entwicklungsaufgaben83 sowie des sozialökologischen Umfelds84 zu erlangen. Sie
wurden allerdings nicht von den SchülerInnen sondern von erfahrenen
InterviewerInnen durchgeführt, um mögliche, durch das Verhalten der
SchülerInnen in den Gruppendiskussionen aufgetretene, Intervieweffekte zu
kompensieren oder Themen, die von den jungen DiskussionsleiterInnen nicht so
genau aufgearbeitet wurden, nochmals vertiefen zu können. Somit fungierten
die Leitfadeninterviews auch als ein gewisses Kontrollinstrument in der
Datenerhebung. Insgesamt wurden mit zehn Mädchen und sieben Jungen
Einzelgespräche durchgeführt.
3.2.3 Datenanalyse
Die Gruppendiskussionen wurden von den beteiligten SchülerInnen selbst
transkribiert;
d.h.
jedes
InterviewerInnen-Team
transkribierte
„seine“
Gruppendiskussion. Die Leitfadeninterviews wurden zum Teil ebenfalls von den
SchülerInnen transkribiert, zum Teil wurden sie dabei aber durch studentische
ProjektmitarbeiterInnen unterstützt. Im Anschluss daran wurden die Transkripte
mit Hilfe des thematischen Codierens85 im Datenanalyseprogramm MAXqda
aufbereitet
und
eine
fokussierende
sowie
kontextuelle
Analyse
des
Datenmaterials durchgeführt.
Auch wenn die SchülerInnen nicht direkt in die Datenanalyse involviert waren,
wurden sie in die einzelnen Analyse-Schritte eingeführt und um Rückmeldungen
gebeten. So wurden beispielsweise der Codewortbaum vorgestellt und die
83
Vgl. Havinghurst 1972
Vgl. Vollbrecht 2007
85
Vgl. Flick 2007, S. 402-208
84
S e i t e | 27
einzelnen Kategorien diskutiert. Die Einzelfalldarstellungen sowie die Ergebnisse
der fallübergreifenden Analyse wurden ebenfalls sehr detailliert mit den
SchülerInnen
besprochen.
Die
anschließende
Interpretation
der
Untersuchungsergebnisse wurde gemeinsam mit den SchülerInnen vollzogen.
3.3
Ablauf und Organisation der Studie
Da dieses Projekt darauf ausgelegt war, SchülerInnen unmittelbar in den
Forschungsprozess zu integrieren, mussten diese auch entsprechend darauf
vorbereitet werden. Zudem galt es den Projektverlauf mit dem Schulalltag der
Jungen und Mädchen (z.B. Ferienzeiten) abzustimmen. Im Folgenden soll daher
die Vorbereitung und Beteiligung der SchülerInnen am Forschungsprozess näher
beschrieben werden.
3.3.1 Einführung der SchülerInnen
Vor Beginn des eigentlichen Projektes wurden die SchülerInnen in Form
halbtägiger Workshops und entsprechender Hausübungen schrittweise in ihre
Rolle als ForscherInnen eingeführt.
So
setzten
sich
die
Jungendlichen
anfangs
mit
ihrem
eigenen
Mediennutzungsverhalten, mit ihrer bisherigen Medienbiographie sowie mit der
Bedeutung persönlicher Fernsehidole und Medienstars in ihrem alltäglichen
Leben auseinander. Diese Selbstreflexion diente einerseits dazu, die
SchülerInnen
in
die
Rezeptionsforschung
Grundlagen
einzuführen,
der
Mediensozialisation
andererseits
ermöglichte
und
der
sie
den
Jugendlichen nach und nach entsprechenden Abstand von ihren eigenen
Medienvorlieben zu erlangen, um sich entsprechend neutral und keinesfalls
wertend mit den Medieninteressen Gleichaltriger auseinandersetzen zu können.
Die in diesem Workshop entstandenen Diskussionen eröffneten aber ebenso
Einblicke in die Lebenswelt(en) dieser Altersgruppe und die Bedeutung von
Medien und im Besonderen von Fernsehinhalten im Alltag der Jugendlichen. Die
Argumente der SchülerInnen, warum sie beispielsweise eine bestimmte
Castingshow als besonders relevant für ihre Altersgruppe erachten und andere
Angebote wiederum weniger (bzw. auch eine unter Umständen darüber
S e i t e | 28
entflammende Diskussion zwischen Jungen und Mädchen), lieferten ebenso
Informationen darüber, welche formalen oder inhaltlichen Kriterien von
Castingshows für Jugendliche von Interesse sind bzw. welche Bedeutungen
diesen beigemessen werden. Diese Erkenntnisse wurden bei der gemeinsamen
Entwicklung
der
Forschungsfragen
sowie
der
Erhebungsinstrumente
berücksichtigt.
Im Anschluss daran wurde ein Workshop zu Frauen- und Männerbildern in Film
und Fernsehen durchgeführt. Dabei erarbeiteten die SchülerInnen Kennzeichen
von Geschlechtsstereotypen aus ihren persönlichen Lieblingsfilmen und
Lieblingsserien und setzten sich damit auseinander, inwiefern diese Frauen- und
Männerbilder der Situation von Frauen und Männern im wirklichen Leben
entsprechen. In diesem Zusammenhang wurden ebenso medienvermittelte
Attraktivitätsmerkmale von Frauen und Männern diskutiert.
In einem nächsten Schritt wurden die SchülerInnen in die Grundlagen des
wissenschaftlichen Arbeitens eingeführt und es wurden ihnen unterschiedliche
Methoden der Befragung vorgestellt, um ihnen ein Gefühl dafür zu vermitteln,
was man mit welchen Mitteln und wie erforschen bzw. erfragen kann. Dies war
vor allem für die etwas später erfolgende gemeinsame Entwicklung und
Diskussion der Forschungsfragen wichtig.
Vor Beginn des eigentlichen Projektes erarbeiteten die SchülerInnen auch eine
sehr einfache und beschreibende formale und inhaltliche Analyse der deutschen
Show Germany’s Next Topmodel anhand ausgewählter Sequenzen. Auch wenn
diese Model-Castingshow allen SchülerInnen bekannt war, diente diese
Produktanalyse dazu, sich näher mit dem Aufbau der Sendung sowie mit der
Darstellung und Inszenierung einzelner ProtagonistInnen auseinanderzusetzen.
3.3.2 Beteiligung der SchülerInnen am Forschungsprozess
Das eigentliche Projekt startete mit der gemeinsamen Entwicklung der
Forschungsfragen.
Das
grundsätzliche
Forschungsinteresse
sowie
die
entsprechenden Fragestellungen standen zwar zu Beginn des Projektes bereits
fest; diese wurden aber mit den Ideen und Vorschlägen der SchülerInnen
abgeglichen und ergänzt. Dazu erstellten die SchülerInnen in Form einer
S e i t e | 29
Gruppenarbeit Plakate anhand derer sie ihre persönlichen Forschungsideen zum
Thema Model-Castingshow präsentierten. Diese Ideen wurden in der Klasse
vorgestellt und diskutiert. Die am häufigsten formulierten Ideen wurden
zusammengefasst und es kristallisierten sich der Umgang mit Schönheitsidealen
sowie die Rolle von Model-Castingshows im Alltag von Jugendlichen als jene
Fragen heraus, die die SchülerInnen am meisten interessierten. Diese deckten
sich auch mit den bereits vorab angedachten Forschungsfragen, die den
SchülerInnen allerdings zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren.
Gemeinsam wurde dieses Forschungsinteresse in entsprechende Fragen und
Unterfragen ausformuliert.
Die SchülerInnen waren auch stark in die Erstellung der Leitfäden für die
Gruppendiskussionen und involviert. Dazu wurden die Jungen und Mädchen
dazu angehalten, in Gruppen alle möglichen Fragen aufzuschreiben, die sie im
Kontext
der
verschiedenen
Forschungsfrage
Fragekataloge
interessieren.
Anschließend
gemeinsam
zu
einem
wurden
die
strukturierten
Interviewleitfaden zusammengeführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass alle
von den SchülerInnen als wichtig erachteten Fragen in den endgültigen
Leitfaden aufgenommen wurden.
An der Erstellung des Screening-Fragebogens waren die SchülerInnen nicht
beteiligt. Allerdings wählte jedes InterviewerInnen-Team basierend auf den
retournierten Fragebögen nach den Kriterien formale Bildung, Geschlecht,
Wohnort und Castingshow-Nutzung jene Jugendlichen aus, die es für „seine“
Gruppendiskussion als passend erachtete.86Die jeweilige Auswahl wurde vor der
gesamten Klasse präsentiert und argumentiert.
86
Die SchülerInnen erhielten die Vorgabe, jeweils eine Gruppendiskussion nach folgenden
Kriterien zusammenzustellen:
• Formal höher und niedriger gebildete Mädchen vom Land
• Formal höher und niedriger gebildete Mädchen aus der Stadt
• Formal höher und niedriger gebildete Jungen vom Land
• Formal höher und niedriger gebildete Jungen aus der Stadt
• Formal höher gebildete Jungen und Mädchen aus der Stadt
• Formal höher gebildete Jungen und Mädchen vom Land
• Formal niedriger gebildete Jungen und Mädchen aus der Stadt
• Formal niedriger gebildete Jungen und Mädchen vom Land
Die SchülerInnen formten darauf hin acht Arbeitsgruppen, die jeweils für eine
Gruppendiskussion zuständig waren. Dies beinhaltete die Auswahl der ProbandInnen, die
Durchführung und letztendlich auch die Transkription der Gruppendiskussion.
S e i t e | 30
Die Gruppendiskussionen wurden ebenfalls von den SchülerInnen selbst
geleitet; dazu erhielten sie eine entsprechende Interviewer-Schulung und mit
jedem
InterviewerInnen-Team
Gruppendiskussion
durchgeführt.
87
wurde
ein
Im
Anschluss
Probedurchlauf
daran
wurden
der
die
Gruppendiskussionen von den jeweiligen InterviewerInnen transkribiert.
Die
Datenaufbereitung
und
–analyse
erfolgte
ohne
Beteiligung
der
SchülerInnen. Die Forschungsergebnisse wurden allerdings wieder mit den
SchülerInnen besprochen, diskutiert und gemeinsam interpretiert. In der
Ergebnisinterpretation wurde die Perspektive der SchülerInnen besonders
berücksichtigt.
87
Sie dazu die Ausführungen in Kapitel 3.2.1
S e i t e | 31
4
Ergebnisse
Da sich viele Gemeinsamkeiten in der Auswertung der Gruppendiskussionen
sowie der Einzelinterviews zeigen, werden die Ergebnisse nicht getrennt
sondern zusammenfassend dargestellt. Alle Jugendlichen, die zusätzlich zu den
Gruppendiskussionen in einem persönlichen Gespräch befragt wurden, wurden
im
Rahmen
der
kontextuellen
Analyse
mittels
Einzelfalldarstellungen
beschrieben. In der Ergebnispräsentation werden die Besonderheiten dieser
Fälle
in
Kurzprofilen
hervorgehoben
und
illustrativ
verschiedenen
Umgangsweisen mit Model-Castingshows zugeordnet; die ausführlichen
Einzelfalldarstellungen sind im Anhang einzusehen. Eine Typenbildung war
aufgrund wesentlich größerer Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den
einzelnen Fällen nicht möglich.
4.1
Allgemeiner Medienumgang
Als Einstieg in die Thematik wurden die Jugendlichen kurz zu ihrem allgemeinen
Medienumgang befragt, dem wurde allerdings nicht im Detail nachgegangen, da
hierzu bereits ausreichend quantitative Daten vorliegen. Wie zu erwarten,
decken sich die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung auch mit jenen der
aktuellen JIM- und BIMEZ-Studie;88 sie werden daher an dieser Stelle nicht
weiter ausgeführt. Es werden aber die wesentlichen Tendenzen kurz
zusammengefasst, um auf diese Weise die befragten Jugendlichen näher zu
beschreiben.
Das Handy wird von den Heranwachsenden als besonders wichtig
hervorgehoben; dies wird vor allem von den Mädchen sowie den formal
niedriger gebildeten Jungen betont. Es dient den befragten Jugendlichen in
erster Linie zur Beziehungspflege mit FreundInnen per Anruf oder SMS. Des
88
Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2009): JIM 2009. Jugend, Information, (Multi) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: LFK. Verfügbar
über: http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf09/JIM-Studie2009.pdf (27.08.2010)
Siehe auch BildungsMedienZentrum des Landes Oberösterreich (Hrsg.) (2009): 1. Oberösterreichische
Jugendmedienstudie. Das Medienverhalten der 11- bis 18-Jährigen. Linz: BIMEZ. Verfügbar über:
http://www.bimez.at/index.php?id=5411 (27.08.2010)
S e i t e | 32
Weiteren beurteilen Mädchen das Fernsehen tendenziell als wichtiger als das
Internet, nutzen allerdings beide Medien häufig, jedoch im Gegensatz zu den
Jungen kaum gleichzeitig. Das Internet dient den Mädchen in erster Linie zum
Austausch mit FreundInnen über die Kontaktplattform Facebook, während die
Jungen neben Facebook auch Onlinespiele nutzen und sich gerne kurze Videos
über YouTube oder Filme über kino.to und ähnliche Plattformen ansehen. Das
Fernsehen wird von den befragten Jugendlichen in erster Linie zur Entspannung
und zum Teil auch als Hintergrundmedium neben anderen Aktivitäten wie etwa
Hausaufgaben machen oder Zimmeraufräumen genutzt. Bei den favorisierten
Fernsehsendern sind sich Jungen und Mädchen sehr ähnlich und es sind auch
keine großen Unterschiede hinsichtlich der formalen Bildung der Jugendlichen
auszumachen:
österreichische
sowie
deutsche
öffentlich-rechtliche
Fernsehsender sind von untergeordneter Bedeutung, am liebsten werden die
deutschen Privatsender Pro7, RTL, Kabel 1 sowie der Musiksender MTV genutzt.
Hinsichtlich des persönlichen Medienbesitzes fällt auf, dass in den Familien der
formal niedriger gebildeten Jugendlichen oft mehrere Fernsehgeräte zu finden
sind und die Jungen und Mädchen häufig über einen eigenen Fernseher
verfügen, während dies bei formal höher gebildeten Jugendlichen selten der Fall
ist.
Die befragten formal niedriger gebildeten Jugendlichen aus der Stadt haben
vielfach einen Migrationshintergrund. In diesen Familien werden häufig
Fernsehserien
und
-shows gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern in der jeweiligen
Muttersprache rezipiert (z.B. türkische Castingshows). Die betroffenen
Jugendlichen identifizieren sich allerdings kaum damit und betonen, dass sie
deutschsprachige Senderund Sendungen bevorzugen.
Gespräche über Fernsehinhalte finden eher selten innerhalb der Familien statt,
am ehesten wenn gemeinsam mit Geschwistern ferngesehen wird und parallele
Gespräche über das Gesehene entstehen. Die FreundInnen der befragten
Jugendlichen sind in diesen Belangen die zentrale AnsprechpartnerInnen; häufig
wird in der Schule über das Fernsehprogramm des Vortags diskutiert. ModelCastingshows werden von vielen Eltern abgelehnt und kritisiert, deshalb
vermeiden die Jugendlichen oft bewusst in der Familie darüber zu sprechen.
S e i t e | 33
4.2
Nutzung und Bewertung von (Model-)Castingshows
Sowohl Musik- als auch Model-Castingshows werden von allen befragten
Jugendlichen gerne gesehen. Musik-Castingshows scheinen jedoch etwas
beliebter zu sein als Model-Castingshows; begründet wird diese Vorliebe für
Musik-Castingshows allerdings kaum. Die große Beliebtheit von Deutschland
sucht den Superstar unter männlichen Jugendlichen mag aber an der Figur
Dieter Bohlen, dessen abfällige Sprüche offensichtlich bei vielen Jungen gut
ankommen, liegen.
Dass Musik- und Model-Castingshows auch crossmedial vermarktet werden,
scheint für die Heranwachsenden aber kaum relevant zu sein. So sind
beispielsweise die Websites von Germany’s und Austria’s Next Topmodel nur
wenigen bekannt und werden von den befragten Jugendlichen kaum genutzt.
Verpasste Sendungen werden ebenfalls selten im Internet angesehen, denn die
Jugendlichen lassen sich lieber durch Gespräche mit ihren FreundInnen auf den
neuesten Stand bringen. Vereinzelt suchen Mädchen ab und an über Google
nach Fotos ihrer Castingshow-FavoritInnen. Berichte über Model- oder MusikCastingshows in Zeitschriften werden auch eher selten gelesen.
„Das Original“ ist deutsch
Es fällt jedoch auf, dass sich die Heranwachsenden von den deutschen Formaten
wesentlich besser angesprochen fühlen als von den österreichischen Pendants.
Dies wird damit argumentiert, dass in Germany’s Next Topmodel häufiger
Einblicke hinter die Kulissen geboten werden, was die jungen RezipientInnen
offensichtlich besonders interessiert. Austria’s Next Topmodel wird zudem
mehrheitlich als „nachgemacht“, „billig“ und weniger professionell abgetan und
von einem Großteil der befragten Jungen und Mädchen abgelehnt. So wird
beispielsweise auch Lena Gercke, die Moderatorin von Austria’s Next Topmodel
und Gewinnerin der ersten Staffel von Germany’s Next Topmodel, in einer der
Gruppendiskussionen als „Klumcloon“ bezeichnet. Ihr wird auch weniger
Kompetenz als der deutschen Moderatorin Heidi Klum beigemessen, da Klum,
so die Argumentation der Jugendlichen, über eine längere Erfahrung als
professionelles Model verfüge und Gehrke erst durch Klum quasi „entdeckt“
S e i t e | 34
worden wäre. Auch Deutschland sucht den Superstar ist unter den befragten
Jugendlichen beliebter als Starmania.89
„Richtige Männer“ und ein „weibliches Format“?
Model-Castingshows werden sowohl von Jungen als auch von Mädchen genutzt
und sowohl in Jungen- als auch in Mädchengruppen wird gerne über die
aktuellsten Geschehnisse von Germany’s Next Topmodel diskutiert. Jungen
scheint es aber oft peinlich, über Model-Castingshows zu sprechen bzw.
überhaupt außerhalb ihres Freundeskreises zuzugeben, sich für diese
Sendungen zu interessieren. Formal höher gebildeten Jungen macht dies
offensichtlich besondere Schwierigkeiten. So brauchten diese beispielsweise in
den
Gruppendiskussionen
sehr
lange,
um
sich
einzubringen
und
mitzudiskutieren obwohl sie bestens über Germany’s und Austria’s Next
Topmodel Bescheid wussten.
Diese formal höher gebildeten männlichen
Jugendlichen verwenden auch eine große Energie darauf, ihr Selbstbild des
aufgeklärten jungen Mannes, der niemals Gefallen an einem in ihren Augen
stark auf junge Frauen ausgerichteten „Boulevard-Fernseh-Format“ finden
würde, nicht ins Wanken geraten zu lassen.90
89
Klaus und O’Connor (2010) stellen im Hinblick auf irische Jugendliche ebenfalls fest, dass nationale
Castinghow-Produkionen gegenüber Produktionen aus dem gleichsprachigen Ausland schlechter
bewertet werden. Jedoch zeigt sich in den Ausführungen der Autorinnen eine wesentlich breitere
Akzeptanz der österreichischen Musik-Castingshow Starmania als dies in der vorliegenden
Untersuchung der Fall ist. Dies könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass es zum Zeitpunkt
der Erhebung keine aktuelle Starmania-Staffel gab, jedoch eine aktuelle Staffel von Deutschland sucht
den Superstar und ein Pre-Casting für die Sendung Popstars. Eventuell war das österreichische Format
dadurch den Jugendlichen weniger präsent. Ein anderer Grund für die schlechtere Bewertung von
Starmania könnte darin liegen, dass der Schwerpunkt der aktuellen Erhebung auf Model-Castingshows,
das heißt auf dem Vergleich zwischen Austria’s und Germany’s Next Topmodel lag. Wenn Unterschiede
zwischen deutschen und österreichischen Castingshows diskutiert wurden, wurden oft Germany’s Next
Topmodel in einem Atemzug mit Deutschland sucht den Superstar genannt bzw. Austria’s Next
Topmodel mit Starmania in Verbindung gebracht. Da die österreichische Model-Castingshow eine sehr
geringe Akzeptanz unter den befragten Jugendlichen hat, könnte diese negative Bewertung auch auf die
Musik-Castingshow Starmania abgefärbt haben. Die aktuelle österreichische Musik-Castingshow Helden
von Morgen lief zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht.
90
Diese offensichtliche Scheu formal höher gebildeter Jungen, sich als Model-Castingshow-Rezipienten
zu äußern, führte sogar dazu, dass es bei den in der Stadt durchgeführten Gruppendiskussionen nicht
möglich war, diese als Diskussionsteilnehmer zu gewinnen, da sie zu den abgemachten Terminen nicht
erschienen. Ebenso schwierig war es formal höher gebildete Jungen aus der Stadt zu Einzelinterviews zu
bewegen; erst nach etlichen Terminverschiebungen und viel Überredungskunst konnten entsprechende
Gespräche geführt werden.
S e i t e | 35
„Es gibt eigentlich viele Castingshows, die aber keinen von uns
interessieren!“ (Philipp, 17 Jahre, formal höher gebildet, Land)
Formal niedriger gebildete Jungen haben damit scheinbar weniger Probleme
und es fällt ihnen wesentlich leichter zuzugeben, sich regelmäßig ModelCastingshows anzusehen. Allerdings wird auch hier gerne betont, dass diese
Shows
–
quasi
gezwungener
Maßen
–
lediglich
mit
weiblichen
Familienmitgliedern mitgeschaut würden. Bei näherem Nachfragen zeigt sich
aber bei vielen Jungen nicht nur ein oberflächliches Interesse an „schönen
Frauen“, wie gerne betont wird, sondern auch ein entsprechendes Involvement
und „Mitfiebern“ mit einzelnen Kandidatinnen.
Fast allen befragten Jungen imponiert der Ehrgeiz der Kandidatinnen, ihr Ziel zu
erreichen. Diese Eigenschaft und die Anlage der Model-Castingshows als
Wettbewerb, bei dem es darum geht, sich mit anderen zu messen und
letztendlich durchzusetzen, wird von jenen Jungen, die eine besondere
Faszination für die Kandidatinnen zeigen, häufig auf eher männlich konnotierte
Sportarten wie etwa Fußball übertragen. Dies dient vor allem jenen männlichen
Jugendlichen,
die
aus
Familien
stammen,
in
denen
traditionelle
Geschlechterstereotypen und Rollenzuweisungen nach wie vor von großer
Bedeutung sind, ihre (oft heimliche) Faszination für ein eher als weiblich
konnotiertes Format zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang schließen die
Jungen mit ihren Freunden – ebenfalls analog zu Sportwetten – auch des
Öfteren Wetten darauf ab, welche Kandidatin als Siegerin hervorgeht.
Besonders deutlich ist dies bei Danijel, einem 16-jährigen Gymnasiasten, der
mit seinen Eltern und einer älteren Schwester in einer Wohnung in einer
größeren Stadt lebt. Seine Familie stammt ursprünglich aus Kroatien und ist
noch sehr stark mit ihrem Heimatland verbunden. Die Eltern versuchen ihren
Kindern die kroatische Kultur zu vermitteln, es werden gemeinsam kroatische
Fernsehsendungen angesehen und auch der Balkankrieg und dessen Folgen
sind in Danijels Familie sehr präsent. Danijel hat einen großen Freundeskreis
und versteht sich auch gut mit seinen MitschülerInnen. In der Schule fühlt er
sich wohl, obwohl er ein schlechter Schüler ist. In seiner Freizeit dreht sich alles
um das Thema Fußball. Er ist Mitglied in einem Verein und träumt davon,
einmal ein berühmter Fußballer zu werden. Auch in seiner Mediennutzung
spielt der Sport eine große Rolle: er spielt online Fußballspiele, verfolgt in
S e i t e | 36
Tageszeitungen
und
im
Internet
aufmerksam
die
aktuellen
Bundesligaergebnisse und sieht sich regelmäßig Fußballspiele im Fernsehen an.
Sein großes Idol ist Jan Mudric, ein Kroate, der für den englischen Fußballclub
Manchester United spielt.
In
seinem
ausschließlich
Freundeskreis,
werden
aus
männlichen
Model-Castingshows
Jugendlichen
nicht
bestehenden
geschätzt
und
als
mädchenhaft abgetan und auch in seiner Familie gilt Germany’s Next Topmodel
als „Frauenprogramm“, das sich Danijels Mutter und Schwester regelmäßig
ansehen. Danijel ist es peinlich über diese Castingshow zu sprechen und so
betont er auch im Einzelinterview, dass er sich Germany’s Next Topmodel nur
„gezwungener Maßen“ ansehe, wenn der Fernseher durch seine Mutter und
seine Schwester „besetzt“ sei. Er bezeichnet die Model-Castingshow als „an sich
eher
langweilig“
und
beteiligt
sich
auch
bewusst
nicht
an
der
Anschlusskommunikation zwischen den beiden Frauen, gibt aber gleichzeitig zu,
dass er die Kandidatinnen sehr bewundert und deren Entwicklung im Laufe der
Show aufmerksam mitverfolgt. Sein Interesse und seine Bewunderung für die
Kandidatinnen legitimiert er für sich dadurch, dass er Parallelen zum ProfiFußball zieht.
„Ja, ich finde das schon gut, dass die das machen und so. Weil die wollen
auch ihren Traum verwirklichen und da denk ich mir halt, ich würde auch
voll viel machen für Fußball. Und genauso machen die das für ihre
Modelkarriere.“
Danijel erlebt die Höhen und Tiefen, welche die Kandidatinnen von Germany’s
Next Topmodel im Laufe der Show durchmachen, intensiv mit und zieht
Parallelen zu seinem eigenen Leben. In seinem Wunsch als Fußballer den
internationalen Durchbruch zu schaffen, nimmt er sich diese jungen Frauen
zum Vorbild, auch wenn er keine spezielle Favoritin hat. Er ist auch davon
überzeugt, dass die Kandidatinnen für andere Jugendliche – besonders für
Mädchen – eine Vorbildfunktion haben können.
Auch wenn Danijel für sich vor allem die Botschaft, hart an sich zu arbeiten, um
seine Ziele zu erreichen, aus der Model-Castingshow mitnimmt, lassen sich
ebenso
in
seiner
Auseinandersetzung
mit
medienvermittelten
Schönheitsidealen Bezüge zu Germany’s Next Topmodel herstellen. Attraktive
Personen sehen für ihn so aus, wie er es aus dem Fernsehen kennt. Sie sollen
einen „schönen Körper und ein freundliches Gesicht“ haben: Männer müssen
durchtrainiert „wie Fußballer [sein], damit man ihre Muskeln am Körper sehen
S e i t e | 37
kann“ und Frauen müssen schlank sein und lange Haare haben. Sie brauchen
zwar keine Models zu sein, aber „eine Frau wie aus Germany’s Next Topmodel“
würde ihm dennoch sehr gefallen. Mit seinem eigenen Körper ist Danijel sehr
zufrieden und es ist ihm wichtig, gut auszusehen. Deshalb nimmt er sich jeden
Morgen extra Zeit, um seine Haare „zu stylen“ und die passende Kleidung
auszuwählen. Er möchte auf andere einen guten Eindruck machen und ist
davon überzeugt, dass man durch gutes Aussehen auch beruflich viele Vorteile
hat.
Man muss mitreden können
Sowohl Jungen als auch Mädchen unterhalten sich mit ihren FreundInnen gerne
über aktuelle Geschehnisse aus Germany’s Next Topmodel. Auch wenn vielfach
betont wird, dass in schulischen und außerschulischen Kontexten kein großer
Druck herrsche, jede Sendung mitzuverfolgen, so wird doch deutlich, dass es
den Jugendlichen wichtig ist, über die Show Bescheid zu wissen, um mitreden zu
können. Hat aber jemand aus dem Freundeskreis einmal eine Sendung verpasst,
wird es ihm bzw. ihr nicht negativ angelastet und die betreffende Person wird
schnell „auf den neuesten Stand“ gebracht.
Die große Bedeutung der Anschlusskommunikation im Freundeskreis zeigt sich
besonders bei Michaela, Astrid und Valentina. Alle drei Mädchen interessieren
sich gar nicht so sehr für Germany‘sNext Topmodel, dennoch ist für sie eine
regelmäßige Rezeption dieser Model-Castingshow, oder zumindest über
Zeitschriften oder das Internet entsprechend informiert zu sein, essentiell, da
ihnen Gespräche mit ihren Freundinnen darüber sehr wichtig sind. Die Inhalte
der Sendung und Geschehnisse an sich spielen für sie eine geringere Rolle als für
andere Mädchen; es geht ihnen in erster Linie darum, mitreden zu können.
Valentina ist 15 Jahre alt und wohnt gemeinsam mit ihren Eltern, ihrem 18jährigen Bruder und ihrer Großmutter in einem großen Einfamilienhaus am
Stadtrand. Sie kommt aus einer bildungsnahen, konservativ-bürgerlichen
Familie und besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium. Sie versteht sich
gut mit allen Familienmitgliedern, hat einen großen Freundeskreis und fühlt
sich auch in der Schule sehr wohl. Sich jeden Abend gemeinsam die FernsehNachrichten anzusehen ist ein fixer Bestandteil des Familienalltags. Als eine der
wenigen befragten Jugendlichen bezeichnet Valentina ORF 1 als ihren
S e i t e | 38
Lieblingssender
und
begründet
dies
damit,
dass
es
dort
keine
Werbeunterbrechungen gibt. Sie hat keine spezielle Lieblingssendung, sieht
aber häufig CSI und Germany’s Next Topmodel.
Germany’s Next Topmodel ist auch ein häufiges Gesprächsthema unter
Valentinas Freundinnen, da diese ausgesprochene Fans der Model-Castingshow
sind. Deshalb ist es ihr sehr wichtig, keine Sendung zu verpassen, um über den
neuesten Stand der Dinge informiert zu sein und mitreden zu können. Valentina
lebt nicht so sehr mit einzelnen Kandidatinnen mit, wie es ihre Freundinnen
tun, sondern geht eher auf kritischen Abstand. Sie meint auch, dass sie sich
generell nicht so sehr hineinsteigern könne, wie dies ihrer Meinung nach
andere Mädchen tun würden. Dennoch verfolgt sie die Show aufmerksam und
macht sich zuweilen über die Kandidatinnen lustig.
„Es ist witzig anzusehen, wie sich manche zum Deppen machen.“
Valentina interessiert sich aber sehr für Mode und hebt positiv hervor, durch
die Rezeption von Germany’s Next Topmodel auch einen Überblick über
aktuelle Modetrends zu bekommen; manche Anregungen probiert sie auch
selbst aus. Sie schließt aber dezidiert aus, dass die Kandidatinnen oder
Jurymitglieder für sie in irgendeiner Form eine Vorbildfunktion haben könnten.
Die Kandidatinnen betrachtet sie kritisch und sie mag es überhaupt nicht, wenn
diese „hysterisch überreagieren“. Außerdem kritisiert sie, dass das Thema
Schönheit und eine perfekte Figur zu haben bei Germany’s Next Topmodel im
Zentrum stehen und ist davon überzeugt, dass dies einen negativen Einfluss auf
andere Mädchen haben könnte, die sich mehr in diese Castingshow
hineinsteigern als sie selbst.
„Sie [die Kandidatinnen] geben vielleicht eine Figur wieder, die man
eigentlich gerne haben würde. Aber viele Models machen das so
künstlich. Also, sie ernähren sich gar nicht gesund und machen auch gar
keinen Sport an der frischen Luft sondern essen einfach gar nicht. Da
sollte man sich kein Beispiel dran nehmen.“
Valentina betont des Weiteren, dass für sie der Charakter einer Person
wichtiger sei als ihr Aussehen und dass sie einem übertriebenen
Schlankheitswahn nichts abgewinnen könne, obwohl sie in ihren Augen
hübsche Frauen und Männer „doch eher auf der schlankeren Seite ansiedeln“
würde. Diesen Aussagen könnte allerdings ein gewisses Streben nach sozial
erwünschten Antworten zugrunde liegen, da sich Valentina bewusst aufgeklärt
und kritisch gibt.
S e i t e | 39
Die 16-jährige Astrid besucht eine höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe
und wohnt gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem um ein Jahr jüngeren Bruder
auf einem Bauernhof auf dem Land. Sie versteht sich sehr gut mit ihrem Bruder,
der für sie ein wichtiger Ansprechpartner bei Sorgen und Problemen ist. Als
wichtigste weibliche Bezugsperson bezeichnet sie ihre Mutter. Astrid ist in einer
festen Beziehung und hat einen großen Freundeskreis, viele dieser Freunde
sind allerdings deutlich älter als sie. Mit ihren MitschülerInnen versteht sie sich
weniger gut, da sie anderthalb Jahre älter ist und gänzlich andere Interessen
hat.
Astrid nutzt das Fernsehen selten nebenbei sondern sieht sich bewusst einzelne
Sendungen an; am liebsten rezipiert sie Telenovelas wie Anna und die Liebe,
Schmetterlinge im Bauch und Verliebt in Berlin.
In Astrids Familie wird selten gemeinsam ferngesehen und auch Gespräche
über Medien finden kaum statt. Allerdings unterhält sie sich des Öfteren mit
ihren MitschülerInnen über Telenovelas oder Germany’s Next Topmodel. Astrid
hält nicht viel von dieser Model-Castingshow, denn
„…beim Modeln geht’s nur ums Aussehen, für die geht’s um nichts
anderes.“
Dies kritisiert sie besonders hart, ebenso findet sie die Jury viel zu streng und
„unmenschlich“. Besonders enttäuscht ist sie von der Figur Heidi Klum, die ihr
während der ersten Staffeln sehr sympathisch war, ihr mittlerweile aber viel zu
oberflächlich vorkommt.
Da sich Astrids Freundinnen regelmäßig Germany’s Next Topmodel und Die
Model WG ansehen, verfolgt sie diese ebenfalls regelmäßig, auch wenn sie sich
wenig mit diesen Fernsehangeboten identifizieren kann. Wenn sie eine
Sendung nicht gesehen hat, informiert sie sich bei ihren MitschülerInnen über
die aktuellsten Geschehnisse.
Astrid ist der Meinung, dass sich viele Mädchen an den Kandidatinnen von
Germany’s Next Topmodel ein Vorbild nehmen und begründet dies damit, dass
sie manchmal das Gefühl habe, ihre MitschülerInnen hätten keine eigene
Meinung mehr bzw. würden nur mehr die Meinungen der Kandidatinnen oder
der Jury vertreten. Dies würde für sie selbst jedoch nie in Frage kommen.
Dennoch räumt sie ein, dass man sich den Fleiß und die Zielstrebigkeit der
Kandidatinnen zum Vorbild nehmen könnte und betont dies als wichtige
Eigenschaften, die man auch für das Berufsleben bräuchte.Praktisch findet
S e i t e | 40
Astrid aber die Schminktipps aus Germany’s Next Topmodel, auch wenn sie
diese selbst nicht umsetzt.
Astrid ist auch davon überzeugt, dass attraktive Menschen mehr Chancen im
Berufsleben haben, es fällt ihr jedoch schwer Attraktivität zu definieren; sie
nimmt dabei auch keine Anleihen an den Kandidatinnen der ModelCastingshow.
Michaela ist 17 Jahre alt und besucht eine berufsbildende Schule, in der sie sich
sehr wohl fühlt obwohl ihre MitschülerInnen zwei Jahre jünger sind als sie. Ihre
zwei besten Freundinnen gehen mit ihr in die gleiche Klasse. Gemeinsam mit
ihren Eltern wohnt sie in einem Haus auf dem Land; sie ist mit dieser ländlichen
Umgebung sehr eng verbunden. Mit Ausnahme des Fernsehens während dem
gemeinsamen Essen, werden Medien in ihrer Familie kaum gemeinsam genutzt.
Ebenso wenig spricht sie mit ihren Eltern über Medieninhalte. Michaela besitzt
fünf Hunde und widmet den Großteil ihrer Freizeit dem Hundesport.
Im Gegensatz zu den zwei zuvor beschriebenen Mädchensieht sie gerne ModelCastingshows. Neben ihrer Begeisterung für die Telenovela Anna und die Liebe
ist sie ein Fan von Austria’s Next Topmodel. Die große Bedeutung, die das
Mitreden-Können in der Schule und im Freundeskreis für die Rezeption von
Model-Castingshows hat, zeigt sich bei Michaela vor allem darin, dass sie sehr
patriotisch ist und ihr als einzige der befragten Jugendlichen Austria’s Next
Topmodel wesentlich besser als Germany’s Next Topmodel gefällt. Dennoch
sieht sie sich regelmäßig die deutsche Model-Castingshow an, um sich in die
Gespräche mit ihren FreundInnen und MitschülerInnen einbringen zu können
und durch ihre etwas anderen Präferenzen nicht negativ aufzufallen. Diese
große Anpassung könnte darauf zurück zu führen sein, dass Michaela ohnehin
schon etwas anders als ihre MitschülerInnen ist, da sie älter ist und ein eher
seltenes Steckenpferd hat. So will sie durch etwas andere Fernsehvorlieben
nicht noch zusätzlich auffallen und zur Außenseiterin werden. Sie spricht
beispielsweise auch während der Gruppendiskussion kaum über Austria’s Next
Topmodel sondern erwähnt ihre Lieblingsshow erst in der privateren
Atmosphäre des Einzelinterviews.
Michaela kann sowohl inhaltlich als auch formal wenige Unterschiede zwischen
Austria’s und Germany’s Next Topmodel ausmachen. Sie begründet ihre
Vorliebe für die österreichische Variante damit, dass in dieser ModelCastingshow „auch Österreicherinnen eine Chance auf einen Platz in der
S e i t e | 41
Castingshow bekommen.“ Des Weiteren findet sie Austria’s Next Topmodel
durch den österreichischen Akzent der Kandidatinnen und das Verhalten der
Moderatorin Lena Gercke natürlicher und somit auch realistischer als die
deutsche Version dieser Model-Castingshow.
„Ja, also die Lena Gercke macht nicht alles so übertrieben – von den
Emotionen her, vom Sagen und Tun und so. Da ist die Heidi Klum eher
mehr gespielt sag ich mal, also mehr gekünstelt. Weil Lena Gercke das
mehr natürlicher macht und ja, echter rüber bringt, sag ich mal.“
Michaela sucht sich in jeder Staffel von Austria’s Next Topmodel eine Favoritin
aus, mit der sie mitlebt. Dabei ist ihr weniger wichtig, dass diese Kandidatin
besonders hübsch ist, sondern dass diese an sich selbst glaubt. Michaela ist
sehr unsicher und hat wenig Selbstvertrauen. In ihrer Selbstbeschreibung hebt
sie dies sogar positiv hervor und meint, dass sie durch ihr geringes
Selbstvertrauen nicht arrogant wirke. Dennoch nimmt sie sich ein großes
Vorbild an ihren Lieblingskandidatinnen und wünscht sich ebenso stark zu sein
und zu lernen, mit harter Kritik umzugehen. Michaela würde gerne mehr Sport
betreiben, kann sich letztendlich aber nicht dazu aufraffen. In der
Selbstdisziplin
der
Kandidatinnen
findet
sie
so
einen
weiteren
Anknüpfungspunkt, um sich ein Vorbild zu nehmen. Attraktive Menschen
müssen für Michaela nicht zwangsläufig gertenschlank sein, dennoch gefallen
ihr die wohlgeformten Körper der Kandidatinnen. Michaela versucht ihr
Mauerblümchendasein in der Schule damit zu rechtfertigen, dass sie betont
kein Mensch könne perfekt sein und dass sie ihre persönlichen Schwächen
akzeptiere. Jedoch würde sie gerne auch so aussehen, so selbstbewusst und so
beliebt sein wie die Protagonistinnen von Austria’s Next Topmodel.
4.3
Auseinandersetzung mit den handelnden Personen
Unabhängig davon ob die befragten Jugendlichen Model-Castingshows
regelmäßig nutzen, ob sie sich mit den Kandidatinnen identifizieren oder eher
mit etwas Abstand zusehen, ob ihnen Diskussionen mit FreundInnen und
Familienmitgliedern wichtig sind oder wie stark ihr generelles Involvement ist,
setzen sich die Jungen und Mädchen sehr bewusst mit den Kandidatinnen, den
Jurymitgliedern sowie der Moderatorin auseinander und beurteilen deren
Verhalten und Authentizität.
S e i t e | 42
Starke Frauen: Faszination und Mitgefühl
Die befragten Jungendlichen beurteilen die Kandidatinnen großteils positiv. Vor
allem Mädchen, aber auch einige Jungen, suchen sich zu Beginn einer neuen
Staffel gerne eine oder mehrere Favoritinnen aus, um dann deren
Weiterkommen mitzuverfolgen. Vor allem Jungen finden Spaß daran, zu Beginn
einer neuen Staffel ähnlich wie bei Sportwetten auf eine Kandidatin zu setzen
und sich dann überraschen zu lassen, ob diese auch tatsächlich als Schönste und
Beste hervorgeht. Aber auch Mädchen diskutieren gerne ihre unterschiedlichen
Favoritinnen. Manche, wie etwa Lisa, zeigen eine große Faszination für die
Kandidatinnen sowie ein hohes Involvement. Sie erleben die Höhen und Tiefen,
die ihre Favoritin zu bewältigen hat, intensiv mit.
Lisa ist eine 16-jährige Gymnasiastin, die mit ihrer Mutter und ihrem drei Jahre
jüngeren Bruder in einer kleinen Wohnung in einem sozial schwierigen Stadtteil
lebt. Ihre ältere Schwester ist bereits von zu Hause ausgezogen. Lisas Mutter
hat Abitur und arbeitet als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei; zu ihrem Vater
hat das Mädchen keinen Kontakt mehr. Lisa leidet sehr unter diesen
Familienverhältnissen und wünscht sich nichts sehnlicher als eine perfekte und
glückliche Familie. Sie verbringt daher auch viel Zeit mit einer Freundin, die sehr
behütet aufwächst, um auch ein wenig von dieser Familienatmosphäre
mitzubekommen. Lisa versteht sich überhaupt nicht mit ihrer Mutter und
möchte auch so schnell wie möglich von zuhause ausziehen. Das Mädchen ist
zwischen zwei (Bildungs-)Kulturen hin und her gerissen: Zum einen schickt sie
ihre formal höher gebildete Mutter auf ein angesehenes Gymnasium. Lisa geht
zwar gerne zur Schule, weil sie sich gut mit ihren MitschülerInnen versteht,
möchte aber lieber eine Ausbildung zur Kindergärtnerin machen, da sie sich im
Gymnasium etwas überfordert fühlt. Zum anderen trifft Lisa in ihrer
unmittelbaren Wohnumgebung auf formal niedriger gebildete Jugendliche, mit
denen sie sich ebenso gut versteht. Sie verbringt viel Zeit in einem
Jugendzentrum, das stark von bildungsfernen, migrantischen Jugendlichen
frequentiert wird und in dem sie sich sehr wohl fühlt. Lisa gehört keiner festen
Clique an, hat jedoch einige sehr unterschiedliche Freundinnen, an die sie sich
jeweils entsprechend anpasst. So berichtet sie beispielsweise davon,
verschiedene Probleme auch mit verschiedenen Freundinnen zu besprechen
und dass sie auch ihr sonstiges Verhalten auf die unterschiedlichen
Freundinnen abstimmt.
S e i t e | 43
Germany’s Next Topmodel ist Lisas Lieblingssendung und einer ihrer
wöchentlichen Höhepunkte. Ihre Freundinnen sind wie sie selbst „Expertinnen“
für diese Model-Castingshow. Oft treffen sie sich, um sich eine Sendung
gemeinsam anzusehen und in den Schulpausen wird gerne „gefachsimpelt“.
„Es waren schon oft so Modestrecken dabei, wo ich mir gedacht habe:
„Oh mein Gott, ist das grässlich!“ Am nächsten Tag erzähle ich das dann
meinen Freundinnen und wir diskutieren darüber.“
Lisa informiert sich mittels Germany’s Next Topmodel über aktuelle
Modetrends und versucht entsprechende Anregungen auch in ihren
persönlichen Kleidungsstil zu integrieren. Besonders fühlt sie sich aber von den
Kandidatinnen angesprochen, mit denen sie auch intensiv mitlebt. Lisa
beeindruckt vor allem die Inszenierung der Kandidatinnen als „einfache
Mädchen“ wie sie, die durch Disziplin und harte Arbeit zu professionellen
Models werden. Sie bewundert den ihrer Meinung nach starken Willen dieser
jungen Frauen ebenso wie deren Figur, wohlgleich sie anmerkt, dass nicht alle
perfekt seien. Auf die Frage, was die Kandidatinnen auszeichne, betont sie, dass
Schönheit allein nicht ausreichen würde sondern dass die jungen Frauen
Durchhaltevermögen, Disziplin, viel Kraft und die Fähigkeit „an sich zu arbeiten“
mitbringen müssen. Sie ist davon überzeugt, dass man sich als Mädchen von
den Kandidatinnen viel für das eigene Leben abschauen kann.
„Also wenn man jetzt an eine bestimmte Kandidatin glaubt und wenn die
wirklich viel Durchhaltevermögen hat und wenn man selbst nicht so
ehrgeizig ist, dann kann man sich das schon irgendwie von der
abschauen.“
Lisa und ihre Freundinnen fühlen sich stark in die einzelnen Kandidatinnen ein
und fiebern nicht nur bei den wöchentlichen Juryentscheidungen mit, sondern
diskutieren auch regelmäßig die jeweiligen Herausforderungen, wie etwa den
Umgang mit harter Konkurrenz bei gleichzeitiger Kooperation, denen sich die
Kandidatinnen stellen müssen. Lisa sucht sich in jeder Staffel eine
Lieblingskandidatin aus, die ihrer Meinung nach am besten zu ihr passt und
zieht dabei Parallelen zu ihrem eigenen Leben. So beschreibt sie beispielsweise
ihr Idol der letzten Staffel von Germany’s Next Topmodel folgender Maßen:
„Die war halt einfach total sympathisch. Ich meine, mit der haben wir
uns schon irgendwie identifizieren können. Die war halt eben auch erst
16 und so naiv halt und total lieb und so. Und sie hat auch nicht immer
gewusst, wie sie es am besten machen soll. Jeder hat sich immer total in
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sie hinein gefühlt, wenn sie von der Heidi fertig gemacht worden ist. Wir
haben uns halt total identifiziert, weil sie halt auch in unserem Alter
war.“
Lisa ist selbst sehr unsicher, in einer Phase der Identitätsfindung und damit
konfrontiert, in der Schule ihre Leistung bringen zu müssen, was ihr nicht
immer leicht fällt. Sie muss sich Kritik seitens ihrer LehrerInnen gefallen lassen
und hat ebenso viele Konflikte mit ihrer Mutter. Lisa kostet es viel Energie, den
Anforderungen ihrer Umwelt gerecht zu werden und sich in unterschiedlichen
sozialen Kontexten entsprechend anzupassen. Sie weiß, wie es sich anfühlt, von
Erwachsenen „fertig gemacht“ zu werden und identifiziert sich so stark mit den
Kandidatinnen, wenn diese harte Kritik der Jury einstecken müssen. Sie nimmt
sich ein Vorbild daran, wie die jungen Frauen mit dieser Kritik umgehen, welche
Entbehrungen sie auf sich nehmen und wie sie hart daran arbeiten, um den
Vorstellungen der Jury gerecht zu werden.
Gemeinsam mit ihren Freundinnen versucht Lisa den Kandidatinnen
nachzueifern: Sie spielen einzelne Szenen wie etwa das Laufen am Laufsteg
nach und versuchen mittels gesunder Ernährung und regelmäßigem Sport
ebenfalls „an ihrem Körper zu arbeiten“. Allerdings hält sie das nie lange durch;
dies steigert aber ihre Bewunderung für die Kandidatinnen umso mehr.
Lisa: Wir haben halt mal wieder gemeinsam mit Freundinnen geschaut
und da haben wir uns gedacht, so jetzt machen wir wie die da auch jede
Woche gemeinsam Sport und so.
Interviewerin: Ihr habt das also richtig durchgezogen?
Lisa: Nein, nicht so richtig. Also wir haben es genau zwei Wochen
durchgehalten mit unserem Sport und unserem Diätplan.
Interviewerin: Was hattet ihr denn für einen Diätplan?
Lisa: Ja einfach gesündere Ernährung halt und nicht so viele Kalorien.
Interviewerin: Und wie war das so für euch?
Lisa: Na es hat schon richtig Spaß gemacht so zusammen, aber wir
haben es halt nicht geschafft.
Interviewerin: Und waren die Kandidatinnen für euch ein Vorbild?
Lisa: Ja deshalb haben wir es ja auch gemacht, denn das waren ja
eigentlich auch mal ganz normale Mädchen. Die kamen ja nicht von
einer Modelagentur sondern die wurden einfach so in ganz Deutschland
S e i t e | 45
gecastet. Und dann haben wir uns gedacht, jetzt nehmen wir auch ab.
Also wenn die das schaffen, dann schaffen wir das auch. Also die ganze
Show baut ja auf Schönheit und Glamour und so auf. Da haben wir uns
halt gedacht, das ist schon cool. Aber wir haben es halt nicht geschafft.
Also wir waren halt irgendwie nicht so stark wie die Mädchen in der
Show. Die sind halt schon richtig voll diszipliniert, die Mädchen.
In der Einschätzung Heidi Klums ist Lisa eher ambivalent. Einerseits schätzt sie
deren Erfahrungen als Model und findet sie teilweise auch sympathisch,
andererseits findet sie sie zu streng und zu hart im Umgang mit den
Kandidatinnen. Insgesamt urteilt die Jury in Lisas Augen oft zu streng. Dies passt
zu ihrem Bild, dass die Erwachsenenwelt generell zu streng und manchmal
unfair ist.
Hinsichtlich der formalen Bildung der befragten Jugendlichen lassen sich in der
Beurteilung der Kandidatinnen wenige Unterschiede feststellen. Zuweilen
scheinen formal höher gebildete Mädchen kritischer und reflektierter als formal
niedriger gebildete Mädchen; oft entpuppen sich ihre Äußerungen aber lediglich
als sozial erwünschte Antworten, da sie von ihren Eltern und LehrerInnen die
öffentliche Kritik bzw. die Kritik der Erwachsenen an Model-Castingshows
kennen. Auch scheint an Gymnasien häufiger über medienvermittelte
Schönheitsideale oder Essstörungen diskutiert zu werden als an anderen
Schulen. In den Gruppendiskussionen mit den formal höher gebildeten
Mädchen finden sich ab und an Verweise darauf. Dennoch zeigen viele der
befragten formal höher gebildeten genauso wie formal niedriger gebildeten
Mädchen eine große Faszination für die Kandidatinnen von Germany’s Next
Topmodel und oft wünschen sie sich, ähnliche Eigenschaften zu besitzen.
Umgekehrt finden sich aber auch formal niedriger gebildete Mädchen, welche
die Model-Castingshow mit etwas Abstand betrachten und kritisch hinterfragen.
Oft liegen aber, wie beispielsweise bei Afet, Kritik, Mitgefühl und Faszination
sehr eng beieinander.
Afet ist 15 Jahre alt, besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium und lebt
mit ihrer Mutter, einem älteren und einem jüngeren Bruder sowie einer
jüngeren Schwester in einer großen Wohnung in der Stadt; ihr Vater lebt nicht
mehr bei der Familie. Die Familie stammt ursprünglich aus der Türkei. Afet ist
aber bereits in Österreich geboren und die Familie ist sehr gut integriert. Das
Mädchen fühlt sich zu Hause sehr wohl, hat einen großen Freundeskreis und ist
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auch bei ihren MitschülerInnen äußerst beliebt. Afet ist sehr attraktiv und ist
sich dessen auch bewusst; jeden Morgen nimmt sie sich extra Zeit, um sich zu
schminken und ihre Haare, auf die sie sehr stolz ist, zu frisieren.
Afets Lieblingssendungen sind Germany’s Next Topmodel und Desperate
Housewifes. Sie hat generell eine große Vorliebe für Castingshows und sieht
sich neben deutschsprachigen Formaten auch die Musik-Castingshow X-Factor,
die Berufs-Castingshow Project Runway sowie America’s Next Topmodel und
Britain’s Next Topmodel an. Türkische Castingshows mag sie jedoch nicht, weil
diese in ihren Augen billig und den internationalen Shows nachgemacht sind.
Paris BFF, in der Paris Hilton eineN neueN besteN FreundIn sucht, lehnt sie
ebenfalls vehement ab, weil ihr diese Show „zu blöde“ ist. Großen Gefallen
findet sie allerdings an Popstars.
Ihre jüngere Schwester teilt Afets Begeisterung für Castingshows und so
ergeben sich zwischen den beiden Mädchen des Öfteren heiße Diskussionen zu
den
Geschehnissen
in
den
verschiedenen
Shows.
Mit
anderen
Familienmitgliedern spricht Afet allerdings kaum über ihre Medienerlebnisse. In
Afets Freundeskreis sind Castingshows und im Besonderen Germany’s Next
Topmodel ebenfalls ein häufiges Gesprächsthema.
Trotz der großen Begeisterung setzen sich Afet und ihre Freundinnen auch
differenziert
mit
(Model-)Castingshows
auseinander.
So
merkt
Afet
beispielsweise kritisch an, wie leicht die Inszenierung von Germany’s Next
Topmodel zu durchschauen sei, dass in jeder Staffel die gleichen Typen
vorkommen („die Heulsuse“, „die Tussi“ und „die Emanze“) und dass sich die
Ereignisse ständig wiederholen. Dennoch genießt Afet es, während der Show
mit den Kandidatinnen mitzuleben, und sucht sich zu Beginn jeder Staffel drei
bis vier Kandidatinnen aus, denen sie einen Sieg zutraut, um deren Entwicklung
in jedem Detail mitzuverfolgen. Bei der Auswahl der Kandidatinnen geht es Afet
allerdings nicht in erster Linie um Schönheit, sondern um Ehrgeiz und den
Willen, zu gewinnen. Diese Eigenschaften bewundert sie auch an den
Kandidatinnen.
Auch abseits ihres Fernsehkonsums setzt sich Afet kritisch mit Castingshows
auseinander und liest Bücher zu entsprechenden Fernsehangeboten, über den
Beruf des Models (beispielsweise Autobiographien) aber auch über Magersucht
und andere Essstörungen, die im öffentlichen Diskurs mit Model-Castingshows
in Verbindung gebracht werden. Afet interessiert dabei vor allem welche
Erfahrungen junge Mädchen im Modelgeschäft machen. Auch wenn Schönheit
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für Afet ein sehr wichtiges Thema ist, lehnt sie sich bei ihrer Definition von
Attraktivität wenig an das Vorbild der Kandidatinnen an. Sie findet es wichtig,
dass Kleidung, Accessoires, Make-up und Typ einer Frau ein harmonisches
Ganzes ergeben. Hübsche Frauen haben nach Afets Vorstellung lange Haare,
ein schönes Gesicht und sind gepflegt; sie müssen aber keineswegs extrem
schlank oder groß sein. Dabei beschreibt sie sich in erster Linie selbst: Sie ist mit
ihrem Aussehen sehr zufrieden und weiß, dass sie den Jungen gefällt, obwohl
sie relativ klein ist und nach ihrem empfinden etwas zu dicke Oberschenkel hat.
Der in ihren Augen in Model-Castingshows vermittelten „übertriebenen
Schlankheit“ steht sie recht kritisch gegenüber und beschreibt als
abschreckendes Beispiel Lena Gercke, der sie einmal in einem Einkaufszentrum
begegnet ist.
„Da hab ich mir gedacht ‚wow ist die dünn! […] Die war wirklich dünn
diese Frau. Die hat ja wirklich einen großen Kopf gehabt dafür, dass sie
so dünne Beine gehabt hat. Das war wirklich schlimm.“
Aber nicht nur Mädchen sondern auch Jungen – wie beispielsweise im zuvor
beschriebenen Fall Danijel deutlich erkennbar – zeigen eine große Bewunderung
für die Kandidatinnen. Besonders imponieren den männlichen Jugendlichen
dabei das Durchhaltevermögen und das konsequente Training der jungen
Frauen. Die direkte Identifikation mit den Kandidatinnen ist weniger stark
ausgeprägt als bei den weiblichen Jugendlichen. Dies liegt aber eher daran, dass
es Jungen möglicher Weise schwerer fällt, sich mit einer weiblichen
Protagonistin zu identifizieren. Dennoch zeigen auch viele der befragten Jungen
ein hohes Involvement. Auffällig ist, dass sich Mädchen eher als Jungen kritisch
mit dem Format Model-Castingshow auseinandersetzen. Jungen sind entweder
fasziniert oder lästern darüber.
Alle befragten Jungen und Mädchen sind sich einig, dass die Kandidatinnen die
Erwartungen der Jury erfüllen müssen und nicht dagegen aufbegehren dürfen,
um erfolgreich zu sein. Ein perfektes Model zeichnet sich der allgemeinen
Meinung der Jugendlichen nach durch perfekte Körpermaße aber auch durch
kollegiales Verhalten gegenüber Mitbewerberinnen aus.
Valentina: Es ist ja so, die achten ja auf die Persönlichkeit und es muss das
Gesamtpaket stimmen. Weil eigentlich hätte es ja genauso die Tessa sein
können, aber sie haben halt dann gesehen, dass sie nicht wirklich
S e i t e | 48
weiterkommt. Weil durch ihre Art und so wird sie keine Jobs kriegen. Es ist
nämlich wirklich auch so, dass sie auf die Persönlichkeit schauen und nicht
nur aufs Aussehen.
Danija: Ja, Persönlichkeit muss auch dabei sein.
Annalena: Also ich glaub nicht, dass die immer nur auf Persönlichkeit
schauen. Weil wenn wirklich eine dabei ist, die voll fesch ist und so, dann
nehmen sie die.
Valentina: Ja eh, sag ich ja nicht. Aber z.B. du musst auch mit dem Kunden
umgehen können.
Annalena: Ja eh.
Valentina: Ja, ich nehm jetzt immer die Tessa als Beispiel. Aber das ist das
beste Beispiel dafür. Ich meine, sie zeigt ja einfach der Jury den
Mittelfinger, weil ihr das nicht gepasst hat, was sie zu ihr gesagt haben,
die Kritik also. Ich meine, wenn sie das bei einem Kunden macht, dann
kommt sie wirklich nicht weit.
(formal höher gebildete Mädchen, Stadt)
Besonders positiv werden die Selbstdisziplin und das Selbstbewusstsein der
Kandidatinnen hervorgehoben. Vor allem Jugendliche aus der ländlichen Region
zeigen große Bewunderung für den in ihren Augen großen Mut, sich öffentlich
zu präsentieren, sowie für die Zielstrebigkeit der jungen Frauen.
„Die müssen einen Mut haben, damit sie da überhaupt hingehen! Und in
der Unterwäsche dastehen vor ganz Österreich kann auch nicht jede
Frau.“ (Max, 18, formal niedriger gebildet, Land)
Die befragten formal höher gebildeten Mädchen zeigen sich besonders
beeindruckt, dass die Gewinnerin der letzten Staffel von Germany’s Next
Topmodel eine Studentin ist. Sie interpretieren dies als Zeichen, dass der Traum
von einer Model-Karriere nicht im Widerspruch zu Abitur, Studium sowie zur
Intelligenz und Emanzipation einer Frau steht.
Die Jury: Hat Heidi immer Recht?
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Auf Fragen zur Beurteilung der Jurymitglieder ziehen die befragten Jugendlichen
häufig Parallelen zwischen Deutschland sucht den Superstar und Germany’s
Next Topmodel. Während die Figur Dieter Bohlen aber sehr ambivalent
diskutiert wird (Jungen sind von seiner „Direktheit“ begeistert und Mädchen
kritisieren seine verletzenden Aussagen), werden die Figur Heidi Klum wie auch
die anderen Jurymitglieder von Germany’s Next Topmodelgroßteils positiv
bewertet. Zuweilen wird aber auch Klums scharfe Kritik diskutiert, da ihr von
den Jugendlichen jedoch eine hohe fachliche Kompetenz beigemessen wird,
wird diese Kritik meistens als gerechtfertigt empfunden.
Interviewerin: Und wie ist das mit der Heidi?
Selina: Sie ist perfekt.
Interviewerin: Jetzt schreiben aber alle Zeitschriften, sie sei zu hart zu den
Mädels.
Selina: Sie muss ja so sein.
Hülya: Aber ich finde, manchmal kritisiert sie fast zu viel. Manchmal
kritisiert sie alles, was sie nur irgendwie kritisieren kann, damit sie nur
irgendeine Kritik abgibt.
Selina: Passt eh. Ja, aber das passt so, sie muss so sein.
Hülya: Ja, Du hast Recht. Die muss so sein, das ist ihr Job. Damit die
Mädchen das richtig kapieren.
Selina: Sie muss kritisieren, damit sie sich verändern können. Das ist ihr
Job, die muss das besser wissen und kennen und so.
Interviewerin: Findet ihr, dass sie manchmal zu hart ist, oder ist das genau
richtig so wie sie es macht?
Selina: Also ich finde, sie ist nicht zu hart. Ich finde es perfekt von ihr.
Tom: Aber sie hat auch schon mehr Erfahrungen wie die anderen.
Interviewerin: Warum?
Tom: Die kennt sich eben aus in der Welt.
Selina: Ja, sie gibt Kritik, mit der man irgendwie arbeiten kann und wo
man sich sicher verbessern kann und nicht etwa irgendwas kritisieren.
S e i t e | 50
(formal niedriger gebildete Jugendliche, Stadt)
Die männlichen Jurymitgliederwerden von den Mädchen zum Teil regelrecht
angehimmelt; vor allem Peyman Amin gilt als Traummann. Heidi Klum fasziniert
durch ihre eiserne Disziplin, besonders wenn es um ihre Figur geht. Dennoch
thematisieren vor allem formal höher gebildete Mädchen Brüche und
Inkonsequenzen:
Annalena: Die Heidi Klum sagt immer, dass sie [die Kandidatinnen]
ausgewogen essen sollen und dann sagt sie immer, dass die Models an
sich arbeiten sollen.
Danija: Aber sie macht auch Werbung für McDonald’s. Aber Hauptsache,
sie hat ihr viertes Kind bekommen und ist immer noch so dünn.
Annalena: Das fasziniert mich trotzdem irgendwie.
Danija: Das ist so, wenn man nach der Schwangerschaft voll zum Sporteln
anfängt. Jeden Tag so 2 bis 4 Stunden. Aber ich mache keinen Sport.
Trotz aller Kritik hat Heidi Klum unter den Jugendlichen aber ein durchweg
gutesAnsehen und strenge Regeln sowie harte Kritik, werden als fixer
Bestandteil der Castingshow akzeptiert. Auch jene Jungen und Mädchen, die
sich emotional nicht so sehr von Germany’s Next Topmodel und der Figur Heidi
Klum mitreißen lassen, beurteilen die Moderatorin sehr positiv.
Ein Beispiel dafür ist Hawa. Sie ist 16 Jahre alt, sehr ruhig und wirkt eher
unscheinbar. Sie kommt aus einer bildungsfernen Familie mit türkischem
Migrationshintergrund, hat eine 21-jährige Schwester, die bereits von zu Hause
ausgezogen ist, sowie einen 20-jährigen und einen 12-jährigen Bruder. Mit ihrer
Familie wohnt sie in einer kleinen Wohnung in einem sozial schwierigen
Stadtteil. Sie fühlt sich grundsätzlich zu Hause wohl, stört sich allerdings
zuweilen daran, dass sie ihr Zimmer mit ihrem jüngeren Bruder teilen muss.
Hawa macht eine Lehre als Kellnerin und muss oft sehr lange arbeiten. Ihre
wenige freie Zeit verbringt sie gemeinsam mit FreundInnen im nahegelegenen
Jugendzentrum.
Die Familie besitzt ein Fernsehgerät, das im Wohnzimmer steht. Zumeist laufen
dort türkische Programme, die Hawa nicht interessieren. Ihre Lieblingssender
sind Sat 1 und Pro 7. Sie gibt zwar an, keine Lieblingssendung zu haben,
S e i t e | 51
dennoch sieht sie sich regelmäßig Germany’s Next Topmodel an und ihr ist es
auch wichtig, stets über den aktuellen Verlauf dieser Castingshow informiert zu
sein. Mit ihren Freundinnen unterhält sie sich oft über das Verhalten der
Kandidatinnen und die Entscheidungen der Jury.
Hawa hat in der Regel keine Favoritin sondern findet alle Kandidatinnen
gleichermaßen toll. Sie genießt es einfach, die Erfahrungen dieser jungen
Frauen mitzuverfolgen, ohne sich jedoch übermäßig in diese einzufühlen. Sie
betrachtet die Handlung in Germany’s Next Topmodel eher als distanzierte
Beobachterin und setzt keine Bezüge zu ihrer persönlichen Lebenswelt. Ihr geht
es vor allem um den Spaß des Zusehens.
Hawa gefällt auch die Jury und die Art und Weise, wie die Kandidatinnen
beurteilt werden. Besonders mag sie Heidi Klum und begründet dies mit deren
großer Erfahrung als professionelles Model. Sie ist in Hawas Augen nahezu
unfehlbar und beeindruckt das Mädchen nicht nur mit ihrer fachlichen
Kompetenz sondern auch mit ihrem generellen Verhalten in der Show,
beispielsweise in ihrer Rolle als Moderatorin oder in ihrem Umgang mit den
anderen Jurymitgliedern sowie mit den Kandidatinnen. Hawa findet Klums
Kritik gerechtfertigt und wichtig, damit sich die Kandidatinnen weiterentwickeln
können. Die anderen Jurymitglieder sind für sie weniger von Bedeutung.
In der Gruppe der formal höher gebildeten Jugendlichen vom Land wurde am
Rande diskutiert, ob es tatsächlich fair sei, dass lediglich vier Jurymitglieder
darüber zu entscheiden hätten, ob eine junge Frau hübsch genug für den
Modelberuf ist. Im Zuge dessen wurde auch darüber nachgedacht, ob manche
Kandidatinnen bevorzugt werden, weil sie höhere Einschaltquoten bringen
würden. Diesen Exkurs führten die Jugendlichen jedoch nicht weiter.
Es zeigt sich aber deutlich, dass die befragten Jugendlichen Model-Castingshows
nicht
unreflektiert
rezipieren,
sondern
Unstimmigkeiten
aufmerksam
mitverfolgen und sich auch kritisch damit auseinandersetzen. In der Qualität der
Kritik sind keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der formalen Bildung
der Jugendlichen festzustellen. Allerdings sind es formal höher gebildete Jungen
und Mädchen gewohnt, Dinge zu reflektieren, bewusst kritisch über etwas
nachzudenken und darüber zu diskutieren, da sie dies aus ihrem Schulalltag
kennen. Bildungsferne Jugendliche sind in der Formulierung ihrer Kritik im
Vergleich dazu zum Teil weniger geübt, sie zeigen sich allerdings in der
Rezeption von Model-Castingshows keineswegs weniger reflektiert.
S e i t e | 52
S e i t e | 53
Kritik: Übertreibung und „alles nur gespielt?“
Eine häufig geäußerte Kritik der Jugendlichen an Germany’s Next Topmodel ist
die Übertreibung. Vor allem die Inszenierung emotionaler Szenen mit
weinenden Kandidatinnen oder theatralische Auseinandersetzungen zwischen
den Protagonistinnen, sind den Jungen und Mädchen zum Teil etwas zu dick
aufgetragen. Die Kandidatinnen verlieren dadurch an Authentizität.
„Ja, ich denk mir so, da ist das meiste gespielt. Weil sobald die Kameras
an sind, fängst Du zum Spielen an, sobald sie aus sind – zack – ändert sich
wieder alles. So denk ich mir das. Ich weiß nicht, ob’s wirklich so ist, aber
so denk ich mir das.“ (Martin, 15 Jahre, formal niedriger gebildet, Land)
Auch Inszenierungen und Stereotypisierungen der Kandidatinnen werden
durchschaut und genauso thematisiert, wie die aus der Perspektive der
Jugendlichen zuweilen undurchsichtigen Entscheidungen der Jury.
Karin: Dann gibt es wieder die eine, irgendwann verdreht sich dann alles
wieder und so weiter. Dann werden die Besten die Schlechtesten und die
Schüchterne gewinnt und die Beste wird schließlich Drittplazierte.
Elisabeth: Genau, es gibt immer eine Zicke, die andere ist voll die Liebe
und gewinnt dann und so. Also es wird jedes Mal so auf das hingespielt,
dass eine so ist und eine so, egal wie sie wirklich sind.
(Formal niedriger gebildete Mädchen, Land)
Auch die Leistungen, welche die Kandidatinnen in der Show erbringen müssen,
beeindrucken nicht mehr, wenn Übertreibungen zu offensichtlich werden.
„Ich finde es nicht arg, wenn die zehn Mal auf und ab laufen müssen mit
den Stöckelschuhen. Da lauf ich beim Fortgehen alleine schon fünf
Stunden mit Stöckelschuhen rum.“ (Kathrin, 18 Jahre, formal höhere
Bildung, Stadt)
Manche der befragten Jugendlichen kritisierten auch, dass die Kandidatinnen zu
sehr in der Öffentlichkeit stehen würden und kaum mehr ein Privatleben hätten.
Allerdings sind die Jungen und Mädchen, die dies ansprechen davon überzeugt,
dass es die freie Entscheidung der Kandidatinnen ist, wie sehr sie die
Öffentlichkeit an ihrem Leben teilhaben lassen.
S e i t e | 54
Denise ist eines der Mädchen, die Model-Castingshows besonders kritisch
gegenüber stehen. Sie ist 17 Jahre alt, besucht eine höhere Lehranstalt für
wirtschaftliche Berufe und wohnt gemeinsam mit ihren Eltern, einer 18jährigen Schwester und ihren Großeltern in einem Haus auf dem Land; ihr 26jähriger Bruder ist bereits von zu Hause ausgezogen. Sie fühlt sich sowohl zu
Hause als auch in der Schule sehr wohl und hat sechs enge Freundinnen, mit
denen sie viel Zeit verbringt.
Sie
hat
einen
eigenen
Fernseher,
nutzt
diesen
aber
selten
als
Hintergrundmedium sondern sieht sich bewusst einzelne Sendungen an. Ihre
Lieblingsserie ist Desperate Housewifes. In ihrer Familie spricht sie selten über
Fernsehinhalte, dafür umso häufiger mit ihren Freundinnen. Diese interessieren
sich vor allem für Germany’s Next Topmodel, daher ist es Denise wichtig,
ebenfalls gut darüber informiert zu sein. Es genügt ihr aber über das Internet
die wichtigsten Informationen zu erhalten und es macht ihr nichts aus, eine
Sendung zu verpassen, da sie sich nicht sonderlich damit identifizieren kann.
Dennoch sieht sie sich diese Model-Castingshow des Öfteren an. Sie steht
Germany’s Next Topmodel aber sehr kritisch gegenüber und ist davon
überzeugt, dass vieles inszeniert ist.
„Da wird viel gespielt. Weil ich denk‘ mir oft bei so Sachen, das kann man
nicht wirklich so erleben. […] Es ist zum Beispiel so, dass immer eine
abgestempelt wird wie sie ist, eine ist immer die, die immer nörgelt, die
andere ist die, die gewinnen wird, weil sie so super ist. Die werden halt
meiner Meinung nach nicht so dargestellt, wie sie wirklich sind. […] Man
weiß nie, wie die wirklich sind, weil wenn die Kamera weg ist, dann weiß
man nicht, wie sie sich dann verhalten.“
Denise vermutet auch, dass die Gewinnerinnen der Model-Castingshow bereits
vorab feststehen und alles wie in einem Drehbuch genau durchgeplant ist.
Trotzdem findet sie die Funktion der Jury und die Kritik an den Kandidatinnen
ein wichtiges Element der Show. Allerdings missfällt es ihr, wenn die
Protagonistinnen ihrer Meinung nach unnötig bloßgestellt werden. Für sie
persönlich können diese jungen Frauen auch keine Vorbildwirkung haben. Sie
räumt jedoch ein, dass andere Mädchen durch die Model-Castingshow
eventuell dazu motiviert werden könnten, mehr Sport zu treiben. Dies würde
sie gut finden, da sie selbst regelmäßig läuft, um fit zu bleiben.
S e i t e | 55
4.4
Schönheitsideale
Allen befragten Jugendlichen ist es wichtig, gut auszusehen. Mädchen wie
Jungen legen großen Wert auf passende Kleidung, gute Frisur und ein perfektes
Erscheinungsbild, mit dem sie beim anderen Geschlecht Eindruck erwecken
wollen. In der Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit nehmen sie unter
anderem auch Anleihen aus den Medien und so gleichen sich in den meisten
Fällen die gezeichneten Bilder einer attraktiven Frau oder eines attraktiven
Mannes. Männer sollen groß, schlank, sportlich und braungebrannt, Frauen
ebenfalls groß und schlank sein; bei Frauen werden oft auch lange Haare als
Attraktivitätsmerkmal genannt. Die Kandidatinnen von Germany’s und Austria’s
Next Topmodel entsprechen diesem Schönheitsideal. So sind auch die befragten
Jugendlichen großteils von den perfekten Körpern beeindruckt. Manche Jungen
merken jedoch an, dass ihnen zu schlanke Frauen nicht gefallen und dass sie es
nicht gut finden würden, wenn Mädchen den Kandidatinnen der ModelCastingshows in dieser Hinsicht zu sehr nacheifern würden.
So mag beispielsweise der 15-jährige Marcel zwar hübsche Mädchen, die aber
nicht zwangsläufig in das vorgegebene Schema der Model-Castingshows passen
müssen. Er besucht eine berufsbildende Schule und wohnt mit seinen Eltern
und einem jüngeren Bruder auf dem Land. Er hat einen großen Freundeskreis
aber auch seine Familie ist ihm sehr wichtig. Im Fernsehen sieht er gerne Action
Filme und hat eine Vorliebe für US-amerikanische Comedy-Serien wie Scrubs
und Malcolm Mittendrin. Hin und wieder sieht er sich auch Germany’s Next
Topmodel an; in seinem Freundeskreis wird eher selten über ModelCastingshows gesprochen.
Es ist ihm eher peinlich, über die Show zu sprechen und das Aussehen der
Kandidatinnen zu beurteilen. Er ist aber davon überzeugt, dass diese jungen
Frauen die hübschesten des Landes sind, denn sonst dürften sie seiner Meinung
nach nicht an Germany’s Next Topmodel teilnehmen. Auch wenn er angibt,
selten eine spezielle Favoritin zu haben, so ist er doch sehr gut über die
Kandidatinnen informiert und zeigt sich beispielsweise schockiert darüber, dass
diese seinen Informationen nach während der Show nur wenig Kontakt zu ihren
Familien haben dürfen. Er findet die Kandidatinnen sehr hübsch, dennoch ist
S e i t e | 56
für ihn eine attraktive Frau „eher Mittelmaß“; für ihn zählen vor allem moderne
Kleidung und ein gepflegtes, aber natürliches Äußeres.
„Also ein bisschen was zum Angreifen ist nicht schlecht. Aber ja, da gibt’s
eh so einen Spruch: Gute Männer wissen, dass Frauen Kurven brauchen
oder so. Also, wenn da so ein Salzstangerl da steht, das geht gar nicht. Es
Sollte schon ein bisserl was dran sein.“
Marcel legt auch großen Wert auf sein persönliches Erscheinungsbild und er ist
davon überzeugt, dass es berufliche Vorteile bringt, wenn man gut aussieht. Er
fühlt sich, bis auf seine unreine Haut, sehr wohl in seinem Körper und findet
sich selbst attraktiv. Aber auch, wenn er betont, dass Frauen nicht unbedingt
aussehen müssen wie Kandidatinnen einer Model-Castingshow, so zieht er in
seinem privaten Umfeld gut aussehende Menschen deutlich vor.
„Ich muss glaub ich schon zugeben, dass es so ist, dass ich gut
Aussehende mehr mag. Aber sonst schränke ich mich nicht so ein.“
Schönheit zählt wie für Marcel bei allen befragten Jugendlichen. Auch wenn
einige formal niedriger gebildete männliche Jugendliche aus der Stadt betonen,
dass ihnen der „Charakter“ einer Frau wichtig sei. Darunter verstehen diese
Jugendlichen, die allesamt aus muslimischen Familien stammen, allerdings nicht
das Wesen einer Frau sondern, dass junge Mädchen zwar hübsch sein, sich aber
nicht zu freizügig geben sollen.
Der 17-jährige Adem zieht beispielsweise aus diesem Grund die türkische
Castingshow Top Model Turkiye's den deutschen Angeboten vor. Seine Familie,
bestehend aus den Eltern und einer zehn Jahre jüngeren Schwester, stammt
ursprünglich aus der Türkei, lebt aber bereits lange Zeit in Österreich. Adem ist
auf der Suche nach einer Lehrstelle als Einzelhandelskaufmann. Er wächst in
einem sozial schwachen Stadtteil mit einem hohen Anteil an Migranten auf. Er
fühlt sich dort sehr wohl, hat viele, eher lose Freundschaften und versteht sich
auch gut mit seiner Familie.
Er nutzt das Fernsehen zumeist als Hintergrundmedium und bis auf seine
LieblingsserienAlle hassen Chris und Scrubs kaum zielgerichtet. Gerne sieht er
sich auch unterschiedliche deutsche und türkische Castingshows an. Großen
Gefallen findet er dabei an Deutschland sucht den Superstar, weil es ihm Spaß
macht,
wenn
die
KandidatInnen
(besonders
durch
Dieter
Bohlen)
heruntergemacht werden. Ansonsten bevorzugt er aber generell türkische
Castingshows. Die deutschsprachigen Model-Castingshows Germany’s und
S e i t e | 57
Austria’s Next Topmodel sieht er sich – in erster Linie der „schönen Körper der
Mädchen“ wegen – zwar ebenfalls hin und wieder an, ihm missfällt jedoch die
Art und Weise, wie sich die österreichischen und deutschen Kandidatinnen
präsentieren. Sie sind ihm im Vergleich zu den türkischen Frauen zu
selbstbewusst bzw. in seinen Worten „zu eingebildet und zu selbstverliebt“.
Schönheit bedeutet für Adem schlank zu sein und dem gängigen Ideal eines
durchtrainierten Mannes bzw. einer wohlproportionierten Frau zu entsprechen.
Die Kandidatinnen der Model-Castingshows müssen für ihn ein perfektes
Aussehen haben. Er ist davon überzeugt, dass die Kandidatinnen auf diese
Weise
„andere Mädchen positiv beeinflussen und die dann an sich arbeiten.“
Jedoch sollten sich junge Frauen seiner Meinung nach in ihrer Kleidung nicht zu
sehr an den Kandidatinnen der Model-Castingshows orientieren, da dies „ihren
Ruf schädigen“ und nicht zum „Charakter“ einer guten Frau passen würde.
Dabei spielt er wahrscheinlich auf die teilweise freizügige Kleidung der
Kandidatinnen an.
Er selbst ist mit seinem Körper sehr zufrieden und findet sich attraktiv. Es ist
ihm wichtig, gut gekleidet zu sein und regelmäßig im Fitnesscenter zu
trainieren, um seinen Körper in Form zu halten.
Vermutlich weil das Thema Schlankheitswahn in den öffentlichen Diskursen zu
Germany’s Next Topmodel mehrmals auftauchte, wurde es auch in allen
Gruppendiskussionen angesprochen. Den Jugendlichen war dabei ein stark auf
soziale
Erwünschtheit
bedachtes
Antwortverhalten
anzumerken.
Die
Kommentare der Jury, wenn sie eine Kandidatin nicht schlank genug fanden,
wurden daher auch entsprechend verurteilt. Dennoch entsprechen die
Kandidatinnen dem Schönheitsbild der meisten befragten Mädchen, die
großteils gerne eine ähnliche Figur hätten. Für manche Mädchen ist dies ein
unerreichbares Ideal und sie akzeptieren für sich, dass sie dies niemals erreichen
werden. Um dies vor sich selbst zu rechtfertigen, wird entweder damit
argumentiert, dass nicht alle Menschen perfekt sein können oder dass
Schönheit nicht alles ist und es auch auf die inneren Werte ankommt. Dies
ändert jedoch nichts an einer großen Bewunderung für die Kandidatinnen und
deren konsequenter Arbeit an ihrem Körper. Einige wenige der befragten
Mädchen fühlen sich durch Model-Castingshows dazu angespornt, ebenfalls
S e i t e | 58
Sport zu treiben, auf „gesunde“ bzw. in erster Linie kalorienarme Nahrung zu
achten, und den Kandidatinnen nachzueifern.
„Manchmal, wenn ich mir die Sendung so anschau, denk ich mir, die hat
so schöne Beine und gar keinen Bauch. Und ja, dann denk ich mir schon
manchmal, dann mach ich halt jetzt ein bisschen Diät. […] Aber das denk
ich nur ganz selten!“(Annalena, 15 Jahre, formal höher gebildet, Stadt)
Die meisten halten ihre Vorsätze allerdings nie länger als ein paar Tage durch.
Viele weibliche Befragte betonen allerdings, dass die Kandidatinnen in dieser
Hinsicht ein gutes Vorbild sein können, um andere junge Mädchen zu mehr
Sport und bewussterer Ernährung zu animieren.
Danija ist 15 Jahre alt, lebt gemeinsam mit ihren Eltern und einer 10-jährigen
Schwester in einer Wohnung in guter Lage am Stadtrand und besucht ein
Gymnasium. Ihre Familie kommt ursprünglich aus der Slowakei, ist aber sehr
gut integriert. Danija fühlt sich in ihrer Familie sehr wohl und hat ein besonders
gutes und freundschaftliches Verhältnis zu ihrer Mutter, die verhältnismäßig
jung ist und Danijas großes Interesse für Mode teilt. Danija hat viele Freunde,
die zum Teil etwas älter sind als sie. Sie hat einen strengen Tagesablauf, da sie
in einer Handball-Mannschaft spielt und dies neben der Schule sehr viel Zeit in
Anspruch nimmt. Das Fernsehen steht für sie für Entspannung in den Zeiten
zwischen Schule und Training.
„Vor dem Fernseher da ist einfach so eine Chill-Out-Zone. Das ist nämlich
so ein Ort, wo ich einfach so über gar nichts nachdenke und mich einfach
darauf konzentriere, was ich gerade schaue und so einfach relaxe.“
Germany’s Next Topmodel sieht Danija regelmäßig, zum Teil auch gemeinsam
mit ihrer Schwester und ihrer Mutter, die der Model-Castingshow allerdings
nicht viel abgewinnen kann. In Danijas Freundeskreis wird sehr viel über die
Kandidatinnen, die Ereignisse in der Show sowie davon ausgehend über die
neuesten Modetrends gesprochen. In jeder Staffel wählt Danija eine Favoritin
mit der sie bis zum Schluss mitlebt. Sie zeigt eine große Bewunderung für die
Disziplin und Körperbeherrschung der Kandidatinnen. Auch wenn Danija die
Kritik der Jury zum Teil sehr hart findet, ist dies in ihren Augen gerechtfertigt,
da sie den Jurymitgliedern eine hohe fachliche Kompetenz beimisst. Für sie ist
ganz klar, dass die schönste Kandidatin gewinnen muss, denn Schönheit sieht
sie als oberstes Prinzip der Show.
S e i t e | 59
Germany’s Next Topmodel ist für Danija zentrale Informationsquelle über die
neuesten Entwicklungen der Modebranche. Ihr ist es wichtig zu erfahren, wie
eine junge Frau aussehen muss, welche Kleidung und welche Accessoires sie
braucht, um voll im Trend zu sein. Deshalb ist sie auch sehr begeistert von den
Schmink- und Modetipps, die sie in dieser Castingshow bekommt.
Danija nimmt sich auch ein Vorbild an den schlanken Körpern der
Kandidatinnen und versucht diesen nachzueifern, allerdings spielt sie dies
herab, da ihr bewusst ist, dass ein derartiges Verhalten sozial unerwünscht ist.
„Ich bin zwar so eine, die das nicht wirklich sinnvoll findet. Aber wenn ich
jetzt so eins von den Mädchen sehe und dass die voll schlank und voll
hübsch ist und so, dann will ich auch so sein und dann halte ich zum
Beispiel ein paar Tage Diät. Aber dann schaffe ich es nicht mehr länger.
Aber eigentlich halte ich nichts davon.“
Sie betont einerseits, dass Schönheit alleine nicht alles und der Charakter eines
Menschen wesentlich wichtiger sei. Gleichzeitig räumt sie jedoch ein, dass es zu
Beginn eines neuen Schuljahres in einer fremden Schule wichtig sei, gut
auszusehen, um beliebt zu sein und schnell neue Freunde zu finden. Danija
verbringt deshalb auch jeden Morgen viel Zeit, um sich zu schminken und die
passende Kleidung auszuwählen. Sie möchte perfekt „im Trend liegen“, auch
wenn sie dafür betont, dass man sich nicht zu sehr an anderen orientieren und
einen eigenen Weg finden sollte. Für sie steht dies nicht im Widerspruch zu
ihrem eigenen Verhalten.
Dennoch rezipiert Danija Germany’s Next Topmodel nicht unkritisch. So macht
sie auch auf Brüche aufmerksam, beispielsweise, dass die Kandidatinnen beim
genüsslichen Essen und Naschen gezeigt werden obwohl diese ihrer Meinung
nach Kalorien zählen müssten, oder dass Heidi Klum Werbung für McDonalds
macht bzw. als vierfache Mutter unglaubwürdig wirkt. Dies kritisiert Danija
zwar heftig, aber für ihren persönlichen Mediengenuss ist ihr das egal. Sie sieht
sich Germany’s Next Topmodel als Entspannung und Unterhaltung nach einem
anstrengenden Tag an und will dabei gerade nicht reflektiert sein und „viel
denken“, da das in der Schule und im Training permanent von ihr gefordert
wird. Sie holt sich jene Dinge aus der Show, die sie am meisten ansprechen und
das ist in erster Linie das Thema Schönheit, dass sie auch in ihrem übrigen
Leben sehr beschäftigt.
Es ist aber – wie auch aus dem Fall Danija hervorgeht – nicht nur die gute Figur,
die für die Schönheit der Kandidatinnen steht, sondern auch deren Auftreten,
S e i t e | 60
deren Kleidung, deren Frisur und deren Make-up lösen große Bewunderung aus.
Manche Mädchen schauen bewusst Gemany’s Next Topmodel, um Schminktipps
und Ideen für ihre Frisur zu erhalten. Viele finden auch Gefallen an den
„wunderschönen Kleidern“, aber nur selten kaufen sich die befragten Mädchen
ein spezielles Kleidungsstück, weil sie in der Model-Castingshow ein ähnliches
gesehen haben. Für viele weibliche Jugendliche ist die Glamour-Welt der ModelCastingshow etwas besonderes, aber in der Realität nicht in deren Alltag
umsetzbar. Deshalb versuchen sie auch nicht, die daraus gewonnenen
Anregungen eins zu eins umzusetzen.
Viele der befragten Mädchen aber auch Jungen fühlen sich durch Germany’s
Next Topmodel darin bestätigt, dass es wichtig ist, auf das äußere
Erscheinungsbild zu achten und sind davon überzeugt, dass es schöne
Menschen sowohl privat als auch beruflich leichter haben.
So ist beispielsweise auch der 15-jährigeMartin sehr schönheitsbewusst. Er lebt
mit seinen Eltern in einem Haus am Stadtrand; sein älterer Bruder ist bereits
von zu Hause ausgezogen. Er hat derzeit sehr viel Streit mit seinen Eltern und
fühlt sich zu Hause genauso wenig wohl wie in der Schule. Er geht aufs
Gymnasium obwohl ihn diese Schule überhaupt nicht interessiert und er lieber
Einzelhandelskaufmann im Modebereich werden möchte. Offensichtlich hatte
er aber für die polytechnische Schule zu gute Noten und wurde daher von
seinen Eltern ins Gymnasium geschickt. Seine Lieblingsbeschäftigungen sind
Einkaufen oder im Café zu sitzen. Es ist ihm sehr wichtig, dem neuesten Schrei
zu folgen. Daher achtet er nicht nur penibel auf seine Kleidung sondern auch
auf wichtige „Accessoires“ wie beispielsweise ein topmodernes Handy mit allen
möglichen Zusatzfunktionen.
Martins Lieblingssender ist Pro 7, am liebsten sieht er Serien wie Scrubs, Mein
cooler Onkel Charly, Grey’s Anatomy und Desperate Housewifes. Letztere ist
seine Lieblingsserie, die er auch nie versäumt. Des Weiteren sieht er Germany’s
Next Topmodel, Deutschland sucht den Superstar und Popstars. Dabei macht es
ihm Spaß, die KandidatInnen zu beurteilen und seine Urteile mit den Aussagen
der Jury zu vergleichen. Er lästert auch gerne über KandidatInnen, die nicht
singen können.
Martin ist davon überzeugt, dass im Fernsehen grundsätzlich vieles gespielt ist
und glaubt daher, dass auch bei Germany’s Next Topmodel der Großteil reine
Show ist und die Kandidatinnen nicht so gezeigt werden, wie sie wirklich sind.
S e i t e | 61
Da er sich aber sehr für Mode interessiert und auch gerne einmal in der
Modebranche arbeiten würde, verfolgt er diese Model-Castingshow sehr
aufmerksam. Und trotz seiner Kritik an der Authentizität der Kandidatinnen, ist
er davon überzeugt, dass die Jurymitglieder „immer die Wahrheit sagen“ und
begründet dies mit deren fachlicher Kompetenz und Erfahrung im
Modegeschäft.
Er findet es nicht gut, wenn Mädchen den Vorbildern der Model-Castingshow
nacheifern oder deprimiert sind, wenn sie nicht genauso schlank wie die
Kandidatinnen sind, und betont, dass es besser sei, seine persönlichen Stärken
hervorzukehren und einen eigenen Stil zu finden. Dennoch beschreibt er eine
attraktive Frau klassisch als groß, schlank und mit langen blonden Haaren und
das männliche Pendant als groß, muskulös und braungebrannt. Er selbst
versucht diesem Idealbild zu entsprechen und schreckt auch nicht davor zurück,
sich wenn er älter ist seine Nase operieren zu lassen, die ihm zu buckelig und
ein Dorn im Auge ist.
Mit Germany’s Next Topmodel und vor allem durch die Äußerungen der Jury
fühlt er sich in seiner intensiven Beschäftigung mit dem Thema Mode und
Schönheit bestätigt und in seinem Streben nach einem perfekten
Erscheinungsbild legitimiert. Martin fühlt sich von anderen in seinem Aussehen
bewundert und genießt dies sehr. Er ist davon überzeugt, dass es schöne
Menschen im Leben leichter, „mehr Freundinnen und auch viel bessere
Beziehungen“ hätten.
Taifun setzt sich ebenfalls intensiv mit seinem Aussehen auseinander. Er ist 17
Jahre alt und lebt mit seiner Mutter, zwei älteren Brüdern, einem jüngeren
Bruder und den Großeltern in einer kleinen Wohnung in einem sozial
schwierigen Stadtteil; der Vater ist verstorben. Taifuns Familie stammt
ursprünglich aus Serbien, daher ist es dem Jungen wichtig, mittels
unterschiedlicher Medien über sein Herkunftsland informiert zu bleiben. Er
besuchte zwei Jahre lang das Gymnasium, musste dann aber in die Hauptschule
wechseln und ist seit seinem Schulabschluss arbeitslos. Dennoch ist er sehr
ehrgeizig, möchte das Abendabitur machen und träumt davon, später einmal
Rechtswissenschaften zu studieren. Er hat sechs sehr enge Freunde, mit denen
er viel Zeit verbringt und über alles reden kann.
Taifun liest sehr viel und genießt es dabei zu entspannen. Er betont, dass er das
Lesen dem Fernsehen oder dem Kino vorziehe, da er sich auf diese Weise
S e i t e | 62
besser in die einzelnen Figuren hineinversetzen könne. Er sieht aber dennoch
viel fern und findet besonderen Gefallen an US-amerikanischen Comedyserien
wie Scrubs, How I met your Mother und Two and a Half Man. Taifun interessiert
sich auch für verschiedene Castingshows wie etwa Deutschland sucht den
Superstar, Popstars und Starmania, Austria’s Next Topmodel, Das Supertalent
bis hin zu Bauer sucht Frau; besonders angetan ist er jedoch von Germany’s
Next Topmodel. Auch seine Brüder, seine Mutter und seine Großeltern mögen
diese Model-Castingshow und so wird sie zum wöchentlichen Fixtermin für die
ganze Familie. Taifun schätzt die gemeinsame Rezeption als besonderes
Familienerlebnis.
Zu Beginn jeder Staffel wählt er seine Lieblingskandidatin, die er dann auch
heftig gegenüber jedweder Kritik verteidigt. Um erfolgreich zu sein, müssen die
Kandidatinnen seiner Meinung nach nicht nur schön aussehen sondern auch in
ihrem Stil und gesamten Verhalten perfekt sein und in die Rolle des
professionellen Models passen, denn „sie wollen ja keine normalen Models
sondern Topmodels werden.“ Taifun spricht sowohl mit seinen Brüdern als
auch mit seinen Freunden viel über Germany’s Next Topmodel und er zeigt eine
große Bewunderung für die Kandidatinnen.
Er lebt stark mit den jungen Frauen mit und erzählt in der Gruppendiskussion
davon, schon des Öfteren Szenen aus der Show, wie etwa das Laufen auf dem
Laufsteg, nachgespielt zu haben. Von den überraschenden Reaktionen der
anderen Diskussionsteilnehmer lässt er sich allerdings nicht beeindrucken und
steht zu seiner Vorliebe für Model-Castingshows.
Interviewerin: Und wie ist das bei den Mädchen, habt ihr auch schon
einmal irgendwelche Szenen aus dem Fernsehen nachgespielt? Z.B. aus
Germany’s Next Topmodel oder so?
Taifun: Ich schon.
Interviewerin: Was hast Du da nachgemacht?
Taifun: Laufsteg. Ich mache es so nach, wie sie es im Fernsehen machen.
Mirella: Also so richtig?
Taifun: Jo Oida! Mann eh!
(Formal niedriger gebildete Jugendliche, Stadt)
Aussehen, Mode und Körperlichkeit sind für Taifun ein großes Thema. Er macht
optisch einen eher extrovertierten Eindruck, hat einen auffälligen Haarschnitt
S e i t e | 63
und schminkt sich ähnlich wie Bill Kaulitz, der Frontsänger der Gruppe Tokio
Hotel. Auch seine Kleidung ist eher extravagant und er wirkt sehr androgyn. Es
stört ihn aber, dass er eher klein und schmächtig ist und setzt alles daran, um
breitere Schultern zu bekommen, um auf diese Weise männlicher zu wirken. Er
treibt viel Sport, versucht viel zu essen, ist aber letztendlich sehr frustriert, da
er bislang noch keine sichtbaren Erfolge damit erzielen konnte. Im
Einzelinterview spricht er lange davon, dass er sich in seinem Körper nicht wohl
fühlt. Besonders stört ihn eine große Narbe am Bauch, die seiner Meinung nach
seine innere Befindlichkeit und Unzufriedenheit widerspiegelt. Sein großes
Vorbild ist Johnny Depp, dessen maskuline Erscheinung ihn sehr beeindruckt,
seine Traumfrau ist die US-amerikanische R&B-Sängerin Keri Hilson, die
zuweilen eher androgyn wirkt.
Taifun scheint in einer Phase, in der er sich in seiner sexuellen Orientierung
unsicher ist: zum einen betont er durch Kleidung und Make-up seine androgyne
Erscheinung, zum anderen möchte er aber um alles in der Welt männlicher
wirken. Da er aus einer sehr traditionellen Familie kommt und im
Jugendzentrum viel Zeit gemeinsam mit muslimischen Jungen, die ebenfalls aus
eher traditionell denkenden Familien stammen, verbringt, fällt es ihm umso
schwerer, seine homosexuelle Neigung zu akzeptieren. Sich als großer Fan von
Germany’s Next Topmodel zu äußern, dient ihm als Alibi, um nicht nur intensiv
mit den Kandidatinnen mitzuleben sondern sich auch mit jenen Aspekten von
Schönheit und Körperlichkeit auseinanderzusetzen, die ihn gerade sehr
interessieren. Es macht ihm Spaß, sich mit Styling, Make-Up und schönen
Kleidern zu beschäftigen, tarnt dies aber als „Fachsimpeln unter Fans“. Genauso
gerne spielt er Elemente der Show nach; er traut sich auch vor seinen Freunden
dazu zu stehen, solange er auch dies als „etwas übertriebenes Fanverhalten“
argumentieren und rechtfertigen kann.
4.5
Alltagbezüge
Informelles Lernen für das Leben
In ihrer Aneignung von Model-Castingshows stellen die befragten Jugendlichen
auch Bezüge zu ihrem Alltag her. Manche Jungen und Mädchen sprechen direkt
davon, sich aus Model-Castingshows Anregungen für den Umgang mit den
Herausforderungen ihres Alltags mitzunehmen, andere sind davon überzeugt,
S e i t e | 64
dass
„andere
Jugendliche“
etwas
lernen
würden,
aber
viele
der
Heranwachsenden lernen auch unbewusst dadurch, dass sie sich in bestimmten
Werten bestätigt oder diese in Frage gestellt fühlen.
Besonders formal niedriger gebildete Jugendliche sind davon überzeugt, dass
man aus Model-Castingshows vieles für „das richtige Leben lernen“ kann. In
dieser Hinsicht wird vor allem die Funktion der Jury, als Institution, die den
richtigen Weg weist, hervorgehoben. Sie finden aber nicht nur für sich selbst
Hinweise „wo es lang geht“ sondern glauben auch, dass die Teilnahme an einer
(Model-)Castingshow das Selbstbewusstsein stärkt und KandidatInnen viel für
sich selbst dazulernen können.
„Die Leute lernen ja daraus. Wenn sie rausfliegen, dann wissen sie auch
was sie falsch gemacht haben und was sie im Leben dann besser machen
können.“ (Ucaer, 15, formal niedriger gebildet, Stadt)
In den Gesprächen über Model-Castingshows stellen die Jugendlichen
besonders dann Bezüge zu ihrem Alltag her, wenn es um Disziplin,
Durchhaltevermögen und den Umgang mit harter Kritik geht. Auch aus ihrem
Schulalltag sind es die Heranwachsenden gewohnt, Leistung erbringen zu
müssen und Kritik zu ernten, falls diese nicht den Anforderungen der Eltern und
LehrerInnen genügt. Auch dort gilt es durch Lernen bzw. „harte Arbeit“ und
Disziplin einen erfolgreichen Abschluss der Schule zu erlangen. Aber auch
außerhalb der Schule wird (Selbst-)Disziplin und Durchhaltevermögen goutiert;
so gehört es mittlerweile auch zum guten Ton, durch regelmäßigen Sport und
ausgewogene Ernährung gesund, fit und schlank zu sein. Sowohl Mädchen als
auch Jungen sind bestrebt, diesem Menschenbild zu entsprechen. Aber vor
allem den Mädchen fällt es schwer, sich auch tatsächlich zu regelmäßiger
sportlicher Betätigung aufzuraffen; die Disziplin der KandidatInnen dient ihnen
dabei aber oft als großes Vorbild.
Ein besonderes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die 15-jährige Hülya. Sie
kommt aus einer bildungsfernen Familie mit türkischem Migrationshintergrund,
besucht
derzeit
die
Hauptschule
und
strebt
eine
Lehre
als
Einzelhandelskauffrau an. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren drei
Schwestern wohnt sie in einer kleinen Wohnung in einem sozial schwierigen
Stadtteil. Hülya hat zu Hause keine Rückzugsmöglichkeit und teilt sich mit ihrer
Mutter ein Zimmer. Sie ist für ihr Alter etwas frühreif und hat deshalb auch
S e i t e | 65
große Probleme mit ihrer Mutter, der es – so hat es nach Hülyas Schilderungen
den Anschein – am liebsten wäre, das Mädchen würde die Wohnung gar nicht
verlassen. So besucht sie beispielsweise heimlich das Jugendzentrum und
schleicht sich davon, um sich im Park mit Freundinnen zu treffen. Grundsätzlich
fühlt sich Hülya aber zu Hause wohl. Allerdings erhält die Familie regelmäßig
Besuch von Verwandten aus der Türkei, was für das Mädchen offenbar eine
besondere Belastung ist, da dann von ihr erwartet wird, sich sehr traditionellen
Vorstellungen, wie sich eine junge Frau zu verhalten hat, anzupassen. Hülya
lebt jedoch das Leben einer modernen weiblichen Jugendlichen und auch aus
dem Kreis ihrer Freundinnen, die zum Teil ebenfalls aus migrantischen Familien
stammen, ist sie derart traditionelle muslimische Ansichten nicht gewohnt.
Hülya versteht sich nicht sonderlich gut mit ihren MitschülerInnen, dafür hat sie
drei sehr enge Freundinnen, die sie regelmäßig trifft und mit denen sie auch
über alles reden kann. Sie hat ebenso einen festen Freund, mit dem sie aber
nicht über Probleme sprechen würde.
Germany’s Next Topmodel ist ein wöchentlicher Fixpunkt in Hülyas Alltag. Sie
sieht diese Model-Castingshow zumeist gemeinsam mit ihren Schwestern.
Jedes Mädchen wählt dabei eine Lieblingskandidatin mit der sie mitfiebert; zum
Teil schließen die Geschwister auch Wetten auf die einzelnen KandidatInnen
ab. Aber auch in Hülyas Freundeskreis hat die Model-Castingshow einen hohen
Stellenwert und dient häufig als Gesprächsthema und Anknüpfungspunkt für
eine weitere Unterhaltung über Mode, Make-up und Schönheitsideale.
Manchmal übernachtet Hülya auch bei einer Freundin, um die gemeinsame
Lieblingsshow gemeinsam zu rezipieren. Auch die Werbepausen werden dazu
genutzt, um sich per Anruf oder SMS auszutauschen.
„In der Werbung oder so ruf ich dann meine Freundin an und sag „boah,
das war jetzt voll geil“ und so. Und wenn die Werbung wieder vorbei ist,
dann legen wir gleich wieder auf. […] Während der Sendung schreibe ich
aber keine SMS oder so, da steigere ich mich richtig rein. Weil wenn ich
zwischendurch SMS schreibe, dann bekomme ich das alles nicht mit, was
sie reden.“
Hülya ist jede Informationsquelle recht, um noch mehr über Germany’s Next
Topmodel zu erfahren, und so nutzt sie als eine der wenigen Befragten auch die
offizielle Website der Model-Castingshow und recherchiert über Google oder in
Frauenzeitschriften penibel nach weiteren Details zur Show und zu den
Kandidatinnen.
S e i t e | 66
Ihre Begeisterung für Germany’s Next Topmodel, ihr Involvement und ihre
Identifikation mit den Kandidatinnen gehen weit über das der anderen
befragten Mädchen hinaus. Ihre Lieblingskandidatin wird im Sinne einer parasozialen Interaktion zu ihrer besten Freundin, mit der sie gemeinsam die
Herausforderungen und Widrigkeiten ihres Alltags durchsteht.
Hülya hat zurzeit große Probleme, sich in ihrem Leben zureicht zu finden: Zum
einen ist sie mit der sehr strengen, an traditionell muslimischen Werten
orientierten Erziehung ihrer Mutter überfordert. Zum anderen fühlt sie sich in
ihrem Körper überhaupt nicht wohl, da sie etwas kräftiger ist und somit nicht
den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Besonders hart wurde sie in diesem
wunden Punkt getroffen, als sie vor kurzem von ihrem Hausarzt sehr unsensibel
auf ihr Gewicht angesprochen und ihr eine Gewichtsreduktion empfohlen
wurde. Das Mädchen hat sich nun fest vorgenommen, abzunehmen und in
diesem Sinne wie die Kandidatinnen der Model-Castingshow „an sich zu
arbeiten“. Gemeinsam mit ihrer Lieblingskandidatin, die ihr ein großes Vorbild
ist, möchte sie es schaffen.
Wie sich ihre Lieblingskandidatin an die Vorgaben der Jury anpassen und deren
Kritik ertragen muss, ist auch Hülya damit konfrontiert, sich an die Vorgaben
anzupassen, die ihre Umwelt an sie stellt. Das Mädchen versetzt sich intensiv in
die Rolle der Kandidatin und erlebt jede Herausforderung, der sich diese im
Rahmen der Show stellen muss, emotional mit.
„Da werde ich auch voll nervös, ob die jetzt was Positives oder was
Negatives sagen. […] Ja, Mitleid hab ich mit ihr und mit den anderen und
mir würd’s da auch voll schlimm gehen. Ich würd auch total anfangen zu
heulen, das ist schon irgendwie voll der Druck.“
An Heidi Klum bewundert Hülya vor allem „mütterliche Qualitäten“, das heißt
die Art und Weise wie diese in ihren Augen, den jungen Frauen auf deren Weg
zu einem perfekten Model beisteht. Das Mädchen betont dabei mehrmals, dass
diese, auch wenn sie die Kandidatinnen zum Teil stark kritisiert, „eigentlich voll
die Liebe“ und verständnisvoll sei, da sie ja auch eigene Kinder habe. Diese
Lesart wird wahrscheinlich auch dadurch unterstützt, dass Hülya kein gutes
Verhältnis zu ihrer Mutter hat und sich von dieser in ihren Problemen und vor
allem auch in ihrem Wunsch abzunehmen nicht verstanden und unterstützt
fühlt.
Aus den Gruppendiskussionen geht hervor, dass sich auch die anderen
befragten Jugendlichen durch Model-Castingshows darin bestätigt fühlen, dass
S e i t e | 67
weniger Individualität sondern eine perfekte Anpassung an die Vorgaben der
Jury bzw. im übertragenen Sinne an die Vorgaben der Gesellschaft zählt. Sie
finden es auch großteils legitim, heftig dafür kritisiert zu werden, wenn man
diesen Anforderungen nicht entspricht.
Die
formal
niedriger
gebildeten
Jungen
beeindruckt
vor
allem der
Konkurrenzkampf zwischen den Kandidatinnen, denn in ihrer Wahrnehmung
geht es auch im realen Leben letztendlich darum, der Beste bzw. die Beste zu
sein. Aber auch die anderen befragten Jugendlichen sehen es als einen
zentralen Bestandteil ihres zukünftigen (Berufs-)Lebens sich zu beweisen und in
der ständigen Konkurrenz mit anderen erfolgreich zu sein.
So sieht es beispielsweise auch die 16-jährigeMaria, die mit ihrer Mutter im
Zentrum eines mittelgroßen Ortes auf dem Land wohnt; ihre ältere Schwester
ist bereits von zu Hause ausgezogen. Maria besucht eine berufsbildende Schule.
Sie fühlt sich in ihrer Nachbarschaft nicht sonderlich wohl und verbringt viel Zeit
mit Freunden, die etwas außerhalb wohnen. Mit ihrer Mutter versteht sie sich
zurzeit nicht sonderlich gut. Maria hat als Kind Erfahrungen als Fotomodell
gemacht und kennt daher die Situation des Castings und der professionellen
Fotographie aus eigener Erfahrung. Sie musste damit aufhören, weil sie bei
einer nach ihren Angaben unseriösen Agentur gelandet war und bedauert dies
sehr. Gerne würde sie wieder als Model arbeiten, auch wenn sie mit ihrer Figur
nicht sonderlich zufrieden ist und sich zu klein und zu dick findet.
Maria sieht regelmäßig Germany’s Next Topmodel, da sie diese ModelCastingshow gerne mit den Erfahrungen aus ihrer Kindheit vergleicht. Mit ihren
Freundinnen spricht sie gelegentlich über die Kandidatinnen der Show. Sie ist
beeindruckt von den Fotoaufnahmen und beneidet die Kandidatinnen um
deren Reisen. Sie ist davon überzeugt, dass es im Modelgeschäft viele
Möglichkeiten gibt, um gut zu verdienen, glaubt allerdings nicht, dass alle
Kandidatinnen auch tatsächlich die nötigen Voraussetzungen dafür mitbringen.
„Man sieht jetzt zum Beispiel ein paar von den Gewinnerinnen
überhaupt gar nicht mehr. Und ein paar, so wie zum Beispiel die Erste,
die in der ersten Staffel gewonnen hat, die sieht man halt jetzt öfters.
Aber die müssen sich halt ranhalten, sonst wird das nichts.“
Maria missfällt es, dass die Kandidatinnen von den Jurymitgliedern zu stark
kritisiert und niedergemacht werden und findet dies kontraproduktiv. Zudem
mag sie es nicht, wenn zu private Einblicke in das Leben der Models gezeigt
S e i t e | 68
werden und diese vor der Kamera mit emotionalen Gefühlsausbrüchen
reagieren.
Auch oder gerade weil sie das Model-Geschäft auch hinter den Kulissen kennt
ist Maria davon überzeugt, dass man aus der Castingshow vieles für das
berufliche sowie private Leben lernen kann. Mit Verweis auf die Funktion der
Jury betont sie etwa, dass man lernen muss, Kritik zu ertragen und es auch im
Beruf manchmal Dinge gäbe, die man, unabhängig davon ob es Spaß macht
oder nicht, einfach machen muss. Als weitere Eigenschaften, die in das
alltägliche Leben übertragbar sind, nennt sie Selbstsicherheit und einen starken
Willen. Außerdem misst sie den Kandidatinnen eine positive Vorbildwirkung für
andere Mädchen bei, beispielsweise als Motivation, um mehr Sport zu treiben.
Hendrik ist 16 Jahre alt, besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium und
wohnt mit seinen Eltern und seinen beiden jüngeren Geschwistern in einem
Haus am Stadtrand. Er übernimmt viel Verantwortung für seine Geschwister,
bringt diese morgens in den Kindergarten und verbringt auch nach der Schule
viel Zeit mit ihnen. Er hat viele Freunde und versteht sich mit diesen sehr gut.
Zu seinen Eltern hat er ebenfalls ein gutes Verhältnis.
Hendriks Lieblingsserien sind Die Simpsons und Mein cooler Onkel Charlie. Er
sieht auch gerne Musik-Castingshows wie Deutschland sucht den Superstar und
manchmal sieht er sich gemeinsam mit Freunden Germany’s Next Topmodel an.
Den Jungen macht es dabei besonderen Spaß, die Kandidaten zu
kommentieren, zu analysieren und zu bewerten. Bei Germany’s Next Topmodel
faszinieren ihn vor allem die Kandidatinnen, obwohl er nie eine spezielle
Favoritin hat. Für Hendrik ist es unterhaltsam und beeindruckend zugleich, die
jungen Frauen bei der Bewältigung der an sie gestellten Aufgaben zu
beobachten. Besonderen Gefallen findet er an der Jury; gemeinsam mit
FreundInnen hat er die Situation der Bewertung der Kandidatinnen sogar schon
einmal nachgespielt.
Es fasziniert ihn, dass die Kandidatinnen „mit Herz und Seele bei ihrem Beruf“
sind und alles dafür geben. Er findet es gut, dass mit den jungen Frauen „hart
ins Gericht gegangen“ wird, weil diese seiner Meinung nach dadurch lernen,
worauf man als professionelles Model zu achten hat. Er ist davon überzeugt,
dass es in der Model-Castingshow nicht lediglich um gutes Aussehen sondern
vor allem um Leistung geht. Auch wenn Hendrik darauf hinweist, sich
persönlich kein Vorbild an Germany’s Next Topmodel zu nehmen, ist er davon
S e i t e | 69
überzeugt, dass sich andere Jugendliche an den Leistungen, der Kritikfähigkeit,
der Disziplin der Kandidatinnen sowie deren Willen, hart zu arbeiten,
orientieren sollten.
Die befragten Mädchen betonen auch die Bedeutung der Teamfähigkeit und
Kooperation bei gleichzeitiger Konkurrenz, die sie ebenso in ModelCastingshows bestätigt finden. Verlieren zu können und dennoch in Würde die
Show zu verlassen ist ebenfalls eine Eigenschaft, die von den Mädchen sehr
positiv hervorgehoben wird.
„Ich habe das sehr klug gefunden, dass manche Freundinnen geworden
sind obwohl sie Konkurrentinnen waren. Genauso wie es manche
akzeptieren, dass sie rausgeflogen sind und manche nicht.“ (Valentina, 15
Jahre, formal höher gebildet, Stadt)
Träume kann man sich erarbeiten
Die befragten formal niedriger gebildeten Jungen aus der Stadt wachsen alle in
migrantischen,
bildungsfernen
Familien
auf
und
leben
in
einem
heruntergekommenen Stadtteil. Sie identifizieren sich häufig mit Figuren aus
US-amerikanischen Serien (vorwiegend Sitcoms), die das klassische Prekariat
verkörpern. In „Gangstern“ und Rappern, die sich – ähnlich wie diese
Jugendlichen – durch wenige Erfolgschancen am Arbeitsmarkt auszeichnen,
finden sie ihre Vorbilder. Des Weiteren fällt bei diesen Jugendlichen eine
besondere Präferenz für US-amerikanische Castingshows auf, die über MTV
ausgestrahlt werden. In diesen Shows wie etwa Flavor of Love (Rapper Flavor
Flav sucht eine Partnerin) oder I Love New York (Tiffany Pollard sucht ihre große
Liebe) stehen zumeist „berühmte“ RepräsentantInnen sozial benachteiligter
Milieus im Zentrum. Die besondere Vorliebe für diese speziellen Castingshows
lässt sich vermutlich ebenfalls durch einen hohen Grad an Identifikation mit den
ProtagonistInnen begründen. Die Jungen erkennen sich in der Rolle des
Verlierers bzw. Außenseiters wieder, wähnen sich diesbezüglich in einer
ausweglosen Situation und haben Probleme, eine Ausbildungs- oder
Arbeitsstelle zu finden.
Sie träumen davon, aus diesen Lebensumständen auszubrechen und durch
Aussehen oder besondere (vor allem sportliche) Leistungen berühmt zu werden.
S e i t e | 70
Einige sind auch fest davon überzeugt, dass sie ein entsprechendes Potential
hätten. In der Model-Castingshow Germany’s Next Topmodel finden sie – zum
Teil noch deutlicher als in Musik-Castingshows – eine Anleitung, wie man es
schaffen kann, seinen Traum zu verwirklichen. Vor allem das immer wiederholte
und zelebrierte Zitat, hart an sich zu arbeiten, scheint diesen Jugendlichen der
Schlüssel zum Erfolg. Die Entbehrungen, welche die Kandidatinnen auf sich
nehmen
müssen,
und
ihr
scheinbar
eiserner
Wille
beindruckt
die
Heranwachsenden in dieser Hinsicht weit mehr, als das fleißige Üben am
musikalischen und künstlerischen Ausdruck der TeilnehmerInnen diverser
Musik-Castingshows. Viele dieser Jungen sind von ihren Talenten überzeugt,
wollen jedoch nicht mehr länger darauf warten, entdeckt zu werden, sondern
sich in Anlehnung an Germany’s Next Topmodel ihren Traum erarbeiten.
So auch der 16-jährige Tom, der nach abgeschlossener Hauptschule als
arbeitslos
gemeldet
bzw.
auf
der
Suche
nach
einer
geeigneten
Ausbildungsstelle ist. Er lebt zusammen mit seiner Mutter in einem
heruntergekommenen Stadtviertel. Sein Vater ist ein schwarzer US-Amerikaner,
der für ihn unerreichbar in den Vereinigten Staaten lebt. Tom ist ein großer
Junge mit deutlich sichtbarem afro-amerikanischen Migrationshintergrund; in
seinem unmittelbaren Umfeld ist er dadurch einzigartig. Es hat nicht den
Anschein, dass er deswegen in seiner Umgebung gehänselt wird, dennoch
deutet einiges darauf hin, dass es ihm nicht immer leicht fällt, mit seiner
Andersartigkeit umzugehen. Für Tom ist die Identitätsfindung bzw. die Frage
danach, wer er ist und wie er einmal sein möchte, von besonderer Bedeutung.
In der Bewältigung dieser, für die Pubertät zentralen, Entwicklungsaufgabe
leidet er besonders unter dem mangelnden Kontakt zu seinem Vater. Tom hebt
seine Doppel-Staatsbürgerschaft (österreichisch – US-amerikanisch) hervor und
betont auch in seinem sonstigen verbalen und nonverbalen Verhalten, dass er
Amerikaner ist. Für ihn ist alles toll, was in irgendeiner Weise in Verbindung mit
den USA steht und er himmelt seinen unbekannten Vater an. Diese Vaterfigur
scheint ihm die Lösung aller Dinge, auch seiner Schwierigkeiten bei der
Arbeitssuche bzw. zuvor seiner Probleme in der Schule (beinahe Suspendierung
wegen unangemessenem Verhalten). Tom versucht sich als „amerikanischer
Macho“ zu geben und unterstreicht dies durch auffälliges und (scheinbar)
extrovertiertes Verhalten sowie durch permanentes Flirten und überhebliches
Verhalten gegenüber jungen Frauen. Er versucht dadurch sehr selbstbewusst zu
wirken und betont auch in der Gruppendiskussion sowie im Einzelinterview,
S e i t e | 71
dass er sehr selbstsicher sei. Bei näherer Betrachtung zeigt er sich jedoch
äußerst unsicher. Er berichtet von regelmäßigen Stimmungsschwankungen und
depressiven Phasen, in denen er über Probleme nachdenkt und sich vor der
Außenwelt zurückzieht. Wenn er in diesen Phasen des Rückzugs von außen
gestört wird, wird er sehr aggressiv und lässt seine innere Unzufriedenheit
wahllos an anderen Menschen aus. Er weiß um diese Schwäche, die ihm
Schwierigkeiten bereitet, sich in die Gesellschaft einzugliedern, Bescheid.
Deshalb ist er darum bemüht, sich in diesen Phasen bewusst Ruhe zu gönnen
und sich zurückzuziehen, bis es ihm wieder besser geht.
Da Tom arbeitslos ist, schläft er zumeist bis Mittag, um sich anschließend mit
Freunden zu verabreden. In der Regel trifft er sich mit diesen im
Jugendzentrum oder im Park. Tom bezeichnet seinen Freundeskreis als groß (10
bis 15 Personen). Da es in seiner Clique offensichtlich strenge Regeln gibt, die
laut Tom unbedingt eingehalten werden müssen, kann er aber nur mit wenigen
Personen über persönliche Probleme sprechen. Tom weiß noch nicht genau,
was er beruflich machen möchte und bewirbt sich daher auf verschiedene
Praktika. Die bislang erfolglose Arbeitssuche ist ein ständiges Streitthema
zwischen ihm und seiner Mutter, abgesehen davon versteht er sich aber sehr
gut mit ihr.
Im Fernsehen sieht Tom gerne US-amerikanische Comedyserien wie etwa Alle
hassen Chris oder populärwissenschaftliche Sendungen wie Newton und nano.
Er rezipiert auch regelmäßig Germany’s Next Topmodel, das ihn offensichtlich
mehr interessiert als Musik-Castingshows. Zudem verehrt er Heidi Klum
während er Dieter Bohlen sehr negativ sieht und dessen verletzende
Kommentare verurteilt.
Tom ist davon überzeugt, dass er das Zeug zum Star hätte, wohlgleich er nicht
genau definieren kann, worin er sein Talent sieht. Sein großes Vorbild ist der
schwarze HipHop-Sänger Chris Brown, den er versucht in seinem Aussehen zu
imitieren. Tom ist überzeugt davon, dass man es leichter hat, wenn man dem
medienvermittelten Schönheitsideal entspricht; deshalb trainiert er auch
regelmäßig in einem Fitnesscenter. An Germany’s Next Topmodel gefällt ihm
„dass die Mädchen ihren Traum verwirklichen“ und mit großer Disziplin dafür
arbeiten. Er ist sich sicher, dass auch er seinen Traum, berühmt zu werden,
verwirklichen kann, wenn er sich nur intensiv dafür einsetzt und einfach alles
dafür gibt. Deshalb würde er auch gerne an einer Model-Castingshow
teilnehmen und kritisiert, dass es keine entsprechenden Castings für Männer
S e i t e | 72
gäbe. Tom könnte sich gut vorstellen, für ein bekanntes HipHop-Magazin zu
modeln, wenn er nur einmal die Chance bekäme, sein Talent der Öffentlichkeit
zu präsentieren. Berühmt zu werden ist für Tom nicht nur eine Möglichkeit, aus
seinem sozialen Umfeld und der tristen Situation am Arbeitsmarkt
auszubrechen, sondern auch die Chance, den Traum einer Karriere in den USA,
dem Land, das für ihn ein Synonym für alle Hoffnungen und Träume einer
besseren Zukunft darstellt, zu verwirklichen.
Im Gegensatz zu den formal niedriger gebildeten Jungen trauen sich die
befragten Mädchen kaum das Potential eines „Stars“ zu bzw. irgendein
besonderes Talent zu haben. Deshalb geben sie sich mit einem „normalen
Leben“ zufrieden und eifern den Kandidatinnen der Model-Castingshow
diesbezüglich nicht nach. Manche Mädchen zeigen sich zudem skeptisch und
äußern Bedenken gegenüber möglichen negativen Auswirkungen einer
Teilnahme an einer Model-Castingshow (z.B. der Verlust der Privatsphäre).
S e i t e | 73
5
Zusammenfassung
Alle befragten Jugendlichen sehen gerne Castingshows; Musik-Castingshows
scheinen jedoch im Vergleich zu Model-Castingshows etwas beliebter zu sein.
Die crossmediale Vermarktung von Austria’s und Germany’s Next Topmodel
spielt für die jungen RezipientInnen nur eine marginale Rolle. Nur wenige
kennen die Websites der Shows und auch entsprechende Berichte in (Jugend)Zeitschriften werden kaum gelesen. Auffallend ist jedoch die durchweg
schlechte Bewertung von Austria’s Next Topmodel im Vergleich zu Germany’s
Next Topmodel. Die österreichische Model-Castingshow wird mehrheitlich als
weniger professionell und nachgemacht beurteilt und daher großteils
abgelehnt.
Sowohl Mädchen als auch Jungen sehen regelmäßig Model-Castingshows.
Männlichen Jugendlichen ist es aber oft peinlich, dies zuzugeben. Für formal
höher gebildete Jungen scheint dies besonders schwierig zu sein, aber auch
formal niedriger gebildete Jungen betonen gerne, dass sie Model-Castingshows
lediglich „gezwungener maßen“ mit weiblichen Familienmitgliedern mitsehen
würden. Dennoch zeigt sich auch bei männlichen Jugendlichen zuweilen ein
hohes
Involvement.
Jungen
beeindruckt
zumeist
der
Ehrgeiz,
das
Durchhaltevermögen und das konsequente Training der Kandidatinnen. Die
Anlage der Model-Castingshow als Wettbewerb, bei dem es darum geht, zu
gewinnen und sich mit seinen Gegnerinnen zu messen, kommt den männlichen
Jugendlichen besonders entgegen. Dies lässt sie Gemeinsamkeiten mit männlich
konnotierten Sportarten wie etwa Fußball finden und dient ihnen als
Rechtfertigung für ihre Begeisterung für Model-Castingshows. Analog zu
Sportwetten werden in Gruppen männlicher Jugendlicher so auch gerne Wetten
auf einzelne Kandidaten abgeschlossen. Des Weiteren fällt auf, dass sich
Mädchen eher als Jungen kritisch mit dem Format Model-Castingshow
auseinandersetzen. Jungen sind entweder fasziniert oder lästern darüber.
Im Umgang mit und in der Beurteilung von Model-Castingshows zeigen sich nur
wenige Unterschiede hinsichtlich der formalen Bildung der befragten
Jugendlichen. Zuweilen scheinen formal höher gebildete Mädchen kritischer
und reflektierter als formal niedriger gebildete Mädchen. Oft entpuppen sich
deren Äußerungen aber lediglich als sozial erwünschte Antworten in Anlehnung
S e i t e | 74
an die allgemeine öffentliche Kritik an Model-Castingshows. Grundsätzlich sind
aber in der Qualität der Kritik keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der
formalen Bildung der Jugendlichen festzustellen. Allerdings sind formal niedriger
gebildete Jungen und Mädchen in der Formulierung ihrer Kritik zum Teil weniger
geübt als formal höher gebildete Jugendliche. Sie zeigen sich aber in der
Rezeption von Model-Castingshows keineswegs weniger reflektiert. Sowohl bei
formal höher als auch bei formal niedriger gebildeten Jugendlichen liegen Kritik,
Faszination und Mitgefühl mit den Kandidatinnen oft eng beieinander.
Allen befragten Jugendlichen ist es wichtig, über die aktuellen Geschehnisse in
Germany’s Next Topmodel Bescheid zu wissen, um in Gleichaltrigengruppen
mitreden zu können. Die Kandidatinnen werden in der Regel positiv beurteilt.
Besonders kritisch sind die Jugendlichen jedoch gegenüber zu starken
Übertreibungen (z.B. Gefühlsausbrücke) oder zu offensichtlich gespieltem
Verhalten, da dies die Authentizität der Kandidatinnen negativ beeinflusst.
Diese
Authentizität
Anknüpfungspunkte
Inszenierungen
und
ist
für
an
ihren
die
Jugendlichen
persönlichen
Stereotypisierungen
jedoch
Alltag
der
zu
essenziell,
finden.
Kandidatinnen
um
Auch
werden
durchschaut und genauso thematisiert und kritisiert, wie die aus Perspektive
der Jugendlichen zuweilen undurchsichtigen Entscheidungen der Jury.
Vor allem Mädchen, aber auch einige Jungen, suchen sich zu Beginn einer neuen
Staffel gerne eine oder mehrere Favoritinnen aus. Manche entwickeln dabei ein
hohes Involvement und erleben die Höhen und Tiefen der Kandidatinnen
intensiv mit. Alle befragten Jugendlichen sind sich einig, dass die Kandidatinnen
die Erwartungen der Jury erfüllen müssen und nicht dagegen aufbegehren
dürfen, um erfolgreich zu sein. Ein perfektes Model zeichnet sich der
allgemeinen Meinung der Jugendlichen nach durch perfekte Körpermaße aber
auch
durch
kollegiales
Verhalten
gegenüber
Mitbewerberinnen
bei
gleichzeitiger Konkurrenz aus. Besonders positiv werden die Selbstdisziplin und
das Selbstbewusstsein der Kandidatinnen hervorgehoben.
In ihrer Aneignung von Model-Castingshows stellen die befragten Jugendlichen
auch Bezüge zu ihrem Alltag her. Besonders deutlich wird dies in der
Thematisierung von Disziplin, Durchhaltevermögen und dem Umgang mit harter
Kritik. Die Jungen und Mädchen werden auch in ihrem Alltag damit konfrontiert,
S e i t e | 75
in der Schule Leistung zu erbringen und mit Kritik umgehen zu müssen, falls
diese Leistung nicht der Erwartung der Eltern und LehrerInnen entspricht. Und
auch im Hinblick auf ihre berufliche Zukunft betonen viele der befragten
Jugendlichen die Notwendigkeit, sich in ständiger Konkurrenz zu anderen
beweisen zu müssen, um erfolgreich zu sein. Auch der in Model-Castingshows
wiederzufindende Gedanke der Kooperation bei gleichzeitiger Konkurrenz wird
in den Zukunftsszenarien der Jungen und Mädchen hervorgehoben. In ModelCastingshows sehen sich die Jugendlichen somit in ihren eigenen Erfahrungen
bestätigt. Manche Heranwachsende sehen in den Kandidatinnen Vorbilder und
im
Sinne
parasozialer
Beziehungen
auch
„Verbündete“
in
der
Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des eigenen Lebens.
Besonders deutlich wird dies bei manchen formal niedriger gebildeten Jungen
aus sozial schwachen, migrantischen Milieus. Sie sind in ihrem Lebensumfeld
mit Jugendarbeitslosigkeit und schlechten Zukunftschancen konfrontiert. Ihr
Traum als Talent entdeckt zu werden scheint ihnen als einzige Chance, diesem
Umfeld zu entfliehen. In der Model-Castingshow Germany’s Next Topmodel
finden diese männlichen Jugendlichen eine Anleitung, um diesen Traum zu
verwirklichen. Vor allem das immer wiederholte und zelebrierte Zitat, hart an
sich zu arbeiten, scheint diesen Jungen der Schlüssel zum Erfolg. Sie sind von
ihren Fähigkeiten überzeugt, wollen aber nicht mehr länger auf eine Entdeckung
warten, sondern sich in Anlehnung an Germany’s Next Topmodel ihren Traum
erarbeiten.
Des Weiteren zeigt sich, dass sich die befragten Jugendlichen durch ModelCastingshows darin bestätigt fühlen, dass weniger Individualität sondern eine
perfekte Anpassung an die Vorgaben der Jury bzw. im übertragenen Sinne an
die Vorgaben der Gesellschaft zählt. Sie finden es auch legitim, heftig dafür
kritisiert zu werden, wenn man diesen Anforderungen nicht entspricht.
Einige wenige der befragten Mädchen fühlen sich durch Model-Castingshows
auch dazu angespornt, mehr Sport zu treiben, auf „gesunde“ bzw. in erster Linie
kalorienarme Nahrung zu achten und den perfekten Körpern der Kandidatinnen
nachzueifern. Manche Mädchen sehen bewusst Gemany’s Next Topmodel, um
Schminktipps und Ideen für ihre Frisur zu erhalten. Viele finden auch Gefallen an
den Kleidern und Accessoires, aber nur selten kaufen sich die befragten
Mädchen ein spezielles Kleidungsstück, weil sie in der Model-Castingshow ein
S e i t e | 76
ähnliches gesehen haben. Für viele weibliche Jugendliche ist die Glamour-Welt
der Model-Castingshows etwas Besonderes. Deshalb versuchen sie auch nicht,
die daraus gewonnenen Anregungen eins zu eins in ihren Alltag zu übertragen,
sondern vielmehr dieses Besondere in der wöchentlichen Rezeption zu
genießen. Viele der befragten Mädchen aber auch Jungen fühlen sich durch
Germany’s Next Topmodel darin bestätigt, dass es wichtig ist, auf das äußere
Erscheinungsbild zu achten und sind davon überzeugt, dass es schöne
Menschen sowohl privat als auch beruflich leichter haben.
Die Figur Heidi Klum wie auch die anderen Jurymitglieder von Germany’s Next
Topmodelwerden allgemein positiv bewertet. Zum Teil wird aber auch Klums
scharfe Kritik diskutiert, da ihr von den Jugendlichen jedoch eine hohe fachliche
Kompetenz beigemessen wird, wird diese Kritik zumeist als gerechtfertigt
empfunden. Die Inszenierung der Figur Heidi Klum als Powerfrau mit eiserner
Disziplin fasziniert die Jugendlichen in besonderem Maße. Dennoch
thematisieren vor allem formal höher gebildete Mädchen Brüche und
Inkonsequenzen.
S e i t e | 77
6
Fazit aus einem partizipativen Forschungsprojekt mit
Jugendlichen
Die Integration Heranwachsender in den gesamten Forschungsprozess erwies
sich in diesem Projekt einerseits als sehr fruchtbar, andererseits bedeutete dies
aber ebenso einen großen Mehraufwand und zum Teil mussten auch einige
Abstriche gemacht werden. Um den gegen die klassische Aktionsforschung oft
vorgebrachten
Vorwürfen
der
schlechten
Nachvollziehbarkeit
der
Vorgangsweise und der mangelnden Berücksichtigung theoretischer Grundlagen
entgegenzutreten, den roten Faden im Forschungsverlauf nicht zu verlieren und
auch den zeitlichen Ablauf des Forschungsprozesses angemessen planen zu
können,
war
es
unabdingbar,
bereits
vor
Beginn
des
eigentlichen
Forschungsprojektes intensiv mit den beteiligten SchülerInnen zu arbeiten und
sie in die Thematik sowie das wissenschaftliche Arbeiten einzuführen. Es war
nötig, den SchülerInnen auch entsprechend Zeit zu geben, sich Schritt für Schritt
mit einem für sie neuen Thema sowie mit einer für sie vollkommen neuen Art zu
arbeiten bzw. zu forschen vertraut zu machen. Ungewohnt war für die
Jugendlichen vor allem die Erfahrung, Fragen zu stellen und selbst Wissen zu
generieren anstatt bereits vorhandenes Wissen zu reproduzieren. Diese lange
und intensive Einführungsphase diente aber nicht nur der Sensibilisierung der
SchülerInnen für den Forschungsgegenstand sondern trug ebenso zur
Sensibilisierung der Projektleiterin für den Stellenwert und die Bedeutung von
(Model-)Castingshows im Alltag der zu untersuchenden Altersgruppe bei.
Mit Beginn des eigentlichen Projektes beteiligten sich die SchülerInnen sehr
engagiert an den einzelnen Schritten des Forschungsprozesses. Besonders
fruchtbar erwiesen sich die Beiträge der Jungen und Mädchen zur Konstruktion
des Leitfadens. Dabei wurden alle Fragen, die den SchülerInnen im Hinblick auf
die
Bedeutung
von
(Model-)
Castingshows im alltäglichen Leben Gleichaltriger wichtig erschienen,
berücksichtigt.
Die
Diskussion
und
gemeinsame
Interpretation
der
Forschungsergebnisse aus Perspektive der Heranwachsenden war ebenfalls sehr
hilfreich und eröffnete zum Teil neue Blickwinkel. Insgesamt trug die ständige
Auseinandersetzung mit den SchülerInnen sowie die Besprechung und
Diskussion der einzelnen Arbeitsschritte zu einer permanenten Evaluation des
S e i t e | 78
gesamten Forschungsprozesses bei. Die Rückmeldungen und Fragen der
Mädchen und Jungen stellten auf diese Weise sicher, dass die Perspektive der
Heranwachsenden auf ihre eigene Lebenswelt immer im Mittelpunkt blieb und
nicht zu sehr aus Erwachsenenperspektive abstrahiert wurde.
Die Datenerhebung durch die Jugendlichen selbst erwies sich als sensibelster
Punkt in diesem Forschungsprojekt. Daher wurden die Jungen und Mädchen
auch besonders intensiv darauf vorbereitet und es wurde auch mit jedem
Forschungsteam ein Pretest bzw. ein Interviewtraining durchgeführt. Großteils
entwickelten sich die Gruppendiskussionen tatsächlich zu Gesprächen unter
Gleichaltrigen; manchmal passierte es dabei, dass die InterviewerInnen
zuweilen ihre Rolle vergaßen und anfingen, heftig mitzudiskutieren. Dies war
aber kein Nachteil sondern führte oft zu spontanen Reaktionen und intensiven
Diskussionen und somit zu interessantem Datenmaterial. Schwieriger war es
allerdings, wenn es passierte, dass InterviewerInnen den Leitfaden zu schnell
„abarbeiteten“ oder wenn sie Probleme damit hatten, die Diskussion am Laufen
zu halten. Dann gestalteten sich die Gespräche oft relativ oberflächlich und
ergaben letztendlich nur wenige verwertbare Informationen. Ein weiteres
Problem tauchte auf, wenn einige InterviewerInnen zu engagiert waren und vor
allem gegen Ende der Gruppendiskussionen noch mehr herausholen wollten.
Dann wurden zum Teil Suggestivfragen gestellt. Da aber bei allen
Gruppendiskussionen einE ProtokollantIn anwesend war, die bzw. der über eine
entsprechende Erfahrung in der Durchführung qualitativer Befragungen
verfügte, und die bzw. der die jeweilige Erhebungssituation dokumentierte,
konnten diese Probleme bei der Datenauswertung angemessen berücksichtigt
werden.
Insgesamt
verlief
aber
auch
die
Datenerhebung
großteils
zufriedenstellend und die Anlage der Gruppendiskussionen als Gespräche unter
Gleichaltrigen erwies sich grundsätzlich als sehr positiv.
Abschließend stellt sich die Frage nach dem tatsächlichen Mehrwert einer
direkten Integration Heranwachsender in Forschungsprojekte zum Umgang von
Kinder und Jugendlichen mit Medien. Die Erfahrungen aus diesem Projekt
zeigen, dass eine partizipative Vorgangsweise durchaus sinnvoll ist, da sie
WissenschaftlerInnen durch die Auseinandersetzung mit jugendlichen CoForscherInnen zu einer ständigen Reflexion und Evaluation ihrer Vorgangsweise
zwingt und sowohl im Zugang zum Forschungsfeld, in der Art der Fragestellung
S e i t e | 79
sowie in der Interpretation der Ergebnisse den Blick auf die Perspektive der
Heranwachsenden schärft. Allerdings bedeutet ein partizipativer Ansatz einen
erheblichen Mehraufwand und es empfiehlt sich aus forschungsökonomischen
Gründen durchaus abzuwägen, wann eine derartige Vorgangsweise tatsächlich
sinnvoll ist. Passend erscheint dies vor allem dann, wenn nicht nur allgemeinen
Fragen der Mediennutzung und -integration in den Alltag nachgegangen wird,
sondern wenn individuelle Formen der Medienaneignung und vor allem auch
entsprechende Aushandlungsprozesse innerhalb spezifischer sozialer Gruppen
(z.B. Peer-Groups) im Mittelpunkt stehen.
S e i t e | 80
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Modelle und Ansätze in der Diskussion. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften. S. 185-199.
Weiß,
Ralph
(2001):
Fern-Sehen
im
Alltag.
Sozialpsychologie
der
Medienrezeption. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Weiß, Ralph (2000): „Praktischer Sinn“, soziale Identität und Fern-Sehen. Ein
Konzept für die Analyse der Einbettung kulturellen Handelns in die
Alltagswelt. In: M&K 48. Jg. 1/2000. S. 42-62.
Winter, Rainer (2004): Cultural Studies und kritische Pädagogik. In:
Onlinezeitschrift
MedienPädagogik.
Verfügbar
über:
http://www.medienpaed.com/03-2/winter03-2.pdf (10.09.2010).
Yang, Wayne K. (2009): Mathematics, critical literacy, and youth participatory
action research. In: Brown, Tara M./Rodriguez, Louie F. (Hrsg.): Youth in
Participatory Action Research. New Directions for Youth Development
123/2009. S. 99-118.
S e i t e | 87
8
Anhang
8.1
Erhebungsinstrumente
8.1.1 Screening-Fragebogen
FRAGEBOGEN ZUR STUDIE „CASTINGSHOWS IM ALLTAG VON JUGENDLICHEN“91
In unserer Untersuchung gehen wir, die Schülerinnen und Schüler 2. ALG-Klasse der HLW
Ried am Wolfgangsee, der Frage nach, wie Jugendliche in Deinem Alter Castingshows nutzen.
Dazu werden wir persönliche Diskussionen und Gespräche mit Burschen und Mädchen im Alter
von 15 bis 19 Jahren durchführen. Diese Gespräche werden an Eurer Schule stattfinden.
Wir möchten sowohl Burschen als auch Mädchen unterschiedlichen Alters und aus
unterschiedlichen Schulen befragen und wollen mit diesem Fragebogen herausfinden, wer sich
am besten für unsere Befragung eignet. Um die ausgewählten Personen benachrichtigen zu
können, ist es wichtig, dass Ihr uns auch Eure Adresse und Eure Telefonnummer bekannt gebt.
Ihr könnt aber sicher sein, dass sämtliche Daten vertraulich behandelt werden und auch die
Auswertung der späteren Gespräche erfolgt selbstverständlich anonym.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr den Fragebogen ausgefüllt zurückgeben würdet. Alle die
noch nicht 18 Jahre alt sind, möchten wir außerdem bitten, das Blatt mit der schriftlichen
Einverständniserklärung ihren Eltern zugeben. Bitte erklärt ihnen, worum es geht und bittet sie
um ihre Unterschrift. Wenn Ihr oder Eure Eltern noch irgendwelche Fragen habt, wendet Euch
bitte an folgende AnsprechpartnerInnen:
Mag. Dr. Christine W. Wijnen
Projektleiterin
Ried
Tel.: 0676-676208
Mail: wijnen@aktion-film.at
Prof. Mag. Sven Bichl
Klassenvorstand/Administrator
HLW
Tel.: 0699-19004015
Mail : administration@hlw-ried.at
Name:_____________________________________________________________
Klasse, Schule:______________________________________________________
Straße, Hausnummer:_________________________________________________
Postleitzahl, Ort:_______________________________________________________
Telefonnummer:_______________________________________________________
91
Der Screening-Fragebogen wurde in Anlehnung an Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009 erstellt.
S e i t e | 88
1) Geschlecht:
männlich
weiblich
2) Alter: __________________ Jahre
3) Staatsangehörigkeit:_____________________________________________________
4) Gehst Du noch zur Schule?
Ja (weiter mit Frage 4a)
Nein (weiter mit Frage 4b & c)
4a) Welchen Schultyp besuchst Du
(dann weiter mit Frage 5)?
Gymnasium
HAK
HLW
HAS
Anderes:____________________
4b) Welcher Tätigkeit gehst Du zurzeit nach?
Lehre
Berufstätig
Arbeitslos
4c) Welchen Schulabschluss hast Du gemacht?
Hauptschule
Sonderschule
Polytechnische Schule
Anderes:_________________________
5) Welche Personen leben bei Dir zu Hause? (bitte zutreffendes ankreuzen)
Mutter
Vater
Bruder/Brüder (Alter:___________)
Schwester/n (Alter____________)
Großmutter
Großvater
Ehe-/Lebenspartner der Mutter (wenn nicht leiblicher Vater)
Ehe-/Lebenspartner des Vaters (wenn nicht leibliche Mutter)
Stiefgeschwister (Geschlecht, Alter:__________________________________)
Andere Verwandte:________________________________________________
Sonstige Mitbewohner:______________________________________________
6a) Welchen Schulabschluss hat Deine Mutter (bzw. weibliche Erziehungsperson)?
S e i t e | 89
____________________________________________________________________
6b) Welchen Schulabschluss hat Dein Vater (bzw. männliche Erziehungsperson)?
_____________________________________________________________________
7a) Welchen Beruf übt Deine Mutter (bzw. weibliche Erziehungsperson) aus?
______________________________________________________________________
7b) Welchen Beruf übt Dein Vater (bzw. männliche Erziehungsperson) aus?
_______________________________________________________________________
8) Hast Du einen eigenen Fernseher in Deinem Zimmer?
Ja
Nein
9) Wie viele Stunden schaust Du täglich fern?
weniger als eine Stunde
ca. 1 Stunde
ca. 3 Stunden
mehr als 3 Stunden
10) Was siehst Du Dir meistens im Fernsehen an?
ca. 2 Stunden
S e i t e | 90
sehr oft
Doku-Soaps (z.B. Good Bye
Deutschland, Österreich isst besser)
Real Life Soaps (z.B. Big Brother)
Gerichtsshows (z.B. Richterin
Barbara Salesch)
Beziehungsshows (z.B. Nur die Liebe
zählt)
Talkshows (z.B. Barbara KarlichShow)
Quizshows (z.B. Millionenshow)
Model-Castingshows (z.B.
Germany’s Next Topmodel, Austria’s
Next Topmodel)
Musik-Castingshows (z.B. Starmania,
DSDS)
Andere Castingshows (z.B. Bauer
sucht Frau)
Andere Shows (z.B. Kochshows,
MTV Music Awards)
Lifestyle/Society-Magazine (z.B.
Chili)
Soaps / Telenovelas (z.B. Anna und
die Liebe, Alisa – Folge deinem
Herzen)
Comedy (z.B. Sitcoms wie Two and a
half men)
Fantasy & Science Fiction (z.B. Final
Fantasy)
Action (z.B. Alarm für Cobra 11)
Sport (z.B. Fußballspiele)
Wissenschaft (z.B. Newton, nano)
Doku (z.B. Universum)
Nachrichten / Information (z.B. Zeit
im Bild, ZIB Newsflash)
Anderes und zwar:
oft
manchmal
selten
nie
kenne
ich nicht
S e i t e | 91
8.1.2 Leitfaden für die Gruppendiskussionen
Information der InterviewpartnerInnen
Wir haben euch zur heutigen Diskussion eingeladen, weil wir mit euch darüber
reden möchten, was ihr euch im Fernsehen generell so anseht, und was ihr über
Castingshows denkt. Diese Diskussion ist Teil eines Forschungsprojekts über
Castingshows. Deshalb werden wir das heutige Gespräch auch aufnehmen. Wir
garantieren
euch
aber,
dass
wir
diese
Aufnahmen
nur
für
unser
Forschungsprojekt verwenden und dass eure Namen dabei anonymisiert
werden.
Allgemeiner Medienumgang
Welche Rolle spielen Medien generell in euerem Alltag?
Was ist euer Lieblingsmedium?
Wie wichtig sind für euch Computer und Internet?
o Was macht ihr am häufigsten, wenn ihr am Computer sitzt?
o Was macht ihr meistens, wenn ihr im Internet seid?
Wie wichtig ist für euch das Handy?
o Schaut ihr auch übers Handy fern?
o Geht ihr auch mit dem Handy ins Internet?
Wie wichtig ist für euch das Radio?
Wie wichtig ist für euch das Musikhören?
o Womit hört ihr Musik? (übers Internet, MP3-Player etc.)
Wie wichtig ist für euch das Lesen?
o Was lest ihr so?
Nutzt ihr auch mehrere Medien gleichzeitig? / Welche?
S e i t e | 92
Was macht ihr, wenn ihr euch entspannen möchtet?
o Nutzt ihr da auch bestimmte Medien? / Welche?
Welche Medien nutzt ihr, wenn ihr euch über irgendwas informieren möchtet?
Fernsehnutzung in der Familie
Und wie ist das jetzt in eurer Familie, welches Medium wird in eurer Familie am
häufigsten genutzt? (welche Medien nutzen welche Familienmitglieder?)
Wie wichtig ist in eurer Familie das Fernsehen?
o Schaut ihr manchmal gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern fern?
/ Mit wem?
o Gibt es bestimmte Sendungen, die ihr gemeinsam anseht? / Welche?
Wie viele Fernseher habt ihr in der Familie?
o Habt ihr einen eigenen Fernseher in eurem Zimmer?
Wird in eurer Familie über Fernsehsendungen gesprochen?
o Mit wem redet ihr über Fernsehsendungen?
o Worüber redet ihr da?
o Kommentieren
eure
Geschwister
oder
eure
Eltern
manchmal
Fernsehsendungen, die ihr euch anschaut? / Was sagen die dann?
Habt ihr das Gefühl, dass euch eure Eltern in eurer Fernsehnutzung
einschränken?
o Gibt es Fernsehsendungen, die ihr euch nicht ansehen dürft?
o Habt ihr schon einmal Fernsehverbot bekommen?
o Schreiben euch eure Eltern vor, wie lange ihr Fernsehen dürft?
o Wie war das als ihr noch jünger wart, hat es da Fernsehregeln gegeben?
Fernsehnutzung allgemein
Könnt ihr euch ein Leben ohne Fernsehen vorstellen?
o Wie wichtig ist für euch das Fernsehen?
S e i t e | 93
o Was macht ihr, wenn ihr nicht fernsehen könnt?
o Könnt ihr euch euren Alltag ohne Fernsehen vorstellen?
o Was hält ihr allgemein vom Fernsehen?
Wenn ihr den Fernseher einschaltet, setzt ihr euch dann bewusst hin, um eine
bestimmte Sendung anzuschauen, oder lässt ihr den Fernseher eher nebenbei
laufen?
o Was macht ihr neben dem Fernsehen?
o Wenn ihr euch bewusst eine Sendung anschaut, was sind das dann für
Sendungen?
o Schaut ihr manchmal fern, um euch über irgendwas zu informieren?
o Nutzt ihr das Fernsehen zum Entspannen oder zur Unterhaltung?
In welchen Situationen schaut ihr fern? (nachfragen bezüglich emotionaler
Befindlichkeiten)
Schaut ihr lieber alleine fern oder gemeinsam mit Freunden und Freundinnen
oder mit jemandem aus eurer Familie?
Sprecht ihr mit Freundinnen und Freunden oder mit euren Geschwistern über
Fernsehsendungen?
o Worüber sprecht ihr da?
Sprecht ihr manchmal mit euren Eltern über Fernsehsendungen?
o Worüber sprecht ihr da?
o Kommentieren eure Eltern Fernsehsendungen, die ihr euch anschaut?
Was ist euer Lieblingssender?
o Was unterscheidet diesen Fernsehsender von anderen Sendern?
Was ist eure Lieblingssendung?
o Was ist das tolle an eurer Lieblingssendung?
o Ist es schlimm, wenn ihr eure Lieblingssendung einmal verpasst?
Gibt es eine Person/Figur aus dem Fernsehen, die euch besonders gefällt? /
Warum?
S e i t e | 94
Habt ihr schon einmal mit Freunden und Freundinnen etwas nachgemacht, das
ihr im Fernsehen gesehen habt? / Was war das?
Castingshows
Welche Castingshows kennt ihr?
Gibt es Castingshows, die ihr euch regelmäßig anseht?
o Welche Castingshow(s) sind/ist das?
o Warum seht ihr euch diese Castingshow(s) regelmäßig an?
o Unterbrecht ihr bestimmte Tätigkeiten, um euch eure Lieblingsshow
anzusehen?
o Ist es schlimm, wenn ihr einmal eine Folge verpasst?
Wie findet ihr „Germany’s Next Topmodel“?
Wie findet ihr „Austria’s Next Topmodel“?
Was ist das Besondere an Model-Castingshows?
o Was gefällt euch?
o Was gefällt euch nicht?
Sprecht ihr mit euren Freundinnen und Freunden über Model-Castingshows?
o Worüber sprecht ihr da?
o Ist es in eurem Freundeskreis wichtig, über die aktuellen Geschehnise in
Model-Castinghows informiert zu sein?
o Habt ihr schon einmal gemeinsam mit Freundinnen und Freunden Szenen
aus Model-Castingshows nachgespielt?
Sprecht ihr in eurer Familie über Model-Castinghows?
o Worüber sprecht ihr da?
o Was sagen eure Eltern dazu?
o Was sagen eure Geschwister dazu?
Informiert ihr euch auch im Internet über Model-Castingshows?
o Seht ihr euch einzelne Sendungsausschnitte im Internet nochmals an?
S e i t e | 95
o Sucht ihr euch im Internet zusätzliche Informationen zu den
Kandidatinnen / zur Show?
Informiert ihr euch auch in Zeitschriften über Model-Castingshows?
o Lest ihr auch regelmäßig „Cosmopolitan“?
Wie findet ihr die Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Was gefällt euch?
o Was gefällt euch nicht?
o Was zeichnet die Kandidatinnen aus? (Eigenschaften: z.B. Disziplin etc.)
o Habt ihr eine Favoritin in der aktuellen Staffel von „Austria’s Next
Topmodel“? / Was gefällt euch an ihr? (alternativ: Wer war eure Favoritin
in der letzten Staffel von Germany’s Next Topmodel?)
Wie findet ihr die Jury von Model-Castingshows? (eingehen auf Erniedrigungen
der Kandidatinnen durch die Jury & Bewertung von Schönheitsidealen durch die
Jury)
o Was findet ihr gut?
o Was findet ihr nicht so gut?
o Findet ihr, dass die Urteile der Jury manchmal zu hart sind oder findet ihr
sie gut?
Schönheitsideale / Vorbildwirkung
Was bedeutet für euch Schönheit?
o Wie sieht für euch eine attraktive Frau aus?
o Wie sieht für euch in attraktiver Mann aus?
Ist es euch wichtig, dass ihr gut ausseht?
o Was ist euch dabei besonders wichtig? (Make-up, Kleidung, Figur etc.)
Findet ihr die Kandidatinnen von Model-Castingshows schön?
Möchtest ihr auch so sein, wie die Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Motivieren euch Model-Castingshows, um bewusster zu essen?
o Motivieren euch Model-Castingshows, um Sport zu treiben und zu
trainieren?
S e i t e | 96
o Habt ihr euch schon einmal Kleider gekauft, die die Kandidatinnen von
Model-Castingshows anhaben?
o Verwendet ihr die gleiche Körperpflege / das gleiche Make-up wie die
Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Möchtest ihr auch einmal Kandidatin in einer Model-Castingshow sein?
Glaubt ihr, dass die Kandidatinnen von Model-Castingshows für andere
Jugendliche ein Vorbild sein können?
o Welche Eigenschaften machen die Kandidatinnen zu Vorbildern?
Glaubt ihr, dass man automatisch beliebter ist, wenn man gut aussieht und ein
gutes Auftreten hat?
Glaubt ihr, dass man durch ein gutes Aussehen auch im Beruf erfolgreich sein
kann?
o Glaubt ihr, dass ihr auch das Potential habt, durch euer Aussehen
berühmt zu werden? / Würdet ihr das gerne?
S e i t e | 97
8.1.3 Leitfaden für die Einzelinterviews
Einstiegsfrage
Wenn du auf eine einsame Insel fahren würdest und nur drei Dinge mitnehmen
dürftest, was wäre das? (nachfragen im Hinblick auf Medien)
Mediennutzung allgemein
Was ist dein Lieblingsmedium, was nutzt du am häufigsten?
o Warum nutzt du dieses Medium am häufigsten?
Welchen Stellenwert hat für dich das Fernsehen?
o Welche Bedeutung hat es für dich im Vergleich zu anderen Medien?
o Wann schaust du fern? / Welchen Stellenwert hat das Fernsehen in
deinem Tagesablauf?
Welchen Stellenwert hat für dich das Radiohören?
o Welche Bedeutung hat es für dich im Vergleich zu anderen Medien?
o Wann hörst du Radio? / Welchen Stellenwert hat für dich das Radio in
deinem Tagesablauf?
Welchen Stellenwert hat für Dich das Lesen?
o Was liest du am liebsten?
o Welche Bedeutung haben für dich Bücher/Zeitschriften/Zeitungen im
Vergleich zu anderen Medien?
o Wann liest du? / Welchen Stellenwert hat für dich das Lesen in deinem
Tagesablauf?
Welchen Stellenwert haben für dich die Computer und Internet?
o Welche Bedeutung haben für dich Computer und Internet im Vergleich zu
anderen Medien?
o Wann nutzt du den Computer/das Internet? / Welchen Stellenwert
haben für dich Computer und Internet in deinem Tagesablauf?
S e i t e | 98
Nutzt du auch mehrere Medien gleichzeitig? / Welche?
Was machst du, wenn du dich einfach nur entspannen möchtest?
o Was machst du, wenn du einmal einen schlechten Tag hattest? Nutzt du
da irgendwelche Medien zum Abschalten oder abreagieren?
Medienbesitz / Mediennutzung in der Familie
Welche Medien hast du in deinem Zimmer?
Welche Medien nutzen deine Eltern am häufigsten?
Welche Medien nutzen deine Geschwister am häufigsten?
Wer schaut bei euch zuhause am meisten fern?
Schaust du manchmal gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern fern? / Mit
wem?
o Welche Sendungen schaut ihr euch dann gemeinsam an?
Sprichst
du
manchmal
mit
anderen
Familienmitgliedern
über
Fernsehsendungen? / Mit wem?
o Worüber redet ihr da?
o Kommentieren deine Geschwister oder Eltern Fernsehsendungen, die du
dir anschaust? / Was sagen die dann?
Fühlst du dich zuhause in deiner Fernsehnutzung eingeschränkt?
o Musst du dich in deinen Fernsehwünschen anderen Familienmitgliedern
anpassen?
o Schreiben dir deine Eltern vor, wie lange du fernsehen darfst?
o Schreiben dir deine Eltern vor, was du dir ansehen darfst?
o Gab es als du noch jünger warst bei euch zuhause strenge
Fernsehregeln?
S e i t e | 99
Fernsehnutzung allgemein
Was hältst du eigentlich allgemein vom Fernsehen?
Wenn du den Fernseher einschaltest, sitzt du dich dann bewusst hin, um eine
bestimmte Sendung anzuschauen oder lässt du den Fernseher eher nebenbei
laufen?
o Gibt es bestimmte Sendungen, die du dir unbedingt anschauen willst?
o Schaust du auch manchmal fern, um dich über irgendwas zu informieren?
o Nutzt du das Fernsehen zur Entspannung oder zur Unterhaltung?
o Was machst du neben dem Fernsehen?
In welchen Situationen schaust du fern? (nachfragen bezüglich emotionaler
Befindlichkeiten)
Schaust du lieber alleine fern oder gemeinsam mit deinen Freunden oder mit
jemandem aus deiner Familie?
Sprichst du manchmal mit deinen Eltern über Fernsehsendungen?
o Kommentieren deine Eltern Fernsehsendungen, die du dir anschaust?
Sprichst du manchmal mit Freunden oder mit deinen Geschwistern über
Fernsehsendungen?
o Worüber sprecht ihr da?
Was ist dein Lieblingssender?
o Was unterscheidet diesen Fernsehsender von anderen Sendern?
Was ist deine Lieblingssendung?
o Was gefällt dir am meisten an deiner Lieblingssendung?
o Ist es schlimm, wenn du deine Lieblingssendung einmal verpasst?
o Welche Figur gefällt dir besonders gut in deiner Lieblingssendung?
(Warum?)
Hast du schon einmal mit Freunden und Freundinnen etwas nachgemacht, das
du im Fernsehen gesehen hast? / Was war das?
Gibt es eine Person/Figur aus dem Fernsehen, die du besonders toll findest?
S e i t e | 100
Hast du ein Vorbild? (nachfragen hinsichtlich Vorbilder aus den Medien)
o Gibt es jemanden, den du besonders bewunderst?
o Möchtest du auch einmal so werden wie eine bestimmte Person?
Castingshows
Welche Castingshows kennst du?
Gibt es Castingshows, die du dir regelmäßig ansiehst?
o Welche Castinghow(s) ist/sind das?
o Warum siehst du dir diese Castingshow(s) regelmäßig an?
o Unterbrichst du bestimmte Tätigkeiten extra, um dir deine Lieblingsshow
anzusehen?
o Ist es schlimm, wenn du einmal eine Folge verpasst?
Wie findest du „Germany’s Next Topmodel“?
Wie findest du „Austria’s Next Topmodel“?
Was ist für dich das Besondere an Model-Castingshows?
o Was gefällt dir?
o Was gefällt dir nicht?
Sprichst du mit deinen Freundinnen und Freunden über Model-Castingshows?
o Worüber sprecht ihr da?
o Ist es in deinem Freundeskreis wichtig, über die aktuellen Geschehnisse
in Model-Castingshows informiert zu sein?
o Hast du schon einmal gemeinsam mit Freundinnen und Freunden Szenen
aus Model-Castingshows nachgespielt? (Bei Burschen: „verarscht“)
Wird in deiner Familie über Model-Castingshows gesprochen?
o Worüber sprecht ihr da?
o Was sagen deine Eltern dazu?
o Was sagen deine Geschwister dazu?
Informierst du dich auch im Internet über Model-Castingshows?
o Siehst du dir einzelne Sendungsausschnitte im Internet nochmals an?
S e i t e | 101
o Suchst du dir im Internet zusätzliche Informationen zu den Kandidatinnen
/ zur Show?
Informierst du dich auch in Zeitschriften über Model-Castingshows? (Bei
Burschen auslassen)
o Liest du auch regelmäßig „Cosmopolitan“?
Wie findest du die Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Was gefällt dir?
o Was gefällt dir nicht?
o Was zeichnet die Kandidatinnen aus? (Eigenschaften: z.B. Disziplin etc.)
o Hast du eine Favoritin in der aktuellen Staffel von „Austria’s Next
Topmodel“? / Was gefällt dir an ihr? (alternativ: Wer war deine Favoritin
in der letzten Staffel von Germany’s Next Topmodel?)
Wie findest du die Jury von Model-Castingshows? (eingehen auf Erniedrigungen
der Kandidatinnen durch die Jury & Bewertung von Schönheitsidealen durch die
Jury)
o Was findest du gut?
o Was findest du nicht so gut?
o Findest du, dass die Urteile der Jury manchmal zu hart sind oder findest
du sie gut?
Schönheitsideale / Vorbildwirkung
Was bedeutet für dich Schönheit?
o Wie sieht für dich eine attraktive Frau aus?
o Wie sieht für dich in attraktiver Mann aus?
Ist es dir wichtig, dass du gut aussiehst?
o Was ist dir dabei besonders wichtig? (Make-up, Kleidung, Figur etc.)
Was magst du an dir selbst besonders und was magst du nicht so sehr?
o Findest du dich schön?
o Fühlst du dich wohl so wie du bist oder möchtest du gerne anders sein?
S e i t e | 102
o Gibt es für dich irgendwelche „Problemzonen“, die du ändern möchtest,
oder bist du mit dir selbst zufrieden?
o Wie fühlst du dich, wenn du morgens in den Spiegel blickst?
Stellst du dir manchmal vor, jemand anderer zu sein?
Findest du die Kandidatinnen von Model-Castingshows schön?
(Folgende Frage bei Jungen auslassen: Alternativ – Wie würdest Du es finden,
wenn es Castingshows für männliche Models geben würde? Könntest Du Dir
vorstellen dort mitzumachen?)
Möchtest du auch so sein, wie die Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Motivieren dich Model-Castingshows, um bewusster zu essen?
o Motivieren dich Model-Castingshows, um Sport zu treiben und zu
trainieren?
o Hast du dir schon einmal Kleider gekauft, die die Kandidatinnen von
Model-Castingshows anhaben?
o Verwendest du die gleiche Körperpflege / das gleiche Make-up wie die
Kandidatinnen von Model-Castingshows?
o Möchtest du auch einmal Kandidatin in einer Model-Castingshow sein?
Glaubst du, dass die Kandidatinnen von Model-Castingshows für andere
Jugendliche ein Vorbild sein können?
o Welche Eigenschaften machen die Kandidatinnen zu Vorbildern?
Glaubst du, dass man automatisch beliebter ist, wenn man gut aussieht und ein
gutes Auftreten hat?
Glaubst du, dass man durch ein gutes Aussehen auch im Beruf erfolgreich sein
kann?
o Glaubst du, dass du auch das Potential hast, durch dein Aussehen
berühmt zu werden? / Würdest du das gerne?
S e i t e | 103
Lebenssituation92
Tagesablauf / Freizeit
o Beschreibe doch einmal, wie ein typischer Tag bei dir so aussieht?
o Was machst du speziell in deiner Freizeit? (Hobbys, Vereine, lieber alleine
oder mit anderen zusammen etc.)
Wohnsituation
o Wie wohnst du (Wohnung/Haus, eigenes Zimmer etc.)?
o Bist du mit deiner Wohnsituation zufrieden? / Fühlst du dich zuhause
wohl?
Freunde
o Wie groß ist ungefähr dein Freundeskreis?
o Habt Ihr eine feste Clique? Wie viel seid Ihr da?
o Sind deine Freunde und Freundinnen gleich alt wie du, oder eher älter
oder eher jünger?
o Hast du einen besten Freund/eine beste Freundin?
o Was machst du so, wenn du dich mit deinen Freunden und Freundinnen
triffst?
o Kannst du mit deinen Freunden und Freundinnen über Probleme reden?
Wenn ja, was sind das für Themen, über die ihr dann sprecht?
o Fühlst du dich bei deinen Freunden und Freundinnen akzeptiert /
aufgehoben?
Partnerschaft
o Hast du eine feste Freundin/einen festen Freund (Partner/Partnerin)?
o Kannst du mit ihm/ihr über deine Probleme reden? Wenn ja, worüber
sprecht ihr da?
Familie
o Aus welchen Mitgliedern setzt sich deine Familie zusammen?
o Wie
würdest
du
dein
Verhältnis
Familienmitgliedern beschreiben?
zu
den
unterschiedlichen
(Ausführen lassen! Wo liegen
Probleme/Konflikte)
92
Fragen zur Lebenssituation in Anlehnung an Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009
S e i t e | 104
o Kannst du in deiner Familie über deine Probleme reden?
o Fühlst du dich in deiner Familie akzeptiert / aufgehoben?
Schule / Lehre / Beruf
o Gehst du gerne in die Schule / zur Arbeit?
o Wie ist dein Verhältnis zu deinen Mitschüler(innen) / Kolleg(innen)
o Wie ist dein Verhältnis zu deinen Lehrer(innen) / Vorgesetzten?
S e i t e | 105
8.2
Codewortbaum
Genutzte Castingshows
Art/Begründung Nutzung
Bewertung
Stellenwert im Alltag
Model-Castingshows
Bewertung Allgemein
Germany’s Next Topmodel
Austria’s Next Topmodel
Kandidatinnen
Vorbildwirkung
Beurteilung Jury
Crossmediale Castingshow-Nutzung
Schönheitsideal
Beurteilung der eigenen Person
Bewertung von Schönheit
Persönlicher Umgang mit Schönheit(sidealen)
Allgemein Vorbild/Idol aus Medien
Nachspielen von Medieninhalten
Medienbesitz
Mediennutzung allgemein
Musik / MP3
Filme
TV
Beurteilung
Stellenwert im Alltag
Gründe für Nutzung
Lieblingssender
Lieblingssendungen
Radio
Lesen allgemein
Jugend-/Frauenzeitschriften
Computer/Internet
Beurteilung
Stellenwert im Alltag
Handy
S e i t e | 106
Mediennutzung in der Familie
Gespräche über Medieninhalte
Familie
Freunde
Lebenssituation
Tagesablauf
Wohnsituation
Freundeskreis/Partnerschaft
Familie
Schule/Lehre
Hobbys
S e i t e | 105
8.3
Einzelfalldarstellungen
Einzelfälle Stadt
Adem
17 Jahre, formal niedriger gebildet, Stadt
Motto
Model-Castingshows müssen was für’s Auge bieten und unterhaltsam sein.
Soziales und familiäres Umfeld
Adem ist 17, stammt ursprünglich aus der Türkei, und lebt gemeinsam mit seinen
Eltern und einer 7-jährigen Schwester in einem Stadtteil mit hohem Anteil an
Migranten. Er fühlt sich in seinem Stadtviertel wohl und versteht sich auch gut mit
seiner Familie. Adem hat keine feste Clique, dennoch ist er gut integriert und hat
das Gefühl, mit allen Jugendlichen in seiner unmittelbaren Umgebung befreundet
zu sein. Er hat keinen besten Freund bzw. keine beste Freundin mit dem/der er
über Probleme sprechen könnte. Dies ist ihm aber offenbar auch nicht wichtig.
Nach der Schule trifft er sich mit seinen Freunden im Jugendzentrum oder
verabredet sich zum Fußballspielen oder am Kebapstand um die Ecke.
Adem besucht derzeit die Polytechnische Schule und strebt danach eine Lehre als
Einzelhandelskaufmann an.
Allgemeine Mediennutzung
Wenn Adem die von ihm genutzten Medien nach ihrer Bedeutung reihen müsste,
so würde für ihn das Fernsehen – allerdings dicht gefolgt vom Internet – an erster
Stelle kommen. Ein Leben ohne Fernsehen könnte er sich nicht vorstellen.
„Ja, manchmal sehe ich 24 Stunden fern, weil einfach nur Gutes im
Fernsehen ist.“
In seinem Zimmer läuft ständig das Fernsehgerät; es dient oft als NebenbeiMedium während Adem im Internet surft. In den seltenen Fällen, dass er für sich
nichts Passendes im Fernsehen findet, hört er während des Surfens über YouTube
Musik.
Adems Lieblingssender ist Pro7; auf diesem laufen auch seine Lieblingssendungen
Alle hassen Chris und Scrubs. Zuweilen sieht er sich auch diverse Serien auf MTV an.
Mit Ausnahme seiner Lieblingsserien ist Adems Fernsehnutzung jedoch selten
tatsächlich zielgerichtet; zumeist nutzt er einfach das, worauf er gerade stößt.
Lediglich türkische Nachrichten erwecken sein besonderes Interesse, da er über
sein Herkunftsland genau informiert und auf dem Laufenden gehalten werden
möchte. Diese Nachrichtensendungen nutzt er bewusst und zielgerichtet.
Die soziale Kontaktplattform Facebook ist ihm besonders wichtig, da sie ihm zur
Kommunikation mit Freunden dient. Neben Facebook ist Adem auch sein Handy
wichtig, um für seine Freunde ständig erreichbar zu sein. Im Internet sieht er sich
des Weiteren gerne Filme an, spielt Online-Spiele und recherchiert auch
regelmäßig nach aktuellsten Informationen zum Thema Fußball.
Neben der Nutzung von Computer und Fernsehen spielt er ebenso gerne FußballSpiele auf seiner Playstation. Andere Medien, wie etwa Radio, Bücher, Zeitungen
oder Zeitschriften haben in Adems Alltag eher eine geringe Bedeutung.
Medienumgang in der Familie
Das Fernsehen ist das meistgenutzte Medium in Adems Familie sowohl er als auch
seine Eltern und seine Schwester entspannen nach der Schule bzw. nach der Arbeit
vor dem Fernseher. Seine Eltern nutzen in erster Linie türkische Programme.
Dezidierte Regeln im Hinblick auf die genutzten Fernsehinhalte sowie die
tatsächliche Fernsehdauer existieren in Adems Familie nicht. Da die Kinder jeweils
einen eigenen Fernsehapparat besitzen und Adem zudem einen eigenen Computer
mit Internetanschluss sowie eine Playstation auf seinem Zimmer hat, haben seine
Eltern auch wenig Überblick über die Mediennutzungsgewohnheiten ihrer Kinder.
Gespräche über Medieninhalte finden in Adems Familie eher selten statt, auch
wenn regelmäßig gemeinsam ferngesehen wird. Die Kommunikation über die
Fernsehinhalte beschränkt sich dabei jedoch auf kurze Kommentare zum aktuellen
Geschehen.
S e i t e | 106
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Adem unterhält sich aber gerne mit seinen Freunden über diverse Fernsehinhalte,
besonders gerne spricht er dabei über Szenen aus diversen Serien, die er lustig
findet.
Für Adem müssen Models ein perfektes Aussehen haben und er ist davon
überzeugt, dass die Kandidatinnen der Model-Castingshows diesbezüglich einen
„positiven Einfluss auf andere Mädchen haben“ und diese dazu animieren, „an sich
zu arbeiten“, um ebenfalls diesen Schönheitsidealen zu entsprechen. Ob sich
Mädchen durch diese über Model-Castingshows vermittelten Schönheitsideale
unter Druck gesetzt fühlen, ist ihm egal. Für ihn zählt „das Ergebnis“, sprich
schlanke Frauen mit perfekter Figur.
Castingshows im Allgemeinen
Adem nutzt unterschiedliche Castingshows; generell bevorzugt er türkische
Castingshows, die er auch mit größerer Aufmerksamkeit als die deutschsprachigen
Varianten verfolgt. Großen Gefallen findet er aber auch an Deutschland sucht den
Superstar, weil es ihm Spaß macht, wenn die KandidatInnen durch die Figur Dieter
Bohlen heruntergemacht werden. Seine Castingshownutzung beschränkt sich
allerdings auf das Fernsehen und er nutzt keine zusätzlichen Medien (z.B. das
Internet oder Zeitschriften), um sich etwa über KandidatInnen oder verpasste
Sendungen zu informieren.
Model-Castingshows
Deutschsprachige Model-Castingshows wie Germany’s Next Topmodel oder
Austria’s Next Topmodel nutzt Adem nicht gezielt, dennoch verweilt er immer bei
diesen Sendungen, wenn er darauf stößt, während er durch das Programm zappt.
Besonderen Gefallen findet er dabei an den „schönen Körpern der Kandidatinnen“,
weniger mag er allerdings, wenn die präsentierten Frauen zu selbstbewusst und
seiner Meinung nach „zu eingebildet und zu selbstverliebt“ sind. Deshalb zieht er
auch die türkische Show Top Model Turkiye’s den deutschen Formaten vor, da sich
die türkischen Kandidatinnen gemäß seiner Wahrnehmung weniger offensiv
präsentieren.
Die Aufgabe der Jury ist es in den Augen Adems, das Publikum aufzuheitern. Er
sieht sie diesbezüglich als ein wichtiges Element von Model-Castingshows. Auch
wenn ihm manche Kommentare übertrieben erschienen, findet er Gefallen daran,
wenn die Kandidatinnen heruntergemacht werden. Adem findet die Juryurteile in
Model-Castingshows in der Regel fair.
Für Adem gilt es generell als zentrales Attraktivitätsmerkmal, dass Frauen schlank
und wohlgeformt sind und auch Männer sollten seiner Meinung nach keinesfalls zu
kräftig sein und eine sportliche und durchtrainierte Figur haben. Er selbst findetsich
gut aussehend, auch wenn er gerne noch etwas schlanker und trainierter wäre.
Wichtig sind ihm auch ein gepflegtes Auftreten sowie die passende Kleidung. Er
legt sehr viel Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild, auch wenn er der Meinung
ist, dass ein gutes Aussehen nicht unbedingt zentral für beruflichen Erflog ist.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Adem hat kein besonderes Vorbild aus den Medien. Er interessiert sich aber sehr
für Fußball und deshalb gefallen ihm auch berühmte Fußballstars. Des Weiteren
begeistert er sich für den US-amerikanischen Schauspieler Will Smith und betont,
dass es ihm besonders gefällt wie dieser in actionreichen Szenen auftritt.
„Ich mag Will Smith. Er macht immer Action … er ist einfach so ein
Adrenalintyp.“
Zusammenfassung
Adem fühlt sich in seiner Familie wohl und hat einen großen Freundeskreis. Er sieht
sehr viel fern und zappt dabei meistens ziellos durch unterschiedliche Sender.
Gerne sieht er sich türkische Programme an, aber, wenn er beim Durchzappen auf
(Model-)Castingshows wie etwa Germany’s Next Topmodel stößt, sieht er sich
diese bewusst an. Ihm gefällt vor allem die Art und Weise, wie die KandidatInnen
präsentiert und kritisiert werden. Einerseits ist es für ihn unterhaltsam, wenn die
jungen Frauen von der Jury hart beurteilt werden, andererseits gefallen ihm die
wohlgeformten Körper der Kandidatinnen. Generell ist für ihn das Thema
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Schönheit sehr wichtig. Dabei orientiert sich Adem an den medienvermittelten
Schönheitsidealen wie „schlank“, „sportlich“, „jung“ und „dynamisch“. Es bedeutet
ihm viel, dass auch er gut gekleidet ist und eine attraktive Ausstrahlung hat.
Afet
15 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Motto
Ich liebe einfach Castingshows!
Soziales und familiäre Umfeld
Afet ist 15 Jahre alt, besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium und lebt mit
ihrer Mutter, einem älteren und einem jüngeren Bruder sowie einer jüngeren
Schwester in einer großen Wohnung in der Stadt; ihr Vater lebt nicht mehr bei der
Familie. Die Familie stammt ursprünglich aus der Türkei. Afet ist aber bereits in
Österreich geboren und die Familie ist sehr gut integriert. Das Mädchen fühlt sich
zu Hause sehr wohl, hat einen großen Freundeskreis und ist auch bei ihren
MitschülerInnen äußerst beliebt. Afet ist sehr attraktiv und ist sich dessen auch
bewusst; jeden Morgen nimmt sie sich extra Zeit, um sich zu schminken und ihre
Haare, auf die sie sehr stolz ist, zu frisieren.
Allgemeine Mediennutzung
Afets Lieblingsmedium ist das Internet, das in erster Linie zur Kommunikation mit
ihren FreundInnen über Facebook und SchülerVZ nutzt. Zum Teil sieht sie auch über
ihren Laptop fern oder lädt sich Musik aus dem Internet herunter. Seit kurzem
besitzt sie ein eigenes Fernsehgerät, das sie häufig als Hintergrundmedium nutzt.
Des Weiteren ist es Afet besonders wichtig, rund um die Uhr über ihr Handy
erreichbar zu sein.
Medienumgang in der Familie
Manchmal sieht Afet gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester ModelCastingshows. Dies führt zumeist zu heftigen Diskussionen zwischen den Mädchen,
weil jede eine andere Favoritin hat. Mit den anderen Familienmitgliedern spricht
Afet selten über Medieninhalte.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Manchmal trifft sich Afet mit ihren Freundinnen, um gemeinsam fernzusehen oder
sich einen Film auf DVD anzusehen. Alle teilen Afets Begeisterung für Germany’s
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Next Topmodel. So ergeben sich häufig Gespräche über die Kandidatinnen und
über die Show im Allgemeinen.
Castingshows im Allgemeinen
Afets Lieblingssendungen sind Germany’s Next Topmodel und Desperate
Housewifes. Sie hat generell eine große Vorliebe für Castingshows und sieht sich
neben deutschsprachigen Formaten auch die Musik-Castingshow X-Factor, die
Designer-Castingshow Project Runway sowie America’s Next Topmodel und
Britain’s Next Topmodel an. Türkische Castingshows mag sie jedoch nicht, weil
diese in ihren Augen billig und den internationalen Shows nachgemacht sind. Paris
BFF, in der Paris Hilton eineN neueN besteN FreundIn sucht, lehnt sie ebenfalls
vehement ab, weil ihr diese Show „zu blöde“ ist. Großen Gefallen findet sie
allerdings an Popstars, da in dieser Castingshow die Musik sehr zentral ist.
Model-Castingshows
Trotz ihrer großen Begeisterung setzt sich Afet auch differenziert mit (Model-)
Castingshows auseinander. So merkt sie beispielsweise kritisch an, wie leicht die
Inszenierung von Germany’s Next Topmodel zu durchschauen sei, dass in jeder
Staffel die gleichen Typen vorkommen („die Heulsuse, die Tussi und die Emanze“)
und dass sich die Ereignisse ständig wiederholen. Dennoch genießt Afet es,
während der Show mit den Kandidatinnen mitzuleben, und sucht sich zu Beginn
jeder Staffel drei bis vier Kandidatinnen aus, denen sie einen Sieg zutraut, um
deren Entwicklung in jedem Detail mitzuverfolgen. Bei der Auswahl der
Kandidatinnen geht es Afet allerdings nicht in erster Linie um Schönheit, sondern
um Ehrgeiz und den Willen, zu gewinnen. Diese Eigenschaften bewundert sie auch
an den Kandidatinnen.
Auch abseits ihres Fernsehkonsums setzt sich Afet kritisch mit Castingshows
auseinander und liest Bücher zu entsprechenden Fernsehangeboten, über den
Beruf des Models (beispielsweise Autobiographien) aber auch über Magersucht
und andere Essstörungen, die im öffentlichen Diskurs mit Model-Castingshows in
Verbindung gebracht werden. Afet interessiert dabei vor allem welche Erfahrungen
junge Mädchen im Modelgeschäft machen. Sie steht auch dem in ModelCastingshows vermittelten Schönheitsideal kritisch gegenüber und beschreibt Lena
Gercke, die Gewinnerin der ersten Staffel von Germany’s Next Topmodel, als
abschreckendes Beispiel.
„Da hab ich mir gedacht ‚wow ist die dünn! […] Die war wirklich dünn diese
Frau. Die hat ja wirklich einen großen Kopf gehabt dafür, dass sie so dünne
Beine gehabt hat. Das war wirklich schlimm.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Auch wenn Schönheit für Afet ein sehr wichtiges Thema ist, lehnt sie sich bei ihrer
Definition von Attraktivität wenig an das Vorbild der Kandidatinnen an. Sie findet
es wichtig, dass Kleidung, Accessoires, Make-up und Typ einer Frau ein
harmonisches Ganzes ergeben. Hübsche Frauen haben nach Afets Vorstellung
lange Haare, ein schönes Gesicht und sind gepflegt; sie müssen aber keineswegs
extrem schlank oder groß sein. Dabei beschreibt sie sich in erster Linie selbst: Sie
ist mit ihrem Aussehen sehr zufrieden und weiß, dass sie den Jungen gefällt,
obwohl sie relativ klein ist und nach ihrem empfinden etwas zu dicke Oberschenkel
hat. Sie glaubt, dass man es im Berufsleben viel leichter und mehr Chancen hat,
wenn man gut aussieht.
„Ja, das ist ein Fakt, dass hübsche Mädchen einfach beliebter sind.“
Vorbilder/Idole aus den Medien
Afet nimmt sich kaum ein Vorbild an Medienfiguren. Dennoch vergleicht sie sich
gerne mit attraktiven Stars wie Selina Gomez und Eva Longoria.
Zusammenfassung
Afet ist ein äußerst selbstbewusstes und intelligentes Mädchen. Sie weiß, dass sie
hübsch ist und auf gleichaltrige Jungen einen großen Eindruck macht. Deshalb ist
sie auch ein wenig selbstverliebt und vergleicht sich gerne mit attraktiven Stars. Sie
rezipiert unzählige Castingshows und genießt es, mit einzelnen KandidatInnen
mitzuleben. Sie fasziniert die Welt der Mode und Models und liest viel darüber.
Afet ist aber auch sehr kritisch, durchschaut die Inszenierung der ModelCastingshows und macht ihre Freundinnen auf Brüche aufmerksam. Auch wenn ihr
die Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel sehr gefallen, sind sie ihr keine
Vorbilder.
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Danija
Allgemeine Mediennutzung
15 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Danija ist eine sehr kommunikative Persönlichkeit und ihr ist es wichtig, wenn
möglich rund um die Uhr mit ihren FreundInnen in Kontakt zu bleiben. Daher ist für
sie auch das Handy eines der wichtigsten Medien.
Motto
Im Fernsehen erfahre ich, was schön und chic ist.
Soziales und familiäres Umfeld
Danija ist 15 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer zehnjährigen
Schwester in einer Wohnung in einer guten Lage am Stadtrand. Sie kommt aus
einer bildungsnahen Familie mit slowakischem Migrationshintergrund; beide Eltern
haben Abitur, der Vater ist Akademiker. Danija und ihre Schwester besuchen
ebenfalls das Gymnasium.
Das Mädchen versteht sich sehr gut mit ihrer Familie. Zu ihrer Mutter hat sie ein
freundschaftliches Verhältnis, weil sich diese laut Danija sehr jugendlich gibt. Sie
geht gerne gemeinsam mit ihrer Mutter einkaufen und teilt mit ihr ein großes
Interesse für Mode. Sie kann mit ihrer Mutter über alles reden und wendet sich
auch mit Problemen zu allererst an sie. Aber auch zu ihrem Vater hat Danija ein
äußerst gutes Verhältnis. Sie beschreibt ihn als „voll den Lieben und
Verständnisvollen“ und wendet sich vor allem bei schulischen Angelegenheiten an
ihn.
Danija hat einen großen Freundeskreis und ist viel mit älteren Jugendlichen
zusammen, da sie sich in deren Gesellschaft wohler als unter Gleichaltrigen oder
Jüngeren fühlt.
„Also ich bin schon sehr reif für mein Alter. […] Mit meinen älteren
Freunden rede ich viel erwachsener und reifer als mit Jüngeren, denn die
nehmen einfach nicht so viel ernst. Man kann mit älteren Freunden
wirklich über ernstere Sachen reden.“
In der Schule fühlt sich Danija sehr wohl und sie hat auch dort viele FreundInnen.
„Das Handy ist überlebenswichtig. Wahrscheinlich ist das bei mir so, weil
ich eher so ein Kommunikationstyp bin. Ich brauche immer jemanden um
mich, also meine Freunde.[…] Ja, ohne Handy wäre ich voll
aufgeschmissen! Und das Blödeste ist, ich bilde mir manchmal ein, dass ich
eine SMS bekommen hab und da ist aber nichts! Das ist so doof!“
Schon in der Früh telefoniert sie auf ihrem Schulweg und bis zu Unterrichtsbeginn
mit Freundinnen, die eine andere Schule besuchen. Wenn ihr während des
Unterrichts langweilig ist, schreibt sie SMS oder hört über ihr Handy Musik. Auch
der Heimweg von der Schule ist von Telefonieren, SMS schreiben und Musikhören
über Handy geprägt. Zuhause entspannt sie nach dem Mittagessen eine halbe
Stunde bis eine Stunde vor dem Fernseher und bevor sie zum Handball-Training
geht.
„Vor dem Fernseher da ist einfach so eine Chill-out-Zone. Das ist nämlich so
ein Ort, wo ich einfach so über gar nix nachdenke und mich einfach darauf
konzentriere, was ich gerade schaue, und so einfach relaxe.“
Sie hat einen eigenen Fernseher und nutzt diesen täglich circa zwei Stunden. Das
Fernsehen dient Danija häufig als Hintergrundmedium, etwa neben dem Surfen im
Internet oder dem Telefonieren mit Freundinnen, oder einfach zur Entspannung.
Ihre Lieblingssender sind Pro7 und VOX, des Weiteren nutzt sie auch RTL, MTV und
Kabel1. Ihre Lieblingssendung Taff dient ihr zur regelmäßigen Information über die
aktuellsten Ereignisse aus der Society-Welt. Die Jugendserie One Tree Hill verfolgt
Danija mit großer Aufmerksamkeit, da in dieser auch Themen behandelt werden
die in ihrem Leben als Jugendliche von Relevanz sind und sie sich daher sehr gut in
die einzelnen Figuren einfühlen kann. Manchmal liest Danija auch Zeitschriften für
junge Frauen wie etwa Touch oder Inside.
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Medienumgang in der Familie
In Danijas Familie wird das Fernsehen als ständiges Hintergrundmedium genutzt;
für sie ist es „ein Zeichen, dass wer zu Hause ist.“ Ihre jüngere Schwester hat zwar
etwas andere Fernsehvorlieben als Danija, dennoch schauen die Mädchen des
Öfteren gemeinsam fern und sprechen auch regelmäßig über diverse
Fernsehinhalte. Es kommt eher selten vor, dass die gesamte Familie gemeinsam
fernsieht, da die beiden Schwestern nicht den Geschmack ihrer Eltern teilen. Ab
und an spricht Danija aber auch mit ihren Eltern über das Fernsehen oder über
andere Medienerlebnisse. Danijas Mutter hält nicht viel von Germany’s Next
Topmodel, dennoch sieht sie sich diese Model-Castingshow zuweilen gemeinsam
mit ihren Töchtern an und lässt sich dabei in Gespräche über die Kandidatinnen
verwickeln.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Danija und ihre Freundinnen sind Germany’s Next Topmodel Fans und sprechen
täglich über die Kandidatinnen, die Ereignisse in der Show sowie über die darin
präsentierten neuesten Modetrends.
Castingshows im Allgemeinen
Seit der ersten Staffel von Germany’s Next Topmodel verpasst Danija keine Folge.
Wenn sie mehr über eine Kandidatin wissen will, recherchiert sie auch im Internet
und sucht nach zusätzlichen Informationen zur Show. Austria’s Next Topmodel hat
für sie keinen Reiz; sie bezeichnet die österreichische Variante als nachgemacht
und künstlich.
Model-Castingshows
Danija sieht regelmäßig Germany’s Next Topmodel. Sie kritisiert allerdings, dass die
Show im Vergleich zu früheren Staffeln „künstlicher“ geworden sei und die
Kandidatinnen nicht mehr so authentisch seien. Dennoch mag sie diese ModelCastingshow.
In jeder Staffel hat sie eine Favoritin, der sie bis zum Schluss treu bleibt, und hofft,
dass diese gewinnt. Die Disziplin der Kandidatinnen und deren Fleiß bewundert sie
sehr. In der Gruppendiskussion meint sie, dass es ganz klar sei, dass die schönste
Kandidatin die Show gewinnen muss. Generell betont sie aber, dass für sie nicht
nur das Aussehen der Kandidatinnen, sondern auch deren Persönlichkeit sehr
wichtig ist. Dabei hebt sie besonders die Kooperation mit den Konkurrentinnen
hervor.
Danija findet die Jury zwar oft sehr streng, aber trotzdem notwendig. Sie
rechtfertigt die Urteile der Jury indem sie deren Mitgliedern – und im Besonderen
Heidi Klum – eine große fachliche Kompetenz zuschreibt.
„Wenn sie da voll viel verlangen, dann wissen sie auch warum, weil sie
selber in dieser Branche sind und wissen, was verlangt wird.“
Dennoch rezipiert Danija Germany’s Next Topmodel nicht unkritisch. So macht sie
auch auf Brüche aufmerksam, beispielsweise, dass die Kandidatinnen beim
genüsslichen Essen und Naschen gezeigt werden obwohl diese ihrer Meinung nach
Kalorien zählen müssten, oder dass Heidi Klum Werbung für McDonalds macht
bzw. als vierfache Mutter unglaubwürdig wirkt. Dies kritisiert Danija zwar heftig,
aber für ihren persönlichen Mediengenuss ist ihr das egal. Sie sieht sich Germany’s
Next Topmodel als Entspannung und Unterhaltung nach einem anstrengenden Tag
und will dabei gerade nicht reflektiert sein und „viel denken“, da das in der Schule
und im Training permanent von ihr gefordert wird. Sie holt sich jene Dinge aus der
Show, die sie am meisten ansprechen und das ist in erster Linie das Thema
Schönheit, dass sie auch in ihrem übrigen Leben sehr beschäftigt.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Germany’s Next Topmodel dient Danija vor allem auch zur Information über
aktuelle Modetrends sowie Schmink- und Stylingtipps. Ihr ist es wichtig zu
erfahren, wie eine junge Frau aussehen muss und welche Kleidung und Accessoires
sie braucht, um aufzufallen. Sie nimmt sich auch ein Vorbild an den schlanken
Körpern der Kandidatinnen und versucht diesen nachzueifern, allerdings spielt sie
dies herab, da ihr bewusst ist, dass ein derartiges Verhalten sozial unerwünscht ist.
„Ich bin zwar so eine, die das nicht wirklich sinnvoll findet. Aber wenn ich
jetzt so eins von den Mädchen sehe und dass die voll schlank ist und voll
hübsch ist und so, dann will ich auch so sein und dann halte ich zum
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Beispiel ein paar Tage Diät. Aber dann schaffe ich es nicht mehr länger.
Aber eigentlich halte ich nichts davon.“
Danija betont einerseits, dass Schönheit alleine nicht alles sondern der Charakter
eines Menschen wesentlich wichtiger sei. Gleichzeitig räumt sie aber ein, dass es zu
Beginn eines neuen Schuljahres in einer fremden Schule wichtig sei, gut
auszusehen, um beliebt zu sein und schnell neue Freunde zu finden. Das Mädchen
verbringt daher auch jeden Morgen viel Zeit, um sich zu schminken und die
passende Kleidung auszuwählen. Sie möchte perfekt „im Trend liegen“, auch wenn
sie dafür plädiert, sich nicht zu sehr nach anderen richten und einen eigenen Weg
finden zu wollen. Für sie steht dies allerdings nicht im Widerspruch zu ihrer starken
Orientierung an an medienvermittelten Schönheitsidealen.
Vorbilder in den Medien
Eine von Danijas Vorbildern ist Eva Longoria, eine Schauspielerin der Serie
Desperate Housewifes, in der sie viele Parallelen zu sich selbst entdecken kann.
„Ich find sie voll sympathisch, sie ist ja auch so klein wie ich. Sie ist einfach
nur weiblich und lieb und süß und so, also ziemlich fesch.“
Danija bestreitet zwar, sich ein Vorbild an den Kandidatinnen von ModelCastingshows zu nehmen, dennoch bewundert sie diese um deren Selbstdisziplin,
beispielsweise wenn es um sportliche Betätigung oder die strenge Einhaltung eines
Diätplanes geht.
Zusammenfassung
Danija hat einen sehr strengen Tagesablauf und genießt es, nach einem
anstrengenden Handball-Training vor dem Fernseher zu entspannen. Germany’s
Next Topmodel sieht sie vor allem zur Unterhaltung. Obwohl sie sehr reflektiert ist
und beispielsweise Brüche in der Inszenierung der Figur Heidi Klum entdeckt,
möchte sie ihre Lieblings-Castingshow einfach genießen und gerade nicht kritisch
über verschiedene Handlungen und Inhalte nachdenken. Die Model-Castingshow
dient ihr ebenso als Informationsquelle über die aktuellsten Modetrends. Dies ist
Danija sehr wichtig, da das Thema Mode in ihrem Leben einen zentralen
Stellenwert hat. Deshalb bewundert sie auch die perfekten Figuren der
Kandidatinnen, denen sie zuweilen nacheifern möchte. Ihr ist allerdings ebenso
bewusst, dass dieses Verhalten – gerade in jenem formal höher gebildeten Umfeld,
in dem sie aufwächst – sozial unerwünscht ist und versucht dies daher in der
Gruppendiskussion herabzuspielen.
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Danijel
Medienumgang in der Familie
16 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
In Danijels Familie wird viel gemeinsam ferngesehen. Seine Eltern nutzen zumeist
kroatische Sender und sind besonders an aktuellen Informationen über Kroatien
interessiert. Diese dienen des Öfteren als Anlass für Gespräche in der Familie; so
wird auch häufig über den Balkankrieg und dessen Folgen wird diskutiert.
Motto
Toll, wie die Mädchen ihren Traum verwirklichen.
Soziales und familiäre Umfeld
Danijel ist 16 Jahre alt und lebt mit seinen Eltern und einer großen Schwester in
einer Wohnung in der Stadt. Seine Familie stammt ursprünglich aus Kroatien und
fühlt sich immer noch stark mit ihrem Heimatland verbunden. Danijels Eltern
nutzen primär kroatische Fernsehsender und versuchen ihren Kindern auf diese
Weise die kroatische Kultur zu vermitteln. In Danijels Freizeit dreht sich alles um
Fußball. So spielt er auch aktiv in einer Mannschaft und trainiert regelmäßig in
seinem Verein; er träumt von einem internationalen Durchbruch als professioneller
Fußballspieler.Danijel hat einen großen Freundeskreis und einen besten Freund mit
dem er über alles reden kann. Er hat auch eine feste Freundin, der er aber nicht
alles anvertrauen möchte aus Angst, sie könnte ihn falsch verstehen. In seiner
Schule, einem naturwissenschaftlichen Gymnasium, fühlt er sich sehr wohl, auch
wenn er ein schlechter Schüler ist.
Allgemeine Mediennutzung
Danijel verfügt weder über einen eigenen Fernseher noch über einen eigenen
Computer. Wenn er in seinem Zimmer ist, hört er daher zumeist Musik über sein
Handy. Er hat jedoch uneingeschränkten Zugang zum Computer seiner Schwester
und hat darüber auch eine Internetanbindung, die ihm sehr wichtig ist, da er gerne
online Fußballspiele spielt, sich über aktuelle Bundesligaergebnisse informiert und
die Kontaktplattformen Facebook und Eventshooters nutzt.Manchmal liest Danijel
auch im Sportteil der regionalen Tageszeitung; Bücher interessieren ihn gar nicht.
Lokalnachrichten.
Danijel sieht auch regelmäßig fern, besonderen Gefallen findet er an ComedySerien wie What’s up Dad? oder Two and a half men an.
Danijel: Ja meistens unterhalten wir uns drüber was im Krieg war, da bei
uns im Balkankrieg vor 20 Jahren oder so. Was jetzt die Täter und so
machen, weil es gibt eben immer noch Leute, da wurden die Häuser
bombardiert und was weiß ich und so und die haben noch immer kein Geld
bekommen oder so. Die ganze Zeit reden wir meistens über so etwas. Oder
über irgendwelche Schäden, dass zum Beispiel einer an der Leber erkrankt
ist und ihm das Bein abgenommen wurde und dann… und keiner hat was
dagegen getan im Staat. Solche Probleme halt.
Interviewer: Beschäftigt euch das viel in der Familie?
Danijel: Ja, eigentlich schon. Es ist schon schockierend, wenn man das
anschaut. Und dann denkt man sich, das könnte ja mir auch vielleicht
passieren oder so.
Danijels Schwester und seine Mutter sehen regelmäßigGermany’s Next Topmodel.
Der Jungebezeichnet diese Model-Castingshow als Frauenprogramm und es ist ihm
peinlich, darüber zu sprechen. So betont er auch im Einzelinterview, dass er sich
Germany’s Next Topmodel nur „gezwungener Maßen“ ansehe, wenn der Fernseher
durch seine Mutter und seine Schwester „besetzt“ sei. Er bezeichnet die ModelCastingshow als „an sich eher langweilig“ und beteiligt sich auch bewusst nicht an
der Anschlusskommunikation zwischen den beiden Frauen.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Mit seinen Freunden spricht Danijel kaum über Medienerlebnisse. Auch vor ihnen
ist es ihm peinlich zuzugeben, dass er sich manchmal Germany’s Next Topmodel
ansieht, denn in diesem, ausschließlich aus männlichen Jugendlichen bestehenden,
Freundeskreis werden Model-Castingshows nicht geschätzt und als mädchenhaft
abgetan.
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Castingshows im Allgemeinen
Danijel nutzt eher unregelmäßig Musik-Castingshows. Da ihn Dieter Bohlens
abfällige Kommentare amüsieren, sieht er sich hin und wieder Deutschland sucht
den Superstar an.
Model-Castingshows
Auch wenn Danijel sein Interesse für Germany’s Next Topmodel nicht zugeben will,
leistet er seiner Mutter und seiner Schwester regelmäßig Gesellschaft, wenn sich
diese die Model-Castingshow ansehen. Er bewundert die Kandidatinnen und
legitimiert dies für sich dadurch, dass er Parallelen zum Profi-Fußball zieht.
„Ja, ich finde das schon gut, dass die das machen und so. Weil die wollen
auch ihren Traum verwirklichen und da denk ich mir halt, ich würde auch
voll viel machen für Fußball. Und genauso machen die das für ihre
Modelkarriere.“
Danijel erlebt die Höhen und Tiefen, welche die Kandidatinnen von Germany’s Next
Topmodel im Laufe der Show durchmachen, intensiv mit und zieht Parallelen zu
seinem eigenen Leben. In seinem Wunsch als Fußballer den internationalen
Durchbruch zu schaffen, nimmt er sich diese jungen Frauen zum Vorbild, auch
wenn er keine spezielle Favoritin hat. Er ist auch davon überzeugt, dass die
Kandidatinnen für andere Jugendliche – besonders für Mädchen – eine
Vorbildfunktion haben können.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Auch wenn Danijel für sich vor allem die Botschaft, hart an sich zu arbeiten, um
seine Ziele zu erreichen, aus der Model-Castingshow mitnimmt, lassen sich ebenso
in seiner Auseinandersetzung mit medienvermittelten Schönheitsidealen Bezüge zu
Germany’s Next Topmodel herstellen. Attraktive Personen sehen für ihn so aus, wie
er es aus dem Fernsehen kennt. Sie sollen einen „schönen Körper und ein
freundliches Gesicht“ haben: Männer müssen durchtrainiert „wie Fußballer [sein],
damit man ihre Muskeln am Körper sehen kann“ und Frauen müssen schlank sein
und lange Haare haben. Sie brauchen zwar keine Models zu sein, aber „eine Frau
wie aus Germany’s Next Topmodel“ würde ihm dennoch sehr gefallen. Mit seinem
eigenen Körper ist Danijel sehr zufrieden und es ist ihm wichtig, gut auszusehen.
Deshalb nimmt er sich jeden Morgen extra Zeit, um seine Haare „zu stylen“ und die
passende Kleidung auszuwählen. Er möchte auf andere einen guten Eindruck
machen und ist davon überzeugt, dass man durch gutes Aussehen auch beruflich
viele Vorteile hat.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Danijels großes Vorbild ist Jan Mudric, ein Kroate, der im Fußball den
internationalen Durchbruch geschafft hat und derzeit bei Manchaster United spielt.
Der Junge träumt davon, einmal eine ähnliche Karriere zu machen.
Zusammenfassung
Danijel träumt von einer Karriere als Fußballstar; den Großteil seiner Freizeit
widmet er dem Fußballspielen. Er zeigt eine große Bewunderung für die
Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel und zieht dabei Parallelen zu seinen
persönlichen Wünschen. In der Model-Castingshow sieht er sich darin bestätigt,
dass es möglich ist, den Traum von beruflichem Erfolg durch Disziplin und harte
Arbeit zu verwirklichen. Er nimmt sich ein Beispiel an den Kandidatinnen und ist
dazu bereit, wie diese alles für eine internationale Karriere zu geben. Da sein
soziales Umfeld von traditionellen Männerbildern geprägt ist und „Mann“ sich
keine Model-Castingshows ansieht bzw. wenn, dann nur, um über dieses
„Frauenformat“ zu lästern, ist es ihm peinlich, seine Faszination für Germany’s Next
Topmodel zuzugeben. Sein Interesse an dieser Model-Castingshow legitimiert er für
sich dadurch, dass er Parallelen zum Profi-Fußball zieht.
S e i t e | 114
Hawa
16 Jahre, formal niedriger gebildet, Stadt
Motto
Ich liebe es zu beobachten.
Soziales und familiäres Umfeld
Hawa ist 16 Jahre alt, sehr ruhig und wirkt eher unscheinbar. Sie kommt aus einer
eher bildungsfernen Familie mit türkischem Migrationshintergrund und hat einen
älteren (20 Jahre), einen jüngeren Bruder (12 Jahre) sowie eine ältere Schwester
(21 Jahre), die bereits von zu Hause ausgezogen ist. Gemeinsam mit ihren Brüdern
und ihrer Mutter wohnt sie in einer Wohnung in einem sozial schwierigen Stadtteil.
Sie fühlt sich zu Hause wohl, stört sich allerdings zuweilen daran, dass sie ihr
Zimmer mit ihrem kleinen Bruder teilen muss.
sie vor allem Mode- und Schminktipps sowie Beiträge über Germany’s Next
Topmodel.
Dem Fernsehen misst Hawa weniger Bedeutung bei. Sie gibt an, täglich etwa zwei
Stunden fernzusehen und ergänzt, dass sie das Fernsehen oft auch als NebenbeiMedium bzw. als Geräuschkulisse nutzt. Hawa sieht vor allem fern, wenn sie gut
gelaunt ist. Wenn es ihr nicht so gut geht, geht sie einfach schlafen. Ihre
Lieblingssender sind Sat1 und Pro7. Sie gibt zwar an, keine wirkliche
Lieblingssendung zu haben, dennoch sieht sich Hawa regelmäßig Germany’s Next
Topmodel an und es ist ihr wichtig, darüber gut informiert zu sein.
Medienumgang in der Familie
Hawa macht eine Lehre als Kellnerin und muss daher oft lange arbeiten. Ihre
wenige freie Zeit verbringt sie gerne im Jugendzentrum oder gemeinsam mit
FreundInnen, mit denen sie zumeist spazieren oder etwas trinken geht. Sie hat
zwei enge Freundinnen im gleichen Alter, mit denen sie über alles sprechen kann.
Mit ihrem Freund versteht sie sich zwar ebenfalls gut, allerdings wendet sie sich bei
Problemen lieber an ihre Freundinnen.
In Hawas Familie laufen größtenteils türkische Fernsehsendungen, da ihre Mutter
ausschließliche türkische Fernsehsender nutzt. Manchmal sieht sich Hawa
gemeinsam mit ihren Brüdern auch deutsche Sendungen an. Sie fühlt sich in ihrem
Fernsehkonsum eingeschränkt, da sie keinen eigenen Fernseher besitzt und darauf
angewiesen ist, was die anderen Familienmitglieder sehen wollen; zumeist
bestimmt der älteste Bruder das Fernsehprogramm. Wenn sich Hawa
Germany’sNext Topmodel ansieht, schauen ihre Brüder oft mit und kommentieren
dabei das Aussehen der Models. In der Familie wird selten über Medieninhalte
gesprochen und wenn doch, handelt es sich eher um inhaltliche Kommentare
einzelner Familienmitglieder zu diversen türkischen Sendungen.
Allgemeine Mediennutzung
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Hawa möchte sich weder Handy noch Internet aus ihrem Leben wegdenken. Das
Handy ist ihr wichtig, um mit FreundInnen in Kontakt zu bleiben, aber auch im
Internet ist für sie die Kommunikation über Instant Messaging oder soziale
Kontaktplattformen zentral. Sie hat ein Profil auf Facebook sowie auf einer
türkischen Kontaktplattform und nutzt beide neben MSN regelmäßig, um sich zu
vernetzen und mit FreundInnen auszutauschen. Dafür ist sie täglich ca. zwei
Stunden online. Sie hat einen eigenen Computer mit Internetzugang und ist
dadurch in ihrer Internetnutzung nicht eingeschränkt.
Hawas Freundinnen schauen ebenfalls regelmäßig Germany’s Next Topmodel und
so dienen die Geschehnisse dieser Model-Castingshow häufig als Gesprächsstoff.
Hawa unterhält sich sowohl im direkten Gespräch als auch per Chat mit ihren
Freundinnen über das Verhalten der Kandidatinnen und die Entscheidungen der
Jury.
Manchmal kauft sich Hawa die Kronenzeitung, um sich über Aktuelles zu
informieren. In ihrer Arbeit liest sie auch hin und wieder Frauenzeitschriften; sie
würde sich diese aber selbst nie kaufen. In den Frauenzeitschriften interessieren
Castingshows im Allgemeinen
Hawa gefällt sowohl die Model-Castingshow Germany’s Next Topmodel als auch die
Musik-Castingshow Deutschland sucht den Superstar. Sie findet beide Shows sehr
interessant und es existiert für sie kaum ein Unterschied, außer in den Aufgaben,
vor die die KandidatInnen gestellt werden (entweder singen oder sich als Model
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präsentieren). Wenn allerdings beide Shows gleichzeitig laufen würden und sie sich
für eine entscheiden müsste, dann würde ihre Wahl auf Germany’s Next Topmodel
fallen. Austria’s Next Topmodel hat sie sich noch nie angesehen.
Hawa würde auch eine Model-Castingshow mit männlichen Teilnehmern
interessant finden und meint, dass dies auch bei anderen Jugendlichen auf großen
Anklang stoßen würde.
Auch wenn sich Hawa sehr für die genannten Castingshows interessiert, nutzt sie
neben dem Fernsehangebot keine zusätzlichen Medien, um sich eingehender
darüber zu informieren. Sie hatte auch noch nie das Bedürfnis, sich eine verpasste
Sendung im Internet anzusehen. Ebenso wenig würde sie sich extra eine Zeitschrift
kaufen, wenn dort Berichte über Germany’s Next Topmodel zu finden wären. Wenn
sie aber beim Lesen einer Zeitschrift zufällig über einen entsprechenden Artikel
stolpert, liest sie diesen gerne.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Model-Castingshows
Auch wenn Hawa angibt, keine Lieblingssendung zu haben, so teilt sie sich ihren
Alltag doch bewusst danach ein, um wöchentlich Germany’s Next Topmodel sehen
zu können. Sie hat keine Favoritin sondern findet alle Kandidatinnen toll. Sie
genießt es einfach, die Erfahrungen dieser jungen Frauen mitzuverfolgen. Hawa
gefällt auch die Jury und die Art und Weise, wie die Kandidatinnen beurteilt
werden. Besonders mag sie die Figur Heidi Klum und begründet dies mit deren
großer Erfahrung als professionelles Model; die anderen Jury-Mitglieder sind für sie
weniger von Bedeutung. Hawa findet die scharfe Kritik der Jury gerechtfertigt.
Sie betrachtet den Verlauf der Show allerdings eher als distanzierte Beobachterin
und setzt keine Bezüge zu ihrer persönlichen Lebenswelt; ihr geht es vor allem um
den Spaß des Zusehens und nicht um das Mitfühlen oder Mitfiebern mit einzelnen
Kandidatinnen. Dennoch kann sich Hawa vorstellen, dass die Kandidatinnen eine
Vorbildwirkung auf andere Mädchen haben könnten. Sie meint, dass man sich vor
allem von Heidi Klum abschauen könnte, wie sie sich bewegt, verhält und spricht.
An den Kandidatinnen schätzt sie vor allem deren starkes Selbstbewusstsein. Der
Gedanke, dass einmal eine ihrer Freundinnen bei Germany’s Next Topmodel
teilnehmen könnte, gefällt ihr; dann würde sie auch intensiv mit dieser mitleben.
Hawa erzählt, dass es ihr früher Spaß gemacht habe, gemeinsam mit ihren
Freundinnen einzelne Szenen aus Germany’s Next Topmodel nachzuspielen.
Mittlerweile findet sie sich aber zu alt dafür. Sie könnte sich auch nicht vorstellen,
selbst eine Model-Karriere anzustreben.
Hawa spricht nicht gerne über das Thema Schönheit und meint, dass es ihr nicht
sonderlich wichtig sei, ob man gut aussieht. Sie selbst wirkt eher unscheinbar, fühlt
sich aber wohl so wie sie ist. Generell findet sie Kleidung wichtiger als Make-Up,
obwohl sie sich selbst regelmäßig schminkt. Hawa nennt kein Vorbild aus den
Medien, an dem sie sich in irgendeiner Form orientieren könnte. Sie könnte sich
aber vorstellen, dass attraktive Menschen im Beruf bessere Chance haben.
Vorbild/Idol aus den Medien
Hawa hat kein spezielles Vorbild aus den Medien, dennoch findet sie besonderen
Gefallen an der Figur Heidi Klum und begründet dies mit deren großer Erfahrung als
professionelles Model. Sie ist in Hawas Augen nahezu unfehlbar und beeindruckt
das Mädchen nicht nur mit ihrer fachlichen Kompetenz sondern auch mit ihrem
generellen Verhalten in der Show, beispielsweise in ihrer Rolle als Moderatorin
oder in ihrem Umgang mit den anderen Jurymitgliedern sowie mit den
Kandidatinnen. Hawa findet Klums Kritik gerechtfertigt und wichtig, damit sich die
Kandidatinnen weiterentwickeln können. Die anderen Jurymitglieder sind für sie
weniger von Bedeutung.
Zusammenfassung
Hawa ist ein sehr ruhiges und eher unscheinbares Mädchen, das in ihrer Umgebung
gerne die Rolle der stillen Beobachterin einnimmt. Auch in der Gruppendiskussion
hört sie zwar aufmerksam zu, meldet sich aber nicht häufig zu Wort. Hawa zeigt
keine intensive Mediennutzung, da sie generell über wenig freie Zeit verfügt. Nach
Möglichkeit sieht sie sich aber regelmäßig Germany’s Next Topmodel an und macht
auch dies eher aus einer beobachtenden Perspektive. Sie hat keine
Lieblingskandidatin, mit der sie mitlebt sondern interessiert sich einfach allgemein
dafür, wie die Kandidatinnen die an sie gestellten Aufgaben meistern. Besonders
kann sie sich für Heidi Klum begeistern. Dennoch ist diese kein Vorbild für Hawa, da
das Mädchen in ihrer Fernsehrezeption eine sehr distanzierte Haltung einnimmt.
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Hendrik
16 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Motto
Es ist toll, wie die Kandidatinnen für ihr Ziel kämpfen.
Soziales und familiäre Umfeld
Hendrik besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium und wohnt mit seinen
Eltern und seinen beiden jüngeren Geschwistern in einem Haus am Stadtrand. Er
übernimmt viel Verantwortung für seine Geschwister, bringt diese morgens in den
Kindergarten und verbringt auch nach der Schule viel Zeit mit ihnen. Er hat viele
Freunde und versteht sich mit diesen sehr gut. Zu seinen Eltern hat er ebenfalls ein
gutes Verhältnis.
Allgemeine Mediennutzung
Hendriks Lieblingsmedium ist sein Computer mit Internetzugang. Er nutzt das
Internet zur Recherche für Schulaufgaben, zur Information über Aktuelles aus dem
Sport, zur Kommunikation mit FreundInnen über die Kontaktplattform Facebook,
für Onlinespiele und manchmal surft er auch nur ziellos herum.
Hendrik ist davon überzeugt, dass Lesen wichtig für den Erwerb von
Allgemeinbildung ist. Daher zwingt er sich dazu, regelmäßig die Zeitung oder ein
Buch zu lesen, auch wenn er dazu nicht immer Lust hat.
Das Handy ist Hendriks ständiger Begleiter; wenn er unterwegs ist, nutzt er es auch
häufig als Radio.
Er hat auch einen eigenen Fernseher in seinem Zimmer, seine Lieblingsserien sind
Die Simpsons und Mein cooler Onkel Charlie. Hendrik sieht auch gerne MusikCastingshows wie Deutschland sucht den Superstar und manchmal sieht er sich
gemeinsam mit Freunden Germany’s Next Topmodel an.
Medienumgang in der
Gleichaltrigengruppen
Familie
und
im
Kontext
von
Freunden
und
Manchmal sieht Hendrik gemeinsam mit seinen Eltern einen Film. Dann sprechen
diese auch viel über die Inhalte, analysieren die Protagonisten oder diskutieren mit
ihrem Sohn die Handlung des Filmes.
Mit seinen Freunden sieht Hendrik selten gemeinsam fern. Hin und wieder trifft er
sich aber mit ihnen, um sich gemeinsam Germany’s Next Topmodel anzusehen.
Dann genießen es die Jungen, die Show zu kommentieren, zu analysieren und
Kandidatinnen zu beurteilen.
Castingshows im Allgemeinen
Hendrik sieht vorrangig Musik-Castingshows wie Starmania und Deutschland sucht
den Superstar. Aber auch der Model-Castingshow Germany’s Next Topmodel
wendet er sich regelmäßig zu. Im gefällt die Show sehr gut, allerdings gerät er oft in
einen Konflikt, da diese zeitgleich zu seinen Lieblingsserien läuft.
Model-Castingshows
Bei Germany’s Next Topmodel faszinieren ihn vor allem die Kandidatinnen, obwohl
er nie eine spezielle Favoritin hat. Für Hendrik ist es unterhaltsam und
beeindruckend zugleich, die jungen Frauen bei der Bewältigung der an sie
gestellten Aufgaben zu beobachten. Besonderen Gefallen findet er an der Jury;
gemeinsam mit FreundInnen hat er die Situation der Bewertung der Kandidatinnen
sogar schon einmal nachgespielt.
Es fasziniert ihn, dass die Kandidatinnen „mit Herz und Seele bei ihrem Beruf“ sind
und alles dafür geben. Er findet es gut, dass mit den jungen Frauen „hart ins
Gericht gegangen“ wird, weil diese seiner Meinung nach dadurch lernen, worauf
man als professionelles Model zu achten hat. Er ist davon überzeugt, dass es in der
Model-Castingshow nicht lediglich um gutes Aussehen sondern vor allem um
Leistung geht. Gemeinsam mit FreundInnen hat Hendrik schon einmal eine ModelCastingshow nachgespielt und fungierte dabei als Jurymitglied.
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„Ja, wir haben dann geschaut und bewertet je nachdem was sie gemacht
haben, ob es gepasst hat, ob es lustig war, was mir aufgefallen ist, ob es
gut war und ob es derjenigen Person selber Spaß gemacht hat.“
Hülya
15 Jahre, formal niedriger gebildet, Stadt
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Motto
Hendrik achtet sehr auf sein Aussehen persönlich. Es ist ihm wichtig, gepflegt aus
dem Haus zu gehen und einen guten Eindruck zu machen. Ganz besonders stört ihn
seine unreine Haut und er versucht alles um diesem Problem Herr zu werden. Auch
wenn es ihm wichtig ist, gut auszusehen, ist er davon überzeugt, dass eine
attraktive äußere Erscheinung nicht zwangsläufig zu beruflichem Erfolg führt.
Wenn Germany’s Next Topmodel läuft, möchte ich keine Sekunde verpassen.
„Also, wenn zum Beispiel eine Frau sehr gut ausschaut, aber in der Schule
nicht so gut ist. Eine andere, nicht so attraktive Frau aber gute Noten hat,
dann interessiert das deinen Chef mehr, wer von den beiden die bessere
Leistung hat.“
Vorbilder/Idole aus den Medien
Auch wenn Hendrik betont, sich persönlich kein Vorbild an Germany’s Next
Topmodel zu nehmen, findet er, dass die Kandidatinnen anderen Jugendlichen ein
gutes Vorbild im Hinblick auf deren Leistungen, deren Kritikfähigkeit, deren
Disziplin sowie deren eisernen Willen sein könnten.
Zusammenfassung
Hendrik fühlt sich in seiner Familie sehr wohl und übernimmt auch viel
Verantwortung für seine jüngeren Geschwister. So scheint es auch nicht
ungewöhnlich, dass er sich zuweilen mit der Figur des Charlie aus Mein cooler
Onkel Charlie identifiziert. Er wirkt sehr zielstrebig und ist bereit, sich entsprechend
einzusetzen, um in der Schule sowie später im Beruf erfolgreich zu sein. Deshalb
faszinieren ihn an Germany’s Next Topmodel vor allem der Einsatz der
Kandidatinnen sowie deren Fähigkeit, mit harter Kritik umzugehen. Die ModelCastingshow dient ihm als gutes Beispiel dafür, was man für eine erfolgreiche
berufliche Karriere mitbringen muss.
Soziales und familiäres Umfeld
Hülya kommt aus einer eher bildungsfernen Familie mit türkischem
Migrationshintergrund. Sie besucht derzeit die Hauptschule und strebt danach eine
Lehre als Einzelhandelskauffrau an. Sie wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter und
ihren drei Schwestern in einer kleinen Wohnung in einem sozial schwierigen
Stadtteil. Hülya hat zu Hause keine Rückzugsmöglichkeit und teilt sich mit ihrer
Mutter ein Zimmer. Sie ist für ihr Alter etwas frühreif und hat deshalb auch große
Probleme mit ihrer Mutter, der es – so hat es nach Hülyas Schilderungen den
Anschein – am liebsten wäre, das Mädchen würde die Wohnung gar nicht
verlassen. So besucht sie beispielsweise heimlich das Jugendzentrum und schleicht
sich davon, um sich im Park mit Freundinnen zu treffen. Grundsätzlich fühlt sich
Hülya aber zu Hause wohl. Allerdings erhält die Familie regelmäßig Besuch von
Verwandten aus der Türkei, was für das Mädchen offenbar eine besondere
Belastung ist, da dann von ihr erwartet wird, sich sehr traditionellen Vorstellungen,
wie sich eine junge Frau zu verhalten hat, anzupassen. Hülya lebt jedoch das Leben
eines modernen weiblichen Teenagers und auch aus dem Kreis ihrer Freundinnen,
die zum Teil ebenfalls aus migrantischen Familien stammen, ist sie derart
traditionelle muslimische Ansichten nicht gewöhnt.
Hülya versteht sich nicht sonderlich gut mit ihren MitschülerInnen, dafür hat sie
drei sehr enge Freundinnen, die sie regelmäßig trifft und mit denen sie auch über
alles reden kann. Sie hat auch schon einen festen Freund, mit dem sie aber nicht
über Probleme sprechen würde.
Allgemeine Mediennutzung
Das Handy ist für Hülya das wichtigste Medium; sie nutzt es in erster Linie, um mit
ihren FreundInnen in Kontakt zu bleiben. Sie hat einen eigenen Fernseher und sieht
täglich ca. eine Stunde fern, oft bedient sie sich aber auch des Internets, um
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verpasste Sendungen nachzuholen. So verfolgt sie im Internet etwa eine türkische
Show, die wöchentlich Mittwochvormittag läuft und die sie versäumt, da sie zu
diesem Zeitpunkt in der Schule ist. Sie holt auch häufig über YouTube verpasste
Folgen von Germany’s Next Topmodel und Deutschland sucht den Superstar im
Internet nach und recherchiert regelmäßig auf der Website von Germany’s Next
Topmodel oder über Google nach zusätzlichen Informationen zur Show (z.B. Bilder
der KandidatInnen, Schminktipps etc.).
„Die zeigen auch im Google glaub ich von ihnen [den Kandidatinnen, Anm.
d. A.] die Gesichter richtig wie die den Make-up und so gemacht haben.
Das schauen wir uns auch manchmal an.“
„In der Werbung oder so ruf ich dann meine Freundin an und sag „boah,
das war jetzt voll geil und so“ und wenn die Werbung wieder vorbei ist,
dann legen wir gleich wieder auf. […] Während der Sendung schreibe ich
aber keine SMS oder so, da steigere ich mich richtig rein. Weil wenn ich
zwischendurch SMS schreibe, dann bekomme ich das alles nicht mit, was
sie reden.“
Manchmal übernachtet Hülya auch bei einer ihrer Freundinnen, um sich
gemeinsam Germany’s Next Topmodel anzusehen. Aber auch da möchte sie jede
Sekunde der Show intensiv mitverfolgen und lässt sich nur in den Pausen durch
Gespräche ablenken.
Medienumgang in der Familie
Castingshows im Allgemeinen
In der Gruppendiskussion gibt Hülya an, dass in ihrer Familie selten gemeinsam
ferngesehen wird und wenn, dann nur türkische Sendungen gemeinsam rezipiert
werden. Im Einzelinterview erzählt sie jedoch farbenreich, wie Germany’s Next
Topmodel zu einem wöchentlichen Fixtermin in der Familie wird, wie alle
gemeinsam vor dem Fernseher sitzen und sich jede eine Lieblingskandidatin
aussucht, um mit ihr mitzufiebern und dass letztendlich auch Wetten auf die
Gewinnerin abgeschlossen werden. Dass sie dies im Rahmen der
Gruppendiskussion nicht erwähnt, könnte darin liegen, dass sie sich den
Äußerungen der anderen DiskussionsteilnehmerInnen anpassen will oder
befürchtet, die männlichen Diskussionsteilnehmer würden sich darüber lustig
machen.
Hülya findet generell großen Gefallen an Castingshows, ihre Lieblingssendung ist
jedoch Germany’s Next Topmodel. Im Gegensatz zur Musik-Castingshow
Deutschland sucht den Superstar, die sie sich ebenfalls regelmäßig ansieht, findet
sie die Model-Castingshow viel ernster und realistischer. Zudem kritisiert sie heftig
Dieter Bohlens Aussagen und dessen Umgang mit den KandidatInnen; die
Anmerkungen der Jury von Germany’s Next Topmodel sind in ihren Augen jedoch
fair und angebracht.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Aber nicht nur Hülyas Familie sondern auch ihre Freundinnen finden sich jeden
Donnerstag vor dem Fernsehgerät ein, um sich Germany’s Next Topmodel
anzusehen. Für Hülya und ihre Freundinnen dient die Model-Castingshow häufig als
Gesprächsthema und als Anknüpfungspunkt für weitere Unterhaltungen über
Mode, Make-up und Schönheitsideale. Die Mädchen nutzen auch gerne die
Werbepausen, um sich über die aktuellsten Geschehnisse in der Show
auszutauschen.
„DSDS mag ich nicht so, weil der Dieter voll gemein ist. Er ist echt voll
gemein und sagt jedem die Meinung voll heftig. Er ist halt so negativ, so
„schau wie du aussiehst“ und so. Das find ich nicht gut von ihm.“
Die österreichische Model-Castingshow Austria’s Next Topmodel ist für Hülya nicht
von Bedeutung, da in ihren Augen nur die deutsche Variante „echt“ ist und weder
die Moderatorin Lena Gercke noch die österreichischen KandidatInnen ihr
Interesse wecken.
Model-Castingshows
Germany’s Next Topmodel ist aus Hülyas Leben nicht mehr wegzudenken. Es ist ihr
wichtig, keine Sendung zu verpassen und stets über alle Details informiert zu sein.
Zu
diesem
Zwecke
recherchiert
sie
auch
im
Internet
nach
Hintergrundinformationen zu den Kandidatinnen und zur Show. Sie versetzt sich
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intensiv in die Rolle der angehenden Models hinein und erlebt deren Umgang mit
den jeweiligen Herausforderungen wie etwa die Kritik der Jury emotional stark mit.
Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter hat und sich von dieser in ihren Problemen und
vor allem auch in ihrem Wunsch, abzunehmen, nicht verstanden fühlt.
„Ja da werde ich auch voll nervös, ob die jetzt was Positives oder Negatives
sagen.“
Neben der „emotionalen Unterstützung“ schaut sich Hülya auch Mode-, Frisur- und
Schminktipps aus der Castingshow ab und versucht diese im Rahmen ihres eigenen
Stylings umzusetzen.
Zu Beginn jeder Staffel wählt sie eine Lieblingskandidatin mit der sie besonders
intensiv mitfiebert, in der Hoffnung, diese würde als Gewinnerin hervorgehen. Sie
hat Mitleid, wenn die KandidatInnen zu scharf kritisiert werden und bewundert
deren Stärke.
„Ja, Mitleid hab ich mit denen und mir würd‘s auch voll schlimm gehen. Ich
würd auch total anfangen zu heulen, das ist schon irgendwie voll ein
Druck.“
Dennoch ist sie davon überzeugt, dass diese harte Kritik gut und wichtig ist, damit
die jungen Frauen lernen, sich in der Model-Branche zu behaupten.
Die KandidatInnen sind ein großes Vorbild für Hülya und sie versucht sich ein
Beispiel daran zu nehmen, wie man mit dieser Art von Kritik umgeht. Hier findet
Hülya auch einen direkten Anknüpfungspunkt an ihre persönliche Lebenswelt,
denn sie leidet darunter, etwas übergewichtig zu sein und somit nicht dem
gängigen Schönheitsideal zu entsprechen. Besonders hart hat sie dabei getroffen,
dass sie bei einer ärztlichen Routineuntersuchung auf ihr Gewicht angesprochen
wurde. Als Folge dessen hat sie sich fest vorgenommen, Sport zu betreiben und
abzunehmen. Sie sucht und findet dafür eine emotionale Unterstützung in einer
para-sozialen Interaktion mit den KandidatInnen von Germany’s Next Topmodel.
Sie bewundert nicht nur die scheinbar emotionale Stärke dieser jungen Frauen
sondern auch deren extreme Selbstdisziplin und die sogenannte „harte Arbeit an
sich selbst“, die für eine möglichst perfekte Anpassung an die durch die Jury
kommunizierten Schönheitsideale steht.
An Heidi Klum begeistern sie vor allem deren „mütterliche Qualitäten“, das heißt
die Art und Weise wie diese in Hülyas Augen versucht, den jungen Frauen auf
ihrem Weg zu einem perfekten Model beizustehen. Diese Lesart von Klums
Verhalten wird unter anderem auch dadurch unterstützt, dass Hülya kein gutes
Hülya könnte sich ebenso gut eine Model-Castingshow für Männer vorstellen,
wenngleich sie einräumt, dass sich junge Männer gemäß ihrer Einschätzung
niemals einen derartigen Casting-Prozess und eine entsprechende Zur-SchauStellung ihrer Fähigkeiten bzw. auch Schwächen gefallen lassen würden.
Schönheit alleine ist jedoch nicht alles was für Hülya zählt. In ihren Augen muss sich
ein perfektes Model auch durch die Fähigkeit der Kooperation und eines
angemessenen Umgangs mit ihren Konkurrentinnen auszeichnen. So äußert sie
sich beispielsweise auch negativ über eine Kandidatin aus einer der früheren
Staffeln von Germany’s Next Topmodel, die eher unangepasst war und oft Streit
suchte.
„Ich war so wütend auf sie. Ja, weil sie jedes Mal jeden voll schlagen
wollte, weil sie glaubte, dass sie die beste ist. Aber die Jury hat dann immer
gesagt, dass sie die schlechteste ist. Und dann ist sie immer so aggressiv
geworden.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Die Auseinandersetzung mit Schönheit und Schönheitsidealen ist für Hülya ein
ambivalentes Thema, da sie sich in ihrem Körper nicht wohl und von den gängigen
Idealen eines schlanken und durchtrainierten Körpers überfordert fühlt. Als dieses
Thema in der Gruppendiskussion angesprochen wird, geht sie sowohl verbal als
auch nonverbal in eine extreme Verteidigungshaltung und fühlt sich persönlich
kritisiert.
Interviewerin: Und wie findet ihr es generell, wenn z.B. die Heidi sagt, dass
die Mädchen auf ihre Figur achten sollen?
Hülya: Überhaupt nicht gut, nein! Da kann man Essstörungen kriegen.
Aber ich glaube Leute, die Essstörungen bekommen, wenn sie den Rat von
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der Heidi befolgen, sind ja wirklich Leute, die ohnehin schon wenig
Selbstbewusstsein haben. Sie glauben von vorne herein nicht an sich selbst!
Jedes Mädchen, das glaubt, es passt schon wie sie ist, die lässt sich sowas
nicht so schnell einreden! Vor allem nicht von einer einzigen Person! Also
ich wäre nicht so!
Im Einzelinterview vermittelt Hülya einerseits den Eindruck, für sie wären ein gutes
Aussehen und ein schlanker Körper ein wichtiger Faktor für beruflichen Erfolg, was
sie indirekt auch durch die Kritik an ihrer Figur in ihrer unmittelbaren sozialen
Umwelt vermittelt bekommt. So versucht sie beispielsweise auch gar nicht von
einer eigenen Model-Karriere zu träumen, da sie sich selbst nicht die nötige Energie
zutraut, um auch wirklich entsprechend abzunehmen.
Interviewerin: Es gibt aber auch mollige Models, die z.B. spezielle Kleidung
für stärkere Frauen präsentieren.
Hülya: Was? Wirklich? Das hab ich ja gar nicht gewusst! Das wär ja voll
geil!
Andererseits betont sie aber auch, dass ihr vor allem innere Werte in der
Beurteilung eines Menschen wichtig sind und sie davon überzeugt sei, dass man
auch dann beruflich und privat erfolgreich sein könne, wenn man nicht zu 100%
den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Damit versucht sie auch sich selbst und
ihre persönliche Erscheinung zu rechtfertigen. Dennoch wirkt diese Argumentation
aus ihrem Mund wenig überzeugend, da sie die medienvermittelten
Schönheitsideale stark verinnerlicht hat. So beginnt sie beispielsweise die
Beschreibung ihres Traummannes mit einem kurzen Halbsatz dazu, dass dieser
einen guten Charakter haben sollte und beschreibt dann im Detail einen großen,
schlanken, durchtrainierten Mann mit „Sixpack“.
Zusammenfassung
Hülya befindet sich derzeit in einer schwierigen Lebensphase. Einerseits fühlt sie
sich in ihrem Körper nicht wohl, weil sie etwas kräftiger ist. Andererseits hat sie
zurzeit auch große Differenzen mit ihrer Mutter. Die Rezeption der ModelCastingshow Germany’s Next Topmodel hat in ihrem Leben einen zentralen
Stellenwert; sie versucht darin auch Hilfestellungen für den Umgang mit den
Herausforderungen ihres Alltags zu finden. Dies geht über einfache Anleihen in
Form von Mode- und Schminktipps oder die Kommunikation in der Peer Group
hinaus. Sie versetzt sich intensiv in die Rolle der Kandidatinnen und lebt alle Höhen
und Tiefen, die diese im Rahmen der Show durchmachen, emotional mit. Sie
identifiziert sich mit diesen Frauen, die durch para-soziale Interaktion ein fixer
Bestandteil ihrer Lebenswelt werden, und versucht wie diese oder gemeinsam mit
ihnen - wie es Heidi Klum ausdrückt - „an sich zu arbeiten“ und durch
entsprechende Selbstdisziplin abzunehmen. An der Figur Heidi Klum liebt sie vor
allem, deren mütterliche Seite sowie deren Zuwendung und Mitgefühl für die
Kandidatinnen, was sie offenbar in ihrem eigenen Leben seitens ihrer Mutter
vermisst.
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Lisa
16 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Motto
Die Mädchen sind einfach toll!
Soziales und familiäres Umfeld
Lisa ist eine 16-jährige Gymnasiastin, die mit ihrer Mutter und mit ihrem 12jährigen Bruder in einer kleinen Wohnung in einem sozial schwierigen Stadtteil
lebt. Ihre ältere Schwester ist bereits von zu Hause ausgezogen. Lisas Mutter hat
Abitur und arbeitet als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei, zu ihrem Vater hat das
Mädchen keinen Kontakt. Sie leidet sehr unter diesen Familienverhältnissen und
wünscht sich nichts sehnlicher als eine perfekte und glückliche Familie. Sie
verbringt deshalb auch viel Zeit mit einer Freundin, die in eher behüteten
Verhältnissen aufwächst, um auch ein wenig von dieser Familienatmosphäre
mitzubekommen.
„Eine Freundin von mir, die hat so eine intakte Familie, die sind einfach
perfekt. Da denke ich mir schon, das hätte ich irgendwie auch gerne.“
Mit ihrer Mutter versteht sich Lisa überhaupt nicht und sie wünscht sich, so schnell
wie möglich in eine WG zu ziehen. Sie zieht sich zu Hause vor allem in ihr Zimmer
zurück und versucht jeglichen Kontakt zu ihrer Mutter und zuweilen auch zu ihrem
Bruder zu vermeiden. Lisas Traum von einer perfekten Familie beeinflusst in
gewisser Weise auch ihren Berufswunsch: sie möchte Kindergärtnerin werden und
mit Kindern in einer geschützten und heilen Umwelt arbeiten. Da sie aber die
Anmeldefrist für die KindergärtnerInnenausbildung versäumt hat, besucht sie noch
ein weiteres Jahr das Gymnasium, um im Anschluss daran in die gewünschte Schule
zu wechseln.
Lisa ist zwischen zwei (Bildungs-)Kulturen hin und her gerissen: Ihre formal höher
gebildete Mutter schickt sie auf ein angesehenes Gymnasium. Lisa geht zwar sehr
gerne zur Schule, weil sie sich mit ihren MitschülerInnen gut versteht, allerdings
lernt sie nicht gerne und möchte daher die Schule wechseln. Sie leidet auch
darunter, dass keine ihrer Schulfreundinnen in der Nähe wohnt und sie in ihrer
Freizeit kaum Gemeinsames mit diesen unternehmen kann. In ihrer unmittelbaren
Wohnumgebung trifft Lisa aber vor allem auf formal niedriger gebildete
Jugendliche, mit denen sie sich aber ebenfalls gut versteht. Sie verbringt viel Zeit in
einem Jugendzentrum, das stark von bildungsfernen migrantischen Jugendlichen
frequentiert wird und fühlt sich dort sehr wohl. Dennoch erweckt Lisa den
Eindruck, nicht so recht in dieses Umfeld zu passen. Das Mädchen hat keine feste
Clique, jedoch einige, sehr verschiedene Freundinnen, an die sie sich auch
entsprechend anpasst. So berichtet sie beispielsweise davon, dass sie
unterschiedliche Probleme auch mit verschiedenen Freundinnen bespricht und sich
ebenso in ihrem sonstigen Freizeitverhalten an die Freundinnen anpasst. Diese
extreme Anpassung an die Umwelt zeigt sich auch in Lisas Verhalten in der
Gruppendiskussion; zum Teil vertritt sie dort eine andere Meinung als im daran
anschließenden Einzelinterview. Lisa erweckt insgesamt einen unsicheren Eindruck.
Allgemeine Mediennutzung
Lisas Aussagen zu ihrer allgemeinen Mediennutzung sind widersprüchlich, da sie
sich –wie bereits angesprochen – in der Gruppendiskussion zum Teil an die
Aussagen der anderen GesprächsteilnehmerInnen anpasst, um nicht negativ
aufzufallen. So meint sie beispielsweise in der Gruppendiskussion, dass sie viel
fernsehen und wenn überhaupt nur für die Schule lesen würde. Bei näherer
Betrachtung sieht sie täglich nur etwa eine Stunde fern, da es in ihrer Familie
lediglich ein einziges Fernsehgerät gibt, das sich im Wohnzimmer befindet. Will sie
ihre Ruhe vor der Familie haben, muss sie sich entweder mit einem Buch oder mit
Musik in ihr eigenes Zimmer zurückziehen. Dort liest sie entweder Liebesromane
oder Zeitschriften für junge Mädchen und Frauen wie Glamour oder Jolie. In den
Zeitschriften sprechen sie vor allem Mode- und Schminktipps sowie Interviews mit
Stars an. Musik und Radio hört sie zur Entspannung oder als Untermalung im
Hintergrund, da sie es nicht mag, wenn es in ihrem Zimmer zu ruhig ist. Das
Internet nutzt Lisa sehr kommunikativ; zumeist schreibt sie Emails oder chattet
über SchülerVZ, Facebook und Netlog. Es ist ihr wichtig, über Internet mit ihren
FreundInnen verbunden zu sein. Obwohl sie einen eigenen Laptop hat, ist Lisa auch
hinsichtlich des Internets von ihrer Mutter abhängig, da nur deren Rechner einen
Internetanschluss hat.
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Wenn Lisa Zeit findet, um ungestört von der Familie fernzusehen, sieht sie sich am
liebsten Komödien oder Horrorfilme an. Wenn sie alleine zu Hause ist, sieht sie zur
Entspannung auch mal länger fern und genießt es, das Fernsehgerät für sich zu
haben.
„Es gibt schon Tage, wo ich dann gleich drei Stunden vor dem Fernseher
sitze und nur Süßigkeiten esse und nur fernsehe. – Und dann schau ich mir
wirklich nur den allergrößten Blödsinn an. Das ist dann einfach so richtig
entspannen.“
93
Disaster Date und Germany’s Next Topmodel sind Lisas Lieblingssendungen und
somit ihre wöchentlichen Fixtermine im Fernsehen. Unabhängig davon, ob sie
alleine zu Hause ist oder nicht, plant sie ihren Alltag so, dass sie nach Möglichkeit
keine Folge verpasst. Ihr ist es wichtig, bei diesen Sendungen immer auf dem
neuesten Stand zu sein. Daher informiert sie sich auch im Internet über die
aktuellsten Geschehnisse, falls sie einmal eine Folge verpasst hat, oder recherchiert
nach zusätzlichen Informationen. Allerdings ist Lisa die Website von Germany’s
Next Topmodel nicht bekannt; verpasste Folgen sieht sie sich primär über YouTube
an.
Medienumgang in der Familie
Lisas Familie sieht nur selten gemeinsam fern, weil die Familienmitglieder sehr
unterschiedliche Genrepräferenzen haben. Lisa zufolge sieht ihre Mutter am
häufigsten fern; sie und ihr Bruder verbringen hingegen mehr Zeit im Internet.
Gespräche über Medieninhalte finden kaum statt und auch sonst scheint sich in
dieser Familie niemand für die Mediennutzung der anderen zu interessieren.
Spezielle Regeln zur Mediennutzung existieren keine, wenngleich Lisas
Fernsehnutzung durch die bloße Anwesenheit ihrer Mutter eingeschränkt wird, da
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Disaster Date ist eine Reality-Show auf MTV, bei der Personen die Möglichkeit haben, sich
an ihren FreundInnen in Form einer schrecklichen Verabredung mit einem/einer
Unbekannten zu rächen. Diese unwissenden FreundInnen werden zu einem einstündigen
„Date“ mit einem/einer SchauspielerIn geladen. Ziel ist es, die Unwissenden nach Strich und
Faden fertig zu machen. Um auch tatsächlich die Schwachstellen des Opfers zu treffen,
bekommt der/die SchauspielerIn entsprechende Anweisungen des „Racheengels“, der die
Verabredung aus dem sogenannten „Control Room“ mitverfolgt.
sich das Mädchen so gestört fühlt, dass sie lieber den Raum verlässt, um sich einem
anderen Medium oder einer anderen Tätigkeiten zuzuwenden.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Germany’s Next Topmodel ist stets ein wichtiges Gesprächsthema in Lisas
Freundeskreis; regelmäßig wird über die Kandidatinnen und deren Verhalten in der
Show sowie die Entscheidungen der Jury diskutiert. Auch die Kleidung der
Kandidatinnen sowie Schminktipps sind ein wichtiges Thema in den Gesprächen
zwischen Lisa und ihren Freundinnen. Lisas Freundinnen sind wie sie selbst
„Expertinnen“ für Germany’s Next Topmodel und in den Schulpausen wird gerne
fachgesimpelt.
„Es waren schon oft so Modestrecken dabei, wo ich mir gedacht habe „Oh
mein Gott, ist das grässlich!“ Am nächsten Tag erzähle ich das dann
meinen Freundinnen und wir diskutieren darüber.!“
Germany’s Next Topmodel ist ein wöchentlicher Höhepunkt für Lisa und ihre
Freundinnen. Oft treffen sie sich, um sich diese Sendung gemeinsam anzusehen.
Castingshows im Allgemeinen
Andere Castingshows abseits von Germany’s Next Topmodel findet Lisa nicht
sonderlich interessant. Auch die österreichische Variante Austria’s Next Topmodel
hat für sie keinen Reiz und kann auch nicht mit ihrer Lieblingsshow konkurrieren,
da in ihren Augen nur die deutsche Show „das Original“ ist. Austria’s Next
Topmodel findet sie „billig“ und „von Deutschland abgeschaut“; zudem kritisiert sie
die Glaubhaftigkeit der österreichischen Jury sowie der Moderatorin Lena Gercke.
Model-Castingshows
Lisa bezeichnet sich selbst als Fan von Germany’s Next Topmodel. Sie nutzt diese
Model-Castingshow, um sich über die aktuellsten Modetrends zu informieren und
versucht entsprechende Anregungen in ihren persönlichen Kleidungsstil zu
integrieren. Sie bewundert die Kandidatinnen und ist von deren Figur beeindruckt
merkt jedoch an, dass nicht alle perfekt seien. Vor allem die Art und Weise, wie in
Germany’s Next Topmodel suggeriert wird, dass „einfache Mädchen“ durch
Disziplin und harte Arbeit zu Models werden, fasziniert Lisa besonders. Auf die
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Frage, was die Kandidatinnen auszeichne, betont sie, dass Schönheit alleine nicht
ausreichen würde, sondern vor allem Durchhaltevermögen, Disziplin, viel Kraft und
Energie sowie die Fähigkeit, „an sich selbst zu arbeiten“ gefragt seien. Sie ist davon
überzeugt, dass die Kandidatinnen der Model-Castingshow eine Vorbildwirkung auf
andere Mädchen haben und meint, dass man sich viel Nützliches für das eigene
Leben abschauen kann. Die Kandidatinnen sind für sie der Beweis, dass man durch
Selbstdisziplin viel erreichen kann.
Lisa und ihre Freundinnen leben stark mit den Kandidatinnen mit. Die
Herausforderungen, vor die die Kandidatinnen gestellt werden, die damit
verbundenen Gefühlslagen im Umgang mit Konkurrenz bei gleichzeitiger
Kooperation, sowie der Umgang der Kandidatinnen mit der Kritik der Jury sind
häufige Gesprächsthemen unter den Mädchen. Lisa
beschreibt ihre
Lieblingskandidatin der letzten Staffel von Germany’s Next Topmodel folgender
Maßen:
„Die war halt einfach total sympathisch. Ich meine, mit der haben wir uns
irgendwie schon identifizieren können. Die war halt eben auch erst 16 und
so naiv und halt total lieb und so. Und sie hat auch nicht immer gewusst,
wie sie es am besten machen soll. Jeder hat sich immer total in sie hinein
gefühlt, wenn sie von der Heidi fertig gemacht worden ist. Wir haben uns
halt total identifiziert, weil sie halt auch in unserem Alter war.“
Lisa und ihre Freundinnen bewundern die Disziplin der Kandidatinnen und
versuchen sich ein Vorbild daran zu nehmen. Sie spielen in den Schulpausen des
Öfteren einzelne Szenen nach (z.B. das Laufen am Catwalk) und hatten auch schon
einmal versucht, ebenfalls „an sich zu arbeiten“, sich gesund zu ernähren,
gemeinsam regelmäßig laufen zu gehen und letztendlich gemeinsam abzunehmen.
Allerdings hatten sie dies nicht lange durchgehalten; dadurch wurde ihre
Bewunderung für die Kandidatinnen aber umso größer.
Lisa: Wir haben halt mal wieder gemeinsam mit Freundinnen geschaut und
da haben wir uns gedacht, so jetzt machen wir wie die da auch jede Woche
gemeinsam Sport und so.
Interviewerin: Ihr habt das also richtig durchgezogen?
Lisa: Nein, nicht so richtig. Also wir haben es genau zwei Wochen
durchgehalten mit unserem Sport und unserem Diätplan.
Interviewerin: Was hattet ihr denn für einen Diätplan?
Lisa: Ja einfach gesündere Ernährung halt und nicht so viele Kalorien.
Interviewerin: Und wie war das so für euch?
Lisa: Na es hat schon richtig Spaß gemacht so zusammen, aber wir haben
es halt nicht geschafft.
Interviewerin: Und waren die Kandidatinnen für euch ein Vorbild?
Lisa: Ja, deshalb haben wir es ja auch gemacht, denn das waren ja
eigentlich auch mal ganz normale Mädchen. Die kamen ja nicht von einer
Modelagentur, sondern die wurden einfach so in ganz Deutschland
gecastet. Und dann haben wir uns gedacht, jetzt nehmen wir auch ab. Also
wenn die das schaffen, dann schaffen wir das auch. Also die ganze Show
baut ja auf Schönheit und Glamour und so auf. Da haben wir uns halt
gedacht, das ist schon cool. Aber wir haben es halt nicht geschafft. Also wir
waren halt irgendwie nicht so stark wie die Mädchen in der Show. Die sind
halt schon richtig voll diszipliniert die Mädchen.
Heidi Klum ist für Lisa eher eine ambivalente Figur. Einerseits schätzt sie deren
Erfahrungen als Model, andererseits findet sie Klum zuweilen zu streng und zu hart
im Umgang mit den Kandidatinnen. Generell findet Lisa, dass die Jury oft zu hart
und die Kritik an den Kandidatinnen unangebracht ist.
„Also die Heidi macht manchmal einfach ganz dumme Bemerkungen, wo
man sich wirklich denkt warum sie das jetzt sagen musste. Und dann gibt’s
halt auch wieder so Zeiten, wo sie eigentlich ganz nett und lieb ist. Aber
Kritik sollte einfach nur dazu da sein, damit man sich wirklich verbessern
kann und nicht einfach nur blöd sein.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
In Lisas Augen zeichnet sich eine attraktive Frau durch eine gute und
wohlproportionierte Figur aus. Des Weiteren sollte eine Frau schöne, gepflegte
S e i t e | 124
Haare und eine gute Ausstrahlung haben. Ihr Bild eines attraktiven Mannes
entspricht in etwa dem medienvermittelten Schönheitsideal: groß, schlank,
trainiert, sehr gepflegt und gut gekleidet.
Lisa glaubt, dass man vor allem ein schönes Gesicht braucht, um als Model eine
Chance zu haben. Sie selbst findet sich nicht attraktiv genug, um an einer ModelCastingshow teilnehmen zu können. Dennoch ist sie mit ihrem Aussehen relativ
zufrieden. Ihr ist es sehr wichtig, auf ihre Mitschülerinnen einen guten Eindruck zu
machen. Deshalb schminkt sie sich täglich und achtet besonders auf ihre Kleidung.
Sie ist davon überzeugt, dass man es im Leben einfacher hat, wenn man schön ist.
„Wenn man wirklich total hässlich ist, dann muss man sich eben schon
irgendwie noch mehr anstrengen, um Leuten zu gefallen. Angenommen
man kommt jetzt mit einer schlechten Blondierung und dunklen Ansätzen,
dann könnt‘s schon sein, dass man es eben irgendwie schwieriger hat beim
Arbeitgeber.“
Vorbilder/Idole aus den Medien
Lisa hat kein spezifisches Vorbild aus den Medien, aber sie zeigt eine große
Begeisterung für die Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel. Gerne wäre sie
so hübsch wie diese jungen Frauen; sie bewundert ebenso deren Disziplin und das
Durchhaltevermögen.
„Also wenn man jetzt an eine bestimmte Kandidatin glaubt und wenn die
wirklich viel Durchhaltevermögen hat und wenn man selbst nicht so
ehrgeizig ist, dann kann man sich das schon irgendwie von der
abschauen.“
Obwohl Lisa in der Gruppendiskussion abstreitet, gerne berühmt zu sein und
betont, von eher von einem „ganz normalen Beruf und einem ganz normalen
Leben“ zu träumen, räumt sie im Einzelinterview ein, doch gerne an einer ModelCastingshow teilnehmen und berühmt werden zu wollen. Allerdings findet sie sich
dafür nicht attraktiv genug und glaubt, dass sie zu wenig Durchhaltevermögen
hätte.
Zusammenfassung
Lisa lebt nicht einfach nur mit den Kandidatinnen mit, sondern versetzt sich
intensiv in diese hinein. Die Kandidatinnen müssen sich an die Wünsche der Jury
anpassen, massiver Kritik standhalten und dürfen nicht aus dem Rahmen fallen.
Das Mädchen sieht darin Parallelen zu ihrer Lebenswelt: Sie ist sehr unsicher, in
einer Phase der Identitätsfindung und damit konfrontiert, in der Schule ihre
Leistung bringen zu müssen, was ihr nicht immer leicht fällt. Sie muss sich Kritik
seitens ihrer LehrerInnen gefallen lassen und hat ebenso viele Konflikte mit ihrer
Mutter. Lisa kostet es viel Energie, den Anforderungen ihrer Umwelt gerecht zu
werden und sich in unterschiedlichen sozialen Kontexten entsprechend
anzupassen. Sie weiß, wie es sich anfühlt, von Erwachsenen „fertig gemacht“ zu
werden und identifiziert sich so stark mit den Kandidatinnen, wenn diese harte
Kritik der Jury einstecken müssen. Sie nimmt sich ein Vorbild daran, wie die jungen
Frauen mit dieser Kritik umgehen, welche Entbehrungen sie auf sich nehmen und
wie sie hart daran arbeiten, um den Vorstellungen der Jury gerecht zu werden.
Sie fühlt mit ihnen mit, weil sie selbst darum bemüht ist, den Anforderungen ihrer
Umwelt zu entsprechen. Zudem nimmt sie die Prämisse der Model-Castingshow,
durch Disziplin und Durchhaltevermögen zu beruflichem Erfolg zu gelangen, als
Ansporn, um ebenfalls an der Erreichung ihrer Ziele zu arbeiten. Besonders
beeindruckt Lisa, dass die Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel keine
Profis sondern „normale Mädchen“ wie sie selbst sind. Dies unterstützt zusätzlich
deren Identifikationspotential und lässt die jungen Frauen noch mehr zu Lisas
Vorbildern werden. Ebenso ist Lisa davon überzeugt, dass es attraktive Menschen
im Leben leichter haben. Daher ist es ihr auch wichtig, stets geschminkt und gut
gekleidet aus dem Haus zu gehen. Entsprechende Anregungen für ihr Outfit findet
sie ebenfalls in ihrer Lieblingssendung Germany’s Next Topmodel.
S e i t e | 125
Martin
15 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Motto
Attraktive Menschen sind erfolgreicher
Soziales und familiäre Umfeld
Er lebt mit seinen Eltern in einem Haus am Stadtrand; sein älterer Bruder ist bereits
von zu Hause ausgezogen. Er hat derzeit sehr viel Streit mit seinen Eltern und fühlt
sich zu Hause genauso wenig wohl wie in der Schule. Er geht aufs Gymnasium
obwohl ihn die Schule überhaupt nicht interessiert und er lieber
Einzelhandelskaufmann im Modebereich werden möchte. Offensichtlich hatte er
aber für die polytechnische Schule zu gute Noten und wurde daher von seinen
Eltern ins Gymnasium geschickt. Seine Lieblingsbeschäftigungen sind Einkaufen
oder im Kaffeehaus zu sitzen. Es ist ihm sehr wichtig, dem neuesten Schrei zu
folgen. Daher achtet er nicht nur penibel auf seine Kleidung sondern auch auf
wichtige „Accessoires“ wie beispielsweise ein topmodernes Handy mit allen
möglichen Zusatzfunktionen. Martin hat eher einen kleinen Freundeskreis und bis
vor kurzem war er auch in einer festen Beziehung. Er hat sich allerdings schon
wieder neu verliebt.
Allgemeine Mediennutzung
Martins Lieblingsmedien sind das Handy, das Internet und das Fernsehen.
Besonders wichtig ist ihm sein Smartphone, mit dem er im Internet surft, chattet
und spielt, mit seinen Freunden in Kontakt bleibt und fernsieht. Martins
Lieblingssender ist Pro 7, am liebsten sieht er Serien wie Scrubs, Mein cooler Onkel
Charly, Grey’s Anatomy und Desperate Housewifes. Letztere ist seine Lieblingsserie,
die er auch nie versäumt.
Medienumgang in der Familie und in Gleichaltrigengruppen
Martin sieht mit seinen Eltern nicht fern, da sie schon etwas älter sind als andere
Eltern und andere Fernsehpräferenzen haben als er. Er spricht mit ihnen auch nicht
über Medieninhalte. Insgesamt hat er zurzeit ein sehr schlechtes Verhältnis zu
seinen Eltern und streitet sich oft mit diesen. Mit seinen Freundinnen spricht
Martin in der Schule gerne über Desperate Housewifes.
Castingshows im Allgemeinen
Des Weiteren sieht er Germany’s Next Topmodel, Deutschland sucht den Superstar
und Popstars. Dabei macht es ihm Spaß, die KandidatInnen zu beurteilen und seine
Urteile mit den Aussagen der Jury zu vergleichen. Er lästert auch gerne über
KandidatInnen, die nicht singen können.
Model-Castingshows
Martin ist davon überzeugt, dass im Fernsehen grundsätzlich vieles gespielt ist und
glaubt daher, dass auch bei Germany’s Next Topmodel der Großteil reine Show ist
und die Kandidatinnen nicht so gezeigt werden, wie sie wirklich sind.
„Ja, ich denk mir so, da ist das meiste gespielt, weil sobald die Kameras an sind,
fängst zum Spielen an, sobald sie aus sind, - zack – änder sich wieder alles. So denk
ich mir das. Ich weiß nicht, ob‘s wirklich so ist, aber so denk ich mir das.“
Da sich Martin aber sehr für Mode interessiert und auch gerne einmal in der
Modebranche arbeiten würde, verfolgt er diese Model-Castingshow jedoch sehr
aufmerksam. Und trotz seiner Kritik an der Authentizität der Kandidatinnen, ist er
davon überzeugt, dass die Jurymitglieder „immer die Wahrheit sagen“ und
begründet dies mit deren fachlicher Kompetenz und Erfahrung im Modegeschäft.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Er findet es nicht gut, wenn Mädchen den Vorbildern einer Model-Castingshow
nacheifern oder deprimiert sind, wenn sie nicht genauso schlank wie die
Kandidatinnen sind, und betont, dass es besser sei, seine persönlichen Stärken
hervorzukehren und einen eigenen Stil zu finden.
„Jeder Mensch ist sein eigener Typ. Jeder Mensch sieht anders aus und nur,
weil sie nicht so aussieht [wie ein Model, Anm.d. A.] braucht sie sich jetzt
nicht fertig machen.“
Dennoch beschreibt er eine attraktive Frau klassisch als groß, schlank und mit
langen blonden Haaren und das männliche Pendant als groß, muskulös und
S e i t e | 126
braungebrannt. Er selbst versucht diesem Idealbild zu entsprechen und schreckt
auch nicht davor zurück, sich, wenn er älter ist, seine Nase operieren zu lassen, die
ihm zu buckelig und ein Dorn im Auge ist.
Taifun
Mit Germany’s Next Topmodel und vor allem durch die Äußerungen der Jury fühlt
er sich in seiner intensiven Beschäftigung mit dem Thema Mode und Schönheit
bestätigt und in seinem Streben nach einem perfekten Erscheinungsbild legitimiert.
Martin fühlt sich von anderen in seinem Aussehen bewundert und genießt dies
sehr. Er ist davon überzeugt, dass es schöne Menschen im Leben leichter, „mehr
Freundinnen und auch viel bessere Beziehungen“ hätten.
Motto
Vorbilder/Idole aus den Medien
Martin meint, er habe keine Vorbilder, weder aus den Medien noch im realen
Leben. Er hält sich insgesamt für perfekt und meint, dass er es nicht nötig hat, sich
an irgendjemanden zu orientieren, da er seinen eigenen Stil haben will. Dennoch
kann er sich sehr für Brad Pitt und dessen Aussehen begeistern.
Zusammenfassung
Martin fühlt sich weder zu Hause noch in der Schule richtig wohl. Sein Traum ist es
aus dem Leben eines Gymnasiastern, das von Notendruck geprägt ist, auszusteigen
und eine Lehre als Einzelhandelskaufmann in der Modebranche zu beginnen. Mode
und Aussehen sind für ihn generell sehr zentrale Themen. Damit begründet er auch
sein großes Gefallen an der TV-Serie Desperate Houesewirfes. In ModelCastingshows fasziniert ihn ebenso das Thema Mode und fühlt sich in seiner
Rezeption darin bestätigt, dass ein gutes Aussehen der Schlüssel zum Erfolg ist.
17 Jahre, formal niedriger gebildet, Stadt
Germany’s Next Topmodel als Anknüpfungspunkt zur Auseinandersetzung mit
Männlichkeit, Weiblichkeit und dem eigenen Körper
Soziales und familiäres Umfeld
Taifun ist 17 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter, zwei älteren Brüdern, einem
jüngeren Bruder und seinen Großeltern in einer kleinen Wohnung in einem sozial
schwierigen Stadtteil mit einem hohen Anteil an Migranten. Die Mutter erhält
alleine die Familie, sein Vater ist verstorben. Taifun fühlt sich in seiner Familie wohl
und versteht sich sehr gut mit seiner Mutter. Er betont, dass er mit seiner Mutter
über alles reden könne.
Taifuns Familie stammt ursprünglich aus Serbien und es ist ihm wichtig, über
unterschiedliche Medien über sein Heimatland informiert zu bleiben.
Nach zwei Jahren am Gymnasium musste Taifun in die Hauptschule wechseln und
seit seinem Schulabschluss ist er arbeitslos. Dennoch möchte Taifun das
Abendabitur machen und träumt davon, später einmal Rechtswissenschaft zu
studieren.
Taifun hat einen großen Freundeskreis und sechs engere Freunde, mit denen er
sich täglich trifft. Mit seinem besten Freund kann er auch über all seine Probleme
sprechen. Mit seinen Freunden trifft er sich zumeist im Jugendzentrum. Sie
verbringen ihre Zeit damit, gemeinsam Shisha zu rauchen oder irgendwo etwas zu
essen oder zu trinken.
Allgemeine Mediennutzung
Taifun hat einen eigenen Fernseher und sieht täglich circa drei Stunden fern. Das
Fernsehen ist für ihn ein sehr wichtiges Medium, darauf würde er auch auf einer
einsamen Insel nicht verzichten wollen. Er sieht gerne Sitcoms und Comedy-Serien
auf seinem Lieblingssender Pro7. Seine Lieblingsserien sind Scrubs, How I met your
Mother und Two and a Half Man. Er teilt seinen Tagesablauf bewusst so ein, dass
S e i t e | 127
er zu Hause ist, wenn diese Serien laufen. Des Weiteren interessiert er sich für
Klatsch und Sport, da dies oft ein Gesprächsthema innerhalb seines
Freundeskreises ist. Taifun sieht sich auch des Öfteren unterschiedliche
Castingshows an, besonders interessant findet er Germany’s Next Topmodel.
Taifun verbringt ebenso viel Zeit mit dem Lesen. Er genießt es zu lesen, weil es ihn
vom Alltag ablenkt und er sich dabei sehr gut entspannen kann. Taifun betont, dass
er es vorziehe, eine Geschichte zu lesen, als sich diese als Film im Kino anzusehen,
da er sich beim Lesen besser in die einzelnen Charaktere hineinversetzen könne.
Auch das Internet ist für Taifun wichtig. Er ist sehr oft auf Facebook, um dort mit
Freunden zu chatten oder Spiele zu spielen. Taifun spielt generell sehr viel, sei es
am Computer oder auf der Spielkonsole (die Familie besitzt sowohl eine Playstation
als auch eine X-Box mit entsprechend vielen Spielen). Das Radio ist führ ihn von
untergeordneter Bedeutung.
Medienumgang in der Familie
Taifuns Mutter liest regelmäßig die Zeitung und der Junge nimmt sich manchmal
daran ein Beispiel. Dennoch verbringt die Familie viel gemeinsame Zeit vor dem
Fernsehgerät. Dabei rezipieren Taifun und dessen Brüder zusammen mit ihrer
Mutter vor allem Sitcoms und Comedies auf Pro7. Taifuns Großmutter sieht sich
gerne Gerichtshows an, die der Junge nicht sonderlich schätzt. Wegen dem
Fernsehprogramm wird in der Familie kaum gestritten. Wenn es dennoch
Uneinigkeiten gibt, weicht Taifun auf seinen eigenen Fernseher, der in seinem
Zimmer steht, aus. Generell ist es Taifuns Mutter lieber, wenn ihr Sohn fernsieht
anstatt mit Freunden in der Stadt herumzustreifen.
Germany’s Next Topmodel wird ebenso zumeist im Familienkreis rezipiert. Dabei
wählen alle Familienmitglieder eine persönliche Favoritin und hoffen, dass diese
weiterkommt. In dieser Situation finden Gespräche über die Kandidatinnen und die
Geschehnisse in der Show statt. Taifun schätzt dies als eine sehr entspannte
Rezeptionssituation und als ein familiäres Gemeinschaftserlebnis.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Taifun ist es wichtig, über die aktuellsten Neuigkeiten aus Film und Fernsehen
informiert zu sein, da dies ein häufiger Gesprächsstoff in seinem Freundeskreis ist.
Gerne vergleicht er die Eigenheiten und Erlebnisse seiner Freunde mit
unterschiedlichen Stars oder mit Inhalten diverser Fernsehsendungen und spricht
diese darauf an oder zieht sie damit auf.
Castingshows im Allgemeinen
Taifun ist ein regelrechter Fan des Formats Castingshow. Er kennt angefangen von
Musik-Castingshows wie Deutschland sucht den Superstar, Popstars und Starmania
über Model-Castinghows wie Austria’s Next Topmodel und Germany’s Next
Topmodel bis zu Partner-Castingshows wie Bauer sucht Frau oder die Show Das
Supertalent viele unterschiedliche Angebote. Das Supertalent sieht er sich gerne
an, um sich über die KandidatInnen lustig zu machen, aber auch andere
Castingshows verfolgt er regelmäßig. Er findet es nicht gut, dass – vor allem bei
Musik- und Model-Castingshows – die einzelnen Staffeln seinem Empfinden nach
zu schnell aufeinander folgen und die KandidatInnen dadurch zu schnell wieder aus
der Öffentlichkeit verschwinden, um neuen Stars Platz zu machen.
Wenn Taifun eine Sendung besonders gut gefällt, dann verlinkt er das Video mit
seinem Facebook-Profil, um seine Freunde darauf aufmerksam zu machen.
Model-Castingshows
Taifun kennt zwar Austria’s Next Topmodel, präferiert aber die deutsche Version
dieser Model-Castingshow zum einen, weil er mit seinem eigenen Fernseher den
Sender Plus4 nicht empfangen kann, und zum anderen, weil er Germany’s Next
Topmodel insgesamt besser findet. Bei Germany’s Next Topmodel hebt der Junge
besonders hervor, dass „schöne Frauen mit gutem Charakter“ zusehen wären.
Weniger gefällt ihm, wenn die Kandidatinnen zu emotional auf Kritik reagieren.
„Sie übertreiben als wäre ein Komet auf die Erde eingeschlagen und ihre
ganze Familie tot.“
Taifun sucht sich immer zu Beginn einer Staffel eine Kandidatin aus, die er gerne als
Gewinnerin sehen würde, und verteidigt diese heftig gegenüber der Kritik anderer
(etwa seiner Brüder oder seiner Freunde). In der vierten Staffel von Germany’s
Next Topmodel (die aktuelle Staffel zum Zeitpunkt der Erhebung) war Sara Nuru
seine Favoritin – unter anderem auch, weil sie als erste Kandidatin mit
Migrationshintergrund als Gewinnerin hervorging.
S e i t e | 128
„Ja, die war echt gut. Die hatte einen ganz guten Charakter, schönes
Aussehen, guten Stil, wirklich echt … die war einfach perfekt!“
Ob die Kandidatinnen erfolgreich sind, hängt seiner Meinung nach in erster Linie
von deren Aussehen ab. Er selbst achtet ebenfalls besonders auf deren Stil und
Aussehen. Seiner Meinung nach müssen die Kandidatinnen starke Frauen und
besonders gut in ihrer Rolle als Model sein, da sie ja keine „normalen Models“
sondern Topmodels werden wollen. Die Kritik der Jury findet Taifun passend, da die
Jury-Mitglieder ihm zufolge besonders auf das Aussehen der KandidatInnen achten.
Dies ist für Taifun ein zentrales Kriterium, um als Model erfolgreich zu sein.
Mit seinen Brüdern und seinen Freunden spricht Taifun viel über Germany’s Next
Tomodel, vor allem über jene Kandidatinnen, die sich in irgendeiner Form
lächerlich machen.
Taifun gibt in der Gruppendiskussion an, auch schon einmal Sequenzen aus
Germany’s Next Topmodel nachgespielt zu haben und versucht zu haben, die
Bewegungen der Models auf dem Laufsteg nachzuahmen. Von den überraschten
Reaktionen der anderen Diskussionsteilnehmer lässt er sich dabei nicht
verunsichern; er steht zu seiner Vorliebe für Model-Castingshows.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Taifun ist überzeugt, dass die Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel eine
Vorbildwirkung auf jugendliche Mädchen haben. Er ist sich nicht sicher, ob diese
Vorbildwirkung als positiv oder als negativ zu bewerten ist, räumt aber ein, dass es
seiner Meinung nach dem Ruf eines Mädchens schaden könne, wenn diese sich
ähnlich kleiden würde wie die Kandidatinnen der Model-Castingshow.
Für Taifun ist sein Aussehen ein großes Thema. Optisch wirkt er eher extrovertiert:
er hat einen auffälligen Haarschnitt und schminkt sich ähnlich wie Bill Kaulitz, der
Frontsänger der Gruppe Tokio Hotel. Auch seine Kleidung wirkt eher extravagant.
Taifun ist jedoch klein und eher schmächtig und setzt daher alles daran, um
breitere Schultern zu bekommen und auf diese Weise aus seiner Perspektive
„männlicher“ zu wirken. Er treibt viel Sport, versucht viel zu essen, ist aber eher
frustriert, dass er bislang noch keine sichtbaren Erfolge damit erzielen konnte.
Gerne würde er seinem Vorbild Johnny Depp nacheifern. Er fühlt sich in seinem
Körper nicht wohl und ist auch mit seinem Aussehen nicht zufrieden. Besonders
stört ihn eine Narbe am Bauch. Taifun meint, dass sein Körper seine innerliche
Befindlichkeit und seine innerliche Unzufriedenheit widerspiegeln würde.
Seine Traumfrau ist Keri Hilson, eine US-amerikanische R&B-Sängerin. Besonders
fasziniert ihn, dass sie schlank sei und eine gute Figur sowie ein „schönes Gesicht“
habe. Wie in der Beschreibung der Kandidatinnen der Model-Castingshows (z.B.
Sara), setzt er dabei schönes Aussehen mit einem besonders guten Charakter
gleich.
Frauen sind seiner Meinung nach erfolgreicher im Beruf, wenn sie besonders
attraktiv sind und die Aufmerksamkeit der männlichen Kollegen und Vorgesetzten
auf sich ziehen. Er räumt allerdings ein, dass das für die betreffenden Frauen selbst
nicht so angenehm sein könnte. Dennoch ist Taifun davon überzeugt, dass
Schönheit ein wichtiges Kriterium für Erfolg ist.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Taifun ist gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder ein Johnny Depp-Fan. Er
bewundert dessen Stil und Aussehen und ist der Meinung, der Schauspieler sei ein
Trendsetter. Taifun unterstreicht aber auch, dass ihn diese Eigenschaften alleine
noch nicht zu einem Vorbild machen würden und betont besonders Depps
schauspielerische Qualitäten.
„Der Typ vertieft sich in Rollen, egal wo er drinnen ist, er macht’s perfekt.
Man denkt er ist wirklich für diese Rolle geboren.“
Zusammenfassung
Taifun wächst in einer Großfamilie auf und versteht sich sehr gut mit den anderen
Familienmitgliedern. Das gemeinsame Fernsehen ist Teil des Familienrituals, das
der Junge sehr genießt. So tauscht er sich auch gerne mit seiner Mutter und seinen
Brüdern sowie mit seinen Freunden über Fernsehinhalte aus. Taifun ist ein Fan des
Formats Castingshows, besonderen Gefallen findet er an Germany’s Next
Topmodel. In jeder Staffel sucht er sich eine Favoritin aus, mit der er bis zum
Schluss miteifert, und es ist ihm wichtig, in der Familie sowie mit seinen Freunden
über Ereignisse aus dieser Model-Castingshow zu diskutieren.
S e i t e | 129
Ein Grund warum er an Model-Castinghows einen derart großen Gefallen findet, ist
das Thema „Schönheit und Schönheitsideale“, das in seiner derzeitigen Entwicklung
eine große Rolle spielt. Er setzt sich intensiv mit seinem Körper und seinem
persönlichen Aussehen auseinander und findet sich daher in gewisser Weise in den
Model-Castingshows wieder. Er erachtet es als wichtig, an sich zu arbeiten und
Kritik auszuhalten. So trainiert er auch selbst intensiv, um einen besser
durchtrainierten Körper zu bekommen.
Tom
Man gewinnt den Eindruck, dass sich Taifun seiner sexuellen Orientierung noch
nicht ganz sicher ist und sich diesbezüglich in einer Phase des Suchens und
Ausloten befindet. Er wirkt äußerst androgyn, zuweilen auch weiblich. Dies ist ihm
offensichtlich bewusst und so versucht er alles zu unternehmen, um „männlicher“
zu wirken. Vielleicht ist dies auch ein Grund dafür, warum er sich zurzeit in seinem
Körper nicht wohl fühlt.
Tom lebt alleine mit seiner Mutter, einer formal niedriger gebildeten Bürokraft, in
einem Stadtviertel mit einem hohen Anteil an Migranten. Nach abgeschlossener
Hauptschule ist er auf der Suche nach einer geeigneten Lehrstelle und zurzeit
arbeitslos. Toms Vater ist ein schwarzer US-Amerikaner, der für seinen Sohn
unerreichbar in den Vereinigten Staaten lebt und dort mit einer anderen Frau eine
Familie gegründet hat. Tom ist ein großer Junge mit deutlich sichtbarem afroamerikanischen Migrationshintergrund; in seinem unmittelbaren Umfeld ist er
dadurch einzigartig. Es hat nicht den Anschein, dass er deswegen in seiner
Umgebung gehänselt wird, dennoch deutet einiges darauf hin, dass es ihm nicht
immer leicht fällt, mit seiner Andersartigkeit umzugehen. Für Tom ist die
Identitätsfindung bzw. die Frage danach, wer er ist und wie er einmal sein möchte,
von besonderer Bedeutung. In der Bewältigung dieser, für die Pubertät zentralen,
Entwicklungsaufgabe leidet er besonders unter dem mangelnden Kontakt zu
seinem Vater. Tom hebt seine Doppel-Staatsbürgerschaft (österreichisch – USamerikanisch) hervor und betont auch in seinem sonstigen verbalen und
nonverbalen Verhalten, dass er Amerikaner ist. Für ihn ist alles toll, was in
irgendeiner Weise in Verbindung zu den USA steht und er himmelt seinen
unbekannten Vater an. Diese Vaterfigur scheint ihm die Lösung aller Dinge, auch
seiner Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche bzw. zuvor seiner Probleme in der
Schule (beinahe Suspendierung wegen unangemessenem Verhalten). Tom versucht
sich als „amerikanischer Macho“ zu geben und unterstreicht dies durch auffälliges
und (scheinbar) extrovertiertes Verhalten sowie durch permanentes Flirten und
überhebliches Verhalten gegenüber Frauen. Er versucht dadurch sehr
selbstbewusst zu wirken und betont auch in der Gruppendiskussion sowie im
Einzelinterview, dass er sehr selbstbewusst sei. Bei näherer Betrachtung ist er
jedoch
äußerst
unsicher.
Er
erzählt
auch
von
regelmäßigen
Stimmungsschwankungen und depressiven Phasen, in denen er über Probleme
Auch wenn Taifun derzeit arbeitslos ist und bislang nach der Hauptschule keine
Lehrstelle finden konnte, wirkt er im Gegensatz zu seinen Freunden nicht
perspektivenlos: er möchte das Abitur nachholen und später einmal studieren.
Langfristiger beruflicher Erfolg ist für ihn jedoch unabdingbar mit einem perfekten
optischen Äußeren verquick
15 Jahre, formal niedriger gebildet, Stadt
Motto
Heidi ist perfekt – und ich hätte auch das Zeug zum Star
Soziales und familiäres Umfeld
S e i t e | 130
nachdenkt und sich vor der Außenwelt zurückzieht. Wenn er in diesen Phasen des
Rückzugs von außen gestört wird, kann er sehr aggressiv werden und lässt seine
innere Unzufriedenheit wahllos an anderen Menschen aus. Er weiß um diese
Schwäche Bescheid, die ihm zuweilen auch Schwierigkeiten bereitet hatte, sich
angemessen in der Schule einzugliedern. Deshalb ist er darum bemüht, sich in
diesen Phasen bewusst Ruhe zu gönnen und sich zurückzuziehen, bis es ihm wieder
besser geht.
Da Tom arbeitslos ist, schläft er zumeist bis Mittag, um sich anschließend über
Instant Messaging oder über die Chat-Funktion in Facebook mit Freunden zu
verabreden. In der Regel trifft er sich mit diesen im Jugendzentrum. Gemeinsam
essen sie dann Kebap, hören Musik, gehen ins Kino, rauchen Shisha und verbringen
ihre Zeit im Park. Zweimal wöchentlich geht er zum Fußballtraining. Tom
bezeichnet seinen Freundeskreis als groß (10 bis 15 Personen). Da es in seiner
Clique offensichtlich strenge Regeln gibt, die laut Tom unbedingt eingehalten
werden müssen, kann er nur mit wenigen Personen über persönliche Probleme
sprechen. Tom weiß noch nicht genau, was er beruflich machen möchte und
bewirbt sich daher auf verschiedene Praktika; dabei informiert er sich vorab
gewissenhaft über die entsprechenden Firmen, da ihm dies wichtig erscheint. Die
bislang erfolglose Arbeitssuche ist ein ständiges Streitthema zwischen ihm und
seiner Mutter, abgesehen davon versteht er sich aber sehr gut mit ihr.
Allgemeine Mediennutzung
Das Handy ist für Tom ein permanenter Begleiter. Neben der ständigen
Erreichbarkeit sind für ihn auch Handyspiele von Bedeutung. Das wichtigste
Medium ist für ihn sein PC mit Internetanschluss, an dem er vor allem die vielen
unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten schätzt. Tom ist viel auf Facebook um sich
mit Freunden auszutauschen oder Spiele zu spielen, manchmal surft er auch nur
ziellos herum. Seine tägliche Internetnutzung schätzt er auf zwei bis drei Stunden.
Neben Onlinespielen spielt Tom ebenso gerne auf seiner Playstation, manchmal
verabredet er sich mit seinen Freunden auch zu gemeinsamen Spiel-Turnieren.
Er hat ein eigenes Fernsehgerät und sieht täglich circa drei Stunden fern. Er
interessiert sich dabei für Comedys, Soaps und Telenovelas aber auch für
Nachrichten, Reportagen und populärwissenschaftliche Sendungen wie
Newtonoder nano. Am besten gefällt ihm die Comedy Alle hassen Chris, die auf
seinem Lieblingssender Pro7 läuft.
Musik hört Tom in erster Linie über seinen PC. Zumeist lässt er den Fernseher
jedoch nebenbei laufen während er etwa an seinem PC sitzt oder Konsolenspiele
spielt.
Das Radio nutzt er ebenso wie Zeitungen eher selten. Wenn er Radio hört, dann in
erster Linie englischsprachige Sender.
Medienumgang in der Familie
Manchmal sieht Tom auch gemeinsam mit seiner Mutter fern. Zuweilen entstehen
dadurch Gespräche über Medieninhalte und Tom findet diesen Austausch
interessant.
„Sie [meine Mutter, Anm. d. A.] kennt Themen, die ich nicht kenne und wir
reden dann immer darüber. Manchmal diskutieren wir auch.“
Es existieren keine expliziten Regeln im Hinblick auf Toms Medienumgang und der
Junge berichtet über keine diesbezüglichen Differenzen.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Tom interessiert sich für Nachrichtensendungen und spricht auch gerne mit
anderen über diverse Berichte (z.B. über die Haiti-Katastrophe). Mit seinen
Freunden spricht er allerdings in erster Linie über amüsanten Szenen aus diversen
Serien oder Shows. Manchmal sind auch Model-Castingshows ein Gesprächsthema
unter Toms männlichen Freunden. Dabei diskutieren sie über die jeweiligen
Kandidatinnen, deren Aussehen sowie deren potentielle Chancen, als Siegerin
hervorzugehen.
Castingshows im Allgemeinen
94
Tom sieht sich regelmäßig Model-Castingshows an, die ihn offensichtlich mehr
interessieren als Musik-Castingshows. Dieter Bohlen beurteilt er als Jurymitglied
94
Im Screening-Fragebogen gibt Tom an, nur manchmal Model-Castingshows zu nutzen,
aber sowohl aus der Gruppendiskussion als auch aus dem Einzelinterview geht hervor,
S e i t e | 131
von Deutschland sucht den Superstar sehr negativ, weil dieser oft verletzende
Kommentare abgibt.
Model-Castingshows
An sich steht Tom der Castingshow Germany’s Next Topmodel ambivalent
gegenüber, da seiner Meinung nach vieles nur gespielt ist (v.a. die Streitereien
zwischen den Kandidatinnen), dennoch sieht er sich des Öfteren die Sendung an.
Als Grund dafür gibt er an, dass ihm die Kandidatinnen gefallen.
„Ja, wieso soll ich nicht schauen? Wenn mir eine gefällt, möchte ich wissen,
ob sie Topmodel wird. Vielleicht lässt sich da ja auch mal ein Kontakt
aufbauen.“
Austria’s Next Topmodel ist für Tom lediglich eine billige Kopie des (seiner Meinung
nach) deutschen Originals. Auch gefallen ihm die deutschen Model-Kandidatinnen
besser als die österreichischen. Die deutsche Moderatorin Heidi Klum findet Tom
sympathischer und kompetenter als die österreichische Moderatorin Lena Gerke.
I: Findet ihr, dass sie [Heidi Klum, Anm. d. A.] manchmal zu hart ist?
Lisa: Also ich finde nicht, ich finde es perfekt von ihr.
Tom: Aber sie hat auch schon mehr Erfahrungen wie die anderen.
I: In wie fern?
Tom: Die kennt sich eben aus in der Welt.
Obwohl Tom Dieter Bohlens Verhalten als Jurymitglied von Deutschland sucht den
Superstar kritisiert, findet er die Kommentare der Jury von Germany’s Next
Topmodel in Ordnung und meint, die Kandidatinnen seien selber schuld, wenn sie
Fehler machen und dafür kritisiert werden würden. Heidi Klum ist für ihn eine
perfekte und begehrenswerte Frau; vielleicht hat er auch deshalb keine Einwände
im Hinblick auf die Jury.
dasser sich regelmäßig Germany’s Next Topmodel und auch hin und wieder MusikCastingshows wie Deutschland sucht den Superstar ansieht.
Tom könnte sich vorstellen, sich auch einmal für eine Model-Castingshow zu
bewerben und würde sich sogar Chancen auf einen Sieg ausrechnen. Es würde ihm
Spaß machen, für ein HipHop-Magazin zu modeln. Für ihn gehört es aber zu einer
Model-Laufbahn dazu, Entbehrungen auf sich zu nehmen und den Rat von
ExpertInnen, wie etwa der Jury von Germany’s Next Topmodel, zu befolgen.
„Ich würde auch mit den Konsequenzen leben, was ich dafür machen muss
und dass ich die Idealmaße habe und zu einem Model werden kann. Denn
wenn ich das will, wenn man das will, dann macht man das. Einige
strapaziert das zu sehr, die machen das dann nicht.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Tom ist der Ansicht, dass Germany’s Next Topmodel sowohl im positiven aber auch
im negativen Sinne eine Vorbildfunktion für Mädchen haben könnte und betont
dabei, dass er einen übertriebenen Schlankheitswahn verabscheut und er zu dünne
Frauen eher abstoßend findet.
„Jo, weil es gibt Leute, die halt mehr Gewicht haben, aber zu diesen passt
das. Aber ich find nicht… – Also vorher siehst du die Models mit perfektem
Körper und dann auf einmal dünn wie Solettistangerl. Mit denen kann man
ja nichts anfangen. Also, Zahnstocher brauch ich nicht.“
Dennoch gefällt ihm die Mehrheit Kandidatinnen ebenso wie die Moderatorin Heidi
Klum.
Tom selbst achtet penibel auf seine äußere Erscheinung, trainiert regelmäßig im
Fitnesscenter und es ist ihm wichtig, gut gekleidet zu sein.
„Die Leute sind gewohnt, dass ich gut aussehe! Also wenn ich mal nicht so
gut aussehen würde … ich weiß nicht … nein!“
Er spielt auch bewusst mit seinem Aussehen und kleidet sich je nach Situation
(Schule, Ausgehen etc.) unterschiedlich oder rasiert sich beispielsweise, wenn er
jünger wirken will oder eben nicht, wenn er einen älteren Eindruck machen
möchte. Mit seiner Figur zeigt er sich zufrieden.
S e i t e | 132
Tom ist davon überzeugt, dass ein gutes Aussehen auch für beruflichen Erfolg von
Bedeutung ist. Er betont dabei aber ebenso, dass ein gutes Verhalten nicht zu
vernachlässigen ist.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Toms Vorbild ist der HipHop-Sänger Chris Brown und er versucht ihn in seinem
Aussehen nachzueifern. Seiner Meinung nach ist dieser Sänger durch sein
Aussehen, seine Musik, seine Art zu Tanzen und seine Berühmtheit für viele Frauen
attraktiv und dies wünscht sich Tom ebenfalls. Er ist davon überzeugt, dass man es
im Leben leichter hat, wenn man dem Schönheitsideal der Medien entspricht.
Weitere Anknüpfungspunkte findet Tom bei unterschiedlichen Fußballspielern,
denn auch er möchte sich durch sportliche Leistungen profilieren. Tom träumt in
gewisser Weise vom Ruhm seines Vorbilds und würde sich in einer ähnlichen Rolle
gefallen. Deshalb würde er sich auch für eine Model-Castingshow bewerben, wenn
es einen entsprechenden Aufruf für männliche Bewerber gäbe. Jedoch betrachtet
er die öffentliche Popularität auch kritisch und räumt ein, dass es eventuell
anstrengend sein könne, sich als Star nicht mehr frei in der Öffentlichkeit bewegen
zu können.
Zusammenfassung
Tom befindet sich in einer Phase der intensiven Selbstauseinandersetzung und
Identitätsfindung und es fällt ihm schwer, sich mit sich selbst und mit seiner
Umwelt zurecht zu finden. Seine Identifikationsfigur ist Chris Brown, ein
afroamerikanischer Rapper, in dem er sich als Junge, der durch seinen
afroamerikanischen Migrationshintergrund in einem sozial schwierigen Stadtteil
auffällt, wieder findet. Tom hat Probleme sich in die Gesellschaft einzuordnen und
eine Lehrstelle zu finden und hat noch keine genaue Vorstellung davon, wie sein
zukünftiges Leben aussehen soll. Er träumt davon, wie Chris Brown berühmt und
von Frauen begehrt zu werden. Ach wenn er manche Kritik gegenüber Germany’s
Next Topmodel äußert, so verfolgt er diese Model-Castingshow regelmäßig. Er
achtet dabei genau auf die Darbietungen der Kandidatinnen und die Kritik der Jury.
Heidi Klum verehrt er. Wenn es eine ähnliche Castingshow für männliche
Kandidaten gäbe, würde er mitmachen in der Hoffnung, auf diese Weise seinen
Traum, berühmt zu werden, zu erfüllen. Um dies zu erreichen, wäre er dazu bereit,
einiges zu opfern und „an sich zu arbeiten“, um die Anforderungen der Jury zu
erfüllen und sich auf diese Weise wie sein Vorbild aus dem sozialen Prekariat
hochzuarbeiten.
S e i t e | 133
Valentina
Medienumgang in der Familie
15 Jahre, formal höher gebildet, Stadt
Die Zeit im Bild 1 sowie die davor ausgestrahlten Nachrichten aus dem Bundesland
sind ein fixer Bestandteil des Familienalltags und werden täglich gemeinsam
rezipiert. Dies hat Valentina, wie zuvor schon angedeutet, bereits in ihrer
persönlichen Mediennutzung habitualisiert. Andere Sendungen werden in
Valentinas Familie nicht gemeinsam genutzt und auch Gespräche über
Medieninhalte finden eher selten statt.
Motto
Ich mag Germany’s Next Topmodel, aber ich würde mich nie so hineinsteigern wie
andere Mädchen.
Soziales und familiäres Umfeld
Valentina ist 15 Jahre alt und wohnt gemeinsam mit ihren Eltern, ihrem 18-jährigen
Bruder und ihrer Großmutter in einem großen Haus am Stadtrand. Sie kommt aus
einer gutbürgerlichen Familie und besucht ein naturwissenschaftliches Gymnasium.
Valentina geht gerne zur Schule und versteht sich gut mit ihren MitschülerInnen.
Sie fühlt sich auch zu Hause sehr wohl und versteht sich gut mit ihrer Familie. Das
Mädchen betont, dass sie in ihrer Familie über alles sprechen könne und dass ihre
Eltern für alles offen seien.
Allgemeine Mediennutzung
Valentina teilt sich mit ihrem Bruder einen gemeinsamen Laptop mit
Internetanschluss; des Weiteren hat sie Zugang zu einem Familien-PC, der ebenfalls
mit Internet ausgestattet ist. Das Internet ist für sie von großer Bedeutung, da es
ihr wichtig ist, sich mit ihren FreundInnen über Instant Messaging, SchülerVZ oder
Facebook auszutauschen. Ihr Handy nutzt sie ebenfalls vorwiegend zur
Kontaktpflege. Valentina entspannt gerne bei Musik, die sie sich zumeist aus dem
Internet herunterlädt. Manchmal blättert sie in Zeitschriften für junge Frauen wie
etwa Touch oder Inside, generell liest sie aber nicht besonders gerne.
Das Fernsehen nutzt sie gerne zur Entspannung; demnächst wird sie auch einen
eigenen Fernseher bekommen. Valentinas Lieblingssender ist ORF 1 an dem sie
besonders schätzt, dass es keine Werbeunterbrechungen gibt. Während anderen
Tätigkeiten wie etwa ihren Hausübungen nutzt sie auch gerne MTV als
Geräuschkulisse im Hintergrund. Valentina sieht sich bewusst regelmäßig die
Nachrichten an, weil sie über aktuelle Geschehnisse in und außerhalb Österreichs
informiert sein möchte. Sie gibt an, keine spezielle Lieblingssendung zu haben,
sieht aber häufig CSI und Germany’s Next Topmodel.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Valentina unterhält sich mit ihren Freundinnen gerne über die Model-Castingshow
Germany’s Next Topmodel. Die Mädchen informieren sich dabei gegenseitig, falls
eine von ihren eine Sendung verpasst hat, und diskutieren häufig über die Auftritte
der Kandidatinnen sowie die Entscheidungen der Jury.
Castingshows im Allgemeinen
Valentina sieht generell gerne Castingshows, Germany’s Next Topmodel hat es ihr
aber besonders angetan. Sie teilt sich ihren Alltag danach ein, um diese Show
wöchentlich mitzuverfolgen. Wenn sie eine Sendung verpasst hat, ist es ihr wichtig,
dies über YouTube nachzuholen, da sie über den neuesten Stand der Dinge
informiert sein möchte. Das österreichische Pendant Austria’s Next Topmodel
schätzt sie überhaupt nicht, denn sie findet die Show nachgemacht und billig.
Model-Castingshows
Valentina interessiert an Germany’s Next Topmodel vor allem das Verhalten der
Kandidatinnen und die Art und Weise wie diese mit den jeweiligen
Herausforderungen umgehen. Manchmal fiebert sie mit einzelnen Kandidatinnen
mit, zumeist geht sie aber auf kritischen Abstand und macht sich über die jungen
Frauen lustig.
„Es ist witzig anzusehen, wie sich manche zum Deppen machen.“
Valentina mag es überhaupt nicht, wenn die jungen Frauen ihre Emotionen zu
offen zeigen und „hysterisch überreagieren“. Eine gute Model-Kandidatin zeichnet
sich für Valentina durch die Fähigkeit aus, Kritik anzunehmen und konstruktiv
damit umgehen zu können. Sie mag es überhaupt nicht, wenn eine Kandidatin
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hysterisch reagiert. Des Weiteren erachtet sie es als wichtig, dass die jungen
Frauen miteinander kooperieren und sich gut in die Gruppe einfügen können.
„Ich habe das sehr klug gefunden, dass manche Freundinnen geworden
sind obwohl sie Konkurrentinnen waren. Genauso wie es manche
akzeptieren, dass sie rausgeflogen sind und manche nicht.“
Da sich Valentina generell für Mode interessiert, holt sie sich hin und wieder
Schmink- und Styling-Anregungen aus der Model-Castingshow und probiert diese
zu Hause aus. Grundsätzlich haben für sie aber weder die Kandidatinnen noch die
Jurymitglieder eine Vorbildfunktion. Dennoch ist sie davon überzeugt, dass diese
für andere Mädchen ein Vorbild sein könnten und dass man aus der Show lernen
könnte, wie man mit Kritik umgeht
Valentina gefällt die Jury von Germany’s Next Topmodel und zumeist kann sie die
geäußerte Kritik gegenüber den Kandidatinnen auch nachvollziehen. Nur
manchmal findet sie diese etwas zu hart.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Valentina kritisiert jedoch, dass bei Germany’s Next Topmodel das Thema
Schönheit und eine perfekte Figur zu haben im Zentrum steht und denkt, dass dies
auch einen negativen Einfluss auf die RezipientInnen haben könnte.
„Sie geben vielleicht eine Figur wieder, die man
wollen würde. Aber viele Models machen das
ernähren sich gar nicht gesund und machen auch
frischen Luft sondern sie essen einfach gar nicht.
Beispiel dran nehmen.“
eigentlich gerne haben
so künstlich. Also, sie
gar keinen Sport an der
Da sollte man sich kein
Auf die Frage, was für sie persönlich Schönheit ausmache, betont sie, dass eine
gute Figur alleine für sie nicht das Wichtigste sondern primär der Charakter eines
Menschen von Bedeutung sei. Dennoch beschreibt sie hübsche Frauen und Männer
als „eher auf der schlankeren Seite“, unterstreicht aber gleichzeitig, dass sie einem
übertriebenen Schlankheitswahn nichts abgewinnen könne.
Zusammenfassung
Valentina wächst sehr behütet in einem eher konservativ-bürgerlichen und
bildungsnahen Umfeld auf. Sie hat im Hinblick auf die Beurteilung von und den
Umgang mit Medien vieles aus dem Vorbild ihrer Eltern verinnerlicht. Sie sieht
regelmäßig die Nachrichten im Fernsehen, weil dies ein fixer Bestandteil des
täglichen Familienrituals ist, und gibt sich bewusst kritisch-reflektiert im Gespräch
über Medieninhalte. Manche ihrer Antworten –beispielsweise im Hinblick auf die
Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen – wirken eher wie ein Anpassen an eine
vermeintliche soziale Erwünschtheit, sind aber dennoch glaubhaft vor dem
Hintergrund ihres restlichen Verhaltens und ihrer Gesamterscheinung. Sie ist ein
ruhiges, intelligentes und natürliches Mädchen, das gepflegt, aber bewusst nicht
geschminkt ist. Es macht ihr Spaß, die Model-Castingshow Germany’s Next
Topmodel mitzuverfolgen und sich darüber mit Freundinnen auszutauschen.
Zuweilen fiebert sie mit einzelnen Kandidatinnen mit, aber sie steigert sich nie
sonderlich hinein und hat auch keine Lieblingskandidatin. Sie interessiert es mehr
das Verhalten der Kandidatinnen, deren Umgang mit unterschiedlichen
Herausforderungen sowie deren Kooperation und gleichzeitigen Konkurrenzkampf
zu beobachten und mit Freundinnen zu diskutieren. Auch wenn sie sich nicht als
Fan bezeichnen würde, ist es ihr wichtig keine Sendung zu verpassen und immer
am neuesten Stand zu sein. Ihr ist es aber wichtig, diese Model-Castingshow als
reflektierte Beobachterin von außen mitzuverfolgen.
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Einzelfälle Land
Astrid
16 Jahre, formal höher gebildet, Land
Motto
Hauptsache ich kann mitreden.
Soziales und familiäres Umfeld
Astrid besucht eine höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe und wohnt
gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem um ein Jahr jüngeren Bruder auf einem
Bauernhof auf dem Land. Sie versteht sich sehr gut mit ihrem Bruder, der für sie
ein wichtiger Ansprechpartner bei Sorgen und Problemen ist. Als wichtigste
weibliche Bezugsperson bezeichnet sie ihre Mutter. Astrid ist in einer festen
Beziehung und hat einen großen Freundeskreis, viele dieser Freunde sind allerdings
deutlich älter als sie. Mit ihren MitschülerInnen versteht sie sich weniger gut, da sie
anderthalb Jahre älter ist und gänzlich andere Interessen hat.
Allgemeine Mediennutzung
Astridliebt es ihren Alltag mit Musik zu untermalen; sie steht morgens mit dem
Radiowecker auf, hört wo immer es ihr möglich ist über ihren MP3-Player Musik
und wählt auch beim Ausgehen Lokale bewusst nach deren Musikangebot aus.
Ebenso wichtig ist ihr eine gute Anbindung an das Internet, um über die
Kontaktplattform Facebook oder über den Instant Messanger Skype mit ihren
FreundInnen vernetzt zu sein. Astrid liest nicht gerne, nur selten blättert sie eine
Zeitung durch, wenn ihr eine Schlagzeile ins Auge sticht. Das Mädchen besitzt ein
eigenes Fernsehgerät, nutzt aber auch häufig den „Familienfernseher“ im
Wohnzimmer. Sie nutzt das Fernsehen allerdings selten nebenbei sondern sieht
sich bewusst einzelne Sendungen an; großen Gefallen findet sie vor allem an
Telenovelas wie Anna und die Liebe, Schmetterlinge im Bauch und Verliebt in Berlin.
Medienumgang in der Familie
In Astrids Familie wird selten gemeinsam ferngesehen und auch Gespräche über
Medien finden kaum statt. Allerdings spricht sie manchmal mit ihrer Mutter und
ihrer Tante über Germany’s Next Topmodel; vor allem ihre Tante interessiert sich
sehr für diese Model-Castingshow.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Manchmal unterhält sich Astrid während des Kochunterrichtes mit Mitschülerinnen
über Telenovelas sowie über Germany’s Next Topmodel. Über diese Gespräche ist
sie auch schnell informiert, wenn eine Sendung verpasst hat.
Castingshows im Allgemeinen
Sie mag Daily Soaps mehr als Castingshows, nur Germany’s Next Topmodel sieht
sie hin und wieder. Austria’s Next Topmodel sieht sie sich nicht an, es keiner ihrer
Freundinnen sieht. Sie glaubt, dass dabei der Fokus mehr auf der Model-WG als auf
der Show liegt.
Model-Castingshows
Da Astrids Freundinnen regelmäßig Germany’s Next Topmodel und Die Model WG
rezipieren, verfolgt sie diese ebenfalls regelmäßig, auch wenn sie sich wenig mit
diesen Fernsehangeboten identifizieren kann. Für Astrid geht es in Germany’s Next
Topmodel in erster Linie um das Aussehen der KandidatInnen; nichts anderes
entscheidet ihrer Meinung nach über deren Erfolg bzw. Misserfolg. Sie sieht dies
kritisch und verweist dabei auf öffentliche Diskurse über Model-Castingshows
Essstörungen. Die Kommentare der Jury sieht sie ebenfalls kritisch und findet die
Behandlung der Kandidatinnen zum Teil unmenschlich.
Interviewerin: Und wie findest du die Jury?
Astrid:Zu unmenschlich. Ja, so zum Beispiel, wenn sie raus gehen und dann
„ja, ich hab kein Foto für dich“. – Da kommt nie „es tut mir leid“ oder so.
Warum machen die das nicht einfach ein bisschen sensibler, nicht einfach
so BAM!
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Von Heidi Klum ist Astrid besonders enttäuscht, da sie diese zum einen zu hart
findet und zum anderen durch Brüche in deren Verhalten bzw. Image irritiert ist.
„Die [Heidi Klum] ist nur mehr wie eine Maschine. Die hat gar nichts
Menschliches mehr. Sie sagt zu einer, die 40 kg hat „Du bist zu dick“, da
denk ich mir dann, „hä, bist bescheuert?“ Einerseits steht die Heidi Klum
für schlank und schön sein und Schönheitsideale und so und dann macht
sie wieder Werbung für McDonald’s. Das passt ja alles irgendwie nicht
zusammen.“
Zudem ist Astrid davon überzeugt, dass Model-Castingshows einen negativen
Einfluss auf die Persönlichkeit der Kandidatinnen haben.
„Nein, ich glaub, die verändern sich so vom Persönlichen her total. Möchte
ich, glaube ich, nicht. Die Castingshow verändert dich einfach. Du kommst
nicht so heim wie du gegangen bist.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Für Astrid zeichnen sich die Kandidatinnen durch eine große Selbstsicherheit sowie
einen perfekten Körper aus. Sie findet es legitim, dass in der Model-Branche in
erster Linie das Aussehen zählt. In der Beschreibung ihres Schönheitsideals hält sie
sich sehr an medienvermittelte Bilder des dynamisch-durchtrainierten Mannes und
der schlanken, wohlproportionierten Frau, wenngeich sie einräumt, dass niemand
perfekt sein könne. Sie ist davon überzeugt, dass Frauen ihr Aussehen geschickt
einsetzen sollen, um beruflich und privat erfolgreich zu sein.
„Wenn da jetzt zehn Leute zur Tür hereinkommen, dann siehst du auch den
als ersten an, der am besten aussieht und nicht den, der da in der Ecke
steht und nichts sagt. Vielleicht hat der zwar den besten Charakter, aber
eben nicht die Ausstrahlung.“
Astrid ist es wichtig, gut auszusehen; sie treibt auch regelmäßig Sport, um eine
schlanke Figur zu haben. In ihrem Körper fühlt sie sich derzeit nicht so wohl, da ihre
Brüste größer sind als die anderer Mädchen und sie sich daher permanent von
Männern beobachtet fühlt.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Astrid ist der Meinung, dass sich viele Mädchen an den Kandidatinnen von
Germany’s Next Topmodel ein Vorbild nehmen und begründet dies damit, dass sie
manchmal das Gefühl habe, ihre MitschülerInnen hätten keine eigene Meinung
mehr bzw. würden nur mehr die Meinungen der Kandidatinnen oder der Jury
vertreten. Dies würde für sie selbst jedoch nie in Frage kommen. Dennoch räumt
sie ein, dass man sich den Fleiß und die Zielstrebigkeit der Kandidatinnen zum
Vorbild nehmen könnte und betont dies als wichtige Eigenschaften, die man auch
für das Berufsleben bräuchte. Praktisch findet Astrid aber die Schminktipps aus
Germany’s Next Topmodel, auch wenn sie diese selbst nicht umsetzt.
Zusammenfassung
Für Astrid ist die Rezeption von Model-Castingshows nicht zentral, dennoch sieht
sie regelmäßig Germany’s Next Topmodel, um mitreden zu können. Sie hat zwar
einen großen Freundeskreis, gilt aber in der Schule eher als Außenseiterin und ist
auch mit ihrem Aussehen nicht zufrieden. Daher sprechen sie Telenovelas wie
Verliebt in Berlin mehr an als Model-Castingshows, da dort das Thema der
„hässlichen Außenseiterin“ explizit behandelt wird. In Model-Castingshows sieht
sie gängige Schönheitsideale bestätigt, die sie zwar an sich teilt, mit denen sie sich
aber nicht identifizieren kann, auch wenn sie diesen gerne entsprechen würde. So
nimmt sie sich auch bewusst kein Vorbild an den Kandidatinnen, obwohl sie deren
Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen beeindruckt.
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Denise
Model-Castingshows
17 Jahre, formal höher gebildet, Land
Denise findet Model-Castingshows zwar unterhaltsam, steht diesen aber sehr
kritisch gegenüber und ist davon überzeugt, dass vieles inszeniert ist.
Motto
Bei Model-Castingshows ist alles inszeniert.
Soziales und familiäre Umfeld
Denise wohnt mit ihren Eltern, ihrer 18-jährigen Schwester und ihren Großeltern in
einem Haus auf dem Land. Ihr 26-jähriger Bruder ist bereits von zu Hause
ausgezogen. Sie besucht eine höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe, geht
gerne zur Schule und versteht sich gut mit ihren MitschülerInnen. Sie hat sechs
enge Freundinnen, mit denen sie viel Zeit verbringt. Ihre Hobbys sind Volleyball
und Reiten.
Allgemeine Mediennutzung
Denise hat ihren I-Pod immer dabei und hört wo immer es möglich ist Musik. Das
Internet nutzt zumeist abends vor dem Schlafengehen, um über Facebook mit
ihren FreundInnen zu kommunizieren. Ihr Lieblingsmedium ist jedoch das
Fernsehen, sie nutzt es in erster Linie zur Entspannung und zur Unterhaltung. Ihre
Lieblingsserie ist Desperate Housewifes. Das Lesen dient Denise ebenfalls zur
Entspannung; vor allem im Sommer genießt sie es, mit einem spannenden Buch in
der Sonne zu liegen.
Medienumgang in der Familie
Denise und ihre Schwester sehen des Öfteren gemeinsam fern. Auch Castingshows
rezipiert sie zumeist gemeinsam mit ihrer Schwester und manchmal leistet den
Mädchen dabei auch ihre Mutter Gesellschaft. So ergeben sich in der Familie auch
hin und wieder Gespräche über die KandidatInnen.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Denises Mitschülerinnen sind allesamt große Fans von Germany’s Next Topmodel
und so wird auch in der Schule viel über diese Model-Castingshow gesprochen. Um
mitreden zu können, informiert sich Denise im Internet über die Show und ab und
an sieht sie sich auch eine Sendung an.
„Da wird viel gespielt. Weil ich denk‘ mir oft bei so Sachen, das kann man
nicht wirklich so erleben. […] Es ist zum Beispiel so, dass immer eine
abgestempelt wird wie sie ist, eine ist immer die, die immer nörgelt, die
andere ist die, die gewinnen wird, weil sie so super ist. Die werden halt
meiner Meinung nach nicht so dargestellt, wie sie wirklich sind. […] Man
weiß nie, wie die wirklich sind, weil wenn die Kamera weg ist, dann weiß
man nicht, wie sie sich dann verhalten.“
Denise vermutet auch, dass die Gewinnerinnen der Model-Castingshow bereits
vorab feststehen und alles wie in einem Drehbuch genau durchgeplant ist.
Trotzdem findet sie die Funktion der Jury und die Kritik an den Kandidatinnen ein
wichtiges Element der Show. Allerdings missfällt es ihr, wenn die Protagonistinnen
ihrer Meinung nach unnötig bloßgestellt werden.
„Manchmal werden Leute bloßgestellt. Das finde ich nicht gut, also, das
hat keiner verdient, dass er da so bloßgestellt wird.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Denise ist es wichtig, ein gepflegtes Äußeres zu haben. Sie fühlt sich wohl in ihrem
Körper und treibt regelmäßig Sport. Dabei geht es ihr aber in erster Linie darum,
Spaß zu haben. Schönheit ist für sie nicht alles, sie legt auch großen Wert auf den
Charakter eines Menschen.
„Wenn jemand präsenter ist und sich gut kleidet und auch noch hübsch ist,
dann zieht er mehr Aufmerksamkeit auf sich. Aber da kommt es dann auch
wieder auf den Charakter drauf an, wenn der keinen guten Charakter hat,
dann ist er ja auch wieder nicht beliebt, weil wenn, dann muss er ja schon
nett sein.“
Vorbilder/Idole aus den Medien
Für Denise haben die Kandidatinnen von Model-Castingshows keine
Vorbildwirkung haben. Sie räumt jedoch ein, dass andere Mädchen durch die
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Model-Castingshow eventuell dazu motiviert werden könnten, mehr Sport zu
treiben. Dies würde sie gut finden, da sie selbst regelmäßig läuft, um fit zu bleiben.
Zusammenfassung
Denise ist eine selbstbewusste Jugendliche. Sie sieht gerne fern und rezipiert unter
anderem auch Model-Castingshows, denen sie sehr kritisch gegenübersteht. Sie
unterhält sich gerne mit ihren Mitschülerinnen über Germany’s Next Topmodel.
Diese ist in ihren Augen allerdings wenig authentisch und wirkt auf sie bis ins
kleinste Detail durchinszeniert. Daher können sie weder die Jurymitglieder noch die
Kandidatinnen beeindrucken.
Marcel
15 Jahre, formal niedriger gebildet, Land
Motto
„Gute Männer“ wissen, dass Frauen Kurven brauchen.
Soziales und familiäre Umfeld
Marcel besucht eine berufsbildende Schule und wohnt mit seinen Eltern und einem
jüngeren Bruder in einem Haus am Land. Er hat ein eigenes Zimmer und fühlt sich
zu Hause sehr wohl. Seine Familie ist ihm sehr wichtig. Marcel hat einen großen
Freundeskreis und seine besten Freunde gehen mit ihm in die gleiche Klasse. Der
Großteil ist in seinem Alter, manche sind etwas älter. Er kann mit ihnen sehr offen
über seine Probleme – beispielsweise über Beziehungsthemen – sprechen. Nach
der Schule treffen sich die Jungen häufig um mit ihren Mopeds herumzufahren
oder Musik zu hören. Marcel besucht auch die Musikschule und lernt dort
Schlagwerk.
Allgemeine Mediennutzung
Marcels Lieblingsmedium ist sein MP3-Player, der ihn überall hin begleitet. Ebenso
wichtig ist ihm das Handy, da er jederzeit für seine FreundInnen erreichbar sein
will. Marcel verbringt auch viel Zeit im Internet, wo er sich gerne Videos auf
YouTube ansieht und sich über Facebook mit seinen FreundInnen austauscht. In
seinem Zimmer befinden sich neben einem Computer mit Internetanschluss auch
eine Spielkonsole und ein Fernsehgerät. Letzteres dient ihm oft als
Hintergrundmedium und zur Überbrückung von Langeweile. Abends sieht Marcel
jedoch regelmäßig fern. Er hat eine Vorliebe für Actionfilme, mag aber auch USamerikanische Comedyserien wie Scrubs und Malcolm Mittendrin. Hin und wieder
sieht er sich auch Germany’s Next Topmodel an. Für das Lesen kann sich Marcel
nicht begeistern; wenn er zu Hause eine Zeitung in die Finger bekommt, liest er
aber manchmal den Sport- und den Lokalteil.
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Medienumgang in der Familie
Marcel sieht zumeist alleine fern, nur die Nachrichten rezipiert er regelmäßig
gemeinsam mit seinen Eltern. Im Anschluss daran unterhält er sich gerne mit
diesen über diverse Themen aus den Nachrichten.
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
In Marcels Freundeskreis wird selten über Model-Castingshows gesprochen.
Zuweilen diskutiert er aber dennoch mit Jungen aus seiner Schule über die
Leistungen der Kandidatinnen.
Castingshows im Allgemeinen
Er kennt unterschiedliche Castingshows und mag vor allem Deutschland sucht den
Superstar. Dabei amüsiert er sich besonders über jene KandidatInnen, die nicht
sonderlich gut singen.
Model-Castingshows
Germany’s Next Topmodel und Austria’s Next Topmodel sind ihm bekannt und hin
und wieder sieht er sich diese auch an. Er fand die ersten Staffeln sehr interessant,
mittlerweile hat er aber etwas Interesse daran verloren. Marcel ist es peinlich über
die Show und das Aussehen der Kandidatinnen zu sprechen; im Einzelinterview
zeigt sich aber, dass er sehr gut Bescheid weiß. In der ersten Staffel von Germany’s
Next Topmodel hatte Marcel auch eine Favoritin: Lena Gercke, die spätere
Gewinnerin. In der Regel gefallen ihm aber alle Kandidatinnen und es gibt keine,
die er bevorzugen würde. Er ist davon überzeugt, dass die Kandidatinnen der
Model-Castingshows die hübschesten des Landes sind, da diese seiner Meinung
nach sonst nicht in der Show mitmachen dürften. Besonders beeindrucken Marcel
die Disziplin und die Zielstrebigkeit der Kandidatinnen. Er hat davon gehört, dass
die Kandidatinnen während der Show nur wenig Kontakt zu ihren Familien haben
dürfen. Dies hat ihn sehr schockiert, da ihm persönlich der Kontakt zu seiner
Familie sehr wichtig ist.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Für Marcel muss ein attraktiver Mann gepflegt, schlank und vor allem
durchtrainiert sein. Außerdem sollte er lustig und sympathisch wirken. Eine
attraktive Frau beschreibt er zum Teil in Anlehnung an die Kandidatinnen der
Model-Castingshows, jedoch gefällt es ihm nicht, wenn diese zu dünn sind.
„Also, ein bisschen was zum Angreifen ist nicht schlecht, aber ja, da gibt’s
eh so einen Spruch: Gute Männer wissen, dass Frauen Kurven brauchen,
oder so. Also, wenn da so ein Salzstangerl da steht, das geht gar nicht. Es
sollte schon ein bisserl was dran sein.“
Marcel ist davon überzeugt, dass man auch beruflich und privat erfolgreicher ist,
wenn man attraktiv ist, und umgibt sich gerne mit gut aussehenden Personen.
„Naja… nein, ich muss glaub ich schon zugeben, dass es so ist, dass ich gut
aussehende da mehr mag, aber sonst, nein, da schränke ich mich nicht so
ein.“
So legt er auch großen Wert auf sein eigenes Äußeres; es ist ihm vor allem wichtig,
eine gute Frisur zu haben und modisch gekleidet zu sein. Seine unreine Haut stört
ihn sehr.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Marcel hat selbst keine Vorbilder aus dem Fernsehen, kann sich aber gut
vorstellen, dass die Kandidatinnen der Model-Castingshows jungen Mädchen als
Vorbild dienen.
Zusammenfassung
Marcel zeichnet sich durch eine starke Bindung zu seiner Familie aus. Er wirkt im
Interview eher unsicher und will sich bei seinen Antworten nicht gerne festlegen.
Man hat den Eindruck als versuche er sich manchmal hinter sozial erwünschten
Antworten zu verstecken, weil es ihm peinlich ist zuzugeben, dass ihm ModelCastingshows gefallen und ihn die Kandidatinnen interessieren. Generell ist ihm
das Thema Mode und Schönheit sehr wichtig; dies erklärt vielleicht auch sein
heimliches Interesse für Model-Castingshows.
S e i t e | 140
Maria
16 Jahre, formal niedriger gebildet, Land
Motto
Ich kenne mich aus im Model-Geschäft
Soziales und familiäres Umfeld
Maria wohnt mit ihrer Mutter im Zentrum eines mittelgroßen Ortes auf dem Land
wohnt. Ihre 19-jährige Schwester ist bereits von zu Hause ausgezogen. Maria
besucht eine berufsbildende Schule. Sie fühlt sich in ihrer Nachbarschaft nicht
sonderlich wohl und verbringt viel Zeit mit Freunden, die etwas außerhalb wohnen.
Mit ihrer Mutter versteht sie sich zurzeit nicht sonderlich gut. Maria hat als Kind
Erfahrungen als Fotomodell gemacht und kennt daher die Situation des Castings
und der professionellen Fotographie aus eigener Erfahrung. Sie musste damit
aufhören, weil sie bei einer nach ihren Angaben unseriösen Agentur gelandet war
und bedauert dies sehr. Gerne würde sie wieder als Model arbeiten, auch wenn sie
mit ihrer Figur nicht sonderlich zufrieden ist und sich zu klein und zu dick findet.
Allgemeine Mediennutzung
Maria besitzt ein Handy und in ihrem Zimmer befinden sich ein Fernsehgerät sowie
ein Computer mit Internetzugang. Zur Entspannung sieht sie entweder fern oder
hört Musik über ihren Computer. Manchmal passiert es ihr auch, dass sie während
dem Fernsehen einschläft. Sie sieht selten gezielt fern sondern zappt einfach so
lange herum, bis sie eine Sendung findet, die ihr zusagt. Zuweilen surft Maria auch
im Internet während der Fernseher im Hintergrund läuft. Im Internet nutzt sie vor
allem die Kontaktplattform Facebook, um mit ihren Freundinnen zu
kommunizieren, aber auch unterschiedliche Musik-Plattformen sowie die
Suchmaschine Google, wenn sie etwas für die Schule recherchieren muss.
Maria liest auch gerne Jugendzeitschriften wie Bravo Girl und Bücher, die zu Filmen
herausgebracht werden.
Medienumgang in der
Gleichaltrigengruppen
Familie
und
im
Kontext
von
Freunden
und
Maria und ihre Mutter sehen selten gemeinsam fern. Dadurch sprechen sie auch
kaum über Fernsehsendungen oder andere Medieninhalte.
Mit ihren Freundinnen tauscht sie sich gerne über Germany’s Next Topmodel aus.
Gerne diskutieren die Mädchen über die Entscheidungen der Jury und die
Leistungen der Kandidatinnen.
Castingshows im Allgemeinen
Maria interessiert sich vor allem für Germany’s Next Topmodel; andere
Castingshows sieht sie sich kaum an.
Model-Castingshows
Maria sieht regelmäßig Germany’s Next Topmodel, da sie diese Model-Castingshow
gerne mit den Erfahrungen aus ihrer Kindheit vergleicht. Sie ist beeindruckt von
den Fotoaufnahmen und beneidet die Kandidatinnen um deren Reisen. Sie ist
davon überzeugt, dass es im Modelgeschäft viele Möglichkeiten gibt, um gut zu
verdienen, glaubt allerdings nicht, dass alle Kandidatinnen auch tatsächlich die
nötigen Voraussetzungen dafür mitbringen.
„Man sieht jetzt zum Beispiel ein paar von den Gewinnerinnen überhaupt
gar nicht mehr. Und ein paar, so wie zum Beispiel die Erste, die in der
ersten Staffel gewonnen hat, die sieht man halt jetzt öfters. Aber die
müssen sich halt ranhalten, sonst wird das nichts.“
Maria ärgert sich daran, dass die Kandidatinnen von den Jurymitgliedern zu stark
kritisiert und niedergemacht werden und findet dies kontraproduktiv. Zudem mag
sie es nicht, wenn zu private Einblicke in das Leben der Models gezeigt werden und
diese vor der Kamera mit emotionalen Gefühlsausbrüchen reagieren.
Auch oder gerade weil sie das Model-Geschäft auch hinter den Kulissen kennt ist
Maria davon überzeugt, dass man aus der Castingshow vieles für das berufliche
sowie private Leben lernen kann. Mit Verweis auf die Funktion der Jury betont sie
etwa, dass man lernen muss, Kritik zu ertragen und es auch im Beruf manchmal
Dinge gäbe, die man, unabhängig davon ob es Spaß macht oder nicht, einfach
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machen muss. Als weitere Eigenschaften, die in das alltägliche Leben übertragbar
sind, nennt sie Selbstsicherheit und einen starken Willen. Außerdem misst sie den
Kandidatinnen eine positive Vorbildwirkung für andere Mädchen bei,
beispielsweise als Motivation, um mehr Sport zu treiben.
Zwischen Austria’s Next Topmodel und Germany’s Next Topmodel kann Maria
keine großen Unterschiede festmachen, auch wenn ihr die deutsche Show besser
gefällt. Sie findet es aber dennoch gut, dass es auch ein österreichisches Format
gibt.
„Ich finde da gar nicht so einen großen Unterschied. Nur, dass Österreicher
mal Chancen auf etwas haben, weil meistens sind es halt immer die aus
Deutschland.(…) Ich finde das schon gut, dass die da halt auch mal eine
Chance haben.“
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Da Maria selbst schon einmal einen Einblick in die Mode-Szene hatte, fühlt sie sich
als Expertin und hat genaue Vorstellungen, wie erfolgreiche Kandidatinnen einer
Model-Castingshow aussehen müssen: sie sollten modisch gekleidet sein, auf
hohen Absätzen laufen können und dürfen weder Tätowierungen noch Piercings
tragen oder eine unreine Haut haben. Dennoch ist sie der Meinung, dass nicht jede
Frau diesem Ideal zwangsläufig nacheifern muss.
„Ja, schön ist jeder auf seine eigene Weise, aber halt für sich selber. Ja,
man muss vor allem sich selber gefallen.“
Ein attraktiver Mann sollte in Marias Augen eher natürlich wirken, groß sein,
schöne Zähne haben sowie ein besonderes Augenmerk auf seine Haare und seine
Kleidung legen.
Mit ihrem eigenen Körper setzt sich Maria sehr intensiv auseinander. Sie ist weder
mit ihrer Größe noch mit ihrer Figur zufrieden und findet sich zu dick.
Vorbilder/Idole aus den Medien
Maria meint kein explizites Vorbild zu haben, bewundert aber dennoch die
Kandidatinnen von Germany’s Next Topmodel um deren Ehrgeiz und die Fähigkeit,
mit scharfer Kritik umgehen zu können. Auch wenn sie sich nach ihren Erfahrungen
als Kinder-Model zurück sehnt und gerne wieder an Fotoshootings teilnehmen
würde, möchte sie sich nicht für eine Model-Castingshow bewerben, da sie nicht so
sehr in der Öffentlichkeit stehen will.
„Ich find das kann jedem egal sein, was ich mache und da muss mich nicht
jeder, weiß nicht, ein halbes Jahr im Fernsehen sehen und zusehen was ich
da mache, ob ich das schlecht mache, ob ich das gut mache und ja.“
Positiv hebt Maria des Weiteren hervor, dass die Kandidatinnen Ihrer Meinung
nach für andere Mädchen eine Vorbildwirkung haben und diese zu mehr Sport und
bewussterer Ernährung animieren könnten.
Zusammenfassung
Maria hat als Kind Erfahrungen als Model gesammelt und sehnt sich gerne in diese
Zeit zurück. Germany’s Next Topmodel bietet ihr die Möglichkeit, wieder in die
Modewelt einzutauchen und die Kandidatinnen bei bekannten Situationen, wie
etwa den Fotoshootings, mitzuverfolgen. Maria ist beeindruckt vom Ehrgeiz der
Kandidatinnen und der Art und Weise, wie diese mit der Kritik der Jury umgehen
und sich für die Erreichung ihrer Ziele einsetzen. Dennoch steigert sie sich nicht
sehr in die Erlebnisse der Kandidatinnen hinein sondern betrachtet die Show eher
als Beobachterin von außen. Sie schlüpft dabei gerne in die Rolle der Expertin, die
genau weiß, was in der Modebranche zählt.
S e i t e | 142
Michaela
Castingshows im Allgemeinen
17 Jahre, formal niedriger gebildet, Land
Michaelas Castingshow-Rezeption beschränkt sich ausschließlich auf Germany’s
und Austria’s Next Topmodel.
Motto
Austria’s Next Topmodel ist authentischer.
Soziales und familiäres Umfeld
Michaela besucht eine berufsbildende Schule, in der sie sich sehr wohl fühlt
obwohl ihre MitschülerInnen zwei Jahre jünger sind als sie. Ihre zwei besten
Freundinnen gehen mit ihr in die gleiche Klasse. Gemeinsam mit ihren Eltern wohnt
sie in einem Haus auf dem Land; sie ist mit dieser ländlichen Umgebung sehr eng
verbunden. Sie besitzt fünf Hunde und widmet den Großteil ihrer Freizeit dem
Hundesport.
Model-Castingshows
Michaela sieht beide derzeit im deutschsprachigen Raum angebotenen ModelCastingshows regelmäßig, wobei sie Austria’s Next Topmodel der deutschen
Variante deutlich vorzieht. Auch wenn sie sowohl inhaltlich als auch formal wenige
Unterschiede zwischen Austria’s und Germany’s Next Topmodel festmachen kann,
begründet sie ihre Vorliebe für die österreichische Variante mit einer in ihren
Augen größeren Authentizität des österreichischen Formats. Der österreichische
Akzent der Kandidatinnen sowie das Verhalten der Moderatorin Lena Gercke
lassen in ihren Augen die österreichische Model-Castingshow natürlicher und
„echter“ wirken.
Allgemeine Mediennutzung
Michaelas Lieblingsmedium ist das Internet. Täglich ist sie mindestens eine Stunde
online, in erster Linie um über Kontaktplattformen mit ihren Freundinnen zu
kommunizieren. Neben einem eigenen Computer mit Internetzugang besitzt sie
auch ein eigenes Fernsehgerät, das sie oft als Geräuschkulisse neben anderen
Tätigkeiten sowie zur Entspannung vor dem Einschlafen nutzt. Ihre
Lieblingssendungen sind Germany’s und Austria’s Next Topmodel sowieAnna und
die Liebe. Wenn sie nicht gerade fernsieht, hört Michaela auch gerne Radio.
„Ja, also die Lena Gercke macht nicht alles so übertrieben – von den
Emotionen her, vom Sagen und Tun und so. Da ist die Heidi Klum eher
mehr gespielt sag ich mal, also mehr gekünstelt. Weil Lena Gercke das
mehr natürlicher macht und ja, echter rüber bringt, sag ich mal.“
Zudem hebt Michaela hervor, dass in Austria’s Next Topmodel „auch
Österreicherinnen eine Chance auf einen Platz in der Castingshow bekommen.“
Medienumgang in der Familie
Michaela sucht sich in jeder Staffel von Austria’s Next Topmodel eine Favoritin aus,
mit der sie intensiv mitlebt. Dabei ist ihr weniger wichtig, dass diese Kandidatin
besonders hübsch ist, sondern dass sie an sich selbst glaubt.
Mit Ausnahme des Fernsehens während gemeinsamer Mahlzeiten (zumeist
Kochshows), werden Medien in Michaelas Familie kaum gemeinsam genutzt.
Ebenso wenig spricht sie mit ihren Eltern über Medieninhalte.
Auseinandersetzung mit dem Thema Schönheit
Medienumgang im Kontext von Freunden und Gleichaltrigengruppen
Manchmal trifft sich Michaela, um gemeinsam mit ihren Freundinnen fernzusehen.
Obwohl ihr Austria’s Next Topmodel wesentlich besser gefällt als die deutsche
Variante, sieht sie auch regelmäßig Germany’s Next Topmodel, um sich in
Gespräche mit ihren FreundInnen und MitschülerInnen einbringen zu können.
Attraktive Menschen müssen für Michaela nicht zwangsläufig gertenschlank sein,
dennoch gefallen ihr die wohlgeformten Körper der Kandidatinnen. Sie versucht ihr
persönliches Mauerblümchendasein in der Schule damit zu rechtfertigen, dass sie
betont, kein Mensch könne perfekt sein und jeder sei auf seine bzw. ihre
individuelle Art und Weise schön. Sie glaubt aber, dass attraktivere Menschen
automatisch beliebter sind.
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Vorbilder/Idole aus den Medien
Michaela ist sehr unsicher und hat wenig Selbstvertrauen. In ihrer
Selbstbeschreibung hebt sie dies sogar positiv hervor und meint, dass sie durch ihr
geringes Selbstvertrauen nicht arrogant wirke. Dennoch nimmt sie sich ein großes
Vorbild an ihren Lieblingskandidatinnen und wünscht ebenso stark zu sein und zu
lernen, mit harter Kritik umzugehen. Michaela würde gerne mehr Sport treiben,
kann sich letztendlich aber nicht dazu aufraffen. In der Selbstdisziplin der
Kandidatinnen findet sie so einen weiteren Anknüpfungspunkt, um sich ein Vorbild
zu nehmen.
Zusammenfassung
Michaela ist zwei Jahre älter als ihre MitschülerInnen. Obwohl sie sich in der Schule
wohlfühlt, fristet sie in ihrer Klasse eher ein unauffälliges Mauerblümchen-Dasein.
Sie hat wenig Selbstvertrauen und findet sich nicht sonderlich attraktiv. Um in der
Schule mitreden zu können und nicht gänzlich zur Außenseiterin zu werden, sieht
sie regelmäßig Germany’s Next Topmodel obwohl ihr persönlich die österreichische
Model-Castingshow besser gefällt, da sie sich damit besser identifizieren kann.
Auch wenn sie für sich betont, nicht jeder Mensch könne perfekt sein und ihr
geringes Selbstvertrauen als positive Charaktereigenschaft hervorhebt, wäre sie
gerne auch so attraktiv, selbstbewusst und beliebt wie die Protagonistinnen der
Model-Castingshows. Deshalb nimmt sie sich ein Vorbild an der Disziplin der
Kandidatinnen sowie an der Art und Weise, wie diese harte Kritik ertragen.