1914_Emotion_Texte_Katalog
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1914 – 1918. Emotionen Gesamtkonzeption Eva Berger, Thorsten Heese Aufbau Gestaltung Chronologie Eva Berger, Björn Bojara, Doro Gathmann, Thorsten Heese, Andreas Zelle Jürgen Uffmann Studierende der Universität Osnabrück Veranstaltung „Historisches Lernen im Museum“, Wintersemester 2013/14 Malin Achenbach, Alison Anquetil, Björn Bojara, Jan Cacek, Sonja Drehlmann, Silvia Fasse, Abdullah Farchan, Franzsika Finke, Pia Fritsch, Leonie Frontzek, Theus Groeneveld, Irina Gluskin, Lisa Heinßen, Esther Koring, Anna Lena, Katharina Lüken, Meyer zu Ortbergen, Marina Naujok, Lina-Marie Tönsfeuerborn, Alexandra Tscherepanja, Mathias Wygold Endredaktion: Sonja Drehlmann Pia Fritsch Textredaktion Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück/ Felix-Nussbaum-Haus Lotter Str. 2, 49078 Osnabrück Telefon 0541/323-2207 Telefax 0541/323-2739 museum@osnabrueck.de www.osnabrueck.de/kgm Öffnungszeiten Di-Fr 11-18 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr Eintrittspreise (alle Häuser) Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 3 Euro Jugendliche unter 18 Jahren frei Gruppen ab 12 Personen: 4 Euro pro Person Führung (bis 25 Personen): 60 Euro zzgl. Eintritt Schulklassen: 40 Euro (inkl. Führung) Gedächtnisausstellung zum Ersten Weltkrieg 3. August 2014 bis 29. März 2015 Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück 2014/15 Verkehrsanbindung Buslinien: 41, 52, 581, 582 (Haltestelle „Theater“) 11, 12, 13, 31 (Haltestelle „Heger Tor“) Barrierefreiheit 2 Parkplätze, behindertengerechter Zugang sowie WC 1914 – 1918 Emotionen 1914 – 1918 Amerika „Moderne Waffentechnik“, „Stellungskrieg“, „Gas“, „Verdun“ – das sind die gewohnten Schlagworte, die üblicherweise mit dem Ersten Weltkrieg in Verbindung gebracht werden. „Lusitania“ lautet Amerikas „Weckruf“ im Ersten Weltkrieg. Bei der Versenkung des britischen Passagierschiffes am 7. Mai 1915 durch ein deutsches U-Boot sterben 128 US-Amerikaner. Dennoch erklären die USA Deutschland erst am 6. April 1917 den Krieg. Der propagierte „Kreuzzug der Demokratie“, dem sich auch andere amerikanische Staaten anschließen, wird den Verlauf des Ersten Weltkrieges entscheidend beeinflussen. Im Mai 1917 startet die Rekrutierung der jungen Amerikaner im Alter zwischen 21 und 30 Jahren. Das Plakat „I want you for U.S. Army“, auf dem „Uncle Sam“ mit forderndem Blick und Zeigefinger zum „nationalen Opfer“ aufruft, wird zum Symbol des Kampfes für Demokratie und Freiheit. Spätestens mit dem Eintritt in den Weltkrieg endet die „Splendid Isolation“-Politik der USA. Der Krieg bahnt den Vereinigten Staaten den Weg zur kommenden Weltmacht. Er wird Stolz wecken, aber auch in Sackgassen wie „Vietnam“ oder „Irak“ enden. Die Ausstellung „1914 – 1918. Emotionen“ erweitert diese Perspektive. Sie fragt unter globalem Blickwinkel nach politischen Veränderungen, revolutionären Umbrüchen und der Auflösung imperialistischer Machtgefüge auf den fünf Kontinenten der Erde. „1914 – 1918. Emotionen“ forscht zudem nach dem Individuum in einer „Welt im Krieg“. Ob Kriegseuphorie, Lethargie oder Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen – über die unterschiedlichen Kulturen und politischen Grenzen hinweg verbinden Menschen die gleichen Emotionen. So wird die Ausstellung indirekt zu einem Appell, sich nicht emotional missbrauchen zu lassen, sondern das Mitfühlen zu aktivieren, statt Hass gegenüber dem – wie auch immer – Anderen zu schüren. Amerika vor dem Ersten Weltkrieg In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts setzt in den USA eine expansive Außenpolitik ein. Im Zuge der Industrialisierung wird der Außenhandel intensiviert und die Vereinigten Staaten verstehen sich erstmals als internationale „Polizeimacht“. Einwanderung und Wirtschaftswachstum befinden sich auf einem Höhepunkt. In Mittel- und Südamerika entwickeln sich mehrere Nationalstaaten. Länder wie Mexiko und Brasilien sind stark von der kolonialen Vergangenheit geprägt und können ihre wirtschaftlichen Stärken (Export von Kaffee etc.) durch häufige politische Umwälzungen nicht voll ausschöpfen. 2| 3| 1914 – 1918 Europa 1914 – 1918 Afrika Zu Beginn des Ersten Weltkrieges ist der „Alte Kontinent“ noch das Zentrum der Welt. Dementsprechend ist Europa auch der Hauptschauplatz der Kampfhandlungen. Der Erste Weltkrieg verlässt jedoch die bis dahin gewohnten Formen. Der erste industrialisierte Krieg frisst seine Kinder gleich reihenweise auf. In dem „brodelnden Kriegskessel“ werden Millionen Menschenleben vernichtet. An den Fronten werden junge Männer für ihr Leben geprägt. Sie altern in Wochen, erstarren psychisch im Granathagel. Während die Bindung zur „Heimat“ schwindet, weil diese sie und ihre Gefühle nicht mehr versteht, wird das Band zum „Kameraden“ nebenan im Schützengraben immer enger. Die Zivilbevölkerung leidet indes an Hunger. Der Verlust von angehörigen Söhnen und Vätern fühlt sich beim Nachbarn genau so an; über die Straße, aber auch über die Landesgrenze. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges ist Afrika ein gewaltiger kolonialer „Kuchen“. Die europäischen Kolonialimperien haben den „schwarzen Kontinent“ unter sich aufgeteilt. Allein Liberia – „das freie Land“ – ist seit 1847 unabhängig und bleibt die Ausnahme. Im Weltkrieg kämpfen vielen Afrikaner – für die Freiheit anderer. In 94 „schwarzen Bataillonen“ werden auf französischer Seite über 600.000 Arbeiter und Soldaten in Europa an der Westfront eingesetzt. Osnabrücker Schulkinder lernen fleißig und plappern nach, dass „der Feind“ „farbige Truppen“ aufbietet: „Schwarze, Braune, Rote; schlimmer als die können wir uns fast den Teufel nicht vorstellen.“ Doch „schwarze Teufel“ führen auch für Deutschland Krieg. In Ostafrika kämpfen eine Million Askari bis 1918 für ihre deutschen Kolonialherren. Jeder Zehnte von ihnen kehrt nicht lebend zurück. Die Reste des deutschen kolonialen Kuchenstückes teilen sich nach 1918 mit Engländern und Franzosen neue alte Kolonialherren. Europa vor dem Ersten Weltkrieg Afrika vor dem Ersten Weltkrieg In der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn verstärken sich separatistische Bestrebungen in ungarischen, böhmischen, tschechischen, bosnischen und serbischen Landesteilen. Der österreichisch-russische Gegensatz und der slawische Nationalismus nehmen zu. Serbien tritt durch die Balkankriege und seine Schutzmacht Russland in zunehmendem Maße nationalistisch auf. 1907 wird die „Triple Entente“ gegründet – ein Bündnis zwischen Russland, England und Frankreich. Die Annäherung von Großbritannien und Frankreich wird durch das Flottenwettrüsten zwischen Deutschland und Großbritannien gefördert. Das deutsche Kaiserreich befindet sich in einer stark imperialistischen Phase und fühlt sich zunehmend eingekreist. Die Innenpolitik ist von sozialen und wirtschaftlichen Problemen geprägt. Nach der Berliner Kongokonferenz von 1884/85, die den Frieden sichern soll, ist nahezu der gesamte afrikanische Kontinent unter den europäischen Kolonialmächten aufgeteilt. In der Hochzeit des Imperialismus teilen Großbritannien und Frankreich fast drei Viertel der afrikanischen Territorien unter sich auf. Frankreich hält große Gebiete von der Mittelmeerküste bis zum Äquator und Madagaskar. Großbritannien will mit dem Kap-Kairo-Plan einen britischen Korridor von der Südafrikanischen Union bis nach Ägypten schaffen. Die übrigen Teile des Kontinents werden von Belgien, dem Osmanischen Reich, Italien, Spanien, Portugal und Deutschland gehalten. 4| 5| 1914 – 1918 Asien 1914 – 1918 Australien Während die Kolonialmächte 1900/01 den chinesischen „Boxer-Aufstand“ noch gemeinsam niederschlagen, nutzen sie in der gegenseitigen Konfrontation des Weltkrieges im nahen und fernen „Orient“ die „Revolte“ als Mittel, um dem Gegner indirekt zu schaden. Auf Druck Deutschlands lässt der osmanische Sultan Ende 1914 die Muslime zum „Ğihād“ gegen England aufrufen. Im Juni 1915 beginnt die von Großbritannien maßgeblich unterstützte „Arabische Revolte“, um das osmanische Reich zu schwächen. 1917 genießt Lenin in Deutschland freies Geleit. Er soll die russische Revolution anführen und so den Kriegsgegner zur Kapitulation zwingen. Während die einen den „Aufstand proben“, werden andere zur Arbeit nach Europa gesandt: China schickt 140.000 Arbeiter in Frankreichs Rüstungsindustrie, Landwirtschaft und Bergbau, um Schutz vor Japans Expansion zu erhalten. „Aghet“ die armenische „Katastrophe“, ist ein weiterer Nebenkriegsschauplatz des Ersten Weltkrieges. Er kostet über eine Million Armenier das Leben. Bei jedem Touristen weckt die atemberaubende australische Küste entlang der „Great Ocean Road“ starke Gefühle. Die Straße wurde 1919 als Arbeitsbeschaffungsprogramm initiiert, um die aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrten Soldaten wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Auf dem „fünften Kontinent“ ist der Erste Weltkrieg bis heute präsent. In jedem Ort erinnern Plaketten an gefallene Soldaten und Denkmäler an „ANZAC“, das auf den europäischen Kriegsschauplätzen eingesetzte „Australian and New Zealand Army Corps“. In Relation zur Gesamtbevölkerung hat Australien unter allen Kriegsteilnehmern die höchsten Verluste. Für die britische Kolonie – seit 1907 als Dominion quasi unabhängig vom Empire – wird das Kriegserlebnis zu einer nationalen Ersatzidentität. Insbesondere die hohen Verluste in der Schlacht um die Dardanellen machen den Beginn dieser Operation – den 25. April – in Australien und Neuseeland bis heute zum inoffiziellen Nationalfeiertag. Asien vor dem Ersten Weltkrieg Australien vor dem Ersten Weltkrieg In Russland verändert sich das Herrschaftssystem in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Die Zarenherrschaft wird zunehmend von Revolutionen erschüttert; wirtschaftliche und soziale Probleme prägen das Land. In China kommt es nach dem Ende der Monarchie 1911 ebenfalls zu Umbrüchen. Japan wird nach einer Reform des Kaiserhauses eine konstitutionelle Monarchie. Große Teile Asiens und Ozeaniens sind 1914 unter kolonialer Herrschaft, z.B. Indien (Großbritannien), Korea (Japan), Tsingtau (Deutschland) oder Laos, Vietnam und Kambodscha (Französisch-Indochina). Das Osmanische Reich befindet sich in einer instabilen Lage. Regionale Gruppen treiben die Gründung von unabhängigen Nationalstaaten voran. Persien befindet sich nach einer Revolution ebenfalls in einer Phase der politischen Neustrukturierung. Erst seit dem späten 18. Jahrhundert wird Australien, das vorher allein von Aborigines bewohnt gewesen ist, als Sträflingskolonie von Großbritannien besiedelt. Durch Expeditionen, Landnahmen und den Goldrausch im 19. Jahrhundert bilden sich mehrere Kolonien, die sich 1901 zum Commonwealth von Australien zusammenschließen. 1907 erhält der „Fünfte Kontinent“ den Dominion-Status und ist als sich selbst verwaltende Kolonie mit der neuen Hauptstadt Canberra quasi unabhängig vom britischen Empire. Ab 1906 agiert Australien selbst als Kolonialmacht auf Neuguinea. 6| 7| 1914 – 1918. Chronologie eines Weltkrieges 1914 Amerika Europa 1914 – Sarajevo 1914 – Sankt Petersburg Am 28. Juni werden der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz-Ferdinand und seine Frau Sophie bei einem Attentat in Sarajevo erschossen. Der Hauptattentäter ist der Bosnier Gavrilo Princip, ein Mitglied der serbisch-nationalistischen Vereinigung Mlada Bosna. Im Hintergrund sind weitere nationalistische Organisationen beteiligt, die eine Abspaltung serbischer Gebiete von Österreich-Ungarn und den Anschluss von Bosnien und Herzegowina an Serbien erreichen wollen. Das Attentat löst die sogenannte Julikrise aus, die die Zuspitzung der Konfliktlage zwischen den fünf europäischen Großmächten und Serbien beschreibt. Am Ende der „Julikrise“ bricht der Erste Weltkrieg aus. Bei einem schon länger geplanten Regierungsbesuch vom 20. bis 23. Juli in Sankt Petersburg sichert Frankreich Russland seine Bündnistreue zu. Damit sollen zum einen macht- und bündnispolitische Ansprüche, zum anderen Unterstützung bei einem befürchteten deutschen Präventivkrieg gesichert werden. Für die zugesicherte Einhaltung – auch militärischer – Verpflichtungen fordert Frankreich im Gegenzug die russische Zusicherung zum Einmarsch in Preußen bei einem Angriff Deutschlands auf Frankreich. Afrika Asien Australien 8| 9| 1914 1914 Amerika Europa 1914 – „Mittelmächte“ 1914 – „Schlieffen-Plan“ Nach dem Attentat auf den Thronfolger und der „Julikrise“ erklärt Österreich-Ungarn Serbien am 28. Juli den Krieg. Diesem Schritt gehen österreichische, serbische und russische Mobilmachungen und ein an Serbien gestelltes „Schein-Ultimatum“ mit kaum erfüllbaren Forderungen voraus. Deutschland stellt Österreich-Ungarn einen „Blankoscheck“ aus, indem es der Donaumonarchie seine Unterstützung im Kriegsfall zusagt. Deutschland und Österreich-Ungarn bilden mit ihrer Allianz die „Mittelmächte“. Am 31. Juli stellt Deutschland Frankreich ein Ultimatum, seine Neutralität zu erklären. Russland wird ultimativ aufgefordert, seine Mobilmachung zurückzunehmen. Nachdem Frankreich am 1. August mit der Generalmobilmachung beginnt, erklärt Deutschland am gleichen Tag Russland den Krieg und setzt seine eigene Mobilmachung in Kraft. Mit dem 2. August stellt Deutschland Belgien ein Ultimatum, indem freier Durchmarsch gefordert wird, Belgien lehnt die Forderungen jedoch ab. Die Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich folgt am 3. August, deutsche Truppen marschieren in das neutrale Belgien ein; ihr eigentliches Ziel ist Frankreich. Damit beginnt der Versuch, den „Schlieffen-Plan“ umzusetzen, der einen Zweifrontenkrieg verhindern soll, indem zunächst Frankreich und danach Russland besiegt werden soll. Afrika Asien Australien 10| 11| 1914 1914 Amerika Europa 1914 – London 1914 – Kriegserklärung Allem Anschein nach wird die Kriegsgefahr in Großbritannien im Juli zunächst nicht so bedrohlich wahrgenommen wie in anderen Teilen Europas. Anders als Frankreich und Russland ist die britische Regierung mit der Entente keine militärische Allianz eingegangen. Im Sommer 1914 kommt es zu einer leichten Annäherung mit Deutschland, und Großbritannien versucht, in der „Julikrise“ zu vermitteln. Sämtliche Versuche, den Konflikt zu entschärfen, bleiben allerdings erfolglos. Am 1. August macht die britische Flotte mobil, am 3. August stellt Großbritannien Deutschland ein Ultimatum bezüglich des Einmarsches in Belgien, dessen Garantiemacht Großbritannien ist. Die Kriegserklärung folgt nach Ablauf des Ultimatums am 4. August. Nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli überschlagen sich im August die Ereignisse. Europa erklärt sich den Krieg. Am 1. August überreicht das Deutsche Reich Russland seine diplomatische Note. Tags darauf verbünden sich Deutschland und das Osmanische Reich. Am 3. August erklärt Deutschland Frankreich den Krieg. Da sich Italien neutral erklärt, zerfällt der Dreibund mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Am nächsten Tag folgt die Kriegserklärung Englands an Deutschland und so weiter: 5. August: Österreich-Ungarns an Russland. 7. August: Montenegros an Österreich-Ungarn. 11. August: Frankreichs an Österreich-Ungarn und Deutschlands an Montenegro. 12. August: Englands an Österreich-Ungarn. Am 23. August ist mit Japans Kriegserklärung an Deutschland der erste asiatische Staat involviert. Afrika Asien 1914 – „Ğihād – Heiligen Krieg“ Am 14. November lässt der osmanische Sultan Mehmet V. auf Drängen der deutschen Diplomatie über den Scheich al-Islam die Muslime zum „Ğihād / Heiligen Krieg“ aufrufen. Bereits am 30. Juli 1914 wünscht der für seine Bewunderung des Orients bekannte Kaiser Wilhelm II., dass über die deutschen Konsulate in der Türkei und in Indien „die ganze mohammedanische Welt“ zum Aufstand gegen das „verhaßte, verlogene, gewissenlose Krämervolk“ – damit ist England gemeint – bewogen werden soll. Insbesondere Indien soll zur Abspaltung von Großbritannien gebracht werden. Australien 12| 13| 1914 1914 Amerika 1914 – Washington D.C. Am 19. August fordert Präsident Woodrow Wilson vor dem Kongress die Neutralität der USA. In der Praxis unterstützen die Vereinigten Staaten allerdings zunehmend Großbritannien, und zwar sowohl wirtschaftlich als auch durch die Lieferung von Kriegsmaterial. Wilson plädiert zudem für die Einhaltung des Völkerrechts im Seekrieg. Er bezieht sich dabei auf die „Haager Abkommen“, die 1907 von den Großmächten ausgehandelt und unterzeichnet wurden. Diese enthalten wichtige kriegsvölkerrechtliche Vereinbarungen wie die „Haager Landkriegsordnung“. Diese regelt beispielsweise den Umgang mit Kriegsgefangenen, das Verhalten von Besatzungsmächten und die Beschränkung der Kriegsmittel. So ist der Giftgaseinsatz geächtet. Europa 1914 – Burgfrieden 1914 – Helgoland Nachdem der deutsche Kaiser erklärt hat, er kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche, beschließt der deutsche Reichstag am 4. August einstimmig die Bewilligung von Kriegskrediten. Die erste im September herausgegebene Kriegsanleihe erbringt etwa 4,5 Milliarden Reichsmark. Dem allgemeinen „Burgfriedens“ haben sich auch die Sozialdemokraten angeschlossen, um nicht als „Vaterlandsverräter“ zu gelten. Jedoch wird dies die Partei mittelfristig erschüttern. Am 2. Dezember stimmt Liebknecht öffentlich gegen eine weitere Kriegskreditvorlage. Am 26. März 1916 wird sich die Partei spalten: in die Mehrheitssozialisten und in die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft, aus der am 6. April 1917 die USPD hervorgehen soll. Nach ersten Auseinandersetzungen mit der deutschen Mittelmeer-Divison, die erfolgreich die Dardanellen besetzen kann, kommt es am 28. August zum ersten Seegefecht mit der Deutschen Marine bei Helgoland, das die Briten überlegen gewinnen. Neben der Unterstützung der französischen Truppen konzentriert sich Großbritannien auf die weltweiten Seegefechte. Ab Herbst wird außerdem die britische Seeblockade in der Nordsee aufgebaut, die den deutschen Handel mit den USA bis 1916 komplett zum Erliegen bringt und den Ärmelkanal unpassierbar hält. Zusätzlich ist Großbritannien ab September als führende Nation bei der Eroberung der deutschen Kolonien und Schutzgebiete aktiv. Am 18. Dezember erklärt Großbritannien Ägypten zu seinem Protektorat, nachdem es seit September militärische Offensiven gegen das Land geführt hat. Afrika 1914 – Kamerun / Togo 1914 – Deutsch-Ostafrika / Deutsch-Südwestafrika Über die deutschen Kolonien Kamerun und Togo wird am 5. August der Kriegszustand verhängt. Togos deutscher Kommandeur Hans Georg von Doering, dessen Kolonialpolizei lediglich aus einem stellvertretenden Kommandeur, zehn Unteroffizieren und etwa 660 togolesischen Polizisten besteht, übergibt die Kolonie am 27. August an Frankreich und Großbritannien. Im September beginnen die Briten von der Seeseite aus mit der Eroberung Kameruns. Im August beschließen die Briten, Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Südwestafrika zu erobern. Mit Unterstützung indischer Truppen greifen sie die Häfen Deutsch-Ostafrikas an. Am 4. November gelingt es Major Kraut, der die deutsche Schutztruppe in der „Schlacht von Tanga“ kommandiert, die britischen Truppen zurückzuschlagen. Die Schutztruppe verfolgt die Strategie, durch einen langen Guerillakrieg möglichst große britische Truppenteile in Afrika zu binden und damit von den europäischen Kriegsschauplätzen fernzuhalten. Am 13. September beginnt die britische Offensive zur Umsetzung des Planes eines „Greater Southafrica“ in Deutsch-Südwestafrika. Am 18. September landen südafrikanische Truppen an der Küste der Kolonie. Deutsch-Südwestafrika kapituliert am 9. Juli 1915. Asien 1914 – Japan Am 23. August erklärt Japan Deutschland den Krieg. Mit diesem Schritt will die japanische Regierung vorwiegend deutschen Einfluss in Asien abwenden und seine politische und wirtschaftliche Vormachtstellung in der Region ausbauen. Ab dem 27. August beginnt die Seeblockade zur Belagerung des deutschen Schutzgebietes Tsingtau in China, das am 7. November eingenommen wird. 5.000 deutsche Soldaten gelangen in japanische Kriegsgefangenschaft. Für einige endet diese erst 1920. Australien 1914 – AIF / ANZAC Nachdem Großbritannien Deutschland den Krieg erklärt, treten Australien und Neuseeland am 15. August in den Krieg ein. Die „Australian Imperial Force“ (AIF) wird als Freiwilligen-Armee gegründet. Erste Truppen aus Australien und Neuseeland besetzen die deutschen Kolonien Deutsch-Neuguinea („KaiserWilhelm-Land“), Samoa und das Bismarck-Archipel, die am 21. September offiziell übergeben werden. Zwischen 1914 und 1918 werden insgesamt fast 350.000 Soldaten an die vorderasiatischen und europäischen Kriegsschauplätze verschifft. Dazu gehören auch die ANZAC-Truppen des „Australian and New Zealand Army Corps“. 14| 15| 1914 1914 Amerika Europa 1914 – „Tannenberg“ 1914 – Marne Nach dem Beschuss Belgrads wird am 30. Juli die russische Generalmobilmachung angeordnet. Russland hält damit seine Schutzversprechen gegenüber Serbien und vertritt zugleich seine eigenen Machtinteressen auf dem Balkan. Ab dem 15. August marschieren russische Truppen in Ostpreußen ein. Zunächst können trotz deutscher Gegenwehr zwei Drittel Ostpreußens besetzt werden. Am 30. August schlagen deutsche Truppen die russische Armee bei Tannenberg. In der „Schlacht an den Masurischen Seen“ vom 6. bis 14. September werden die russischen Truppen vernichtend geschlagen. Der Erfolg ist allerdings nur taktischer Natur. Die Ostfront verschiebt sich kaum, sondern bleibt im Wesentlichen im Bereich der bisherigen Grenzen. Am 3. September wird die französische Regierung nach Bordeaux verlegt. Zwischen dem 5. und dem 12. September stoppen französische und englische Truppen den deutschen Vormarsch in der „Schlacht an der Marne“ und zwingen Deutschland in die Defensive. Deutschland und Frankreich bekämpfen sich zuvor in mehreren Offensiven, zunächst in Belgien, später im Elsass und in Frankreich. In Belgien zerstören die deutschen Truppen nicht nur Städte und Dörfer, sondern richten auch grausame Massaker unter der Zivilbevölkerung an. Diese Massaker verstärken die weltweite anti-deutsche Stimmung massiv. Mit der „Schlacht an der Marne“ ist der „Schlieffen-Plan“ gescheitert. Damit ist ein erster Wendepunkt des Krieges erreicht. Ab November entwickelt sich an der Westfront bis zur Kanalküste ein langwieriger Stellungskrieg. Afrika Asien 1914 – Osmanisches Reich Am 29. Oktober tritt das osmanische Reichs auf Seiten der Mittelmächte in den Krieg ein; die osmanische Flotte bombardiert russische Schwarzmeerhäfen. Bei einem deutschen Sieg erhofft sich die osmanische Regierung eine Stabilisierung der eigenen Macht in der Region, Gebietsgewinne und die Lösung der „armenischen Reformfrage“. Im November zieht Russland vom Kaukasus aus in osmanisches Gebiet ein. Zwischen Österreich-Ungarn und Russland entwickeln sich bis zum Winter in Galizien schwere Kämpfe. Australien 16| 17| 1914 1915 Amerika 1914 – Falklands Nachdem das deutsche Ostasiengeschwader unter Graf Spee am 1. November vor Chile in der Seeschlacht bei Coronel noch zwei britische Panzerkreuzer versenken kann, wird es einen Monat später am 8. Dezember vor den Falklandinseln vernichtend geschlagen. Europa 1914 – Mythos „Langemarck“ 1915 – Zeppeline In der ersten Ypern-Schlacht zwischen dem 20. Oktober und 11. November 1914 sterben bei Bixschote massenhaft deutsche Truppen, die vorwiegend aus älteren Reservisten und wenigen jüngeren Freiwilligen bestehen. Sie sind nur notdürftig militärisch ausgebildet und kommen im Maschinengewehrfeuer kampferprobter britischer Bataillone um. Das militärische Desaster deutet die Oberste Heeresleitung in ihrem Tagesbericht um zum Mythos von Langemarck, bei dem „junge Regimenter unter dem Gesang ‚Deutschland, Deutschland über alles‘“ gegen die feindlichen Stellungen vorgegangen seien. Bei „Langemarck“ wandelt sich der traditionelle Bewegungskrieg zum Stellungskrieg. In der folgenden „Winterschlacht“ in der Champagne wird erstmals Trommelfeuer eingesetzt. Der französische Durchbruchversuch scheitert. Afrika Am 19. Januar greifen deutsche Marineluftschiffe erstmals London an. Die Zeppeline gehören wie U-Boote, Panzer und Flugzeuge zur modernen Kriegsmaschinerie, die den Ersten Weltkrieg militärisch von vorherigen Kriegen unterscheidet. Am 20. und 21. März bombardieren deutsche Zeppeline Paris. Ab April fliegen die Franzosen Luftangriffe auf südwestdeutsche Städte. Am 1. Juni werden die deutschen Luftangriffe auf London verschärft. Asien 1914 – Persien Persien erklärt am 1. November offiziell seine Neutralität. Die Kämpfe im Kaukasus greifen aber bald auf persisches Gebiet über. Währenddessen sichert Großbritannien seine Ölanlagen im Persischen Golf durch die Landung und Besetzung des Gebiets um Fao. Bis zum 23. November wird auch Basra eingenommen. Australien 1915 – Enemy Aliens Seit 1915 werden Einwanderer deutscher Herkunft – sogenannte Enemy Aliens (feindliche Ausländer) – zunehmend denunziert, verfolgt, enteignet und interniert. Im Laufe des Krieges werden kleinere Lager geschlossen und die Internierten in großen Sammellagern untergebracht, z.B. im in New South Wales gelegenen Holsworthy. Insgesamt werden während des Ersten Weltkrieges in Australien ca. 7.000 Menschen interniert. Auch im Zweiten Weltkrieg wird Australien ähnlich vorgehen. In Großbritannien und den USA ist die Gesetzeslage zu den „Enemy Aliens“ ähnlich. In London gibt es Massendemonstrationen, bei denen die Inhaftierung von in England lebenden Deutschen gefordert wird. Diese Forderungen werden allerdings nicht umgesetzt. 18| 19| 1915 1915 Amerika 1915 – „Lusitania“ Am 22. Februar beginnt der uneingeschränkte deutsche U-Boot-Krieg, der auch das Versenken von Handelsschiffen ohne Vorwarnung beinhaltet. Bei der Versenkung des britischen Passagierschiffes „Lusitania“ durch ein deutsches U-Boot am 7. Mai sterben 128 US-Amerikaner. Das Ereignis verschlechtert die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Die US-Regierung protestiert scharf und fordert Deutschland mehrfach auf, den uneingeschränkten U-Boot-Krieg einzustellen. Europa 1915 – Masuren 1915 – Ypern Um den Zweifrontenkrieg, der nach dem fehlgeschlagenen „Schlieffenplan“ eingetreten ist, so schnell wie möglich zu beenden, will Deutschland zunächst an der Ostfront eine schnelle Entscheidung erzwingen. Am 4. Februar beginnt die „Winterschlacht von Masuren“. Bis zum 24. Februar kann die russische Armee zwar entscheidend besiegt werden, allerdings bleibt der erhoffte Durchbruch aus. Ostpreußen wird befreit und die Frontlinie verschiebt sich etwas nach Osten. Die deutsche Propaganda feierte den Triumph allerdings als bedeutenden Sieg. Schon im März nimmt Russland bei einer Gegenoffensive 30.000 Gefangene. Ab Juli gelingen den Mittelmächten bedeutende Gebietsgewinne an der Ostfront. Die russische Armee zieht sich weiter nach Osten zurück. Am 22. April setzen deutsche Truppen in der zweiten Schlacht bei Ypern 150 Tonnen Chlorgas gegen französische Truppen ein. Dieser erste Einsatz von Giftgas in einem Krieg überhaupt führt zu ca. 5.000 Toten und 10–15.000 Verletzten. Das vom deutschen Chemiker Fritz Haber entwickelte System der Gasverteilung aus Druckluftflaschen wird von Deutschland ca. 50-mal im Krieg eingesetzt. Britische Truppen setzten ab September ebenfalls Chlorgas ein, allein in der „Schlacht an der Somme“ 110-mal. Fritz Habers Frau Clara Immerwahr, die erste promovierte deutsche Chemikerin und überzeugte Pazifistin, begeht am Morgen nach dem Einsatz bei Ypern in Berlin Selbstmord. Afrika Asien 1915 – Zwischen Kaukasus und Suez Australien Am 5. Januar beginnen die osmanischen Truppen – nach großen Verlusten im Konflikt mit Russland – mit dem Rückzug aus dem Kaukasus. Der Suez-Kanal ist seit 1914 umstrittenes Gebiet. Nach der Einnahme durch die Briten versuchen die osmanischen Truppen wiederholt, den strategisch wichtigen Verkehrsweg unter ihre Kontrolle zu bringen. Großbritannien verwehrt den Schiffen der Mittelmächte und neutraler Mächte die Passage. In Persien wird die deutsch-freundliche Regierung auf russischen Druck abgesetzt. Am 18. April ziehen sich die osmanischen Truppen vollständig aus Persien zurück. Mit dem 6. Juni 1916 beginnt die „Arabische Revolte“, ein von Großbritannien maßgeblich unterstützter Aufstand, der die Eroberung osmanischer Gebiete durch arabische Stämme zur Folge hat. Ihre erhoffte Unabhängigkeit nach dem Krieg bleibt aber aus. 1915 – Australier am Bosporus Am 25. April beginnen die Truppen des „Australian and New Zealand Army Corps“ (ANZAC) und andere Verbände der Entente-Mächte mit dem Versuch, die Dardanellenhalbinsel Gallipoli zu besetzen. Die Invasion schlägt jedoch fehl. Die hohen Verluste prägen in Australien und Neuseeland bis heute die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Der „ANZAC Day“ am 25. April wird in den beiden Ländern zum inoffiziellen Nationalfeiertag. Für das Osmanische Reich ist die „Schlacht von Çanakkale“ in dem Krieg einer der wenigen militärischen Erfolge. 20| 21| 1915 1915 Amerika Europa 1915 – „Londoner Vertrag“ 1915 – Warschau Am 26. April tritt Italien mit Unterzeichnung des geheimen „Londoner Vertrags“, der einen Anschluss an die Entente-Mächte beinhaltet, in den Krieg ein. Damit beendet die italienische Regierung den „Dreibund“ – ein geheimes Defensivbündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Nachdem Italien Österreich-Ungarn am 23. Mai den Krieg erklärt, wird die italienische Adriaküste ab dem 24. Mai von der österreichischen Marine bombardiert. Für Italien sind Gebietsgewinne maßgebliches Kriegsziel. Am Ende des Krieges werden dem Staat das Trentino sowie das deutschsprachige Südtirol auch tatsächlich zugesprochen. Der Erste Weltkrieg belebt die Hoffnung der Polen auf die Wiederherstellung eines eigenen Staates. Am 4./5. August nehmen deutsche Truppen die Hauptstadt der polnischen Gebiete ein und bilden zunächst das Generalgouvernement Warschau. Die Eroberung reißt große Lücken in das Staatsgebiet des russischen Zarenreiches und unterstellt die Territorien der Kontrolle der Mittelmächte. Am 5. November 1916 proklamieren letztere das Königreich Polen, das aber territorial nicht abgegrenzt ist. Erst gegen Ende des Krieges zeichnet sich die Bildung eines unabhängigen polnischen Staates ab. Für einen solchen fordert USPräsident Wilson am 8. Januar 1918 einen eigenen Zugang zur See. Am 6. November wird schließlich die Republik Polen ausgerufen. Erster Staatschef wird J. Piłsudski. Afrika Asien 1915 – Kjachta 1915/1916– „Aghet“ Am 25. Mai wird der Vertrag von Kjachta zwischen der Mongolei, Russland und China unterzeichnet. Er gibt China offiziell die Kontrolle über die innere Mongolei. Die äußere Mongolei wird formal selbstständig. Nach der Oktoberrevolution 1917 scheidet Russland als ausgleichende Schutzmacht der Mongolei aus und China besetzt erneut die Mongolei, die 1919 kapitulieren muss. 1921 wird die Mongolei unabhängig von China. 1924 wird sie der zweite kommunistische Staat nach der Sowjetunion. Auf Druck Japans unterzeichnet China am 8. Mai die „21 Forderungen“, die Japan weitreichenden Einfluss in China gewähren. Auf Seiten der Alliierten gibt es – abgesehen von den USA – so gut wie keinen Protest. Australien Bei zahlreichen Massakern und Todesmärschen sterben zwischen 300.000 und 1.500.000 Armenierinnen und Armenier. Der grausame Genozid, von armenischer Seite schlicht als „Aghet“ – die Katastrophe – bezeichnet, wird von Angehörigen der jungtürkischen Regierung des Osmanischen Reichs veranlasst. Auslöser für die Verfolgung waren Niederlagen am Kaukasus gegen Russland, mit dem Teile der armenischen Bevölkerung sympathisierten. Ein angeblicher „armenischer Sabotageplan“ wurde zum Anlass für die Deportationen und Massaker genommen. Bis heute bestreitet die türkische Regierung, dass es einen solchen Völkermord gegeben habe, während die armenische Minderheit in der Türkei auf eine staatliche Wiedergutmachung, Entschuldigung und ein Gedenken an die Opfer wartet. 22| 23| 1915 1916 Amerika Europa 1915 - Serbien 1916 – Verdun Am 27. Oktober nehmen die Truppen der Mittelmächte mit Unterstützung Bulgariens Serbien ein und „bereinigen“ damit wie geplant die Balkanfront. Zuvor sind die serbischen Truppen durch den Ausbruch von Krankheiten und ihre schlechte Versorgungslage stark geschwächt worden. Die Entente-Verbündeten und das von Serbien um Unterstützung gebetene Griechenland setzen keine eigenen Truppen zur Unterstützung Serbiens ein, erklären aber Bulgarien den Krieg. Im Zuge der Auseinandersetzungen verliert die Armee über 90% ihrer ursprünglichen Stärke; Serbien hat im Ersten Weltkrieg prozentual die größten Truppenverluste weltweit zu beklagen. Am 21. Februar beginnen die verlustreichen Kämpfe in Verdun mit der deutschen „Operation Gericht“. Ein brutaler „Abnutzungskampf“ soll den Gegner „ausbluten“ und dadurch die Westfront wieder in Bewegung bringen. Bis zum 20. Dezember produziert die „Hölle von Verdun“ über 700.000 Tote, Verwundete und Vermisste; 362.000 Franzosen und 337.000 Deutsche. Die Frontlinie verschiebt sich dabei nur um wenige Kilometer, teilweise nur um Meter. Die „Schlacht von Verdun“ wird zum Mythos, Mahnmal und Erinnerungsort für die Sinnlosigkeit des Krieges im Allgemeinen und den sinnlosen Stellungskrieg an der Westfront im Besonderen. Afrika 1915/1916 – Kamerun / Deutsch-Südwestafrika Nachdem die deutschen Truppen in Kamerun zu Beginn des Jahres zunehmend unter fehlender Munition und mangelhafter Ausrüstung leiden, nehmen die Geländegewinne der Entente zu. Die letzte verbliebene deutsche Einheit, die 3. Kompanie unter Ernst von Raben, ergibt sich am 18. Februar 1916. Von Raben übergibt die Kolonie an England und Frankreich, die in einem Geheimvertrag die Aufteilung vornehmen. In „Deutsch-Südwest“ kapitulieren die deutschen Truppen am 9. Juli 1915, nachdem sich einheimische Hilfstruppen in einem Aufstand weigern, gegen südafrikanische Einheiten zu kämpfen. Sie betrachten den Krieg als „weiße Angelegenheit“. Asien 1915 – Kabul Nachdem bereits eine erste deutsche Expedition gescheitert ist, erreicht ein weiteres geheimes Expeditionskorps am 26. September das afghanische Kabul. Am 24. Januar 1916 wird zwar zwischen Afghanistan und dem Deutschen Reich ein Vertrag abgeschlossen, mit dem das Land am Hindukusch als souveräner Staat anerkannt wird. Es gelingt der deutschen Delegation jedoch nicht, den Emir Habibollah zu einem Kriegseintritt auf deutscher Seite zu bewegen. Erst nach der Ermordung Habibollahs kommt es im Mai 1919 unter seinem Sohn und Nachfolger Amanollah zu einem afghanisch-britischen Krieg, in dessen Folge Großbritannien die Souveränität Afghanistans anerkennen muss. Australien 24| 25| 1916 1916 Amerika Europa 1916 – Skagerrak 1916 – „Brussilow-Offensive“ Am 31. Mai beginnt die Seeschlacht am Skagerrak. An die 250 Schiffe der „Grand Fleet“ der Royal Navy und der Deutschen Hochseeflotte attackieren sich zwei Tage lang vor Jütland. Da die Deutsche Flotte in der zweiten Nacht fliehen kann, kommt es zu keiner wirklichen Entscheidung. Großbritannien kann seine Seeblockade in der Nordsee bis zum Ende des Krieges aufrechterhalten. Deutschland verzichtet nach den Erfahrungen vom Skagerrak auf eine weitere Großkonfrontation. Insgesamt werden mehr als 10.000 Männer verletzt oder getötet; ca. 30 Kreuzer und kleinere Schiffe werden versenkt. Am 4. Juni beginnt an der europäischen Ostfront die „Brussilow-Offensive“. Bis zum 20. September können große Gebiete durch die russische Armee erobert werden. Zwar stellt die Offensive den größten russischen Erfolg im Krieg dar. Die Verluste und die damit verbundene Demoralisierung der russischen Truppe sind allerdings sehr hoch. Die Erfolge der Truppen unter General Alexej Brussilow veranlassen Rumänien auf Seiten der Entente zum Kriegseintritt. Afrika Asien Australien 26| 27| 1916 1917 Amerika 1916 – „Friedensnote“ 1917 – „Kreuzzug der Demokratie“ Am 12. Dezember wendet sich Deutschland mit einem Friedensangebot an die Entente-Mächte. Die „Friedensnote“ ist allerdings relativ allgemein gehalten und enthält keine konkreten Vorschläge. Präsident Wilson versucht zu vermitteln. Am 30. Dezember lehnen die Alliierten das Angebot schließlich ab und bezeichnen es als „Kriegsmanöver“. Sie fordern die Rücknahme der Gebietsgewinne und die Anerkennung der anderen Staaten. Daraufhin gibt die deutsche Regierung in einem kaiserlichen Erlass bekannt: „Die Feinde haben meinen Vorschlag abgelehnt. Ihr Machthunger will Deutschlands Vernichtung. Der Krieg nimmt seinen Fortgang!“ Nach einer vorübergehenden Aussetzung nimmt die deutsche Kriegsmarine den „uneingeschränkten UBoot-Krieg“ am 1. Februar wieder auf. Das Deutsche Reich greift auch unbewaffnete Schiffe ohne Vorwarnung an. Aufgrund der deutschen Erklärung brechen die USA zwei Tage später die diplomatischen Beziehungen ab. Mexiko erklärt für den Fall eines Kriegseintrittes der USA seine Neutralität. Die Kriegserklärung an Deutschland erfolgt am 6. April. Den USA schließen sich mehrere amerikanische Staaten wie Kuba und Panama an. Wilson propagiert den „Kreuzzug der Demokratie“. Europa 1916 – Somme 1917 – „Steckrübenwinter“ Die „Schlacht an der Somme“ beginnt am 24. Juni. Am 26. November wird die britisch-französischen Großoffensive ohne wesentliche Gebietsveränderungen abgebrochen. Nach fünf Monaten sind mehr als eine Million Soldaten tot und verletzt oder gelten als vermisst. Die Schlacht ist damit die verlustreichste des gesamten Krieges. Die erhoffte „Zersetzung“ der deutschen Truppen tritt nicht ein. Zwar kommen erstmals größere Zweifel am Sieg auf, doch die deutschen Truppen konzentrieren sich auf neue, defensivere Taktiken und können 1917 mit der „Schlacht an der Aisne“ und in Rumänien wieder wichtige militärische Erfolge erzielen. Als Folge der enormen Kriegskosten werden in Deutschland bereits seit 1915 Lebensmittel rationiert. Zudem verschärfen die durch die Seeblockade verhinderten Lebensmittelimporte, die vor Ausbruch des Krieges ein Drittel der gesamten Versorgung ausmachen, und Missernten die Lage soweit, dass es im „Steckrübenwinter“ 1916/17 zu einer Hungersnot kommt. Am 12. Januar 1917 wird in Hamburg und anderen Städten öffentlich protestiert. Ein Großteil der Bevölkerung ernährt sich fast ausschließlich von Steckrüben in allen Variationen; nach dem damaligen Oberbefehlshaber der deutschen Truppen wird sie auch „Hindenburg-Knolle“ genannt. Zwischen 1914 und 1918 sterben ca. 800.000 deutsche Zivilistinnen und Zivilisten an den Folgen von Hunger und Unterernährung. Afrika Asien Australien 28| 29| 1917 1917 Amerika 1917 – „Zimmermann-Depesche“ 1917 – „I want you for U.S.Army“ Um den 16. Januar wird die „Zimmermann-Depesche“ abgesandt. Das verschlüsselte Telegramm des deutschen Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes, Arthur Zimmermann, an den deutschen Gesandten in Mexiko soll bewirken, dass Mexiko und Deutschland für den Fall ein Bündnis eingehen, dass die USA ihre Neutralität aufgeben. Mexiko wird die Rückgewinnung von Territorien, die es 1848 an die USA verloren hat (Kalifornien, Nevada etc.), zugesichert. Die britische Funkaufklärung fängt das Telegramm ab und reicht die entschlüsselte Botschaft an die USA weiter. Die „Zimmermann-Depesche“ trägt zur Aufgabe der Neutralität der USA entscheidend bei. Zuvor kommt es nach Grenzüberschreitung des mexikanischen Revolutions-Generals Pancho Villa zu Strafexpeditionen der USA in Mexiko. Europa Bis zum Frühsommer kommt die Mobilmachung und Ausbildung der US-Truppen nur schleppend voran. Im Mai startet die Rekrutierungskampagne „Uncle Sam“. Am 26. Juni 1917 erreicht die erste US-amerikanische Division Frankreich. Die Amerikaner kämpfen mit Franzosen und Briten an der Westfront. Die vergleichsweise kleine Berufsarmee wird aufgerüstet und für alle Männer zwischen 21 und 30 die Wehrpflicht eingeführt. Von ihr sind 4,75 Millionen US-Amerikaner betroffen. 1917 – Leie 1917 – „Februar-Revolution“ Im Februar erreichen die ersten Einheiten des portugiesischen Expeditionskorps Frankreich. Sie sollen die Alliierten an der Westfront unterstützen. Portugal, das zunächst neutral gewesen ist, hat 1916 aufgrund einer Allianz mit Großbritannien deutsche Schiffe in seinen Häfen beschlagnahmt, woraufhin Deutschland Portugal den Krieg erklärt hat. Mit seinem Kriegseintritt will Portugal vor allem Schutz für seine Kolonien in Anspruch nehmen und seinen Platz unter den europäischen Mächten behaupten. Durch schlechte Bedingungen an der Front und lange Einsatzzeiten treten bei den portugiesischen Truppen immer wieder Befehlsverweigerungen auf. In der „Schlacht an der Leie“ erleiden die portugiesischen Truppen hohe Verluste. Am 8. März beginnt die „Februar-Revolution“. Der Zar wird gestürzt. Aufgrund der revolutionären Umbrüche ist die russische Regierung kaum handlungsfähig. Der ökonomische Kollaps des Landes führt zu Versorgungsengpässen und großem Leid unter der Bevölkerung. Am 16. April kehrt Lenin, der Anführer der Bolschewiki, mit deutscher Unterstützung aus dem Exil zurück. Mit der Machtübernahme der Bolschewiki durch die Oktober-Revolution und den nachfolgenden russischen Bürgerkrieg, der zu hohen Bevölkerungsverlusten führt, wird das Land in eine schwere Krise gestürzt. Im Dezember werden Waffenstillstände mit den Mittelmächten ausgehandelt und Friedensverhandlungen geführt, da Russland aus innenpolitischen Gründen nicht mehr in der Lage ist, den Krieg fortzuführen. Afrika Asien 1917 – Sinai / Palästina Nach erfolglosen Angriffen der osmanischen Truppen auf den Suez-Kanal erobert Großbritannien am 11. März die Sinai-Halbinsel zurück und nimmt auch Bagdad ein. Im März und April münden Angriffe auf Gaza in zähen Grabenkämpfen. Am 2. November unterstützt Großbritannien mit der „Balfour-Deklaration“ die Pläne, in Palästina eine „nationale Heimstätte“ für das jüdische Volk einzurichten. Im Dezember erobern britische Truppen an der „Palästina-Front“ Jerusalem. Australien 30| 31| 1917 1917 Amerika Europa 1917 - Chemin des Dames 1917 – „Megali Idea“ Im April beginnen verlustreiche britisch-französische Angriffe bei Arras, an der Aisne sowie am „Chemin des Dames“. Die französische Militärführung nimmt dabei kaum Rücksicht auf ihre Soldaten, so dass es am 29. April zu Meutereien in der französischen Armee kommt. Die Hälfte des Heeres verweigert sich den erteilten Befehlen. Die Militärspitze reagiert brutal mit Todesurteilen, aber auch mit Reformen. Als Konsequenz wird zunächst auf große Offensiven verzichtet. Nach der von den Alliierten erzwungenen Abdankung von König Konstantin I. tritt Griechenland am 29. Juni in den Krieg gegen die Mittelmächte ein. Ministerpräsident Eleftherios Venizelos will die „Megali Idea“, die „Große Idee“ umsetzen, die ein „Griechenland der zwei Kontinente und fünf Meere“ vorsieht. Dieser Plan beinhaltet im Prinzip die Wiederherstellung des Byzantinischen Reiches. Die Kämpfe in Griechenland und in den vom Osmanischen Reich und Bulgarien eroberten Gebieten in Kleinasien fordern hohe Verluste. Die ihm später als „Siegermacht“ zugesicherten Gebiete verliert Griechenland allerdings schon 1922 wieder. Nach Auseinandersetzungen mit der Türkei ziehen sich die Armee und ein riesiger Flüchtlingsstrom auf das ursprünglich griechische Gebiet zurück. Jeder sechste Einwohner Griechenlands ist nun ein Flüchtling. Afrika 1917 – Monrovia Am 4. August 1917 beschießt ein deutsches U-Boot die liberianische Hauptstadt Monrovia. Die Deutschen beabsichtigen damit, die westafrikanische Republik davon abzuhalten, ihre Neutralität aufzugeben. Doch das Gegenteil tritt ein. Liberia tritt auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein, wird allerdings nicht selbst zum Kriegsschauplatz. Asien 1917 – „Kulis“ aus China China erklärt den Mittelmächten am 14. August den Krieg, vorwiegend, um durch die Alliierten Schutz vor den japanischen Expansionsbestrebungen zu erhalten. In der Folge werden 140.000 Arbeiter nach Frankreich verschickt. Die „Kulis“ arbeiten dort in der Rüstungsindustrie, in der Landwirtschaft und im Bergbau. Eine weitere Beteiligung ist aufgrund der unruhigen innenpolitischen Umstände in China nicht möglich. 8.000 der Hilfsarbeiter kommen während des Krieges ums Leben. Australien 32| 33| 1917 1918 Amerika 1918 – Wilsons 14 Punkte Am 8. Januar legt Präsident Wilson dem Kongress sein 14-Punkte-Programm zur Herbeiführung eines allgemeinen Friedens vor. Es fordert unter anderem ein Selbstbestimmungsrecht der Völker, eine weitgehende Abrüstung, Maßnahmen zur Friedenssicherung und die Gründung einer multinationalen Organisation, die sich später im Völkerbund wiederfinden wird. Deutschland und Österreich-Ungarn lehnen das Programm am 24. Januar offiziell ab. Europa 1917 – Tanks 1918 – Finnland Im Ersten Weltkrieg gehören „Tanks“ genannte Panzerfahrzeuge zu den modernsten Waffentechnologien. Am 15. September 1916 setzen die Allierten während der Somme-Schlacht erstmals Tanks ein. Am 20. November 1917 gelingt es britischen Fahrzeugen in der Tankschlacht bei Cambrai, die deutsche „Siegfriedlinie“ kurzzeitig zu durchbrechen. Am 28. November fahren erstmals in einem erfolgreich durchgeführten Masseneinsatz 400 Tanks auf. Am 8. August 1918 gelingt den Briten mit massivem Tankeinsatz in der „Schlacht von Amiens“ ein tiefer Einbruch in die deutsche Front. Der „Schwarze Tag“ des deutschen Heeres ist zugleich der Beginn der „Hunderttageoffensive“ der Alliierten, der letzten Phase des Ersten Weltkriegs an der Westfront, in der die Armeen der Entente besonders viele Angriffe gegen die Mittelmächte führen. Afrika In Finnland, gerade von Russland unabhängig geworden, bricht am 27. Januar der Bürgerkrieg aus. Auslöser sind Lebensmittelknappheit und die Einflüsse der Bolschewiki. Deutsche Einheiten unterstützen die bürgerlichen gegen die aufständischen sozialistischen Truppen. Am 5. Mai geben die letzten Aufständischen gegen die überlegenen deutschen und finnischen Verbände auf und kapitulieren. Asien 1918 – Ukraine Australien 34| Am 22. Januar wird die Ukrainische Volksrepublik ausgerufen. Damit bildet sich zum ersten Mal ein eigenständiger ukrainischer Staat, der von Russland unabhängig ist. Vorausgegangen sind diesem Schritt nationalistische Bestrebungen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Während des Ersten Weltkrieges unterstützt Deutschland die Separationsbestrebungen der Ukrainer. Dies geht so weit, dass einige polnische Nationalisten dazu anmerken, Ukrainer gäbe es eigentlich gar nicht, sie seien eine deutsche Erfindung. Damit beziehen sie sich auf den „Geschichtsunterricht“, den Kriegsgefangene in deutschen Lagern erhalten. Von einer Stärkung der Ukraine verspricht sich Deutschland eine Schwächung des Kriegsgegners Russland. Die Gründung der Volksrepublik wird von Bürgerkriegen und Konflikten mit Russland begleitet. 35| 1918 1918 Amerika 1918 – Mittel- und Südamerika Nachdem 1917 auf Seiten der Alliierten schon Kuba, Guatemala, Bolivien, Brasilien, Panama und Peru in den Krieg eingetreten sind, folgen ihnen im Mai/Juni auch Costa Rica, Honduras und andere Staaten. Sie nehmen zwar nicht aktiv am Kriegsgeschehen teil, sind aber vor dem Krieg wichtige Handelspartner des Deutschen Kaiserreichs gewesen. Die zahlreichen Kriegserklärungen sind also zum einen politisch motiviert, zum anderen sollen sie eine wirtschaftliche Schwächung und Isolation der Mittelmächte bewirken. Weltweit wahren lediglich 17 Staaten bis zum Ende des Krieges ihre Neutralität. In Europa sind es die Niederlande, Spanien und die Schweiz. Europa 1918 – Brest-Litowsk 1918 – „Frühjahrsoffensive“ Nachdem Trotzki die Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten abgebrochen hat, starten diese am 18. Februar die „Operation Faustschlag“. Bis zum 3. März drängen die Truppen die neugegründete „Rote Armee“ schnell zurück und zwingen Sowjetrussland zur Unterzeichnung eines Separatfriedens mit den Mittelmächten. Zentrale Punkte des „Friedens von Brest-Litowsk“ sind unter anderem die Anerkennung der Unabhängigkeit Finnlands, der baltischen Staaten, Polens und der Ukraine. Das Deutsche Reich besetzt Gebiete in Weißrussland und der Ukraine. Darüber hinaus muss die zukünftige Sowjetunion auch die Unabhängigkeit Persiens und Afghanistans anerkennen. Die deutsche Frühjahrsoffensive beginnt am 21. März. Bis Mitte Juli können die deutschen Truppen gegen die Alliierten noch einmal überraschende Erfolge erzielen und eine schwere Krise auslösen. Diese führte dazu, dass Truppen zusammengezogen werden, da die Westfront zu fallen droht. Dadurch wird beispielsweise die Palästina-Front der Briten erheblich geschwächt. Mit Hilfe der USA können die Alliierten nach drei Monaten die deutschen Truppen allerdings wieder zurückdrängen; die endgültige Kriegswende ist erreicht. Afrika Asien 1918 – Tiflis Die deutsche „Kaukasus-Expedition“, die das deutschfreundliche Georgien unterstützen und deutsche Ölinteressen sichern soll, erreicht am 8. Juni die Grenzen des Landes. Am 12. Juni besetzen deutsche Truppen Tiflis. Von hier aus wird eine Expedition Richtung Baku gestartet. Verhandlungen mit Russland und dem Osmanischen Reich sollen Deutschland den Zugang zum Öl am Kaukasus sichern. Im Zuge der Krise im eigenen Land wird die Expedition jedoch abgebrochen Australien 36| 37| 1918 1918 Amerika Europa 1918 – November-Revolution 1918 – Compiègne In den letzten Kriegswochen mehren sich im Deutschen Reich die Zeichen für eine Revolution. Diese können auch nicht mehr durch Zugeständnisse wie die preußische Wahlrechtsreform am 10./12. Oktober oder die „Oktoberverfassung“ vom 26. Oktober, durch die Deutschland zur parlamentaristischkonstitutionellen Monarchie wird, verhindert werden. Am 3. November beginnt der „Matrosenaufstand von Kiel“. Am 7. November wird in München unter Kurt Eisner revoltiert. Als die Revolution schließlich am 9. November auch Berlin erreicht, dankt Kaiser Wilhelm II. ab und flieht nach Holland. Ihm folgen sämtliche deutsche Monarchen und danken ab. Das Kaiserreich wandelt sich zur „Weimarer Republik“. Am 4. Oktober senden Deutschland und Österreich-Ungarn angesichts der drohenden militärischen Niederlage diplomatische Noten an US-Präsident Wilson, um die Bedingungen für einen Waffenstillstand zu erkunden und Friedensverhandlungen einzuleiten. Nach dem Austausch weiterer Noten und dem Angebot eines Separatfriedens durch Österreich-Ungarn beginnen am 8. November in Compiègne die Friedensverhandlungen. Eine zivile deutsche Delegation unter Matthias Erzberger unterzeichnet den Waffenstillstand, der am 11. November um 11 Uhr eintritt und die Kampfhandlungen beendet. Die – bewusst herbeigeführte – Abwesenheit deutscher Militärs entlastet diese später und führt zur Entstehung der „Dolchstoßlegende“, nach der die Politik der angeblich unbesiegten Armee in den Rücken gefallen sei. Afrika 1914/18 – „Schwarze Bataillone“ Während des Ersten Weltkrieges werden auf französischer Seite über 600.000 Arbeiter und Soldaten an der europäischen Westfront eingesetzt. Allein 94 „schwarze Bataillone“ kämpfen gegen die Truppen der Mittelmächte. 140.000 Afrikaner werden direkt an der Front eingesetzt. Mindestens 30.000 afrikanische Soldaten sterben. Im Unterschied zu Frankreich setzt Großbritannien die Bevölkerung seiner Kolonien nur in Afrika ein, vorwiegend in den Kämpfen um Deutsch-Ostafrika. Asien 1918 – Mudros Am 1. Oktober wird Damaskus von britischen und arabischen Truppen erobert. Am 31. Oktober kapituliert das Osmanische Reich und unterzeichnet in Mudros einen Waffenstillstandsvertrag mit den Entente-Mächten. Als Folge des Krieges zerfällt das Reich endgültig. Es geht trotz langanhaltender Kämpfe – verglichen mit anderen Kriegsparteien – mit geringen Verlusten aus dem Krieg. 1920 kommt es zum „nationalen Befreiungskrieg“, der die Gründung der türkischen Republik im Jahr 1923 unter General Mustafa Kemal „Atatürk“ zur Folge hat. Griechen und Türken weisen im Zuge dieses Konflikts gegnerische Bevölkerungsgruppen aus ihren Ländern und zünden Städte an. Viele Menschen sterben auf der Flucht oder durch Massaker. Australien 1918 – „Great Ocean Road“ Bis 1918 werden 46% der eingesetzten australischen Soldaten verwundet (170.000), 18% sterben (60.000). Im relativen Vergleich zur Gesamtbevölkerung hat Australien damit die höchsten Verluste unter allen kriegsbeteiligten Staaten zu beklagen. Die heimkehrenden Soldaten bauen in einem Arbeitsbeschaffungsprogramm die „Great Ocean Road“. Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg hat in Australien einen besonderen Stellenwert, da sich die Nation auf ihn als Gründungszeitpunkt beruft. Der „ANZAC-Day“, an dem der Gefallenen von Gallipoli (1915) gedacht wird, hat den Status eines inoffiziellen Nationalfeiertages. 38| 39| 1918 1919 Amerika Europa 1918 – „Astern-Revolution“ 1919 – Versailles Nachdem die österreichisch-ungarische Monarchie zunehmend zerfällt, beginnt in Ungarn am 28. Oktober die „Astern-Revolution“. König Karl IV. hat zuvor sein „Völkermanifest“ herausgegeben, indem er die Umwandlung der Monarchie in einen föderativen Staat propagiert. Daraufhin kündigt die ungarische Regierung mit Zustimmung des Königs die Realunion mit Österreich. Die neu gegründete Regierung kann Ungarns Interessen aber nicht gegen die anderen Staaten durchsetzen und verliert große Gebiete. Nach Aufständen und Demonstrationen der Bevölkerung kann Ende Oktober eine stabile Regierung eingesetzt werden, die die Unterstützung des Militärs hat. Man geht heute davon aus, dass der Erste Weltkrieg 17 Millionen Opfer gefordert hat. Von den 70 Millionen Soldaten, die zwischen 1914 und 1918 weltweit mobil gemacht worden sind, sind am Ende des Krieges 10 Millionen tot. Am 28. Juni wird der Friedensvertrag von Versailles von Deutschland nach der Friedenskonferenz von Paris unterzeichnet und später von den Alliierten ratifiziert. Wesentlicher Bestandteil ist die Alleinschuld Deutschlands und seiner Verbündeten am Kriegsausbruch. Abrüstung, Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen werden vereinbart. Afrika 1918 – „Askari“ 1919 – Deutsch-Südwestafrika Am 25. November – zwei Wochen nach dem Waffenstillstand in Europa – ergibt sich in Deutsch-Ostafrika der deutsche Kommandant Paul von Lettow-Vorbeck in Abercorn britischen Truppen. Durch seinen jahrelangen Guerillakrieg mit Hilfstruppen, die vorwiegend aus „Askari“, afrikanischen Hilfssoldaten bestehen, erlangt er nach dem Krieg trotz seiner militärisch völlig bedeutungslosen Erfolge fast mythischen Ruhm. Von den insgesamt eingesetzten 1.000.000 Askari und 160.000 britischen Soldaten werden auf britischer Seite 10.000 getötet oder verletzt. Die Verluste unter den Askari sind etwa zehnmal so hoch. Nach Kriegsende werden 6.400 Deutsche des Landes verwiesen. Auf der Pariser Friedenskonferenz kann Südafrika seinen Wunsch nach einer formalen Annexion der ehemaligen deutschen Kolonie DeutschSüdwestafrika nicht durchsetzen. Asien 1919 – Tsingtau Juni: Als Siegermacht setzt Japan bei den Friedensverhandlungen von Versailles die Einverleibung der deutschen Südseeinseln durch und annektiert Tsingtau. Australien 1919 – Canberra Im Juni erhält Australien bei den Friedensverhandlungen vom Völkerbund die einstigen deutschen Kolonien Nordost-Neuguinea, Bismarckarchipel, die westlichen Salomonen und Nauru als Mandatsgebiete zugesprochen. 40| 41| 1920 1922 Amerika Europa 1920 – Genf 1922 – Genua Am 10. Januar nimmt der neu gegründete Völkerbund mit Sitz in Genf seine Arbeit auf. Ab 1921 finden mit den „Leipziger Prozessen“ erstmals Kriegsverbrecherprozesse statt, die von einer anderen Nation – bzw. von mehreren Nationen, hier den Alliierten – initiiert werden. Die Urteile des Reichsgerichts werden allerdings von den Alliierten angefochten und teilweise kommt es in der Folge zu Abwesenheitsprozessen in Belgien und Frankreich. An der „Konferenz von Genua“ vom 10. April nehmen 34 Staaten teil. Abgesehen von den USA sind alle Teilnehmer des Ersten Weltkriegs beteiligt. Ziel ist der Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Finanzund Wirtschaftssysteme. Afrika Asien 1919/1921 – Persien / Iran 1922 – Sowjetunion Die Auseinandersetzungen auf persischem Gebiet und die Besetzung durch Briten und Russen dauern bis 1921 an. Im Zuge der „Interventionskriege“ gegen Sowjetrussland wird Persien in die Auseinandersetzungen zwischen Alliierten und Russen hineingezogen. Innenpolitisch kommt es zu separatistischen Bewegungen. 1925 wird Reza Schah Pahlavi zum Schah erhoben; westlich orientierte Reformen setzen ein. 1935 wird die alte Bezeichnung „Persien“ durch die offizielle Landesbezeichnung „Iran“ ersetzt. Nach einem langjährigen Bürgerkrieg (1917–1922) gründet sich am 30. Dezember 1922 die „Union der Sowjetrepubliken“ als Nachfolgestaat des zaristischen Russland und Sowjetrusslands. Australien 42| 43|