Villa Flora, Ansturm vor der Kunstpause

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Villa Flora, Ansturm vor der Kunstpause
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WINTERTHUR 11
DER LANDBOTE
SAMSTAG, 26. APRIL 2014
Ansturm vor der Kunstpause
LOMO
VON JOHANNES BINOTTO
Mittelmeer
oder weniger
Am Sonntag geht das Museum
Villa Flora zu – der Finanzpolitik
gehorchend. Die letzten Wochen
brachten einen Run wie nie
zuvor, denn niemand weiss, ob
und wann die Flora wieder blüht.
W
er hat da nicht Schadenfreude
verspürt, als er Folgendes in der
Zeitung las: Wer ans Mittelmeer
auswandert, fühlt sich im Durchschnitt
unglücklicher als jene, die daheim
geblieben sind. Das jedenfalls hat die
Umfrage des britischen Soziologen
David Bartram ergeben, welche diese
Woche an einem wissenschaftlichen
Kongress vorgestellt wurde. Doch
scheint mir dieses auf den ersten Blick
erstaunliche Resultat eigentlich ganz
logisch und statt ein grosses wissenschaftliches Brimborium zu veranstalten, hätte der Soziologe auch einfach
bei seinem
Landsmann
Oscar Wilde
nachlesen
können. Bei
diesem heisst es
nämlich an einer
Stelle: «Es gibt
nur zweierlei Tragödien im Leben.
Die eine besteht darin, dass man nicht
bekommt, was man sich wünscht,
und die andere darin, dass man es
bekommt.»
Auf den vorliegenden Fall angewandt: Wer nicht ans Mittelmeer
auswandert, ist deswegen zwar
unglücklich, hat aber immerhin noch
das Glück, sich ausmalen zu können,
wie schön es wäre, ans Mittelmeer
auszuwandern. Wer hingegen tatsächlich ans Mittelmeer ausgewandert ist,
ist doppelt unglücklich, weil er erstens
auch am Mittelmeer unglücklich ist
und sich zweitens nun nicht einmal
mehr ausmalen kann, dass er am
Mittelmeer glücklicher wäre, weil er ja
bereits am Mittelmeer ist.
MARTIN GMÜR
Mehr Leute, als ein Museum schlucken kann – wann gab es das zum letzten Mal in Winterthur? Mehr als 6000
Besucherinnen und Besucher wollten
in den letzten neun Wochen die Kunstwerke, das Interieur und den Garten
der Villa Flora sehen – mehr als sonst
in einem halben Jahr. Es ist die «Goodbye-Show», welche die Flora derzeit so
attraktiv macht; am Wochenende werden nochmals 500 Kunstinteressierte
erwartet. Denn weit herum, von Süddeutschland bis ins Welschland, weiss
man: Noch Samstag und Sonntag,
dann schliesst das Museum. Vorübergehend? Für immer? Ist es eine Kunstpause von rund drei Jahren, um danach schöner und grösser zu blühen?
Ist es bloss eine «Warteschlaufe», wie
man in der Flora hofft und wie man
dort die Pause nennt?
Diese Fragen werden politisch entschieden, so wie auch der Schliessungsentscheid ein politischer war.
Der Kanton Zürich und die Stadt Winterthur, der Trägerverein Flora und
der Kunstverein hatten sich geeinigt
und alles vorbereitet: Kauf der Liegenschaft, Umbau, Ausbau, längere Öffnungszeiten und neuer Betrieb unter
dem Dach des Kunstvereins. Von Seiten des Kantons schien alles geregelt,
dann traf die Finanznot die Stadt, und
der Stadtrat sah sich gezwungen, das
Geschäft zu sistieren. Und erst wieder
aus der Schublade zu nehmen, wenn
die Finanzlage und das noch zu erarbeitende Kulturleitbild dies erlauben. Ende dieses Jahres, hofft Dieter
Thalmann von der Villa Flora, sollte
dies so weit sein.
Villa nutzen, Bilder auf Tournee
Thalmann gibt seinen Job als Geschäftsleiter auf, wird aber als Vorstandsmitglied weiter für die Flora tätig
sein, Kuratorin Angelika AffentrangerKirchrath reduziert ihr Pensum, das
Kassen- und Aufsichtspersonal soll in
anderen Museen unterkommen. Ganz
verschwinden werden die Flora und
ihre Bilder aber nicht. Im Haus will der
Trägerverein ab Juni Anlässe organisieren oder Organisatoren dazu einladen.
Lesungen, Konzerte und Ähnliches
schweben Thalmann vor. Affentranger
Geilinger läufts gut
Die Geilinger Fenster und Fassaden AG
schliesst das Geschäftsjahr 2013 laut
Mitteilung «mit einem guten Ergebnis
ab». Der Umsatz belief sich auf 30 Millionen Franken, 3 mehr als im Vorjahr.
Beschäftigt sind 80 Mitarbeitende und
5 Lernende. Die Firma ist derzeit beteiligt an der Superblock-Fassade, an den
Hochhäusern Belétage in Baden sowie
am Umbau des Terminals 2 am Flughafen. Abschliessend meldet Geilinger:
«Der Arbeitsvorrat lässt zuversichtlich
ins laufende Jahr blicken.» (red)
V
Manche Gäste müssen erst eine Runde im Garten drehen, bevor sie ins Museum können: Der Andrang ist gross. Bild: Marc Dahinden
wird sich um die Kunstwerke kümmern,
die vorerst in Depots gelagert werden,
bevor sie auf Tournee gehen.
Zwei Stationen dieser Tour d’art
sind bereits ixiert: Von Februar bis
August 2015 wird eine Auswahl der 93
Gemälde und 12 Skulpturen der Hahnloser/Jäggli-Stiftung in der Hamburger
Kunsthalle zu sehen sein; anschliessend reisen die Werke nach Paris ins
Musée Marmottan Monet und an eine
dritte europäische Destination. Mehrere Bewerbungen lägen vor, sagt
Thalmann. Erfolg scheint garantiert:
Als die Hahnloser-Sammlung vor drei
Jahren in Lausanne gezeigt wurde,
trippelten 80 000 Besucher durch die
Hermitage.
Was nach der Tournee kommt,
stellt man sich in der Flora etwa so
vor: Die Bedeutung des Museums
wird im Kulturleitbild betont, der sistierte Umbau samt neuer Trägerschaft
und mehr Geld wird wieder hervorgekramt, das Geschäft wird dem Gemeinderat und dem Volk unterbreitet.
Nach einem Ja könnte geplant und
dann gebaut werden, sodass im besten
Fall Ende 2017 oder 2018 Wiedereröffnung wäre.
Eine Petition, aber kein Plan B
Es sind nicht wenige, die sich dieses
Szenario wünschen. 5000 Personen,
vor allem Besucherinnen und Besucher der laufenden letzten Ausstel-
lung, haben bisher eine Petition unterschrieben.
Oder aber – doch davon mag in Winterthur niemand laut sprechen – das
Geld reicht trotz «Leuchtturm»-Rhetorik nicht für die Villa Flora. Was dann
mit dem noblen Haus und den kostbaren Werken passiert, ist unklar – einen
Plan B hat niemand bereit. Klar ist einzig: Kooperation ist dringend. «Die
Winterthurer Kunstsammlungen haben
nur eine Chance, in Zukunft attraktiv
zu bleiben, wenn sie ihre Kernaufgaben
gemeinsam lösen», sagt etwa Marc
Fehlmann, der Direktor des Museums
Oskar Reinhart. Und der Flora
wünscht er: «Vivat, crescat, loreat», sie
möge leben, blühen und gedeihen.
ielleicht aber hat das Studienresultat auch sehr viel weniger philosophisch-komplizierte als vielmehr
konkret-materielle Gründe. Wenn ich
zum Beispiel zurückdenke ans letzte
Mal, als ich am Mittelmeer war,
erinnere ich mich nur vage an tolle
Sonnenuntergänge über blauem Meer,
sondern vor allem an den Sand: Sand
zwischen den Buchseiten, Sand im
Schuh, Sand im Bett, Sand unter den
Fingernägeln, Sand im Salat, Sand in
den Ohren, Sand in der Unterhose.
Noch Wochen später, als ich schon
längst wieder zu Hause war, rieselte
mir immer noch Tag für Tag Sand aus
allen Kleider- und Körperfalten. Und
wenn ich mir dann vorstelle, so alle
Tage verbringen zu müssen: ein Leben
auf Schleifpapier! Wer wollte da nicht
unglücklich werden? Und wund!
IN KÜRZE
Wieder Wechsel an der Sulzer-Spitze
SVP für Bea Schläpfer
Ja zum Rechenzentrum
Beim Industriekonzern Sulzer dreht
sich das Personalkarussell im Topmanagement weiter. Der Chef der Division
Pumpen, Scot Smith, verlässt die Firma, «um eine Karrieremöglichkeit
ausserhalb des Unternehmens zu ergreifen», wie Sulzer gestern mitteilte.
Pikant dabei: Der Amerikaner Smith
hatte seinen Job erst Mitte Mai 2013
angetreten. Es hat ihn also nicht einmal
ein ganzes Jahr bei Sulzer gehalten.
Sein Nachfolger soll César Montenegro
Nachdem Bea Schläpfer sich entschlossen hat, für das Präsidium der Kreisschulplege Altstadt/Töss zu kandidieren, hat der Vorstand der SVP Sektion Altstadt/Mattenbach/Töss/Veltheim
entschieden, sie zu unterstützen. Bea
Schläpfer habe die Kreisschulplege
Töss 12 Jahre souverän geführt, in
ihrem Kreis seien weder Klagen der Eltern, Lehrer, Schulleiter noch Schulpleger zu hören, schreibt die Partei in
einer Medienmitteilung.
Die EVP Winterthur hat an ihrer Parteiversammlung die Ja-Parole für einen
wiederkehrenden Kredit für den Betrieb eines zweiten Rechenzentrums
beschlossen. Für die Präsidien der
Kreisschulplege in den Kreisen mit
mehreren Kandidaturen wurde Stimmfreigabe beschlossen. Für die Kreisschulplegen und die ZSP empiehlt die
EVP die von der Interparteilichen
Konferenz vorgeschlagenen Kandidaten und Kandidatinnen. (red)
werden, der als bisheriger Leiter der
Division Metco bereits Mitglied der
Konzernleitung ist. Metco wird, wie bereits bekannt, voraussichtlich im Herbst
an OC Oerlikon verkauft. Bis dahin
springt Konzernchef Klaus Stahlmann
als interimistischer Pumpen-Chef ein.
Innerhalb von gut zwei Jahren wurden bei Sulzer bereits die Posten des
Verwaltungsratspräsidenten, des Konzern- und des Finanzchefs neu besetzt.
Nun liegt der vierte Wechsel vor. (sda)
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Lohndiktat
« Bei einem garantierten Mindestlohn
machen viele Jugendliche keine
Berufslehre und verbauen sich
damit ihre Zukunft.»
Zürcher Komitee «Mindestlohn NEIN»,
Postfach, 8026 Zürich
Carmen Walker Späh Peter Reinhard
Kantonsrätin und
Kantonsrat EVP
Präsidentin FDP
Frauen Schweiz
Anita Borer
Kantonsrätin und
Präsidentin JSVP
Andri Silberschmidt
Präsident Jungfreisinnige
Thomas Hess
Geschäftsleiter
Kantonaler Gewerbeverband Zürich
Markus Hungerbühler Martin Bäumle
Gemeinderat und
Nationalrat GLP
Parteipräsident CVP
Stadt Zürich
Abstimmung vom 18. Mai 2014
www.mindestlohn-nein-zh.ch