flugunfallkommission gutachten und vorschläge

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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION
B ü r o : Radetzkystraße 2
1031 W I E N
Telefax: 713 03 26
Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204
Wien, am 5. April 1995
Pr.Zl. 74.361/5-FUK/95
GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE
betreffend den
Zusammenstoß der Motorsegler Type Stemme S10, Kennzeichen OE-XXXX, und
Ventus cT, Kennzeichen D-XXXX, am 17. Mai 1993 um ca. 13:00 Uhr UTC *)
ca. 1,5 km südlich des Kreuzjochs, Gemeinde Gerlosberg, Tirol.
Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministers
für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 24. Mai 1993, Pr.Zl. 74.361/3-FUK/93 und vom
3. März 1994, Pr.Zl. 74.361/3-FUK/94):
Dr. Rolf NEIDHART
Leiter
Dr. Bernhard PROCHASKA (⊥) Sachverständiger für Flugbetrieb
DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR
Sachverständiger für Luftfahrzeugtechnik
Erich GINDL
Sachverständiger für Flugbetrieb
Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht.
*)
Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time
(Lokalzeiten wurden entsprechend geändert).
-2-
INHALTSÜBERSICHT
Seite
ALLGEMEINES ........................................................................... 3
1.
UNTERSUCHUNG ....................................................................... 5
1.1
1.1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
1.12
1.12.1
1.12.2
1.13
1.14
1.15
1.16
Flugverlauf ....................................................................................
Flugvorbereitung .............................................................................
Verletzung von Personen ....................................................................
Beschädigung des Luftfahrzeuges ..........................................................
Andere Beschädigungen .....................................................................
Besatzung ......................................................................................
Luftfahrzeug ...................................................................................
Flugwetter .....................................................................................
Navigationsanlagen ...........................................................................
Funksprechverkehr ...........................................................................
Flugplatz- und Bodeneinrichtungen .......................................................
Flugschreiber ..................................................................................
Prüfung des Bruches .........................................................................
Lage des Bruches .............................................................................
Zustand des Bruches .........................................................................
Angaben über Feuerausbruch ..............................................................
Andere Angaben ..............................................................................
Technische Untersuchung ...................................................................
Sonstiges .......................................................................................
2.
BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ......................... 23
2.1
2.2
2.2.1
2.2.2
Beurteilung ....................................................................................
Schlußfolgerungen ............................................................................
Unfallart ........................................................................................
Wahrscheinliche Unfallursache ............................................................
3.
VORSCHLÄGE ............................................................................ 27
3.1
3.2
Sofortmaßnahmen ............................................................................ 27
Vorschläge der Flugunfallkommission .................................................... 27
5
6
6
6
6
7
8
11
12
12
12
12
13
13
14
18
18
21
22
23
26
26
26
ANHANG ..................................................................................... 28
-3-
ALLGEMEINES
Luftfahrzeuge
1. Motorsegler Type Stemme S10, Kennzeichen OE-XXXX
2. Motorsegler Type Ventus cT, Kennzeichen D-XXXX
Triebwerke
1. Kolbenmotor Limbach L-2400-EB1D
2. Kolbenmotor Solo 2350
Eigentümer und Halter
1. Eigentümer: Privatperson
Halter: Privatperson
2. Eigentümer/Halter: Privatperson
Besatzungen
1. Pilot männlich, 52 Jahre, tot
2. Pilot männlich, 66 Jahre, tot
Passagiere
1. Männlich, 54 Jahre, tot
2. Keine
Unfallort
Ca. 1,5 km südlich des Kreuzjochs, Gemeinde Gerlosberg, Tirol; der Zusammenstoß
ereignete sich oberhalb einer Höhe von ca. 2500 m MSL; die Wrackteile lagen in
2120 bis 2180 m MSL; Koordinaten der Unfallstelle: 47°14' N, 11°59' E
-4-
Datum und Zeitpunkt des Unfalles
17. Mai 1993 um ca. 13:00 Uhr
Art des Fluges
1. Privater Segelflug (Dreiecksflug)
2. Privater Segelflug (Übungsflug)
Phase des Fluges
1. Reiseflug
2. Sinkflug
Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes
17. Mai 1993 um 14:04 Uhr
Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am
Unfallort
18. Mai 1993 um 06:45 Uhr
Teilnehmer an der Untersuchung
Flugunfallkommissionsmitglieder: Dr. Bernhard PROCHASKA
Sonstige Personen:
Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Tirol,
Kriminalabteilung, und des Gendarmeriepostens Mayrhofen
Kurze Darstellung des Unfalles
Die beiden im Segelflug betriebenen Motorsegler kollidierten auf kreuzenden Kursen in
unmittelbarer Nähe einer Wolke und stürzten ab.
Die Insassen der beiden Luftfahrzeuge wurden beim Aufschlag getötet; die Luftfahrzeuge
wurden zerstört.
-5-
1. U N T E R S U C H U N G
1.1
FLUGVERLAUF
Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen
von Augenzeugen in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission
und der Gendarmerie am Unfallort wie folgt rekonstruiert:
Der Pilot des eigenstartfähigen Motorseglers Type Stemme S10, Kennzeichen
OE-XXXX, startete am 17. Mai 1993 um 09:00 Uhr mittels Hilfsmotorstarts vom
Flugplatz Wolfsberg, Kärnten, zu einem Leistungssegelflug. Der Pilot nahm den
linken Sitz ein; im rechten Sitz saß ein Passagier, welcher ebenfalls Inhaber eines
österreichischen Segelfliegerscheines war.
Der Pilot des nichteigenstartfähigen Motorseglers Type Ventus cT, Kennzeichen
D-XXXX, startete um 09:56 Uhr vom Flugplatz Zell/See mittels Motorflugzeugschlepps zu einem Übungssegelflug. Das Ausklinken erfolgte in einer Höhe von ca.
1000 m über Platz.
Über den weiteren Flugverlauf der beiden Luftfahrzeuge liegen keine
Informationen vor. Gegen 13:00 Uhr kollidierte der Motorsegler OE-XXXX aus
östlicher Richtung kommend ca. 1,5 km südlich des Kreuzjochs im Gemeindegebiet
von Gerlosberg, mit dem aus nördlicher Richtung anfliegenden Motorsegler
D-XXXX. Zum Kollisionszeitpunkt befanden sich beide Luftfahrzeuge im
Segelflug unmittelbar unter der Basis (2600-2800 m MSL) einer großen, dunklen
cumulusförmigen Wolke. Einer der Augenzeugen hatte den Eindruck, das
Luftfahrzeug D-XXXX, das er bis unmittelbar vor der Kollision nicht
wahrgenommen hatte - den Flugweg des Luftfahrzeuges OE-XXXX hatte er bereits
einige Zeit verfolgt -, hätte sich aus der Wolke gelöst und im Sinkflug befunden.
Im Zuge der Kollision lösten sich vom Luftfahrzeug D-XXXX beide Tragflächen;
das Luftfahrzeug OE-XXXX wurde an den Tragflächen erheblich beschädigt. Beide
Luftfahrzeuge stürzten unkontrolliert zu Boden und wurden zerstört. Keiner der mit
Rettungsfallschirmen ausgerüsteten Flugzeuginsassen unternahm einen
-6Rettungsversuch; die Gurtzeuge und Kabinenhauben blieben bis zum Aufschlag
geschlossen. Sämtliche Insassen wurden beim Aufschlag am Boden getötet.
Ein Augenzeuge, welcher sich zur Unfallzeit auf der Gerlostalalm aufhielt,
verständigte um 13:17 Uhr den Gendarmerieposten Schwaz, daß im Bereich
des Kreuzjoches zwei Segelflugzeuge zusammengestoßen und abgestürzt
seien. Eine sofort eingeleitete Suchaktion, an welcher sich ein Hubschrauber
des Bundesministeriums für Inneres (BMI), Flugeinsatzstelle Innsbruck,
sowie Beamte der alpinen Einsatzgruppe Schwaz und des
Gendarmeriepostens Zell/Ziller beteiligten, wurde um 15:35 Uhr vorerst
ergebnislos abgebrochen. Um 16:10 Uhr meldete sich ein weiterer Augenzeuge, welcher die Absturzstelle näher beschreiben konnte. Daraufhin
wurde die Suchaktion mit dem Hubschrauber des BMI fortgesetzt. Um 16:50
bzw. 17:10 Uhr wurden die Wracks der beiden Luftfahrzeuge sowie die
Leichen der drei Insassen gefunden.
1.1.1
Flugvorbereitung
Die gemäß ∋ 5 Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.Nr. 56/1967 in der geltenden
Fassung, erforderliche Flugvorbereitung wurde von beiden Piloten
durchgeführt. Die Abgabe von Flugplänen war gemäß ∋ 51 leg.cit. nicht
erforderlich.
1.2
VERLETZUNG VON PERSONEN
Art der Verletzung
tödlich
1.3
Besatzung
Passagiere
2
1
Dritte
-
BESCHÄDIGUNG DER LUFTFAHRZEUGE
An beiden Luftfahrzeugen entstand Totalschaden.
1.4
ANDERE BESCHÄDIGUNGEN
Bäche wurden durch auslaufendes Öl und Treibstoff der beiden Motorsegler
-7verschmutzt. Der Almboden war mit Kleinteilen der zerstörten Luftfahrzeuge
übersät. Zur Hintanhaltung von Umweltschäden wurde zum ehestmöglichen
Zeitpunkt die Bergung der beiden Wracks durch Hubschrauber des
Österreichischen Bundesheeres durchgeführt und das Gelände von
Wrackteilen weitgehend gesäubert.
1.5
BESATZUNG
1.5.1
Stemme S10, Kennzeichen OE-XXXX
Verantwortlicher Pilot männlich, 52 Jahre, österreichischer Staatsbürger;
Inhaber des Segelfliegerscheines Nr. XXXX, ausgestellt am 24. Juni 1977 vom
Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ), gültig bis 13. Februar 1995;
Grundberechtigung:
Segelflugzeuge der Klassen a) und b)
Zugelassene Startarten:
Motorflugzeugschlepp-, Hilfsmotorstart
Besondere Berechtigungen: keine;
Inhaber des Eingeschränkten Funktelephonisten-Zeugnisses No. XXXX, ausgestellt
am 10. Juni 1992 von der Generaldirektion für die Post- und
Telegraphenverwaltung;
Flugerfahrung
(lt. Flugbuch, Stand 27.12.1992, und Bordbuch OE-XXXX, Stand 11.5.1993)
Als verantwortlicher Pilot:
Auf dem Unfallmuster:
In den letzten 3 Monaten:
1085:41 Stunden, 626 Starts
137:22 Stunden, 48 Starts
12:00 Stunden, 5 Starts.
1.5.1.1 Passagier männlich, 54 Jahre, österreichischer Staatsbürger;
Inhaber des Segelfliegerscheines Nr. XXXX, ausgestellt am 14. Juni 1978 vom
BAZ, gültig bis 16. Juni 1994;
Grundberechtigung:
Segelflugzeuge der Klassen a) und b)
-8Zugelassene Startarten:
Kraftwagen-, Windenschlepp-, Motorflugzeugschlepp-, Hilfsmotorstart
Besondere Berechtigungen: unbekannt;
Flugerfahrung (lt. Flugbuch)
Gesamt:
Auf dem Unfallmuster:
1.5.2
500:38 Stunden, 690 Starts
keine.
Ventus cT, Kennzeichen D-XXXX
Verantwortlicher Pilot männlich, 66 Jahre, deutscher Staatsbürger;
Inhaber des Luftfahrerscheines für Privatluftfahrzeugführer Nr. XXXX, ausgestellt
am 21. November 1977 (Erstausstellung am 25. Oktober 1956) vom Regierungspräsidium Stuttgart; Beiblatt "B", Erlaubnis für Motorseglerführer, und Beiblatt
"C", Erlaubnis für Segelflugzeugführer, jeweils gültig bis 4. November 1993;
Motorseglerarten:
Selbst-, nichtselbststartende Motorsegler
Startarten:
Selbststart;
Windenschlepp-, Motorflugzeugschleppstart
Sonstige Berechtigungen:
keine
Bemerkungen:
Brillenträger - muß Ersatzbrille mitführen;
Inhaber eines Beschränkt gültigen Sprechfunkzeugnisses II für den Flugfunkdienst
(No. 1);
Flugerfahrung
(lt. Flugbuch, Stand 8.5.1993, und Bordbuch D-XXXX, Stand 8.5.1993)
Gesamt:
Auf dem Unfallmuster:
2525:35 Stunden, 1380 Starts
ca. 380 Stunden, ca. 115 Starts
Der Pilot führte ca. 80 % der im Bordbuch D-XXXX protokollierten Flüge selbst
durch.
-9-
1.6
LUFTFAHRZEUG
1.6.1
Motorsegler Type Stemme S10, Kennzeichen OE-XXXX
Hersteller:
Stemme GmbH & Co KG, Berlin/BRD
Werknummer / Baujahr:
10-23 / 1991
Gesamtflugzeit (lt. Bordbuch): 207:14 Stunden am 11. Mai 1993
(TBO 6000 Stunden)
Triebwerk:
4-Zylinder-4-Takt-Kolbenmotor
Hersteller:
Limbach Flugmotoren, BRD
Type / Baureihe:
L-2400 / EB1D
- 10 Werknummer / Baujahr:
1138 / 1991
Betriebsstunden:
69:22 Stunden am 11. Mai 1993 (TBO 900 Stunden)
Luftschraube:
2-Blatt-Faltpropeller
Hersteller:
Stemme GmbH, Berlin/BRD
Type / Baureihe:
10AP-N / 10AP-NB
Werknummer / Baujahr:
5093 / 1991
Betriebsstunden:
69:22 Stunden am 11. Mai 1993 (TBO 200 Stunden/
36 Monate).
Die letzte Wartung (50-Stunden-Kontrolle) fand bei 129:04 Stunden (Zelle) bzw.
50:33 Stunden (Motor) statt; die nächste Wartung war bei 100 Stunden (Motor)
fällig.
Bordpapiere, OZ XXXX, ausgestellt vom BAZ:
- Eintragungsschein Nr. 1 vom 12. Juli 1991
- Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 19. Juli 1991
- Lufttüchtigkeitszeugnis vom 19. Juli 1991
Verwendungsart:
Allgemeine Luftfahrt
Einsatz-/Navigationsarten: Personenbeförderung; Sichtflüge bei Tag, Flüge mit
Luftfunkstelle
Letzte Feststellung der Lufttüchtigkeit am 19. Juli 1991 bei 10:57 Stunden (Zelle)
bzw. 10:36 Stunden (Motor); Abruf ab 19. Juli 1993;
- Lärmzulässigkeitsbescheinigung vom 19. Juli 1991
- Motorlogbuch Nr. 10805
- Berichtigung des Wiege- und Beladeplanes vom 17. Juni 1991;
Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Zürich Kosmos, Pol.Nr.: 07891146-8, gültig vom 19. Juli 1992 bis 19. Juli 1993;
Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am 5. August 1991 von der
Post- und Telegraphendirektion für Kärnten.
- 11 -
1.6.2
Motorsegler Type Ventus cT, Kennzeichen D-XXXX
Hersteller:
Schempp-Hirth Flugzeugbau GmbH, KirchheimTeck, BRD
Werknummer / Baujahr:
107 / 1988
Gesamtflugzeit (lt. Bordbuch): 473:38 Stunden am 8. Mai 1993 (TBO unbekannt)
Triebwerk:
2-Zylinder-Zweitakt-Kolbenmotor
Hersteller:
SOLO Kleinmotoren, BRD
Type / Baureihe:
SOLO / 2350
Werknummer / Baujahr:
138 / 1988
Betriebsstunden:
5:40 Stunden am 8. Mai 1993
Luftschraube:
5-Blatt-Faltpropeller
Hersteller:
Ingrid OEHLER TB, BRD
Type / Baureihe:
OE-FL 5.83 / 83a5v92
Werknummer / Baujahr:
175 / 1988
Betriebsstunden:
5:40 Stunden am 8. Mai 1993.
Bordpapiere, ausgestellt vom Luftfahrt-Bundesamt Braunschweig/BRD:
- Eintragungsschein vom 23. März 1988 (Band: L; Blatt: 14751)
- Lufttüchtigkeitszeugnis Nr. 14751 vom 23. März 1988
Kategorie:
Nichtgewerblicher Verkehr
Letzte Jahresnachprüfung am 27. März 1993 bei 459:42 Stunden (Zelle) bzw.
5:15 Stunden (Motor); Abruf ab März 1994;
- Wiegeplan vom 11. November 1992;
Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Württembergische, Pol.Nr.: LH 37-3176923-75, gültig vom 21. Dezember 1992
bis 1. Februar 1994;
- 12 -
Genehmigungsurkunde für eine Luftfunkstelle durch die Deutsche Bundespost, ausgestellt am 25. November 1987 vom Fernmeldeamt Göppingen/BRD.
1.7
FLUGWETTER
Die Wetterlage wurde vom Flugwetterdienst des BAZ, Flugsicherungsstelle
Innsbruck, wie folgt beschrieben:
Am 17. Mai 1993 lag der Alpenraum im Zentrum eines Hochdruckgebietes.
Warmluftzufuhr in der Höhe ließ keine Überentwicklungen zu Gewittern zu.
Die Bedingungen für Thermikflüge waren mäßig bis gut. Aus den
Stabilitätsverhältnissen war zu schließen, daß gute Steigwerte nur entlang der
sonnenbeschienenen Südhänge zu erwarten waren. Die Basis der
Quellbewölkung lag in der Nähe des Alpenhauptkammes bei etwa 2600-2800
m MSL, welche für Streckensegelflüge in der Kammregion nur eine geringe
Operationshöhe erlaubte.
Die Windverhältnisse deuten auf eine leichte südwestliche Höhenströmung
hin. Sie wiesen jedoch kaum Föhncharakteristika auf, sodaß keine
nennenswerte Föhnturbulenz zu erwarten war.
Die in unmittelbarer Nähe des Unfallortes gelegene Wetterstation "Gerlos"
meldete um 13:00 Uhr Wind aus 250° mit 4kt, Sichten über 10km und
aufgelockerte CU-Bewölkung in 4000ft über Stationshöhe, d.h. 2700 m MSL.
Flugwettervorhersage für den Raum Tirol/Vorarlberg, gültig für den
17.5.1993
Unser Raum liegt im Zentrum eines Hochkeils, der von Tunis bis nach
Schweden reicht. Warmluftzufuhr in der Höhe trägt zur Stabilisierung bei,
eine Absinkinversion bei 2000-2500 m sollte Überentwicklungen
hintanhalten.
Wind und Temperatur in der freien Atmosphäre:
2000 m: SW/15-25 km/h, Föhnstriche bis 40 km/h, ps 6°C
3000 m: SW/25-40 km/h, um 0°C
5000 m: SW-W/25-40 km/h, ms 18°C
Gefahrenhinweise:
Nur für Textiolflieger im Raum Innsbruck Föhnturbulenz, im Süden und
- 13 äußersten Westen (Engadin) Möglichkeit von gewittrigen Schauern.
Thermikvorhersage:
Die Absinkinversion wird nur an hangwindunterstützten Südhängen zu
überwinden sein, daher Streckenflüge mit Vielarbeit verbunden.
Vorschau:
Bis zum Wochenende wenig Änderung, zeitweise labilisierend, im Süden
durch
höhere Feuchte eher benachteiligt.
Hinweise für den Motorflug:
Nullgradgrenze um 10000 ft MSL, morgens loc Bodennebel/Dunst!
Weitere Wetterinformationen unter der FAX-Nummer 0512/291782.RoutineFlugwetterbeobachtungsmeldungen (METAR)
13:00 Uhr
Patscherkofel: 11126
Kufstein:
11130
Gerlos:
11134
Sonnblick:
11146
Felbertauern: 11202
Lienz:
11204
15014KT 40KM 2CU015 3CU030 09/M05 SCT=
05005KT 60KM 1CU060 24/11 SCT=
25004KT 9999 1CU040 SCT=
23012KT 10KM 3CU/// 01/M02 2CUBLW SCT=
18008KT 9999 3AC050 17/// SCT=
11008KT 9999 1CU080 3AC110 22/// SCT=
14:00 Uhr
Patscherkofel: 11126
Kufstein:
11130
Gerlos:
11134
Sonnblick:
11146
Felbertauern: 11202
Lienz:
11204
15016KT 40KM 1CU015 3CU030 09/M05 SCT=
05005KT 60KM 1CU060 24/11 SCT=
VRB02KT 9999 1CU040 SCT=
22011KT 2000 40BCFG 5CU/// 01/M01 BKN=
18006KT 9999 3AC060 17/// SCT=
10016KT 9999 3CU060 22/// SCT=
Wetterbeobachtungen am Unfallort
Aussage eines Paragleiterpiloten:
Zur Unfallzeit herrschte in dieser Gegend [Absturzgebiet] allgemein Schönwetter
mit größeren Cumulus-Wolken. Es herrschte Südwind mit wechselnder Intensität.
Es war gute Flugsicht. Die Sonne stand zum Unfallzeitpunkt südwestlich.
1.8
NAVIGATIONSANLAGEN
Nicht betroffen.
1.9
FUNKSPRECHVERKEHR
Nicht betroffen.
- 14 -
1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN
Nicht betroffen.
1.11 FLUGSCHREIBER
Vom Höhenschreiber des Luftfahrzeuges OE-XXXX wurde nur die verbogene
Welle des Bandtransports aufgefunden; Antrieb, Gehäuse und Meßschrieb fehlten.
Eine Auswertung war sohin nicht möglich. Vom Höhenschreiber des
Luftfahrzeuges
D-XXXX wurden keine Bauteile aufgefunden.
1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES
1.12.1 Lage des Bruches
Der Streubereich der Wrackteile erstreckte sich über eine Fläche von ca. 550 x
400 m auf dem südwestlichen Ausläufer des Pfeilers (2308 m) ca. 1,5 km südlich
des Kreuzjochs (2558 m) bzw. ca. 3 km nördlich des von Nordosten nach Westen
verlaufenden Gerlostales (Stausee Gmünd 1190 m). Das Gelände war teilweise
schneebedeckt.
Das Hauptwrack des Luftfahrzeuges OE-XXXX lag ca. 700 m westsüdwestlich des
Pfeilers (2308 m) in ca. 2120 m MSL. Der rechte Außenflügel lag ca. 150 m
östlich, Beplankungsteile des rechten Außenflügels lagen ca. 300 m nordöstlich des
Hauptwracks.
Der Rumpf des Luftfahrzeuges D-XXXX lag ca. 550 m östlich des Hauptwracks
des Luftfahrzeuges OE-XXXX auf dem Westhang des sich vom Pfeiler nach Süden
zum Richtberg (2278 m) erstreckenden Gebirgssattels, dem sog. "Schachter", in ca.
2180 m MSL. Einige Meter oberhalb der Endlage des Rumpfes war im Erdreich
der Erstaufschlagkrater erkennbar. Die intakte rechte Tragfläche lag ca. 250 m
nordwestlich des Rumpfes, das rechte Höhenflossenende und der Außenflügel der
linken Tragfläche einschließlich des Ansteckflügels lagen ca. 300 m
nordnordwestlich des Rumpfes bzw. ca. 200 m östlich der Beplankungsteile des
rechten Außenflügels von OE-XXXX, die linke Bremsklappe sowie ein
- 15 Beplankungsteil der linken Tragfläche lagen ca. 350 m westlich des Rumpfes. Der
Innenflügel der linken Tragfläche lag auf dem Nordwesthang des Richtberges ca.
350 m westlich des Rumpfes.
Die geschilderte Lage der Wrackteile wurde anhand von Fotoaufnahmen der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol rekonstruiert; Maß- und
Richtungsangaben differieren zum Teil erheblich mit Berichtangaben und Karteneintragungen der genannten Stelle. Die Divergenzen wurden nicht weiter verfolgt; die
genaue Lage der Wrackteile war im nachhinein nicht eindeutig verifizierbar. Rückschlüsse auf den Kollisionsvorgang waren sohin aus diesen Angaben nicht unmittelbar abzuleiten.
1.12.2 Zustand des Bruches
Motorsegler Type Stemme S10, Kennzeichen OE-XXXX:
Das Luftfahrzeug ist ein Doppelsitzer mit nebeneinander angeordneten
Sitzen, Motoranordnung unter dem Flügelmittelstück, einziehbarem
Propeller im Rumpfbug sowie einziehbarem Zweibeinfahrwerk. Das
dreiteilige Tragwerk besteht aus einem KFK-Flügelmittelstück von 10 m
Spannweite und GFK-Außenflügeln von je 6,5 m Spannweite. Das Rumpfboot
ist ein KFK-verkleidetes Stahlrohrfachwerk. Leitwerksträger und T-Leitwerk
sind Kunststoffschalen.
Das Rumpfboot war bis zum Rückenspant zerstört. Das Fachwerk des
Mittelteiles mit dem Motor war teilweise stark deformiert. Das
Hauptfahrwerk fehlte, die Verkleidung war zerstört.
Der Leitwerksträger war ca. 50 cm hinter dem Anschluß am Rumpfboot sowie
am Übergang zur Seitenflosse abgebrochen. Die Seitenflosse selbst war knapp
unterhalb des Höhenleitwerksanschlusses abgebrochen. Die rechte
Höhenleitwerkshälfte war sowohl ca. 40 cm als auch ca. 70 cm von der
Rumpfmitte gemessen abgebrochen. Alle Schäden im Leitwerksbereich waren
auf Massenkraftwirkung im Zuge des Aufschlages des Wracks am Boden
zurückführbar.
Die linke Tragfläche zeigte ausschließlich aufschlagbedingte Zerstörungen;
Kollisionsspuren waren nicht nachweisbar. Beide Flächentanks waren
- 16 aufgeplatzt und enthielten keinen Kraftstoff.
Die rechte Tragfläche zeigte eine weitgehend aufgelöste Struktur; Teile der
Ober- und Unterschale fehlten. Der Hauptholm war ca. 2,5 m bzw. ca. 6,3 m
von der Rumpfmitte gemessen aufschlagbedingt gebrochen. Das QuerruderWölbklappen-System (Innenklappe, Außenklappe) war an vielen Stellen
gebrochen; die Antriebsstoßstangen waren mehrfach unterbrochen und stark
deformiert. Die Stoßstange des Querruder-Wölbklappen-Systems war ca. 6,3
m von der Rumpfmitte gemessen abgerissen und auf ca. 2,5 m Länge
schraubenförmig verformt (ca. 2 Umdrehungen). Die Flügelspitze war
abgebrochen. Infolge des hohen Zerstörungsgrades war es nicht möglich, in
diesem Bereich Kollisionsspuren festzustellen. Die auffälligsten Zertrümmerungszonen lagen im Anschlußbereich zwischen Flügelmittelstück
und Außenflügel ca. 5 m von der Rumpfmitte gemessen. In diesem Bereich
waren die Rippen und Schalenelemente kleinflächig zerstört, der Hauptholm
war jedoch intakt. Das aus diesem Strukturbereich entnommene
Probenmaterial ergab roten Farbauftrag, welcher vom Hoheitszeichen
(Farben der BRD) auf der linken Seite der Seitenflosse des Luftfahrzeuges
D-XXXX und von der Lackierung des Bremsklappengestänges der linken
Tragfläche von D-XXXX herrührte, und blauen Farbauftrag, welcher auf das
Kennzeichen auf der Unterseite der linken Tragfläche von D-XXXX
zurückführbar war (siehe 1.15). Das Richtungsbild dieser Farbspuren verlief
auf der Flügeloberseite im Nasenbereich disparat (Zertrümmerung), in der
Profilmitte unter ca. 30 Grad zur Flugzeuglängsachse und am Innenende der
Außenklappe (Struktur nahezu unbeschädigt) unter ca. 45 Grad jeweils nach
links hinten.
Motorsegler Type Ventus cT, Kennzeichen D-XXXX:
Das Luftfahrzeug ist ein Einsitzer der 15-m-Klasse in
Kunststoffschalenbauweise, dessen Flügelspannweite mittels Ansteckflügeln
auf 17,6 m vergrößert wurde; hinter dem Cockpit ist das einklappbare
Hilfstriebwerk mit Faltpropeller angeordnet.
Die Rumpfschale war bis auf den am Übergang zur Seitenflosse gebrochenen
- 17 Leitwerksträger im wesentlichen in einem Stück erhalten, allerdings im
Cockpitbereich mehrfach aufgeplatzt und eingerissen. Der Cockpitbereich
wies insbesondere an der linken Seite aufschlagbedingt massive Zerstörungen
auf. Der Instrumentenpilz war zerstört und lag lose im Cockpit; sämtliche
Instrumente waren zerstört oder fehlten. Hebel- und Schalterstellungen mit
Ausnahme des Kraftstoffhahnes (ZU), des Fahrwerkhebels (EINGEFAHREN)
und des ELT-Betriebsartenschalters (AUTO) waren nicht identifizierbar. Der
Motor war samt seiner Haltekonstruktion aus der Rumpfstruktur gerissen,
selbst jedoch äußerlich unbeschädigt. Er befand sich in der Stellung
"Eingefahren". Der Kraftstofftank war aufgeplatzt und leer. Die Rumpfschale
war vom Motorraum bis in Höhe des Hauptholmtunnels vollständig
aufgeplatzt. Der gesamte Bereich des linken Flügelanschlusses wies schwere
strukturelle Zerstörungen auf; im Bereich des rechten Flügelanschlusses war
die Schale in Höhe der vorderen Querkraftstrebe eingedrückt (Massenkraft
bei Kollision?). Die vordere Querkraftstrebe (Rohrdurchführung) war zufolge
Axialkraftwirkung gestaucht (Massenkraft bei Kollision?). Beide Tragflächen
waren vom Rumpf gelöst.
Der Leitwerksträger war ca. 0,8 m und ca. 0,1 m vor der Seitenflosse
gebrochen. Die Seitenflosse war in einer Höhe von ca. 0,85 m (gemessen vom
Spornradaufstandspunkt) durch Fremdeinwirkung entgegen der Flugrichtung
durchschlagen.
Diese Trennstelle war insgesamt ca. 52 cm lang, wobei ausgehend von der
Seitenflossennase die ersten 40 cm eine relativ glatte Bruchstruktur
aufwiesen, wogegen der anschließende Restbereich verzweigt und ausgezackt
ausgebildet war. Zwischen der Trennstelle und dem Höhenleitwerksanschluß
fehlte die gesamte Seitenflossenstruktur (ca. 30 cm). Ein an der Absturzstelle
des Rumpfes von D-XXXX aufgefundener Seitenflossenrest mit dem
Hoheitszeichen (30 x 25 cm, schwarz-rot-gold) war der rechten Flossenseite
oberhalb der Trennstelle zuordenbar. Das gegenüberliegende linke
Hoheitszeichen wurde in den Wrackteilen des Luftfahrzeuges OE-XXXX
gefunden. Das Seitenruder war nach rückwärts aus der Konstruktion
herausgerissen. Die rechte Schalenhälfte des Ruders war in Höhe der
- 18 Trennstelle der Seitenflosse durchgebrochen; die linke Schalenhälfte fehlte
vollständig. Das obere Lager fehlte; das untere Lager war entgegen der
Flugrichtung verformt. Das Höhenleitwerk (T-Leitwerk, Spannweite ca. 2,3
m) war mit dem gesamten Anschlußmechanismus aus der Seitenflosse
gerissen. Die linke Höhenleitwerkshälfte war erhalten. Die rechte Höhenleitwerkshälfte war von der Flossennase ausgehend im Abstand von ca.
20 cm von der Rumpfmitte gemessen durch Fremdeinwirkung aufgelöst; die
Bruchlinie verlief stark zerklüftet unter ca. 35° zur Flugzeuglängsachse nach
rechts hinten. Die Bruchlinie des ca. 80 cm langen rechten
Höhenflossenendes verlief annähernd parallel dazu. Eindeutige Angaben
hinsichtlich der Kraftrichtung waren nicht möglich. Der in der Seitenflosse
verlaufende Teil der Höhenruderstoßstange war abgerissen (Gewaltbruch).
Der obere ca. 30 cm lange Teil der Stoßstange war noch über den justierbaren
Gelenkkopf an das Höhenruder angeschlossen. Der Gelenkkopf war nach
rechts hinten verformt; die Stoßstange selbst zeigte korrelierend mit der
Beschädigung des Höhenleitwerks eine unter ca. 35° zur Flugzeuglängsachse
nach rechts hinten verlaufende, durch Fremdeinwirkung hervorgerufene, Uförmige Einschlagspur, welche durch zwei scharfkantige Knicke begrenzt war
(Projektion des Holms von OE-XXXX). Das Schadenbild zeigte, daß das
Seitenleitwerk und das Höhenleitwerk gemeinsam unter einem Winkel von
ca. 45° zur Flugzeughochachse nach links unten bzw. ca. 35° zur
Flugzeuglängsachse nach rechts hinten durchtrennt worden waren. Diese
Trennstelle war eindeutig auf einen Kontakt mit der rechten Tragfläche des
Luftfahrzeuges OE-XXXX zurückführbar.
Am Hauptholmstummel der linken Tragfläche war der Flügelhauptbolzen
abgeschert (Rohr ca. 25 x 3,50 mm). Bei geschlossenem Sicherungsgriff wies
die Beanspruchungsrichtung auf einen Schub-Gewaltbruch in
Holmlängsrichtung nach rechts. Die Wurzelrippe war intakt; die Schale und
die Wölbklappe waren bis ca. 1,8 m von der Rumpfmitte gemessen erhalten.
Die linke Tragfläche war ca. 2,8 m von der Rumpfmitte gemessen im Bereich
des Bremsklappenkastens vollkommen durchtrennt. Aus dem Bereich der
- 19 Trennstelle fehlte ein ca. 30 cm breites, unter ca. 35° zur Flugzeuglängsachse
von der Flügelnase nach rechts hinten verlaufendes Stück des Flügelschalenmaterials. Der Zerstörungsgrad im Bereich der Trennstelle nahm zur Endkante
hin zu. Die Durchtrennung korrelierte gut mit der unter ca. 32° zur
Flugzeuglängsachse verlaufenden Gesamt-Kollisionsspur (Verbindungslinie
zwischen Tragflächenschaden und Leitwerkschaden). Die Querruderstoßstange
zeigte im Bereich der Trennstelle eine ca. 25 cm lange, durch Fremdeinwirkung
entgegen der Flugrichtung hervorgerufene Einschlagspur, welche von zwei 45°Knicken begrenzt war; der Abstand der Knicke war größer als bei der
Höhenruderstoßstange (Projektion des schräg liegenden Holmes von OE-XXXX).
Die Querruderstoßstange war in der Bruchzone gerissen. Die Bremsklappe fehlte
zum Zeitpunkt der Befundaufnahme. Aus den an der Unfallstelle gemachten Fotos
der Bremsklappe war ableitbar, daß sie am inneren Ende durch Fremdeinwirkung
entgegen der Flugrichtung verformt bzw. in Höhe des Klappengestänges in
Flugrichtung geknickt war. Farbspuren, welche das Klappengestänge auf der
Bremsklappe hinterlassen hatte, deuten darauf hin, daß diese beim Schadenseintritt
eingefahren war. Der Schadenbereich an der linken Tragfläche reichte bis ca. 3,2 m
von der Rumpfmitte gemessen. Die großflächigen Schalenaufplatzungen an der
Unterseite der linken Tragfläche lassen eindeutig auf die Zusatzwirkung negativer
Biegelasten schließen (Krafteinwirkung entgegen der Flugrichtung schräg nach
oben, Biegung unter Massenkraft des Außenflügels). Der Außenflügel der linken
Tragfläche einschließlich des Ansteckflügels war nahezu unbeschädigt; das gesamte
restliche Steuergestänge war intakt und kraftschlüssig.
Die rechte Tragfläche war nahezu unbeschädigt; der Ansteckflügel zeigte
minimale aufschlagbedingte Schäden. Die Buchse zur Aufnahme des
Flügelhauptbolzens war an der Vorderseite des Hauptholmstummels in
Holmlängsrichtung ovalisiert.
- 20 -
1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH
Kein Feuerausbruch.
1.14 ANDERE ANGABEN
Gewicht und Schwerpunkt
Die Beladung der Luftfahrzeuge OE-XXXX und D-XXXX wurde anhand der
vorliegenden Wiegeprotokolle (Rüstgewicht) und der Obduktionsergebnisse der
Insassen (Insassengewichte) sowie mit Hilfe von Annahmen zum Tankinhalt für den
Kollisionszeitpunkt (Kraftstoffgewichte) rekonstruiert. Die relevanten Daten lagen
unter den höchstzulässigen Werten. Die Lage der Schwerpunkte konnte mangels
Handbücher nicht ermittelt werden. Es kann aber vermutet werden, daß auch diese
Werte innerhalb der zulässigen Grenzen lagen.
Rekonstruktion des Kollisionsverlaufes
Augenzeuge A (ca. 2 km südöstlich des Kollisionspunktes):
"Ein größeres Segelflugzeug [OE-XXXX] kam vom Salzburger Land und flog
Richtung Zillertal. Nach etwa 30 Sekunden hat sich dieses Flugzeug einer größeren
dunklen Wolke genähert. Es ist dann plötzlich aus der Wolke heraus ein weiteres
Flugzeug [D-XXXX] ... von oben auf das erste Flugzeug zugekommen. Die beiden
Flugzeuge haben sich seitlich getroffen. ... Nach dem Aufprall sah man, daß beim
zweiten Flugzeug sofort beide Flügel weggeflogen. Dieses Flugzeug ist sofort
senkrecht abgestürzt. Dem ersten Flugzeug hat es beim Aufprall beide äußeren
Enden der Flügel abgerissen. Es ist noch 2-3 Sekunden geflogen und dann
linksseitig abgeschmiert.
Ich sah es in der Folge 5-6 Sekunden lang abstürzen. ... Den Knall des Zusammenpralls habe ich etwa 2-3 Sekunden nach meiner augenscheinlichen Wahrnehmung
gehört. Später habe ich dann keine Aufprallgeräusche gehört."
Augenzeuge B (ca. 3 km westsüdwestlich des Kollisionspunktes):
"Auf einmal gab es einen Riesenknall. Dadurch blickten wir nach oben. Ich sah,
wie das Material der rechten Tragfläche [OE-XXXX] aufgelöst zu Boden fiel. Es
sah aus, als ob es schneite. Kurz danach stürzte das Segelflugzeug senkrecht mit
dem Cockpit nach vorne ab. ... Von einem weiteren Flugobjekt bemerkten wir
nichts."
- 21 -
Die Entfernungen der Zeugen vom Kollisionspunkt erscheinen gut abgesichert. Aufgrund der geschätzten Schrägentfernungen wurde demnach der Knall der Kollision
vom Zeugen A ca. 6 Sekunden (unbedeutende Abweichung), vom Zeugen B ca. 10
Sekunden nach der Kollision gehört. Hieraus ist erklärbar, warum Zeuge B das
Luftfahrzeug D-XXXX, welches unmittelbar nach der Kollision senkrecht abstürzte,
nicht mehr sehen konnte; der Aufprall am Boden erfolgte, bevor Zeuge B den Knall
der Kollision hören konnte. Wesentlich ist jedoch, daß Zeuge B ca. 10 Sekunden
nach der Kollision, die rechte Flügelspitze des Luftfahrzeuges OE-XXXX
wegfliegen sah; dies entspricht dem an der rechten Stoßstange des QuerruderWölbklappen-Systems von OE-XXXX erhobenen Befund (allmähliches Abdrehen
und Herausreißen).
Eine Eintragung der Sichtlinien beider Zeugen in eine topographische Karte ergibt,
daß für Zeugen A der Bereich unterhalb von ca. 2200 m MSL, für Zeugen B der
Bereich unterhalb von ca. 2500 m MSL durch das Gelände verdeckt war.
Gerichtsmedizinische Untersuchung
Auszug aus dem gerichtsmedizinischen Sachverständigen-Gutachten:
"Die gerichtsmedizinischen morphologischen Untersuchungen ergaben mit Sicherheit, daß der [Pilot des Luftfahrzeuges D-XXXX] an den Folgen des Absturz-Aufschlaggeschehens aus größerer Höhe verstorben war. Insbesondere die
linksbetonten mechanisch gesetzten schwersten Körperzertrümmerungen mit
ausgedehnten Organverletzungen hatten praktisch zum Aufschlagzeitpunkt auf dem
Boden zum Tode des Mannes geführt. ... Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß
der Mann bestimmte Verletzungen zeitlich unterschiedlich erlitten hätte, waren
morphologisch nicht gegeben.
... Es hatte sich um einen morphologisch organmäßig, bezogen auf sein
Lebensalter, sehr gesunden und durchaus rüstigen Mann gehandelt, der aus
gerichtsmedizinisch-morphologischer Sicht eine sehr lange Lebenserwartung
natürlicher Art gehabt hätte.
- 22 ... Durch die chemisch-toxikologischen Zusatzuntersuchungen konnten mit 0,00 λ
Genußalkoholanteil die absoluten Nüchternwerte zur Todeszeit und damit auch zur
Unfallzeit nachgewiesen werden [und] eine Suchtmitteleinnahme, eine pharmakologische medikamentöse Beeinflussung, wie auch eine Einatmung von Auspuffgasen
mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Kohlenmonoxid-Hämoglobin war im
Leichenblut überhaupt nicht vorhanden, sodaß ein Nikotingenuß ebenfalls
ausscheidet. ...
Im Bereich beider Handgelenke waren typische Überstreckungs-Stauchungsbruchverletzungen frischer Art gegeben. Die Weichteile der Handflächen und Finger
boten ein Verletzungsbild, das aus gerichtsmedizinischer Sicht auf ein festes GreifHaltegeschehen zur Aufschlagzeit auf den Boden schließen läßt."
"[Der Pilot des Luftfahrzeuges OE-XXXX] erlitt im Rahmen der gegenständlichen
Vorfälle eine Körperzertrümmerung und war praktisch sofort tot. Die Energie hatte
von vorne und unten gegen den Körper des Mannes mit erheblicher Intensität eingewirkt. Eingestauchte Sprunggelenkszertrümmerungen und gestauchte
Oberarmbrüche sprechen dafür, daß sich der Mann im Moment des Aufpralles aktiv
abgestützt hatte. Einblutungen der Weichteile an den Daumenballen sind ein
Hinweis darauf, daß der Mann zum Zeitpunkt des Aufschlags mit den Händen einen
Gegenstand umgriffen hatte."
Ein ähnliches Ergebnis erbrachte die gerichtsmedizinische Untersuchung des Passagiers.
"Weder [der Pilot] noch [der Passagier des Luftfahrzeuges OE-XXXX] wiesen
vorbestehende krankhafte oder degenerative Organveränderungen auf, die für den
gegenständlichen Vorfallsablauf von Bedeutung hätten sein können. [Sie] waren
zum Unfallzeitpunkt weder durch Genußalkohol noch durch sonstige
medikamentöse oder toxische Substanzen beeinträchtigt. Insbesondere konnte eine
Beeinträchtigung durch Kohlenmonoxid oder flüchtige Kohlenwasserstoffe
- 23 ausgeschlossen werden."
Luftfahrtrechtliche Belange
Auszug aus den LVR:
II./C. Vermeidung von Zusammenstößen
∋ 11 Abstände zwischen Luftfahrzeugen
(1) Ein Luftfahrzeug darf nicht in einer solchen Nähe von anderen Luftfahrzeugen
betrieben werden, daß eine Zusammenstoßgefahr herbeigeführt wird.
(2) ...
∋ 12 Vorrang
(1) Steht einem Piloten nach den folgenden Bestimmungen der Vorrang zu, so hat
er seine Richtung und seine Geschwindigkeit unverändert beizubehalten; hiedurch
wird er jedoch nicht von der Verpflichtung befreit, alle Vorkehrungen zur
Verhütung eines Zusammenstoßes zu treffen.
(2) Jener Pilot, der nach den folgenden Bestimmungen einem anderen Luftfahrzeug
auszuweichen hat, darf dieses Luftfahrzeug nur dann über- oder unterfliegen oder
vor ihm kreuzen, wenn ein so großer Abstand besteht, daß jede
Zusammenstoßgefahr vermieden wird. ...
∋ 14 Kreuzende Kurse
Wenn sich zwei Luftfahrzeuge auf kreuzenden Kursen einander in ungefähr derselben Höhe nähern, so hat der Pilot des von links kommenden Luftfahrzeuges auszuweichen; ...
IV. Sichtflugregeln
∋ 41 Sichtflug-Wetterbedingungen
(1) Unbeschadet der Bestimmungen des ∋ 44 über Sondersichtflüge müssen Sichtflüge so durchgeführt werden, daß das Luftfahrzeug im Fluge unter Sichtverhältnissen und in Abständen von Wolken geführt wird, die zumindest den nachstehenden
Werten entsprechen:
e) innerhalb von Lufträumen der Klassen F und G in einer Höhe von 3050 m [über
dem mittleren Meeresspiegel] oder darüber:
1. Flugsicht: 8 km,
- 24 2. horizontaler Abstand von Wolken: 1,5 km und
3. vertikaler Abstand von Wolken: 300 m;
f) innerhalb von Lufträumen der Klassen F und G in einer Höhe unterhalb von
3050 m jedoch oberhalb einer Höhe von 900 m über dem mittleren
Meeresspiegel oder - wenn dies die größere Flughöhe ergibt - 300 m über
Grund:
1. Flugsicht: 5 km,
2. horizontaler Abstand von Wolken: 1,5 km und
3. vertikaler Abstand von Wolken: 300 m
1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG
Aus dem unmittelbaren Kontaktbereich der beiden Luftfahrzeuge wurden zahlreiche
Materialproben mit Kollisionsspuren (Farbauftrag) zur Prüfung entnommen. Die
von Ing. H. BÜRGER, Sachverständiger für Kriminologie, durchgeführte
chemische Prüfung hat in Verbindung mit lichtoptischen
Oberflächenuntersuchungen folgendes Ergebnis geliefert:
- Roter Farbauftrag auf der Unterseite der Nase des rechten Außenflügels (Innenende) des Luftfahrzeuges OE-XXXX war mit der roten Lackierung des
Bremsklappengestänges der linken Tragfläche des Luftfahrzeuges D-XXXX
materialmäßig ident.
- Blauer Farbauftrag auf der Oberseite der Nase des rechten Außenflügels (Innenende) von OE-XXXX war mit der blauen Farbe des Kennzeichens auf der
Unterseite der linken Tragfläche von D-XXXX materialmäßig ident; die blauen
Farbspuren verliefen im Nasenbereich disparat (0-30° zur Flugzeuglängsachse
nach rechts hinten).
- Roter und blauer Farbauftrag auf einem an der Oberseite des rechten
Außenflügels (Innenende) von OE-XXXX etwa in der Profilmitte sitzenden
Schalenstück war ebenfalls mit der Lackierung des Bremsklappengestänges bzw.
der Farbe des Kennzeichens der linken Tragfläche von D-XXXX materialmäßig
ident; die
- 25 blauen Farbspuren verliefen unter einem Winkel von ca. 30° zur Flugzeuglängsachse von rechts vorne nach links hinten.
- Blauer Farbauftrag auf der Oberseite der Außenklappe (Innenende) im Anschlußbereich zwischen Flügelmittelstück und rechtem Außenflügel von OE-XXXX
war der Farbe des Kennzeichens der linken Tragfläche von D-XXXX ähnlich;
die Farbspuren verliefen unter einem Winkel von ca. 45° zur
Flugzeuglängsachse nach links hinten.
- Roter Farbauftrag auf der Außenseite der rechten Endrippe des Flügelmittelstückes von OE-XXXX am Übergang zur Innenklappe war mit der roten Farbe
des Hoheitszeichens (Farben der BRD) auf der linken Seite der Seitenflosse von
D-XXXX materialmäßig ident.
1.16 SONSTIGES
Beide Luftfahrzeuge waren mit einem Notsender (ELT) ausgerüstet;
Meldungen über den Empfang von Notsignalen liegen nicht vor.
2. BEURTEILUNG UND
SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.1
BEURTEILUNG
Die beiden Luftfahrzeuge waren ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert; für beide Luftfahrzeuge waren gültige Lufttüchtigkeitszeugnisse ausgestellt.
Beladung und Schwerpunkt der beiden Luftfahrzeuge lagen zum Unfallzeitpunkt
vermutlich innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen. Keine der durchgeführten
Untersuchungen erbrachte Hinweise auf technische Mängel als Unfallursache.
- 26 Beide Piloten waren im Besitz der jeweils zur Durchführung des Fluges erforderlichen Berechtigungen; diese waren am Unfalltag gültig. Die Flug- und Typenerfahrung der beiden Piloten war ausreichend. Hinweise auf eine physische oder
psychische Beeinträchtigung der Piloten liegen nicht vor.
Meteorologische Faktoren kommen als Unfallursache nicht in Betracht.
Der Unfall ist durch Kollision der beiden Motorselger im Segelflug eingetreten; die
Antriebe der beiden Luftfahrzeuge waren abgestellt.
Der Kollisionszeitpunkt (ca. 13:00 Uhr), die Flughöhe (mindestens 2500 m MSL)
und die Flugrichtung des Luftfahrzeuges OE-XXXX (Geradeausflug Richtung
Westen) waren aus Augenzeugenberichten ableitbar.
- 27 Die Relativbewegung und die Relativlage der Luftfahrzeuge zueinander zum Kollisionszeitpunkt war aus den Kontaktspuren an beiden Luftfahrzeugen ableitbar (siehe
ANHANG): das Luftfahrzeug D-XXXX traf das Luftfahrzeug OE-XXXX von
rechts vorne mit einer Kursdifferenz von ca. 100° (aus Spurenwinkelsumme
32°/D-XXXX und 45°/OE-XXXX minus 180°; rechnerisch 103°). Dabei hatte das
Luftfahrzeug D-XXXX eine Längsneigung von ca. 20° abwärts und eine RechtsQuerneigung von ca. 17° bezüglich dem Luftfahrzeug OE-XXXX (siehe Anhang).
Hiebei kann aus der Spurenlage am Luftfahrzeug OE-XXXX (blaue Farbspuren von
D-XXXX ident Primärkontakt auf der rechten Außenklappe im Bereich des
Primärkontaktes ca. 45° zur Flugzeuglängsachse nach links hinten verlaufend) und
am Luftfahrzeug D-XXXX (Verbindungslinie Trag-flächenschadenLeitwerkschaden ca. 32° zur Flugzeuglängsachse nach rechts hinten verlaufend) auf
ein Geschwindigkeitsverhältnis von ca. 1,00 zu 1,33 geschlossen werden. Hieraus
ergeben sich wahrscheinliche Eigengeschwindigkeiten von 160 km/h (OE-XXXX)
zu 210 km/h (D-XXXX) bzw. eine Annäherungs-geschwindigkeit der beiden
Luftfahrzeuge von ca. 290 km/h.
Nach den Ausweichregeln gemäß ∋ 14 LVR hatte in erster Linie der Pilot des von
links kommenden Luftfahrzeuges OE-XXXX - das Erkennen der Gefahr eines
Zusammenstoßes mit dem Luftfahrzeuge D-XXXX vorausgesetzt - auszuweichen;
der Pilot des Luftfahrzeuges D-XXXX war jedoch ebenfalls verpflichtet,
Vorkehrungen zur Vermeidung eines Zusammenstoßes zu treffen (∋ 12 LVR).
Die Bestimmungen über die Vermeidung von Zusammenstößen setzen als selbstverständlich voraus, daß die Piloten unter Sichtflug-Wetterbedingungen fliegen und
ständig den Luftraum aufmerksam beobachten, um Zusammenstoßgefahren rechtzeitig zu erkennen.
Die Piloten hatten offensichtlich keinen oder zu späten Sichtkontakt zueinander.
Die Luftfahrzeuge befanden sich zur Zeit der Kollision im Luftraum der Klasse G
in dem gemäß ∋ 41 d. LVR eine Flugsicht von mindestens 8 km (in einer Höhe von
3050 m NN oder darüber) bzw. 5 km (unterhalb 3050 m NN) einzuhalten ist. Als
Abstand von den Wolken sind horizontal mindestens 1,5 km und vertikal
- 28 mindestens 300 m einzuhalten.
Der vorgeschriebene Abstand von den Wolken wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von beiden Piloten nicht eingehalten; eventuell befand sich das Luftfahrzeug
D-XXXX unmittelbar vor dem Zusammenstoß in Wolken.
Die vorgeschriebene Flugsicht war aufgrund der meteorologischen Bedingungen
(außerhalb von Wolken) sicher gegeben.
Wenn die Piloten die für das rechtzeitige Erkennen einer Zusammenstoßgefahr festgelegten Abstände zu den Wolken wesentlich unterschritten hatten bzw. das
Luftfahrzeug D-XXXX eine Wolke im Bahnneigungsflug verließ, blieb aufgrund
der hohen Relativgeschwindigkeit nur sehr wenig Zeit die Gefahr zu erkennen und
Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Durch die weiße Farbe der beiden Luftfahrzeuge mit nur kleinen warnfarbigen Flächen sowie durch den Schattenbereich unter der Wolke, war die gegenseitige Sichtbarkeit zusätzlich erschwert.
Die Auswertung der Befunde ergab folgende Rekonstruktion des Kollisionsgeschehens:
Der Primärkontakt erfolgte zwischen der Flügelnase des Luftfahrzeuges D-XXXX
im Bereich der linken Bremsklappe und der Oberseite des rechten Außenflügels des
Luftfahrzeuges OE-XXXX im Anschlußbereich zwischen Flügelmittelstück und
Außenflügel. Hiedurch wurde unter Hinterlassung einer blauen Farbspur (Kennzeichen von D-XXXX) zunächst die Oberschale der rechten Tragfläche von OEXXXX zerstört. Der Holm von OE-XXXX, welcher in diesem Bereich infolge der
Gabelholmverbindung eine Massenkonzentration aufweist, zerstörte dann den Holm
der linken Tragfläche von D-XXXX, wodurch diese gänzlich durchtrennt wurde. In
diesem Moment wurde auch der Flügelhauptbolzen von D-XXXX abgeschert, und
beide Tragflächen lösten sich vom Rumpf. Die Durchtrennung des
Flügelhauptbolzens kann als Folge der horizontalen Krafteinwirkung auf den Holm
angesehen werden, wobei sich aus dem Abstand von Kollisionspunkt zur
Wurzelrippe einerseits und Abscherstelle zum hinteren Rumpf-
- 29 Flügelanschlußbolzen andererseits eine Übersetzung von 10 zu 1 ergibt. Bei einer
erforderlichen Abscherkraft von ca. 100 kN ergibt dies einen Kollisionsstoß von
mehr als 10 kN. Dies erscheint in Anbetracht der beteiligten
Massen, der vermutlich hohen Relativgeschwindigkeiten und der Durchtrennung
des eine wesentlich höhere Festigkeit aufweisenden KFK-Holmes von OE-XXXX
plausibel.
Die abgetrennten Teile der linken Tragfläche von D-XXXX zerstörten auch die Unterschale der rechten Tragfläche von OE-XXXX und durchtrennten die Stoßstange
des Querruder-Wölbklappen-Systems, sodaß der rechte Außenflügel von OE-XXXX
nur mehr über den wahrscheinlich schwer beschädigten Holm mit dem Mittelflügel
verbunden war (Torsionskasten geöffnet).
Während der Rumpfvorderteil von D-XXXX unter dem Luftfahrzeug OE-XXXX
durchflog, kollidierte das Leitwerk von D-XXXX mit der gleichen Stelle des
Außenflügels von OE-XXXX und wurde dabei unter Hinterlassung einer roten
Farbspur (Hoheitszeichen von D-XXXX) abgetrennt. Der Holm von OE-XXXX
hinterließ einen scharfkantigen Abdruck auf der senkrecht verlaufenden
Höhenruderstoßstange von D-XXXX.
Die Aussage eines Augenzeugen, wonach neben dem rechten auch der linke Außenflügel von OE-XXXX weggeflogen sei, ist nicht durch eine Kollision mit einem
Teil des Luftfahrzeuges D-XXXX erklärbar; zudem lagen die wesentlichsten Teile
der linken Tragfläche von OE-XXXX beim Hauptwrack.
In weiterer Folge löste sich der am inneren Ende skelettierte rechte Außenflügel
von OE-XXXX weiter auf. Die Flügelspitze, die nur mehr an der Stoßstange des
QuerruderWölbklappen-Systems hing, drehte sich um ihre Längsachse und brachte
dabei die Stoßstange in die vorgefundene schraubenartig verformte Gestalt.
Schließlich löste sie sich (wie auch weiter innen befindliche Beplankungsteile) ganz
von der linken Tragfläche und fiel getrennt von dieser zu Boden.
Das Luftfahrzeug D-XXXX verlor sofort jegliche Steuerbarkeit. Bei dem Luftfahrzeug OE-XXXX kann von einem weitgehenden Verlust der Steuerbarkeit infolge
des gebrochenen rechten Flügelendes, das aber einige Sekunden lang einen sehr
- 30 starken Bremseffekt ausübte, ausgegangen werden. Außerdem ist denkbar (wenn
auch infolge der weitgehenden Aufprallzerstörung nicht verifizierbar), daß am
Luftfahrzeug OE-XXXX bei der Kollision weitere, die Steuerbarkeit
beeinträchtigende Schäden auftraten.
Infolge des sehr heftigen Kollisionsstoßes, der außerdem bei beiden Luftfahrzeugen
eine plötzliche Drehung um die Hochachse bewirken mußte, konnte es schon zu
diesem Zeitpunkt bei den Insassen zu Verletzungen oder sonstigen Beeinträchtigungen gekommen sein. Es erscheint auf diese Art erklärbar, warum keiner der
Insassen einen Rettungsversuch unternahm, für den zudem nur sehr wenig Zeit zur
Verfügung gestanden wäre.
2.2
SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.2.1
Unfallart
Zusammenstoß zweier Motorsegler im Segelflug
2.2.2
Wahrscheinliche Unfallursache
Piloten - Nichteinhaltung der Sichtflug-Wetterbedingungen
3. V O R S C H L Ä G E
3.1
SOFORTMASSNAHMEN
Keine.
3.2
VORSCHLÄGE DER FLUGUNFALLKOMMISSION
Der Segel-Streckenflug verleitet viele Piloten dazu, das jeweilige Aufwindgebiet
möglichst bis zur Wolkenbasis auszunützen, dadurch entsteht besonders im Bereich
der stark frequentierten Gebirgsstrecken eine erhöhte Kollisionsgefahr. Die Gefahr
von Zusammenstößen wird durch die Weite des Luftraumes oft unterschätzt.
- 31 Segelflugpiloten sollten bei jeder geeigneten Gelegenheit wie z.B. bei der Ausbildung, in Fortbildungskursen und bei Fliegerlagern noch eindringlicher auf die
Wichtigkeit der Luftraumbeobachtung und die Gefahren, die mit einer Verletzung
der LVR bezüglich der Mindestabstände von Wolken verbunden sind, hingewiesen
werden.
Hersteller und Halter von Segelflugzeugen wären nachdrücklich dazu aufzufordern,
die warnfarbigen Flächen an Kunststoffsegelflugzeugen so groß und deutlich wie
irgend möglich auszuführen und zusätzlich die Anbringung von (z.B. solarenergiebetriebenen) Antikollisionslichtern ins Auge zu fassen.
Der Leiter der Flugunfallkommission:
Dr. Rolf NEIDHART