gutachten und vorschläge
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FLUGUNFALLKOMMISSION Büro: Radetzkystraße 2 1031 W I E N Telefax: 713 03 26 Tel.: 71162 Kl. 9200, 9201, 9204 1997 Wien, am 14. August GZ. 84.375/6-FUK/97 GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE betreffend den Flugunfall mit dem Hubschrauber der Type Hughes 369D, Kennzeichen OE-XXX, am 6. April 1994 um 08:40 Uhr UTC *) beim Gleinalmtunnel/ Nordportal (A 9), Steiermark. Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 13. April 1994, Pr.Zl. 74.375/1-FUK/94): Dr. Andreas LINHART Vorsitzender Major Harald MAYER Sachverständiger für Flugbetrieb DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR Sachverständiger für Luftfahrzeugtechnik Ing. Günther RAICHER Sachverständiger für Flugbetrieb und Luftfahrzeugtechnik Der Flugunfall wurde im vereinfachten Verfahren untersucht. *) Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen Universal Coordinated Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert). -2INHALTSÜBERSICHT Seite ALLGEMEINES ..................................................................................................... 3 1. UNTERSUCHUNG ................................................................................................. 4 1.1 1.1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.12.1 1.12.2 1.13 1.14 1.15 1.16 1.16.1 1.16.2 1.16.3 Flugverlauf .............................................................................................................. Flugvorbereitung .................................................................................................... Verletzung von Personen ....................................................................................... Beschädigung des Luftfahrzeuges ......................................................................... Andere Beschädigungen ........................................................................................ Besatzung .............................................................................................................. Luftfahrzeug ........................................................................................................... Flugwetter ............................................................................................................... Navigationsanlagen ................................................................................................ Funksprechverkehr ................................................................................................. Flugplatz- und Bodeneinrichtungen ........................................................................ Flugschreiber .......................................................................................................... Prüfung des Bruches .............................................................................................. Lage des Bruches .................................................................................................. Zustand des Bruches ............................................................................................. Angaben über Feuerausbruch ................................................................................ Andere Angaben .................................................................................................... Technische Untersuchung ...................................................................................... Sonstiges ................................................................................................................ Schwerpunktberechnung zum Zeitpunkt des Absturzes ........................................ Gedächtnisprotokoll vom Gespräch mit der Witwe des Piloten .............................. Protokoll vom Gespräch mit Herrn Bernhard (Chef vom Leitungstrupp Bruck/Mur, 11.4.1994) ................................................... 1.16.4 Beschreibung des Landeplatzes ............................................................................ 5 6 6 7 7 7 7 8 8 9 9 9 9 9 10 14 14 15 19 19 20 20 21 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ............................................... 21 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 Beurteilung ............................................................................................................. Schlußfolgerungen ................................................................................................. Unfallart .................................................................................................................. Unfallursachen ....................................................................................................... 3. VORSCHLÄGE ...................................................................................................... 24 3.1 3.2 Sofortmaßnahmen .................................................................................................. 24 Vorschläge der Sachverständigen ......................................................................... 24 21 23 23 23 -3- ALLGEMEINES Luftfahrzeug Hubschrauber Type Hughes 369D, Kennzeichen OE-XXX Triebwerk Wellenturbine DDA 250-C20B S/N: CAE-831540 Eigentümer Unternehmen Halter Bedarfsflugunternehmung Besatzung Pilot männlich, 41 Jahre, tot Passagiere Männlich, 34 Jahre, tot Männlich, 19 Jahre, tot Unfallort Betriebsumkehrplatz der Autobahnmeisterei beim Gleinalmtunnel am Nordportal der Autobahn A 9, Gemeinde St. Michael, Bezirk Leoben, Steiermark; Koordinaten, Seehöhe: 47°18' N / 15°05' O, ca. 770 m MSL Datum und Zeitpunkt des Unfalles 6. April 1994 um 08:40 Uhr Art des Fluges Sichtflug -4Phase des Fluges Landeanflug Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschaftsdienstes 6. April 1994 um 09:11 Uhr Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission am Unfallort 7. April 1994 um 06:00 Uhr Teilnehmer an der Untersuchung Flugunfallkommissionsmitglieder: Major Harald MAYER, DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR Sonstige Personen: Beamte des Landesgendarmeriekommandos Steiermark, Kriminalabteilung Kurze Darstellung des Unfalles Während des Endanfluges auf einen Zwischenlandeplatz im Bereich der Autobahnmeisterei am Nordportal des Gleinalmtunnels kollidierte der Hubschrauber mit einer quer zur Anflugrichtung verlaufenden 110 kV - Freileitung und stürzte auf eine Straßenböschung. Der Pilot und die beiden Passagiere fanden den Tod, der Hubschrauber wurde zerstört. 1. U N T E R S U C H U N G 1.1 FLUGVERLAUF Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen der Augenzeugen sowie der Erhebungen der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Steiermark in Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission am Unfallort wie folgt rekonstruiert: -5Der Pilot sollte mit zwei Mitarbeitern der österreichischen Verbundgesellschaft eine 110 kV Freileitung beginnend in St.Peter in Freienstein (Umspannwerk Hessenberg) bis nach Voitsberg auf etwaige Schäden untersuchen. Der “Beobachter” (Sitzposition rechts neben dem Piloten) versucht mit einem Fernglas mögliche Schäden an Leitungen und Masten, insbesonders an Isolatoren, festzustellen. Der Hubschrauber war vom Piloten vom 05.04.1996 auf 06.04.1994 im Umspannwerk Hessenberg abgestellt worden. Nach einer Flugvorbesprechung mit den Passagieren der Verbundgesellschaft hob der Hubschrauber am 06.04.1994 um 08:04 Uhr beim Umspannwerk Hessenberg ab. Nach dem Start begann die Leitungsüberprüfung bei Mast Nr. 168 (Umspannwerk Hessenberg). Vorgesehen war diese Überprüfung entlang der Leitungstrasse bis in den Raum Voitsberg - Mast Nr. 01. Beim Nordportal des Gleinalmtunnels war eine Zwischenlandung eingeplant. Dabei sollte der Hubschrauber betankt und ein Transportflug für die Forstverwaltung MAYR MELNHOF eingeschoben werden. Der erste Teil des Überprüfungsfluges erfolgte ohne Probleme und wurde bis Mast Nr. 117 durchgeführt. Die Leitung verläuft in diesem Bereich an der westlichen Talseite etwa Richtung Südosten. Der Hubschrauber pasierte diesen Mast im Nordosten an dessen Talseite. Danach wurde das “Entlangschweben” an der Leitung unterbrochen, um den vorher abgesprochenen Zwischenlandeplatz anzufliegen. Das Anflugverfahren auf den schon bekannten und schon angeflogenen Außenlandeplatz erfolgte normalerweise in einer nach Norden ausgreifenden Rechtskurve, um aus Richtung NO bis SO (abhängig von der vorherrschenden Windrichtung) den Landeplatz anzufliegen. Dieser Anflug wurde auf Grund der das Tal überspannenden 110 kVFreileitung der ÖBB gewählt. Die vorherrschende Windrichtung zum Unfallzeitpunkt war ca. 360° mit einer Windgeschwindigkeit von 10 kts - 20 kts. Der Pilot wählte jedoch am Unfalltag nicht die schon vorher praktizierte Landeanflugrichtung, sondern flog den Landeplatz in Richtung ca. 85° direkt an, die Fluggeschwindigkeit im Endanflug betrug ca. 30 - 40 kts. -6- Als der Pilot die quer zu seiner Anflugrichtung verlaufende Hochspannungsleitung erkannt hatte, versuchte er dem Hindernis auszuweichen. Das Ausweichmanöver war ein starkes nach oben und gleichzeitiges nach rechtsZiehen des Hubschraubers. Während des Wegkurvens nach rechts erfolgte eine Berührung des untersten Seiles der Freileitung mit der Innenseite der linken Kufe. Während des Abschmierens nach rechts hat sich der Hubschrauber vermutlich im absteigenden Ast des Flugweges rechts um die Längsachse gedreht, um in weiterer Folge mit starker nose down-Lage den Boden zu berühren. Alle drei Insassen kamen beim Unfall ums Leben, am Hubschrauber entstand Totalschaden. 1.1.1 Flugvorbereitung Die gemäß § 5 Luftverkehrsregeln, BGBl.Nr. 56/1967 i.d.g.F., erforderliche Flugvorbereitung wurde nicht in ausreichender Form durchgeführt. Die Abgabe eines Flugplanes war gemäß § 25 leg.cit. nicht erforderlich. 1.2 VERLETZUNG VON PERSONEN Art der Verletzung tödlich 1.3 Besatzung Passagiere 1 2 Dritte - BESCHÄDIGUNG DES LUFTFAHRZEUGES Das Luftfahrzeug wurde total zerstört. 1.4 ANDERE BESCHÄDIGUNGEN An der Unfallstelle ist durch Austritt von Kraftstoff und Öl Flurschaden eingetreten, ein Seil der 110 kV-Freileitung der ÖBB wurde zwischen den Masten 36 und 37 am Talübergang Gleinalmtunnel beschädigt (Austausch eines Leiters von ca. 330 m Länge erforderlich). -7- 1.5 BESATZUNG Verantwortlicher Pilot, männlich, Jahrgang 1952, österreichischer Staatsbürger; Inhaber des Berufshubschrauberpilotenscheines Nr. XXX, ausgestellt am 16. Oktober 1984 vom Bundesmat für Zivilluftfahrt, gültig bis 28. März 1995. Typenberechtigungen: Hughes 300, Bell 206 Jet R, Robinson R 22, Bell 47 Serie, Hughes 369 Serie Besondere Berechtigungen: Beschränkte Sprechfunkberechtigung, Sicht-Nachtflug Flugerfahrung: Gesamt: Typenerfahrung: 1.911 h 43 min, davon 1.714:48 als verantwortl. Pilot ca. 950 h Weiters war der Pilot Inhaber des Segelfliegerscheines Nr. XXXX, des Privatpilotenscheines Nr. XXXX, des Eidgenössischen Berufshubschrauberpilotenscheines Nr. XXXX sowie des Eingeschränkten Funktelefonistenzeugnisses für den Flugfunkdienst Nr. XXXX. 1.6 LUFTFAHRZEUG Hubschrauber Type Hughes 369D, Kennzeichen OE-XXX Hersteller: Hughes Helicopters, USA Werknummer / Baujahr: 0190587D / 1979 Gesamtbetriebsstunden: 25559:10 Stunden Triebwerk: Turbinenmotor Type 250-C20B Hersteller: DD Allison Werknummer / Baujahr: CAE-831540 / unbekannt Gesamtbetriebsstunden: 25559:10 Stunden Rotor: Hauptrotorblätter Hauptrotorblätter Hauptrotorblätter Hauptrotorkopf Hauptgetriebe Heckrotorblätter Heckrotorkopf Heckgetriebe Type/WNr.:(Weiß) 516A, (Grün) E726 Type/WNr.:(Blau) E727, (Gelb) E729 Type/WNr.:(Rot) E728 Type/WNr.:369-D21200 / 1783 Type/WNr.:369-D25100 / 1075 Type/WNr.:(1) 1579, (2) 1580 Type/WNr.:369-A1725-5 / 1562 Type/WNr.:369-D25400 / 0646 -8- Borddokumente, OZ XXXX, ausgestellt vom BAZ: - Eintragungsschein Nr. 1 vom 30. August 1991 - Luftfahrzeug-Zulassungsschein vom 30. September 1991 - Lufttüchtigkeitszeugnis vom 25. September 1991 Gültigkeitsdauer: 26. Jänner 1995 Verwendungsart: Gewerbsmäßige Beförderung Sonderarten: Außenlastflüge, FS-Springer Nachweis einer Haftpflichtversicherung: Wiener Städtische, Pol.Nr. 58-H956.248-8, ausgestellt am 15. Dezember 1993, gültig bis 15. Dezember 1994. Bewilligung einer Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am 9. Jänner 1992 von der Post- und Telegraphendirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland. 1.7 FLUGWETTER Zum Unfallzeitpunkt herrschte im Unfallbereich eine mittlere Windgeschwindigkeit von ca. 10 kt aus 360° mit Böen bis 20 kt. In 10000 ft war eine geschlossene Wolkendecke. 1.8 NAVIGATIONSANLAGEN Nicht betroffen. 1.9 FUNKSPRECHVERKEHR Nicht betroffen. 1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN Nicht betroffen. 1.11 FLUGSCHREIBER Nicht eingebaut, nicht vorgeschrieben. -9- 1.12 PRÜFUNG DES BRUCHES 1.12.1 Lage des Bruches Zum Zeitpunkt der Besichtigung am 7. April 1994 war das Wrack des Hubschraubers OE-XXX um ca. 3 m in Richtung West zum ÖSAG Betriebsgebäude Gleinalmtunnel verlagert. Die ursprüngliche Aufprallstelle war etwa 50 cm tief bis zum gewachsenen Fels ausgebaggert. Diese Aktion war wegen Bedenken hinsichtlich des ausgeflossenen Kraftstoffs erfolgt. Von der Endlage des Wracks aus war über den Asphalt der davorliegenden Betriebsstraße der Tunnelbetriebsgesellschaft eine ca. 8 m lange und 4 m breite dunkle Fläche erkennbar. Diese Zone deutet auf Kontamination durch Kraftstoff hin. Da der Kraftstoff nicht auf natürlichem Wege von der Endlage des Wracks auf die etwas erhöht liegende Asphaltfläche gelangt sein kann, muß davon ausgegangen werden, daß der Austritt durch das Aufplatzen des Bodentanks erfolgt ist. Das Wrack selbst lag in steiler Nose Down-Position an einem nach Süden ansteigenden Hang. Der Stabilisator war um ca. 45° nach oben gekippt, das Rohr des Heckauslegers war an dieser Stelle aufgeplatzt, die Rumpflängsachse wies nach Norden. Die Böschung der Straße läuft an der Unfallstelle in der Richtung 60°. Die Spur der Wrackteile wies in Richtung 240°. In derselben Richtung waren fünf ausgeprägte Rotoreinschlagspuren im Asphalt erkennbar. Sie waren jeweils etwa eineinhalb bis zwei Meter lang. Die Deformationen der Zelle deuteten darauf hin, daß starke Aufprallkräfte auf das Kufengestell gewirkt haben. Die Zelle war etwa 45° nach links geneigt. Die Leichen der Insassen sind nach Angabe von Mitgliedern der Erhebungsbehörde nach links aus dem Wrack gedrückt worden. Das Kufengestell war mehrfach gebrochen. Erhalten war im wesentlichen nur das rechte Kufenrohr. Dieses war im wesentlichen unbeschädigt, auch beide Stützen waren intakt. Das linke Kufenrohr war im Bereich des vorderen Biegerohrs gebrochen, das hintere Ende lag etwas oberhalb des Hauptwracks im Bereich des Heckauslegers. Das Vorderende lag teils unter dem Hauptwrack, teils unter der Mitte des rechten Kufenrohres. Aufgrund der Tatsache, daß das Wrack vor Eintreffen der Flugunfallkommission um ca. 3 m aus seiner ursprünglichen Lage bewegt wurde, waren wesentliche Spuren und Beweismittel im Bereich des Rumpfbodens durch Sekundärbeschädigungen vernichtet. - 10 Dies gilt insbesondere für die Lage und den Zustand des Kufengestells, den Rumpfboden und die nicht mehr auffindbaren Bauteile der Verbindung der linken Kufe mit der vorderen Strebe (Biegerohr). Die gewählte Vorgehensweise erschien vor allem deshalb problematisch, weil keine konkludente Fotodokumentation von Details des Wracks vor der Dislokation angefertigt wurde und auch kein Befundbericht über die gewählte Vorgehensweise im Zuge des Verschiebens des Hauptwracks vorlag (Bewegung mittels Bagger oder Seilwinde, wieweit wurde die Relativlage der Wrackteile zueinander verändert usw.). Die nachweisliche Veränderung des Ursprungszustandes des Hauptwracks relativiert sohin alle im weiteren Befund getroffenen Feststellungen zu einschlägigen Details. 1.12.2 Zustand des Bruches Das RUMPFVORDERTEIL war aufgeplatzt. Die Beschädigungen wiesen auf eine Krafteinwirkung von links vorne hin. Diese Auffassung wird unterstützt durch die Tatsache, daß das Triebwerk auch etwa in Längsrichtung nach vorne gestaucht wurde. Die rechten SCHULTERGURTE lagen in einem Fach in der Mitte des Cockpits. Der rechte Bauchgurt, der mittlere Sitzgurt und der linke Bauchgurt waren offen. Die linke Aufrollautomatik war ohne Gurt. Der zugehörige Schultergurt lag abgerissen neben dem Hubschrauber. Angeblich waren die Bauchgurte im Zuge der Bergung der Insassen geöffnet worden. Der HECKAUSLEGER war ca. 40 cm vor seinem Ende um etwa 45° nach oben deformiert. Strukturell war er fast vollständig abgerissen. Die Heckrotorblätter zeigten kaum Kanteneinschlagspuren. Im wesentlichen waren die Blätter um ihre schwache Achse verbogen. Die Heckrotornabe war drehbar, die Ansteuerung war vorhanden, ihre Funktion konnte nicht geprüft werden. Der untere Teil des Vertical Fin wies typische Deformationen auf, welche auf Kontakt mit dem Erdreich des Hanges schließen ließen (Tannennadeln etc.). Die Struktur des Verticl Fin war in diesem Bereich ca. 10 cm nach oben gestaucht. Die restlichen Bereiche des Vertical Fin waren unbeschädigt. Dasselbe gilt für den Horizontal Stabilizer, welcher zwar leichte Stauchfalten an verschiedenen Zonen, aber keine signifikanten, unfallrelevanten Kontaktspuren zeigte. Der KABINENBODEN war massiv nach rückwärts gestaucht, dadurch ist auch der rückwärtige Passagierraum um ca. 20 cm gekürzt. Die rechte vordere Türe war deformiert, hing aber am Gerät. Die rechte rückwärtige Tür lag ca. 10 m rechts vom Wrack (in Längsachse des Luftfahrzeuges gesehen). Das ELT war eingeschaltet, hatte an- - 11 gesprochen und wurde vom Personal des Betreibers abgestellt. Die Türen auf der linken Seite hingen teilweise noch in den Gelenken, die Struktur in diesen Bereichen war fast vollständig zerstört. Der STREUKEGEL der Teile der Rotorblattenden reichte ca. 23 m weit in Richtung zum Betriebsgebäude am bewaldeten Straßenhang entlang. Die dort liegenden Blechteile der Rotorbeplankung wiesen im wesentlichen immer die Stationsbezeichnung 142 auf. Alle hier aufgestreuten Teile zeigten massive Kontaktspuren mit Asphalt. Kontakt mit Seilmaterial war nicht nachweisbar. Am ROTORKOPF bzw. an den Hauptrotorblättern wiesen Spuren und Gegenspuren an den Blattfüßen und der Abdeckkappe darauf hin, daß es vor dem Aufschlag zu einem sehr starken Coning gekommen ist, da an der Kappe praktisch bei jedem Blatt Berührspuren der Blattfüße erkennbar waren. Zum zweiten zeigen die Blattenden verschieden starke Beschädigungen, welche in erster Linie auf Kontakt mit dem Asphalt an der Unfallstelle schließen lassen. Die TAUMELSCHEIBE war nach links hinten aufwärts geneigt. Das bedeutet, daß das rückwärts stehende Blatt den höchsten negativen Winkel haben müßte, das rechts nach vorwärts eilende Blatt BLAU auch einen negativen Winkel hatte. Das heißt, daß im Umlaufsinn bei den nach vorne laufenden Blättern eher geringe Blatteinstellwinkel und bei den nach rückwärts laufenden eher auf positive Einstellungen geschlossen werden kann. Sämtliche Pitch-Links zwischen Taumelscheibe und Pitch-Hörnern waren unbeschädigt, die Gelenke waren gängig und die Kugeln unbeschädigt. Die gesamte Ansteuerung der Taumelscheibe war intakt, allerdings war der Rumpfboden gegenüber der Ebene des Getriebes um etwa 10 cm hinaufgestaucht, wodurch sicher war, daß die Stellung der Servos nicht der ursprünglichen Position entsprach. Diese Überlegung wird dadurch unterstützt, daß der KOLLEKTIV-HEBEL abgerissen ist (Bruch nach vorne), demgegenüber aber der Anzeigehebel am Triebwerksregler rechts auf 90 % steht. Der STICK war ebenfalls aus seiner Verankerung gerissen und lag lose in der Kabine. Da aber zu vermuten ist, daß der STICK vor dem Aufschlag gezogen wurde, aber die Servos durch die Druckeinwirkung von unten in umgekehrter Richtung beansprucht worden sind, kann das vorgefundene Einstellbild der Blätter nur einer - 12 Reaktion der Servos im Aufschlag zugeschrieben werden. Nach Freilegen des SHORT-DRIVE-SHAFT konnte festgestellt werden, daß die rückwärtige flexible Kupplung unter Torsion abgedreht war. Die beiden Magnetstopfen des Getriebes zeigten keine Späne oder Verunreinigungen, im Getriebe war offensichtlich Öl vorhanden (Heraustropfen an den Stopfen). Eine Prüfung der WELLENVERBINDUNGEN durch Drehen am Hauptrotor zeigte, daß die Heckrotorwelle zumindest von der Main-Gear-Box wegdrehbar und mit der MainGear-Box verbunden war. Die Prüfung des Engine-Drive-Shaft zeigte, daß die Arbeitsturbine (N2) ebenfalls frei drehbar war. Nach Demontage der Einspritzleitung am TRIEBWERK wurden aus ihr ca. 2 cm³ Kraftstoff gewonnen. Die Einspritzdüse wurde zur Kontrolle demontiert (durchgängig), weiterer Kraftstoff war auch in der Leitung zwischen Regler und Rückschlagventil nicht enthalten. Die Reglerstellung am Triebwerk war auf 90 %. Nach Öffnen der Klappe im Dom des Hubschraubers wurde die N1-Sektion des Triebwerks geprüft. Der Kompressor war frei drehbar. Der KRAFTSTOFFEINFÜLLSTUTZEN war ordnungsgemäß verriegelt und geschlossen. Nach Öffnen war kein Kraftstoff erkennbar. Die Dichtung (O-Ring) war leicht rissig, aber sonst in Ordnung. Zu den INSTRUMENTEN und Geräten waren folgende Feststellungen möglich: Der Fahrtmesserzeiger stand in Position 77 MPH, der Drehzahlmesser stand auf Null, die Torque-Anzeige war bei 18 PSI, die TOT-Temperatur war im Bereich Null, die Basis des Höhenmessers war auf 996 hPa eingestellt, die Anzeige des Höhenmessers wurde in Position 3794 ft vorgefunden, allerdings ließ sich der Zeiger verstellen. Die VerticalSpeed-Anzeige lag bei minus 4000 ft/min. Sämtliche andere Anzeigen waren in Nulloder nichtssagenden Stellungen. Das eingebaute Funkgerät, ein KX 155 von KING, war nicht ablesbar, alle restlichen Elektronikgeräte waren zerstört. Der Schlüsselschalter wurde in Position OFF vorgefunden. Er wurde von Helfern nach dem Unfall in diese Stellung gebracht. Der Batterieschalter stand in einer aufschlagbedingten, nichtssagenden Stellung. Am Betriebsstundenzähler waren 1912,2 Stunden ablesbar. - 13 - Zum ZUSTAND DER ROTORBLÄTTER wurde an der Unfallstelle folgendes Schadenbild erhoben: Das Blatt GELB lag etwa in Längsrichtung des Hubschraubers nach hinten. In der Reihenfolge im Uhrzeigersinn folgten dann die Blätter GRÜN, ROT, WEISS und BLAU. Das Blatt GELB (S/N E729) lag am Hang hinter dem Wrack auf, es zeigte im wesentlichen die Auswirkungen von Krafteinwirkungen in Umdrehungssinn von vorne nach hinten. Im äußeren Drittel war die Blattstruktur aufgeplatzt, diese Beschädigung begann bei Station 93, das Blattende fehlte vollständig Zusätzlich zeigte es einerseits ein unter Biegung nach oben gebrochenes Pitch-Horn, der Schwenkdämpfer fehlte. Weiters waren an den Aufhängepunkten des Schwenkdämpfers das am Blattfuß angegossene Auge gebrochen (Bruchfläche spröd) sowie die blattseitige Gabelschraube glatt durchgebrochen. Aus dem Beschädigungsbild war ableitbar, daß das Blatt GELB offensichtlich die Erstberührung vollführt hat. Blatt GRÜN (S/N E726): Von diesem Blatt war nur die innere Hälfte strukturell erhalten (innerhalb Station 23). Das außenliegende Stück fehlte, hievon war nur das Nasengewicht vorhanden. Der vorhandene innere Teil war rückwärts aufgeplatzt und das Ende nach unten gebogen. Zusammenfassend folgt, daß auch dieses Blatt wesentliche Belastungen in Umlaufrichtung aufgenommen hat. Die weiteren Spuren an dem Blatt GRÜN ergaben, daß es im inneren Segment oben auf dem Verkleidungsdom des Triebwerkseinlaufs gestreift haben muß. Dies wird bestätigt durch Spuren und Gegenspuren sowohl auf der Verkleidung des Doms als auch auf der Blattunterseite GRÜN. Das Blatt ROT (S/N E728) war etwa 1 m von seiner Blattwurzel komplett durchgerissen, einmal um die Achse gedreht und der äußere Teil nach außen fortschreitend immer stärker beschädigt. Im wesentlichen war ab der Station 111 die gesamte Struktur zerstört. Das Blatt WEISS (S/N 516A) zeigte einen am Ende vollständig aufgelösten Strukturbereich. Die Auflösung begann bei Station 99 massiv zu werden. Das Blattende fehlte, die Rückseite war aufgeplatzt. Das Blatt BLAU (S/N E727) zeigte kaum Endbeschädigungen, allerdings waren Spuren einer flachen Auftreffbelastung erkennbar. An diesem Blatt war kennzeichnend, daß das Auge des Schwenkdämpfers aus der Blattstruktur herausgerissen war. Dieser Bruch war eindeutig ein Zugbruch, d.h. hier hatte sich die Blattmasse unter Voreilen von dem Rückhaltebolzen getrennt. - 14 - Zusammenfassend folgt, daß auch die mikroskopische Überprüfung einzelner Blechkomponenten der Rotorblätter keine Hinweise auf Kontakt mit einem AluminiumFreileitungsseil ergaben. Alle Schäden waren dem Kontakt mit dem Straßenbelag zuzuschreiben. 1.13 ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH Kein Feuerausbruch nach dem Aufschlag. 1.14 ANDERE ANGABEN Zur Unterstützung des Flugeinsatzes war ein Fahrzeug im Bereich des geplanten Landeplatzes stationiert. Der Landeplatz stellt eine Waldlichtung von ca. 45 m x 23 m dar. Das Gelände ist ebenes Wiesengelände, rundherum bestanden von Jungwald (geschätzt ca. 20 m hoch). In dem Begleitfahrzeug waren 5 Stk. 200 l-Fässer gelagert, sie waren mit Gurten gesichert. Diese Bestückung ist nach Aussage der Betreiber der Standardzustand. Die letzte Befüllung der Fässer erfolgte am Flughafen Linz, worüber es einen Lieferschein (Shell Nr. 08017A vom 4. April 1994 über 640 ltr JET A1) gibt. Die Betankung des Hubschraubers erfolgte nach Ermessen des Piloten. An der Kraftstoffpumpe war folgende Beschriftung erkennbar: FILL-RITE, Hersteller TUTHILL EUROPE Brüssel, ohne Typenbezeichnung, ohne Werknummer. Die Pumpe wird elektrisch angetrieben und ist auf einem Rahmen montiert. An dem Pumpenauslauf ist ein Filter für ca. 1 l Volumen mit abschraubbarem Schauglas und Entwässerungseinrichtung montiert. Die Filterbeschriftung war unlesbar. Die Betankung wird in der Folge vorgenommen, daß ein Saugschlauch in die jeweiligen Behälter eingeführt wird und aus der Tankpistole der Hubschrauber befüllt wird. Wasserchecks beim täglichen Betrieb werden an diesem System nicht vorgenommen. Grundsätzlich ist aber die Prozedur so, daß nach Enttanken der Fässer eine Sichtkontrolle des Inhalts durch den Fahrer vorgenommen wird. Für den zugelieferten Kraftstoff gelten die Vorschriften für Flug-Kraftstoffe (Verantwortung des Lieferanten). Am Hubschrauber selbst werden laut Angaben des Halters im Rahmen des Daily-Check Wasserchecks durchgeführt. Für Prüfzwecke wird ca. 1/4 l Kraftstoff aus dem Füllschlauch als Probe entnommen. Der Wassercheck an dieser Probe (EXXON Hydrokit) - 15 war negativ (kein unzulässiger Wassergehalt im Kraftstoff). 1.15 TECHNISCHE UNTERSUCHUNG Spurenuntersuchung am Kufengestell: Aufgrund der Tatsache, daß weder an der Zelle noch an den Haupt- und Heckrotorblättern Hinweise auf Berührspuren mit einem Freileitungsseil nachweisbar waren, wurden am 6. Mai 1994 die Reste des Kufengestells vom Hauptwrack isoliert und einer visuellen Prüfung unterzogen. Zusammenfassend folgt, daß die Unterseite der rechten Kufe und beide zugehörigen Biegerohre keine Hinweise auf Kontakt mit einem Aluminium-Freileitungsseil ergaben. Das linke Kufenrohr war am vorderen Biegerohranschluß verquetscht, die Befestigungsbeschläge zum Biegerohr fehlten, ein diffuses Schürfspurenbild in Längsrichtung war keinem eindeutigen Gegenstück zuordenbar (eventuell Asphalt, Wrackteile oder Seil). Am linken vorderen Biegerohr waren überhaupt keine typischen Kontakt-Schürfspuren an der schwarzen Lackierung zu erkennen. Am linken hinteren Biegerohr waren zwar innen in der Höhe der Auftrittstufe Lackabschürfungen erkennbar, sie waren aber in dieser Form nicht weiter auswertbar (zu viele Überlagerungen mit direkten Wrackteilspuren, keine signifikanten Materialübertragungen). Auffällig war, daß sowohl die Verschraubungen als auch die Befestigungsbeschläge zwischen dem linken vorderen Biegerohr und dem Kufenrohr nicht auffindbar waren. Zerlegeprüfung des Triebwerks: Am 6. Mai 1995 wurde das Triebwerk aus dem Hauptwrack ausgebaut und bei der Firma ACS Aircraft Service Trieben einer Zerlegeprüfung unterzogen. Außer an den Triebwerksaufhängungen waren äußerlich an dieser Komponente nur sekundäre Beschädigungen erkennbar. Die Abgasrohre waren unbeschädigt, die Niederschläge waren hellgrau (normal). Im Frontbereich wiesen die ersten Kompressorstufen mechanische Schäden auf, die auf Ansaugen von Fremdkörpern im Zuge des Aufschlags zurückgeführt werden können. Der Kompressor war frei drehbar (ohne Anstreifgeräusche). Die Kraftstoff-Hochdruckpumpe war mechanisch intakt, die Welle drehbar. Einzelne Anschlußnippel waren durch den Aufschlag herausgerissen. Dadurch war die Hochdruckleitung ausgeronnen, der Kraftstoff-Hochdruckfilter enthielt nur ca. 10 ccm Kraftstoff. Wasserkontamination war nicht nachweisbar. Das Filterelement selbst zeigte - 16 nur geringe Verunreinigungen. Beide Triebwerksregler waren nach dem Ausbau im wesentlichen mechanisch intakt (Wellen drehbar, Reglergestänge gängig), die angeschlossenen Luftleitungen waren formschlüssig, die Kraftstoffleitungen beschädigt und ausgeronnen (Regler System BENDIX). Das Luftumlenkgehäuse war intakt und sauber, die Brennerkammer wies starke frische Verrußungen/schwarze Ablagerungen auf. Dasselbe galt für die Einspritzdüse. Diese Ablagerungen können auf das durch den Gewaltstopp herbeigeführte Mißverhältnis zwischen Kraftstoff-Einspritzmenge und Verbrennungsluft zurückgeführt werden. Die Leitschaufeln und die Laufschaufeln der ersten Turbinenstufe wiesen graue, körnige Beläge auf. Ohne weitere Analyse können verbrannte Fremdteile (Kunststoffe) vom Aufschlag als Ursache vermutet werden. Zusammenfassend folgt, daß im Zuge der Triebwerksuntersuchungen keine Hinweise auf Mängel erkennbar waren, welche zu Betriebsbeeinträchtigungen Anlaß gegeben hätten. Kontaktspuren am 110 kV-Seil: Am 26. Juli 1994 erfolgte der Austausch des durch die Kollision beschädigten Seils der 110 kV-Leitung der ÖBB (Spannfeld zwischen den Masten 37 und 36). Bei dem Seil handelte es sich um eine Verbundkonstruktion mit der Bezeichnung STAHLALU mit 40 mm² Stahlseele und 400 mm² Aluleiterquerschnitt. Bis zum Zeitpunkt der Bergung waren am Seil nur mittels Telefotos einige kleine Schürfspuren und ein gerissener und aufgebogener Leiterdraht konstatiert worden. Nach Tausch des ca. 330 m langen Seilstücks war erkennbar, daß Kontaktspuren an der Seiloberseite in einer Zone von max. 740 cm Länge nachweisbar waren. Zwecks näherer Prüfung wurde ein 820 cm langes Seilstück aus diesem Bereich zur Detailuntersuchung sichergestellt. Global war aus der Seillängenmessung ableitbar, daß der Kontaktpunkt (gerissener Draht) ca. 140 cm von dem bergseitigen Mast 37 entfernt war. Aus dieser Information und aus Basisdatenblättern der ÖBB zum Leitungsverlauf konnten folgende weitere Informationen abgeleitet werden: Horizontale Feldweite 320 m, Höhendifferenz zwischen Talpunkt (36) und Bergpunkt (37) gleich 67 m, Seillänge rechnerisch 328 m, Kollisionspunkt 188 m vom Talpunkt, absolute Höhe des Kollisionspunkts 821 m MSL (185,5 m horizontal vom Talpunkt), relative Höhe des Kollisionspunkts über dem Geländeprofil ca. 50 m. Die Längsneigung des Seils im Kollisionspunkt wurde mit 13° ansteigend zum Bergpunkt errechnet. - 17 Das Spurenbild wird eingeleitet durch zwei ausgeprägte Schürfspuren an der Seiloberseite (Kote 000 bzw. 010 cm von talseitigen Ende gesehen), welche durch massive, fast 1 mm tiefe Materialabtragungen ca +30° schräg zur Seillängsachse gekennzeichnet sind. Dieses Spurenbild setzt sich fort bis zur Kote 400 cm (ab der Erstspur), wobei der Kontaktwinkel rasch abnimmt (Kote 080 bis 180 cm ca +20°, Kote 300 bis 400 cm 00°, gleich achsparallel zu Seil). Bei Kote 540 cm war über eine Länge von fast 60 cm eine massive Einwirkung eines fremden Gegenstands in der Weise nachweisbar, daß eine mehrere Millimeter tiefeSchürfspur in einem Abquetschen eines Aludrahtes mündete. Die Trennstelle war auf der Zugseite (Talseite) durch Querschnittsverminderung und Abscherspuren charakterisiert, auf der Druckseite durch eine auffällige Materialaufstauchung auf dem (auch im Teleobjektiv) wegstehenden, bergseitigen Drahtende. Die mikroskopische Untersuchung dieser Aufstauchung erbrachte den Abdruck eines zylinderförmigen Gegenstücks (Außendurchmesser ca. 9 mm, Lochdurchmesser ca. 4 mm rekonstruiert) sowie Erdeintragungen in den eingerollten Teil der Aufstauchung. Von Kote 630 bis 670 cm war vorerst ein diffuses Spurenbild in Seillängsrichtung mit ausgeprägten Auslauf-Schürfspuren in Richtung -10° bis -20° nachweisbar. Ab der Kote 670 cm waren nur geringe Schürfspuren bis zur Kote 740 cm erkennbar (keine konkrete Zuordnung möglich). Gegenspuren am Kufengestell: Aus der Spurenanalyse am untersten, westlichsten Seil der 110 kV-Leitung der ÖBB im Feld 36/37 war klar geworden, daß zwischen dem Hubschrauber OE-XXX und dem in Rede stehenden Seil ein genau definierbarer Kontakt über eine Länge von 740 cm an der Seiloberseite in Richtung Bergpunkt stattgefunden hat. Diese Berührspur war durch ein schräges Überschneiden des Seils (+30° gegen Seilachse), ein Entlanggleiten entlang des Seils, einen massiven Kontaktpunkt und ein Ausscheren aus dem Seil (-10° bis -20°) gekennzeichnet. Diese Situation wurde durch Aufbau des Seilstücks im Labor und Nachbau einer Hubschrauberkurve bestätigt. Aus dem Geometrievergleich zwischen Hubschrauber und Lage der Seile folgte, daß diese Spur nur von der INNENSEITE der LINKEN KUFE im Zuge einer steilen Rechtskurve des Hubschraubers stammen konnte. Allerdings waren wegen der Zerstörungen an der linken Kufe von OE-XXX keine brauchbaren Gegenspuren abzuleiten. Aus diesem Grund wurde am 15. Mai 1995 auf dem Flugplatz Krems an einem bauähnlichen - 18 Gerät (Hughes 369 E, Kennzeichen OE-XBB) eine Bauteilvermessung mit Dokumentation durchgeführt. Diese Untersuchung ergab (a) eine vollständige Geometrie des "hohen Kufengestells", (b) einen Kotenplan zu den auf dem Kufenrohr eingesetzten Verbindungselementen (Schraubenköpfen) und (c) eine Typologie aller einschlägigen Schraubenköpfe. Ein Vergleich des (herausgetrennten) aufgestauchten Aluseilstücks mit den vorgefundenen Befestigungselementen ergab eindeutig, daß nur zwei an der Kufeninnenseite situierte 12-Kant-Schraubenköpfe mit 4 mm-Loch der Verschraubung zwischen vorderem Biegerohr und Kufenrohr als Verursacher der Seilbeschädigung anzusehen waren. Aus der Tatsache, daß diese in Normalposition 25 mm über dem Erdreich sitzenden Schraubenköpfe auch am Vergleichshubschrauber teilweise erdgefüllt waren, konnte zwanglos ein Zusammenhang zwischen den beiden Kontaktpartnern hergestellt werden (vordere innere Verschraubung der linken Kufe mit oberer Seillitze der Freileitung). Die Auswertung der dargestellten Zusammenhänge im unmittelbaren Seilkontaktbereich im Zusammenhang mit einer Rekonstruktion der Relativlage der Leitungsseile im Spannfeld (38)/(37) aus Mastgeometrie und Hubschrauberabmessungen ergab eine sowohl in den Gesamtabmessungen als auch im Detail der Kontaktposition Schraubenkopf/Seiloberkante plausible Erklärung der möglichen Relativlage von Hubschrauber und Freileitung zum Kollisionszeitpunkt (ca. 45 Grad rechts hängend, leichte Nose-UpPosition von etwa +10 Grad) in Richtung SO. 1.16 SONSTIGES 1.16.1 SCHWERPUNKTBERECHNUNG ZUM ZEITPUNKT DES ABSTURZES: Rüstmasse d.HS Masse Arm Moment lbs in In-lbs 1.489,80 110,18 164.143,20 Pilot 170,00 73,50 12.495,00 vorderer Pax 170,00 73,50 12.495,00 hinterer Pax 170,00 105,00 17.850,00 20,00 110,00 2.200,00 Gepäck Summe “zero fuel mass” Kraftstoff 2.019,80 180,00 209.183,20 95,25 17.145,00 - 19 Flugmasse aktuell 2.199,80 102,89 226.328,20 Der Schwerpunkt lag zum Zeitpunkt des Absturzes sowohl für “Zero fuel mass” als auch für die aktuelle Flugmasse im Limit. Das Handbuch wurde für die Berechnung der Schwerpunktlage offensichtlich nie herangezogen, da die dort eingetragenen und bestätigten Werte Betriebsschwerpunktlagen außerhalb der zulässigen Bereiche ergeben würden. 1.16.2 Gedächtnisprotokoll vom Gespräch mit der Witwe des Piloten Aus einem Gespräch des flugbetrieblichen Sachverständigen mit der Witwe des Piloten war ableitbar, daß es zwischen Pilot und Geschäftsleitung Unstimmigkeiten über finanzielle Belange (offene Gehaltsforderungen) gab. Dieses Faktum hätte den Piloten stetig psychisch belastet. 1.16.3 Protokoll vom Gespräch mit Herrn Bernhard (Chef vom Leitungstrupp Bruck/Mur, 11.04.1994) Der Auftrag zu diesem Fluge lautete: Leitungs - und Mastenkontrolle der 110 Volt Leitung VOITSBERG -HESSENBERG (Mast 166- 1). in weiterer Folge die 110 Volt Leitung VOITSBERG - ARNSTEIN (Mast 1 - 18). Anschließend Crewwechsel in ARNSTEIN um in weiterer Folge die 380 Volt Leitung KAINACHTAL - OBERSILACH (Mast 119 - 244) zu kontrollieren. Bei Mast 117 (hart NW GLEINALMTUNNEL) war eine Unterbrechung des Kontrollfluges für einen Transportflug von Kunstdünger auf Almen des Gutes von MAIERMELLENHOF vorgesehen. Dieser Transport sollte als Wegerhaltungsbeitrag für die Güterwegbenützung durch die Verbundgesellschaft gelten. Dieses Abkommen kann man als langjährige Gepflogenheit ansehen. Verfahren der Leitungsüberprüfung: Flugweg ungefähr 10m über dem Erdseil (oberstes Seil). Je nach Gelände bis Erdseilhöhe. Sicht soll gegeben sein von der Mastspitze bis zum Mastfuß. Daraus ergibt sich eine Flugentfernung zur Leitung von mind. 15 Metern. Ab einer Entfernung von 25m zur Leitung ist eine effiziente Beobachtung nicht möglich. Das heißt, daß bei starker Böigkeit eine größere Entfernung zur Leitung gezwungenermaßen gewählt wird, und wenn eine Entfernung von über 25 m erforderlich ist, wird der Flug abgesagt. Die Beobachter sitzen auf der der Leitung zugekehrten Seite. Das heißt, daß ein Beobachter rechts neben dem Piloten sitzt, der andere hinter dem vorderen Beobachter. Der Pilot sitzt somit auf der - 20 Leitung abgekehrten Seite. Die Leitung und die Masten werden mit freiem Auge und mit Fernglas kontrolliert. Es besteht mit der Firma XXX ein 4-Jahresvertrag, der heuer ausgelaufen ist. Die Flugzeit, welche für Mayr-Melnhof aufgewendet wird, wird separat ausgeworfen und aufgezeichnet. Diese Art Leitungskontrolle wird von diesem Bautrupp schon seit den Jahren 1973/1974 mit mehreren Firmen durchgeführt. Die Verbundgesellschaft verlangt Piloten mit mehr als 1000 Flugstunden Flugerfahrung. Ein Pilot aus Hartberg wurde von der Verbundgesellschaft auf Grund mangelnder Flugerfahrung abgelehnt. Der verunfallte Pilot flog schon mehrmals diesen Landeplatz an. Dieser Landeplatz wurde schon immer für diese Aufträge verwendet. Das Triebwerk soll nach Zeugenaussagen (HAGER und DINHOBEL Mitarbeiter der Verbund Bruck/Mur, welche mit Begleitfahrzeugen das Fahrzeug der Heli Jet begleiteten) noch am Boden gelaufen sein. 1.16.4 BESCHREIBUNG DES LANDEPLATZES Der Außenlandeplatz ist eben und hat eine längliche Erstreckung. Die Längsachse des Landeplatzes erstreckt sich in 294°. Der Landeanflug erfolgte, vom Außenlandeplatz aus gesehen, aus 265°. Der Landeplatz ist östlich und westlich beiderseits der Längsachse von ungefähr 15-20m hohen Bäumen begrenzt. Die Breitenausdehnung ist 22m. Die Längenausdehnung der ebenen Fläche beträgt 37m. Auf einem ca. 8 m breiten Teil Richtung N wird der Landeplatz etwas uneben. Wie schon erwähnt, ist der Landeplatz Richtung N zum MURTAL ohne Baumhindernisse, jedoch verläuft die markante 110KV- Leitung quer zur vom Piloten gewählten Anfluglinie. Die Begrenzung Richtung O ist ebenfalls hoher Baumbewuchs. 2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.1 BEURTEILUNG - 21 Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert. Für das Luftfahrzeug war ein gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt. Der verantwortiche Pilot war im Besitz der zur Durchführung des gegenständlichen Fluges erforderlichen Berechtigungen. Sie waren am Unfalltag gültig. Der Gesamtzustand, die Ausrüstung und der Wartungszustand des Luftfahrzeuges entsprachen den Lufttüchtigkeitsforderungen. Die Gesamtmassen und die Schwerpunktlage waren innerhalb der vorgeschriebenen Limits. Der Unfall hat sich im Zuge des Anflugs auf einen Außenlandeplatz im Bereich des Betriebsumkehrplatzes am Nordportal des Gleinalmtunnels ereignet. Der Pilot erkannte eine dem Flugweg kreuzende 110 kV-Leitung der ÖBB zu spät. Während des eingeleiteten Ausweichmanövers (steile Rechtskurve) kollidierte die linke Kufe des Hubschraubers mit dem untersten, westlichsten Freileitungsseil mit Kurs Südosten in ca. 50 m Höhe GND. Die Kollision erfolgte am "Umkehrpunkt" der Ausweichbewegung des Hubschraubers mit starker rechts-Querlage (und damit verbundener Sinkrate). Dabei wurde das unterste, westliche Leitungsseil nur wenige Zentimeter überschnitten (sicher nicht mehr als 20 cm, sonst wären Spuren auf den inneren Biegerohrflächen erkennbar gewesen). Das aus dem Spurenablauf erkennbare kräftige Hängenbleiben der linken Kufe am Seil ist durch das Zusammenfallen von "ansteigendem Seil" und Sinkrate des Hubschraubers zu erklären. Durch den Seilkontakt wurden Momente um die Längsachse des Hubschraubers induziert, die in der verfügbaren freien Höhe von ca. 50 m über GND nicht mehr aussteuerbar waren. Grundsätzlich waren die Triebwerksanlage, die Rotorsysteme und die Steuerung des Geräts nach dem Seilkontakt noch funktionsfähig gewesen. Triebwerksleistung war ebenfalls verfügbar. Die durchgeführten technischen Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf vorbestandene technische Mängel oder Betriebsbeschränkungen als Element in der Kausalkette des Unfalles. Sämtliche mechanische Schäden sind erst durch den Aufprall des Luftfahrzeuges am Boden eingetreten. Technische Mängel waren als Unfallursache nicht nachweisbar. Die rekonstruierte Gesamtmasse und der Schwerpunkt des Hubschraubers waren sowohl beim Abflug im Umspannwerk Hessenberg als auch bei der Seilberührung im - 22 gemäß Flughandbuch vorgeschriebenen Limit. Durch das stark überzogene Flugmanöver in Verbindung mit dem vorherrschenden Rückenwind bei einer Fluggeschwindigkeit von ca. 30 kts bis ca. 40 kts IAS kam es zu einem Strömungsabriß an einem Teil der Hauptrotorblätter. Dieser Strömungsabriß machte ein kontrolliertes Weiterführen des Abkurv/Umkehrmanövers in ungefährer Horizontalebene unmöglich. Der Hubschrauber kippte in seiner eingeleiteten Drehbewegung nach rechts ab. Es folgte der steil absteigende, mit dem Bug des Hubschraubers fast senkrecht nach unten zeigende, tonnenrollenähnliche Ast der Flugbahn. Die Bodenberührung erfolgte in einer Linkstendenz - aus dem tonnenrollenähnlichen Flugmanöver heraus - mit ca. 60° Querlage und ca. 80° nose down Position des Hubschraubers. Die Flughöhe am Beginn des Umkehrmanövers war mit ca.50 m über GND zu gering, um den Hubschrauber aus seinem steilen Abwärtsflug herauszumanövrieren. Nicht ausgeschlossen werden kann, daß die angespannte finanzielle Situation sowie die aufgrund der Arbeitsmarktsituation bestehende Abhängigkeit des Piloten vom Unternehmer und die damit verbundene psychische Belastung zu einer Einschränkung der Konzentration während des Fluges geführt hat. 2.2 SCHLUSSFOLGERUNGEN 2.2.1 Unfallart Kollision mit einem Seil einer Hochspannungsleitung (Landeanflug, ca. 50 m GND) 2.2.2 Unfallursachen - Zu spätes Erkennen eines Hindernisses - Verspätetes Einleiten eines Ausweichmanövers - Mögliche Einschränkung der Konzentration durch psychische Belastung - 23 - 3. V O R S C H L Ä G E 3.1 SOFORTMASSNAHMEN Keine. 3.2 VORSCHLÄGE DER SACHVERSTÄNDIGEN Einführen von Routenmanuals mit Markierung aller möglichen Hindernisse im Operationsbereich bei bodennahen Einsätzen von Hubschraubern. Um Piloten die Konzentration auf die fliegerische Tätigkeit zu ermöglichen, sollten Betriebsklima und finanzielle Rahmenbedingungen in adäquater Form vorhanden sein. Der Leiter der Flugunfallkommission: Dr. Andreas LINHART