Bäderdienst einmal anders - Wasserwacht Lindau/Bodensee
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Bäderdienst einmal anders - Wasserwacht Lindau/Bodensee
Bäderdienst einmal anders Wahrnehmungen eines Rettungsschwimmers 19. Juli 2009 Sonntagmorgen Ein Blick aus dem Fenster lässt mich vergessen, dass es Sommer ist. Es regnet und stürmt; draußen hat es nur 13°C. Eigentlich hätte ich heute Bäderdienst, Strandaufsicht also, im Campingplatz Lindau-Zech. Freiwillig, ehrenamtlich und unentgeltlich versteht sich. Dienst für die Wasserwacht, bzw. Dienst im Namen der Wasserwacht für die Allgemeinheit. Freiwillig, ehrenamtlich und unentgeltlich - neben der Familie und neben dem Beruf. Schon wieder ein Wasserwacht-Termin; der fünfte diese Woche. Wachaufsicht würde bei dem Wetter heute ja eigentlich ausfallen. Aber war da nicht noch was? Ach richtig... Ausbildungstag für die Jugend Und für diesen Tag hatte Sabine (ihres Zeichens verantwortliche Leiterin der Junior- und Jugendgruppe) mit mir ausgemacht, dass wir das Freiwassertraining bei jedem Wetter durchziehen. Also Klamotten gepackt, Hängerkupplung ans Auto, Ruderboot drangehängt und dann raus ins Zech. An unserer Wachstation erwarten mich bereits Sabine und ihr Freund Adam. Das Wetter ist immer noch bescheiden. Es hat Wind und Wellen. Auch an Land ist alles nass. Es ist kalt. Eindeutig zu kalt für Mitte Juli. Los geht‘s Nach und nach trudeln die Jugendlichen ein. 14 angehende Rettungsschwimmer. Respekt! Hätte ich nicht gedacht, bei der Witterung. „Bei schönem Wetter kann ja jeder ins Wasser“ oder „...wir sind schliesslich bei der Wasserwacht“ sind Sprüche, welche ich vernehme. Gefällt mir! So langsam bekomme ich Lust auf den gemeinsamen Tag. Begonnen wird mit dem Ruderboot Wir müssen das kleine Boot klarmachen und es dann zu Wasser lassen. Mal sehen, wie sich die Jugendlichen dabei anstellen. Ah! Mit ein bisschen Hilfestellung klappt das ja ganz gut. Die einzelnen Mitglieder der Gruppe geben sich auch gegenseitig Hinweise und unterstützen einander. Prima! Jeder kann ein paar Runden rudern und dabei erfahren, welchen Einfluss Wind und Seegang haben. Doch auch das Werfen eines Rettungsmittels aus dem Boot heraus, mit anschliessendem Wiederaufnehmen, lassen wir die Jungs und Mädels üben. Vom Ufer aus werden derweil Wurfsack und Rettungsball geschmissen. Ein wenig Anleitung und schon machen sogar die Neulinge Fortschritte. Übung ist einfach wichtig. Ab ins Wasser Nun steht die Handhabung von Rettungsbrett und Baywatch-Boje auf dem Programm. Erstmal gibt‘s Trockenübung, wegen der Kälte. Sabine und ich zeigen an Land auf was geachtet werden muss. Dann führen wir es im See vor. Nacheinander kommen alle ins Wasser und probieren selber die gezeigten Techniken aus. Alle sind mit Feuereifer bei der Sache. Doch die Freude hält nicht allzu lang. Kurze Auszeit Denn irgendwie ist es schon noch saukalt. Daher verlassen die meisten bereits nach kurzer Zeit das Wasser, trocknen sich ab und ziehen sich was Warmes an. Sehr vernünftig! Nach den praktischen Übungen im Bodensee haben sich alle Beteiligten eine kleine Stärkung verdient. Prima, Adam hat Wienerle besorgt und heiß gemacht. Danke und Mahlzeit! Was kann bei einem Bäderdienst alles passieren? Sabine geht mit den Nachwuchsrettern durch, was an einem Wachtag im Sommer vorkommen kann. Es geht um thermische Schäden, um Insektenstiche, Schnittverletzungen, Erschöpfung im Wasser, um Rettungsschwimmen natürlich, um Eltern, die ihr Kind verloren haben (oder anders herum), und um manch anderes mehr. Für das anschließende HLW-Training nehme ich mir vor, die Teilnehmer bei Bedarf ein wenig zu „quälen“. Aber eigentlich stellen sich alle ganz gut an, so dass ich keine Extrarunden verordnen muss. Währenddessen mimt Sabine eine Mutter, die ihr Kind sucht. Die Jugendlichen lassen wir sich dabei selbst organisieren. Die Gruppe arrangiert sich. Keiner will nach Hause Selbst nachdem wir den Übungstag am Nachmittag aufgrund der anhaltend fraglichen Witterung offiziell beenden, zieht es niemanden heimwärts. Sie bleiben, gehen nochmals baden, üben weiter mit den Rettungsbrettern, oder rudern. Eigentlich wollte ich nach Hause, aber es ist auch schön zu sehen, wie viel Spaß die Jungen noch haben. Und sogar das Wetter wird jetzt etwas besser. Die O-Töne der Jugendlichen bestätigen Sabine und mich, heute etwas Gutes gemacht zu haben. Originalaussagen: „Sehr informativer Tag.“ „Sehr lustiger Tag.“ „Der Tag fing kalt an, doch unsere Trainer schickten uns gnadenlos ins eiskalte Wasser.“ „Es hat sehr viel Spaß gemacht und trotzdem haben wir viel gelernt.“ Es scheint also nicht nur mir Spaß gemacht zu haben. Irgendwie erinnert mich dies an Früher, an meine eigene Jugend in der Wasserwacht. Das ist jetzt über 25 Jahre her. Eine lange Zeit. Doch ich bin immer noch dabei. Die Wasserwacht und die Vielfalt ihrer Aufgaben hat einfach irgendwas Besonderes: Die Kombination aus Sport und Helfen, die Mischung aus Spaß und Ernst, die Verbindung von Jung und Alt. Hoffentlich bleiben von der aktuellen Jugend viele lange dabei. Gerne auch 25 Jahre und mehr. Denn mit einer starken und verjüngten Mannschaft ist mir um die Zukunft der Ortsgruppe Lindau nicht bang. Heute war ein toller Tag! Und gegen Abend kam doch tatsächlich noch die Sonne raus. Ein aktives Mitglied der Lindauer Wasserwacht.