flugunfallkommission gutachten und vorschläge

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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION
B ü r o : Radetzkystraße 2
1031 W I E N
Telefax: 713 03 26
Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204
Wien, am 14. November 1996
Pr.Zl. 84.359/6-FUK/96
GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE
betreffend den
Zusammenstoß der Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX
und Kennzeichen OE-YYY, am 19. März 1993 um ca. 15:37 Uhr UTC *)
über den sog. "Schwarzlseen", ca. 1 km westlich des Flughafens Graz, Steiermark.
Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministeriums
für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. April 1993, Pr.Zl. 74.359/4-FUK/93):
Mag. Norbert FUCHS
Leiter
Erich TUSCHER
Sachverständiger für Flugbetrieb
Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht.
*)
Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated
Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert).
-2-
INHALTSÜBERSICHT
Seite
ALLGEMEINES ........................................................................... 3
1.
UNTERSUCHUNG ....................................................................... 5
1.1
1.1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.5.1
1.5.2
1.6
1.6.1
1.6.2
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
1.12
1.12.1
1.12.2
1.13
1.14
1.14.1
1.14.2
1.15
1.16
Flugverlauf ....................................................................................
Flugvorbereitung .............................................................................
Verletzung von Personen ....................................................................
Beschädigung der Luftfahrzeuge ...........................................................
Andere Beschädigungen .....................................................................
Besatzung ......................................................................................
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX ............................................
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY ............................................
Luftfahrzeug ...................................................................................
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX ............................................
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY ............................................
Flugwetter .....................................................................................
Navigationsanlagen ...........................................................................
Sprechfunkverkehr ...........................................................................
Flugplatz- und Bodeneinrichtungen .......................................................
Flugschreiber ..................................................................................
Prüfung des Bruches .........................................................................
Lage des Bruches .............................................................................
Zustand des Bruches .........................................................................
Angaben über Feuerausbruch ..............................................................
Andere Angaben ..............................................................................
Gewicht und Schwerpunkt ...................................................................
Luftfahrtmedizinische Belange ..............................................................
Technische Untersuchung ...................................................................
Sonstiges .......................................................................................
2.
BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ......................... 15
2.1
2.2
2.2.1
2.2.2
Beurteilung ....................................................................................
Schlußfolgerungen ............................................................................
Unfallart ........................................................................................
Unfallursachen ................................................................................
3.
VORSCHLÄGE ............................................................................ 17
3.1
3.2
Sofortmaßnahmen ............................................................................ 17
Vorschläge der Flugunfallkommission .................................................... 17
5
7
7
7
7
7
7
8
8
8
9
10
10
10
11
11
11
11
12
12
12
12
14
14
14
15
17
17
17
-3ANHANG ...................................................................................... 18
-4-
ALLGEMEINES
Luftfahrzeuge
1. Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX
2. Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY
Triebwerke
1. + 2. Kolbenmotor O-320-B2C
Eigentümer
1.
Bank
2.
LFZ-Vermietungsunternehmen
Halter
1. + 2. Hubschrauberverein
Besatzungen
1. Pilot männlich, 24 Jahre, tot
2. Pilot männlich, 24 Jahre, leicht verletzt
Passagiere
1. Männlich, 39 Jahre, tot
2. Männlich, 42 Jahre, leicht verletzt
Unfallort
Schwarzlseen (Familienteich), Freizeitzentrum Schwarzl, ca. 1km westlich des
Flughafens Graz, Gemeinde Unterpremstätten, Steiermark, ca. 1100 ft MSL
-5-
Datum und Zeitpunkt des Unfalles
19. März 1993 um ca. 15:37 Uhr
Art des Fluges
1. + 2. Sichtflug (VFR) - Privater Rundflug
Phase des Fluges
1. + 2. Reiseflug (Bildung eines Verbandsfluges)
Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes
19. März 1993 um 15:57 Uhr
Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am
Unfallort
19. März 1993 um 17:00 Uhr
Teilnehmer an der Untersuchung
Flugunfallkommissionsmitglieder:Erich TUSCHER
Sonstige Personen:
Ing. Martin VEIT, Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft
und Verkehr,
Untersuchungsrichter Dr. WAKOVSKY,
Gerichtssachverständige Herbert VYSKOCIL und Ing. Peter Ch.
VYSKOCIL,
Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark,
Kriminalabteilung, Leitung BI GAMPITSCH,
Beamte des Gendarmeriepostens Unterpremstätten, Leitung GI
RATEJ
Kurze Darstellung des Unfalles
Bei der Bildung eines Verbandsfluges für Filmaufnahmen war der Pilot des Hubschraubers
OE-YYY (kurz: HS "HM") im Begriff, zu dem links vor ihm fliegenden Hubschrauber
OE-XXX (kurz: HS "HT") aufzuschließen. Hiebei stießen die Luftfahrzeuge über den
Schwarzlseen zusammen. Der HS "HT" stürzte nach Verlust des Hauptrotors ab; der Pilot und
-6ein Kameramann, der den nachkommenden HS "HM" filmen sollte, kamen ums Leben. Der
HS "HM", dessen Hauptrotor intakt geblieben war, schlug autorotierend auf der
Wasseroberfläche auf; die Insassen konnten sich aus dem sinkenden Wrack befreien und
wurden geborgen.
1. U N T E R S U C H U N G
1.1
FLUGVERLAUF
Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Auswertung
der Filmaufnahmen des Kameramannes im HS "HT", der Tonbandaufzeichnungen der
Flugsicherungsstelle Graz, der Aussagen der überlebenden Insassen des HS "HM" und
der Augenzeugen, in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission und
der Gendarmerie wie folgt rekonstruiert:
Für die Herstellung eines Video-Werbefilmes sollte der HS "HM" vom HS "HT" aus
während eines gemeinsamen Verbandsfluges gefilmt werden. Beide Hubschrauber
waren auf dem Flughafen Graz stationiert.
Die Durchführung des Fluges war zwischen den beteiligten Piloten abgesprochen
worden. Vereinbart war eine Flughöhe von 1600 ft MSL (ca. 150 m GND) und eine
Fluggeschwindigkeit von 60 KIAS. Laut Aussage des überlebenden Piloten des HS
"HM" sollte er dem anderen Hubschrauber rechts hinten folgen. Der
Sprechfunkverkehr mit der Flugplatzkontrollstelle Graz wurde vom Piloten des HS
"HT", der als Verbandsführer fungierte, durchgeführt. Im Bereich der sogenannten
"Schwarzlseen", südwestlich der Startstelle, sollten die Piloten vor Beginn der
einzelnen Flugmanöver nach Absprache mit der Flugplatzkontrollstelle Graz auf die
freie Frequenz der Hubschrauberlandeplätze 130,65 MHz schalten. Bis zum
Frequenzwechsel sollten keine abweichenden Flugbewegungen durchgeführt werden.
-7Im HS "HT" hatte der Kameramann am rechten Sitz Platz genommen - zu diesem
Zweck wurde die rechte Kabinentür ausgebaut -, vom linken Sitz aus steuerte der Pilot
den mit Doppelsteuer ausgerüsteten Hubschrauber. Der Kameramann hatte laut
Aussage des überlebenden Piloten ausdrücklich erklärt, von seinem Sitz aus - trotz des
Doppelsteuers - ohne Behinderung filmen zu können. Auch der Pilot des HS "HM"
steuerte vom linken Sitz aus und hatte seinen Fluggast auf dem rechten Sitz plaziert.
Der Pilot des HS "HT" übernahm vereinbarungsgemäß den Sprechfunkverkehr und
beantragte bei der Flugplatzkontrollstelle Graz auf der Frequenz 118,20 MHz die
Freigabe für einen Verbandsflug über den Schwarzlseen. Diese wurde mit der Auflage
erteilt, daß die Flughöhe maximal 1700 ft MSL betragen dürfe. Danach fand kein
weiterer Sprechfunkverkehr mit dem Piloten des HS "HT" statt. Der Pilot des HS
"HM" hörte auf der Frequenz 118,20 MHz mit.
Der Abflug erfolgte um 15:36 Uhr vor dem Segelflugzeughangar, unweit der
Graspiste West, in Richtung Südwesten direkt zu den Schwarzlseen. Der HS "HT"
flog zuerst ab, der HS "HM" folgte unmittelbar nach. Der Pilot des HS "HM" hielt
sich in einem Abstand von 30-40 m rechts hinter dem HS "HT" und befand sich 1-2 m
höher. Er hatte beim Erreichen der Schwarzlseen die Sollflughöhe von 1600 ft MSL
(QNH 1021 hPa) erreicht und begann mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 KIAS von
rechts hinten zum HS "HT" aufzuschließen, wobei die Annäherung sehr schnell
erfolgte.
Der Kameramann im HS "HT", der bereits die Abflugphase der beiden Hubschrauber
gefilmt hatte, setzte seine Aufnahmen ohne Unterbrechung während der Annäherung
an die Schwarzlseen fort. Die Filmaufnahmen zeigen, daß der HS "HT" vor dem
Zusammenstoß eine Gierbewegung nach links ausführte und sich danach in einem
Schiebeflug nach rechts befand.
Da sich der Pilot des HS "HM" an der Längsachse des HS "HT" orientierte (wörtlich:
"Ich orientierte mich als Nachfolgender am Heckrotor und auch am Hauptrotor"), und
der HS "HT" zusätzlich seine Fluggeschwindigkeit reduziert haben dürfte, erfolgte für
den Piloten des HS "HM" die Annährung zu schnell. Er und sein Fluggast hatten den
-8Eindruck, der HS "HT" sei plötzlich seitlich auf sie zugekommen, wobei er nach
rechts hinten geneigt und zu steigen schien.
Das versuchte Ausweichmanöver des Piloten des HS "HM" kam zu spät, wodurch es
zur Kollision zwischen den Hauptrotorblättern des HS "HT" und dem Rumpf des HS
"HM" in Höhe des Triebwerks kam.
-9Am HS "HT" brach die Hauptrotorwelle und das Luftfahrzeug stürzte nach Verlust
des Hauptrotors in den sogenannten "Familienteich" ab und versank. Beide Insassen
kamen dabei ums Leben.
Der HS "HM", dessen Hauptrotor intakt geblieben war, kam autorotierend und nach
rechts um die Hochachse drehend auf der Wasseroberfläche des Familienteiches auf
und versank ebenfalls. Der Pilot und sein Passagier konnten sich aus dem Wrack
befreien und an die Wasseroberfläche gelangen, wo sie leicht verletzt geborgen
wurden.
1.1.1
Flugvorbereitung
Die gemäß ∋ 5 Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/1967 in der geltenden
Fassung, erforderliche Flugvorbereitung wurde durchgeführt. Da der Flug nicht über
Flugplatznähe hinausführen sollte, war gemäß ∋ 5 leg.cit. die Einholung von
Wetterinformationen nicht erforderlich.
Der Flug wurde nach Sichtflugregeln durchgeführt. Die für kontrollierte Flüge gemäß
∋ 25 leg.cit. erforderliche Flugplanabgabe erfolgte mit Billigung der Flugplatzkontrollstelle Graz auf dem Sprechfunkwege.
1.2
VERLETZUNG VON PERSONEN
Art der Verletzung
1.3
Besatzung
Passagiere
tödlich (OE-XXX)
1
1
-
leicht verletzt (OE-YYY)
1
1
-
BESCHÄDIGUNG DER LUFTFAHRZEUGE
An beiden Luftfahrzeugen entstand Totalschaden.
1.4
ANDERE BESCHÄDIGUNGEN
Keine.
1.5
Dritte
BESATZUNGEN
- 10 1.5.1
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX
Verantwortlicher Pilot männlich, 24 Jahre, österreichischer Staatsbürger;
Inhaber des Berufs-Hubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 20. Juni
1990 vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ), gültig bis 27. März 1993;
Typenberechtigungen:
Robinson R22, Hughes 300, AB 206.
Flugerfahrung
Gesamt:
ca. 1000-1200 Stunden
davon auf dem Unfallmuster: ca. 600 Stunden.
1.5.2
Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY
Verantwortlicher Pilot männlich, 24 Jahre, österreichischer Staatsbürger;
Inhaber des Berufs-Hubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 14. Juli
1992 vom BAZ, gültig bis 14. Juli 1993;
Typenberechtigungen:
Robinson R22.
Flugerfahrung
Gesamt:
ca. 150 Stunden (überwiegend auf dem Unfallmuster).
1.6
LUFTFAHRZEUGE
1.6.1
Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-XXX
Hersteller:
Robinson Helicopter, USA
Werknummer / Baujahr:
2203 / 1992
Gesamtbetriebsstunden:
53:04 Stunden (Stand: 1. Februar 1993)
letzte Wartung:
50-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993;
Triebwerk:
Kolbenmotor O-320-B2C
Hersteller:
Textron Lycoming, USA
Werknummer:
L-17389-39A
Gesamtbetriebsstunden:
53:04 Stunden (Stand: 1. Februar 1993)
letzte Wartung:
50-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993;
- 11 Rotoren (Nabe):
2-Blatt-Hauptrotor A-154-1, Heckrotor A-030-1
Hersteller:
Robinson Helicopter, USA
Werknummern:
2463, 2793.
Bordpapiere, Ordnungszahl XXXX, ausgestellt vom BAZ:
- Eintragungsschein Nr. 1 vom 3. Dezember 1992;
- Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 11. Dezember 1992;
- Lufttüchtigkeitszeugnis vom 10. Dezember 1992
Verwendungsart:
Zivilluftfahrerausbildung
Einsatz-/Navigationsarten: Personenbeförderung, Grundschulungsflüge, Sichtflüge
bei Tag, Flüge mit Luftfunkstelle, Nachtsicht-Platzflüge
letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit am 9. Dezember 1992 (Erstzlassung);
- Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 10. Dezember 1992.
Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Zürich Kosmos Vers. AG, Pol.Nr.: 37/00166-9, am Unfalltag gültig.
1.6.2
Hubschrauber Type Robinson R 22 Beta, Kennzeichen OE-YYY
Hersteller:
Robinson Helicopter, USA
Werknummer / Baujahr:
0983 / 1989
Gesamtbetriebsstunden:
1203:05 Stunden (Stand: 1. Februar 1993)
letzte Wartung:
100-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993;
Triebwerk:
Kolbenmotor O-320-B2C
Hersteller:
Textron Lycoming, USA
Werknummer:
L-15097-39A
Gesamtbetriebsstunden:
1203:05 Stunden (Stand: 1. Februar 1993)
letzte Wartung:
400-Stunden-Kontrolle am 1. Februar 1993;
Rotoren (Nabe):
2-Blatt-Hauptrotor A-154-1, Heckrotor A-030-1
Hersteller:
Robinson Helicopter, USA
Werknummern:
1242, 2637.
- 12 -
Bordpapiere, Ordnungszahl XXXX, ausgestellt vom BAZ:
- Eintragungsschein Nr. 1 vom 21. August 1991;
- Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 29. August 1991;
- Lufttüchtigkeitszeugnis vom 28. August 1991
- 13 Verwendungsart:
Zivilluftfahrerausbildung
Einsatz-/Navigationsarten:
Personenbeförderung, Grundschulungsflüge,
Sichtflüge bei Tag, Flüge mit Luftfunkstelle,
Nachtsicht-Platzflüge
letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit am 14. April 1992;
- Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 28. August 1991.
Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Zürich Kosmos Vers. AG, Pol.Nr.: 07892362-8, am Unfalltag gültig.
1.7
FLUGWETTER
Flugwetterbeobachtungsmeldungen (METAR)
1520 Uhr: LOWG 33008KT 9999 1CU060 3CI300 19/M01 1021 NOSIG=
1550 Uhr: LOWG 36007KT CAVOK 19/M01 1021=
Von der Flugplatzkontrollstelle Graz wurde unmittelbar vor dem Abflug der
beiden Hubschrauber die Richtung und Stärke des Bodenwindes mit 340/09KT
angegeben.
1.8
NAVIGATIONSANLAGEN
Nicht betroffen.
1.9
SPRECHFUNKVERKEHR
Der Sprechfunkverkehr mit der Flugplatzkontrollstelle Graz 118,20 MHz wurde
vom Piloten des HS "HT" durchgeführt. Er beschränkte sich auf die Einholung
der Freigabe für das Flugvorhaben (Verbandsflug im Bereich der Schwarzlseen).
Die Freigabe wurde mit der Auflage erteilt, daß die Flughöhe maximal 1700 ft
betragen dürfe. Gleichzeitig wurden der Luftdruckwert (QNH1021) sowie
Richtung und Stärke des Bodenwindes (340/09KT) übermittelt. Auf den Unfall
bezughabender Sprechfunkverkehr fand nicht statt.
Beim Erreichen der Schwarzlseen sollten vor Beginn der Flugmanöver beide
Piloten auf die freie Frequenz der Hubschrauberlandeplätze 130,65 MHz
umschalten. Voraussetzung für den Frequenzwechsel wäre die Abmeldung des Piloten
- 14 des HS "HT" von der Flugplatzkontrollstelle Graz gewesen. Auf der
tonbandbelegten Frequenz 118,20 MHz war weder der Antrag des Piloten des HS
"HT" für den Frequenzwechsel, noch die erforderliche Freigabe zum Verlassen
der Kontrollfrequenz aufgezeichnet; vom Piloten des HS "HM" fanden sich auf
dem
Tonband
der
Flugsicherungsstelle
Graz
keinerlei
Sprechfunkaufzeichnungen. Die Frequenz 130,65 MHz ist nicht tonbandbelegt.
Der Fluggast des HS "HM" vermeinte, nachdem er ihm Hubschrauber Platz
genommen hatte, gehört zu haben, daß sein Pilot über Funk vom Piloten des HS "HT"
die Anweisung erhalten hätte "du bist der Leader". Auf den vorhandenen Tonbandaufzeichnungen war eine derartige Meldung zwischen den beiden Piloten nicht
aufgezeichnet.
1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN
Nicht betroffen.
1.11 FLUGSCHREIBER
Nicht eingebaut; nicht vorgeschrieben.
1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES
1.12.1 Lage des Bruches
Der HS "HT" versank im Familienteich (Schwarzlseen); er konnte gehoben
werden. Der abgerissene Hauptrotormast mit einem daran verbliebenen
Rotorblatt wurde im Zuge der Bergungsmaßnahmen auf dem Grund des Teiches,
abseits vom Hauptwrack, aufgefunden; ebenso die Videokamera und andere
Ausrüstungsgegenstände die im Umkreis von ca. 100 m vom Hauptwrack am
Grunde des Teiches verstreut lagen. Das zweite Hauptrotorblatt wurde ca. 150 m
östlich der Absturzstelle am Ufer des Familienteiches aufgefunden.
Der HS "HM", der ebenfalls auf den Grund des Familienteiches gesunken war,
konnte in nahezu einem Stück geborgen werden.
1.12.2 Zustand des Bruches
OE-XXX:
- 15 Das am Ufer aufgefundene Hauptrotorblatt war am Rotorkopf abgerissen. Die
Blattspitze war zertrümmert und fehlte. Das übrige Blatt war in der gesamten
Länge nach hinten gebogen. Die Beplankung war an der Ober- und Unterseite in
unregelmäßigen Abständen aufgeplatzt. Das zweite Hauptrotorblatt war noch
mit einem ca. 1 m langen Stück des Rotormastes verbunden.
Der Rumpfvorderteil war stark deformiert, die Plexiverglasung war weggerissen
oder zertrümmert. Das rechte Kufengestell war gebrochen.
OE-YYY:
Der linke hintere Zylinder des Triebwerks war aus dem Motorblock
herausgeschlagen. Einschlagspuren fanden sich auch am linken vorderen
Motorträger und an der linken Kabinentüre. Der Rumpf war unmittelbar hinter
dem Triebwerk, von unten schräg nach vorne oben abgeschlagen worden.
Weitere Einschlagspuren fanden sich an der rechten Triebwerkseite und am
rechten Kraftstofftank (Zusatztank).
1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH
Am HS "HM" brach nach der Kollision ein Brand aus. Er verlöschte, während das
Wrack im Wasser versank.
1.14 ANDERE ANGABEN
1.14.1 Masse und Schwerpunkt
Zur Bestimmung der zum Unfallzeitpunkt in den beiden Hubschraubern mitgeführten
Kraftstoffmengen standen Abrechnungen des Kraftstofflieferanten (Datum, Uhrzeit,
Menge) vom Monat März 1993 und die Bordbucheintragungen über die im jeweiligen
Abrechnungszeitraum durchgeführten Flüge zur Verfügung.
Aufgrund der im März 1993 getankten Kraftstoffmengen wurde angenommen,
daß der Haupttank jedesmal vollgetankt wurde.
Aus den Bordbucheintragungen geht hervor, daß mit beiden Hubschraubern
überwiegend Schulungsflüge am Doppelsteuer durchgeführt wurden. Da die
nachgetankten Kraftstoffmengen unter der Kapazität des Haupttanks lagen,
wurde angenommen, daß bei beiden Hubschraubern stets der Zusatztank aus
- 16 Gewichtsgründen, d.h. auch zum Unfallzeitpunkt, leer blieb.
Demzufolge lag der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch bei 33-37 Liter pro
Stunde.
Die Masse des Piloten des HS "HT" wurde mit jener zum Zeitpunkt der letzten
fliegerärztlichen Untersuchung am 19. März 1992 angenommen (92kg). Da beide
Hubschrauberinsassen annähernd gleich groß waren, wurde die Masse des Fluggastes
(Kameramann) auf ca. 90 kg geschätzt. Die Masse der Videoausrüstung wurde mit
ca. 20 kg angenommen.
Seit der letzten Betankung am 17. März 1993 wurden laut Bordbuch Flüge mit
einer Gesamtdauer von 37 Minuten (exkl. Unfallflug) durchgeführt. Dies
entspricht bei einem angenommenen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch
von ca. 33-37 Liter pro Stunde einem Kraftstoffbedarf von ca. 21-23 l. Der
ausfliegbare Restkraftstoffvorrat im Haupttank zum Unfallzeitpunkt - der Unfall
ereignete sich unmittelbar nach dem Abflug - betrug demzufolge ca. 50-52 l
(ausfliegbare Kraftstoffmenge laut Flughandbuch: 72,7 l).
Mit dieser Zuladung war der HS "HT" zum Unfallzeitpunkt geringfügig überladen
(1% über der höchstzulässigen Abflugmasse); der Schwerpunkt lag innerhalb der
zulässigen Grenzen. Bei etwa halbvollem Haupttank (infolge des Kraftstoffverbrauchs)
wäre
der
Schwerpunkt
jedoch
nach
vorne,
über
die
höchstzulässige
Schwerpunktvorlage hinaus gewandert.
Die Masse des Piloten des HS "HM" wurde ebenfalls mit jener zum Zeitpunkt der
letzten fliegerärztlichen Untersuchung am 26. Juni 1992 angenommen (77 kg), jene
des Fluggastes wurde mit 90 kg angenommen.
Seit der letzten Betankung am 17. März 1993 wurden laut Bordbuch Flüge mit
einer Gesamtdauer von 37 Minuten (exkl. Unfallflug) durchgeführt. Das ergibt
ebenfalls einen ausfliegbaren Resttreibstoffvorrat im Haupttank zum
Unfallzeitpunkt von ca. 50-52 l.
Mit dieser Zuladung lagen Gesamtmasse und Schwerpunkt des HS "HM" zum
Unfallzeitpunkt im zulässigen Bereich. Eine negative Beeinflußung der Schwerpunktlage infolge des Kraftstoffverbrauchs war nicht zu erwarten.
- 17 -
Die seitliche Verschiebung des Schwerpunktes lag bei beiden Hubschraubern innerhlab
der zulässigen Grenzen. Dies gilt insbesondere für den HS "HT", wo ein Hinauslehnen
des Kameramannes aus der Kabinentüröffnung beobachtet wurde.
1.14.2 Luftfahrtmedizinische Belange
Aus dem Strafakt des Landesgerichts für Strafsachen Graz geht hervor, daß keine
Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Piloten vorlag; beide Piloten steuerten zum
Zeitpunkt des Unfalles den Hubschrauber selbst.
1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG
Es lagen keine Hinweise auf ein technisches Versagen an einem der beteiligten
Luftfahrzeuge vor. Detaillierte technische Untersuchungen waren daher nicht
erforderlich.
1.16 SONSTIGES
Bezughabende Rechtsvorschriften
Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/1967, in der am Unfalltag geltenden Fassung:
∋ 2. Begriffserläuterungen ...
59. Verbandsflüge
Flüge, bei denen zwei oder mehrere kraftangetriebene Luftfahrzeuge in ungefähr
gleicher Höhe, in derselben Richtung und mit derselben Geschwindigkeit geflogen
werden, wenn der Abstand zwischen den einzelnen Luftfahrzeugen nicht mehr als
150 m beträgt.
∋ 11. Abstände zwischen Luftfahrzeugen
(1) Ein Luftfahrzeug darf nicht in einer solchen Nähe von anderen Luftfahrzeugen
- 18 betrieben werden, daß eine Zusammenstoßgefahr herbeigeführt wird.
(2) Verbandsflüge sind nur nach vorheriger Absprache zwischen den beteiligten
Piloten, Verbandsflüge mit Zivilluftfahrzeugen überdies nur nach den Sichtflugregeln
zulässig.
- 19 -
2. BEURTEILUNG UND
SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.1
BEURTEILUNG
Beide Luftfahrzeuge waren ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert;
gültige Lufttüchtigkeitszeugnisse waren ausgestellt. Abgesehen von einer geringfügigen
Überladung des HS "HT" lagen Gesamtmasse und Schwerpunkt im zulässigen Bereich.
Hinweise auf ein etwaiges technisches Gebrechen ergaben sich nicht.
Beide Piloten waren im Besitz der zur Durchführung des Fluges erforderlichen
Berechtigungen; diese waren am Unfalltag gültig. Hinweise auf eine gesundheitliche
Beeinträchtigung liegen nicht vor. Beide Piloten steuerten zum Zeitpunkt des
Unfalles den Hubschrauber selbst.
Das Flugwetter und Belange der Flugsicherung kommen als Unfallursache nicht in
Betracht.
Aufgrund der vorliegenden Aussagen ist davon auszugehen, daß der HS "HM" vom
HS "HT" aus während eines Verbandsfluges gefilmt werden sollte.
Der Fluggast im HS "HM" vermeinte gehört zu haben, daß der Pilot des HS "HT" auf
dem Funkwege zum anderen Piloten sagte: "Du bist der Leader". Tatsache ist jedoch,
daß der Pilot des HS "HT" Aufgaben des Verbandsführers wahrnahm (Sprechfunk mit
der Flugplatzkontrollstelle, Vorausfliegen) und auf der Frequenz 118,20 MHz kein
Sprechfunkverkehr hierüber zwischen den beiden Piloten aufgezeichnet wurde.
Der Zerstörungsgrad an den Funkgeräten der beteiligten Luftfahrzeuge war zu groß,
um die Rastung der Frequenzen nachträglich feststellen zu können.
Die Luftverkehrsregeln bezüglich der Einhaltung der Sichtflugregeln und die vorherige
Absprache für den geplanten Verbandsflug zwischen den beteiligten Piloten wurden
- 20 eingehalten.
- 21 Die Erfahrung des Piloten des HS "HM" im Verbandsflug war zu gering ("in etwa"
zwei Verbandsflüge mit dem Piloten des HS "HT"). Der Pilot des HS "HT" hatte als
ehemaliger Militärpilot im Hubschrauberverbandsflug ausreichende Erfahrung.
Der Pilot des HS "HM" hatte im Zuge des Aufschließens zum vorausfliegenden
Luftfahrzeug für einen sicheren Abstand zu sorgen.
Der HS "HT" befand sich, wie die sichergestellten Videoaufnahmen belegen, im
Rechtsschiebeflug, was üblicherweise mit einer Verringerung der Fluggeschwindigkeit
verbunden ist. Solche Manöver sind bei Luftbildaufnahmen üblich, um dem
Kamermann ein uneingeschränktes Sichtfeld aus der Kabinentüröffnung in
Flugrichtung zu bieten.
Der Pilot des HS "HM" orientierte sich laut eigener Aussage an der Rumpflängsachse
des vorausfliegenden HS "HT" und folgte diesem vereinbarungsgemäß mit einer
Geschwindigkeit von ca. 60 KIAS. Das Flugmanöver des Piloten des HS "HT"
(Schiebeflug) erkannte der Pilot des nachfolgenden HS "HM" zu spät, weshalb es zur
Kollision der Luftfahrzeuge kam.
Eine der Schwierigkeiten von Anfängern im Verbandsflug besteht darin, beim
Aufschließen zum Verbandsführer den Geschwindigkeitsüberschuß rechtzeitig
abzubauen. Für den Piloten des HS "HM" wurde die Situation durch das unerwartete
Flugmanöver des Piloten des HS "HT" (Schiebeflug) zusätzlich erschwert. Der
Abstand zwischen den beiden Luftfahrzeugen verringerte sich sehr rasch. Beide
Insassen des HS "HM" hatten den Eindruck, der HS "HT" habe sich ihnen plötzlich
mit geringer Querlage nach rechts seitlich genähert (siehe ANHANGA).
Aufgrund der geringen Erfahrung des Piloten des HS "HM" im Verbandsflug, wäre es
zweckmäßiger gewesen, ihm die Aufgabe des Verbandsführers zu übertragen, zumal
der Pilot des HS "HT" aufgrund seiner ausreichenden Erfahrung im Verbandsflug die
hohen Anforderungen, um dem Verbandsführer sicher zu folgen, hätte erfüllen
können.
Der Pilot des HS "HT" konnte aufgrund seiner Sitzposition (linker Sitz) und die
Gierbewegung nach links die Annäherung des von rechts hinten kommenden
- 22 Hubschraubers nicht beobachten. Der rechts neben ihm sitzende Kameramann
war mit Aufnahmen in Flugrichtung beschäftigt und dürfte daher den von hinten
kommenden Hubschrauber ebenfalls nicht bemerkt haben.
Beim Zusammenstoß befand sich der HS "HM" rechts hinter dem HS "HT" und ein
bis zwei Meter höher als dieser. Ein Blatt des Hauptrotors des HS "HT" stieß massiv
gegen die linke Seite des Triebwerks des HS "HM" und riß am Rotorkopf ab. Das
verbliebene Rotorblatt schlug von unten gegen den Rumpf des HS "HM", der hinter
dem Triebwerk durchtrennt wurde, und traf anschließend die rechte Triebwerkseite
und den rechten Kraftstoffbehälter. Der Hauptrotormast des HS "HT" brach und löste
sich mit dem verbliebenen Rotorblatt vom Luftfahrzeug.
2.2
SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.2.1
Unfallart
Zusammenstoß von Luftfahrzeugen im Fluge
2.2.2
Unfallursachen
Unzureichende Erfahrung im Verbandsflug
Möglicherweise Nichteinhaltung der vor dem Verbandsflug getroffenen Absprachen
3. V O R S C H L Ä G E
3.1
SOFORTMASSNAHMEN
Keine.
3.2
VORSCHLÄGE DER FLUGUNFALLKOMMISSION
Die
Voraussetzungen
für
die
Durchführung
von
Verbandsflügen
mit
Zivilluftfahrzeugen sollten analog den Bestimmungen in der MilitärluftfahrtPersonalverordnung (ANHANG B) in der Ziviluftfahrt-Personalverordnung geregelt
- 23 werden.
Der Leiter der Flugunfallkommission:
FUCHS