Der erste Sieger aus dem Süden

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Der erste Sieger aus dem Süden
DER LANDBOTE
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SPORT
MITTWOCH, 9. JUNI 2004
BASKETBALL
TAMPA BAY LIGHTNING GEWINNT DEN STANLEY CUP
Noch ein Neuer
Der erste Sieger aus dem Süden
Ein weiterer Nachzügler für das Basketball-Team der USA an den Olympischen
Spielen 2004 in Athen ist bekannt: Es
stösst – nach den vielen Absagen von
Stars – nun auch Clevelands 22-jähriger
Powerforward Carlos Boozer hinzu. Damit sind vom ursprünglichen Team nur
noch Allen Iverson und Tim Duncan mit
dabei, zumal wohl auch Mike Bibby und
Jermaine O'Neal verzichten werden.
Derzeit ebenfalls im Kader sind LeBron
James, Stephon Marbury, Richard Jefferson, Shawn Marion und Amare Stoudemire. In der jetzigen Mannschaft haben
nur Duncan und Marion internationale
Erfahrung, allerdings keine olympische.
Coach Larry Brown hofft, die routinierten Ben Wallace und Reggie Miller zum
Mitmachen überreden zu können. Zudem rechnet er mit der Zusage weiterer
junger Spieler. (ldb)
RUNDSCHAU
Titel für Jugendringer
Die Jugendringer aus der Schweiz massen sich in Willisau im griechisch-römischen Stil an den Meisterschaften. In der
Gewichtsklasse bis 60 kg setzte sich Philipp Dietiker in allen Kämpfen durch
und konnte die Siegertrophäe nach Hause nehmen. Reto Haslebacher (bis 46 kg)
errang Silber, wobei er nur im Final, gegen den neunfachen Schweizer Meister
Pascal Strebel (Freiamt), eine Niederlage
bezog. Marco Bruderer (bis 60 kg) erreichte den 4. und Nathan Widmer (bis
47 kg) den 5. Rang. (gf)
Zwei weitere Siege
Das NLA-Team der Winterthur Warriors
überzeugte gegen Genf von Anfang an
mit einer starken und konstanten Leistung. So waren die Winterthurer Footballer schon sehr früh in der Lage, die
ersten Punkte zu verbuchen. Dieser
Schwung konnte bis zur Halbzeit (29:0)
gehalten werden. Auch im dritten und
vierten Viertel vermochten sie mit ihrer
Vielseitigkeit zu überzeugen und erkämpften sich mit dem 43:0 einen wichtigen Sieg. Zu erwähnen ist die sehr konzentrierte und effiziente Leistung der
Defensive. Auch der Angriff überzeugte
mit einer frechen Mischung aus Passund Laufspiel. Das nächste NLA-Heimspiel, gegen die Basel Gladiators, findet
am Samstag, 19. Juni, auf dem Deutweg
statt. Für beide Teams kann dieses Treffen wegweisend für den Einzug in die
Playoffs sein.
Nach drei Touchdowns im zweiten
Viertel erreichten die Warriors-Junioren
gegen Genf eine 21:0-Pausenführung. In
der zweiten Hälfte nahm die Konzentration bei beiden Teams ab. Kurz vor
Schluss konnten die Genfer auf 21:6 verkürzen. (al/jl)
37
Tampa Bay Lightning gewann
das siebte und entscheidende
Spiel um den Stanley Cup
gegen die Calgary Flames 2:1.
TAMPA. In den Tagen, in denen man
sich hier zu Lande erstmals ins
Schwimmbad wagt, pflegt in Nordamerikas Eishockey der Stanley Cup entschieden zu werden. 30 Grad warm wars am
Montag auch in Tampa, dennoch kam
die Rekordkulisse von 22 717 Zuschauern ins Stadion – und sah mit Tampa Bay
Lightning das erste Team aus dem Süden
der USA Stanley-Cup-Sieger werden.
Der gefeierte Held war der Ukrainer
Ruslan Fedotenko, der beide Tore Tampas schoss. Nach 14 Minuten gelang
dem Flügelstürmer das 1:0, im Mitteldrittel doppelte er mit dem Game-WinningGoal nach. Das 2:0 hatte Vincent Lecavalier, die Nummer 1 im Draft von 1998,
mustergültig vorbereitet, als er sich auf
der linken Seite durchsetzte und Fedotenko bediente. Tampa hatte in den Playoffs 14 von 15 Spielen gewonnen, wenn
es nach zwei Dritteln führte. Im letzten
Spiel der Saison leistete sich das Überraschungsteam trotz Calgarys Schlussoffensive keinen Fauxpas. LightningGoalie Nikolai Chabibulin musste sich
nur von Craig Conroy bezwingen lassen,
der nach 50 Minuten eine Überzahlsituation nutzte. Für die kanadischen
Teams, die 1993 durch die Montreal Canadians die Trophäe letztmals holten,
geht die Durststrecke weiter.
Mässige Unterhaltung
Unterhaltsames Eishockey boten die
beiden Teams aber nicht. Vielleicht lag es
an den Temperaturen, vielleicht an der
schlechten Qualität des Eises oder an der
mangelnden Kreativität der Spieler nach
einer langen Saison. Was die beiden
Teams boten, war nicht schön anzusehen. Tampa brachte während der ganzen
Partie nur gerade 15 Schüsse auf das von
Miikka Kiprusoff gehütete Tor Calgarys
zu Stande und verliess sich auf die einfachste mögliche Erfolgsformel: Man
nehme zwei, drei Efforts seiner besten
Spieler und hoffe auf einen grossen
Abend seines Torhüters. Den hatte Goalie Nikolai Khabibulin sehr wohl, nötig
war er aber nur im letzten Drittel, als sich
Calgary mit letzter Kraft gegen die Niederlage stemmte. In den ersten 40 Minuten hatten die Flames gerade sieben Mal
aufs Tor geschossen, in der Endabrechnung waren es 17 Schüsse.
Erfolg einer «grauen Maus»
Dass ausgerechnet Tampa Bay als erste Mannschaft aus dem Süden den begehrten Pokal gewann, ist überraschend.
Seit seiner Aufnahme in die NHL 1992
galt Tampa als graue Maus, ja war jahre-
Bilder: key
Der Ukrainer Ruslan Fedotenko erzielte beide Tore Tampa Bays zum 2:1-Sieg im entscheidenden Spiel gegen Calgary.
lang eines der schwächsten Teams der
Liga. Noch in der letzten Saison scheiterte es bereits in der ersten Playoff-Runde. Nun gelang Lightning der Finalsieg,
den die «Palmen-Teams» Los Angeles
Kings (1993), Florida Panthers (1996)
und Anaheim Mighty Ducks (2003) verpasst hatten, nach einem 2:3-Rückstand
in der Serie.
Eine solche Wende war seit 1971 nur
einem Team gelungen: der Colorado
Avalanche 2001 mit David Aebischer als
Ersatzgoalie. Tampa Bays Klubbesitzer
Bill Davidson könnte es zudem gelingen,
im selben Jahr den Titel in der NHL und
in der NBA zu gewinnen. Denn ihm gehören auch die Detroit Pistons, die im Final der Basketballer gegen die Los Angeles Lakers 1:0 führen.
Tortorella erhofft hatte. Sein Team könne den Stanley Cup gewinnen, hatte er
während der ganzen Finalserie betont,
aber nur dann, wenn seine besten Spieler
den Unterschied ausmachen könnten.
Dennoch kam der Sieg auch für ihn
überraschend: «Ich kann immer noch
nicht glauben, wie schnell es ging», sagte
er, «es war nicht geplant, schon nach
dem dritten Jahr so weit zu sein.» Seit
drei Jahren ist er bei Tampa Bay im Amt.
Für Calgary, das als noch grösserer
Aussenseiter in die NHL-Playoffs gegangen war als Tampa Bay, war die Niederlage bitter. Die Flames waren keineswegs
chancenlos nach Tampa gereist, denn
von den sechs vorangegangenen Spielen
dieses Finals hatte die Heimmannschaft
nur gerade zwei gewonnen. Doch der
Heimvorteil spielte dann doch eine Rolle
– wie so oft im siebten Spiel einer PlayoffSerie. (ldb/si)
Die Jungen – und ein Alter
Den überraschenden Erfolg machten
in erster Linie die jungen Spieler möglich. Neben Lecavalier (24) und Fedotenko (25) stach vor allem Brad Richards
(24) heraus. Richards, der zum MVP,
dem wertvollsten Spieler der Playoffs,
gewählt wurde, schoss in 23 Spielen 12
Tore und gab 14 Vorlagen. Der glücklichste Spieler dürfte Dave Andreychuck
gewesen sein. 41 Jahre, 22 Saisons oder
1759 NHL-Partien hatte der Captain der
Lightning warten müssen, bis er zu seinem ersten Stanley-Cup-Ring kam. Es
kam so heraus, wie es sich Coach John
Topskorer Martin St. Louis stemmt die (ge)wichtigste Trophäe im Eishockey.
VIER WINTERTHURER AM VERRÜCKTESTEN RADRENNEN DER WELT
«Das Härteste, was wir als Sportler je gemacht haben»
Vier Männer aus der Region
Winterthur nehmen am härtesten Radrennen der Welt teil –
darunter auch Stefan Schärer.
Der neunfache Handball-SchweizerMeister und jetzige Pfadi-Präsident Stefan Schärer stapelt tief: «Es sind keine
Weltmeisterschaften, sonst müsste die
Schweiz vier talentiertere Fahrer schicken.» Was der 38-Jährige und seine drei
Mitstreiter vorhaben, ist jedoch trotzdem imposant. Sie nehmen als Viererteam am Race across America teil. Neben Schärer fahren Thomas Meier (33)
aus Seuzach, Daniel Mägerle (33) aus
Winterthur sowie der TV-Sportjournalist
Roland Mägerle (35) aus Neftenbach.
Das Rennen beginnt am 21. Juni im
kalifornischen San Diego. Anschliessend muss ganz Nordamerika auf einer
vorgegebenen Strecke durchquert werden. Das Ziel ist Atlantic City in der Nä-
he von New York. Die Teilnehmer fahren
nie alle gemeinsam, sondern wechseln
sich ab. Die Arbeitsteilung ist vorgeschrieben: Zwei der vier Fahrer wechseln sich während sechs Stunden im
Stundenrhythmus ab, dann übernehmen
die anderen beiden Fahrer. So soll immer
ein Rad auf der Strecke sein – 24 Stunden
am Tag. Zu absolvieren sind 4800 Kilometer und 31 000 Höhenmeter. Der
höchste Punkt der Strecke ist auf knapp
2500 Metern über Meer.
Von 0 bis 50 Grad Celsius
Bild: Heinz Diener/Archiv
Ehrgeiziges Ziel: Stefan Schärer.
«Unser Ziel ist es, die Strecke in sechs
Tagen und sieben Stunden hinter uns zu
bringen», sagt Daniel Mägerle. Fünf weitere Viererteams nehmen die Strecke in
Angriff. Die meisten sollen bereits Erfahrung mit dem Rennen haben. Einige seien bereits in den USA am Trainieren. Der
Rekord stammt aus dem Jahr 1996: Jenes
Team wurde nach fünf Tagen, sechs
Stunden und vier Minuten gestoppt. Ins-
gesamt gehen dieses Jahr 100 Fahrer an
den Start – viele in der Kategorie Einzelfahrer. Das grösste Problem seien aber
nicht nur die harte Strecke und der wenige Schlaf, so Daniel Mägerle. Zu kämpfen geben würden vielmehr auch die verschiedenen Klimazonen und die Temperaturschwankungen. Die Fahrer rechnen mit 0 bis fast 50 Grad Celsius.
Entstanden sei die Idee vor knapp
zwei Jahren und habe «sehr schnell sehr
grosse Dynamik entwickelt», sagt Daniel
Mägerle. Während des ganzen Mai wurde zum Beispiel intensiv trainiert, unter
anderem während einer Trainingswoche
in Italien. Jeder der Teilnehmer hat seit
Jahresbeginn 7000 Trainingskilometer in
den Beinen. Auch medizinische Tests
mussten absolviert werden. Jeder wisse
jetzt, mit welcher Pulsfrequenz er die
Strapazen am besten überstehe. Gross
sei ausserdem der administrative Aufwand gewesen. Vor allem musste das
Reglement auswendig gelernt werden.
Ein Muster daraus: Wer eine Pinkelpause öffentlich abhält, riskiert den Rennausschluss. Zahlreiche Kontrolleure,
auch verdeckt operierende, wachten
darüber. Wichtig war zudem, dass genügend Helfer für das Projekt motiviert
werden konnten. 15 Freiwillige werden
die vier in die USA begleiten. Ihre
Funktionen reichen vom Massieren der
Fahrer bis zum Steuern der vier Begleitautos. Dank Sponsoren können jedem
Helfer Flug und zwei Hotelübernachtungen bezahlt werden. «Trotzdem bezahlt jeder der vier Rennfahrer zwischen
10 000 und 15 000 Franken aus der eigenen Tasche», sagt Schärer.
«Es ist eine spezielle Reise und ein
Abenteuer», begründet Daniel Mägerle
seine Motivation. Er sei sich allerdings
bewusst, dass dies «das Härteste ist, was
ich je gemacht habe». Albträume habe er
deswegen aber nicht. Trotzdem: Die vier
planen, nach dem Rennen zur Erholung
eine Woche Ferien zu machen. (wä)