flugunfallkommission gutachten und vorschläge
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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION B ü r o : Radetzkystraße 2 1031 W I E N Telefax: 713 03 26 Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204 Wien, am 14. November 1996 Pr.Zl. 84.359/6-FUK/96 GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE betreffend den Zusammenstoß der Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX und Kennzeichen OE-YYY, am 19. März 1993 um ca. 15:37 Uhr UTC *) über den sog. "Schwarzlseen", ca. 1 km westlich des Flughafens Graz, Steiermark. Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. April 1993, Pr.Zl. 74.359/4-FUK/93): Mag. Norbert FUCHS Leiter Erich TUSCHER Sachverständiger für Flugbetrieb Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht. *) Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert). -2- INHALTSÜBERSICHT Seite ALLGEMEINES ........................................................................... 3 1. UNTERSUCHUNG ....................................................................... 5 1.1 1.1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.6 1.6.1 1.6.2 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.12.1 1.12.2 1.13 1.14 1.14.1 1.14.2 1.15 1.16 Flugverlauf .................................................................................... Flugvorbereitung ............................................................................. Verletzung von Personen .................................................................... Beschädigung der Luftfahrzeuge ........................................................... Andere Beschädigungen ..................................................................... Besatzung ...................................................................................... Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX ............................................ Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY ............................................ Luftfahrzeug ................................................................................... Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX ............................................ Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY ............................................ Flugwetter ..................................................................................... Navigationsanlagen ........................................................................... Sprechfunkverkehr ........................................................................... Flugplatz- und Bodeneinrichtungen ....................................................... Flugschreiber .................................................................................. Prüfung des Bruches ......................................................................... Lage des Bruches ............................................................................. Zustand des Bruches ......................................................................... Angaben über Feuerausbruch .............................................................. Andere Angaben .............................................................................. Gewicht und Schwerpunkt ................................................................... Luftfahrtmedizinische Belange .............................................................. Technische Untersuchung ................................................................... Sonstiges ....................................................................................... 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ......................... 15 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 Beurteilung .................................................................................... Schlußfolgerungen ............................................................................ Unfallart ........................................................................................ Unfallursachen ................................................................................ 3. VORSCHLÄGE ............................................................................ 17 3.1 3.2 Sofortmaßnahmen ............................................................................ 17 Vorschläge der Flugunfallkommission .................................................... 17 5 7 7 7 7 7 7 8 8 8 9 10 10 10 11 11 11 11 12 12 12 12 14 14 14 15 17 17 17 -3ANHANG ...................................................................................... 18 -4- ALLGEMEINES Luftfahrzeuge 1. Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX 2. Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY Triebwerke 1. + 2. Kolbenmotor O-320-B2C Eigentümer 1. Bank 2. LFZ-Vermietungsunternehmen Halter 1. + 2. Hubschrauberverein Besatzungen 1. Pilot männlich, 24 Jahre, tot 2. Pilot männlich, 24 Jahre, leicht verletzt Passagiere 1. Männlich, 39 Jahre, tot 2. Männlich, 42 Jahre, leicht verletzt Unfallort Schwarzlseen (Familienteich), Freizeitzentrum Schwarzl, ca. 1km westlich des Flughafens Graz, Gemeinde Unterpremstätten, Steiermark, ca. 1100 ft MSL -5- Datum und Zeitpunkt des Unfalles 19. März 1993 um ca. 15:37 Uhr Art des Fluges 1. + 2. Sichtflug (VFR) - Privater Rundflug Phase des Fluges 1. + 2. Reiseflug (Bildung eines Verbandsfluges) Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes 19. März 1993 um 15:57 Uhr Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am Unfallort 19. März 1993 um 17:00 Uhr Teilnehmer an der Untersuchung Flugunfallkommissionsmitglieder:Erich TUSCHER Sonstige Personen: Ing. Martin VEIT, Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Untersuchungsrichter Dr. WAKOVSKY, Gerichtssachverständige Herbert VYSKOCIL und Ing. Peter Ch. VYSKOCIL, Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Kriminalabteilung, Leitung BI GAMPITSCH, Beamte des Gendarmeriepostens Unterpremstätten, Leitung GI RATEJ Kurze Darstellung des Unfalles Bei der Bildung eines Verbandsfluges für Filmaufnahmen war der Pilot des Hubschraubers OE-YYY (kurz: HS "HM") im Begriff, zu dem links vor ihm fliegenden Hubschrauber OE-XXX (kurz: HS "HT") aufzuschließen. Hiebei stießen die Luftfahrzeuge über den Schwarzlseen zusammen. Der HS "HT" stürzte nach Verlust des Hauptrotors ab; der Pilot und -6ein Kameramann, der den nachkommenden HS "HM" filmen sollte, kamen ums Leben. Der HS "HM", dessen Hauptrotor intakt geblieben war, schlug autorotierend auf der Wasseroberfläche auf; die Insassen konnten sich aus dem sinkenden Wrack befreien und wurden geborgen. 1. U N T E R S U C H U N G 1.1 FLUGVERLAUF Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Auswertung der Filmaufnahmen des Kameramannes im HS "HT", der Tonbandaufzeichnungen der Flugsicherungsstelle Graz, der Aussagen der überlebenden Insassen des HS "HM" und der Augenzeugen, in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission und der Gendarmerie wie folgt rekonstruiert: Für die Herstellung eines Video-Werbefilmes sollte der HS "HM" vom HS "HT" aus während eines gemeinsamen Verbandsfluges gefilmt werden. Beide Hubschrauber waren auf dem Flughafen Graz stationiert. Die Durchführung des Fluges war zwischen den beteiligten Piloten abgesprochen worden. Vereinbart war eine Flughöhe von 1600 ft MSL (ca. 150 m GND) und eine Fluggeschwindigkeit von 60 KIAS. Laut Aussage des überlebenden Piloten des HS "HM" sollte er dem anderen Hubschrauber rechts hinten folgen. Der Sprechfunkverkehr mit der Flugplatzkontrollstelle Graz wurde vom Piloten des HS "HT", der als Verbandsführer fungierte, durchgeführt. Im Bereich der sogenannten "Schwarzlseen", südwestlich der Startstelle, sollten die Piloten vor Beginn der einzelnen Flugmanöver nach Absprache mit der Flugplatzkontrollstelle Graz auf die freie Frequenz der Hubschrauberlandeplätze 130,65 MHz schalten. Bis zum Frequenzwechsel sollten keine abweichenden Flugbewegungen durchgeführt werden. -7Im HS "HT" hatte der Kameramann am rechten Sitz Platz genommen - zu diesem Zweck wurde die rechte Kabinentür ausgebaut -, vom linken Sitz aus steuerte der Pilot den mit Doppelsteuer ausgerüsteten Hubschrauber. Der Kameramann hatte laut Aussage des überlebenden Piloten ausdrücklich erklärt, von seinem Sitz aus - trotz des Doppelsteuers - ohne Behinderung filmen zu können. Auch der Pilot des HS "HM" steuerte vom linken Sitz aus und hatte seinen Fluggast auf dem rechten Sitz plaziert. Der Pilot des HS "HT" übernahm vereinbarungsgemäß den Sprechfunkverkehr und beantragte bei der Flugplatzkontrollstelle Graz auf der Frequenz 118,20 MHz die Freigabe für einen Verbandsflug über den Schwarzlseen. Diese wurde mit der Auflage erteilt, daß die Flughöhe maximal 1700 ft MSL betragen dürfe. Danach fand kein weiterer Sprechfunkverkehr mit dem Piloten des HS "HT" statt. Der Pilot des HS "HM" hörte auf der Frequenz 118,20 MHz mit. Der Abflug erfolgte um 15:36 Uhr vor dem Segelflugzeughangar, unweit der Graspiste West, in Richtung Südwesten direkt zu den Schwarzlseen. Der HS "HT" flog zuerst ab, der HS "HM" folgte unmittelbar nach. Der Pilot des HS "HM" hielt sich in einem Abstand von 30-40 m rechts hinter dem HS "HT" und befand sich 1-2 m höher. Er hatte beim Erreichen der Schwarzlseen die Sollflughöhe von 1600 ft MSL (QNH 1021 hPa) erreicht und begann mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 KIAS von rechts hinten zum HS "HT" aufzuschließen, wobei die Annäherung sehr schnell erfolgte. Der Kameramann im HS "HT", der bereits die Abflugphase der beiden Hubschrauber gefilmt hatte, setzte seine Aufnahmen ohne Unterbrechung während der Annäherung an die Schwarzlseen fort. Die Filmaufnahmen zeigen, daß der HS "HT" vor dem Zusammenstoß eine Gierbewegung nach links ausführte und sich danach in einem Schiebeflug nach rechts befand. Da sich der Pilot des HS "HM" an der Längsachse des HS "HT" orientierte (wörtlich: "Ich orientierte mich als Nachfolgender am Heckrotor und auch am Hauptrotor"), und der HS "HT" zusätzlich seine Fluggeschwindigkeit reduziert haben dürfte, erfolgte für den Piloten des HS "HM" die Annährung zu schnell. Er und sein Fluggast hatten den -8Eindruck, der HS "HT" sei plötzlich seitlich auf sie zugekommen, wobei er nach rechts hinten geneigt und zu steigen schien. Das versuchte Ausweichmanöver des Piloten des HS "HM" kam zu spät, wodurch es zur Kollision zwischen den Hauptrotorblättern des HS "HT" und dem Rumpf des HS "HM" in Höhe des Triebwerks kam. -9Am HS "HT" brach die Hauptrotorwelle und das Luftfahrzeug stürzte nach Verlust des Hauptrotors in den sogenannten "Familienteich" ab und versank. Beide Insassen kamen dabei ums Leben. Der HS "HM", dessen Hauptrotor intakt geblieben war, kam autorotierend und nach rechts um die Hochachse drehend auf der Wasseroberfläche des Familienteiches auf und versank ebenfalls. Der Pilot und sein Passagier konnten sich aus dem Wrack befreien und an die Wasseroberfläche gelangen, wo sie leicht verletzt geborgen wurden. 1.1.1 Flugvorbereitung Die gemäß ∋ 5 Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/1967 in der geltenden Fassung, erforderliche Flugvorbereitung wurde durchgeführt. Da der Flug nicht über Flugplatznähe hinausführen sollte, war gemäß ∋ 5 leg.cit. die Einholung von Wetterinformationen nicht erforderlich. Der Flug wurde nach Sichtflugregeln durchgeführt. Die für kontrollierte Flüge gemäß ∋ 25 leg.cit. erforderliche Flugplanabgabe erfolgte mit Billigung der Flugplatzkontrollstelle Graz auf dem Sprechfunkwege. 1.2 VERLETZUNG VON PERSONEN Art der Verletzung 1.3 Besatzung Passagiere tödlich (OE-XXX) 1 1 - leicht verletzt (OE-YYY) 1 1 - BESCHÄDIGUNG DER LUFTFAHRZEUGE An beiden Luftfahrzeugen entstand Totalschaden. 1.4 ANDERE BESCHÄDIGUNGEN Keine. 1.5 Dritte BESATZUNGEN - 10 1.5.1 Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX Verantwortlicher Pilot männlich, 24 Jahre, österreichischer Staatsbürger; Inhaber des Berufs-Hubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 20. Juni 1990 vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ), gültig bis 27. März 1993; Typenberechtigungen: Robinson R22, Hughes 300, AB 206. Flugerfahrung Gesamt: ca. 1000-1200 Stunden davon auf dem Unfallmuster: ca. 600 Stunden. 1.5.2 Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY Verantwortlicher Pilot männlich, 24 Jahre, österreichischer Staatsbürger; Inhaber des Berufs-Hubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 14. Juli 1992 vom BAZ, gültig bis 14. Juli 1993; Typenberechtigungen: Robinson R22. Flugerfahrung Gesamt: ca. 150 Stunden (überwiegend auf dem Unfallmuster). 1.6 LUFTFAHRZEUGE 1.6.1 Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX Hersteller: Robinson Helicopter, USA Werknummer / Baujahr: 2203 / 1992 Gesamtbetriebsstunden: 53:04 Stunden (Stand: 1. Februar 1993) letzte Wartung: 50-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993; Triebwerk: Kolbenmotor O-320-B2C Hersteller: Textron Lycoming, USA Werknummer: L-17389-39A Gesamtbetriebsstunden: 53:04 Stunden (Stand: 1. Februar 1993) letzte Wartung: 50-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993; - 11 Rotoren (Nabe): 2-Blatt-Hauptrotor A-154-1, Heckrotor A-030-1 Hersteller: Robinson Helicopter, USA Werknummern: 2463, 2793. Bordpapiere, Ordnungszahl XXXX, ausgestellt vom BAZ: - Eintragungsschein Nr. 1 vom 3. Dezember 1992; - Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 11. Dezember 1992; - Lufttüchtigkeitszeugnis vom 10. Dezember 1992 Verwendungsart: Zivilluftfahrerausbildung Einsatz-/Navigationsarten: Personenbeförderung, Grundschulungsflüge, Sichtflüge bei Tag, Flüge mit Luftfunkstelle, Nachtsicht-Platzflüge letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit am 9. Dezember 1992 (Erstzlassung); - Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 10. Dezember 1992. Nachweis der Haftpflichtversicherung: Zürich Kosmos Vers. AG, Pol.Nr.: 37/00166-9, am Unfalltag gültig. 1.6.2 Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY Hersteller: Robinson Helicopter, USA Werknummer / Baujahr: 0983 / 1989 Gesamtbetriebsstunden: 1203:05 Stunden (Stand: 1. Februar 1993) letzte Wartung: 100-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993; Triebwerk: Kolbenmotor O-320-B2C Hersteller: Textron Lycoming, USA Werknummer: L-15097-39A Gesamtbetriebsstunden: 1203:05 Stunden (Stand: 1. Februar 1993) letzte Wartung: 400-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993; Rotoren (Nabe): 2-Blatt-Hauptrotor A-154-1, Heckrotor A-030-1 Hersteller: Robinson Helicopter, USA Werknummern: 1242, 2637. - 12 - Bordpapiere, Ordnungszahl XXXX, ausgestellt vom BAZ: - Eintragungsschein Nr. 1 vom 21. August 1991; - Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 29. August 1991; - Lufttüchtigkeitszeugnis vom 28. August 1991 - 13 Verwendungsart: Zivilluftfahrerausbildung Einsatz-/Navigationsarten: Personenbeförderung, Grundschulungsflüge, Sichtflüge bei Tag, Flüge mit Luftfunkstelle, Nachtsicht-Platzflüge letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit am 14. April 1992; - Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 28. August 1991. Nachweis der Haftpflichtversicherung: Zürich Kosmos Vers. AG, Pol.Nr.: 07892362-8, am Unfalltag gültig. 1.7 FLUGWETTER Flugwetterbeobachtungsmeldungen (METAR) 1520 Uhr: LOWG 33008KT 9999 1CU060 3CI300 19/M01 1021 NOSIG= 1550 Uhr: LOWG 36007KT CAVOK 19/M01 1021= Von der Flugplatzkontrollstelle Graz wurde unmittelbar vor dem Abflug der beiden Hubschrauber die Richtung und Stärke des Bodenwindes mit 340/09KT angegeben. 1.8 NAVIGATIONSANLAGEN Nicht betroffen. 1.9 SPRECHFUNKVERKEHR Der Sprechfunkverkehr mit der Flugplatzkontrollstelle Graz 118,20 MHz wurde vom Piloten des HS "HT" durchgeführt. Er beschränkte sich auf die Einholung der Freigabe für das Flugvorhaben (Verbandsflug im Bereich der Schwarzlseen). Die Freigabe wurde mit der Auflage erteilt, daß die Flughöhe maximal 1700 ft betragen dürfe. Gleichzeitig wurden der Luftdruckwert (QNH1021) sowie Richtung und Stärke des Bodenwindes (340/09KT) übermittelt. Auf den Unfall bezughabender Sprechfunkverkehr fand nicht statt. Beim Erreichen der Schwarzlseen sollten vor Beginn der Flugmanöver beide Piloten auf die freie Frequenz der Hubschrauberlandeplätze 130,65 MHz umschalten. Voraussetzung für den Frequenzwechsel wäre die Abmeldung des Piloten - 14 des HS "HT" von der Flugplatzkontrollstelle Graz gewesen. Auf der tonbandbelegten Frequenz 118,20 MHz war weder der Antrag des Piloten des HS "HT" für den Frequenzwechsel, noch die erforderliche Freigabe zum Verlassen der Kontrollfrequenz aufgezeichnet; vom Piloten des HS "HM" fanden sich auf dem Tonband der Flugsicherungsstelle Graz keinerlei Sprechfunkaufzeichnungen. Die Frequenz 130,65 MHz ist nicht tonbandbelegt. Der Fluggast des HS "HM" vermeinte, nachdem er ihm Hubschrauber Platz genommen hatte, gehört zu haben, daß sein Pilot über Funk vom Piloten des HS "HT" die Anweisung erhalten hätte "du bist der Leader". Auf den vorhandenen Tonbandaufzeichnungen war eine derartige Meldung zwischen den beiden Piloten nicht aufgezeichnet. 1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN Nicht betroffen. 1.11 FLUGSCHREIBER Nicht eingebaut; nicht vorgeschrieben. 1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES 1.12.1 Lage des Bruches Der HS "HT" versank im Familienteich (Schwarzlseen); er konnte gehoben werden. Der abgerissene Hauptrotormast mit einem daran verbliebenen Rotorblatt wurde im Zuge der Bergungsmaßnahmen auf dem Grund des Teiches, abseits vom Hauptwrack, aufgefunden; ebenso die Videokamera und andere Ausrüstungsgegenstände die im Umkreis von ca. 100 m vom Hauptwrack am Grunde des Teiches verstreut lagen. Das zweite Hauptrotorblatt wurde ca. 150 m östlich der Absturzstelle am Ufer des Familienteiches aufgefunden. Der HS "HM", der ebenfalls auf den Grund des Familienteiches gesunken war, konnte in nahezu einem Stück geborgen werden. 1.12.2 Zustand des Bruches OE-XXX: - 15 Das am Ufer aufgefundene Hauptrotorblatt war am Rotorkopf abgerissen. Die Blattspitze war zertrümmert und fehlte. Das übrige Blatt war in der gesamten Länge nach hinten gebogen. Die Beplankung war an der Ober- und Unterseite in unregelmäßigen Abständen aufgeplatzt. Das zweite Hauptrotorblatt war noch mit einem ca. 1 m langen Stück des Rotormastes verbunden. Der Rumpfvorderteil war stark deformiert, die Plexiverglasung war weggerissen oder zertrümmert. Das rechte Kufengestell war gebrochen. OE-YYY: Der linke hintere Zylinder des Triebwerks war aus dem Motorblock herausgeschlagen. Einschlagspuren fanden sich auch am linken vorderen Motorträger und an der linken Kabinentüre. Der Rumpf war unmittelbar hinter dem Triebwerk, von unten schräg nach vorne oben abgeschlagen worden. Weitere Einschlagspuren fanden sich an der rechten Triebwerkseite und am rechten Kraftstofftank (Zusatztank). 1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH Am HS "HM" brach nach der Kollision ein Brand aus. Er verlöschte, während das Wrack im Wasser versank. 1.14 ANDERE ANGABEN 1.14.1 Masse und Schwerpunkt Zur Bestimmung der zum Unfallzeitpunkt in den beiden Hubschraubern mitgeführten Kraftstoffmengen standen Abrechnungen des Kraftstofflieferanten (Datum, Uhrzeit, Menge) vom Monat März 1993 und die Bordbucheintragungen über die im jeweiligen Abrechnungszeitraum durchgeführten Flüge zur Verfügung. Aufgrund der im März 1993 getankten Kraftstoffmengen wurde angenommen, daß der Haupttank jedesmal vollgetankt wurde. Aus den Bordbucheintragungen geht hervor, daß mit beiden Hubschraubern überwiegend Schulungsflüge am Doppelsteuer durchgeführt wurden. Da die nachgetankten Kraftstoffmengen unter der Kapazität des Haupttanks lagen, wurde angenommen, daß bei beiden Hubschraubern stets der Zusatztank aus - 16 Gewichtsgründen, d.h. auch zum Unfallzeitpunkt, leer blieb. Demzufolge lag der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch bei 33-37 Liter pro Stunde. Die Masse des Piloten des HS "HT" wurde mit jener zum Zeitpunkt der letzten fliegerärztlichen Untersuchung am 19. März 1992 angenommen (92kg). Da beide Hubschrauberinsassen annähernd gleich groß waren, wurde die Masse des Fluggastes (Kameramann) auf ca. 90 kg geschätzt. Die Masse der Videoausrüstung wurde mit ca. 20 kg angenommen. Seit der letzten Betankung am 17. März 1993 wurden laut Bordbuch Flüge mit einer Gesamtdauer von 37 Minuten (exkl. Unfallflug) durchgeführt. Dies entspricht bei einem angenommenen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von ca. 33-37 Liter pro Stunde einem Kraftstoffbedarf von ca. 21-23 l. Der ausfliegbare Restkraftstoffvorrat im Haupttank zum Unfallzeitpunkt - der Unfall ereignete sich unmittelbar nach dem Abflug - betrug demzufolge ca. 50-52 l (ausfliegbare Kraftstoffmenge laut Flughandbuch: 72,7 l). Mit dieser Zuladung war der HS "HT" zum Unfallzeitpunkt geringfügig überladen (1% über der höchstzulässigen Abflugmasse); der Schwerpunkt lag innerhalb der zulässigen Grenzen. Bei etwa halbvollem Haupttank (infolge des Kraftstoffverbrauchs) wäre der Schwerpunkt jedoch nach vorne, über die höchstzulässige Schwerpunktvorlage hinaus gewandert. Die Masse des Piloten des HS "HM" wurde ebenfalls mit jener zum Zeitpunkt der letzten fliegerärztlichen Untersuchung am 26. Juni 1992 angenommen (77 kg), jene des Fluggastes wurde mit 90 kg angenommen. Seit der letzten Betankung am 17. März 1993 wurden laut Bordbuch Flüge mit einer Gesamtdauer von 37 Minuten (exkl. Unfallflug) durchgeführt. Das ergibt ebenfalls einen ausfliegbaren Resttreibstoffvorrat im Haupttank zum Unfallzeitpunkt von ca. 50-52 l. Mit dieser Zuladung lagen Gesamtmasse und Schwerpunkt des HS "HM" zum Unfallzeitpunkt im zulässigen Bereich. Eine negative Beeinflußung der Schwerpunktlage infolge des Kraftstoffverbrauchs war nicht zu erwarten. - 17 - Die seitliche Verschiebung des Schwerpunktes lag bei beiden Hubschraubern innerhlab der zulässigen Grenzen. Dies gilt insbesondere für den HS "HT", wo ein Hinauslehnen des Kameramannes aus der Kabinentüröffnung beobachtet wurde. 1.14.2 Luftfahrtmedizinische Belange Aus dem Strafakt des Landesgerichts für Strafsachen Graz geht hervor, daß keine Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Piloten vorlag; beide Piloten steuerten zum Zeitpunkt des Unfalles den Hubschrauber selbst. 1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG Es lagen keine Hinweise auf ein technisches Versagen an einem der beteiligten Luftfahrzeuge vor. Detaillierte technische Untersuchungen waren daher nicht erforderlich. 1.16 SONSTIGES Bezughabende Rechtsvorschriften Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/1967, in der am Unfalltag geltenden Fassung: ∋ 2. Begriffserläuterungen ... 59. Verbandsflüge Flüge, bei denen zwei oder mehrere kraftangetriebene Luftfahrzeuge in ungefähr gleicher Höhe, in derselben Richtung und mit derselben Geschwindigkeit geflogen werden, wenn der Abstand zwischen den einzelnen Luftfahrzeugen nicht mehr als 150 m beträgt. ∋ 11. Abstände zwischen Luftfahrzeugen (1) Ein Luftfahrzeug darf nicht in einer solchen Nähe von anderen Luftfahrzeugen - 18 betrieben werden, daß eine Zusammenstoßgefahr herbeigeführt wird. (2) Verbandsflüge sind nur nach vorheriger Absprache zwischen den beteiligten Piloten, Verbandsflüge mit Zivilluftfahrzeugen überdies nur nach den Sichtflugregeln zulässig. - 19 - 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.1 BEURTEILUNG Beide Luftfahrzeuge waren ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert; gültige Lufttüchtigkeitszeugnisse waren ausgestellt. Abgesehen von einer geringfügigen Überladung des HS "HT" lagen Gesamtmasse und Schwerpunkt im zulässigen Bereich. Hinweise auf ein etwaiges technisches Gebrechen ergaben sich nicht. Beide Piloten waren im Besitz der zur Durchführung des Fluges erforderlichen Berechtigungen; diese waren am Unfalltag gültig. Hinweise auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung liegen nicht vor. Beide Piloten steuerten zum Zeitpunkt des Unfalles den Hubschrauber selbst. Das Flugwetter und Belange der Flugsicherung kommen als Unfallursache nicht in Betracht. Aufgrund der vorliegenden Aussagen ist davon auszugehen, daß der HS "HM" vom HS "HT" aus während eines Verbandsfluges gefilmt werden sollte. Der Fluggast im HS "HM" vermeinte gehört zu haben, daß der Pilot des HS "HT" auf dem Funkwege zum anderen Piloten sagte: "Du bist der Leader". Tatsache ist jedoch, daß der Pilot des HS "HT" Aufgaben des Verbandsführers wahrnahm (Sprechfunk mit der Flugplatzkontrollstelle, Vorausfliegen) und auf der Frequenz 118,20 MHz kein Sprechfunkverkehr hierüber zwischen den beiden Piloten aufgezeichnet wurde. Der Zerstörungsgrad an den Funkgeräten der beteiligten Luftfahrzeuge war zu groß, um die Rastung der Frequenzen nachträglich feststellen zu können. Die Luftverkehrsregeln bezüglich der Einhaltung der Sichtflugregeln und die vorherige Absprache für den geplanten Verbandsflug zwischen den beteiligten Piloten wurden - 20 eingehalten. - 21 Die Erfahrung des Piloten des HS "HM" im Verbandsflug war zu gering ("in etwa" zwei Verbandsflüge mit dem Piloten des HS "HT"). Der Pilot des HS "HT" hatte als ehemaliger Militärpilot im Hubschrauberverbandsflug ausreichende Erfahrung. Der Pilot des HS "HM" hatte im Zuge des Aufschließens zum vorausfliegenden Luftfahrzeug für einen sicheren Abstand zu sorgen. Der HS "HT" befand sich, wie die sichergestellten Videoaufnahmen belegen, im Rechtsschiebeflug, was üblicherweise mit einer Verringerung der Fluggeschwindigkeit verbunden ist. Solche Manöver sind bei Luftbildaufnahmen üblich, um dem Kamermann ein uneingeschränktes Sichtfeld aus der Kabinentüröffnung in Flugrichtung zu bieten. Der Pilot des HS "HM" orientierte sich laut eigener Aussage an der Rumpflängsachse des vorausfliegenden HS "HT" und folgte diesem vereinbarungsgemäß mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 KIAS. Das Flugmanöver des Piloten des HS "HT" (Schiebeflug) erkannte der Pilot des nachfolgenden HS "HM" zu spät, weshalb es zur Kollision der Luftfahrzeuge kam. Eine der Schwierigkeiten von Anfängern im Verbandsflug besteht darin, beim Aufschließen zum Verbandsführer den Geschwindigkeitsüberschuß rechtzeitig abzubauen. Für den Piloten des HS "HM" wurde die Situation durch das unerwartete Flugmanöver des Piloten des HS "HT" (Schiebeflug) zusätzlich erschwert. Der Abstand zwischen den beiden Luftfahrzeugen verringerte sich sehr rasch. Beide Insassen des HS "HM" hatten den Eindruck, der HS "HT" habe sich ihnen plötzlich mit geringer Querlage nach rechts seitlich genähert (siehe ANHANGA). Aufgrund der geringen Erfahrung des Piloten des HS "HM" im Verbandsflug, wäre es zweckmäßiger gewesen, ihm die Aufgabe des Verbandsführers zu übertragen, zumal der Pilot des HS "HT" aufgrund seiner ausreichenden Erfahrung im Verbandsflug die hohen Anforderungen, um dem Verbandsführer sicher zu folgen, hätte erfüllen können. Der Pilot des HS "HT" konnte aufgrund seiner Sitzposition (linker Sitz) und die Gierbewegung nach links die Annäherung des von rechts hinten kommenden - 22 Hubschraubers nicht beobachten. Der rechts neben ihm sitzende Kameramann war mit Aufnahmen in Flugrichtung beschäftigt und dürfte daher den von hinten kommenden Hubschrauber ebenfalls nicht bemerkt haben. Beim Zusammenstoß befand sich der HS "HM" rechts hinter dem HS "HT" und ein bis zwei Meter höher als dieser. Ein Blatt des Hauptrotors des HS "HT" stieß massiv gegen die linke Seite des Triebwerks des HS "HM" und riß am Rotorkopf ab. Das verbliebene Rotorblatt schlug von unten gegen den Rumpf des HS "HM", der hinter dem Triebwerk durchtrennt wurde, und traf anschließend die rechte Triebwerkseite und den rechten Kraftstoffbehälter. Der Hauptrotormast des HS "HT" brach und löste sich mit dem verbliebenen Rotorblatt vom Luftfahrzeug. 2.2 SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.2.1 Unfallart Zusammenstoß von Luftfahrzeugen im Fluge 2.2.2 Unfallursachen Unzureichende Erfahrung im Verbandsflug Möglicherweise Nichteinhaltung der vor dem Verbandsflug getroffenen Absprachen 3. V O R S C H L Ä G E 3.1 SOFORTMASSNAHMEN Keine. 3.2 VORSCHLÄGE DER FLUGUNFALLKOMMISSION Die Voraussetzungen für die Durchführung von Verbandsflügen mit Zivilluftfahrzeugen sollten analog den Bestimmungen in der MilitärluftfahrtPersonalverordnung (ANHANG B) in der Ziviluftfahrt-Personalverordnung geregelt - 23 werden. Der Leiter der Flugunfallkommission: FUCHS