Medien-Newsletter 05/2006

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Medien-Newsletter 05/2006
Mai 2006
Nicht zu kurz springen!
Treffen sich zwei Gewerkschaftsfunktionäre, sagt der eine: „Habe gehört, auf dem DGBBundeskongress soll ein medienpolitischer Antrag eingebracht werden. Was soll denn
das Ziel sein? Dass wir mehr in den Medien vorkommen?“ Um Längen zu kurz gesprungen, würde sich das medienpolitische Enga„Medien sind mehr als ein Wirtschaftsgut. Sie sind
gement von Gewerkschaften an diesem Ziel
auch ein Kulturgut, dessen Wirkung auf die Meiorientieren. Es geht um viel mehr: Welche
nungsbildung enorm ist. Demokratie lebt von inAuswirkungen hat die „digitale Revolution“
formierten und selbstbewussten Bürgerinnen und
auf Inhalte? Wie kritisch und frei ist eine
Bürgern, die ihre Meinung – wiederum vermittelt
Redakteurin, deren Zeitung gerade von
über die Medien – artikulieren.“
Finanzinvestoren gekauft worden ist, die mal
eben die Gewinnerwartungen verdoppeln?
Gewerkschaften sind nicht die einzigen, die diese Fragen stellen, aber ihre Stimme muss
vernehmbarer werden. Denn Medien sind mehr als ein Wirtschaftsgut. Sie sind auch ein
Kulturgut, dessen Wirkung auf die Meinungsbildung enorm ist. Demokratie lebt von
informierten und selbstbewussten Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Meinung – wiederum vermittelt über die Medien – artikulieren.
In diesem Wechselspiel sind Journalistinnen
und Journalisten weitaus mehr als Transmissionsriemen. Sie selbst haben Verantwortung
für die Art und Weise, in der sie Themen und
Informationen auswählen oder Sachverhalte
beschreiben. Die unsichere ökonomische
Situation macht es vielen, vor allem freien, Journalistinnen und Journalisten nicht gerade
leicht, unabhängigen, kritischen und neugierigen Journalismus zu pflegen. Im schlimmsten Fall wird geschrieben und gesendet, was den Mächtigen im Medienbetrieb gefällt
oder der Quote und dem Umsatz dient.
„Die unsichere ökonomische Situation macht es
vielen, vor allem freien, Journalistinnen und Journalisten nicht gerade leicht, unabhängigen, kritischen und neugierigen Journalismus zu pflegen.“
Da diese Entwicklung durch die zunehmende Medienkonzentration noch verstärkt wird,
müssen sich Gewerkschaften künftig genauso intensiv um die Machtverhältnisse in den
Medien kümmern, wie um das Verhältnis der Medien zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Michael Sommer
Inhalt
ARD
ZDF
Private
Medienpolitik
Aus den Ländern
Print
Allgemeines
Ausland
Zum Schluss
Impressum
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Finanzierten Behörden ARD- und ZDF-Beiträge?
Wie das Medienmagazin „Zapp“ berichtete, haben öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten
von Bundeseinrichtungen Zuschüsse für Magazinbeiträge im TV erhalten. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hätten unter anderem Magazinbeiträge für Sendungen wie „Volle Kanne“ (ZDF), „Jojo - das Jobjournal“
(MDR) und „Arbeitsmarkt aktuell“ (RBB) mitfinanziert. Die betroffenen Sender distanzierten sich von der „Zapp“-Darstellung.
Neben dem ZDF habe auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) inzwischen die
Zusammenarbeit beendet, bei der insgesamt 350.000 Euro an die Sender geflossen sein
sollen. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) kooperiere gegenwärtig noch mit der BA,
hieß es bei „Zapp“. Beim RBB liefen noch in der Reihe „Miteinander“ Beiträge der DRV,
gleiches gelte für den Hessischen Rundfunk (hr) und eine Reihe zur Rentenversicherung.
„Zapp“ stützte sich unter anderem auf Recherchen des Journalisten Thomas Leif für sein
Buch „Beraten und verkauft“.
Medienrechtler Dieter Dörr kritisierte in „Zapp“, dass bei der gebotenen Staatsferne der
öffentlich-rechtlichen Sender «kein Geld für Berichterstattung» fließen dürfe. Und genau
darum gehe es: „Um bezahlte Beiträge. Und das ist der größte Sündenfall, den ich mir
überhaupt vorstellen kann.“ Die Zuschauer gingen davon aus, unabhängig informiert zu
werden, fügte Buchautor Thomas Leif hinzu. Dies sei der „Glaubwürdigkeitsbonus“ des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das Prinzip der Unabhängigkeit sei somit in Frage
gestellt.
„Türkisch für Anfänger“ geht in die zweite Runde
Die ARD hat 24 neue Folgen der Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“ in Auftrag
gegeben. In den Geschichten geht es um eine deutsch-türkische Patchwork-Familie, um
Liebeskummer, Lebensglück, Pubertät und Ramadan. Die Dreharbeiten beginnen am 26.
Juni und dauern bis Dezember. „Die Anerkennung, die die erste Staffel seitens der Presse, auf internationalen Festivals und besonders von den so zahlreichen Fans erhalten hat,
ermutigt uns zur Fortsetzung“, sagte die zuständige Fernsehspielchefin des Bayerischen
Rundfunks (BR), Bettina Reitz. Ausstrahlungstermin der zweiten Staffel ist 2007.
Radio in der Krise
Glaubt man den aktuellen Umfragewerten, dann sind Deutschlands Radiosender auf dem
Weg in eine tief greifende Strukturkrise. Binnen eines halben Jahres verloren öffentlichrechtliche wie private Wellen mehr als eine halbe Million Hörer, die meisten davon
(489.000) in der so genannten werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen - ein
Minus von 3,9 Prozent. Besonders hart trifft es die Jugendwellen, deren Hörer zunehmend ihre Musikversorgung mit MP3-Playern und Internet-Angeboten selbst in die Hand
nehmen. Laut Beratungsunternehmen Goldmedia hat die Hördauer bei den unter 30jährigen in den letzten fünf Jahren um 25 Prozent abgenommen.
TV-Kritik: „Als der Fremde kam“
(ARD 10.05.06, 2,94 Millionen Zuschauer, Marktanteil: 11,0 Prozent)
Wenn Götz George (Schimanski) einen Gewerkschafter spielt, muss das unserem Image
nicht unbedingt aufhelfen. Das ist bedauerlich, weil von solcher Art Product Placement
oft geträumt wurde – beispielsweise in den Runden gewerkschaftlicher Pressesprecher.
Das hat aber auch sein Gutes, weil man Drehbuchautoren nicht nur beraten sondern
auch bezahlen müsste. Seit etwa einem Jahr schwelt die Diskussion um Schleichwerbung
in den öffentlich-rechtlichen Anstalten. Neuerdings wurde sogar die Bundesanstalt für
Arbeit (BA) beim Mitentwickeln von Senderbeiträgen erwischt. Die BA hatte richtig viel
Korruptionsfall Emig
Die Stiftung des Wächterpreises hat jetzt zum Korruptionsfall um den früheren HRSportchef Jürgen Emig eine
ausführliche Dokumentation
der Affäre ins Internet gestellt.
Auf der Webseite des Preises
ist nachzulesen, wie bereits im
Frühjahr 2003 erste Zeitungsberichte auf gekaufte SportBeiträge im Hessischen Fernsehen hindeuteten, für den
Sportchef aber zunächst folgenlos blieben.
Komplett nachzulesen unter:
www.waechterpreis.de
Wird ARD-„Sportschau“
erweitert?
Laut „Spiegel Online“ prüft die
ARD derzeit einen Ausbau der
„Sportschau“. Schon zur
kommenden Saison sollen
Regionalliga-Spiele in der
Sendung zu sehen sein. Im
Gespräch ist eine 20-minütige
Zusammenfassung der TopSpiele.
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Geld an Produktionsfirmen „gesponsert“ und sich samt Medienbranche in einen noch
schlechteren Ruf gebracht. So was wollen wir ja nicht.
Wenn die ARD zur Primetime Götz George als Gewerkschaftsfunktionär in einem Sozialdrama ankündigt, könnte man denken, die Gewerkschaften haben die Nase tief drin in
den Leitmedien, den Star-Agenturen, den Autoren- und Redaktionsstuben und sicherlich
auch noch Anteile an ein, zwei Produktionsfirmen. So macht man nämlich Politik in der
Mediengesellschaft, dafür verliert man auch schon mal seine Unschuld.
Was dann aber aus dem Fernsehsessel zu sehen war, zerstreute diesen Verdacht schnell.
Irgendwie hätte man sich ja einen Gewerkschafts-Schimanski vorstellen können. Das
wäre ja noch was – aber ohne Mähne, Bart und Parka geht das eben nicht. Oder wenn
sich Autor, Regisseur und Darsteller irgendeinen anderen Haudrauf-Typen aus einer
untergegangenen Popkultur ausgedacht hätten… Der Titel „Als der Fremde kam“ hätte
ja zumindest so was wie den Schatten von männlicher Einsamkeit um das Heldengesicht
vermuten lassen können. Westernklischee. Statt dessen: ein Robert Stubenrauch, hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär, auch noch Akademiker („Tag, Sie sind doch der Herr
Doktor“).
Da schläft ein kraftloser Schlips-und-Kragen-Typ im Bahnabteil auf der gewerkschaftlichen Dienstreise ins Liebesabenteuer. Ostdeutsche morbid-Idylle, meist im Dunkeln wie
bei Fassbinders „Berlin, Alexanderplatz“, die Ausstattung ein wenig wie aus dem Deutschen Historischen Museum. Und es gibt noch einen Bahnhof an einem Ort ohne viele
Häuser, wo es seit 15 Jahren kein Kino gibt und die Zementbude geschlossen werden
soll – wenn das Mehdorn wüsste. Fast schon Illusionskino: Schöne Frau holt Gewerkschafter mit dem Fahrrad (!) ab und bringt ihn in der Mansarde (!) ihres Hauses unter.
Dazu Ehemann und Sohn als Zementkumpel, die ältliche Mutter irgendwie erotisch aufgeladen.
Was man sich als ländliche Idylle im Osten platter weise so vorstellt: Arbeiterkneipe,
dickes Mädchen singt Karaoke und alle brüllen „auszieh’n!“
Und dann die Arbeitswelt und der Gewerkschafter: „Streik macht doch nur Sinn, wenn
die anderen was zu verlieren haben.“ „Stubenrauch, Sie sind ein Fossil, Ihre Sprüche
stammen aus den 80ern.“ Malocher in der Betriebskantine – im wirklichen Osten gibt’s
solche Einrichtungen schon lange nicht mehr. Stubenrauch schlägt Hungerstreik vor.
Bischofferode lässt noch mal grüßen, ist aber längst Geschichte.
Und schnell findet der Film ins Private zurück und verbleibt dort. Exposition: Oma auf
Flirt-Hotline vor Computer-Kamera, Stubenrauch sieht Porno und onaniert, Ehepaar
begattet sich.
Im Dunkeln bleibt, wie im wirklichen Leben, der stets imaginäre Investor. Allerdings
werden auch die Ängste der von Arbeitsplatzverlust Bedrohten nicht recht plastisch.
Kein Sozialdrama, ein Liebesfilm, denn der Plot ist eine Kuss-Szene im nächtlichen Regenwald, während der Ehemann der Geküssten mit seinen Kumpels hungerstreikt. Oma:
„Ihr duzt Euch?“
Kurz und schlecht das Soziale: Die Zementbude macht dicht, es gibt Abfindungen. „Ich
geh weg nach Bayern, da find ich Arbeit“, sagt der Sohn. Stubenrauch als Gewerkschaftsfunktionär scheitert, als Mensch stolpert er über seinen Testosteron-Spiegel. Die
Ehe seiner Gastgeber ist erst mal kaputt.
Wer wirkliche Arbeitskämpfe miterlebt hat, kennt – wenn er Glück hatte – die Euphorie
der Gruppe, zumindest aber die Logistik, Taktik und notwendige Disziplin, die in Gewerkschaftsbüros und Streikleitungen notwendigerweise herrscht. Auch die Balance
zwischen Hoffnung und Angst. Das alles vermittelte dieser Film nicht. Ein Liebesdrama
unter fragwürdiger Verwendung einer sozialdramatischen Szenerie.
Kein Product Placement der Gewerkschaften.
Bernhard Becker, DGB-Pressesprecher Sachsen-Anhalt
„Scheibenwischer“ ohne
Georg Schramm
Der Kabarettist verlässt die
ARD-Satiresendung im Streit.
Die unterschiedlichen Vorstellungen der Mitwirkenden und
der beteiligten Redaktionen
des rbb und BR zur strukturellen und inhaltlichen Gestaltung
bei einer Verlängerung der
Sendezeit von 30 auf 45 Minuten seien nicht miteinander
vereinbar.
Die Sendung mit dem
Elefanten
Der kleine blaue Elefant aus
der „Sendung mit der Maus“
bekommt nach Informationen
des Magazins „Kontakter“
eine eigene Reihe. „Die Sendung mit dem Elefanten“ soll
besonders die Zielgruppe der
Allerkleinsten im Alter von
zwei bis fünf Jahren ansprechen. Die WDR-Produktion
wird dem Bericht zufolge
sowohl im Ersten als auch im
Kinderkanal von ARD und ZDF
zu sehen sein. Ein Pilotfilm für
die Sendung soll im Mai getestet werden.
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TV-Stars und Werbung
Das ZDF soll die Werbeaktivitäten seiner Protagonisten künftig stärker kontrollieren. Für
freiberufliche Moderatoren und Schauspieler im Dienste des Senders soll es nach den
Worten des ZDF-Fernsehratsvorsitzenden Ruprecht Polenz nicht nur eine „Meldepflicht“,
sondern auch eine „Genehmigungspflicht“ ihrer Werbekampagnen geben. Dafür will
sich Polenz bei der nächsten Sitzung des ZDF-Aufsichtsgremiums im Juni einsetzen.
Anlass hierfür ist das jüngste, in der Öffentlichkeit umstrittene Engagement von Moderator Johannes B. Kerner für die Luftfahrtgesellschaft Air Berlin. Der 41-jährige Talkmaster
hatte für die Börseneinführung des Unternehmens geworben und dafür Kritik einstecken
müssen, obgleich er selbst auf das Risiko bei Aktieninvestitionen für Kleinanleger hingewiesen hatte. Polenz sagte, er erwarte, dass Intendant Markus Schächter bei der Sitzung
im Juni einen Bericht zu dem Thema vorlegen und es darauf zu einer Aussprache kommen werde.
„Das Problem besteht darin, dass sich Werbepartner die TV-Stars wegen ihrer Beliebtheit
und den Sender wegen seines Images als seriösen Informationsanbieter suchen“, sagte
der CDU-Bundestagsabgeordnete Polenz. „Der Sender muss sich daher die Frage stellen,
ob sich das Engagement mit dem Bild, das die Zuschauer vom ZDF haben oder das der
Sender in der Öffentlichkeit gerne von sich vermitteln möchte, verträgt.“ Im Falle Kerner
sei zwar alles nach den bisherigen Regeln korrekt verlaufen, trotzdem müssten die Regularien für die Zukunft neu gestaltet werden.
Experten hatten unter anderem gefordert, dass sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten
an den millionenschweren Werbekampagnen ihrer Stars beteiligen und - im Interesse des
Gebührenzahlers - Gewinne abschöpfen sollten. Dieser Ansicht erteilte Polenz eine Absage: „Das geht nicht, denn so könnte der Sender nicht mehr seine Unabhängigkeit
wahren, wenn eigene kommerzielle Gesichtspunkte bei der Genehmigung der Nebentätigkeiten von Mitarbeitern oder Vertragspartnern eines gebührenfinanzierten Senders
plötzlich eine Rolle spielten.“
ZDF, Kirchen und ARD fordern bessere Medienerziehung
Die öffentlich-rechtlichen Sender sowie die beiden großen Kirchen in Deutschland haben
größere gesellschaftliche Anstrengungen bei der Medienerziehung Jugendlicher gefordert. ZDF-Intendant Markus Schächter sagte auf einer Tagung in Mainz, mit Blick auf den
technisch immer einfacher werdenden Zugang Jugendlicher zu Gewalt- und PornoDarstellungen müsse die Medienkompetenz ein elementarer Baustein in der Erziehung
werden. In Familien und Schulen müsse mehr über das Thema gesprochen werden.
Schächter appellierte zugleich an die Erwachsenen, sich mit neuen Medientechnologien
vertraut zu machen. Mittlerweile seien es die Eltern, die die Hilfe ihrer Kinder bei der
Einrichtung eines Internetzugangs oder beim Herunterladen einer MP3-Datei bräuchten.
Der Nachwuchs gehe mit den Neuerungen viel spielerischer und selbstverständlicher um.
Die Veranstaltung „Medienkompetenz - Zauberwort oder Leerformel des Jugendmedienschutzes“ wurde gemeinsam von ARD und ZDF sowie der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz getragen. Die Veranstaltung im ZDF-Sendezentrum war bereits die dritte
gemeinsame Tagung zum Jugendmedienschutz von Kirchen und öffentlich-rechtlichen
Sendern.
Digitalisierung stärkt Öffentlich-Rechtliche
Die Medienpolitik hinkt derzeit nach Ansicht von ZDF-Intendant Markus Schächter der
technologischen Entwicklung hinterher. „Wir sind an einer Zeitenwende. In den nächsten
vier Jahren wird sich das Medium mehr verändern als in den letzten vier Jahrzehnten“,
sagte Schächter beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig. Leider hätten bislang nicht alle Staatskanzleien in den 16 Bundesländern die Weichen entsprechend
ZDF im April Zweiter
Auch im April hieß der Spitzenreiter in der werberelevanten
Zielgruppe RTL. Trotz eines
Verlustes von 0,8 Prozentpunkten im Vergleich zum März
blieb der Sender mit 15,6
Prozent vor ProSieben und
Sat.1. Im Gesamtpublikum
siegte Das Erste vor dem ZDF
und RTL.
Thomas Bellut bleibt bis
2012 im Amt
Thomas Bellut bleibt bis 2012
Programmdirektor des ZDF.
Sein bis 2007 laufender Vertrag wurde vorzeitig vom
Verwaltungsrat des Senders
um fünf Jahre verlängert.
Auch um Gerüchte zu beenden, Bellut würde Nachfolger
von NDR-Intendant Jobst Plog,
hat der Verwaltungsrat die für
Herbst geplante Personalie
vorgezogen.
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gestellt und die Brisanz des Themas erkannt. Da sich das kommerzielle Fernsehen immer
mehr Richtung Bezahl-TV entwickle, würden die frei empfangbaren Öffentlich-Rechtlichen an Bedeutung gewinnen, sagte Schächter.
„Wir sind per se ein über Gebühren finanziertes offenes, diskriminierungsfreies, unverschlüsseltes Fernsehen für die Zukunft“, sagte er bei der Vorstellung des Positionspapiers
‚Der Wert des ZDF für die Menschen in Deutschland’. Das knapp 80-seitige Dossier soll
sich vor allem an Politiker wenden und zeigen, dass sich der Mainzer Sender vom Unterhaltungsdampfer der 1980er Jahre zu einem informationsorientierten Sender entwickelt
habe. Der Informationsanteil des ZDF liege mit 50 Prozent am Programm höher als bei
jedem anderen Sender in Deutschland.
ZDF und ARD drohen mit Boykott für Internet-Fernsehen
Laut „Financial Times Deutschland“ drohen ZDF und ARD mit einem Boykott des geplanten Internet-Fernsehens (IP-TV) der Telekom. Grund: Die Telekom kooperiert für das
Projekt mit Microsoft. „Unter den derzeitigen technischen Bedingungen gibt es von uns
kein Signal“, sagte ZDF-Produktionsdirektor Andreas Bereczky der Zeitung. Auch die
ARD werde ihr Programm nicht für das TV-Angebot der Telekom zur Verfügung stellen.
Die IP-TV-Software von Microsoft unterstütze wichtige europäische Fernsehstandards
nicht. „Wir bestehen darauf, dass dies zunächst geändert wird“, sagte Bereczky.
„Wir sind im Moment in Verhandlungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern“, sagte
ein Telekom-Sprecher, nannte aber keine Details. Die Telekom hat keine Rundfunklizenz
und muss sich zur Durchleitung der TV-Signale mit den Sendern einigen.
Die Telekom will über ihr neues VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz, das zunächst in den
zehn größten deutschen Städten zur Verfügung steht, ab dem Sommer rund 100 Freeund Pay-TV-Sender über das Internetprotokoll anbieten. Die Telekom hatte mitgeteilt,
ihren Kunden mit der Microsoft-Software sowohl TV-Bilder in Standardqualität als auch
im hoch auflösenden Standard HDTV anbieten. Die Programme können live oder nach
Bedarf (on-demand) abgerufen.
Berliner Ex-Imam gegen ZDF erfolgreich
Das ZDF darf den umstrittenen früheren Imam der Berliner Mevlana-Moschee nach einem Gerichtsurteil nicht als „Hassprediger“ bezeichnen.
Das Landgericht Potsdam hat dem ZDF in seinem Urteil untersagt, den türkischen Prediger mit abfälligen Bemerkungen über Deutsche zu zitieren, sagte ein Sprecher des Gerichts. Das ZDF habe nach Überzeugung der Richter Aussagen des Klägers grob vereinfacht und zusammengefasst. Die vom Sender vorgelegten Übersetzungen würden die
Bezeichnung als „Hassprediger“ nicht tragen. Ein solcher Vorwurf dürfe aber nicht als
bloße Meinungsäußerung erhoben werden. Ob das ZDF gegen das Urteil Rechtsmittel
einlegen wird, ist noch offen.
Der frühere Imam hatte gegen das ZDF geklagt, weil er im Zusammenhang mit einem
Beitrag des Magazins „Frontal 21“ auf der Internetseite des Senders als „Hassprediger“
bezeichnet worden war. Er soll dem Bericht zufolge im Oktober 2004 in einer einstündigen Predigt in der Mevlana-Moschee in Berlin-Kreuzberg unter anderem Deutsche als
„stinkende Ungläubige“ bezeichnet haben, die in die Hölle kämen. Die vom ZDF verbreitete Formulierung sei nach Feststellung des Gerichts so jedoch nicht nachgewiesen worden, sagte der Sprecher.
Die Berliner Ausländerbehörde hatte dem muslimischen Geistlichen Ende 2004 unter
anderem wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein Ausweisungsbescheid zugestellt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, auf einer Kundgebung
Selbstmordattentäter im Irak zu Helden gemacht zu haben. Der Prediger hat gegen seine
Abschiebung Klage eingereicht. Vor knapp einem Jahr wies das Bundesverfassungsgericht den Streit an das Berliner Verwaltungsgericht zurück. Wann es dort zu einer Entscheidung kommen wird, ist noch offen.
ZDF und ARD verbannen
Firmenlogos auf Kleidung
Die Werbeeinnahmen ehemaliger Spitzensportler werden
sinken, denn ARD und ZDF
werden diesen Sportlern, die
bei ihnen als Experten auftreten, Werbeaufkleber oder
Firmenlogos auf deren Kleidung untersagen. Darauf
haben sich ZDF-Sportchef
Dieter Gruschwitz und sein
ARD-Kollege Hagen Boßdorf
nach Beratungen mit ihren
Hausjuristen verständigt.
So präsentierte ARD-SkiExperte und Ex-Slalom-Star
Christian Neureuther das Logo
der Diätmargarine Becel auf
dem Anorak, sein Kollege und
Doppel-Olympiasieger Markus
Wasmeier warb für BognerKleidung und deutsche Milch
(CMA).
Das neuartige Werbeverbot gilt
nicht für Interviewpartner in
Stadien oder Gäste im Studio.
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Stellenabbau bei RTL
RTL hat die Zusammenlegung von zwei Nachrichtenredaktionen angekündigt. Betroffen
sind die Redaktionen „News am Morgen“ und „Punkt 12“ mit insgesamt rund 85 Mitarbeitern. Ziel der Maßnahme sei es, Doppelstrukturen abzubauen und eine schnellere,
schlagkräftigere und flexiblere Redaktion aufzustellen. Wie die Zusammenlegung konkret
erfolge und wer gehen müsse, dazu gebe es Gespräche der Unternehmensleitung mit
den Kollegen und dem Betriebsrat, erklärte RTL-Sprecher Christian Körner. Die neue
Geschäftsführerin des Senders, Anke Schäferkordt, hatte eine Effizienzprüfung des gesamten Unternehmens mit derzeit rund 2.000 Mitarbeitern angekündigt. Zu der Zahl
bevorstehender betriebsbedingter Kündigungen machte RTL keine Angaben. „Jede Spekulation über Zahlen ist unseriös, weil die Überprüfung der Strukturen noch nicht abgeschlossen ist“, sagte Körner.
KEK genehmigt n-tv-Übernahme durch RTL
Nach dem Bundeskartellamt hat auch die Medienaufsicht KEK grünes Licht für die komplette Übernahme des Nachrichtensenders n-tv durch RTL gegeben.
Wie die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) mitteilte,
erlangten weder RTL noch der Mutterkonzern Bertelsmann damit eine vorherrschende
Meinungsmacht. Seit 2002 hatten RTL und der US-Nachrichtensender CNN je 50 Prozent
der Anteile an n-tv gehalten.
Das Bundeskartellamt hatte die Übernahme weiterer 50 Prozent an n-tv durch RTL nur
erlaubt, weil die Voraussetzungen für eine Sanierungsfusion gegeben seien. Ohne die
Übernahme hätte dem Nachrichtensender das Aus gedroht, hatten die Wettbewerbshüter argumentiert. Grundsätzlich blieben die Bedenken bestehen, dass mit der alleinigen
Kontrolle von n-tv durch die RTL-Gruppe die marktbeherrschende Stellung des Duopols
aus RTL und ProSiebenSat.1 auf dem Fernsehmarkt verstärkt wird.
Die Medienhüter der KEK sehen jedoch keine Gefahr, dass die RTL-Gruppe (RTL, RTL 2,
Super RTL, Vox, n-tv) eine vorherrschende Medienmacht erlangen könnte. Der Zuschaueranteil aller RTL-Sender vermehrt sich nach KEK-Berechnungen von 25,2 auf 27 Prozent
und bleibe damit hinter der kritischen 30-Prozent-Schwelle zurück.
RTL konkretisiert Pay-Pläne
RTL-Chefin Anke Schäferkordt hat in der „Financial Times Deutschland“ angekündigt,
dass bis zum Herbst drei Pay-TV-Kanäle starten könnten. Die neuen Sender sollen über
Pay-Pakete von Kabelfirmen vermarktet werden.
Saban verhandelt nicht
Laut „Süddeutscher Zeitung“ dementiert der ProSiebenSat.1-Besitzer Haim Saban Verkaufsverhandlungen. Die SZ hatte berichtet, dass sich Saban mit drei Interessenten getroffen habe, um über einen Verkauf der Sendergruppe zu sprechen. Zu dem Bericht sagt
Saban auf einer Veranstaltung in Berlin: „Quatsch“.
arena, Telekom und Premiere
Der neue Inhaber der Bundesliga-Pay-TV-Rechte, arena, hat einer Zusammenarbeit mit
einer Tochter des Satellitenbetreibers SES Astra endgültig eine Absage erteilt. Dadurch
wird verhindert, dass Premiere ein Stück vom arena-Umsatz abbekommt. Doch Premiere
ist nach den Worten von Firmenchef Georg Kofler sehr zuversichtlich, bei der FußballBundesliga im Spiel zu bleiben. Das Bundesliga-Angebot solle in Kürze nach Abschluss
der laufenden Verhandlungen bekannt gegeben werden. Derweil hat die Telekom Franz
Beckenbauer als Fußball-Kommentator gewonnen. Außerdem könnte Premiere laut
„Handelsblatt“ die Rechte der Handball-Bundesliga erwerben. Premiere sei derzeit der
Die Nebeneinkünfte der
Sender
Eine halbe Milliarde Euro Jahresumsatz: Mit Zusatzdiensten
rund um Shows und Serien
werden TV-Zuschauer zur
Kasse gebeten. Dies geht aus
einer Untersuchung der Medienberatung Goldmedia bei
RTL, Sat.1 und Co. hervor. Die
Sender liebäugelten zwar mit
den Einnahmen, befürchten
aber zugleich, dass viele Zuschauer wegzappen, wenn der
so genannte Mehrwert überhand nimmt. Callmedia-Angebote halten drei Viertel aller
Zuschauer laut GoldmediaStudie nämlich für lästig und
überflüssig - anders als die
Zuschauer von 9Live, die überwiegend genau deswegen vor
dem Fernseher sitzen.
Komplett nachzulesen unter:
www.ksta.de/html/
artkel/1144673
437844.shtml
RTL lässt wetten
Zuschauer können demnächst
in RTL-Shows wetten. Dank der
Beteiligung am österreichischen Wettunternehmen starbet soll demnächst die Möglichkeit bestehen, Geld auf den
Sieger von „Let's dance“ oder
„Superstar“ zu setzen.
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Favorit unter den Bewerbern, eine Entscheidung soll im Juni fallen. Derweil hat die Telekom den Premierekauf geprüft. Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke schloss in einem Interview
mit der „Welt am Sonntag“ aus, dass der Magenta-Riese sich in einen Medienkonzern
wandeln könnte. „Wir brauchen kein eigenes Mediengeschäft, es passt einfach nicht zu
unserer Strategie“. Die Telekom brauche Inhalte, müsse diese aber nicht selbst produzieren. Auf die Frage, ob die Telekom auch einen Kauf von Premiere geprüft habe, antwortete Ricke: „Als gute Kaufleute setzen wir uns immer mit allen Optionen auseinander.“
Tim Mälzer kocht mit
arbeitslosen Jugendlichen
Vox plant im Herbst eine neue
Serie mit Star-Koch Tim Mälzer. Bei „Tims Team“ soll er
mit arbeitslosen Jugendlichen
ein Restaurant eröffnen.
MTV zeigt „Popetown“ komplett
Der Musiksender MTV wird die umstrittene Cartoonserie „Popetown“ vollständig ausstrahlen. Der CSU-Politiker Joachim Herrmann hatte Strafanzeige gegen MTV-Verantwortliche gestellt, weil deren Werbe-Kampagne für die Comedyserie den Kern des christlichen Glaubens verhöhne. Die Werbung wurde von MTV daraufhin zurückgezogen. Die
CSU lässt inzwischen von Bayerns Justizministerin Beate Merk eine Gesetzesinitiative
zum Paragraph 166 Strafgesetzbuch vorbereiten. Die Partei hält es für notwendig, religiöse Symbole und Gefühle mit schärferen Maßgaben zu schützen. Entscheidend für diesen
Tatbestand ist derzeit, dass der öffentliche Friede gestört werden könnte.
MTV: Comedy Central
Der neue deutsche MTVComedykanal wird endgültig
Comedy Central heißen und
startet am 15. Januar 2007.
BND bespitzelt Journalisten
Über einen längeren Zeitraum und in bisher unbekanntem Ausmaß soll der für die Auslandsaufklärung zuständige Bundesnachrichtendienst Journalisten innerhalb Deutschlands bespitzelt und bis in ihre Privatsphäre hinein beschattet haben.
Bei seinen Observationen vor Haustüren und in Kneipen war der BND einer undichten
Stelle in den eigenen Reihen auf der Spur. Gefahndet wurde nach Angehörigen des
Dienstes, die offenbar Geheimnisse an Journalisten weiter gaben. Dies spielte vor allen
Dingen bei dem Publizisten Erich Schmidt-Eenboom, Autor eines BND-kritischen Buches,
eine Rolle.
Journalisten- und Verlegerverbände, aber auch die Opposition wittern bereits einen
möglichen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich geschützte Presse- und Meinungsfreiheit. Laut dem stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg sei dieses „hohe Gut“
aber nicht gefährdet.
Hintergrund der brisanten Angelegenheit ist ein Bericht des ehemaligen Vorsitzenden
Richters am Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, vor dem geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG). Auszüge seines 170-Seiten-Reports sind auf offenbar
verschlungenen Wegen in die Öffentlichkeit gelangt.
Richter Schäfer bezeichnete die Praktiken von BND-Agenten in seinem Bericht als „unverhältnismäßig“ und „eindeutig rechtswidrig“. Die „Schlapphüte“ sollen in den vergangenen Jahren eine bisher unbekannte Zahl von Journalisten beschattet haben. Einer
davon könnte Wolfgang Krach sein, heute geschäftsführender Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“. Möglich ist, dass die geheime Observation seiner Person im Zusammenhang mit Recherchen zu dem vom BND initiierten Plutonium-Schmuggel von
Moskau nach München stand. 1996, in seiner Zeit als Redakteur des Magazins „Stern“,
hatte er sich mit diesem Thema beschäftigt.
Ein besonderes Schlaglicht wirft der Schäfer-Report aber auch auf mindestens fünf Journalisten: Sie sollen laut „SZ“ dem BND Informationen über Kollegen und deren Recherchen angeboten haben. Und Geld floss offenbar auch - in einem Fall ist von rund
600.000 D-Mark über einen Zeitraum von 16 Jahren die Rede.
Presserat: Aufklärung der
BND-Affäre
Der Deutsche Presserat hat die
lückenlose Aufklärung über
Abhöraktionen des BND und
das gegenseitige Ausforschen
von Journalisten gefordert.
Nach Ansicht des Presserats,
der Einrichtung der freiwilligen
Selbstkontrolle der Verleger
und Journalisten, haben die
politischen und rechtlichen
Kontrollmechanismen für die
Arbeit der Geheimdienste
versagt. Der Presserat erkenne
in den BND-Aktivitäten nur
einen von vielen Angriffen,
dem sich die Pressefreiheit in
Deutschland seit einiger Zeit
ausgesetzt sehe, heißt es in
einer Erklärung.
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Lockerung des Pressefusionsrechts?
Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen,
hat für eine weitere Konzentration in der deutschen Pressebranche plädiert. „Es gibt den
Bedarf, zu vernünftigen Unternehmensgrößen zu kommen“, sagte Heinen beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig. Ulf Böge, Präsident des Bundeskartellamts,
sprach sich dagegen aus, die Zusammenschlüsse von Verlagen zu erleichtern. Der Medienaufseher Wolfgang Thaenert forderte die Politik auf, für veränderte Bedingungen in
der Medienlandschaft neue Regelungen zu erlassen.
Thaenert, Direktor der hessischen Landesmedienanstalt, forderte, den Rundfunkstaatsvertrag an neue Bedingungen anzupassen. Der klassische Ansatz, Meinungsmacht nach
Zuschaueranteilsmodellen zu bewerten, sei zunehmend unbrauchbar, sagte Thaenert
weiter. Statt auf Marktanteile zu schauen, müsse ein „crossmediales Medienwirkungsmodell“ entwickelt werden.
Stoiber: Werbeverbot für „Betandwin“
Laut „Süddeutscher Zeitung“ will der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber den
Medien das Wettgeschäft verwehren. Stoiber und sein Kabinett betrachten das Treiben
des österreichischen Wettanbieters „Betandwin“ in Deutschland als illegal. Um der
eigenen, staatlichen Sportwette Oddset ein Monopol zu verschaffen, will Stoiber gegen
die private Konkurrenz hart durchgreifen. Eine Grundsatzentscheidung über den TotoMarkt in Deutschland steht bevor, mit weitreichenden Folgen für die Medienbranche, die
um hohe Werbeerlöse aus diesem neuen Geschäft fürchtet.
Die Kernfragen lauten: Soll ausschließlich Oddset zulässig sein? Oder werden auch die
privaten Sportwetten offiziell erlaubt, die sich via Internet längst etabliert haben? Die 16
Bundesländer, die gemeinsam das Glücksspiel regeln, wollen sich nach langen Debatten
im Juni endgültig festlegen. Bislang befürworten die meisten Länder, angeführt von
Bayern, ein Staatsmonopol. Abgeschaltet werden sollen die zahlreichen Werbespots von
„Betandwin“ im Deutschen Sportfernsehen (DSF) und anderen Privatsendern. Das verlangt Stoibers Regierung von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).
Das jedoch hätte laut der Chefs von RTL, der Pro Sieben Sat 1 Media AG, des Pay-TVKanals Premiere, des DSF, des Burda-Verlags sowie der Bild T-Online AG „verheerende
finanzielle Folgen für die Medienindustrie“.
DSF-Geschäftsführer Rainer Hüther und seine Kollegen bangen um das viele Geld, das
private Toto-Gesellschaften für die Werbung ausgeben. Premiere-Vorstandschef Georg
Kofler will selbst groß in das Wettgeschäft einsteigen, ebenso wie die von Bertelsmann
betriebene RTL-Gruppe oder der Burda-Verlag (Focus, Bunte). Das soll der Medienbranche nach ein paar schlechten Jahren auf Dauer neue Umsätze in Milliardenhöhe bringen,
und zusätzliche Gewinne.
Pleitgen warnt vor Fremdenfeindlichkeit
WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat vor der Verharmlosung rechtsradikaler und fremdenfeindlicher Einstellungen in der Gesellschaft gewarnt. „Hier blühen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit gegenüber allen Menschen, die irgendwie anders sind.
Das ganze ist mit hoher Gewaltbereitschaft verbunden“, sagte Pleitgen bei der Vergabe
des ARD-Medienpreises Civis in Berlin.
Deutschland müsse aufpassen, dass die Freiheit der Gesellschaft nicht auf der Strecke
bleibe in Folge allzu engstirniger und ängstlicher Integrationsdebatten einerseits und der
Beschwichtigung neonazistischer Gewaltideologien andererseits, sagte der Intendant.
Mit dem Civis Medienpreis werden Fernseh- und Hörfunkproduktionen gewürdigt, die
sich in herausragender Weise mit den Themen Zuwanderung, Integration und kulturelle
Vielfalt beschäftigen. http://www.wdr.de/tv/civis/index.phtml?flash=1
Albrecht Ziegler für den
SWR in Washington
Albrecht Ziegler ist seit 1. Mai
neuer USA-Hörfunkkorrespondent im Studio Washington des
SWR. Er löst dort Arthur Landwehr ab, der zum neuen Hörfunkchefredakteur und stellvertretenden Hörfunkdirektor des
SWR befördert wurde.
Seite 9/12
Mai 2006
News von der „Frankfurter Rundschau“
Uwe Vorkötter, derzeit noch Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, wird spätestens zum
1. Juli die Chefredaktion der „Frankfurter Rundschau“ übernehmen. Der bisherige Chefredakteur Wolfgang Storz wurde mit sofortiger Wirkung abberufen. Die Redaktion der
„Frankfurter Rundschau“ hat die Abberufung von Storz missbilligt, er habe die Zeitung
durch die schwierigste Zeit ihrer Existenz geführt.
Der Geschäftsführer der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), Jens Berendsen, sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, die Entlassung des FR-Chefredakteurs
stehe in keinem Zusammenhang mit dem bevorstehenden Einstieg eines neuen Mehrheitsinvestors. Die SPD-Medienholding DDVG hatte im Frühjahr 2004 die schwer angeschlagene Tageszeitung für einen Euro samt Schulden (330.000 Euro) übernommen.
Dem Druck- und Verlagshaus wurde ein Sanierungskurs verordnet. Die Beschäftigtenzahl
sank von 1.100 auf rund 700. Zurzeit befinden sich 90 Prozent der Unternehmensanteile
im Besitz der DDVG. Diese will aber will ihren Anteil an der „FR“ auf rund 40 Prozent
reduzieren und sucht derzeit nach Interessenten. Etwa zehn Prozent sollen weiterhin bei
der Karl-Gerold-Stiftung bleiben.
Die Kandidaten - darunter die Verlagsgruppen Madsack, DuMont Schauberg, WAZ und
Holtzbrinck - durften die ökonomische Lage besser kennen lernen. Vertraulichkeit wurde
versichert. Was die Verlagsleute sahen, hat keinen abgeschreckt, aber auch keinen begeistert. Von einem „schwierigen Patienten“ erzählt ein Manager. Der Firmenwert liege
„irgendwo zwischen 38 und 90 Millionen Euro“, eine 50-Prozent-Beteiligung koste wohl
„rund dreißig Millionen Euro“. Die Schatzmeisterin findet das „zu wenig“. Die DDVG
würde „gerne, anteilig, das rausbekommen, was uns das Engagement bislang gekostet
hat“.
Die Zahlen sind rot, aber nicht tiefrot. Vor drei Jahren lag der operative Verlust noch bei
gut 30 Millionen Euro, 2005 lag er dann - je nach Zählart - zwischen fünf und zehn
Millionen Euro. Umsatz: 120 Millionen. Der von der DDVG angestrebte Turnaround
wurde weit verfehlt. Dabei hat die SPD-Holding die Personalaufwendungen drastisch
reduziert - verglichen mit dem Jahr 2000 um die Hälfte.
Bundeseinheitlicher Presseausweis in Gefahr
In einem Schreiben an den hessischen Innenminister Volker Bouffier hat sich ver.di Hessen für den Erhalt des bewährten Verfahrens zur Ausstellung von Presseausweisen ausgesprochen. Anlass für das Schreiben sind Überlegungen der Innenministerkonferenz von
Bund und Ländern, künftig die Ausstellung des bundeseinheitlichen Presseausweises
nicht mehr an den Status der hauptberuflichen journalistischen Tätigkeit anzuknüpfen.
„Sollte sich im Kreis der Innenminister die Auffassung durchsetzen, dass das Kriterium
der Hauptberuflichkeit künftig nicht mehr entscheidend sein soll, hätte dies nach unserer
Auffassung eine völlige Entwertung des Presseausweises zur Folge. Dies kann unseres
Erachtens auch nicht im Sinne insbesondere der Behörden sein, die dann nicht mehr von
einem grundsätzlich professionellen Anliegen bei Auskunftsersuchen von Pressevertretern ausgehen können. Für die hauptberuflich tätigen Journalistinnen und Journalisten
befürchten wir deshalb eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch zunehmendes Infragestellen der Legitimation“, heißt es in dem Schreiben an Bouffier.
Eine weitere Entwertung des Presseausweises erwartet ver.di durch die ebenfalls diskutierte Ausweitung des Kreises der ausstellungsberechtigten Verbände. Bisher sind das
neben ver.di/dju noch der Deutsche Journalistenverband und die Verbände der Zeitungs-
Neuer Herausgeber des
„Rheinischen Merkur“
Jean-Claude Juncker, Premierminister von Luxemburg, gehört ab sofort zum Herausgebergremium der Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“.
Weitere Herausgeber sind u. a.
Axel Freiherr von Campenhausen, Steffen Heitmann und
Paul Kirchhof.
Heinen als BDZV-Präsident
einstimmig wiedergewählt
Helmut Heinen, der Präsident
des BDZV Bundesverbands
Deutscher Zeitungsverleger, ist
einstimmig im Amt bestätigt
worden. Heinen ist Herausgeber der „Kölnischen/Bonner
Rundschau“ und steht seit
2000 an der Spitze des Zeitungsverlegerverbands.
Mediziner warnt vor zu
hohem TV-Konsum bei
Kindern
Laut „Welt“ deckt eine medizinische Untersuchung von
Schulanfängern in BadenWürttemberg erhebliche Defizite bei übermäßigem TVKonsum auf.
Artikel abrufbar unter:
http://www.welt.de/data/2
006/04/27/879087.html
Seite 10/12 Mai 2006
und Zeitschriftenverleger. Schon jetzt versuchten zahlreiche Unternehmungen, mit dem
Verkauf von „Presseausweisen“ an Interessierte jeglicher Profession ein Geschäft zu
machen. Dabei werde oft unverhohlen darauf hingewiesen, dass eine journalistische
Tätigkeit nicht nachgewiesen werden müsse. Die Aussagekraft des Presseausweises
konnte nach Auffassung von ver.di bisher nur dadurch erreicht werden, dass der Kreis
der ausstellungsberechtigten Verbände nach sachlichen Kriterien begrenzt wurde. Als
wesentliche Kriterien nennt ver.di insbesondere genaue Branchenkenntnisse aus allen
Medienbereichen, eine bundesweite und zugleich hinreichend ortsnahe Präsenz sowie
ein dichtes Netz an ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern.
Studie: TV-Nachrichten werden immer unpolitischer
Klassische „Sprechernachrichten“ mit hohem Personalisierungsgrad werden im privaten
Fernsehen immer seltener. Die kommerziellen Fernsehsender präsentieren Nachrichtensendungen stattdessen zunehmend mit ausdrucksstarken Bildern. Nachrichten im Film
haben in den letzten 15 Jahren enorm zugenommen. Zugleich werden die Fernsehnachrichten sowohl bei den öffentlich-rechtlichen als auch bei den privaten Programmen
immer unpolitischer. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Studie der Landesmedienanstalt
(LfM) NRW.
Die auf zwölf Jahre angelegte Langzeitanalyse von mehr als 3.000 Fernsehnachrichten
zeigt danach einen Anstieg von unpolitischen Themen in der Berichterstattung. Besonders stark ist dieser bei SAT.1 und beim ZDF zu erkennen. Immer häufiger bestimmen so
genannte Boulevard-Themen (Buntes; Prominente etc.) die Inhalte. Bis zum Jahre 2001
betraf die Entpolitisierung der Nachrichten nur die privaten Fernsehanbieter, wie die
Vorgängerstudie im Auftrag der LfM im Jahre 2003 ergeben hatte. Auch wenn bei den
öffentlich-rechtlichen Veranstaltern ein Anstieg von unpolitischen Themen zu verzeichnen
ist, so überwog im Jahr 2004 jedoch im Gegensatz zu den privaten Programmen bei ARD
und ZDF nach wie vor die politische Berichterstattung.
Insbesondere die Faktoren Prominenz, Kontroversen und Aggression spielen eine übergeordnete Rolle bei der Nachrichtenwahl. Für das Jahr 2004 erklären diese Faktoren am
besten Umfang, Platzierung und Ankündigung der unpolitischen Berichterstattung vor
allem der privaten Fernsehsender.
Die Studie ist abrufbar unter http://www.lfm-nrw.de/presse/index.php3?id=406
Haffa-Brüder scheitern mit Verfassungsbeschwerde
Die ehemaligen EM-TV-Vorstände Thomas und Florian Haffa sind vor dem Verfassungsgericht mit einer Beschwerde gegen ihre Geldstrafen gescheitert. Nun müssen beide
hohe Summen zahlen, weil sie seinerzeit falsche Angaben über die Geschäftsentwicklung
von EM.TV gemacht hatten.
Bundesliga erteilt Telekom Abfuhr
Der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Werner Hackmann gibt dem Pay-TVKanal Premiere keine Chance, die Bundesliga mit Hilfe der Telekom vom Sommer an
doch noch live im Bezahlfernsehen auszustrahlen. „Das wäre nicht akzeptabel“, sagte
Hackmann der „Bild“-Zeitung zu Plänen, die Internet-Fußballrechte der Telekom für eine
Fernseh-Übertragung über Satellit zu nutzen. „Das würde bedeuten, dass man nicht mal
Telekom-Kunde sein müsste, um die Bilder zu empfangen.“ Die Deutsche Telekom könne
ihre Rechte nur für die Ausstrahlung über das Hochgeschwindigkeitsnetz von T-Online im
Internet nutzen. „In diesem Geist sind die Verträge geschlossen worden“, betonte
Hackmann. „Den bisherigen Premiere-Bundesliga-Kanal wird es nicht mehr geben.“
TV-Spielfilm-Preis für Fernsehserie des ermordeten
Theo van Gogh
Die Fernsehserie „Medea“ des
ermordeten niederländischen
Regisseurs Theo van Gogh
wird mit dem TV-Spielfilm-Preis
der Cologne Conference 2006
ausgezeichnet. Die Serie habe
sich mit moderner niederländischer Politik auseinander gesetzt. Der islamkritische Regisseur van Gogh war im November 2004 von einem radikalen
Muslim auf offener Straße
ermordet worden.
Für den Film „Das Leben der
Anderen“ über den Alltag der
1980er Jahre in der DDR wird
Florian Henckel von Donnersmarck mit dem Drehbuch-Preis
ausgezeichnet. Der neu eingerichtete Dokumentarfilmpreis
der Cologne Conference geht
an die in Jugoslawien geborenen Filmemacher Miroslav
Nicic und Borjana Ventzislavova. In ihrem Film „Fokus Pokus
€uromatik“ zeigen sie Aspekte
des Zusammenlebens von
Österreichern und Migranten.
Alle Preise sind mit jeweils
10.000 Euro dotiert.
Online-Musik bei dm
Die Drogeriemarkt-Kette dm
steigt nach eigenen Angaben
als erster Drogeriemarkt in
Deutschland ins Online-Musikgeschäft ein. Unter „dmmusicshop.de“ können Kunden
individuelle CDs zusammenstellen.
Seite 11/12 Mai 2006
Kirch hat genügend Mitstreiter für Haftungsklage gegen Breuer
Der Medienunternehmer Leo Kirch hat einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge die erforderliche Zahl an Mitstreitern für seine geplante Aktionärsklage
gegen den früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer erreicht.
In ganzseitigen Zeitungsanzeigen rief Kirch-Vize Dieter Hahn die Anteilseigner dazu auf,
ihn bei einer angestrebten Klage zu unterstützen. Auf diesem Weg will Hahn durchsetzen, dass die Deutsche Bank ihren zurückgetretenen Aufsichtsratschef Rolf Breuer in
Regress nimmt. Der Bundesgerichtshof hatte festgestellt, dass Kirch grundsätzlich Schadenersatz zusteht wegen Äußerungen Breuers über dessen Kreditwürdigkeit.
Kirch wirft Breuer vor, in einem Fernsehinterview im Jahr 2002 als damaliger Bankchef
seine Kreditwürdigkeit absichtlich in Frage gestellt zu haben. In anderen Verfahren will
Kirch Schadenersatzzahlungen der Deutschen Bank und Breuers an ihn selbst durchsetzen.
WAZ expandiert nach Slowenien
Die WAZ-Mediengruppe plant, mit dem slowenischen Verlag DZS ein Joint Venture zu
gründen. Die Slowenen wollen ihre Mehrheit an der Tageszeitung „Dnevnik“ auf das
neue Unternehmen übertragen.
USA: Erster TV-Kanal für Babys
Säuglinge und Kleinkinder haben in den USA jetzt ihr eigenes Fernsehprogramm. BabyFirstTV ist für monatlich 9,99 Dollar zunächst über Satellit, später auch über Kabel zu
empfangen. Das 24-stündige Programm richtet sich an Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren und deren Eltern. Es sei doch eine Tatsache, dass Babys heute schon
Fernsehen guckten, sagte die Vizepräsidentin des neuen Programms, Sharon Rechter.
Deshalb sei BabyFirstTV wichtig: „Wir wollen völlig sichere, werbefreie und angemessene
Inhalte anbieten.“ Eine Studie der Kaiser-Familienstiftung aus dem Jahr 2003 ergab,
dass in den USA 68 Prozent aller Kinder bis zwei Jahren täglich Fernsehen oder Videos
sehen und 26 Prozent ein TV-Gerät im Zimmer stehen haben. Amerikanische Kinderärzte
empfehlen dagegen, Kinder dieses Alters überhaupt nicht vor den Fernseher zu setzen.
AOL als Mobilfunk-Anbieter
AOL steigt ins Mobilfunkgeschäft ein. Noch 2006 werde
das Unternehmen Dienste wie
E-Mail und Internettelephonie
per Handy anbieten, so AOLDeutschland-Chef Charles
Fränkl.
Kroaten genehmigen den
Adria-Deal von G+J
Das kroatische Kartellamt hat
den Zusammenschluss von G+J
Sanoma Magazines und Styria
Media zur Adria Magazines
Holding (AMH) genehmigt.
Vorher haben bereits die Wettbewerbsbehörden der EU und
Serbien den Deal durchgewunken.
Seite 12/12 Mai 2006
Die „lieben Kollegen“
Kaum eine Berufsgruppe zeigt sich in aller Öffentlichkeit so zerstritten und eifersüchtig
wie die „lieben Kollegen“ von Print, Agentur, Hörfunk oder Fernsehen. Wer das Gerangel und Geraufe bei wichtigen Pressekonferenzen beobachtet, wer die eigentlich nur
zwischen Häme oder Polemik wechselnden medienkritischen Rubriken der unterschiedlichen Presseerzeugnisse registriert, der merkt schnell, in dieser Branche gibt es nur wenig
Verbindendes, von Solidarität oder kollegialem Gemeinsinn mal ganz zu schweigen,
Zu den raren Gemeinsamkeiten gehört das einende Bewusstsein, dass wir mit unseren
jeweiligen Informationsangeboten in Zeitung, Radiomagazin oder Fernsehnachrichten
den Input für eine offene, kenntnisreiche und differenzierte Debatte der wesentlichen
Streitfragen der Gegenwart leisten können. Die Öffentlichkeit diskutiert und entscheidet
auf der Basis medial erworbener Informationen. Und mit „medial“ meinen wir „lieben
Kollegen“ immer die von uns produzierten Texte, Bilder oder Töne. Und das gibt uns das
erhebende Gefühl, für den demokratischen Diskurs und die Machtkontrolle wichtig zu
sein.
Hinter unserem Rücken entwickelt sich aber seit einiger Zeit eine eigene Welt der Information, die uns als Medienhandwerker umgeht, und die unsere Medien möglicherweise
nur noch als Plattform benutzt. Die Rede ist von der vor allem bei Jüngeren so populären
Information über das Internet, ob durch Zufall, Vorwissen oder mit Suchmaschine, es ist
die Welt der Information durch Webdokumente, Blogs, Videostreams, Töne und Bilder
aus allen Dachkammern der Welt. Ein unübersehbares Archiv von Tönen, Texten und
Bildern, produziert von einer anonymen Schar von Sammlern, die mit ihren versteckten
Mikrophonen, Photohandys und Minikameras, mit der ganzen Gestaltungskraft der
Graphik- und Tonbearbeitungssoftware das als Produkt ins Netz stellen, was ihnen passend scheint. Eine seriöse Quellenkritik, die professionelle Verifikation von angebotenen
Informationen , die beharrliche Prüfung, ob Infos, Töne und Bilder echt oder gefälscht
sind, all das ist nicht mehr möglich. Und diese wilde Flut der Internetinformationen wird
in der Regel durch die so genannten Suchmaschinen erschlossen. Sie suchen und finden
nach Regeln und Programmierungen, die undurchschaubar sind und der Manipulation, in
wessen Interesse auch immer, Tor und Tür öffnet.
Die so genannte Digitale Revolution wird alle traditionellen Medien auf den Screen der
Konsumenten mit den Blogs oder Fakes auf Ebene vereinen. Es wird eine Atomisierung
der publizistischen Einheiten und Profile geben, übrig bleiben Bruchstücke der eigentlich
zusammengedachten Bestandteile von Zeitungen, Radiomagazinen und Fernsehprogramm, das „Markenmedium“ als Bezugsgröße entfällt, keine Binnenpluralität, kein
publizistisches Profil. Wir müssen uns das Medienangebot der Zukunft bei einer Mehrheit
der Konsumenten als digitale Presseschau vorstellen, ohne Themenhierarchie und ohne
Relevanzentscheidungen.
Was auch immer wird in Zukunft als relevant erscheinen, was als wahr, was als lesens-,
hörens- oder ansehenswert? Was wird jenseits der plötzlichen und öffentlichen Erregung
Interesse wecken, was wird zu den geduldigen Diskussionen über unsere politische,
kulturelle oder wirtschaftliche und soziale Zukunft führen? Was auch immer, eines
scheint sicher, wir „lieben Kollegen“ werden dabei wohl kaum noch gebraucht werden.
Stefan Raue, stellvertretender Leiter Innenpolitik, ZDF
Herausgeber:
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Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
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