Monatspredigt 11/2014
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Monatspredigt 11/2014
Predigt über Markus 10,46-52 In der Schule des Glaubens Liebe Gemeinde Sind Sie gerne zur Schule gegangen? Oder besuchen Sie aktuell eine Schule? Man hat ja nie ausgelernt. Man bildet sich gerne weiter, um nicht stehen zu bleiben. Auf dem Weg mit Jesus sind wir auch in der Schule. Wir absolvieren die Schule des Glaubens. Und diese Schule ist nicht nach 11 Jahren obligatorischer Schulzeit abgeschlossen, sie dauert das Leben lang. In der Schule des Glaubens können wir viel lernen, was uns im Leben hilft und weiterbringt. In der Schule des Glaubens entdeckt man, wie barmherzig Jesus ist. Das hat der blinde Bettler Bartimäus erfahren. Die Geschichte von seiner Heilung ist eine der bewegendsten Geschichten im Neuen Testament. Jesus verlässt die Stadt Jericho. Ihm folgen seine Jünger und eine grosse Menschenmenge. Der Pilgerzug kommt an einem Mann vorbei, der am Strassenrand sitzt. Er ist blind und bettelt. Er hat sich keinen schlechten Platz ausgesucht. In solchen Pilgerzügen von Galiläa nach Jerusalem und zurück kamen viele barmherzige Menschen vorbei. Mancher mochte Erbarmen gehabt haben mit einem armen Bettler und hatte ein paar Almosen für ihn übrig. Ein Blinder hatte in Israel das Recht zu betteln. Arbeiten konnte er ja nicht. So konnte er wenigstens als Bettler zum Unterhalt der Familie beitragen. Markus berichtet nicht nur, dass da ein blinder Bettler am Strassenrand sitzt, sondern er erwähnt sogar seinen Namen. Er heisst Bartimäus, das bedeutet Sohn des Timäus. Warum erwähnt Markus wohl, wie der blinde Bettler heisst? Wahrscheinlich war Bartimäus später ein bekannter Jünger Jesu. Die frühe Christenheit kannte ihn mit Namen. Und darum ist es interessant, wie dieser Mann zum Glauben gekommen und ein Jünger Jesu geworden ist. Der Blinde kann zwar nicht sehen, wer vorbeikommt, aber er hört, dass sich Schritte und Stimmen nähern. Vielleicht hat er sich auch erkundigt, wer denn da komme. Auf jeden Fall findet er heraus, dass es Jesus ist, der vorbeikommt. Da überlegt der Blinde nicht lange. Das ist seine einmalige Chance. Die will er sich unter keinen Umständen entgehen lassen. Was kann ein Blinder tun? Jesus entgegengehen, kann er nicht, er findet den Weg ja nicht. Aber eine Stimme hat er. Er ruft nicht nur zaghaft, nein, er schreit völlig: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich 1 meiner (Vers 47)! Er glaubt: Jesus ist der Messias. „Sohn Davids“ ist damals eine häufige Messiasbezeichnung. Mit seiner Bitte „Erbarme dich meiner.“ trifft er Jesus voll ins Herz. Jesus ist gnädig und barmherzig. Er ist voller Erbarmen. Wenn ein Mensch zugibt, dass er Erbarmen braucht, ist er bei Jesus an der richtigen Adresse. Wenn es irgendwo Erbarmen gibt, dann bei Jesus. Voll Vertrauen wendet sich Bartimäus an Jesus. Er glaubt fest: „Bei Jesus könnte ich Erbarmen finden.“ Darum wagt er es und schreit, so laut er kann: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Es lohnt sich, in die Schule des Glaubens zu gehen. Hier entdeckt man die Barmherzigkeit Jesu. Die grosse Pilgermenge hatte zwar andere Erwartungen. Sie wollten sehen, wie Jesus das messianische Reich aufrichtet, und zwar nicht in ferner Zukunft, sondern bald. Nichts sollte Jesus davon abhalten. Was spielten angesichts dieser globalen Perspektive kleine Einzelschicksale für eine Rolle? Sie wurden höchstens als Störungen angesehen. Doch da ist einer in seiner Not. Er schreit zu Jesus. Er fleht um Erbarmen. Das passt der Menge gar nicht ins Konzept. Sie wollen ihn zum Schweigen bringen. Sein Geschrei ist ihnen lästig. Er hält nur Jesus auf, denken sie. Er hindert ihn daran, seinen Auftrag auszuführen, nämlich in kurzer Zeit das Reich Gottes aufzurichten. Sie denken: Wie kann sich der Blinde nur so wichtig nehmen? Der Blinde erfährt massiven Widerstand. Wie viele Steine werden ihm in den Weg gelegt! Wie hart ist es, sich als Einzelner gegen die Masse durchzusetzen! Wie muss er kämpfen, dass er zu Jesus vordringt! Aber Jesus nimmt sich Zeit für ihn. Jesus ist barmherzig. Wer die Schule des Glaubens besucht, entdeckt, wie barmherzig Jesus ist. In der Schule des Glaubens lernt man auch, sich nicht entmutigen zu lassen. Der Kampf des Einzelnen gegen die Masse scheint fast aussichtslos. Was ist ein Einzelner in der Masse? Wie sollte Jesus genau auf ihn aufmerksam werden? Da gibt es so viele Geräusche, Laute und Rufe. Wer nicht hartnäckig sein Ziel verfolgt, geht im allgemeinen Lärm unter. Wer es den Leuten recht machen will, zieht den Kopf ein, bzw. lässt sich zum Schweigen bringen. Doch Bartimäus lässt sich von der Menge um ihn herum nicht entmutigen. Er hört nicht auf sie. Er hat nur ein Ziel: Zu Jesus vordringen. Wo stehen wir? Stehen wir etwa selbst anderen im Weg, die zu Jesus vordringen möchten? Oder versuchen wir, gegen den Strom zu schwimmen und zu Jesus vorzudringen, sind aber müde und mutlos geworden, weil wir auf so viel Widerstand gestossen sind? Geben wir nicht auf. Bleiben wir in der Schule des Glaubens wie der Blinde. Halten wir hartnäckig an unserem Ziel fest. Kämpfen wir, bis wir zu Jesus vorgedrungen sind. In der Schule des Glaubens lernen wir, uns nicht 2 entmutigen zu lassen, wenn wir auf Widerstand stossen. Der Blinde auf jeden Fall hat den Mut nicht verloren. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner (Vers 48)! Jetzt hat Jesus sein Schreien gehört. Sofort bleibt er stehen und befiehlt: Ruft ihn her (Vers 49)! Das ist der Wendepunkt in der Geschichte des Blinden. Er bleibt nicht anonym in der grossen Masse. Er ist nicht Einer unter Vielen. Jesus hat ihn gehört. Jesus hat ihn gesehen. Jesus geht nicht über ein Einzelschicksal hinweg, wo es um grosse Dinge geht. Der Dienst am Einzelnen bringt ihn nicht vom Ziel ab, das Reich Gottes aufzurichten. Er richtet das Reich Gottes gerade so auf, indem er sich des Einzelnen annimmt und ihn für das Reich Gottes gewinnt. Bei Jesus ist jeder Einzelne wichtig. Bei Jesus hat auch das Leben des blinden Bettlers einen einzigartigen Wert. Kein Leben ist zu alltäglich, kein Schicksal ist zu armselig, dass Jesus sich nicht dafür interessieren würde. Jesus hat manchmal anders gedacht als seine Jünger. Für die Jünger war ein schreiender Bettler eine Nervensäge, ein Störfaktor, einer, der Jesus von seinem Auftrag abhalten wollte. Jesus ist anders. Er ist barmherzig. Er sieht die Not des Blinden und lässt sich davon berühren. Er nimmt sich gerne für Bartimäus Zeit. Und interessant ist: Als Jesus ihn rufen lässt, schlägt die öffentliche Meinung schlagartig um. Und sie riefen den Blinden und sprachen zu ihm: Sei getrost, steh auf! Er ruft dich (Vers 49)! Plötzlich steht die Menge hinter ihm. Sie ermutigen ihn, zu Jesus zu gehen. Er soll getrost zu Jesus gehen. Ja, wenn Jesus uns ruft, können wir getrost sein. Dann ist die Hilfe ganz nahe. Der Blinde ist völlig entfesselt. Da warf er seinen Mantel von sich, sprang auf und kam zu Jesus (Vers 50). Jetzt hat er sein Ziel erreicht. Er steht vor Jesus. Nun kann sich sein Leben total verändern. Es konnte dem Blinden nicht schnell genug gehen. Darum warf er seinen Mantel ab. Der Mantel hätte ihn nur am Laufen gehindert. Ueber einen Mantel kann man sogar stolpern. Deshalb müsste man den Mantel gürten, bevor man sich auf den Weg macht, aber dafür hat der Blinde keine Zeit. Er will so schnell wie möglich bei Jesus sein, das ist ihm das Allerwichtigste. Haben wir schon Aehnliches erlebt? Will uns nicht Vieles entmutigen? In der Schule des Glaubens lernen wir, nicht aufzugeben, beharrlich zu bleiben. Beharrlichkeit ist nicht zu verwechseln mit Eigensinn. Es geht nicht darum, etwas zu erzwingen. Aber wenn es darum geht, zu Jesus vorzudringen, dürfen wir uns den Weg nie versperren lassen. Bleiben wir in der Schule des Glaubens, so machen wir Erfahrungen mit der Wundermacht Jesu. Wie empfängt Jesus den Blinden? Er beginnt mit 3 ihm zu reden. Er fragt ihn: Was willst du, dass ich für dich tun soll (Vers 51)? Der Blinde muss nicht lange überlegen. Er antwortet: Rabbuni, dass ich sehend werde (Vers 51). „Rabbuni“ bedeutet: „Grosser Rabbi, grosser Lehrer“. Der Blinde will Jesus Ehre erweisen. Er vertraut voll auf Jesus. Der Blinde war nicht von Geburt an blind, sondern ist später an einem Augenleiden erkrankt und erblindet. Jetzt möchte er wieder sehen. Jesus hat alle Macht, er kann Wunder tun. Und er tut es gerne im Leben des Bartimäus. Jesus sagt zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dir geholfen (Vers 52). In der Schule des Glaubens kann man Jesu Wundermacht erfahren. Der Glaube ist der Schlüssel zur Heilung. Ohne Glauben wäre der Blinde nicht geheilt worden. Der Glaube ist aber keine Leistung. Es gehört zum Wesen des Glaubens, dass er sich beschenken lässt. Ein Mensch mit grosser Glaubenskraft kann nicht alles machen. Nein, „machen“ kann der Glaube nichts, vielmehr weiss der Glaube, dass alles von Gott getan werden muss. „Dein Glaube hat dir geholfen.“, sagt Jesus zu Bartimäus. Man kann auch übersetzen: Dein Glaube hat dich gerettet. Dann will Jesus sagen: Dein Glaube hat dir hier auf Erden körperliche Heilung gebracht, und wenn du im Glauben stehst bis am Schluss, wirst du auch das ewige Heil empfangen. Bei Bartimäus geschehen gleich zwei Wunder. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege (Vers 52). Jesus hat seine Augen geheilt. Er hat dem Erblindeten das Augenlicht zurückgegeben. Und Bartimäus ist ein Nachfolger Jesu geworden. Darum war er bei den frühen Christen namentlich bekannt. Liebe Gemeinde Es lohnt sich, in die Schule des Glaubens zu gehen. Hier lernt man die Barmherzigkeit Jesu kennen. Die grossen geschichtlichen Ziele halten Jesus nicht davon ab, den Einzelnen zu sehen. Er nimmt sich für jeden Einzelnen Zeit, der zu ihm kommen will. Jesus hat Erbarmen mit uns. In der Schule des Glaubens lernen wir, uns nicht entmutigen zu lassen. Hindernisse kommen bestimmt. Sie gehören zum Christsein. Echter Glaube gibt trotzdem nicht auf. Er bleibt beharrlich. In der Schule des Glaubens erfahren wir, welche Wundermacht Jesus hat. Er kann heilen und retten. Ohne Jesus können wir nicht ins ewige Leben kommen. Jesus lässt den Glauben Wunder erleben. Das Ziel ist, dass wir zu echten Nachfolgern Jesu werden. Jesus will uns nicht nur im irdischen Leben helfen, sondern ins Reich Gottes bringen. Dann sind wir am Ziel des 4 Glaubens angelangt. Dann haben wir die Schule des Glaubens erfolgreich abgeschlossen. Amen 12-10-2014, Madeleine Koch-Stoll, Pfrn., Adelboden 5