Bürsten und Beten - Chancengleichheit
Transcription
Bürsten und Beten - Chancengleichheit
BÜRSTEN UND BETEN Frauen Leben Gottesdienst Ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit“ Thematische Impulse Bausteine für Gruppen Gottesdienstentwurf zu Sprüche 31,10-31 BÜRSTEN UND BETEN Frauen Leben Gottesdienst Ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit“ Thematische Impulse Bausteine für Gruppen Gottesdienstentwurf zu Sprüche 31,10-31 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 1 BÜRSTEN UND BETEN Frauen Leben Gottesdienst Ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit” Thematische Impulse Bausteine für Gruppen Gottesdienstentwurf zu Sprüche 31,10-31 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 2 3 A. Gottesdienst 4 I. Ankommen im Raum 5 II. Ankommen bei mir – Ankommen bei Gott 5 III. Thematische Entfaltung 8 IV. Aufbrechen – sich senden und segnen lassen 13 B. Anhang 17 I. Materialien zum Gottesdienst 18 II. Thematische Impulse 25 III. Bausteine für Gruppen 40 Literatur 46 Arbeitshilfen 46 Kontakte 47 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 3 Vorwort Sie haben mit diesem Heft den dritten Gottesdienst der Reihe FrauenLebenGottesdienst in den Händen. Diese Reihe stellt frauenspezifische Themen in den Mittelpunkt und bietet dazu jeweils einen Gottesdienstentwurf. Die Gottesdienste knüpfen an den Dekadesonntag an, für den im Rahmen der Ökumenischen Dekade „Solidarität der Kirchen mit den Frauen” (19881998) vom Landeskirchlichen Ausschuss zur Ökumenischen Dekade in den Jahren 1996, 1997 und 1998 Materialsammlungen herausgegeben wurden. Dieser dritte Gottesdienst trägt den Titel BÜRSTEN UND BETEN – ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit”. Man mag sich fragen, wie Bürsten, Beten und Gesundheit zusammenhängen. Unter „Gesundheit” verstehen die meisten Menschen zunächst, nicht krank zu sein oder auch sich wohl zu fühlen. Für dieses gesundheitliche Wohlbefinden sorgen in unserer Gesellschaft in der Regel Frauen. Dazu gehören zahlreiche alltägliche Tätigkeiten wie pflegen, waschen, putzen, kochen, bügeln oder für andere zu sorgen. Durch diese Tätigkeiten schaffen Frauen Räume, in denen Leben wachsen und gedeihen kann. Die „Bürsten” im Titel symbolisieren diese vielfältigen Sorgetätigkeiten der Frauen. Diese alltäglichen Handlungen sind aber oft auch begleitet von den Fragen nach dem, was das Leben trägt und was ihm Sinn gibt. Für diese Frage steht der Begriff „Beten”. Der vorliegende Gottesdienstentwurf will aufzeigen, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens und die Frage nach der eigenen Gesundheit, wie die Sorge um die Seele und die Sorge um den Körper zusammenhängen. Dieser Gottesdienstentwurf thematisiert, ausgehend vom Predigttext aus Sprüche 31, unterschiedliche Haltungen, die Frauen zu ihren Sorgetätigkeiten entwickeln können. Wenn Frauen ihre Sorge nur auf andere, aber nicht auf sich selbst richten, entsteht leicht eine gesundheitsschädliche Überforderung. Wenn sie in ihren Tätigkeiten ihre Kraft entfalten, wird aber auch Vitalität und Lebensfreude ausgedrückt. Nur im Wahrnehmen des Ganzen kann Gesundheit und gesundheitsbewusstes Handeln wachsen. Deshalb sollen in diesem Gottesdienstentwurf beide Aspekte gleichermaßen zu Wort kommen: Körper und Geist. Dieser Gottesdienstentwurf ist in seinen Formulierungen zwar ausschließlich auf Frauen bezogen, aber allen, die damit arbeiten, steht es frei, so zu formulieren, wie es ihnen passend erscheint. Dieser Entwurf wurde von Mitgliedern der „Fachgruppe Frauenliturgie” erarbeitet, namentlich: Bettina Hertel Theologin und Psychologin, Geschäftsführerin Evangelische Frauen in Württemberg Rebekka Müller Kurleiterin Mütterkurheim Bad Wurzach Ariella Pavoni Frauenbildung zu Gesundheitsthemen, Referentin bei Evangelische Frauen in Württemberg Anke Rüdinger Pfarrerin z.A. im Büro der Frauenbeauftragten (bis 31.8.2006) Elisabeth Schweizer Pfarrerin, Klinikseelsorge Klinik am Aichert, Göppingen Brigitte Straßner Pfarrerin, Klinikseelsorge Klinikum Nordschwarzwald, Calw 3 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 4 A. Gottesdienst 4 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 5 A. I. Ankommen im Raum A. I. Ankommen im Raum EINGANGSSZENERIE Im Eingangsbereich befindet sich eine Sammlung von unterschiedlichen Bürsten, z.B. hängen sie an einer Wäscheleine oder liegen im Waschkorb an den Seiten. Die Bürsten sind mit Zetteln oder einer Aufschrift versehen, die die Besucherinnen interaktiv anregen sollen: l l l l Betrachten Sie Ihre Bürste. Was erzählt Ihre Bürste aus ihrem Alltag? Wie viele Bürsten haben Sie schätzungsweise zu Hause? Wer benutzt welche Bürste in Ihrem Haushalt? Die Gottesdienstteilnehmerinnen nehmen sich beim Hereinkommen eine Bürste und suchen sich einen Platz. A. II. Ankommen bei mir – ankommen bei Gott A. II. Ankommen bei mir – ankommen bei Gott EINGANGSMUSIK Bürsten- oder Besenbegleitung zu einem Musikstück von Bach aus dem Wohltemperierten Klavier (siehe Anhang) EINSTIMMUNG Sprechmotette Mit den Bürsten werden unterschiedliche Frauenrollen charakterisiert, die sowohl viele verschiedene Frauen symbolisieren können als auch viele Seiten ein und derselben Frau. Einzelne Mitarbeiterinnen kommen nacheinander aus den Bankreihen nach vorne, zeigen Ihre Bürste mit einer Bewegung und sprechen währenddessen einen Satz, passend zu ihrer Bürste, z. B.: Klo schrubben, so ein Mist. (die Opferrolle: immer ich!) Immer wieder diese Haare auf dem Teppich. (die Perfekte) Ich möchte glänzendes Haar bekommen. (die Schöne) Kinder, putzt eure Zähne ordentlich! (die Sorgende) Mit mir nicht, nein! Stop! So geht´s nicht weiter! (die Widerborstige) l Hauptsache, alle tanzen nach meiner „Bürste”. (die, die alles im Griff hat) l Ist doch alles nur ein Spiel… (die Leichte, jongliert mit Bürsten) l Ja, ich bin´s! (die Selbstbewusste, die sich selbst Schätzende) l l l l l 5 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 6 Wenn die Mitarbeiterinnen vorne sind, „frieren sie ein”; die nächste, die dazukommt, ebenso, bis die letzte Frau vorne ist, sie friert auch kurz ein – und alle beginnen gemeinsam gleichzeitig ihren Bürstensatz zu sprechen, werden lauter und hören auf ein Zeichen gemeinsam abrupt auf. Diese Einlage lebt vom zügigen Ablauf und sollte nicht länger als 5-7 Minuten dauern. Thematische Hinführung THEMATISCHE HINFÜHRUNG BÜRSTEN UND BETEN – so lautet der Titel unseres Gottesdienstes zum Thema „Frauen und Gesundheit”. „Bürsten und Beten” – statt „Küche und Kirche”? Typisch Frau, mögen da die einen denken, und andere fragen sich vielleicht, wie das zusammenhängen soll: das Bürsten, das Beten und die Gesundheit. Würde ich Sie fragen, was Sie unter Gesundheit verstehen, dann würden Sie wahrscheinlich wie die meisten Menschen spontan antworten: nicht krank sein. Doch gesund zu sein heißt noch mehr: „Ich bin gesund.” heißt auch: „Mir geht’s gut. Ich fühl mich wohl.” In unserer Gesellschaft sind es in der Regel die Frauen, die für dieses Wohlbefinden sorgen. Sie pflegen, putzen, waschen, bügeln, kochen und sorgen – sie schaffen Räume, in denen Leben wachsen und gedeihen kann. Bürsten – dieser Begriff steht für all die Tätigkeiten, die dazu verhelfen, dass Menschen gesund bleiben und sich wohl fühlen können. Dabei kann es natürlich nicht nur um das gehen, was wir Frauen für andere tun – es geht auch darum, was wir für uns tun, um uns gesund zu halten. Und dazu gehört nicht nur dieses „Bürsten”, sondern eben auch das „Beten” – denn alle alltäglichen Handlungen sind begleitet von den Fragen nach dem, was uns trägt und was unserem Leben Sinn gibt. Die Frage nach dem Sinn und unsere Gesundheit – sie hängen eng miteinander zusammen. Das Gebet ist die Brücke, die Verbindung schafft zwischen unserem Alltag und der transzendenten Welt. Daran erinnert auch der bekannte Leitspruch der Benediktiner: Ora et labora, deus adest sine mora (Bete und arbeite, Gott ist da ohne Verzug). Diese Regel zielt auf eine Vermenschlichung des Mönchtums, indem sie die Mönche davor bewahrt, entweder nur in die Kontemplation oder nur in die Aktion zu verfallen. Durch ein gleichwertiges Nebeneinander von geistlichen Pflichten und weltlichen Aufgaben kann ein Mensch in seinem Leben eine Harmonie finden, die ihn näher zu Gott bringt. Auch dies hat mit Gesundheit zu tun. Beides: die Sorge um unseren Körper und die Sorge um unsere Seele gehören zu einem gesundheitsbewussten Handeln. Schon die mittelalterliche Mystikerin Theresa von Avila hat diesen Zusammenhang von Leibsorge und Seelsorge beschrieben, als sie sagte: „Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.” Darum: lasst uns „bürsten und beten”. 6 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 7 LIED EG 577 Öffne meine Ohren, Heiliger Geist EINGANGSWORT In deinem Namen feiern wir diesen Gottesdienst: Gott, du Quelle des Lebens – Jesus Christus, du Grund unserer Hoffnung – Heiliger Geist, du heilende Kraft. EINGANGSGEBET (siehe Anhang) Körpergebet Ich nehme staunend die Welt wahr. Ich gehe zu meinem Herzen, schützend und bergend. Ich strecke mich zwischen Himmel und Erde. Ich umarme die Fülle des Lebens, mit allem Schönen und Schweren. Ich gehe zu meinen Wurzeln und schöpfe vom Grund und nehme es in meine Mitte. PSALMGEBET (weitere Psalmen im Anhang) Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes und dein Recht wie die große Tiefe, Herr, du hilfst Menschen und Tieren. Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht. (Psalm 36,6-10) GEBET Gott, du Schöpfer, zu deinem Ebenbild bin ich geschaffen. Aus deiner Fülle lebe ich. Ich komme zu dir, mit allem Schönen und mit allen Mühen der vergangenen Woche. Ich breite in der Stille vor dir aus, was mich bewegt. STILLE Nun bitten wir dich, lass diesen Gottesdienst eine Unterbrechung sein, in der wir zur Ruhe kommen und aus der wir neue Kraft schöpfen. Amen 7 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 8 LIED EG 575 Komm göttliches Licht, erleuchte die Erde, erfüll unsre Herzen, nimm Wohnung in uns A. III. Thematische Entfaltung A. III. Thematische Entfaltung Textlesung Sprüche 31,10-31 in der Übersetzung der „Bibel in gerechter Sprache” 2006 erschien eine neue wissenschaftliche Bibelübersetzung: die „Bibel in gerechter Sprache”. Diese Übersetzung bemüht sich um größtmögliche Nähe zum Urtext, sie bemüht sich um Gerechtigkeit gegenüber den Geschlechtern, um Sensibilität für das christlich-jüdische Gespräch und um den Blick auf die sozialen Lebensbedingungen zur Zeit der Entstehung der biblischen Texte. Deshalb wurde sie diesem Gottesdienstentwurf zugrunde gelegt. Wo nach eigenem Ermessen die Lutherübersetzung oder eine andere als sinnvoller erachtet wird, kann selbstverständlich auch diese zugrunde gelegt und verlesen werden. TRIALOG zu Sprüche 31,10-31 Vorschlag zur Inszenierung des Trialogs Drei Frauen inszenieren den Trialog in Form eines kleinen „Anspiels” im Kirchenraum. Um das Thema „Bürsten und Beten” aufzugreifen, können sie während des Gesprächs mit Kleiderbürsten je einen Mantel oder ein schönes Tuch bearbeiten, das sie sich am Ende des Trialogs selbst umhängen – ein Symbol dafür, dass die Frauen das „Gewand der Würde” bearbeiten, mit dem sie sich im Gespräch auseinandersetzen, das sie greifbar nah haben und sich eigentlich nur noch „antun” müssen. 8 Stimme 1 „Das Lob der tüchtigen Hausfrau” in Sprüche 31,10-31 ist ja eigentlich ein ganz schrecklicher Text. Es sieht zwar so aus, als ob eine Frau hier gelobt wird, für das, was sie tut, aber in Wirklichkeit wird ihr doch wieder nur Druck gemacht. Sie muss so viel leisten, muss ihr Haus versorgen, auch noch Geld verdienen, und wenn sie Glück hat, lobt ihr Mann sie dafür einmal. Anstatt sie zu entlasten! Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Frau irgendwann vor Erschöpfung zusammenbricht. Sie arbeitet Tag und Nacht, ihre Lampe brennt nachts und zu all dem macht sie auch ein freundliches Gesicht und tut ihrem Mann nie irgendetwas Böses. Das ist eine verklemmte, scheinbar stets freundliche Frau, die nicht aufmüpfig ist und alles einsteckt. Früher oder später kriegt sie gesundheitliche Probleme, wenn sie alles in sich hineinfrisst. Wo sind ihre Aggressionen? Wo ist ihre Unzufriedenheit mit ihrer Situation? Wofür wird sie gelobt? Nur dafür, dass sie leistet und funktioniert? Reicht es nicht, dass sie ein angenehmer Mensch ist, darf sie keine Schwächen haben, um anerkannt zu bleiben? Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 9 Stimme 2 Du kannst natürlich in jede Suppe spucken und an allem etwas Gemeines finden, aber schau doch mal: diese Frau, die ist doch voll im FLOW! Sie hat Vergnügen an ihrer Arbeit! Sie genießt das Leben und Arbeiten so sehr, dass sie sich auf den nächsten Tag freut. Und ich glaube, sie besitzt deshalb so eine Vitalität, weil sie die Gelegenheit hat, sich auszudrücken. Weil sie einen Ort hat, um ihre Gaben zu entfalten. Sie entwickelt ihr ganzes kaufmännisches und kommunikatives Geschick, und gerade ihr Erfolg spornt sie zu noch mehr Glanzstücken an! So sollte es doch sein mit der Arbeit: lustvoll mit den eigenen Gaben wuchern und merken, wie das Leben – auch das Leben der anderen! – bereichert wird und gelingt! Dann ist auch keine Angst mehr nötig davor, dass ich zu kurz kommen könnte. Ich finde, diese Frau macht ganz und gar nicht den Eindruck, zu kurz zu kommen. Sie glänzt in ihrer ganzen Schönheit, Kraft und Würde! Und ihr Mann scheint auch noch damit umgehen zu können: er redet ihr nicht dauernd rein und weiß alles besser, er hat seinen eigenen Bereich und ist dort anerkannt, er ist nicht neidisch auf ihren Erfolg, sondern stolz auf sie – ist das etwa keine Unterstützung? Ich finde es klasse, dass hier mal kein klein machendes Frauchen-Bild gemalt wird, sondern dass eine geschickte Händlerin mit intellektuellem Niveau zu sehen ist – eine glückliche, erfolgreiche, starke, charmante und warmherzige Managerin eines Kleinfamilienunternehmens. Stimme 3 So positiv wie du habe ich den Text zunächst auch nicht wahrgenommen. Vielleicht ist diese Frau ja tatsächlich „glücklich, erfolgreich, stark und charmant...”. Für mich allerdings klingt das ein bisschen wie in der Werbung. Da werden uns doch auch immer die strahlenden Frauen gezeigt, die alles auf die Reihe kriegen. Wer von uns Frauen will nicht so sein? All die vielfältigen Aufgaben bestens managen und dabei noch lächeln. All den Erwartungen an uns gerecht werden. Aber sind wir Frauen so? Wir bemühen uns. Oft sind Frauen auch tatsächlich unglaublich stark. Und lange Zeit geht das auch gut. Auch bei mir ging es lange Zeit gut: die Kinder, die kranke Schwiegermutter und noch zur Arbeit gehen, weil wir das Geld eben gut gebrauchen können... Manchmal wurde ich gefragt: wie schaffst du denn das alles? Aber irgendwann konnte ich dann beim besten Willen nicht mehr lächeln. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich konnte keine Freude mehr empfinden, war total erschöpft und meine Rückenschmerzen wurden unerträglich. Das war für mich dann das Zeichen: so kann ich nicht weiterleben. In dieser Zeit habe ich viel nachgedacht über mein Frau-Sein und über meine Gesundheit. Ich bin damals zu einer Beratungsstelle gegangen und habe eine Mütterkur für mich in die Wege geleitet. Diese Auszeit gehört zu der wertvollsten Zeit meines Lebens. Seither nehme ich auch meine eigenen Bedürfnisse mehr wahr und schaffe mir immer wieder einen Freiraum. Denn ich möchte einfach nicht noch einmal an den Punkt kommen, wo ich mich so ausgebrannt fühlte. Stimme 1 Ja, und ich denke, zu so einer Einstellung sollte die Bibel uns doch helfen. Dass wir Frauen uns nicht verausgaben, weil wir die ganzen Ansprüche spüren, die die Umwelt an uns richtet. Dass wir immer versuchen, alles zu erfüllen, um gelobt – oder wie in Sprüche 31, Vers 28 – gepriesen zu werden. 9 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 10 Stimme 3 Das kommt in der Bibelstelle völlig zu kurz: die gute Frau kümmert sich um alle – aber wir lesen nichts darüber, was sie für sich selbst tut. Außerdem scheint die Frau im Bibeltext, wie du schon sagst, alle Erwartungen zu erfüllen, die an sie gestellt werden und die sie an sich selbst hat. Alle sind mit ihr zufrieden. Lange Zeit habe ich mich sehr davon leiten lassen, es allen recht machen zu wollen. In meiner Krankheitszeit ist mir jedoch durch Gespräche mit vielen anderen Frauen klar geworden, dass wir Frauen gar nicht all die teilweise unvereinbaren Erwartungen erfüllen können. Damit müssen wir leben lernen. Das heißt auch: aushalten lernen, dass nicht immer alle mit mir zufrieden sind. Darin übe ich mich. Natürlich fällt mir das nicht immer leicht – aber immer öfter gelingt es mir, bei mir selbst zu sein. Ich selbst entscheide und übernehme die Verantwortung dafür. So habe ich nach langem Ringen dann z.B. mit meiner Schwiegermutter über eine Putzfrau gesprochen – wir haben hier eine gute Lösung gefunden, aber die Nachbarn konnten das nicht verstehen. Stimme 1 Und deswegen gefällt es mir gut, dass es auch ein anderes „Lob der Frau” in der Bibel gibt, nämlich die Geschichte von Maria und Marta im Lukasevangelium (Lk 10,38-42). Dort lobt Jesus Marta, die sich beim Besuch Jesu geschäftig darum kümmert, ihn zu bedienen: „Du machst dir viel Sorge und Mühe!“, und er lobt Maria, die gar nichts tut, sondern die sich ihm zu Füßen setzt und ihm zuhört. Jesus verteidigt Maria gegen die endlosen Zumutungen, für andere sorgen zu müssen. Das macht Mut, sich auch mal Zeit für Dinge zu nehmen, die im Alltagsgeschäft sonst oft untergehen. Ich darf entscheiden, was wann wichtig ist. Ich würde mir wünschen, dass in der Bibel noch ein „Lob der Frau” zu finden wäre, das zu der Geschichte von Maria und Marta passt. Dieses „Lob der Frau” würde dann vielleicht lauten: „Sie kennt ihre Grenzen, sie achtet auf ihr Ruhebedürfnis, sie verausgabt sich nicht völlig, sondern sucht immer wieder Freiräume für sich. Sie enttäuscht auch manchmal die Menschen um sich herum, sie lässt ihre Wohnung in Unordnung und läuft in legerer Kleidung herum. Sie ist ein eindrucksvoller Mensch; wer ihr begegnet, merkt, wie wunderbar Gott Frauen erschaffen hat.” Ich denke, das gerade ist doch der zentrale Punkt unseres Glaubens: wir sind angenommen, bevor wir etwas leisten. Das hat auch sehr viel mit Gesundheit zu tun. Wenn sich eine Frau ständig beweisen muss oder ständig gekränkt wird, weil sie Ansprüche nicht erfüllt, wird sie früher oder später selbst krank. Stimme 2 Hm, ihr macht mich ganz nachdenklich und auch ein bisschen traurig. Ich sehe da eine Frau strahlen in ihrer Schönheit – auf eine fast übernatürliche Weise, das gebe ich zu. Für mich stand gar nicht so sehr das im Vordergrund, was ihr mir hier als leider auch real existierende Wirklichkeit von Frauen vorhaltet: die unglaublich vielen Erwartungen und Ansprüche, die an Frauen und ihre Rolle gestellt wurden und werden – und der größte unter ihnen: dass sie diese Ansprüche freundlich erfüllen. 10 Stimme 3 Diese Erwartungen kommen ja von unseren inneren Bildern: was wir uns für ein inneres Bild von einer zufriedenen und gesunden Frau machen. Ist die Frau gesund, die von morgens früh bis abends spät in Aktivismus versucht, alles zu leisten und zu erfüllen, Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 11 oder ist die gesund, die sich einen Ruhetag gönnt, die mal einen Tag überhaupt nicht aufsteht, weil sie ihre Kräfte sammelt? Ist die erste frisch und aktiv und die zweite behutsam mit sich selbst? Oder ist die erste manisch und die zweite depressiv? Mit welchem Verhalten lassen wir Frauen gesund sein? Ich finde es wichtig, zu wissen, dass Gott uns mit unseren Stärken und Schwächen annimmt, uns als ganze Menschen sieht und nicht zuerst auf unsere Defizite schaut. Jede Frau hat doch ihre Vorzüge, die es wert sind, dass ihre Kinder sie gleich morgens beim Aufstehen preisen und ihr Mann von ihr begeistert ist (Sprüche 31,28 und 29). Stimme 2 Und trotzdem: diese Frauengestalt, diese starke, sie ist ein wenig gespenstisch in ihrer Tatkraft und Schönheit, macht sie denn nicht auch Mut? Sie ist doch ganz schön frech – denn in ihrem begeisterten Tun und Treiben hält sie sich gar nicht an damalige patriarchale Rollenvorstellungen und Konventionen. Die Frau, die hier gepriesen wird, hat doch gerade darin ihr großes Potential, dass sie Konventionen und Erwartungen durchkreuzt! Sie macht es einfach anders! Händlerin zu sein in ihrer Zeit? Das ging eigentlich gar nicht für eine Frau. Und gerade diese irgendwie auch eigensinnige Frau wird als Vorbild gepriesen? Das ist ein Skandal! Das ist revolutionär! Das macht doch Mut, auch mal aus der Reihe zu tanzen. Und ich möchte ihr – die sie ja wirklich keine Wünsche offen lässt – ihren Zauber nicht nehmen. Ich verstehe sie nicht als Vorbild, das mich erschlagen soll, sondern als ein Bild für Gottes Zusage, im Alltag einer jeden Frau erfahrbar zu sein. Eure Einsprüche sind wahr. Und es tut mir auch weh, das zu sehen. Es ist wichtig, es ist befreiend, zu sagen, was wirklich ist. Aber die Wirklichkeit hat viele Farben. Und ich sehe in der Gestalt unserer Frau auch die Zusage Gottes durchscheinen, dass Alltag gelingen darf. Es ist ein alltäglich – paradiesischer Zug an ihr. Stimme 3 Du hast auf ganz andere Aspekte des Textes geachtet als ich. Mir sind zunächst weniger die aktiven, unkonventionellen Seiten aufgefallen. Vielmehr habe ich mich über die klassische Rollenaufteilung aufgeregt. Die Frau ist zuständig für Hausarbeit, Nahrung, Kleidung und Wohlbefinden der ganzen Großfamilie. Demgegenüber sitzt der Mann bei den Ältesten, hat eine gute Position, ist wohl anerkannt und trifft wichtige Entscheidungen für die Gemeinschaft. Diese Zuordnung der Haus- und Familienarbeit zur Frauenarbeit ist doch genau der Hintergrund für die massive Überlastung vieler Frauen! Durch Doppel- und Dreifachbelastung ist der Stress vorprogrammiert, es kommt zu Erschöpfung und vielfach werden Frauen krank. Und dann kommt noch hinzu, dass diese den Frauen zugeordnete Arbeit in unserer Gesellschaft wenig wertgeschätzt wird! Wo gibt es denn z.B. Anerkennung für die gesundheitliche Versorgung der Familienangehörigen? Wir Frauen sind die Krankenschwestern unserer Kinder und Männer und kümmern uns um die pflegebedürftigen Angehörigen. Wir organisieren und 11 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 12 begleiten Arztbesuche, informieren uns über Gesundheitsfragen und sitzen am Bett des fiebernden Kindes. Stimme 1 Diese wichtigen Aufgaben werden gesellschaftlich viel zu wenig gesehen und wertgeschätzt, da hast du natürlich Recht. Aber noch einmal zurück zur Frauenrolle im Bibeltext: Sie bleibt nicht auf diese traditionelle Familienrolle begrenzt. Sie wird ja auch als eigenständige Geschäftsfrau beschrieben. Dies kann uns auf die Frage hinweisen, wo wir in unserem Leben unsere ganz eigenen Bereiche haben – vielleicht in Form eines eigenen Bankkontos? Die Frau im Text scheint jedenfalls ihre beruflichen Tätigkeiten gut mit ihren Familienaufgaben unter einen Hut zu bekommen und die vielfältigen Anforderungen kraftvoll zu meistern. „Mit Kraft umgürtet sie ihre Lenden” heißt es im Text – und ich frage mich: Wie macht sie das wohl? Um so mit Freude durch den arbeitsreichen Alltag gehen zu können, braucht es ganz bestimmt Kraftquellen. Schade, dass hiervon nicht viel zu lesen ist. Ich nehme an, dass ihr Glaube ihre Kraftquelle ist. Stimme 3 Für mich und meine Gesundheit ist mir wichtig geworden, immer wieder darüber nachzudenken, wo ich denn Kraft schöpfe. Das gerät mir ab und zu aus dem Blick – aber ich kann schon viel besser darauf achten als noch vor Jahren. Ich habe mir angewöhnt, morgens meinen Körper mit einer Trockenbürste zu massieren. Das belebt mich! Und oft bete ich während des Bürstens. Bewegung und ab und zu ein intensives Gespräch mit einer guten Freundin gehören auch zu meinen Kraftquellen. Du hast das so schön formuliert: Gottes Zusage, dass Alltag gelingen darf. Was ist denn gelungener Alltag? Vermutlich hat hier jede ihre eigenen Antworten. Für mich muss da gar nichts Tolles passieren. Ein Tag, an dem ich ab und zu inne halte und ganz bewusst wahrnehme, was jetzt gerade ist – vielleicht auch, wofür ich dankbar bin. Ab hier: Umhängen der gebürsteten Gewänder! Stimme 1 Wenn du das erzählst, kriege ich auch Lust, etwas in der Art jeden Tag zu machen – eine Unterstützung, die ich mir selber geben kann in einem nicht ganz einfachen Alltag. Allerdings kann das nicht alles sein – dass ich allein verantwortlich dafür bin, dass es mir gut geht! Ich finde, dass sich auch einiges außerhalb von mir verändern müsste: „Gebt ihr Anteil am Ertrag ihrer Hände...!” heißt es in unserem Text – was ist denn damit? Wie steht es um die Honorierung der von Frauen geleisteten Arbeit? Stimme 2 So gesehen hat der Text auch eine politische Dimension! 12 Für mich persönlich ist das Bild des Gewandes besonders hängen geblieben: „Macht und Hoheit sind ihr Gewand” heißt es im Text. In der Lutherübersetzung steht hier: „Kraft und Würde sind ihr Gewand und sie lacht des kommenden Tages.” Ist das nicht Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 13 eine schöne Formulierung? Wenn ich diesen Satz für mich selbst sage, richte ich mich geradezu auf und werde größer! Würde hat mit Wertschätzung und Achtung zu tun. Stimme 3 „Sie lacht des kommenden Tages”. Das heißt ja, sie freut sich auf die Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt, auf das, was sie heute lernen und erleben kann. Ich habe eine Idee: Ich sage mir diesen Satz nächste Woche jeden Morgen einmal beim Trockenbürsten. Dabei mache ich mir meine Kraft und meine Würde bewusst und ich übe mich in einer positiven Haltung. Ich probiere einfach mal aus, wie es mir damit geht. Schadet bestimmt nichts. Stimme 1 Und immer dann, wenn ich denke, ich lebe nur noch in meiner Arbeit und finde keine Zeit für die Dinge, die mir auch noch wichtig sind, oder wenn ich so erschöpft bin, dass ich mich nicht einmal mehr dazu aufraffen kann, mir selbst etwas Gutes zu tun – dann möchte ich mich daran erinnern: Ich bin angenommen, bevor ich etwas leiste. Ich muss nicht auch noch selbst dafür sorgen, dass ich Kraft und Würde besitze. Sondern Gott schenkt sie mir, weil er mich liebt. Er kleidet mich in ein Gewand aus Kraft und Würde. Deshalb darf ich des kommenden Tages lachen. LIED EG 432 Gott gab uns Atem, damit wir leben A. IV. Aufbrechen – sich senden und segnen lassen BESINNUNG Der Trialog-Teil wird nun fortgesetzt als Einzelbesinnung der Besucherinnen. Die Gottesdienstbesucherinnen werden aufgefordert, sich selbst zu besinnen zu folgender Frage: A. IV. Aufbrechen – sich senden und segnen lassen Was nehme ich mir vor, in der nächsten Zeit bewusst für meine eigene Gesundheit zu tun? Hinweis: Es kann sich um einen ganz kleinen Schritt handeln. Wichtig ist, dass er umgesetzt werden kann. Das, was ausgewählt wird, soll realistisch und möglichst konkret sein. Dabei können folgende Fragen berücksichtigt werden: Was genau will ich? Wann? Wie oft? Wer kann mich dabei unterstützen? Anschließend wird ein Rezeptblock ausgeteilt mit dem Vorschlag, das Gedachte in Form eines Rezepts aufzuschreiben, das mit nach Hause genommen werden kann: 13 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 14 Kopiervorlage „Rezeptblock” (siehe Anhang) R e z e p t v e r s c h r e i b u n g F ü r F r a u / H e r r LIED EG 569 Dass Erde und Himmel dir blühen FÜRBITTENGEBET Eine: Alle: 14 Gott, du sorgst für uns und zeigst uns, wie wir für uns und andere sorgen können. Wir bitten dich, dass wir sorgsam mit uns umgehen, dass wir spüren, was unsere Seele nährt, dass wir uns nehmen können, was wir brauchen und geben können, ohne uns zu verausgaben. Hilf uns, immer wieder Ruhe zu finden für uns selbst und zu schöpfen aus der Kraftquelle, die gespeist wird aus deiner unerschöpflichen Liebe. Heile du uns, Gott, hilf uns, so ist uns geholfen, heile du uns, Gott, und wir werden heil. (gesprochen oder gesungen, Melodie siehe Anhang; alternativer Kyrieruf EG 178.12) Heft Bürsten und Beten.qxp Eine: Alle: Eine: Alle: Eine: Alle: Eine: Alle: 25.04.2007 13:28 Seite 15 Gott, du sorgst für uns und zeigst uns, wie wir für uns und andere sorgen können. Wir bitten für die, die unserer Fürsorge anvertraut sind. Für die Familie, in der wir leben, für alle, die uns nahe stehen und mit denen wir täglich zu tun haben. Hilf uns, achtsam miteinander umzugehen, Nähe zuzulassen und unsere Grenzen zu setzen. Gib, dass wir Zeit füreinander haben. Heile du uns, Gott, hilf uns, so ist uns geholfen, heile du uns, Gott, und wir werden heil. Gott, du sorgst für uns und zeigst uns, wie wir für uns und andere sorgen können. Wir bitten um Vertrauen und Solidarität überall, wo Menschen zusammen leben und arbeiten, um gute Arbeitsbedingungen und gerechten Lohn. Wir bitten dich gerade für solche Männer und Frauen, die nicht mehr mithalten können, die unter dem Leistungsdruck zerbrechen und krank werden. Hilf uns, die vorhandene Arbeit und die Belastungen besser zu verteilen, damit nicht die einen unter der Last zerbrechen und die anderen leer ausgehen. Heile du uns, Gott, hilf uns, so ist uns geholfen, heile du uns, Gott, und wir werden heil. Gott, du sorgst für uns und zeigst uns, wie wir für uns und andere sorgen können. Wir bitten dich um Offenheit und Verständnis für die Menschen, die anders sind als wir, dass sie einen Platz in unserer Mitte finden. Wir bitten dich für alle, die nicht ins Bild passen, dass sie nicht ausgestoßen oder vernachlässigt werden. Wir bitten für alle, mit denen das Zusammenleben schwierig ist. Hilf, dass wir einander mit Geduld und Respekt begegnen. Heile du uns, Gott, hilf uns, so ist uns geholfen, heile du uns, Gott, und wir werden heil. Gott, du sorgst für uns und zeigst uns, wie wir für uns und andere sorgen können. Wir bitten für die Menschen, die Macht haben zu regieren, Recht zu sprechen, zu verwalten und zu produzieren, dass sie das Wohl allen Lebens im Auge haben, dass sie ihre Macht nicht missbrauchen und sich einsetzen für Recht und Gerechtigkeit. Wir bitten dich für unsere Kirche und Gemeinden, dass wir uns nicht so sehr Sorgen um uns und unsere Existenz machen, sondern Licht für die Welt sein können und deinen Geist in diese Welt hineintragen, dass Glaube, Hoffnung und Liebe stark werden. Heile du uns, Gott, hilf uns, so ist uns geholfen, heile du uns, Gott, und wir werden heil. 15 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 16 VATERUNSER SEGEN Gott sei vor dir, um dir den Weg zur Befreiung zu zeigen aus alten Zwängen und aus zu hohen Ansprüchen an dich selbst. Gott sei hinter dir, um dir den Rücken zu stärken für den aufrechten Gang und für das Wahren deiner Grenzen. Gott sei neben dir, eine gute Freundin an deiner Seite. Gott sei um dich, wie ein schönes und wärmendes Kleid. Gott sei in dir und mache dein Herz weit und stark zu lieben und zu kämpfen. (nach einem irischen Segen) 16 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 17 B. Anhang 17 Heft Bürsten und Beten.qxp B.I. Materialien zum Gottesdienst 25.04.2007 13:28 Seite 18 B.I. Materialien zum Gottesdienst Zur Gottesdienstliturgie Die Liturgie folgt dem Ablauf des Württembergischen Gottesdienstes. Dem Ankommen im Raum kommt dabei ein eigenes Gewicht zu. Die Beschäftigung mit den Bürsten, die zunächst wohl eher als Fremdkörper im Kirchenraum erlebt werden, will neugierig machen auf das Thema und ist eine Möglichkeit, in Begegnung und ins Gespräch zu kommen mit anderen Gottesdienstteilnehmerinnen. Der Eingangsteil „Ankommen bei mir – ankommen bei Gott” enthält zusätzliche Elemente, wie z.B. ein Körpergebet bzw. Liedstrophen. Sie verstärken die aktive Beteiligung der Gottesdienstteilnehmerinnen und fördern die dialogische Bewegung zwischen Liturgin und Gemeinde. Die Körpergebete werden jeweils durch die Liturgin angeleitet. Bach mit Besenbegleitung Hinweise zu „Wohltemperiertes Klavier” von Bach mit Besenbegleitung Sie brauchen 2 Personen, einen Besen und ein Klavier oder ein Cembalo oder eine Orgel. Beispiel: Suchen Sie sich ein Stück aus der Sammlung des Wohltemperierten Klaviers aus. Es kann auch ein anderes klassisches Musikstück sein. Begleiten Sie es mit einem Besengeräusch (immer auf 2 und 4). Versuchen Sie, eine gleichmäßige rhythmische Begleitung durchzuhalten. Setzen Sie Ihre Akzente sparsam, aber hörbar ein. Körpergebet Hinweise zum Körpergebet Die Liturgin nimmt die verschiedenen Körperhaltungen ein und spricht die dazugehörenden Sätze. Die Gottesdienstteilnehmerinnen vollziehen die verschiedenen Körperhaltungen nach. Am Schluss werden sie eingeladen, diejenige Haltung einzunehmen, die ihnen im Moment am meisten entspricht. Das Körpergebet A orientiert sich an den Vokalen, die in ihrer unterschiedlichen Wirkung bestimmten Körperregionen zugeordnet werden. Ich nehme staunend die Welt wahr. Ich gehe zu meinem Herzen, schützend und bergend. Ich strecke mich zwischen Himmel und Erde. Ich umarme die Fülle des Lebens, mit allem Schönen und Schweren. Ich gehe zu meinen Wurzeln, schöpfe vom Grund und nehme es in meine Mitte. 18 (Arme ausgebreitet) (Arme vor der Brust verschränkt) (ein Arm zum Himmel, einer zur Erde ausgestreckt) (Arme als Kreis vor dem Körper) (mit beiden Händen von der Erde schöpfen, (dann Arme als Kreis vor dem Körper) Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 19 Das Körpergebet B besteht aus drei Haltungen: (erhobene Hände, Handflächen zeigen nach hinten) Ich strecke mich aus zum dem, was kommt. (erhobene Hände, Handflächen zeigen nach vorne) Ich schöpfe aus der Kraft, die beides ermöglicht. (Hände vor der Brust zusammengelegt / Gebetshaltung) Ich lasse los, was hinter mir liegt. Alternativen zur Liturgie Nach dem Eingangsgebet und/oder der körperlichen Einstimmung kann in Anlehnung an ein Schuldbekenntnis und einen Vergebungszuspruch, wie es die Liturgie des Abendmahlsgottesdienstes vorsieht, ein selbständiger „Kyrie-Gloria-Teil” eingefügt werden. Diese Kyrie-Meditation, unterbrochen durch Stille, reflektiert den Umgang des Menschen mit sich selbst bzw. den Mitmenschen und leitet zugleich über zur Entfaltung des Trialogs zu Sprüche 31. 1. Kyrie – Variante I: (evtl. mit verschiedenen Sprecherinnen) Kyrie Gott, du nimmst mich an, wie ich bin. Unter deinen liebenden Augen sehe ich mich und erkenne: Ich achte oft zu wenig auf meine Grenzen und verausgabe mich. Mein Körper leidet und gibt mir Signale, was er braucht. Aber ich übergehe sie und verlange ihm noch mehr ab. Ich möchte mir gerne öfters etwas Gutes tun und Zugang bekommen zu meinen Kraftquellen. Ich möchte entdecken, was in mir steckt und mich daran freuen. Ich möchte Geduld haben und warten können, bis meine Quellen wieder von selbst fließen. (Stille) Gott, du nimmst mich an, wie ich bin. Gott, unter deinen liebenden Augen sehe ich mich und meine Mitmenschen. Ich habe mich fremd bestimmen lassen und nach dem ausgerichtet, was andere von mir erwarteten, statt auf mich selbst zu hören. Ich möchte ungerechtfertigten Anforderungen an mich widerstehen und immer wieder zu meiner Mitte finden. Ich frage mich, ob ich durch meine Fürsorge und Liebe anderen nicht auch die Luft zum Atmen nehme, statt ihnen Raum zur eigenen Entwicklung zu geben. 19 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 20 Ich möchte die Balance finden zwischen Nähe und Distanz. (Stille) Gott, du nimmst mich an, wie ich bin. Gott, unter deinen liebenden Augen sehe ich mich und das, was du in mich hineingelegt hast. Oft fehlt mir der Blick dafür oder ich wage nicht zu zeigen, was in mir an schöpferischen Kräften steckt. Ich frage mich, ob ich genügend Zutrauen habe zu dem, was du mir an Begabungen geschenkt hast. Gott, ich möchte heraus aus meiner Enge, möchte meine Gaben nutzen und deine Liebe widerspiegeln. Schenke mir immer wieder neu die Wachsamkeit für dich und Nachsicht mit mir und meinen Mitmenschen. (Stille) Kyrie – Variante II: Statt der Kyrie-Meditation kann auch das folgende „umgekehrte Schuldbekenntnis” verwendet werden: Christus, ich bekenne vor dir, dass ich keinen Glauben an meine eigenen Möglichkeiten gehabt habe. Dass ich in Gedanken, Worten und Taten Verachtung für mich und für mein Können gezeigt habe. Ich habe mich selbst nicht gleichviel geliebt wie die andern, nicht meinen Körper, nicht mein Aussehen, nicht meine Talente, nicht meine eigene Art zu sein. Ich habe andere mein Leben steuern lassen. Ich habe mich verachten und misshandeln lassen. Ich habe mehr auf das Urteil anderer vertraut als auf mein eigenes und habe zugelassen, dass Menschen gleichgültig und bösartig mir gegenüber gewesen sind, ohne ihnen Einhalt zu gebieten. Ich bekenne, dass ich mich nicht im Maße meiner vollen Fähigkeiten entwickelt habe, dass ich zu feige gewesen bin, um in einer gerechten Sache Streit zu wagen, dass ich mich gewunden habe, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Ich bekenne, dass ich nicht gewagt habe zu zeigen, wie tüchtig ich bin, nicht gewagt habe, so tüchtig zu sein, wie ich es wirklich sein kann. Gott, unser Vater und Schöpfer, Jesus, unser Bruder und Erlöser, Geist, unsere Mutter und Trösterin, vergib mir meine Selbstverachtung, richte mich auf, gib mir Glauben an mich selbst und Liebe zu mir selbst. 20 Lena Malmgren „Ein umgekehrtes Schuldbekenntnis”. Aus einem Gottesdienst schwedischer Frauen. aus: Heidi Rosenstock/Hanne Köhler, Du Gott, Freundin der Menschen. Neue Texte und Lieder für Andacht und Gottesdienst © Kreuz Verlag, Stuttgart 1991, S. 63 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 21 Lied EG 589 Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht Gloria – Variante I Mit schöpferischer Kraft begabt, kann Versteinertes aufbrechen. Gestärkt mit Hoffnung und Mut, kann Leben in Fluss kommen. Gott segnet euch und ihr werdet ein Segen für andere sein. Gloria Lied EG 576 Meine Hoffnung und meine Stärke Gloria – Variante II So spricht Gott: Ihr seid gesegnet, ich gebe euch meinen Geist. Ich mache euch stark, zu wirken und zu lieben. Ich bin heilig und ihr sollt heilig sein. Lied Gottesklang 4 Heilig bist du, Ursprung der Welt 2. Eingangsgebete und Psalmen Eingangsgebete und Psalmen Gebet (nach Psalm 36) Heute, jetzt möchte ich mich neigen zu dir, der Quelle des Lebens, dem Brunnen des Heils. Ich möchte dasein und schöpfen mit meinen Augen mit meinen Ohren mit meinem Herzen. Jetzt, heute und morgen möchte ich mich öffnen und dich genießen. Du wirst mich erfrischen mit deiner Klarheit und mich teilhaben lassen am Strömen des Lebens. Heute, jetzt und morgen möchte ich mich neigen vor dir der Quelle des Lebens der Lebensspenderin, mit Freude und Dank. nach Elsbeth Rose Frank 21 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 22 Meditation zu den vier Elementen Licht – Sonne, Sonne, die mich umhüllt wie ein Mantel, dass Wärme mich durchströmt, mein Herz warm und lebendig macht. Sonne, die dem Leben Glanz verleiht. Wasser – Mitte, Mitte, aus der ich schöpfe, Erfrischung für Körper und Geist. Mitte, in die ich eintauche, die mich weich umfängt und trägt. Erde – Boden auf der ich stehe und die mich trägt. Erde, an die ich gebunden bin, Erde, aus der das Grün kommt, die Bäume, das Gras, Erde, die Nahrung gibt, Menschen und Tieren, genug für alle, Erde, in die der Samen fällt und stirbt, die Totes in Leben verwandelt, Erde, in die wir zurückkehren werden, Erde – werde ich sein. Das Blau des Himmels Tiefe der Unendlichkeit, sie weckt die Sehnsucht in meinem Herzen. Himmel – Weite, die meinen Träumen Flügel verleiht sie hinausträgt über die Grenzen, die mir gesetzt sind und die ich mir selbst setze, Weite, die mir einen neuen Blick schenkt, dass ich mit neuen Augen sehe das Alte. Elisabeth Schweizer Segen 3. Segen Gott berühre dich im Kommen wie im Gehen. Gott bewahre dich im Tun wie im Lassen. Gott belebe dich im Schaffen wie im Träumen. Gott behüte dich im Schlafen wie im Wachen. Gott segne dein Leben und Sterben. Verfasserin unbekannt 22 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 23 4. Lieder Lieder EG 324 EG 398 EG 496 EG Wü 554 EG Wü 611 EG Wü 630 Ich singe dir mit Herz und Mund In dir ist Freude Lass dich, Herr Jesu Christ Der Geist des Herrn Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt Du, Gott, stützt mich Gottesklang 4 Gottesklang 22 Gottesklang 50 Gottesklang 110 Heilig bist du, Ursprung der Welt Sanftmut den Männern, Großmut den Frauen Du, meine Seele singe (Neudichtung nach EG 302) Mögen sich die Wege vor deinen Füßen ebnen Kanon Siegfried Metzger, Institut für Ganzheitliche Seelsorge, Geislingen 23 Heft Bürsten und Beten.qxp Kopiervorlage 25.04.2007 13:28 Seite 24 Kopiervorlage „Rezeptblock“ R e z e p t v e r s c h r e i b u n g F ü r F r a u / H e r r R e z e p t v e r s c h r e i b u n g F ü r 24 F r a u / H e r r Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 25 B. II. Thematische Impulse Marianne Williamson, Rückkehr zur Liebe Unsere tiefste Angst ist nicht die, dass wir unzulänglich sind. Unsere tiefste Angst ist die, dass wir über die Maßen machtvoll sind. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, das uns am meisten erschreckt. Wir fragen uns: Wer bin ich denn, dass ich so brillant, großartig, talentiert, fabelhaft sein sollte? Aber wer sind Sie denn, dass Sie es nicht sein sollten? Sie sind ein Kind Gottes. Wenn Sie sich klein machen, dient das der Welt nicht. Es hat nichts von Erleuchtung an sich, wenn Sie sich so schrumpfen lassen, dass andere Leute sich nicht mehr durch Sie verunsichert fühlen. Wir sollen alle so leuchten wie die Kinder. Wir sind dazu geboren, die Herrlichkeit Gottes in uns zu manifestieren. Sie existieren in allen von uns, nicht nur in ein paar Menschen. Und wenn wir unser eigenes Licht leuchten lassen, erlauben wir auch unbewusst anderen Menschen, das gleiche zu tun. Wenn wir von unserer eigenen Furcht befreit sind, befreit unsere Gegenwart auch automatisch andere. Gender und Gesundheit Gesundheit meint heute nicht mehr nur körperliche Gesundheit. Schon 1946 hat die WHO dazu ein wichtiges Zeichen gesetzt, indem sie verkündete, dass Gesundheit auch bedeutet, sich psychisch und sozial wohl zu fühlen. In jüngster Zeit kommt auch das ökologische und spirituelle Wohlbefinden hinzu. Welche Vorstellung von Gesundheit und Krankheit haben wir? B. II. Thematische Impulse Rückkehr zur Liebe Gender und Gesundheit Welche Konsequenzen ergeben sich daraus, wenn wir unsere Meinung zu Ende denken? Eine Konsequenz, die sich aus dem Paradigmenwechsel von der Pathogenese zur Salutogenese ergibt, ist die Verstärkung der gesundheitsfördernden Ansätze und Angebote. Da Gesundheit/Krankheit als Querschnittskategorie in alle Bereiche des Lebens hineinwirkt, wird hier die Notwendigkeit einer geschlechterdifferenzierten Betrachtungsweise von Gesundheit/Krankheit besonders deutlich: Frauen und Männer kommunizieren anders, deshalb kommunizieren sie auch ihre Befindlichkeiten anders. Frauen und Männer haben eine andere Geschichte mit ihrem Körper. Frauen nehmen Körpersignale früher wahr, gehen entsprechend früher oder öfter zum Arzt – also sind Frauen in erster Linie die Leidtragenden der Praxisgebühr. Die frühere Entlassung aus stationären Behandlungen trifft Frauen anders als Männer: Wenn sie nach Hause kommen, sind sie in der Regel als Menschen, die auch für andere sorgen, wieder voll gefordert, während in der Regel der männliche Teil der Bevölkerung zu Hause weitergepflegt wird. Frauen werden im medizinischen System teilweise schlechter versorgt als Männer. Hierzu einige Beispiele: Untersuchungen ergaben, dass Frauen deutlich häufiger zum Arzt/zur Ärztin gehen, bis ihre Symptome ernst genommen werden. Nach einem Herzinfarkt kommen Frauen im Durchschnitt eine Stunde später in die Klinik als Männer. Und die Medikamente für Frauen kosten im Schnitt 20% weniger als die Arznei, die für die männlichen Patienten ausgewählt wird. 25 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 26 Nach wie vor mangelt es an geschlechtsspezifischen Forschungsergebnissen, was die Wirkung von Medikamenten angeht. Dies jedoch ist zwingend notwendig. Neuere Untersuchungen belegen unter anderem, dass Frauen durchschnittlich weniger Schmerzmittel benötigen als Männer und viel häufiger unter schweren Nebenwirkungen bestimmter blutdrucksenkender Präparate leiden. Ein weiteres Beispiel: Frauen sind durch Aspirin weniger gut vor Herzinfarkt geschützt als Männer. Frauen sind anders gesund und anders krank als Männer. Ein Frauenleben besteht aus biologisch definierten körperlichen und seelischen Phasen wie Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahren. Alle Übergänge sind mit körperlichen Veränderungen verbunden. Diese Übergangsphasen hat in den letzten drei Jahrzehnten die Gynäkologie als riskante Ereignisse interpretiert und „behandelt”. Der weibliche Körper wird (im Gegensatz zum männlichen) als kontroll- und behandlungsbedürftig betrachtet. So werden beispielsweise viele junge Mädchen in Teenagersprechstunden routinemäßig auf ihre „normale Entwicklung” hin überprüft. Schwangerschaft und Geburt werden als hoch risikoreiche, pathologische Vorgänge betrachtet, die kontrolliert und überwacht werden müssen. Auch die Wechseljahre werden vorwiegend unter der Perspektive von Mangelerscheinungen und körperlichen Symptomen betrachtet. In Kulturkreisen, in denen die Frauen nach der Menopause als „weise Frauen” angesehen und geehrt werden, leiden diese interessanterweise nur selten an körperlichen Symptomen in den Wechseljahren. Nach Schätzung der internationalen Gesundheitsforschung werden drei Viertel aller Gesundheitsprobleme im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis bewältigt. Gesundheitsleistungen werden gesellschaftlich kaum wahrgenommen, weil sie ins Alltagsleben integriert sind. Dies wird als sogenanntes „hidden health care system” bezeichnet. Die informelle und unbezahlte Gesundheitsarbeit wird überwiegend von Frauen geleistet. Diese Arbeit kann neben der Weitergabe von medizinischem Alltagswissen als Beziehungs- und Gefühlsarbeit beschrieben werden. Frauen sind Expertinnen und geben oft praktische Hilfe. Frauen sind auch Providers of health – wenn sie für häusliche Bedingungen sorgen (z.B. Essen, Putzen, Kochen Waschen, Pflegen). Frauen sind „navigators of health”, wenn sie richtige Einstellungen und Verhaltensweisen zur Gesunderhaltung vermitteln und die Familienmitglieder sozialisieren. Weiter sind Frauen „mediators of health”, wenn sie die Verbindung zum professionellen Gesundheitssystem herstellen und Kontakte vermitteln. Frauen sind „gatekeepers” (Türöffnerinnen, Wegbereiterinnen) zwischen Familie und professionellem System. Wie muss also die Gesundheitsförderung aussehen, damit sie den Differenzen innerhalb der Geschlechter gerecht werden kann? 26 Die WHO sagt dazu folgendes: „Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, dass sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen, sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können. In diesem Sinne ist die Gesundheit als ein wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens zu verstehen und Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 27 nicht als vorrangiges Lebensziel. Gesundheit steht für ein positives Konzept, das die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Fähigkeiten. Die Verantwortung für Gesundheitsförderung liegt deshalb nicht nur bei dem Gesundheitssektor, sondern bei allen Politikbereichen und zielt über die Entwicklung gesünderer Lebensweisen hinaus auf die Förderung von umfassendem Wohlbefinden.” Gesundheit erblüht im Laufe der Zeit Der nachfolgende Text ist ein Auszug aus dem Buch „Überlebenskunst” von Dr. Luise Reddemann. Er beschäftigt sich mit der Frage nach der Mobilisierung von Selbstheilungskräften, den Möglichkeiten der Selbsthilfe und den Befunden der Resilienzforschung. Reddemann „Überlebenskunst“ Zur Person: Luise Reddemann, Dr. med., Nervenärztin und Psychoanalytikerin (DGPT, DGP), Fortbildung in Systemischer Therapie und verschiedenen körpertherapeutischen Verfahren, Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, war von 1985 bis 2003 Leitende Ärztin der Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin am Ev. Johanneskrankenhaus Bielefeld; aktuell ist sie in Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Psychotraumatologie tätig; Entwicklung der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie („PITT“). Sie ist Mitglied im Weiterbildungsausschuss der Deutschen Akademie für Psychotraumatologie, im Wissenschaftlichen Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen und in der wissenschaftlichen Leitung der Psychotherapietage NRW. Weitere Informationen zu Luise Reddemann finden Sie unter: www.luise-reddemann.info Selbsthilfe, Selbstheilungskraft und Resilienz An dieser Stelle möchte ich nun einiges zusammentragen, was wir heute über Förderung der Selbstheilungskräfte mittels resilientem Verhalten, Erkenntnissen aus der Salutogenese- und flow-Forschung und Glücksforschung und einigen anderen Bereichen wissen. Selbsthilfe, Selbstheilungskraft, Resilienz Es ist ein Zeichen von innerer Stärke, wenn man sich helfen lassen kann. Deshalb benötigen Menschen mit einem Mangel an Selbstbewusstsein oft erst eine Unterstützung dabei, sich so zu entfalten, dass sie Hilfe überhaupt annehmen können. Ist man so weit, kann es sich lohnen, sich mit allen Möglichkeiten der Selbsthilfe zu beschäftigen. Dazu kann auch gehören, mit denen, die etwas Ähnliches erlitten haben wie man selbst, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, d. h. sich Selbsthilfegruppen anzuschließen. Nach langen Jahren der Überbetonung des Expertentums wird in den letzten Jahren verschiedentlich und von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, wie wichtig die Förderung 27 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 28 der menschlichen Selbstheilungskraft ist. In einer eher am Modell der Krankheit orientierten Heilkunde wurde der Patient immer mehr zum Empfänger von Wohltaten anderer, und seine Fähigkeiten zur Selbstregulation wurden dadurch sowohl von ihm selbst wie von seinen Behandlern immer weniger in den Blick genommen. Dem hat die Selbsthilfebewegung entgegengewirkt und das Selbstbewusstsein von PatientInnen entschieden gefördert. Aus meiner Sicht gibt es allerdings in der Selbsthilfebewegung auch Gefahren: Es tut zwar vielen Menschen gut, über erlittenes Leid zu sprechen und dies mit anderen zu teilen, auf der anderen Seite sollte man die Erkenntnisse der Psychotraumatologie über Triggerwirkungen von belastendem Material nicht außer Acht lassen. Nur sehr stabile Menschen verkraften es gut, unvorbereitet über lange zurückliegende Traumatisierungen zu sprechen, bei allen anderen besteht die Gefahr, dass dies eine Verschlechterung bewirkt. Sie sollten sich zunächst bewusst werden, welche Selbstheilungskräfte in ihnen schlummern und diese zum Leben erwecken. Es kann also ungünstige Auswirkungen haben, wenn man sich in einer Selbsthilfegruppe ausführlich mit Kindheitstraumata beschäftigt, ohne auf die innere Stabilität zu achten und ohne die immer auch vorhandenen Ressourcen genauso zu würdigen wie das Leid. Die Menschen, die eben (wobei „eben“ bis zu eineinhalb Jahren meinen kann) erst eine Extrembelastung erlitten haben, sollten allerdings so viel darüber sprechen können, wie sie es brauchen und ihre Umgebung sollte zum Zuhören bereit sein, denn in diesem Fall hilft das darüber Sprechen beim Verarbeitungsprozess. Dennoch ist es immer günstiger, wenn man auch mit einem „Ressourcenohr“ zuhört und dabei hilft, Ressourcen bewusster verfügbar zu machen, außer der betroffene Mensch lehnt das ausdrücklich ab. Daraus leite ich ab, dass Selbsthilfegruppen eine andere Funktion als bisher haben sollten: Im Wesentlichen sollte es darum gehen, Menschen, die schwere Belastungen erlitten haben, Mut zu machen, so dass sich die wechselseitige Unterstützung weniger darauf bezieht, „was uns Schlimmes widerfahren ist“ sondern auf „Wie sind wir mit dem Schlimmen bis jetzt fertig geworden und was kann uns helfen, damit in Zukunft noch besser fertig zu werden.“ Es sollte ebenfalls ein Austausch über angenehme Erfahrungen und welchen Menschen und Situationen man dies verdankt, stattfinden. Letztere Empfehlung gründet sich auf die Forschungen von Seligman und seinen Mitarbeitern, wonach die Menschen am ehesten glücklich sind, die dankbar sein können. Es sollten wenn möglich auch erfreuliche gemeinsame Erfahrungen gesammelt werden, d. h. konkret, gemeinsam erfreuliche Dinge getan werden. Resilienzorientierung in der Selbsthilfe Resilienzorientierung in der Selbsthilfe Folgende Überlegung nach Gina O‘Connell Higgins, einer Resilienzforscherin, finde ich bereichernd und ermutigend: Resilienz kann man kultivieren. Sogar die Resilienten brauchen es, dass man sie an ihre Stärke erinnert. 28 Resilienz hat mit Entwicklung zu tun und wird durch Visionen und Stehvermögen begünstigt. Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 29 Man kann immer noch neue Freiheitsgrade erreichen und fördern. Gesundheit erblüht im Laufe der Zeit. „Die größte Überraschung der Befunde auf diesem Gebiet ist das Gewöhnliche an der Resilienz. Menschliche Resilienz in der Entwicklung entsteht offenbar durch das ganz normale Operieren protektiver Systeme, von denen wir einige zweifellos mit anderen Arten teilen... Was resiliente Individuen charakterisiert, sind aber normale menschliche Eigenschaften, (Hervorhebung L. R.) wie die Fähigkeiten zu denken, zu lachen, zu hoffen, dem Leben einen Sinn zu geben, zu handeln oder das eigene Verhalten zu unterbrechen, um Hilfe zu bitten und diese zu akzeptieren, auf Gelegenheiten zu reagieren oder Erfahrungen und Beziehungen zu suchen, die für die Entwicklung gesund sind...“ schreibt Anne Masten, eine andere sehr bekannte Resilienzforscherin. Ich rate auch zu einem konsequenten Interesse für die so genannten „Ausnahmen vom Problem“, wie das Steve de Shazer genannt hat. Es ist für die Selbsterkenntnis mindestens so anregend herauszufinden, wann es einem gut geht und was man da denkt, fühlt und tut wie die Beschäftigung mit Symptomen und Problemen. Will man also Selbsthilfe fördern, so erscheint es sinnvoll, sich die Momente bewusst zu machen, in denen es einem gut oder besser geht und sich zu fragen, was man da tut bzw. lässt, und sich danach zu richten. Dies ist auch in Einklang mit den Forschungsergebnissen von Mihalyi Czikszentmihaliy, der als Quintessenz seiner nun schon jahrzehntelang andauernden Glücksforschung formuliert: „Ob unser Leben vorzügliche Elemente enthält, hängt am Ende nicht vom Was, sondern vom Wie unseres Tuns ab. (Man denke an Morrie Schwartz, L. R.) Der erste Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität besteht darin, genau darauf zu achten, was wir jeden Tag tun, und zu erkennen, welche Gefühle die Tätigkeit, der Ort, die Tageszeit oder der Gefährte in uns auslöst. Es gibt kein Gesetz, wonach wir alle das Leben auf ein und dieselbe Weise erfahren müssen. Das Entscheidende ist, dass Sie herausfinden, was sich in Ihrem Fall als besonders hilfreich erweist.“ Die innere Erlaubnis zum aktiven Tun ist ebenfalls zur Förderung von Selbsthilfe sinnvoll. Hierfür lohnt es sich zu überlegen, welche Tätigkeiten einem besonders angenehm sind und wie man diese häufiger ausüben könnte. Insbesondere jegliche Art von Bewegung – eben auch das sich Einlassen auf Neues i. S. geistiger Beweglichkeit – fördert Eigenkompetenz und die Fähigkeit zu mehr selbst bestimmtem Handeln. Das hat u. a. damit zu tun, dass Extrembelastungen fast immer mit Erstarrung und Nicht-mehr-handeln-Können einhergehen, d. h. mit Kontrollverlust. Wenn wir dann oft die Erfahrung machen, dass wir wieder handlungsfähig sind, heilt das die Ohnmachtserfahrungen ein Stück weit. Was man tun kann, wenn man nicht mit einer „Glückshaut“ geboren wurde Menschen mit traumatischen Erfahrungen sehen sich im Allgemeinen nicht als Glückskinder. Auch Bach war sicher kein „Glückskind“, denn dafür hatte er es immer wieder zu schwer in seinem Leben. 29 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 30 In dem italienischen Märchen „Glücklos“ wird davon erzählt, dass man für ein schlechtes Schicksal nichts kann, dann aber nimmt das Märchen eine Wende und man hört‚ dass die Heldin – mit Namen Glücklos – ihr Schicksal zunächst mit Hilfe ihrer Amme, aber auch mit Entschlossenheit und Zuversicht ändert. Sie erhält sogar einen neuen Namen von ihrem Schicksal, bezeichnenderweise Fortunata, also die Glückliche. Schätzungsweise ist etwa fünfzig Prozent dessen, was uns an Glücks- oder Unglücksfähigkeit zur Verfügung steht, genetisch bedingt, die andere Hälfte können wir beeinflussen, wenn wir das so wollen. Im Märchen hält erst nur die Amme der armen Prinzessin Glücklos unbeirrbar daran fest, dass sie ihr schlechtes Schicksal ändern könne. Allerdings tut sie das erst, nachdem sie der Prinzessin vorgeschlagen hat, sich erst einmal zu erholen und gar nichts zu tun. Resiliente Menschen haben so eine innere Amme, die immer wieder dafür sorgt, dass sie nicht aufgeben, und diese innere Amme scheint Bach auch gehabt zu haben. Neuere Forschungen zeigen, dass Menschen von Anfang an intrauterin Beziehung erfahren und dadurch Geborgenheit erleben können, und diese Erfahrung, so meint Gerald Hüther, kann ihnen niemand nehmen. Es könnten diese frühen Erfahrungen sein, die auch schwerst beschädigten Menschen helfen, nicht aufzugeben und ihr Glück zu suchen. Eine andere Geschichte „Vom Adler, der ein Huhn sein sollte“, erzählt von den Menschen aus Ghana zu den Zeiten, als sie von den englischen Kolonialherren unterdrückt wurden. In der Geschichte geht es um ein Huhn, das eigentlich ein Adler war, dies aber längst vergessen hatte. Bis ein naturkundiger Mann kam, der es als Adler erkannte und nun mit dem Hühnerbesitzer darum rang, dass dem Huhn eine Chance gegeben wurde, seine wahre Natur zu entdecken. Dies gelingt schließlich beim dritten Versuch, als der Hühnerbesitzer schon gewonnen zu haben schien. Der naturkundige Mann lässt den Vogel in die Sonne blicken und sagt ihm, dass es ihm entspricht, in die Sonne zu fliegen. Und da fliegt das vermeintliche Huhn los, breitet seine Flügel aus und fliegt zur Sonne. Hier haben wir eine Entschlossenheit und das Vertrauen, dass sich etwas ändern lässt, und dass man „seine wahre Natur“ (wieder) finden kann. Und auch hier ist wieder die Unterstützung eines anderen Menschen wesentlich. Resilienzforschung 30 Das Wesentliche aus der Resilienzforschung Im Folgenden fasse ich die mir wesentlich erscheinenden Ergebnisse der verschiedensten Richtungen der Resilienzforschung zusammen. Wie bereits verschiedentlich betont, beziehen sich diese Forschungsergebnisse auf Menschen, die den Wunsch nach Veränderung verspürten. Auch Resilienzforscher wissen, dass es für manche Menschen aus unterschiedlichsten Gründen nicht ansteht, ihr Unglück verändern zu können oder auch zu wollen. Meine Ausführungen bitte ich daher in diesem Sinn zu lesen. Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 31 Es braucht Mut, Entschlossenheit und Einsatz, wenn man ein belastetes Leben ändern will, man muss auch manche Unbequemlichkeit auf sich nehmen und es braucht vor allem Geduld. Von Rückschlägen darf man sich nicht entmutigen lassen. Es geht darum, Veränderung zu wollen, nicht aufzugeben, sich dazu zu entschließen, dass man sein Schicksal ändern will, Negativzuschreibungen zu beenden und geduldig an Veränderungen zu arbeiten. Denn Veränderungen brauchen Zeit. Auch resiliente Menschen fühlen sich nicht dauernd wohl. Nach schmerzlichen Erfahrungen braucht es geraume Zeit, bis sie wieder zu mehr Wohlbefinden zurückkehren können. Daher will ich mich jetzt eingehender mit der Frage beschäftigen, was man unter Resilienz alles verstehen kann. Was ist Resilienz? Wir verstehen darunter Widerstandskraft, in unserem Fall seelische. Das Wort stammt von dem lateinischen Begriff „resilio“ – ich springe zurück – nämlich in den Zustand (vorhergehenden) Wohlbefindens. Die Widerstandskraft eines Menschen gegenüber Belastungen bestimmt sich aus dem Verhältnis zwischen Risiko- und Schutzfaktoren, das heißt, wenn die Belastungsfaktoren zu hoch sind, hat jemand möglicherweise keine Kraft mehr für Veränderungen und seine resilienten Kräfte reichen nicht aus. Verwandte Begriffe sind: Salutogenese, also die Lehre von den Bedingungen, wie Gesundheit entsteht und Flow, und so finden sich die Grundlagen dazu in der Forschung zu Resilienz, flow und Salutogenese, aber auch in der Glücksforschung. Im ständig wachsenden Gebiet der Neuropsychologie, in der Positiven Psychologie und in der Forschung zu dem, was als „traumatic growth“, also Wachstum durch traumatische Erfahrungen, bezeichnet wird, finden sich ebenfalls wesentliche Anregungen. Während früher fast ausschließlich die Entstehung von Krankheit interessierte, fragen wir uns heute: „Wie schaffen Menschen es, trotz Belastungen gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden? Was tun seelisch gesunde Individuen, das weniger Gesunde von ihnen lernen könnten?“ Die Resilienzforschung unterscheidet personale und soziale Ressourcen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie und konnte zeigen: Resiliente Kinder hatten wenigstens eine sie beantwortende und fürsorgliche Bezugsperson, so dass ein Großteil der Kinder sogar sichere Bindungsmuster entwickeln konnten. Ein sicheres Bindungsmuster bedeutet, dass man sich einem anderen Menschen anvertrauen kann und sich mit ihm innerlich auch dann noch verbunden fühlen kann, wenn er nicht anwesend ist. 31 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 32 Es lohnt sich anzuschauen, was resiliente Kinder an Kompetenzen haben: Resiliente Vorschul- und Schulkinder erwarten von sich selbst, wirksam zu sein, man nennt das eine hohe Effizienzerwartung, sie erwarten auch, dass sie Ereignisse beeinflussen können, bewerten Situationen aber dennoch realistisch und nehmen nicht an, Einfluss auf faktisch unbeeinflussbare Situationen nehmen zu können, d. h., sie haben realistische Kontrollüberzeugungen, darüber hinaus hohe Sozialkompetenz und die Fähigkeit, Unterstützung bei anderen mobilisieren zu können. Emmy E. Werner und Ruth S. Smith gelten als die Pionierinnen der Resilienzforschung und Emmy Werner wurde auch als die „Mutter der Resilienz“ bezeichnet. Sie führten von 1955 bis 1995 von der vorgeburtlichen Zeit bis ins 40. Lebensjahr insgesamt 6 Untersuchungen an einer Gruppe, man nennt das in der Forschung auch Kohorte, von 700 Kindern, bzw. später Erwachsenen, der hawaiianischen Insel Kauai durch, um darüber Aussagen machen zu können, wie die untersuchten Gruppenmitglieder mit belastenden Lebensereignissen fertig wurden. Ihre wesentlichen Ergebnisse aus meiner Sicht sind: Auch Kinder mit erheblichen Belastungen können sich gesund entwickeln, wenn sie wenigstens eine erwachsene Bezugsperson haben, die sich ihnen liebevoll zuwendet. Die Pubertät erwies sich als eine wichtige Zeit, um trotz widriger Umstände gesunde Entwicklungsschritte nachholen zu können bzw. erstmalig zu machen. Auch wenn in der Teenagerzeit erhebliche Probleme bestanden, hat ein großer Teil der 40Jährigen dennoch zu einem gesunden und befriedigenden Leben gefunden. Die beiden Forscherinnen fanden als wichtigste Resilienzfaktoren: Persönliche Kompetenz, Entschlossenheit, Unterstützung (durch einen Partner)‚ Vertrauen. Über die gesamte Gruppe sagten Werner und Smith aufgrund der Untersuchung der inzwischen 40-Jährigen: „Sie arbeiteten gut und waren liebesfähig unter Lebensumständen, die weit von den traumatischen Lebenssituationen entfernt waren, die ihre Kindheit charakterisiert hatten.“ Das heißt, das Leben bietet uns viele Chancen, die Kindheit ist nicht das Einzige, und es liegt daher ein Stück weit auch an jedem selbst, was er dann, wenn er nicht mehr klein und abhängig ist, aus seinem Leben macht. Und dies zu wissen, scheint mir für vor allem für PsychotherapeutInnen wichtig, die allzu oft selbst – i. S. einer Gegenübertragung – zu glauben scheinen, dass eine schwierige Kindheit so etwas wie das Ende von allem ist. Wenn Psychotherapeutlnnen darum wissen, dass man Resilienz lebenslang fördern kann, können sie in ganz anderer Weise helfen, als wenn sie davon ausgehen, schwer belastete Patienten brauchten nur Verständnis für das Schwere, das sie erlitten haben. Das brauchen sie natürlich unbedingt auch, aber sie brauchen viel mehr. Sie brauchen aus meiner Sicht vor allem Förderung ihrer resilienten Fähigkeiten und Anregungen, wie diese ausgebaut werden können. 32 So konnten Lösel und seine Mitarbeiter in der so genannten Bielefelder Studie zeigen, dass aktive Bewältigungsbemühungen, kognitive Kompetenzen, Erfahrungen der Selbstwirksam- Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 33 keit, positives Selbstwertgefühl und Flexibilität, aber vor allem stabile emotionale Beziehungen (mindestens zu einem Elternteil oder einer außerfamiliären Bezugsperson) sowie Modelle positiver Bewältigung entscheidende Resilienzfaktoren darstellten. Das lese ich nun wie eine Anleitung zu einer ressourcenorientierten Psychotherapie oder Arbeit mit sich selbst! Von Interesse scheint mir auch die Forschung von Lewis an gesunden Familien. Er fand folgende Faktoren bei Familien, die er als gesund bezeichnet: Eine grundlegende positive und freundliche Haltung, emotionale Unabhängigkeit, die Fähigkeit, Nähe zu genießen und auch gerne allein zu sein. In diesen Familien sind alle Gefühle „erlaubt“, und es herrscht eine Atmosphäre von Freiheit, Freude und Witz. Die Weltwahrnehmung ist klar und realistisch, so dass man sich gefasst auf Veränderungen einstellt. Transzendente Wertesysteme spielen eine bedeutende Rolle. Fast alle diese Faktoren kann man bei Bach finden, wenn man das Wenige, das man über ihn weiß, zusammenfasst. Kommen wir zu einem anderen Pionier: Aaron Antonovsky. Sein salutogenetisches Konzept des „Sense of Coherence“, abgekürzt SoC, wird häufig zitiert und gilt Gerald Hüther als ein zentraler Faktor seelischer Ausgeglichenheit: SoC wird verstanden als ein durchdringendes, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens, der inneren Stimmigkeit. Es wird folgendermaßen definiert: Sense of Coherence Die Anforderungen aus der inneren und äußeren Welt werden als strukturiert, vorhersagbar und erklärbar erlebt, es herrscht die Gewissheit, dass Ressourcen verfügbar sind, die nötig sind, um den Herausforderungen gerecht zu werden und sie zu handhaben, und schließlich das, was ich für das Wichtigste halte: Auch schwere Anforderungen werden als Herausforderungen definiert, die Investition und Engagement verdienen, und sie erscheinen sinnhaft. Dies alles sind subjektive Faktoren, die damit zusammenhängen, wie wir Situationen für uns selbst bewerten, das heißt, wir haben es ein großes Stück mit unseren Bewertungen in der Hand, ob wir diesen Sense of Coherence erreichen oder nicht. Es konnte gezeigt werden, dass insbesondere psychisches Wohlbefinden mit dem Kohärenzgefühl zusammenhängt. Wie wichtig das Konzept der Salutogenese inzwischen geworden ist, zeigt, dass der Weltgesundheitstag 2001 Salutogenese zum Thema hatte. Und bei dem 36. Internationalen Ascona-Gespräch 2003 wird in der Einladung gesagt: „Die Förderung der Resilienz des Patienten könnte man auch so definieren: „Schaue als Arzt immer zuerst nach der vollen Hälfte deines Patienten und nicht immer nur nach der leeren Hälfte“, das heiße: „den gesunden Menschen im Patienten fördern und nicht nur seinen Krankheiten nachspringen.“ Von dort ist es dann kein weiter Weg zum „beidäugigen Sehen in Diagnostik und Therapie“, das der Psychoanalytiker Peter Fürstenau empfiehlt. Er bezieht sich damit auf ein uraltes ärztliches Wissen, dass nämlich der ganze Mensch mit seinen gesunden Seiten zuerst und dann auch mit seinen kranken Seiten gesehen werden sollte, beidäugig eben. Das gilt ebenso für die Selbstwahrnehmung, d. h. jede/r hat die Freiheit, sich als ganzen Menschen mit 33 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 34 Stärken und Schwächen zu betrachten, statt sich ausschließlich auf die Schwächen zu konzentrieren. Darüber hinaus gilt es auch zu entdecken, welche Stärke oft in einer Schwäche verborgen ist, da es bei genauer Betrachtung „die“ Schwäche oder „die“ Stärke nämlich gar nicht gibt. Und zum Schluss möchte ich ein Konzept der Forscher Wohn und Wohn vorstellen, das ich besonders ermutigend finde: Sie sprechen von einem Modell der Herausforderung durch Krisen und Belastungen und fanden, dass Erkenntnis und Reflexionsfähigkeit, Unabhängigkeit, die Fähigkeit, Beziehungen knüpfen zu können, Initiative, Kreativität und Humor sowie Wertmaßstäbe für seelisches Wohlbefinden von Bedeutung sind. Vergleicht man die Forschungen miteinander, findet man viele Gemeinsamkeiten und ich empfehle, bei sich selbst zu schauen, was da ist und wie man die vorhandenen Fähigkeiten noch weiter ausbauen kann. Wer gerne etwas im Internet nachlesen will, kann dies unter der web-site zum Thema Resilienz, www.lifeline.de, tun. Dort heißt es: Man solle resiliente Vorbilder suchen. Das finde ich wichtig und deshalb interessieren mich die Lebensläufe von Bach und anderen besonders. Die Krise sollte akzeptiert werden, das ist schwer, bei Bach wird sich das allerdings als ein ganz zentrales Moment herausstellen. Vielleicht kann man sagen, dass dadurch Energie freigesetzt wird, die sonst für innere Kämpfe gebraucht wird. Es erscheint mir wichtig anzuerkennen, dass die Fähigkeit zur Akzeptanz sich erst im Laufe der Zeit einstellen kann, und dass es wenig Sinn hat, sich dazu zu zwingen! Eine weitere Empfehlung ist, nach Lösungen aktiv zu suchen und sich helfen zu lassen. Letzteres scheint mir ebenfalls besonders bedeutsam, jedoch gilt hier, dass es manchmal viel Zeit braucht, bis jemand so weit ist. Die Forschung zur Resilienz hat klar zeigen können, dass optimistisch und vorausplanend zu bleiben, nach dem Sinn zu suchen und sich nicht dauerhaft selbst die Schuld geben sehr resilienzfördernd ist. Eine Untersuchung erregte in besonderer Weise mein Interesse, weil die Forscher SchulteCloos und Baisch sich die interessante Frage gestellt haben: „Welche Einstellungen haben Helfer in Bezug auf die Fertigkeiten, die ihren Klienten helfen, Gesundheit in schwierigen Lebenssituationen aufrechtzuerhalten oder wiederzuerlangen“ und fanden, dass die Thematik der Resilienz Psychologlnnen aus der Grundlagenforschung bekannt war, den ÄrztInnen nicht. Das heißt, wenn man zum Arzt geht, kann man derzeit eher nicht damit rechnen, dass er etwas von der Notwendigkeit der Resilienzförderung weiß, da sollte man sich selbst darum kümmern. Und warum auch nicht?! Übernahme von Eigenverantwortung ist an dieser Stelle eben auch ein wichtiger Faktor für die Resilienz. 34 In der Untersuchung von Schulte-Cloos und Baisch erwähnen Betroffene Spiritualität als eine der wichtigsten Ressourcen, während Helfer sie an letzter Stelle einordnen. Sie setzen nämlich in erster Linie auf Veränderungen durch die Therapie. Man kann daran sehen, dass zumindest in dieser Studie die befragten Professionellen dem Konzept der Selbstheilung Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 35 wenig Bedeutung beimaßen. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn sich beide Konzepte zusammenfügen, bzw. zusammengefügt werden: Selbstheilungskräfte mit Hilfe einer tragfähigen Beziehung zu fördern. Was versteht man unter flow? Flow Mihaly Csikszentmihalyi versteht darunter eine besondere Form eines Glückszustandes. Dieser Zustand wird von Menschen sehr ähnlich beschrieben, gleichgültig, was sie tun: meditieren, an einem Rennen teilnehmen, Schach spielen, operieren, klettern u. v. a. m. Das Wort „Flow“ hat Csikszentmihalyi gewählt, weil der Zustand beschrieben werden kann als ein Fortgetragenwerden durch eine Macht, die sich dem Willen entzieht und eine Art mühelose Bewegung in einem Strom von Energie. Auffällig häufig wird flow bei der Arbeit erlebt und nicht, wie manche erwarten, in der Freizeit. Besonders eindrucksvoll finde ich das folgende Beispiel aus Csikszentmihalyis letztem Buch „Flow im Beruf“: „Es verschafft mir große Befriedigung draußen zu sein, mit den Leuten zu reden, mit meinen Tieren zusammen zu sein... Ich rede mit allen – mit Pflanzen, Vögeln, Blumen und Tieren. In der Natur ist einem alles sehr nahe. Täglich kann man sehen, wie sich alles weiterentwickelt. Man fühlt sich makellos und glücklich. Nur schade, dass man müde wird und nach Hause gehen muss ... Auch wenn man viel arbeiten muss, ist es doch sehr schön.“ Die Frau, die das sagt, war mehrere Kilometer bergab gegangen mit einem Bündel Heu auf dem Rücken, das doppelt so groß war, wie sie selbst. Flow vermittelt eine Erfahrung, bei der die Dinge um ihrer selbst willen getan werden. Sie sind in sich belohnend. Genauso spielen Kinder, wenn man sich noch nicht allzu viel eingemischt hat. Musik kann flow-Erlebnisse begünstigen. Es lohnt sich also auch aus diesem Grund, Musik, die uns erfreut, in unser Leben holen. Bei Bach kommt noch die Orientierung an einer übergeordneten Aufgabe dazu, die flow begünstigt. Bach ist für mich auch ein Experte in „Herzensangelegenheiten“, denn seine Musik spricht bei vielen unmittelbar das Herz an. Aus: Luise Reddemann, Überlebenskunst, Von Johann Sebastian Bach lernen und Selbstheilungskräfte entwickeln, (Klett-Cotta Leben!), Klett-Cotta, Stuttgart, 2006 (160 Seiten, mit CD (Kantaten von J.S. Bach, Laufzeit ca. 45 Minuten), Euro 14,90) Salutogenese – Was erhält Menschen gesund? Die Veränderungen im Gesundheitssystem bedeuten nicht nur mehr finanzielle Belastungen für die Einzelnen, sondern beinhalten auch ein großes Maß an Selbstsorge für die eigene Salutogenese 35 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 36 Gesundheit. Damit stellen sich viele Fragen, wie z.B.: Was erhält denn eigentlich Frauen und Männer gesund? Was bedeutet „Gesundheit” im Einzelnen? Wie wird Krankheit definiert? Aaron Antonovsky hat mit seinem Konzept der Salutogenese einige wesentliche Impulse für ein verändertes Verständnis von Gesundheit und Krankheit angeregt. Er greift in seinem Konzept die Ansätze, Gedanken und politischen Strömungen der 70er und 80er Jahre auf, in denen von unterschiedlichen Seiten das System der gesundheitlichen Versorgung öffentlich kritisiert wurde. Kritikpunkte waren die Technisierung der Medizin, die hohen Kosten der gesundheitlichen Versorgung und die mangelnde Rücksicht auf ethische Fragestellungen. Gefordert wurde eine sprechende Medizin und die Einbeziehung psychosozialer Aspekte. salutogenes und pathogenes Verständnis Einführung in das salutogene und das pathogene Verständnis von Gesundheit bzw. Krankheit Aaron Antonovsky (1923-1994) unterrichtete am Institut für angewandte Sozialforschung in der Abteilung für Sozialmedizin und arbeitete an verschiedenen Forschungsprojekten zum Zusammenhang von Stressfaktoren und Gesundheit bzw. Krankheit. Er entwickelte ein Stresskonzept, in dem Stressoren nicht mehr als grundsätzlich krankmachend gesehen wurden, sondern als Impulse, die einen Zustand der Anspannung auslösen, ohne dass dies zwangsläufig zu Stress führen muss. Antonovsky versteht Krankheit und Gesundheit als ein Kontinuum: Beide sind nebeneinander vorhanden; die Menschen sind quasi „Schwimmer und Schwimmerinnen” im Lebensfluss, und es geht darum, darin gut zu werden, um beide Anteile – kranke wie gesunde – in einer dynamischen Balance zu halten. Krankheit und Gesundheit hängen von vielen Faktoren ab und sind demnach systemisch zu verstehen. Da die Folgen von Stress von den jeweiligen individuellen Konstitutionen und Gegebenheiten abhängen, müssen die jeweiligen subjektiven Gesundheitskonzepte mit der globalen Orientierung des salutogenetischen Ansatzes zusammengebracht werden. Das pathogene (an Krankheiten orientierte) Modell geht von einer Dichotomie aus: Es gibt entweder Gesundheit oder Krankheit. Beide Zustände sind objektiv messbar anhand festgelegter Normwerte. Damit ist Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit definiert. Das salutogenetische Modell dagegen definiert Gesundheit nicht, sondern fragt nach den Verhältnissen von Gesundheit. Das pathogene Modell geht von einer Vorstellung des Lebens im Gleichgewicht (Homöostase) aus, während die Salutogenese Leben als einen dynamischen Prozess versteht, als Selbsterhaltung im Ungleichgewicht (Heterostase). Krankheitsursachen im pathogenen Modell sind sogenannte Risikofaktoren und negative Stressoren, die den Einsatz wirksamer Heilmittel begründen, weil sie als potenziell krankheitsfördernd eingeschätzt werden. Gesundheitsursachen sind salutogenetisch verstanden heilsame Ressourcen und Kohärenzsinn. In der Reaktion auf äußere Reize geht es somit um die aktive Anpassung, Risikoreduktion und Ressourcenentwicklung. Das Konzept: 36 Die Hauptthese von Antonovsky und seinem sozialpsychologischen Konzept beinhaltet, dass ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 37 Bewältigung allgegenwärtiger Anforderungen und Stressoren (äußere Reize) und damit für den Erhalt der Gesundheit ist. Das Kohärenzgefühl ist als gesundheitliche Ressource zu verstehen, die durch individuelle, historische, soziale und kulturelle Bedingungen geprägt ist. Das Kohärenzgefühl (Sense of Coherence SoC) entwickelt sich durch Akkomodation und Assimilation bis zum 30. Lebensjahr und bleibt dann relativ konstant. Es entspricht einer Grundhaltung des Vertrauens, das durch drei Merkmale gekennzeichnet ist: Verstehbarkeit (sense of comprehensibility): umschreibt das Ausmaß, in dem die Reize und Situationen, mit denen eine Person alltäglich konfrontiert wird, Sinn machen und von ihr kognitiv als klare geordnete Information verstanden werden. Handhabbarkeit (sense of manageability): umschreibt das Ausmaß, in dem eine Person die Anforderungen, die auf sie zukommen, mit den ihr verfügbaren Ressourcen bewältigen kann. Als Persönlichkeitseigenschaft wächst damit ein instrumentelles Vertrauen ins Leben. Bedeutsamkeit (sense of meaningfulness): bezieht sich auf das Ausmaß, in dem das eigene Leben emotional als sinnvoll erlebt wird und die Probleme und Anforderungen des Lebens als solche erlebt werden, für die einzusetzen es sich lohnt. Strukturelle und gesellschaftliche Maßnahmen, die dem Einzelnen Einflussnahme und Teilhabe an sozial anerkannten Entscheidungsprozessen ermöglichen, ist für Antonovsky die beste Möglichkeit, das Kohärenzgefühl positiv zu beeinflussen. Welchen Einfluss hat nun ein hoher oder niedriger SoC für die Gesundheit ? Stressoren sind Einflüsse, die den menschlichen Organismus in einen Spannungszustand versetzen. Er unterscheidet physikalische, biochemische und psychosoziale Stressoren. Bei den physikalischen und biochemischen hält er eine pathogene Sichtweise für angemessen, für die psychosozialen eine salutogenetische. Menschen mit einem hohen SoC nehmen die Reize wahr, bewerten sie als Stressor oder Nicht-Stressor und entscheiden im Hinblick auf die Bewältigung über notwendige Aktivierung bzw. Deaktivierung von Ressourcen, d.h. sie sind in der Lage zu unterscheiden, wie viel Einsatz notwendig ist, um im Gleichgewicht zu bleiben. Gelingt es, den Spannungszustand zu bewältigen, dann stärkt dieses Erleben den SoC. Bei Misslingen entsteht Stress, der aber nicht zwangsläufig krankmachend sein muss. Ob Ressourcen geweckt werden, hängt davon ab, ob die Person bereits über einen hohen SoC verfügt und ob zusätzlich zum Stress andere Faktoren (Krankheit, äußere Nöte) vorliegen. Menschen mit niedrigem SoC erleben bereits auf der primären Bewertungsstufe den Reiz als Spannung und geraten auf der zweiten Bewertungsstufe in Verwirrung, weil sie die Herausforderung des Stressors für sich nicht einschätzen können. Hier entscheiden generalisierte Widerstandsfaktoren (heilsame Faktoren) über den Belastungsgrad. Sie sind das Potenzial, das zur Bewältigung aktiviert werden kann und prägen wiederum die Lebenserfahrung. Zusammenfassung: Gesundheit ist damit die dynamische Balance der produktiven Verarbeitung von äußeren und inneren Anforderungen sowie der Verwirklichung selbstbestimmter Wünsche, Anliegen und Zusammenfassung 37 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 38 Hoffnungen. Die salutogenen Faktoren, die es ermöglichen, diese dynamische Balance aufrechtzuerhalten, sind in dem Konstrukt des Kohärenzgefühls (SoC) zusammengefasst. Methodische Vorschläge Methodische Vorschläge zur Weiterarbeit mit dem Text 1. Diade-Übung: Was erhält Dich gesund? Bei einer Diade-Übung sitzen sich zwei Menschen gegenüber. Eine Person beginnt, der anderen die Frage zu stellen: Was erhält Dich gesund? Die gefragte antwortet 5 Minuten lang einfach alles, was ihr dazu einfällt, möglichst ohne nachzudenken. Die Fragende hört nur zu. Beide halten Blickkontakt. Wenn die Einfälle stocken, kann die Fragende dieselbe Frage wiederholen. Nach 5 Minuten werden die Rollen getauscht, ohne dazwischen zu sprechen oder zu kommentieren oder zu erklären, wie man etwas gemeint hat. Die Übung kann mehrere Male wiederholt werden. Der Wechsel sollte mindestens 2-3 Mal gemacht werden, um mehr auf das Wesentliche zu kommen. Wenn die Übung beendet ist, sollte Zeit für den Austausch sein. 2. Vorstellung der Thesen von Antonovsky (mit Tageslichtprojektor oder Stichworten am Flip-Chart) Zeit für Rückfragen Anschließend Diskussion mit folgenden gesprächsleitenden Fragen: Welche Anregungen gibt das Konzept? Wo stimme ich zu, wo denke ich anders? 3. Die eigenen gesundheitlichen Ressourcen bestimmen Die Teilnehmenden tauschen sich in Kleingruppen zu folgender Frage aus: Wo liegen meine gesundheitlichen Ressourcen? (Die Teilnehmenden erhalten das nachstehende Ressourcenmodell als Kopie.) 38 Ressourcen können sein: Intern: 1. psycho-physiologische Aspekte, geistige und körperliche Gesundheit 2. emotionale Fähigkeiten l Gefühle, Bestrebungen, Bewertungen 3. kognitive Fähigkeiten l Wahrnehmen, Erinnern, Denken 4. pragmatische Fähigkeiten l Geschicklichkeit, Handlungsvermögen 5. motivationale Aspekte Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 39 Extern: 1. materielle Situation l Wohnung, Gehalt, Vermögen, Besitz 2. psychosoziale Situation l Familie, Partnerin, Freundinnen 3. soziokulturelle Situation l Arbeit, Nachbarschaft, Hilfeeinrichtungen Nach dem Austausch in Kleingruppen werden drei wichtige „Erkenntnisse” aus den jeweiligen Kleingruppen dem Plenum vorgestellt. Schlussfragen könnten sein: Wie soll´s weitergehen? Möchten wir in irgendeiner Form an dem Thema bleiben? Wo besteht Handlungsbedarf? Auf welcher Ebene möchten wir ansetzen? Was sind unsere nächsten Schritte? Singen macht glücklich Singen Viele Menschen singen im Auto, unterwegs beim Wandern, unter der Dusche oder zusammen mit anderen im Chor. Singen entspannt, belebt, erfrischt und gleicht aus. Zu diesem Ergebnis kam auch eine englische Studie: Sie stellte fest, dass der Serotoninspiegel bei Chormitgliedern nach der Probe erhöht war. Im Übrigen gilt für Menschen, die einfach gerne singen, auch wenn andere oder sie selbst meinen, dass sie nicht „richtig” singen könnten: Singen tut allen gut! Die Stimme ist der direkteste musikalische Ausdruck des Menschen. Der eigene Körper ist Resonanzraum für unsere Stimme, und unser Atem bringt unsere Stimmbänder zum Schwingen. Wie wir gestimmt sind, merken wir am Klang und Ausdruck der Stimme. Singen kann dazu helfen, eigenen Stimmungen und Gefühlen Ausdruck zu verleihen und kann uns zu mehr „Stimmigkeit” bzw. Authentizität führen. Dass Singen eine zutiefst originäre Ausdruckweise des Menschen ist, zeigt sich an der Bedeutung des Singens in allen Religionen und Kulturen. Im Gesang kann ich mich vor Gott bringen, so wie ich bin: direkt und unverstellt. Gemeinsames Singen kann unglaubliche Kräfte freisetzen, aber wie wir aus der Geschichte wissen, können diese freigesetzten Energien beim Singen auch für zerstörerische Zwecke missbraucht werden. Dennoch: sich fallen lassen und gleichzeitig wach bleiben und eigene Verantwortung wahrnehmen ist kein Widerspruch – und kann unendlich wohl tun und heilsam sein. Auch unsere Kirchenlieder – ob traditionell oder modern – laden dazu ein, die verschiedenen Stimmungen und Gefühle in Text und Melodie auszudrücken: Freude und Glück, Trauer und Wut, Sehnsucht nach Gott und dem Leben, Dankbarkeit, Verlassen-Sein und Klage, Geborgenheit in der Gemeinschaft und bei Gott. 39 Heft Bürsten und Beten.qxp B. III. Bausteine für Gruppen 25.04.2007 13:28 Seite 40 B. III. Bausteine für Gruppen „Kyrie- Meditation” Vorbemerkung: Besonders Frauen sind für Schuldgefühle und Schuldzuweisungen jeglicher Art sehr empfänglich. Durch Jahrhunderte hindurch wurden sie als diejenigen, die für die Sünde der Menschheit verantwortlich sind, stigmatisiert. Auch wenn dies heute – wo Frauen wenigstens theoretisch gleichberechtigt sind – nicht mehr argumentationsfähig ist, wirkt diese lange Tradition unbewusst weiter. Schuldgefühle können krank machen: sie bohren, wüten, pochen und nagen in einem. Sie tauchen nur allzu leicht bei jedem schweren „Nein” gegen den Anderen, beim Streiten, beim Versäumnis des rechten Wortes oder der notwendigen Tat auf. Das häufig verbreitete Verständnis von Sünde als Stolz, Selbstüberschätzung und Selbstüberhebung spiegelt aus Sicht vieler Frauen allerdings weit stärker die männliche als die weibliche Lebenswirklichkeit wider. Christliche Frauen sind in der Regel weit davon entfernt, von Macht und Eigenliebe besessen zu sein. Sie leiden viel eher an einem grundlegenden Mangel an Selbstwertgefühl. Eine Sündenlehre, die Sünde als Stolz interpretiert, nimmt nur die Erfahrung der Hälfte der Menschheit in den Blick. Die Sünde vieler Frauen besteht vielleicht eher nicht in zu viel, sondern in zu wenig Stolz. Die spezifisch weibliche Versuchung zur Sünde wäre demnach der Verzicht auf Selbstbehauptung und übertriebene Selbsthingabe. Vor diesem Hintergrund ist das „Kyrie” zu verstehen, das in diesem Gottesdienstentwurf als „umgekehrtes Schuldbekenntnis” vorgeschlagen wird: Christus, ich bekenne vor dir, dass ich keinen Glauben an meine eigenen Möglichkeiten gehabt habe. 40 Dass ich in Gedanken, Worten und Taten Verachtung für mich und für mein Können gezeigt habe. Ich habe mich selbst nicht gleichviel geliebt wie die andern, nicht meinen Körper, nicht mein Aussehen, nicht meine Talente, nicht meine eigene Art zu sein. Ich habe andere mein Leben steuern lassen. Ich habe mich verachten und misshandeln lassen. Ich habe mehr auf das Urteil anderer vertraut als auf mein eigenes und habe zugelassen, dass Menschen gleichgültig und bösartig mir gegenüber gewesen sind, ohne ihnen Einhalt zu gebieten. Ich bekenne, dass ich mich nicht im Maße meiner vollen Fähigkeiten entwickelt habe, dass ich zu feige gewesen bin, um in einer gerechten Sache Streit zu wagen, dass ich mich gewunden habe, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Ich bekenne, dass ich nicht gewagt habe zu zeigen, wie tüchtig ich bin, nicht gewagt habe, so tüchtig zu sein, wie ich es wirklich sein kann. Gott, unser Vater und Schöpfer, Jesus, unser Bruder und Erlöser, Geist, unsere Mutter und Trösterin, vergib mir meine Selbstverachtung, Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 41 richte mich auf, gib mir Glauben an mich selbst und Liebe zu mir selbst. Lena Malmgren „Ein umgekehrtes Schuldbekenntnis”. Aus einem Gottesdienst schwedischer Frauen. aus: Heidi Rosenstock/Hanne Köhler, Du Gott, Freundin der Menschen. Neue Texte und Lieder für Andacht und Gottesdienst © Kreuz Verlag, Stuttgart 1991, S. 63 Vorschlag zur Erarbeitung eines eigenen Schuldbekenntnisses: 1. Abrufen des Bedeutungshorizontes Bedeutungshorizont Was für Vorstellungen, Phantasien, Assoziationen sind bei den Frauen vorhanden, wenn sie mit den Begriffen „Sünde” und „Schuld” konfrontiert werden? In der Mitte liegt ein großer Bogen Papier, auf dem die beiden Worte „Sünde” und „Schuld” stehen. (Bei einer größeren Gruppe in kleinere Gruppen von 5-8 Frauen einteilen!) Die Frauen erhalten nach der Methode des „Stummen Dialogs” den Auftrag, zu schreiben oder zu malen, was jeder zu dem Begriff „Sünde” und „Schuld” einfällt. Es können Assoziationen, Gedanken, Meinungen, Bilder sein. Dabei wird nicht geredet. Eventuelle Dialoge werden auf dem Papier ausgetragen, d.h. man kann also durchaus auf Geschriebenes von anderen reagieren. Im Anschluss äußern sich die Frauen in einer Blitzlichtrunde zu den Fragen: Wie ging’s mir dabei? Was fällt auf? Abschließend tauschen sich die Frauen in einem Plenumsgespräch aus: Was verstehen wir als Sünde? Was als Schuld? Gibt es abweichende Meinungen? 2. Das Potential: Die Talente entdecken, die in mir sind, sie benennen und dazu stehen Potential Es fällt in der Regel sehr leicht zu benennen, was ich nicht kann oder nicht gut kann – viel schwerer fällt es uns, zu sagen, was ich gut kann, worauf ich stolz bin. Jede hat Gaben und Talente, jede ist ein einmaliges Geschöpf Gottes und von ihm wunderbar gemacht. Gott sagt sein Ja zu mir – so wie ich bin – deshalb kann ich ja zu mir sagen. Gott steht zu mir – deshalb kann ich zu mir stehen. Gott achtet mich – deshalb kann ich mich achten. Gott liebt mich – deshalb kann ich mich lieben. Ich bin in Gottes Augen teuer und wertvoll – deshalb kann ich mich selbst wertschätzen. Jede bekommt einen Zettel, auf dem folgende zu ergänzende Sätze stehen: Ich mag an mir... Ich finde es gut, dass ich... . Ich bin stolz, dass ich... Ich schätze an mir, dass... Die Frauen erhalten den Auftrag, die Sätze zu vollenden. (Hinweis für die Leitenden: darauf hinweisen, dass es vielleicht schwer fällt, ungewohnt ist, ja frau sich fast geniert, und dass es anonym bleibt!) 41 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:42 Seite 42 Die Zettel werden eingesammelt. Dann nimmt jede einen, liest ihn vor und legt ihn in die Mitte, so dass der ganze Reichtum dieser Gruppe in ihrer Mitte liegt. Die Leitung weist auf diesen Reichtum hin. Schuld oder Sünde wäre also, dieses Potential nicht zu leben oder es zu verbergen – dann würde jede sich selbst und Gott gegenüber „schuldig”. alternatives Schuldbekenntnis 3. Ein alternatives Schuldbekenntnis formulieren Die Gruppe sammelt gemeinsam Ideen zu der Frage: Wie sähe ein alternatives Schuldbekenntnis aus? Für was müssten wir uns schuldig bekennen? (Im Sündenbekenntnis nehmen Menschen ihre Schuld wahr und bekennen sie vor Gott und den Menschen. Sie bitten Gott um Vergebung, um Hilfe und um Stärkung, es ab jetzt anders zu machen und sich anders verhalten zu können.) Das obige alternative Schuldbekenntnis kann als Anregung für ein selbst formuliertes Bekenntnis oder als Diskussionsgrundlage verwandt werden. Alternativ: den Text von Marianne Williamson (s.o. unter B.II. Thematische Impulse) gemeinsam lesen und sich darüber austauschen. Den Text als Ermutigung und Stärkung mit nach Hause geben! Im Zusammenhang mit dem Thema ist zu beachten: Körperliches und seelisches Wohlbefinden sind eng miteinander verflochten. Wenn die Seele weint und der Mund schweigt, spricht der Körper. Wenn wir diesen Zusammenhang sehen und akzeptieren, besteht allerdings die Gefahr, dass Krankheit wiederum als „eigene Schuld” gesehen wird und die Ursache für eine Krankheit vorschnell diagnostiziert wird. Ähnlich wie der Tun-Ergehen-Zusammenhang ist auch das moderne Kausalitätsprinzip mit dem Schuldverständnis eng verflochten. Wenn beispielsweise ein bestimmter Virus oder ein Bakterium, ein technischer Fehler oder ein menschliches Versagen als Ursache für ein Unglück oder eine Krankheit auszumachen sind, ist dies in der Regel eine ungeheure Entlastung: das undurchsichtige Gemisch aus Betroffenheit, Rätsel und Ohnmacht klärt sich, wird auf einen Faktor oder einige Parameter reduziert. Es ist für uns schwer, mit unlösbaren Spannungen zu leben. Deshalb besteht die Gefahr, dass wir auch bei einer ganzheitlichen Sichtweise des Menschen allzu schnell und allzu gern auf eine einfache „Lösung” zurückgreifen: „Sie ist schuld an ihrer Krankheit, weil sie nie nach sich geschaut hat ... weil sie in dieser einengenden Beziehung geblieben ist …” Zum einen ist die Erklärung einer Krankheit nicht so einfach – zum andern würde ein solches sehr verkürztes Verständnis von Krankheit Frauen nur zu leicht wieder in die „Schuldfalle” treiben. Nun sind sie nicht nur krank, sondern auch noch schuld daran. „Trialog” 42 4. Anregung zur Weiterarbeit am „Trialog” Textlesung: Sprüche 31,10-31 Den Trialog (im Gottesdienstentwurf) in der Gruppe gemeinsam lesen. Am besten wäre es, wenn drei Sprecherinnen ihn vortragen könnten. Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 43 Nach einer kurzen Stille, in der jede den Text noch mal in sich nachklingen lässt, werden folgende Fragen bearbeitet: l l l l l Wo sind meine Kraftquellen? Was nehme ich heute als Anregung mit? Wie sieht für mich „gelungener Alltag” aus? Was würde ich mir selber als „Heilmittel” verordnen? Was nehme ich mir vor, in der nächsten Zeit bewusst für meine Gesundheit zu tun? Diese oder ähnliche Fragen (am besten ist es, sich auf 1-3 zu beschränken) können auf unterschiedliche Weise beantwortet werden: 1. Jede Frau schreibt für sich ihre Antworten auf. Anschließend Austausch in der Gruppe. 2. Die Frauen gehen paarweise zusammen: die eine erzählt der anderen, was ihr zu dieser Frage (in diesem Fall nur eine auswählen!) durch den Kopf geht und wie sie sie beantworten würde. Die andere Frau hört zu ohne zu unterbrechen. Nach 5 Minuten Wechsel. 3. Frauen finden sich in Murmelgruppen zu 4-5 Personen zusammen. 4. Jede Frau erhält ein Blatt Papier; verschiedene Farbstifte, Wachsmalkreiden etc. liegen für alle erreichbar in der Mitte. Die Teilnehmerinnen malen z.B. „meine Kraftquelle”. Dabei geht es nicht darum, dass frau schön oder genau malt, sondern das, was in ihr auftaucht, in Formen und Farben zu Papier bringt. Im Anschluss stellt jede Frau ihr Bild vor. Superfrau!? Anregungen zur Arbeit mit (Frauen-)Gruppen zum Vergleich biblischer Übersetzungen von Ikf[h\hWk5 Sprüche 31,10-31 Superfrau!? Anregungen zur Arbeit mit (Frauen-)Gruppen zum Vergleich biblischer Übersetzungen von Sprüche 31,10-31 TN: Teilnehmende EA: Einzelarbeit GA: Gruppenarbeit Vorschlag für die Übersetzungen: Luther-Übersetzung und „ Bibel in gerechter Sprache“ <ehc! MWi CWj[h_Wb P[_j Plenum Ankommen im Hier und Jetzt und im eigenen Körper Evtl. mit einer Körperübung Die TN werden aufgefordert, sich einen bequemen Platz zum Hören zu suchen, - um den Bibeltext auf sich wirken zu lassen – auf alle Sinne! - um unangestrengt wahr zu nehmen: welche Bilder, Stimmungen, Gefühle, Worte, Assoziationen steigen beim Hören in mir auf? Die erste Übersetzung wird laut vorgelesen. 43 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 EA 13:28 Seite 44 Alle TN sammeln für sich auf Moderationskarten Stichworte ihrer Wahrnehmungen (3 Minuten). Plenum Kurz Durchschütteln, Durchatmen, evtl. Platzwechsel. Die zweite Übersetzung wird laut vorgelesen. EA Alle TN sammeln für sich auf Moderationskarten Stichworte ihrer Wahrnehmungen (3 Minuten). Bis hier: 20‘–30‘ 2 Pinwände mit den vorberei- Plenum/ Die zwei verschiedenen Übersetzungen, die in der Vorbe- EA reitung groß kopiert und auf je einer Pinwand aufgehängt teten Übersetzungstexten 10‘ wurden, nun für alle sichtbar aufstellen. Pin-Nadeln Alle TN werden gebeten, still und gleichzeitig ihre beschriebenen Karten den entsprechenden Stellen im Text zuzuordnen und sie anzupinnen. Anschließend betrachten alle die Assoziationswand. EA Die TN werden dann beauftragt: 5‘ Jede sucht für sich - 1 Vers, der ihr gut gefällt. - 1 Vers, der sie ärgert. - 1 Vers, der Fragen aufwirft. GA Austausch in Kleingruppen bis zu 5 Personen: 20‘ 1) Die TN teilen sich ihre Beobachtungen mit. 2) Sie vergleichen dazu die Übersetzungen miteinander was fällt auf? 3) Sie fokussieren gemeinsam ihre Ergebnisse auf 3 wichtige Beobachtungen, Fragen, Erkenntnisse und fixieren diese auf je einer Moderationskarte. Plenum Im Plenum stellen die Kleingruppen ihre Ergebnisse vor. 20‘-30‘ Es gibt anschließend Raum für Resonanz aus der Gruppe. Abschluss C]b_Y^[=[ifhY^ij^[c[dpkc8_X[bj[nj"Z_[Wk\aecc[deZ[hWd][ije[dm[hZ[dadd[d0 1. Gibt es Unterschiede in den Übersetzungen, wie/ woran sich der Wert einer Frau zeigt? Wie bewerten Sie diese Aussagen? Welche Fähigkeiten der Frau werden im Text (von wem) anerkannt? Welche vermissen Sie? 2. Wenn Sie sich auf die Suche nach den Motivationsquellen der großen Aktivität der Frau in Sprüche 31 begeben, welche finden Sie dazu im Text? 44 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 45 Mögliche Gesprächsthemen zum Bibeltext, die aufkommen oder angestoßen werden können: 1. Gibt es Unterschiede in den Übersetzungen, wie/woran sich der Wert einer Frau zeigt? Wie bewerten Sie diese Aussagen? Welche Fähigkeiten der Frau werden im Text (von wem) anerkannt? Welche vermissen Sie? 2. Wenn Sie sich auf die Suche nach den Motivationsquellen der großen Aktivität der Frau in Sprüche 31 begeben, welche finden Sie dazu im Text? Welche Unterschiede finden Sie in den verschiedenen Übersetzungen? 3. Wie beschreiben die unterschiedlichen Übersetzungen die Gottesbeziehung der Frau? 4. Wie wird in den verschiedenen Übersetzungen die Position der Frau in der Gesellschaft beschrieben, ihre Kompetenzen, ihr Aktionsradius? 5. Welche Beziehungen gestaltet die Frau in Sprüche 31 und wie tut sie dies? Finden Sie Unterschiede in den Übersetzungen. 45 Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 46 Literatur l Hedwig-Jahnow-Forschungsprojekt (Hrsg.): Körperkonzepte im Ersten Testament. Aspekte einer Feministischen Anthropologie, Kohlhammer 2003. l Reddemann, Luise: Überlebenskunst, Klett-Cotta 2006. l Schindele, Eva: Pfusch an der Frau, Hamburg 1993. l Wydler, Hans/Kolip, Petra/Abel, Thomas (Hrsg.): Salutogenese und Kohärenzgefühl. Grundlagen, Empirie und Praxis eines gesundheitswissenschaftlichen Konzepts, Juwenta 2002. l Broschüre: Frauen Leben Gesundheit, Herausgeberin: Bundeskoordination Frauengesundheit 2003. l Ist es gefährlich, eine Frau zu sein? Aus: BRIGITTE 23 /2006. Arbeitshilfen 46 l Bayrischer Mütterdienst der Ev.-Luth. Kirche e.V. (Hrsg.): Frauengesundheit und Affidamento. Vom Wohlbehagen und Wohlbefinden. Tagungsauswertung 18. März 2000. Zu beziehen über: vs@muetterdienst.de l Diakonisches Werk der Ev. Kirche in Deutschland (Hrsg.): danken und dienen. Wenn Krankheit Mauern baut. Arbeitshilfe für Verkündigung, Gemeindearbeit und Unterricht, Stuttgart 2006. Zu beziehen über: vertrieb@diakonie.de l Evangelische Frauenhilfe in Hessen und Nassau e.V. (Hrsg.): Frauen und Gesundheit. Ein Handbuch für Gruppenarbeit mit Frauen Teil 2, Darmstadt 2001. Zu beziehen über: ulang@ev-frauenhilfe-hessen-nassau.de l Evangelische Frauen in Hessen und Nassau: Frauen Bildung Spiritualität (Hrsg.): Bei mir bist Du schön. Frauen-Körper-Glaube. Für Gruppen, Frauentage und andere Veranstaltungen, 2006. Zu beziehen über: Marlies.Klinge@EvangelischeFrauen.de l Evangelische Frauenhilfe in Deutschland e.V. (Hrsg.): Wellness. Wohlsein für Körper, Geist und Seele. Arbeitshilfe zum Weitergeben 2003. Zu beziehen über: efhid@frauenhilfe.de Heft Bürsten und Beten.qxp 25.04.2007 13:28 Seite 47 Kontakte l Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Ostmerheimer Str. 220 51109 Köln Tel.: 0221 8992-0 Fax: 0221 8992-300 E-Mail: poststelle@bzga.de l Feministisches Frauengesundheitszentrum e.V. Stuttgart Kernerstraße 31 70182 Stuttgart Tel/ Fax: 0711 296356 E-Mail: ffgzstuttgart@tiscali.de www.ffgzstuttgart.de l Evangelische Frauen in Württemberg Evangelische Mütterkurheime in Württemberg e.V. Postfach 10 13 52 70012 Stuttgart Tel.: 0711 2068 – 240/ 241 Fax: 0711 2068 – 346 E-Mail: info@muettergenesung-kur.de www.muettergenesung-kur.de l www.frauennews.de/index.htm l www.akf-info.de (akf = Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft) Bestelladresse Evangelischer Oberkirchenrat – Büro der Frauenbeauftragten, Gerokstr. 21, 70184 Stuttgart, 0711 2149-571 E-Mail-Adresse: frauenbeauftragte@elk-wue.de Impressum Herausgegeben vom Büro der Frauenbeauftragten der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gerokstr. 21, 70184 Stuttgart Redaktion: Imke Frodermann, Pfarrerin z.A. Diese Materialsammlung wurde erarbeitet von: Bettina Hertel, Theologin und Psychologin; Rebekka Müller, Kurleiterin; Ariella Pavoni, Referentin bei EFW; Anke Rüdinger, Pfarrerin z.A., Elisabeth Schweizer, Pfarrerin; Brigitte Straßner, Pfarrerin im Auftrag der Fachgruppe Frauenliturgie (FFL). Druck: Georg Riederer KG, Stuttgart Wir haben uns bemüht, für alle abgedruckten Texte die Rechte zu erhalten. An manchen Stellen war es trotz eingehender Recherche nicht möglich, die Rechteinhaber zu ermitteln. Wir bitten in solchen Fällen um Rückmeldung. 47 Heft Bürsten und Beten.qxp 48 25.04.2007 13:28 Seite 48 BÜRSTEN UND BETEN Frauen Leben Gottesdienst Ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit“ Thematische Impulse Bausteine für Gruppen Gottesdienstentwurf zu Sprüche 31,10-31 BÜRSTEN UND BETEN Frauen Leben Gottesdienst Ein Gottesdienst zum Thema „Frauen und Gesundheit“ Thematische Impulse Bausteine für Gruppen Gottesdienstentwurf zu Sprüche 31,10-31