Nr. 68, September 2010 - Romano

Transcription

Nr. 68, September 2010 - Romano
romano centro
SONDERheft nr. 68, SEPTEMBER 2010
Eine Musikschule für
Roma- und Sintimusik
in Wien?
Eine Studie
von Ivanka Muncan
Redaktion
Christiane Fennesz-Juhasz
und Ursula Hemetek
gefördert aus Mitteln
der Volkgruppenförderung
romano centro
Vorwort
I
m September 2008 fand im Romano
Centro ein Jour fixe zum Thema „RomaMusik und Musik-Unterricht“ statt. Es
diskutierten damals Roma-MusikerInnen,
interessierte Roma/Romnja und offizielle
VertreterInnen verschiedener Institutionen
die musikalische Ausbildungssituation von
Roma-Kindern. Die Idee zur Gründung einer
spezifischen Musikschule wurde insgesamt
positiv bewertet, allerdings waren die Vorschläge zur Umsetzung sehr unterschiedlich
und relativ unkonkret. Es wurde die Bildung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die
konkretere Ideen ausarbeiten sollte.
Diese Arbeitsgruppe traf sich zu weiteren
Sitzungen, bei welchen sich herauskristallisierte, dass eine Studie zur Bedarfserhebung die beste Vorgangsweise wäre, da
bis dato keine wissenschaftlichen Grundlagen existierten. Es sollten die Meinung
der ExpertInnen, aber auch der Zielgruppe
selbst eingeholt und bestehende internationale Modelle sowie die Umsetzungsmöglichkeiten in Österreich geprüft werden.
Nach Abklärung der finanziellen Rahmenbedingungen durch den Verein Romano
Centro wurde Ivanka Muncan beauftragt,
die Studie durchzuführen. Sie erschien aufgrund ihrer Ausbildung, Berufserfahrung
und Sprachkenntnis hervorragend geeignet,
diese Aufgabe zu erfüllen. Sie wurde durch
ein Projektteam unterstützt und der Arbeitsprozess (September 2009 bis April 2010)
wurde durch regelmäßige Teamsitzungen
im Romano Centro begleitet und evaluiert.
Die nun vorliegende Studie ist die erste
dieser Art in Österreich. Es handelt sich um
anwendungsorientierte Forschung, welche
die Grundlagen für eine sinnvolle Umsetzung schafft. Es ist damit einer der Grundsteine für eine zukünftige Institutionalisierung von Roma- und Sintimusik gelegt.
Roma- und Sintimusik umfasst verschiedene Musikstile, die von Angehörigen
dieser Volksgruppe praktiziert und als
bedeutendes Element ihrer eigenen Kultur
angesehen werden. Die jeweils gruppenspezifischen, traditionellen und populären
Stile und Genres sind vielfältig, wobei
für Österreich insbesondere folgende zu
nennen sind: die langsamen lyrischen und
Tanzlieder der Lovara, die „ungarische
Zigeunermusik“, wie sie von StreicherZymbal-Kapellen im pannonischen Raum
gespielt wird, der „Gipsy Jazz“ bzw. „SintiSwing“, der an den von Django Reinhardt
kreierten Jazz-Stil anknüpft, und schließlich die von balkanischen Musiktraditionen
geprägten Lieder und Tanz- bzw. Hochzeitsmusik der aus Südosteuropa zugewanderten
Roma. Eine spezifische Spielweise bzw.
Interpretation, ein gewisses improvisatorisches Element sowie die rasche Veränderung und Integration von Neuerungen sind
wesentliche Merkmale vieler Roma- und
Sinti-Musikstile; dementsprechend verbinden heute auch österreichische Roma- und
Sinti-MusikerInnen in ihren aktuellen Produktionen traditionelle Elemente mit solchen von modernen Musikrichtungen (wie
z.B. Rock, Jazz, Latin, Elektronik oder
HipHop).
Ivanka Muncan hat die vorliegende Studie
mit großem Engagement durchgeführt. Wir
danken ihr für die gedeihliche und inspirierende Zusammenarbeit. Unser Dank gilt
auch den InterviewpartnerInnen wie auch
den Familien, die die Fragbögen ausgefüllt haben, sowie Julia Leichtfried für die
Unterstützung bei der statistischen Auswertung.
•
Christiane Fennesz-Juhasz
Ursula Hemetek
W
ir danken allen Personen, die sich
an der Erstellung der Studie beteiligt haben, den befragten ExpertInnen und
Familien, den Mitgliedern der Arbeitsgruppe
Musikschule, der Autorin Ivanka Muncan
und den Fördergebern. Unser ganz besonderer Dank gilt Frau Univ. Prof. Dr. Ursula
Hemetek und Frau Dr. Christiane FenneszJuhasz, die mit ihrer Expertise und sehr viel
ehrenamtlicher Arbeit zum Gelingen des
Projekts beigetragen haben.
Der Vorstand von Romano Centro
N
ajisaras savořê źenengê, kaj sas
angažirime pe la studijaki formacija.
Najisaras le ekspertongê thaj le familjengê,
kastar puśljam amare puśimata, le membrongê kataj bućaki grupa Musikschule,
la Ivanka Muncanakê thaj le sponsorongê.
Rigate zurales najisaras la Prof. Dr. Ursula
Hemetekakê thaj la Dr. Christiane FenneszJuhaszakê. Von ažutisarde peska ekpertizasa thaj peska voluntarnona bućasa, te avel o
projekto realizuime.
O bordo le Romane Centrosko
Impressum
Medieninhaber: Romano Centro – Verein für Roma
Hofmannsthalgasse 2/Lokal 2, 1030 Wien,
Tel.: 0043-1-749 63 36. Fax: 0043-1-749 63 36-11,
www.romano-centro.org, E-Mail: office@romano-centro.org
ZVR-Zahl: 183794011
Bankverbindung: Bank Austria-Creditanstalt (BLZ 12000),
Kontonummer: 00 671 106 508, BIC: BKAUATWW
IBAN: AT70 1200 0006 7110 6508
Redaktion: Andrea Härle, Mozes F. Heinschink, Ilija Jovanović,
Christiane Fennesz-Juhasz, Barbara Tiefenbacher
Übersetzung ins Englische: Christian Liebl
Übersetzung ins Romanes: Mozes F. Heinschink
Titelbild: Ulrich Gansert
Bilder und Fotos: Cover: APA, S 5,6 Michael Sinn, Andreas Müller, Bettina Neubauer,
S 31 Nancy Horowitz
Grafik: Artemiss, Karin Reinberg
Druck: Druckerei Lischkar
Gefördert vom BKA aus Mitteln
der Volksgruppenförderung
•
•
romano centro
Inhalt / So sa arakhên
1. Ziele und Methoden
4
2. Qualitative Erhebung
4
2.1. Statistik zu den Befragten
2.2. Auswertung der Antworten
2.2.1. Kann Roma- und Sintimusik an einer Schule unterrichtet werden?
2.2.2.Roma- und Sintimusik? Was ist das eigentlich?
2.2.3. Gründung einer Musikschule für Roma- und Sintimusik
2.2.4. Warum sollte eine Musikschule für Roma- und Sintimusik gegründet werden?
2.2.5. Methodik des Unterrichts an einer Musikschule für Roma- und Sintimusik
2.2.6.Wo in der Stadt wäre ein guter Standort für eine solche Musikschule? Wie sollte sie aussehen?
2.2.7. Werden Roma-Kinder ausreichend musikalisch gefördert?
2.2.8. LehrerInnenauswahl
2.2.9. Unterrichtsformen
2.2.10.Welche Musik soll unterrichtet werden?
2.2.11.Wer könnte Interesse haben?
2.2.12.Die Frage mit der Klassik
2.2.13.Ergebnis
3. Quantitative Erhebung (Julia Leichtfried)
12
3.1. Forschungsdesign
3.2. Ergebnisse
3.2.1. Demographische Daten der befragten Roma und Sinti
3.2.2. Musikalisches Verhalten der befragten Roma und Sinti
3.2.3. Fragen zur Gründung einer Musikschule für Roma und Sintimusik
3.2.4.Auswertung der Kreuztabellen
4. Beschreibung bestehender Modelle
4.1.
4.2.
4.2.1.
4.2.2.
4.3.
19
Vorgehensweise
Vergleich
Größe der Schulen
Pädagogische Konzepte
Bereitschaft zu Kooperationen
5. Ideen zur Umsetzung
20
6. Zusammenfassung
21
6.1.
6.2.
6.3.
6.4.
ExpertInneninterviews
Fragebogenerhebung
Beschreibung bestehender Modelle
Ideen zur Umsetzung
Rezime Romanes
English Summary 22
23
7. Quellen
24
Anhang
Leitfaden zu den ExpertInneninterviews
Fragebogen
25
Persönliches Nachwort
Die Autorinnen
31
31
3
romano centro
Ziele und Methoden
1. Ziele und Methoden
Die vorliegende Studie widmet sich der
Frage, ob es in der Volksgruppe der in Wien
lebenden Roma und Sinti einen Bedarf an
einer Musikschule für Roma- und Sintimusik gibt.
Die Studie teilt sich in folgende Abschnitte,
die im Großen und Ganzen den chronologischen Etappen der durchgeführten Erhebungen entsprechen:
Qualitative Erhebung
Im Zeitraum vom 1. bis 30.10.2009 wurden
zehn ExpertInneninterviews mittels teilstrukturiertem Leitfaden geführt. Sie geben
Aufschluss über die Meinungen verschiedener Roma- und SintimusikerInnen und
InstrumentallehrerInnen zu dieser Frage.
(Leitfaden: siehe Anhang 1)
Quantitative Erhebung
Die standardisierte schriftliche Befragung im
Zeitraum vom 15.11.2009 bis 20.01. 2010
mittels Fragebögen richtete sich an ausgewählte in Wien lebende Familien aus der Zielgruppe der Roma und Sinti. Hierbei handelt
es sich einerseits um Familien, deren Kinder
Lernhilfe des Romano Centro in Anspruch
nehmen, und andererseits um Familienmitglieder und Bekannte der Autorin.
Von den 136 ausgeschickten Fragebögen wurden 43 retourniert. Die Rücklaufquote beträgt
demnach 31,6 % und liegt durchaus im Rahmen schriftlicher Fragebogenaussendungen.
Es ist ein etwas größerer Rücklauf bei den
von der Autorin versandten Fragebögen zu
verzeichnen (17 von 50, das sind 34 %). Der
Rücklauf für die vom Verein Romano Centro
versandten Fragebögen beträgt 30 %.
Speziellen in Form einer einzelnen Instrumentalklasse der Musik von Minderheiten
widmen, werden nach den folgenden Kriterien beschrieben: Organisationsstruktur,
Träger, Nutzergruppe qualitativ und quantitativ, inhaltlich-methodisch-didaktisches
Modell, Finanzierung und rechtliche
Grundlagen. Dieser Abschnitt ist im Falle
der Realisierung der Musikschulgründung
von großer Bedeutung.
Ideen zur Umsetzung
Der Machbarkeit und möglichen Organisationsstruktur einer Musikschule für Romaund Sintimusik ist der letzte Abschnitt
der Studie gewidmet; er gibt Aufschluss
über Aussichten und Möglichkeiten für den
Unterricht von Roma- und Sintimusik im
Rahmen einer Musikschule.
Evaluierung
Die Durchführung der vorliegenden Studie
wurde von einer laufenden Evaluierung
und Reflexionen durch ein beratendes Team
begleitet. Regelmäßige Teamsitzungen mit
der Autorin (insgesamt sechs) waren ein
wichtiger Teil des Forschungsprozesses.
Die Teammitglieder: Ursula Hemetek (Universität für Musik
und darstellende Kunst Wien)
Christiane Fennesz-Juhasz (Phonogrammarchiv, Österreichische Akademie der
Wissenschaften)
Andrea Härle (Geschäftsführerin des
Romano Centro)
Ziel der Befragung war die Erhebung des
Bedarfs von in Wien lebenden Roma und
Sinti an einer Musikschule für Roma- und
Sintimusik. Von großem Interesse in diesem
Zusammenhang ist auch das aktive und passive Musikverhalten dieser Volksgruppe.
(Fragebogen: siehe Anhang 2)
Beschreibung bestehender Modelle
Bestehende Musikschulmodelle, die sich
im Allgemeinen vom Konzept her oder im
4
2. Qualitative Erhebung
ExpertInneninterviews zum Thema Musikschule für Roma- und Sintimusik
2. 1. Statistik zu den Befragten
Auflistung in der Reihenfolge der Befragung:
Wolfgang Peidelstein, Gitarrelehrer an der
Universität
für Musik und
darstellende
Kunst Wien.
Ursprünglich
von der Autorin
als Testinterview geplant,
entpuppte sich das Gespräch mit Wolfgang
Peidelstein als äußerst wertvolles Experteninterview, da Wolfgang Peidelstein durch
seinen Großonkel übers Hören, also ohne
Noten zur Musik kam. Eine Tatsache, die
im Gespräch über die Vermittlung von
Roma- und Sintimusik sehr interessante
Aspekte lieferte. (Interview am 1.10.2009)
Adrian Coriolan
Gaspar, Pianist
und Komponist.
Adrian Gaspar
wurde in Rumänien geboren und
stammt aus einer
Roma-familie. Er
wirkt mit seinen
zahlreichen Formationen aktiv
am derzeitigen Wiener Musikgeschehen im
Genre Roma/Balkan Jazz/Crossover mit.
Adrian Gaspar ist Student der Komposition
an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
www.adriangaspar.at/news.htm
(Interview am 7.10 und am 30.10.2009)
romano centro
Qualitative Erhebung
Ivana Ferencova, Sängerin und
Chorleiterin, ist
gebürtige Romni
aus der Slowakei.
Sie lebt seit mehreren Jahren in
Wien und leitet
erfolgreich Frauenchöre
ohne
Einsatz
von
Noten („Frauen in Weiß“, „Zeni v bielom“).
Ihr Fokus liegt auf der Arbeit am Ausdruckpotential ihrer SchülerInnen.
(Interview am 8.10.2009)
Daniel Landau,
Leiter des Prayner Konservatoriums Wien,
ist sehr interessiert am Thema
„Musikschule für
Roma- und Sintimusik“, da er
Musik für stark
identitätsbildend
hält. (Interview am 9.10.2009)
Ruža NikolićLakatos, Sängerin. Als „Botschafterin“ der
Roma möchte
Ruža NikolićLakatos
mit
ihrem musikalischen Repertoire Bewusstsein für ihr Volk
schaffen und das traditionelle Liedgut der
Lovara an junge Generationen weitergeben.
Sie lebt seit 1956 in Wien.
(Interview am 14.10.2009)
1
Diknu Schneeberger, Gitarrist, mit seinen
20 Jahren ein herausragendes, international
bekanntes Talent an der Gitarre im Sinti
Swing Stil. Schon
acht Monate (!)
nach
seinem
ersten Unterricht
am Instrument
spielte er seine
erste CD mit
dem Sextett seines Vaters ein. Es
war immer schon
sein Traum, sagt
er, dass es eine Schule gibt, in der diese
Musik unterrichtet wird.
www.joschischneeberger.at/diknu.htm
(Interview am 16.10.2009)
Harri Stojka,
Gitarrist, Komponist. Er zählt zu
den bekanntesten
Roma
Österreichs.
Stojka
entstammt der
weit verzweigten
Lovara-RomDynastie, die vor
150 Jahren aus
der Walachei kam. Er spielt mit Erfolg
swingorientierte Musik. Die Philosophie,
die hinter seiner Musik steht, ist ganz einfach Spaß, Freude an der Musik.
www.harristojka.at/
(Interview am 21. 10. 2009)
Gadje ist der von den Roma und Sinti verwendete Begriff für Nichtroma.
5
Ferry Janoska,
Komponist und
Arrangeur. Durch
seine wiederholte
Zusammenarbeit
mit den Wiener
Philharmonikern
und den Wiener
Sängerknaben
zählt er zu den
Roma, die in der
Welt der Klassik erfolgreich sind. Ihm ist
es wichtig, seine Roma-Wurzeln in seine
Kompositionen einfließen zu lassen.
(Interview am 22. 10. 2009)
Moša
Šišić,
Geiger. Er ist in
Serbien in einer
Musikerfamilie
aufgewachsen, in
der das Geigenspiel über Generationen hinweg
gepflogen wurde.
Seit vielen Jahren spielt er mit
seiner eigenen Familie Auftritte sowohl
in der Romaszene als auch für Gadje1
(z.B. Musikantenstadl). Er hat schon seit
vielen Jahren Erfahrung als Geigenlehrer
von vorwiegend Romakindern.
www.mosa-sisic.at/
(Interview am 24.10.2009)
Martin Spitzer,
Gitarrist. Lehrer
und mittlerweile Band-Kollege von Diknu
Schneeberger. Es
war sehr interessant, seine Sicht
auf das Thema zu
hören, da er sich
intensiv mit dem
Musikstil der Sinti befasst hat und mittlerweile zu den absoluten Top-Gitarristen auf
diesem Gebiet zählt.
(Interview am 28.10.2009)
romano centro
Qualitative Erhebung
Statistik
6 Roma/1 Sinto
Nichtroma
männlich
weiblich
MusikerIn
Auch LehrerIn Anzahl
7
3
8
2
10
4
Das durchschnittlche Alter der ExpertInnen ist 42,7 Jahre. Der jüngste ist 19
(Schneeberger), die älteste ist 64 Jahre alt
(Nikolić-Lakatos)
Die durchschnittliche Interviewdauer
betrug 75,8 Minuten. Das kürzeste Interview dauerte 33 Minuten (Šišić), das längste 2 h 33 (Gaspar, 2 Termine).
Muttersprachen: das Verhältnis deutsche
Muttersprache zu nicht deutscher Muttersprache ist 50 % zu 50 %. Nur einer, der
nicht deutsch als Muttersprache hat, spricht
nicht Romanes als Muttersprache, sondern
Rumänisch und Serbisch (Šišić).
2. 2. Auswertung der Antworten
2. 2. 1. Kann Roma- und Sintimusik an
einer Schule unterrichtet werden?
Volle Übereinstimmung herrscht bei dieser
Frage. Alle Befragten beantworteten sie mit
einem „Ja“.
Interessanter Beitrag dazu: „In Spanien
haben mir sehr viele Leute erzählt, Flamenco kann man nicht unterrichten. Bis
ich darauf gekommen bin, dass das nicht
stimmt. Das ist eine Behauptung, die von
Kulturen aufgestellt wird, mehr oder weniger um sich selber zu schützen. Nach dem
Motto: Das gehört uns, das können nur wir.
Heute weiß ich: jede Art von Musik und
Technik kann man analysieren, in kleine
Teile zerlegen und diese dann langsam oder
schneller erlernen.“ (Peidelstein)
2. 2. 2. Roma- und Sintimusik? Was ist
das eigentlich?
Die wichtigsten Beiträge hierzu lieferten
Adrian Gaspar, Martin Spitzer, Harri Stojka
und Moša Šišić. Sie versuchten auf sehr
unterschiedliche Art, ihre Assoziationen zur
Romamusik zu beschreiben.
Sehr detailliert versucht sich Adrian Gaspar
in einer Definition:
„Nur wenn Roma Jazz spielen ist das
noch nicht Romamusik, außer beim Gipsy
Swing. Viel Instrumentales, aber auch oft
auf Romanes gesungene Musik ist Romamusik, aber nicht jede ‘gecoverte‘ Musik
auf Romanes ist Romamusik. Es gibt
total unterschiedliche Stile je nach Land.
Typisch für jede Romamusik ist das sehr
melodische, sehr rhythmische Element und
sie ist immer sehr virtuos, aber auch sehr
auf Kitsch und Romantik ausgelegt. Sie hat
eine bestimmte Harmonik, die man einfach
erkennt. Man sagt ja nicht umsonst in der
Klassik „Zigeunermoll“. Die übermäßige
Sekunde ist sehr färbend und charakteristisch für die Romamusik. Skalen wurden
aus dem Orient mitgenommen nach Europa.
Es gibt zwei große Stilbereiche: einerseits die Tanzmusik mit schnellen geraden
Takten aus Serbien, Ungarn, Rumänien
(in Süd-Rumänien auch ‘geshuffelt‘), auch
im Sinti-Jazz sind es immer gerade Takte.
Andererseits die orientalisch angehauchte
Romamusik, die zwar auch Tanzmusik ist,
aber mit Hauptschlag auf eins und drei, die
sogenannte ‘Bauchtanzabteilung‘.“
Moša Šišićs wichtigste Assoziation ist die
Bedeutung der Musik für seine Volksgruppe:
„Musik ist ein großer Teil der Kultur der
Roma, auch um zu Überleben haben sie
musiziert auf der Straße.“
Martin Spitzer veranschaulicht seine Definition von Romamusik ausführlicher:
„Es ist eine direkt ins Herz gehende Musik,
nicht allzu schwer zu verstehen, mit viel
Temperament, Drive und Virtuosität und
mit ‘europäischer‘ Lyrik und Ästhetik, die
sich in den typisch amerikanisch geprägten
6
Jazzstilen nicht findet. Es gibt faktisch keine
Blues Elemente im Gipsy Jazz aber es
schwingt oft ein ‘europäischer Blues‘ mit,
kein Wunder, da es sich ja um eine Musik
handelt, die – wie der Blues der Schwarzen
in Amerika – von einer verfolgten und diskriminierten Minderheit entwickelt wurde.
Der Erfolg des Gipsy Jazz ist sicher auch
darin begründet, dass er nicht nur vom
typischen Jazzpublikum gehört wird, sondern auch auf breitere Publikumsschichten
faszinierend wirkt, was vor allem auf die
mitreißende Rhythmik und ein spezielles
Flair der Interpretation zurückzuführen ist.“
Harri Stojka macht es kurz und deutlich:
„Es gibt keine einheitliche Romamusik. Die
ist ja in Wien schon von Bezirk zu Bezirk
anders. Im 16. Bezirk sind viele serbische
Roma, die eine ganz andere Musik entwickelten, als im 6. Bezirk die Wiener Lovara
oder im 20. Bezirk die türkischen Roma.“
2. 2. 3. Gründung einer Musikschule
für Roma- und Sintimusik
Bei der Frage, ob eine Musikschule für
Roma- und Sintimusik gegründet werden
soll, gab es, bis auf einen, nämlich Adrian
Gaspar, von allen ein klares „Ja“. Gaspar
antwortete zögerlich: „Schlecht wäre es
nicht.“ Seine Skepsis begründet er damit,
dass eine solche Musikschule Missverständnisse mit sich bringen kann, wie zum
Beispiel, dass dann Gadje denken könnten,
sie machen Roma-Musik.
Adrian zieht als Beispiel Goran Bregović
heran, um zu veranschaulichen, wo er das
Problem sieht: Bregovićs Kompositionen
seien eigentlich Imitationen von Romamusik und er sollte eigentlich sagen, dass es
traditionelle Musik ist, die er verwendet,
und nicht, dass er diese Musik komponiert
hat.
Die Frage, für wen eine solche Schule eine
Bereicherung wäre, wurde von den meisten,
und zwar von acht, mit den Worten „für
alle“ beantwortet.
romano centro
Qualitative Erhebung
Etwas zögerlicher waren hier Adrian Gaspar und Harri Stojka mit ihrer Antwort:
„Kommt darauf an, für wen man es macht.
Für die Gadje, da würden viele kommen.
Bei Roma bin ich mir nicht so sicher.“
(Gaspar)
Stojka begründet seine Aussage damit, dass
er bei den Roma einen „Unwillen sieht, sich
einem Lehrbetrieb zu unterwerfen.“
2. 2. 4. Warum sollte eine Musikschule
für Roma- und Sintimusik gegründet
werden?
Ivana Ferencova und Daniel Landau stimmen in ihrer Aussage überein. Für beide ist
Kultur ein wesentlicher Aspekt der Identitätsbildung. Ferencova sieht hier einen
Mangel bei den Roma und findet, dass die
Musikschule für Roma- und Sintimusik gut
gegensteuern könnte.
„Es ist sehr wichtig, über die eigene Kultur
genug zu wissen und sie zu respektieren, um anderen Menschen und Kulturen
wertschätzend zu begegnen. Viele Roma
kennen ihre Kultur nicht, haben vor sich
selbst keinen Respekt. Alles ist ihnen egal.“
(Ferencova)
„Kultur ist so etwas Identität stiftendes, das
finde ich super. Diese Kultur sollte auch
hier in Österreich weitergegeben werden
können.“ (Landau)
Ruža Nikolić-Lakatos und Ferry Janoska
betonen beide die Bewahrung der Tradition
aber auch die Chance, eine bessere Zukunft
für RomamusikerInnen zu ebnen, etwa mit
einem Diplom.
„Die Tradition darf nicht verloren gehen,
das ist das Wichtigste. Mit dieser hunderte
Jahre alten Tradition kann man uns die
Leute näher bringen, das darf jetzt nicht
verloren gehen. Und die Musiker sollen ein
Diplom in der Hand haben, und auch unterrichten können.“ (Nikolić-Lakatos)
„Tradition bewahren einerseits, zukunft2
weisende Chance für die Roma andererseits. Meine Vision ist es, so etwas wie
die Sängerknaben zu gründen für Roma.“
(Janoska)
Aus dem einfachen Grund, dass es eine
solche Musikschule noch nicht gibt, sprechen sich Harri Stojka und Martin Spitzer
dafür aus.
richten wenig Ahnung hat, wie er sagt.
„Weil es so etwas noch nicht gibt. Ich
kenne viele Romamusiker, die gerne lernen
würden, von der Pike auf, mit Noten und
so.“ (Stojka)
„Da Roma-Musik in erster Linie improvisierte Musik ist, glaube ich, dass der freie
Zugang ohne Noten schon ein wesentlicher Aspekt ist. Ich kann mir schwer
ein Roma-Ensemble vorstellen mit drei
Notenständern vor der Nase. Das würde
einiges von dem nehmen, was die Musik
innehat (...) Musiker, die Musik lesen
können, merken sich viel weniger, die
anderen sind wandelnde Realbooks2.“
(Peidelstein)
„Es ist eine einflussreiche, gute Musik,
so etwas gibt es noch nicht als Schule.“
(Spitzer)
Weitere unterschiedliche Aussagen:
„Ja, das wäre sehr schön. Das war immer
mein Traum, dass es so eine Schule gibt,
in der man Gipsy Musik lernen kann. Ich
finde gut, dass man die Musik einer kleinen Gruppe wie die der Roma nimmt und
sagt: dafür machen wir eine Musikschule.“
(Schneeberger)
„So eine Musikschule wäre nicht schlecht,
damit Leute die verschiedenen Romamusiken kennen lernen. Für alle Roma wäre
das eine Bereicherung, die würden sich
freuen, dass es so etwas gibt. Und interessierte Nicht-Roma, die haben die Chance,
diese Musik spielen zu lernen.“ (Šišić)
„Um den Zugang zur Musik übers Hören
zu bekommen und damit das Kulturgut der
Roma auch in Nichtroma-Kreisen stattfinden kann.“ (Peidelstein)
„Zur Förderung von begabten Romakindern, die zu Hause nicht weiter gefördert
würden.“ (Gaspar)
2. 2. 5. Methodik des Unterrichts an einer
Musikschule für Roma- und Sintimusik
Diknu Schneeberger hat sich als einziger
hierzu nicht geäußert, weil er vom Unter-
Ein Realbook ist ein Sammelband, in dem populäre Jazzstandards zu finden sind.
7
Unter den anderen Aussagen zeichnen sich
drei Gruppen ab:
Gruppe 1: Vier Befragte meinen, Noten
wären (anfangs) nicht notwendig: Peidelstein, Stojka, Šišić, Spitzer
„Lernen, erkennen und sich selber finden
auf seinem Instrument ist das wichtigste.
Man braucht keine Noten am Anfang. Erst
kommt die Praxis, dann die Theorie. Zuerst
muss es der Schüler im Kopf haben und
verinnerlichen. Das ist mir viel wichtiger,
als es aufzuschreiben, und wenn du den
Zettel weglegst, ist die Musik genauso weg
wie der Zettel.“ (Stojka)
„Alles ohne Noten. Die ersten zwei bis drei
Jahre ohne Noten, die helfen nicht viel für
diese Musik.“ (Šišić; er schreibt den Schülern nur auf, wie die Töne heißen.)
„Die Vermittlung bei den Roma und Sinti
ist ganz anders als in der Klassik. Alles wird
sofort nachgeahmt, ist direkter und dadurch
besser verankert und gefestigter, wenn man
es spielt. Sogar auch jederzeit abrufbar.
Wenn man einem Klassiker die Noten wegnimmt, weiß er nicht mehr weiter (...) In
der Gipsy-Musik kommen Noten nicht so
gut. (...) Ich bin kein Notenverweigerer, ich
finde sie wichtig für die musikalische Organisation und zum Vermittlen an andere.
Aber in der Vermittlung von dieser Musik
spielen sie eine sehr untergeordnete Rolle.“
(Spitzer)
romano centro
Qualitative Erhebung
Gruppe 2: Vier sprechen sich für beides,
also improvisierte Musik nach Gehör und
das Erlernen der Notenschrift aus: Gaspar,
Ferencova, Landau, Schneeberger.
„Es geht um die Freude an der Musik, nicht
nur nach dem Gehör zu gehen oder nicht
nur nach Noten, eine gesunde Mischung aus
beidem wäre ideal, dann kann man sich viel
besser weiter entwickeln.“ (Gaspar)
„Die ganze Romamusik besteht aus Improvisation, das ist die Tradition, das sollten wir
erhalten. Es ist wichtig, im Kopf frei zu sein
beim Improvisieren und Interpretieren. Das
fehlt mir beim klassischen Gesang. Aber
genau so wichtig ist es, Noten zu lernen.“
(Ferencova; sie arbeitet ohne Noten, findet es
aber besser, wenn man Noten lesen kann.)
„Anfangs imitatorisch in Gruppen und
mehrmals pro Woche falls die Musik nicht
aufgeschrieben wird. Einzelunterricht wäre
in dem Fall zu teuer. Romamusik hat eine
lebendige Tradition, auch in Österreich,
warum soll es keine Möglichkeit geben, sie
auf einem Blatt Papier anderen Menschen
zugänglich zu machen, die nicht das Glück
haben, dass ihnen der Vater vorspielen
kann. Ich würde mir schon wünschen, dass
so eine Musik auch aufgeschrieben werden
kann.“(Landau)
„Ich finde, die Mischung ist super. Nur
vom Blatt spielen ist nicht so gut, nur nach
Gehör ist auch nicht so gut. Man vergisst
viel im Leben, da ist es gut, wenn man das
aufschreiben kann.“ (Schneeberger)
Gruppe 3: Zwei sind absolut für das Erlernen der Noten: Nikolić-Lakatos, Janoska
„Der Zugang zur Musik ist freier bei den
Roma, nach Gehör. Dadurch passiert sehr
viel Ungenaues. Für die Zukunft ist das
nicht gut, weil sie müssen sich nach außen
orientieren.“ (Janoska)
„Jeder Rom kann sich entscheiden, was ihm
zusagt. Die Jugendlichen können das heutzutage, die Noten. Das ist sehr wichtig, dass
sie das lernen. Ich würde das zuerst ohne
Noten vorzeigen und die Leute können das
nachmachen. Dann kann das jemand, der
sich auskennt, aufschreiben, das wäre wunderbar.“ (Nikolić-Lakatos)
2. 2. 6. Wo in der Stadt wäre ein guter
Standort für so eine Musikschule? Wie
sollte sie aussehen?
Hier sind unterschiedliche Meinungen zu
finden. Die meisten, nämlich sechs, sprechen
sich für die Innenbezirke aus: Stojka, Janoska, Gaspar, Ferencova, Šišić, Landau. Die
Aufwertung der Schule ist für diese Gruppe
mit der Bezirkswahl verbunden, einer Ghettoisierung soll so gegengesteuert werden.
„Innenbezirke wären gut, der 1. wäre am
besten.“ (Stojka)
„Augartenpalais.“ (Janoska)
„Wichtig: nicht klischeehaft in einen Ausländerbezirk. Z.B. schlecht wäre der 10.
Bezirk, sondern Innenbezirke, damit man
sagen kann, das ist etwas Ernstes, das man
gerne akzeptiert. Es wäre eine Aufwertung für die Roma in der Öffentlichkeit.“
(Gaspar)
„Platz ist sehr wichtig! Nicht im 15. oder
16. Bezirk, eher die Innenbezirke. Sollte
Niveau einer Musikschule sein, damit sich
die Schüler wohlfühlen und alle gerne hingehen.“ (erinnert sich kopfschüttelnd an
die Bruchbude vom Theater Romathan in
Košice, Slowakei ...) (Ferencova)
„Eher im Zentrum [lacht]. Bisher waren die
Roma sowieso immer am Stadtrand in den
Siedlungen, egal wo auf der Welt.“ (Šišić)
„Achtung: Drohende Ghettoisierung in
Wien! Bewusste Öffnung wäre gut in Richtung bürgerliche Bezirke: 7., 8. Bezirk.“
(Landau)
Drei Befragte sagen, der Standort wäre
egal: Peidelstein, Spitzer, Nikolić-Lakatos
8
„Wo auch immer.“ (Peidelstein)
„Nein. Passt überall hin.“ (Spitzer)
„Es ist egal.“ (Nikolić-Lakatos)
2. 2. 7. Werden Roma-Kinder ausreichend musikalisch gefördert?
Die Mehrheit, und zwar sechs Befragte,
äußert sich zu dieser Frage negativ: NikolićLakatos, Gaspar, Ferencova, Janoska, Šišić
und Spitzer.
„Ich glaube nicht. Sie machen einfach mit,
aber es fehlt viel, dieser Unterricht. Manche
können es sich auch nicht leisten, viele
vom Balkan möchten das, ein Diplom.“
(Nikolić-Lakatos)
„Eigentlich nicht, das hängt stark von den
Eltern ab. Fast jeder Rom kann irgendwas
spielen, aber es geht dann oft nicht weiter.
Sie sind zufrieden mit dem, was sie können,
2-3 Stücke.“ (Gaspar)
„Heute nicht mehr. Es wird nicht mehr so
viel gesungen und musiziert in den jüngeren Familien, in den Wohnungen geht
das nicht mehr so gut. Sprache geht auch
verloren.“ (Ferencova)
„Nein. Das Umfeld macht es nicht möglich.
Eltern kümmern sich zu wenig. In der Slowakei ist das furchtbar in den Siedlungen,
Jarovnice oder so. Die haben überhaupt
keine Chance, in eine normale Schule zu
kommen.“ (Janoska)
„Ganz wenig. Bemühen sich selber nicht.“
(Šišić)
„Derzeit nicht. Soziale Verhältnisse zu
schlecht. Entwurzelung, viel Arbeitslosigkeit, Kriminalität, wenig Zeit für die Kinder. Es ist nicht so idyllisch wie bei den
Schneebergers, die eher eine Ausnahmeerscheinung sind.“ (Spitzer)
Positiv äußern sich zwei Befragte: Stojka,
Peidelstein
romano centro
Qualitative Erhebung
„(...) die Kinder werden schon gefördert
von den Eltern, weil jeder Vater ist stolz,
wenn der Sohn irgendein Instrument spielen kann.“ (Stojka)
„Ja. Es liegt in der Kultur in der Familie,
dass sie musikalisch ausgebildet werden.“
(Peidelstein)
Bei Schneeberger und Landau ist beides
zu finden:
„Die, die ich kenne, musizieren viel in
der Familie. Aber der Vater tut sich sehr
schwer, eine Ausbildung zu finanzieren,
da die Musikschulen so überfüllt sind.“
(Landau)
„So ein Glück wie ich hat keiner von meiner Familie. Ich glaube, es fehlt nicht an
der Förderung, sondern am Interesse der
Kinder.“ (Schneeberger)
2. 2. 8. LehrerInnenauswahl
„Spezialisten auf jedem Gebiet wären das
wichtigste!“ (Spitzer)
„Es sollten die Besten aus jeder Gruppe
sein.“ (Ferencova)
„Spezialisten am Instrument sind wichtig.“
(Gaspar)
Mehrfach genannte geeignete MusikerInnen:
Harri Stojka, Gitarre, Gipsy Swing Stil
(genannt von Gaspar, Spitzer, Peidelstein,
Šišić, Janoska, Schneeberger, ihm selbst)
Moša Šišić, Geige, Serbischer Stil (genannt
von Stojka, Spitzer, Nikolić-Lakatos, Janoska, Ferencova, ihm selbst)
Martin Spitzer, Gitarre, Gipsy Swing Stil
(genannt von Stojka, Schneeberger, ihm
selbst)
Joschi Schneeberger, Kontrabass (genannt
von Šišić, Spitzer, Stojka)
Ferry Janoska, Klavier (genannt von
Nikolić-Lakatos, Ferencova)
risten Branko Jovanović “Bako“ (alle
genannt von Gaspar)
Metin Meto, Perkussion (genannt von
Stojka, Šišić)
Schlagzeug
Willy Horvath
Baby Stojka (beide genannt von Spitzer)
Nach ihrem Fach gereihte, einmal
genannte MusikerInnen:
Gesang
Ivana Ferencova (genannt von Stojka)
Ruža Nikolić-Lakatos (genannt von Janoska)
Matilda Leko (genannt von Landau)
Perkussion
Turgay Ucar (genannt von Stojka)
Beki,16 Jahre alt, Neffe von Moša Šišić
(genannt von Stojka)
Spezielle Perkussion: Blechkannen-Perkussion aus der Slowakei, Gruppe „Galia“
(genannt von Šišić)
E-Bass
Peter Strutzenberger (genannt von Stojka)
Gitarre
Wolfgang Sain (genannt von Landau)
Geige, Gipsy-Swing-Stil
Zipflo Weinrich (genannt von Stojka)
Geige, Roma-Stil
Ondrej Janoska, spielt auch Klassik
Roman Janoska, spielt auch Jazz (beide
genannt von Janoska)
Geige, Serbischer Stil
Šile (genannt von Gaspar)
Akkordeon, Serbischer Stil
Aca Čergar
Dejan Kostić, „Mocart“ (beide genannt von
Gaspar)
Zoran Dimić (genannt von Šišić)
Keyboard, „Wiener Serbischer Romastil“,
der sich laut Gaspar in den letzten Jahren zu
einem eigenen Stil entwickelt hat
Miki Čortan
Zoran „Gorilla“
Dragan Šanika, Onkel von Gaspars Gitar-
9
Klavier, Roma-Stil
Frantisek Janoska, spielt auch Jazz und
Klassik (genannt von Janoska)
Geri Schuller (genannt von Martin Spitzer)
Hinweise
Martin Spitzer wies auf Martin Kelner,
einen Flamencogitarristen hin, der auf der
Universität für Musik und darstellende
Kunst Wien Gitarre unterrichtet und den
man nach als LehrerInnen geeigneten Studierenden fragen könnte. Bei der Wahl des
Bassisten sei die Herkunft nicht so wichtig,
„da er sich leichter anpasst“, so Spitzer.
Ruža Nikolić-Lakatos nannte den Gitarristen Miguel, der in ihrer Gruppe für die
Einflüsse der spanischen Gitanos in ihren
Liedern steht. Nikolić-Lakatos betont, dass
auch jemand von den Sinti als LehrerIn
wichtig wäre.
Ivana Ferencova hebt als einzige auch
einen Künstler aus einer anderen Kunstrichtung hervor, nämlich den aus Rumänien
stammenden Maler und Bildhauer Mircea
Lăkătus. Sie sieht die Musikschule als
einzige etwas ganzheitlicher, da sie selbst
die künstlerische Mittelschule in Košice
besuchte, in der mehrere Kunstrichtungen
vertreten sind, wie später im Kapitel 4
beschrieben wird.
2. 2. 9. Unterrichtsformen
Hier war die Frage, wie sich die Befragten
einen Unterricht an einer Musikschule für
Roma- und Sintimusik vorstellen. Von
sechs Befragten wurde der Gruppenunterricht genannt:
„Imitatorischer Unterricht, viel in der Gruppe. Modalität in der Musik, Geschichte der
romano centro
Qualitative Erhebung
Roma-Musik sollte auch dort unterrichtet
werden. Gut wäre: Schnupperkurs-Angebote am Wochenende zum Kennenlernen,
Blockseminare.“ (Landau)
„Wichtig wäre für den Unterricht: Ensemblespiel, da es Spaß macht und guten Lernerfolg bringt, aber es sollte auch unbedingt
Einzelunterricht geben.
Tradition evtl. im Nebenfach. Keine theoretischen Nebenfächer, das macht am besten
und einfachsten der Instrumentallehrer.“
(Spitzer)
„Ich kann mir vorstellen, eine oder zwei
Stunden am Tag zu unterrichten mit meiner
Gruppe, Einzel- und Gruppenunterricht,
beides. Wenn ich schon etwas mache, dann
ordentlich [lacht]. Ich könnte das auch mit
der Geschichte übernehmen. Aber es sollte
auch klassische Musik geben, Notenlehre,
so wie in anderen Schulen, auch Jazz.“
(Nikolić-Lakatos)
„Einzelunterricht,
Gruppenunterricht,
Orchester und Chor. Einmal pro Woche
Proben für einen Auftritt am Jahresende.
Nebenfächer: Geschichte der Romamusik,
Unterschiede der Stile aus den verschiedenen Ländern.“ (Janoska)
„Einzelstunden, in denen man auch Noten
lernt und dann in der Gruppe improvisieren,
interpretieren, am Ausdruck arbeiten. Gruppengröße 8-10 Kinder.“ (Ferencova)
„Zuerst Einzelunterricht, in der Gruppe
erst, wenn sie schon etwas können, um
zusammen zu spielen.“ (Šišić)
Die drei restlichen Statements sind unterschiedlicher Art. Gaspar betont neuerlich
die Wichtigkeit der Noten im Unterricht,
im Falle eines theoretischen Zugangs zum
Instrument.
„Entweder man lernt sein Instrument zuerst
einmal kennen, oder man hat einen Lehrer der einem von Anfang an Theorie mit
erklärt. Auch das Schreiben und Lesen von
Noten!“ (Gaspar)
Für Stojka kommt am ehesten der Einzelunterricht in Frage:
„Einzelunterricht. Ganz locker, ohne Stress
und Reglement. Kein Prüfungsstress. Lernen, erkennen und sich selber finden auf
seinem Instrument.“ (Stojka)
Für Peidelstein und Spitzer ist der Instrumentallehrer / die Instrumentallehrerin die
zentrale Person, die das meiste abdeckt.
„Der Unterricht sollte so wie in der Familie
ablaufen. Man hört etwas und spielt es
nach, bekommt eventuell kleine pädagogische Hinweise, wie es leichter wäre. Man
bekommt etwas auf, versucht das umzusetzen und wird in der nächsten Stunde
gelobt oder kritisiert. Natürlich kann man
die Fächer trennen und z. B. Musikgeschichte der Roma anbieten. Kommt darauf
an, wie personenintensiv man das gestalten
möchte. Aber es ist schon so, dass der
Instrumentallehrer das meiste abdeckt, weil
er ja am besten sieht, wo der Schüler steht.“
(Peidelstein)
„Keine theoretischen Nebenfächer, das
macht am besten und einfachsten der Instrumentallehrer.“ (Spitzer)
2. 2. 10. Welche Musik soll unterrichtet
werden?
Für die Romamusik im Allgemeinen sind
fünf Befragte (Peidelstein, Landau, Ferencova, Gaspar und Stojka), und im speziellen
für die Musik der hier lebenden Romaund Sinti-Volksgruppen entscheiden sich
drei von ihnen: Ferencova, Gaspar und
Stojka. Bei Gaspar ist zu betonen, dass das
Augenmerk auf den lokal in Wien vertretenen Musikrichtungen liegt, obwohl er
auch die Gitanos mit einbezieht.
„Romamusik, da es Romamusikschule
heißt.“ (Peidelstein)
„Da es um eine Minderheit geht, anfangs
nur die Romamusik.“ (Landau)
10
„Bei den Lovara, Sinti: mehr Gitarre. Bei
serbischen Roma Klavier/Keyboard, Akkordeon, Violine.“ (Ferencova)
„Alle lokal hier lebenden Romagruppen sollten vertreten sein, Gipsy Swing
(da müsste man die Roma erst auf den
Geschmack bringen).“ Spanische GitanoMusik auch, wenn man Lehrer dafür hat, ist
interessanter für Gadje.“ (Gaspar)
„Alle, deren Minderheit hier in Wien lebt.
Serbische und türkische Romamusik, Sinti
Swing und die Wiener Lovara-Musik.“
(Stojka)
Ausdrücklich breiter sehen das zwei der
Befragten: Spitzer und Šišić.
„Die Romamusik der ganzen Welt. Balkan,
Sinti, Lovara, Flamenco.“ (Šišić)
„Die großen drei Stile: Gipsy Swing, Romamusik vom Balkan und Flamenco. Alle drei
sind ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Kultur und haben großen Einfluss
in der Musik genommen.“ (Spitzer)
Die anderen haben unterschiedliche
Ansätze:
Janoska will die Tradition bewahren, sieht
aber in der Klassik eine Chance für die
Roma, sich musikalisch zu öffnen. „Einerseits Tradition bewahren, andererseits
zukunftweisende Chancen für die Roma
schaffen.“ (Janoska)
Ruža Nikolić-Lakatos‘ wichtigstes Anliegen ist die Bewahrung der Lovara-Lieder.
„Traditionelle Musik der Lovara, die ist für
alle Roma da! Sonst Volksmusik aus Jugoslawien (Kolo..), andere schöne Volksmusik
mit Piano usw.“ (Nikolić-Lakatos)
Diknu Schneeberger würde sich so wie
Nikolić-Lakatos freuen, den Stil in der
Musikschule vorzufinden, den er selbst
spielt. „Gipsy-Jazz, aber es müsste dann
auch „Sinti“ im Namen der Musikschule
vorkommen.“(Schneeberger)
romano centro
Qualitative Erhebung
2. 2. 11. Wer könnte Interesse haben?
Eine klare Tendenz liegt hier vor. Sechs
Experten nennen hier Nichtroma als interessierte Zielgruppe. Fünf davon betonen,
dass es sehr viele sind, die interessiert
wären. Bei Stojka ist zu bemerken, dass er
weiter oben darüber spricht, dass sehr viele
Roma gerne die Romamusik lernen würden. Hier widerspricht er sich in gewisser
Weise, also wird seine Antwort zu zwei
Gruppen gezählt.
„Ich kenne einen Franzosen in Wien, der
fast ausschließlich diese Musik hört, und
der seine Kinder sicher dort einschreiben würde. Eigentlich sollte sich das jeder
überlegen.“(Peidelstein, Hervorhebung
v. I.M.)
„Sehr viele Nicht-Roma, die Musik ist im
Moment sehr gefragt.“ (Schneeberger)
„Sehr viele Leute, viele Gadje. Bei den
Roma-Kindern sind die Eltern sehr wichtig,
so eine Schule würde bei den Roma nicht
ernst genommen werden anfangs. Roma
sind immer skeptisch, wenn es um etwas
Neues geht. Aber: zu einem Musiker, den
sie bewundern, schicken sie die Kinder
schon.“ (Gaspar)
„Für die Gadje, da würden viele kommen. Bei Roma bin ich mir nicht so
sicher.“(Stojka)
„Genug Nichtromafamilien.“ (Šišić)
Zwei Befragte sagen, dass Roma an einer
Musikschule für Romamusik Interesse
haben könnten.
„Mehr Roma.“(Janoska)
„Ich kenne viele Romamusiker, die gerne
lernen würden, von der Pike auf, mit Noten
und so.“ (Stojka)
Durchaus positiv und Nationen übergreifend äußern sich drei Befragte:
„Ja durchaus.“ (Spitzer)
„Ich denke schon, dass großes Interesse
vorhanden ist.“ (Ferencova)
„Ich glaube schon.“ (Nikolić)
2. 2. 12. Die Frage mit der Klassik ...
... spaltet die Geister.
Die einen (drei) meinen, klassische Musik
hat einen wichtigen Stellenwert und sollte
in der Musikschule vertreten sein: NikolićLakatos, Gaspar, Janoska.
„Ja natürlich, wer das lernen will. (...)
Wenn man schon etwas macht, sollte man
auch das machen können, es ist wichtig für
die Zukunft der Jugendlichen.“ (NikolićLakatos)
„Natürlich. Die ganze abendländische
Musik basiert darauf. Musiktheorie von
Anfang an für Kinder verpflichtend, bis 13
oder 14 Jahren kann ein Kind nicht entscheiden, ob das interessant ist, außer es ist
besonders reif.“ (Gaspar)
„Wenn man schon eine Schule macht, dann
ja. Man sollte nicht pauschal und stur nur
die Romamusik anbieten.“ (Janoska)
Die anderen melden sich etwas differenzierter
zu Wort: Spitzer, Peidelstein, Landau.
„Kommt darauf an: wenn man hauptsächlich
Roma und Sinti in der Schule will, warum
nicht. Wenn die Romamusik Schwerpunkt
ist, ist es nicht sinnvoll, weil es das auch
anderswo gibt.“ (Spitzer)
„Wenn es sein muss und es der Lehrer
anbieten kann, als Mittel zum Zweck, z.
B. mit einer Etüde, warum nicht. Aber an
eine Roma-Musikschule zu gehen um ein
klassisches Instrument zu lernen, sehe ich
so nicht.“ (Peidelstein)
„Anfangs kann sie im Hintergrund bleiben, aber als Traditionalist finde ich es
schon gut, über grundlegende harmonische
Zusammenhänge Bescheid zu wissen.“
(Landau)
11
Die dritte und somit größte Gruppe mit vier
Befragten ist dagegen, klassische Musik in
einer Romamusikschule anzubieten.
„Eigentlich bräuchte das nicht sein, weil
sie nichts mit Romamusik zu tun hat.“
(Stojka)
„Nein. Das wird auch anderswo angeboten.“ (Ferencova)
„Nein. Hat nicht viel damit zu tun ... [lacht]
... bei der klassischen Musik nach Noten ist
es wichtig, dass man richtig das spielt, was
in den Noten steht. Da ist das Gefühl dabei
nicht so wichtig. Das ist der grobe Unterschied am Anfang.“ (Schneeberger)
„Im ersten Jahr auf keinen Fall. Danach
sollte Entscheidung fallen, entweder das
oder das.“ (Šišić)
Er kennt das schon, das ist dann ein Dilemma, wenn beides gleichzeitig gelernt wird.
(Haltungsunterschiede, etc.). Šišić selbst
wollte ja nicht die klassische Haltung übernehmen, sein Lehrer hat das akzeptiert.
„Am besten ist es, im ersten Jahr ohne
Noten zu lernen, dann kannst du musikalisch mehr machen, du spürst die Musik
besser im Herzen. Dann kann man eventuell
beides machen. Bei der Klassik kann man
musikalisch nicht so viel machen. Nur die
Haltung, ein paar Noten spielen, ich weiß
das. Viele verlassen die Musikschulen. Bei
mir lernt ein Kind in einem Jahr soviel, wie
es in der Musikschule in drei Jahren lernt.“
(Šišić)
Zum Thema „Hinweise für bestehende
Modelle, nach denen Romamusik unterrichtet wird“ haben die Befragten einige
Hinweise gegeben, darunter folgende drei,
die im Kapitel 4 beschrieben werden:
- Romane Gipsy Swing Academie, Paris
- Talentum Iskola, Budapest
- Stredná umelecká Škola Košice (Suske),
Slowakei
romano centro
Quantitative Erhebung
2. 2. 13. Ergebnis
Zusammenfassend kann gesagt werden,
dass die Idee einer Musikschule für Romaund Sintimusik durchwegs positiv aufgenommen wurde.
Die Befragten hatten teils gleiche, teils ähnliche und teils gegensätzliche Standpunkte
was die Motivation, den Inhalt und die
Methodik einer solchen Schule betrifft.
Tendenzen
Mehr als die Hälfte findet, dass Roma-Kinder nicht ausreichend musikalisch gefördert
werden. Auch beim Standort spricht sich
mehr als die Hälfte für die Innenbezirke
aus, und ebenso bei der Frage nach Interessierten, die zu 60 % mit „Nicht-Roma“
beantwortet wurde.
Die Frage, ob Klassik angeboten werden
sollte, haben 60 % mit „Nein“ beantwortet.
Ebenfalls 60 % sind dafür, dass der Unterricht auch in Gruppen stattfinden soll.
Übereinstimmung
In der Frage, ob Romamusik an einer Schule unterrichtet werden kann, sind sich alle
mit einem „Ja“ einig.
3. Quantitative Erhebung
(Statistische Auswertung: Julia Leichtfried)
Ergebnisse der Fragebogenerhebung
3. 1. Forschungsdesign
Ziel der Erhebung
Ziel der Erhebung war das Erfassen des
Bedarfs der in Wien lebenden Roma und
Sinti an einer Musikschule für Roma- und
Sintimusik. Von großem Interesse war das
aktive und passive Musikverhalten dieser
Volksgruppe. Hergestellt wurde auch die
Verknüpfung der Herkunftsländer mit dem
musikalischen Verhalten und der Bereitschaft, das Angebot solch einer Musikschule zu nützen.
3
Erhebungsinstrument
Zur Befragung der Angehörigen der in
Wien lebenden Roma- und Sinti zum
Bedarf an einer Musikschule für Romaund Sintimusik wurde ein standardisierter Fragebogen erstellt, der hauptsächlich
geschlossene, aber auch halbgeschlossene
und offene Fragen enthielt. Dabei wurde
besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass
der Fragebogen inhaltlich auch Personen
mit geringer Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz zugänglich ist. Er wurde zudem
zweisprachig (deutsch – serbokroatisch)
ausgeführt.
Abgefragt wurden neben demographischen
Daten das Musikverhalten der Familien
im Allgemeinen und das der einzelnen
Kinder im Besonderen, die Formen der
musikalischen Erziehung derzeit und das
Bedürfnis der Familien nach einer Musikschule für Roma- und Sintimusik. Wichtig
ist zu erwähnen, dass die Befragung nicht
anonym durchgeführt wurde, die Befragten
wurden um ihren Namen und ihre Adresse
gebeten.
In Wien leben derzeit schätzungsweise
40.000 bis 50.0003 Angehörige der Romaund Sinti. Wie weit diese Zahl alle in Wien
lebenden Roma- und Sinti repräsentiert, ist
aufgrund mangelnder Registrierung nicht
abschätzbar. Roma und Sinti werden außerdem nicht über die Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Muttersprache registriert, sondern über ihre Staatszugehörigkeit. Dieser
Umstand macht eine genaue Erfassung der
hier lebenden Roma und Sinti unmöglich.
Insgesamt wurden 136 Fragebögen ausgesendet, 116 per Post und 20 wurden
persönlich an Angehörige der Roma- und
Sinti ausgegeben. Bei dieser Zielgruppe
handelt es sich einerseits um Familien,
deren Kinder Lernhilfe im Romano Centro
beanspruchen und andererseits um Familienmitglieder und Bekannte der Autorin. 43
Fragebögen wurden retourniert, die Rücklaufquote beträgt demnach 31,6 % und liegt
durchaus im üblichen Rahmen schriftlicher
Fragebogenaussendungen.
nach Angaben von Iovanca Gaspar, Magistratsabteilung 17 für Integration und Diversität, am 9.3.2010
12
Mögliche Verzerrungen der Daten sind
aufgrund folgender Umstände zu berücksichtigen: Angehörige der Roma und Sinti
verfügen über keine einheitliche Sprache
und nicht alle können gut Deutsch oder Serbisch. Bei einem Teil dieser Volksgruppe
ist mit mangelnder Sprachkompetenz (vor
allem schriftlich) zu rechnen. Die Ausgabe
der Fragebögen war nicht einheitlich, bei
einem Teil der Fragebögen wurden zudem
irrtümlich die Seiten nicht der tatsächlichen
Anordnung entsprechend gereiht. Das
könnte zu zusätzlichen Verständnisproblemen und Verwirrung unter den Befragten
geführt haben.
Zur Datenauswertung wurde das Computerprogramm Statistical Programm for Social
Sciences (SPSS) herangezogen.
3. 2. Ergebnisse
3. 2. 1. Demographische Daten der
befragten Roma und Sinti
Geschlecht und Alter
43 Personen haben an der Befragung teilgenommen, 23 davon sind Frauen und 20 sind
Männer. Zusätzlich haben 55 Kinder und
Jugendliche zwischen drei und 21 Jahren
die an sie gerichteten Fragen beantwortet
(siehe Anhang 2: Fragebogen, sowie die
Auswertung, S. 26). Fünf Personen sind
jünger als 20 Jahre, vier Personen zwischen
21 und 25 Jahren, fünf zwischen 26 und 30
Jahren, neun zwischen 31 und 35 Jahren,
acht zwischen 36 und 40 Jahren und 11
Personen sind über 40 Jahre alt. Von einer
Person fehlt die Altersangabe.
Herkunft
22 Befragte, das sind 51 %, sind in Serbien
geboren, 18 in Österreich (42 %), eine Person in Bulgarien und eine in Deutschland.
Von zwei Personen fehlt die Angabe des
Geburtslandes.
26 Befragte sind österreichische Staatsbürger, 14 haben die serbische Staatsbürgerschaft, ein Befragter verfügt über die
romano centro
Quantitative Erhebung
bulgarische und einer über die deutsche
Staatsbürgerschaft. Von einer Person fehlt
die Angabe dazu.
Rund 83 % der Befragten leben schon länger als 11 Jahre in Wien.
50 % der Befragten geben Serbisch als Muttersprache an, 14,3 % zählen Romanes und
Serbisch zu ihren Muttersprachen, 16,7 %
nennen Romanes als Muttersprache, jeweils
2,4 % Rumänisch, Bulgarisch und Sintitikes. 11,9 % der Befragten geben Deutsch
als Muttersprache an, diesbezügliche Nachprüfungen haben ergeben, dass es sich bei
diesen Personen jeweils um Sinti handelt.
Interessant ist ebenfalls, dass nur zwei der
befragten Sinti die Sprache Sintitikes überhaupt als gesprochene Sprache angeführt
haben, und dies nur in der Rubrik andere
Sprachen.
Zusätzlich zur Muttersprache sprechen
52,5 % Deutsch, 31 % Romanes, 19,1 %
Serbisch, 2,4 % Sintitikes, 16,8 % Englisch,
2,4 % Französisch. 19 % der Befragten
haben dazu keine Angabe gemacht.
Anzahl der Personen im Haushalt
Bei 65 % der Befragten leben zwei erwachsene Personen im Haushalt, bei 17,5 %
lebt eine, bei 7,5 % leben drei und bei
10 % leben vier erwachsene Personen im
Haushalt.
Bei 12,5 % der Befragten lebt ein Kind im
Haushalt, bei 37,5 % sind es zwei Kinder,
bei 17,5 % drei Kinder und bei jeweils 2,4
% vier Kinder und sechs Kinder.
Bei 27,5 % lebt kein Kind im Haushalt.
3. 2. 2. Musikalisches Verhalten der
befragten Roma und Sinti
Aktives musikalisches Verhalten
Singen und Musizieren
76,2 % der Befragten geben an, persönlich
gerne zu Hause zu singen. 40,5 % der
Befragten singen oder musizieren sogar
gemeinsam in der Familie. Bei 47,6 % der
Befragten spielt mindestens ein Familienmitglied ein Instrument, insgesamt wurden bei dieser Frage 30 Familienmitglieder
genannt. Hervorzuheben ist die signifikant
ungleiche Verteilung der Geschlechter unter
den MusikerInnen: nur 23,4 % der genannten Personen sind weiblich, 76,6 % dagegen
männlich.
Instrumente
Zehn Personen spielen Gitarre, acht Personen spielen Violine, sechs Personen spielen Akkordeon, drei Personen spielen Bass,
zwei Personen spielen Schlagzeug, jeweils
eine Person spielt Saxophon, Klavier,
Trompete oder Keyboard. Den Angaben
nach gehören das Akkordeon und die Violine zu den bedeutsamsten Instrumenten.
Sie sind ausschließlich männlich besetzt,
während die ebenfalls bedeutsame Gitarre
eher weiblich besetzt ist.
Aktiv gespielte Musik
Mit 37,8 % ist die Roma- und Sintimusik die am meisten in den Familien aktiv
gespielte Musik, gefolgt von traditioneller
Musik und Pop/Rock mit jeweils 29,7 %.
Klassik und Jazz werden jeweils in 13,5 %
der befragten Familien gespielt. Als weitere
aktiv gewählte Musikrichtungen werden zu
jeweils 2,7 % Latin und Swing genannt.
Inanspruchnahme von Gesangs- oder
Instrumentalunterricht
25,5 % der Befragten geben an, dass
derzeit zumindest ein Familienmitglied
Gesangs- oder Instrumentalunterricht
erhält. Geschlechtsspezifisch sind in der
Angabe von Gesangs- oder Instrumentalunterricht keine signifikanten Unterschiede
feststellbar. Es wird nur von einer Person
angegeben, dass diese schon mehr als zehn
Jahre Unterricht in Anspruch genommen
hat. Zwei Personen geben an, bereits zwischen sechs und neun Jahren Gesangs- oder
Instrumentalunterricht erhalten zu haben.
Sechs Personen haben bisher ein bis zwei
Jahre Unterricht genommen.
16,3 % der Befragten haben angegeben,
dass ein privater Musikunterricht zur
13
Erlernung eines Instrumentes in Anspruch
genommen wird. Der Zufriedenheitsgrad
auf der dreistufigen Skala bezüglich des
privaten Unterrichts reicht zu gleichen Teilen von „zufrieden“ bis „sehr zufrieden“.
9,4 % der Befragten haben angegeben,
dass Musikunterricht innerhalb der Familie
in Anspruch genommen wird. Auch hier
ist der Zufriedenheitsgrad auf der dreistufigen Skala zu gleichen Teilen „zufrieden“
und „sehr zufrieden“. 9,3 % der Befragten
geben an, dass mit hoher Zufriedenheit
eine universitäre musikalische Ausbildung
in Anspruch genommen wird. 4,7 % der
Befragten geben an, Unterricht in einer
städtischen Wiener Musikschule „zufriedenstellend“ in Anspruch zu nehmen.
Passives Musikverhalten
76,3 % der Befragten geben an, dass in der
Familie sowohl traditionelle Musik aus der
Heimat als auch Roma- und Sintimusik
gehört wird. Pop/Rock wird von 42,1 % der
befragten Familien gehört. Klassik hören
nur 2,6 % der befragten Familien. Als weitere passiv gewählte Musikrichtungen werden zu jeweils 10,8 % rumänische Lieder
und serbische Romamusik genannt.
Musikalisches Verhalten der Kinder
Nur zu diesem Themenbereich wurden die
Kinder gesondert befragt.
(Siehe Anhang 2: Fragebogen).
Alter und Geschlecht
55 Kinder haben an der Befragung teilgenommen. 28 davon sind männlich, 27 sind
weiblich.
3,6 % sind jünger als 4 Jahre, weitere
3,6 % sind zwischen 5 und 6 Jahre alt.
Jeweils 18,2 % sind 7 bis 8 Jahre und 9 bis
10 Jahre alt, 29,1 % sind zwischen 11 und
12 Jahre alt. Bei 5,5 % liegt das Alter zwischen 15 und 16 Jahren und 10,9 % sind
älter als 17 Jahre.
Instrumente
44 von 53 Kindern spielen kein Musikin-
romano centro
Quantitative Erhebung
strument. Jeweils 3 Kinder spielen Gitarre
bzw. Schlagzeug. Violine, Saxophon und
Klavier werden von je einem Kind gespielt.
Es ist auffallend, dass das aktive Musizieren bei den Erwachsenen verbreiteter ist als
bei den Kindern.
Aktives Singen
67,9 % der befragten Kinder geben an, nicht
zu singen.
Lieblingsmusik
Bei der Frage, welche Musik am liebsten
gehört wird, gaben 32 Kinder traditionelle
Musik an und ebenso 32 entschieden sich
für die Rubrik Pop/Rock. (Es konnten mehrere Stile angekreuzt werden.)
25 Kinder hören Roma-/Sintimusik am
liebsten, zehn hören Sonstiges (Jazz, Soul,
Funk, Reggae) und nur fünf bevorzugen die
Klassik.
LieblingsmusikerInnen
Die meisten Kinder, nämlich acht, haben
keinen Lieblingsmusiker bzw. keine Lieblingsmusikerin angegeben, sie konnten sich
nicht entscheiden und schrieben „verschieden“, „alles“ oder „fast alles“.
Šaban Šaulić gehört zu den bekanntesten
und populärsten Sängern der „Nova komponovana narodna muzika“ („Neu komponierte Volksmusik“) des Balkan und führt in
der Beliebtheitsskala der befragten Kinder
mit fünf Stimmen. Der zweitbeliebteste
Sänger Ljuba Aličić ist ebenfalls im ganzen
ehemaligen Jugoslawien, aber vor allem in
Serbien bekannt und bekam drei Stimmen.
Michael Jackson wird von drei Kindern
zwischen 8 und 13 Jahren als Lieblingsmusiker angeführt, was möglicherweise mit
dem gewaltigen Revival nach seinem Tod
im Sommer 2009 zu begründen ist.
Jeweils zwei Stimmen bekamen Hannah
Montana, Stevie Wonder, Darko Lazić, und
Zipflo Weinrich.
Hannah Montana ist die Titelfigur einer
Fernsehserie der Walt Disney Company,
dargestellt von der Sängerin und Schauspielerin Miley Cyrus. Die Serie handelt von
einer zu Beginn dreizehnjährigen Schülerin,
die ein Doppelleben als Sängerin führt.
Darko Lazić ist ein serbischer Sänger, der
im Stil des bei den Serben äußerst beliebten
Turbo-Folk singt. Es handelt sich hier um
ein Musikgenre aus den 1990er Jahren, in
dem traditionelle Volksmusik und Elemente
des Rock, Pop und Techno verschmelzen.
Zipflo Weinrich ist ein österreichischer
Jazzmusiker (Violine), der aus einer Sintifamilie stammt. Er wurde von zwei seiner
Kinder als Lieblingsmusiker genannt.
Folgende Musiker wurden je einmal von
einem Kind als Lieblingsmusiker genannt
und sollen hier nicht unerwähnt bleiben:
International populäre VolksmusikerInnen / SängerInnen aus Serbien
Šiki, Saša Matić, Djani, Slobodan Vasić,
Saša Kapor, Zvonko Demirović, Bläser von
Tanja Savić, Barbike, Ceca
In Wien lebende, bekannte Musiker aus
der serbischen Romamusikszene
Prokica (Gitarre), Ivan Francuz (Akkordeon), Dejan Kostić (Akkordeon), (Opa) Mile
Čergar, (Onkel) Mire Banaćanin
Jazz, R&B
George Benson (Gitarre, Gesang), Rihanna
(Gesang)
Gitarristen aus Österreich
Karl Ratzer (Jazz)
Vater Striglo Stöger (Sinti Jazz)
Auffallend ist, dass musizierende Familienmitglieder wie Vater, Großvater, Onkel für die
Kinder zu den Lieblingsmusikern zählen.
Zusammenhang: Herkunftsländer /
Musikverhalten der Kinder
Ein eindeutiger und signifikanter Zusammenhang herrscht zwischen der Herkunft
der Kinder aus Sintifamilien und ihrem
westlich orientierten Musikgeschmack. Von
ihnen wurden Swing, Jazz, Soul, Funk, Reggae als gehörte Musikrichtungen angeführt,
und Stevie Wonder, George Benson, Karl
Ratzer, Striglo Stöger und Zipflo Weinrich
als Lieblingsmusiker genannt.
14
Bei den Kindern aus Familien mit serbokroatischer Muttersprache gibt es eine übereinstimmende Favorisierung der serbischen
volkstümlichen Unterhaltungsmusik und
ihrer Stars.
Auffallend ist, dass Kinder aus Familien
mit der Muttersprache Romanes entweder
„Alles!“ hinschrieben oder die Frage nach
ihrer Lieblingsmusik gar nicht beantwortet
haben.
3. 2. 3. Fragen zur Gründung einer
Musikschule für Roma und Sintimusik
Zustimmung zur Gründung
Die Gründung einer Musikschule für
Roma- und Sintimusik wird signifikant mit
39 „Ja“-Stimmen von den erwachsenen
Befragten für gut geheißen. Zwei Personen
haben mit „Nein“ gestimmt, und weitere
zwei Personen haben sich der Stimme enthalten.
Argumente der Zustimmung
In einer offenen Frage wurden die Probanden nach Argumenten für die Gründung
einer Musikschule für Roma- und Sintimusik befragt: 28 Personen haben sich die
Mühe gemacht ihre Zustimmung persönlich
zu argumentieren. Bei offenen Fragen ist
die Beteiligung von 65,2 % ein vergleichsweise hoher Anteil. Es dürfte sich also bei
der Gründung einer Musikschule für Romaund Sintimusik um ein für die Befragten
bedeutsames Anliegen handeln.
Unter den Argumenten haben sich sechs
Kategorien herausgebildet, welche nun der
Bedeutsamkeit nach gereiht sind:
• 16 Personen sehen in der Gründung einer
Musikschule für Roma- und Sintimusik die
Aufwertung und Förderung der eigenen
Volksgruppe.
• 11 Personen sprechen den hohen Bedeutungsgrad für die Kinder an. Dabei wird
musikalische Bildung als Chance und sinnvolle Freizeitgestaltung erwähnt.
• 10 Personen sehen in der Gründung einer
romano centro
Quantitative Erhebung
Musikschule für Roma- und Sintimusik
eine Möglichkeit, die musikalische Tradition der Roma und Sinti weiterzugeben und
damit zu erhalten.
• Vier Personen sehen in der Gründung einer
Musikschule für Roma- und Sintimusik
eine Möglichkeit, die traditionelle Musik
zu vervollkommnen und aufzuwerten.
• Vier Personen sehen in der Gründung
einer Musikschule für Roma- und Sintimusik außerdem die Möglichkeit, in einen
interkulturellen Austausch zu treten.
• Zwei Personen gehen auf die Bedeutung
für Musiker selbst ein, als ein Weg, die
eigene Musikalität zu vervollkommnen.
Interkulturelle Öffnung
89,2 % der Befragten sprechen sich klar
dafür aus, dass die Musikschule für Romaund Sintimusik auch für Nicht-Roma offen
sein sollte.
Bereitschaft zur Anmeldung
90,2 % der Befragten geben an, dass sie
ihr Kind in einer Musikschule für Romaund Sintimusik anmelden würden. 58,1
% davon würden dies tun, um den Kindern eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung
zu gewährleisten, 41,9 % sähen darin eine
gute Basis für eine Berufsausbildung. 19,4
% der Befragten gaben weitere sonstige
Gründe an.
67,6 % der Befragten können sich sogar
vorstellen, dass ihre Kinder mehr als zwei
Wochenstunden in der Musikschule für
Roma- und Sintimusik verbringen würden.
71,1 % der Musikschulenbefürworter wären
bereit, bis zu 50 Euro monatlich für den
Musikunterricht zu bezahlen, 21,1 % wären
bereit, mehr als 50 Euro monatlich für den
Musikunterricht zu bezahlen.
Welcher Musikstil sollte unterrichtet
werden?
84,6 % der Befragten wünschen den Unterricht traditioneller Musik der in Wien
lebenden Roma. Zusätzlich eigens erwähnt
wurde sowohl rumänische (7 %) als auch
serbische Romamusik (2,4 %). 55,3 %
der Befragten wünschen den Unterricht
von Gipsy Swing. 44,7 % wünschen den
Unterricht der Musik spanischer Gitanos
(Flamenco) und 28,9% der Befragten wünschen den Unterricht von klassischer Musik.
8,1 % der Befragten haben den Wunsch,
dass auch Hip-Hop und weitere 2,4 %, dass
auch Jazz unterrichtet wird.
3. 2. 4. Auswertung der Kreuztabellen
Roma- und Sintimusikschule
Es wurden trotz der geringen Anzahl an
Befragten mehrere Kreuzungen versucht,
die aber zu keinen sinnvollen Ergebnissen
führten. Einzig und allein bei Musikverhalten/Muttersprache wurde eine Kreuzung
durchgeführt, da sich hier sinnvolle Tendenzen ableiten ließen.
Zusammenhang: Zustimmung zu einer
Romamusikschule / Herkunftsländer
Die positive Zustimmung zur Gründung
einer Musikschule für Roma- und Sintimusik ist so übereinstimmend und signifikant,
dass eine Verknüpfung zu den Herkunftsländern keinen Sinn ergibt. Den Ergebnissen
zufolge besteht auch keinerlei signifikanter
Zusammenhang zwischen den Personen,
welche mit „nein“ geantwortet bzw. sich der
Stimme enthalten haben. Als symbolische
Variable für das Herkunftsland wurde die
Muttersprache verwendet, da sie viel mehr
über die Herkunft aussagt, als das Geburtsland oder die Staatsbürgerschaft. Dies gilt
auch für alle weiteren Untersuchungen in
Verknüpfung mit dem Herkunftsland.
Weiters ist hier anzumerken, dass auch alle
weiteren Verknüpfungen im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Musikschule
für Roma- und Sintimusik und der Bereitschaft zur Anmeldung keinen Sinn ergeben, da zum einen der Grad der positiven
Zustimmung mit 95 % ohnehin signifikant
ist und für wissenschaftliche Aussagen die
Zahl der Befragten, welche sich nicht positiv geäußert haben, zu gering ist. Es können also auch hier keine aussagekräftigen
Ergebnisse geliefert werden. Tendenziell
interessant war lediglich folgende Verknüpfung:
15
Zusammenhang: Bereitschaft, Kinder in
der Musikschule anzumelden / persönliches Musikverhalten
Rund 75 % aller Befragten geben an, gerne
alleine zu singen, rund 40 % geben an,
gemeinsam in der Familie zu singen und/
oder zu musizieren und rund 43 % geben
an, dass innerhalb der Familie ein Instrument gespielt wird. Die persönliche Singfreude und die Tatsache, dass ein Familienmitglied bereits ein Instrument spielt,
scheinen gute Voraussetzungen dafür zu
sein, das eigene Kind in der Musikschule
anzumelden. Das gemeinsame familiäre
Singen und/oder Musizieren dürfte darauf
keinen Einfluss nehmen. Von denjenigen,
die angaben, nicht zu Hause zu musizieren
(22 Befragte), würden 18 (das sind 81 %)
ihr Kind in der Musikschule anmelden.
Es handelt sich hierbei um auffallende
Tendenzen, ein eindeutiger Zusammenhang
(Assoziationsmaß Lambda) ist aufgrund
der geringen Teilnehmerzahlen in einzelnen
Rubriken allerdings nicht nennbar.
Zusammenhang: Anzahl im Haushalt
lebender Personen / gemeinsames musikalisches Verhalten
Das gemeinsame aktive musikalische Verhalten in den Familien steht nicht in Abhängigkeit von der Anzahl der im Haushalt lebenden
Erwachsenen und auch nicht von der Anzahl
der im Haushalt lebenden Kinder.
Eine Verknüpfung zwischen dem Musizieren und/oder Singen im Kreis der Familie
und den im Haushalt lebenden Erwachsenen
als auch der im Haushalt lebenden Kinder
ergibt keinen Zusammenhang. Die Werte
sind auch nicht signifikant (chi2-Test), das
bedeutet, die sich hier ergebenden Werte
können nicht für die Werte der Gesamtheit
als vorhersehbar betrachtet werden.
Musikverhalten und Herkunftsländer
Auch bei diesen Verknüpfungen ist es nicht
möglich, den Zusammenhang und die Signifikanz der Werte anzugeben, da die Zahl an
Befragten in den einzelnen Zellen meist zu
gering ist, um aussagekräftig zu sein. Tendenzen sind allerdings erkennbar.
romano centro
Quantitative Erhebung
Zusammenhang: Musikverhalten /
Herkunftsländer (Muttersprache)
Tabelle 1:
Tabelle 1: Muttersprache / Singen Sie persönlich gerne zu Hause?
Auffällig ist in Tabelle 1, dass das Verhältnis von „Ich singe gerne zu Hause“ zu „Ich
singe nicht gerne zu Hause“ herkunftsbezogen ähnlich, nämlich im Verhältnis
ca. 80:20 steht. Eine Ausnahme stellt jene
Gruppe dar, die Romanes als Muttersprache angegeben hat, hier ist das Verhältnis
von „Singenden“ und „Nicht Singenden“
mit rund 42:57 auffallend different zu den
vorher genannten.
Tabelle 2: Muttersprache / Musizieren/Singen Sie gemeinsam in der Familie?
Auffallend bei Tabelle 2 ist, dass bei allen
Befragten, die zu Hause gerne gemeinsam singen und/oder musizieren, Serbisch
zumindest als eine der Muttersprachen
angegeben wurde. Befragte mit der alleinigen Muttersprache Romanes haben mit
100 % kein Interesse am gemeinsamen
singen und/oder musizieren bekundet.
Tabelle 2:
Tabelle 3: Muttersprache / Spielt jemand in
Ihrer Familie ein Musikinstrument?
Auffallend ist auch das Ergebnis in Tabelle
3: In den Familien der Befragten, welche Deutsch und Sintitikes als Muttersprache angegeben haben, werden in allen
Familien MusikerInnen angegeben. (Wie
oben erwähnt, sind jene Befragten, welche Deutsch als Muttersprache angegeben
haben, ebenfalls Angehörige der Sinti.)
In den Familien der Befragten, welche Serbisch als Muttersprache angegeben haben,
werden mit 52,9 % in rund der Hälfte aller
Familien MusikerInnen angegeben. In den
Familien der Befragten, welche Romanes
als Muttersprache angegeben haben, werden mit 14,3 % die wenigsten Musikerinnen
angegeben.
16
romano centro
Quantitative Erhebung
Muttersprache / Spielt jemand in Ihrer
Familie ein Musikinstrument? Wenn ja,
wer?
Tabelle 3:
Genannt wurden 21 männliche und vier
weibliche erwachsene musizierende Familienmitglieder. Musizierende Frauen wurden fast ausschließlich bei jenen Befragten
angegeben, welche nur Serbisch als Muttersprache angeführt haben. Die meisten
männlichen Musiker sind ebenfalls Familienmitglieder von Befragten mit serbischer
Muttersprache. In der jungen Generation
hingegen ist das geschlechtsspezifische
Verhältnis unter den Musikern ausgewogen,
es spielen fünf Söhne und vier Töchter ein
Instrument. Das Geschlechterverhältnis der
JungmusikerInnen ist in allen Herkunftsgruppen gleich.
Muttersprache / Welches Instrument?
Das Akkordeon wird dreimal von Befragten
mit serbischer Muttersprache genannt, einmal von Befragten mit serbokroatischer
und einmal von Befragten mit Romanes/
serbischer Muttersprache. [Anm. v. I.M.
„romanes-serbische Muttersprache“ bedeutet, die Befragten haben zwei Muttersprachen angegeben]
Tabelle 4:
Die Violine wird fünfmal von Befragten mit
serbischer Muttersprache genannt, viermal
von Befragten mit deutscher Muttersprache
(Sinti), zweimal von Befragten mit Romanes und einmal von Befragten mit Romanes/serbischer Muttersprache.
Die Gitarre wird von Befragten mit serbischer, Romanes/serbischer Muttersprache
und von Befragten mit Romanes als Muttersprache genannt.
Das Schlagzeug wird von Befragten mit
serbischer und Romanes als Muttersprache
genannt.
Das Saxophon wird von Befragten mit
Romanes als Muttersprache genannt.
Das Keyboard wird von Befragten mit serbischer Muttersprache genannt.
Zusammenhang Muttersprache und Art
der aktiv gespielten Musik
Im Zusammenhang Muttersprache und Art
der aktiv gespielten Musik sind eindeutige
Tendenzen ersichtlich.
Tabelle 4: Muttersprache / Welche Art von
Musik wird gespielt? Traditionelle Musik
Auffallend in Tabelle 4 zur Frage, ob tradi-
17
tionelle Musik aktiv gespielt wird, ist wiederum die vergleichsweise hohe Präsenz
von 41,7% der Befragten mit angegebener
serbischer Muttersprache, vor allem im
Vergleich zu nur 16,7% bei den Befragten,
welche Romanes als Muttersprache angegeben haben.
romano centro
Quantitative Erhebung
Tabelle 5: Muttersprache / Welche Art von
Musik wird gespielt? Roma- bzw. Sintimusik
In Tabelle 5 zur Frage, ob Roma- und Sintimusik aktiv gespielt wird, ist eine eindeutige Tendenz für „ja“ unter den Befragten
erkennbar, welche Romanes (mit 50 %)
oder Deutsch (mit 75 %, es handelt sich
hierbei um Angehörige der Sinti) als Muttersprache angegeben haben.
Tabelle 5:
Klassik als aktiv gespielte Musikrichtung
wurde mit 29,4 % nur von jenen Befragten
angegeben, welche Serbisch als Muttersprache erwähnt haben.
Pop/Rock als aktiv gespielte Musik
wird mit 50 % hauptsächlich von jenen
Befragten angegeben, welche Deutsch als
Muttersprache angegeben haben und mit
35,3 % von jenen, die Serbisch als Muttersprache angegeben haben.
Tabelle 6:
Jazz als aktiv gespielte Musikrichtung
wurde mit 23,5 % hauptsächlich von jenen
Befragten angegeben, welche Serbisch als
Muttersprache erwähnt haben.
Swing als aktiv gespielte Musikrichtung
wurde mit 14,3 % nur von jenen Befragten
angegeben, welche Romanes als Muttersprache erwähnt haben.
Latin als aktiv gespielte Musikrichtung
wurde mit 5,9 % nur von jenen Befragten
angegeben, welche Serbisch als Muttersprache erwähnt haben.
Zusammenhang: Muttersprache / Erhält
jemand in Ihrer Familie einen Instrumental- oder Gesangsunterricht?
Hier ist anzumerken, dass aus den folgenden Angaben nicht hervorgeht, ob es
sich um einen privaten, familiären oder
öffentlichen Unterricht handelt.
Tabelle 6: Muttersprache / Erhält jemand
in Ihrer Familie einen Instrumental- oder
Gesangsunterricht?
Befragte mit der Angabe von serbischer
Muttersprache erhalten laut Tabelle 6 mit
einem Anteil von 41,2 % am häufigsten
Musikunterricht, gefolgt von den Befragten
mit 33,3 % mit der Angabe von Deutsch als
Muttersprache. Befragte mit Romanes als
Muttersprache erhalten demnach zu 28,6 %
Musikunterricht.
18
romano centro
ergebinsse
Diskussion der Ergebnisse
Das Erhebungsinstrument Fragebogen hat
sich als sinnvoll erwiesen, um einerseits die
Roma-Familien, deren Kinder Lernhilfe im
Romano Centro beanspruchen, und andererseits Familienmitglieder und Bekannte
der Autorin standardisiert schriftlich zu
befragen. Der Fragebogen gewährt Einsichten in das Musikverhalten der Eltern
sowie in das der Kinder, die auf eigenen
Seiten des Fragebogens gesondert befragt
wurden.
Bei den Familien, die Serbisch als Muttersprache und Romanes als andere Sprache
sprechen, werden in rund der Hälfte aller
Familien MusikerInnen angegeben.
Das Ergebnis der Eltern und der Kinder
im Vergleich ergibt, dass die Eltern musikalisch aktiver sind als die Kinder. (76 %
der Eltern singen gerne zuhause, 68 % der
Kinder singen nicht. 48 % der Eltern geben
an, dass mindestens ein Familienmitglied
ein Instrument spielt, 80 % der Kinder spielen kein Instrument). Hier bedürfte es einer
intensiveren Motivationsarbeit, da es den
Ergebnissen nach erwünscht ist, die Kinder
zur aktiven musikalischen Auseinandersetzung mit ihrer Kultur zu führen.
Im Hinblick auf die genannte Studienfrage,
ob es einen Bedarf an einer Musikschule
für Roma- und Sintimusik gibt, hat der Fragebogen ermöglicht, ein klares Ja auf diese
Frage zu bekommen.
Über die inhaltliche Ausrichtung solch
einer Musikschule kann gesagt werden,
dass sich der Grundtenor für den Unterricht
traditioneller Musik der in Wien lebenden
Roma ausspricht. Knapp mehr als die Hälfte der Befragten wünscht den Unterricht
von Gipsy Swing und knapp weniger als die
Hälfte wünscht sich die Musik spanischer
Gitanos, den Flamenco, in der Musikschule
für Roma- und Sintimusik.
Der Musikgeschmack der Sinti unterscheidet sich deutlich von dem der Roma, die aus
Südosteuropa, hauptsächlich aus Serbien,
stammen. Sinti hören Jazz, Soul oder
Funk, also eindeutig westliche Musikstile,
was mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf
zurückzuführen ist, dass sie seit vielen
Generationen in Mittel- und Westeuropa
(v.a. im deutschen Sprachgebiet) leben. Die
meisten Sinti und Manouches (die eine sehr
ähnliche Romanes-Variante sprechen) leben
heute in Deutschland, Frankreich und den
Niederlanden. Der größte Teil der in Wien
lebenden Roma stammt vom Balkan, was
auch einen völlig anderen musikalischen
Hintergrund mit sich bringt.
Die Ergebnisse zeigen auch eine deutliche
männliche Dominanz bei den aktiv Musizierenden.
Die am häufigsten genannte Begründung
für eine Musikschule für Roma- und Sintimusik ist die Aufwertung und Förderung
der eigenen Volksgruppe.
Die Gründung einer Musikschule für Romaund Sintimusik könnte auch im Sinne einer
Integration und eines Austausches innerhalb
der beiden Volksgruppen mit so unterschiedlichem musikalischem Hintergrund von
Bedeutung sein. Die Realisation einer solchen
Musikschule birgt darüber hinaus eine Chance für junge Mädchen, ihre musikalischen
Begabungen zu fördern. Und schließlich kann
musikalische Bildung auch das Tor zu einer
besseren allgemeinen Bildung sein.
4. Beschreibung bestehender
Modelle
Beschrieben werden folgende acht Musikschulen, die sich im Allgemeinen vom
Konzept her oder im Speziellen in Form
von einzelnen Klassen der Musik von Minderheiten widmen:
École Jazz Manouche de Montréal
2007 gegr.
www.ecolejazzmanouchemontreal.com
19
Glasbena Šola na koroskem / Kärntner
Musikschule
1978 gegr., www.glasbenasola.at
Jehuda Halevi Musikschule Wien
1999 gegr., www.jehudahalevi-zentrum.at
J. S. Bach Musikschule Wien
2000 gegr., www.bach-musikschule.at
Musikschule Dornbirn (1895 gegr.)
Stredná umelecká Škola Košice (Suske)/
Künstlerische Mittelschule, Slowakei
1991 gegr., www.suske.sk
Swing Romane Académie, Paris 2009
gegr., http://swingromaneacademie.com
Talentum Iskola / Talentschule Budapest
1991 gegr., www.talentumiskola.hu
4. 1. Vorgehensweise
Die Kontaktaufnahme mit den Schulen
erfolgte in vier Fällen telefonisch (Jehuda
Halevi Musikschule Wien; Musikschule
Dornbirn; Glasbena Šola / Slowenische
Musikschule Kärnten; Künstlerische Mittelschule Suske, Slowakei), in drei Fällen
telefonisch und per E-mail (Swing Romane
Academie, Paris; Ecole Jazz Manouche
Montreal; Talentum Iskola Budapest) und
in einem Fall persönlich (J. S. Bach Musikschule Wien).
Inhaltlich lassen sich drei Gruppen
einteilen:
1. Klassik bis Weltmusik mit spezifischen
Stilen: Glasbena Šola (slowenisch), Jehuda
Halevi Musikschule (jüdisch), J. S. Bach
Musikschule, Musikschule Dornbirn (SazKlasse, türkisch).
2. Vorwiegend Musik und Tanz aus der
Romakultur: Talentum Iskola (aber
auch Klassik), Stredná umelecká Škola
Košice (auch andere Kunstrichtungen
wie Schauspiel, Grafisches Design, Holzschnitzerei,...).
romano centro
Ideen zur Umsetzung
3. Sinti Swing oder Gipsy Swing (die Musik
Django Reinhardts):
Ecole Jazz Manouche Montreal, Swing
Romane Academie, Paris.
Rechtlich gibt es drei unterschiedliche
Modelle:
1. Private konfessionelle Musikschule
mit Öffentlichkeitsrecht:
J. S. Bach Musikschule
Jehuda Halevi Musikschule
2. Öffentliche Schule:
Musikschule Dornbirn
Stredná umelecká Škola Košice
3. Private Musikschule im Rahmen
eines Vereins:
Ecole Jazz Manouche Montreal
Glasbena Šola
Swing Romane Academie Paris
Talentum Iskola
4. 2. Vergleich
4. 2. 1. Größe der Schulen
Die J. S. Bach Musikschule ist mit 1600
SchülerInnen die bei weitem größte der
beschriebenen Schulen, gefolgt von der
Glasbena Šola mit 643 SchülerInnen. Es
folgen die Talentum Iskola mit 400 und die
slowakische Stredná umelecká Škola Suske
mit 324 SchülerInnen. Die Jehuda Halevi
Musikschule ist die letzte der untersuchten
Schulen, die mit 200 SchülerInnen eine
dreistellige SchülerInnenzahl aufweist.
Die beiden jüngsten, die Sinti-Swing-Schulen in Paris und Montreal, zählen derzeit 65
bzw. 60 SchülerInnen, bei der Saz-Klasse
der Musikschule Dornbirn fehlt eine Angabe über die SchülerInnenzahl.
4. 2. 2. Pädagogische Konzepte
Grundsätzlich lassen sich zwei pädagogische Richtungen erkennen:
o der traditionelle Einzelunterricht in Kombination mit Ensembleunterricht
o „innovative“ Unterrichtsformen
Unter innovativen Unterrichtsformen
sind hier Unterrichtseinheiten in Gruppen
gemeint. Der Ansatz dieses Modells liegt
in der Art der Vermittlung von Musik. Hier
wird vorwiegend imitatorisch gearbeitet,
das bedeutet die SchülerInnen lernen vorwiegend über das Gehör vom Lehrenden.
Noten dienen lediglich als Stütze, um den
harmonischen Überblick im Musikstück
nicht zu verlieren.
Zu finden sind diese innovativen Unterrichtsformen in der Swing Romane Academie und in der Ecole Jazz Manouche, also
in den beiden Sinti-Swing-Schulen.
Diese Art der Vermittlung liegt in der Tradition der Roma- und Sintimusik selbst. Der
einzige Unterschied ist, dass die Vermittlung der Musik nicht mehr ausschließlich
im Familien- oder Freundeskreis passiert,
sondern in einer Schule.
Die Ecole Jazz Manouche Montreal sieht
sich beispielsweise hauptsächlich als Kreuzung, auf der sich viele Menschen treffen
und unter der Leitung von professionellen
MusikerInnen miteinander musizieren können. Das Hauptanliegen dieser Schule, wie
auch der Swing Romane Academie, ist es,
die Musik Django Reinhardts so vielen
Menschen wie möglich näher zu bringen.
In allen anderen Schulen wird nach herkömmlichem, traditionellem System der
Einzelunterricht in Kombination mit
Ensembleunterricht und theoretischen
Nebenfächern angeboten.
4. 3. Bereitschaft zu Kooperationen
Die größte Bereitschaft zu weiteren
Gesprächen bezüglich einer Musikschule
für Roma- und Sintimusik ist bei Dr. Hanns
Stekel, dem Leiter der J. S. Bach Musikschule zu verzeichnen.
20
Er will eine Abteilung in seiner Schule
etablieren, die sich anderen Musikkulturen
widmet, und hat dieses Projekt mit einer
Bouzouki-Klasse im vorigen Herbst gestartet. Insofern wäre die Eröffnung von Klassen für Roma- und Sintimusik durchaus
eine Bereicherung für die Schule.
Der Unterricht von Roma- und Sintimusik wiederum könnte von der bestehenden
Infrastruktur, der Öffentlichkeitspräsenz
und dem Erfolg der J. S. Bach Musikschule
profitieren.
5. Ideen zur Umsetzung
Die Eingliederung von Instrumentalklassen
für die Vermittlung von Roma- und Sintimusik in schon bestehende Musikschulen in
Wien erscheint derzeit als die realistischste
Form der Umsetzung.
Im Gespräch mit Johann Bucher, dem Leiter
der Musikschule Floridsdorf (Stadt Wien)
war eine große Offenheit gegenüber dem
Musikstil der Roma und Sinti zu spüren.
„Diese Musik wäre für meine Musikschule
schlicht eine Bereicherung! Sie kommt sehr
gut an!“ Er erzählte begeistert von einem
serbischen Saxofonschüler, der nebenbei
auch bei seinem Vater, einem Akkordeonisten, die eigene Musik spielen lernt. „Ich
habe ihn eingeladen, seine Musik einmal in
der Musikschule vorzuspielen. Gekommen
sind dann gleich der Cousin am Keyboard
und noch ein Schlagzeuger, und die haben
aufgespielt, Unisono-Läufe in einem Irrsinnstempo! Die Leute im Publikum haben
getobt!“
Johann Bucher stellte grundsätzlich die
Frage in den Raum, ob es im Sinne der
Integration wünschenswert ist, eine eigene
Schule zu machen. Seiner Meinung nach
wäre diese Musik in bestehenden Musikschulen besser integriert. Nicht zuletzt aus
Gründen der Publikumsversorgung wäre es
von Vorteil, mehrere Standorte zu haben.
romano centro
Zusammenfassung
Er kann sich auch vorstellen, Nebenfächer
geblockt im Angebot als Wochenendkurs
ein- bis zweimal monatlich anzubieten,
zu denen auch SchülerInnen aus anderen
Bezirken kommen könnten.
Er ist bereit, gegebenenfalls weitere
Gespräche mit den Verantwortlichen zu
führen und ist zuversichtlich, dass auch
in anderen Musikschulen der Stadt Wien
Bereitschaft hierzu herrscht.
Die J. S. Bach Musikschule unter der
Leitung von Dr. Hanns Stekel ist ein sehr
realistischer Partner für die Eröffnung von
Instrumentalklassen der Roma- und Sintimusik.
Der nächste wichtige Schritt wäre, laut Dr.
Stekel, ein Konzept zu verfassen, mit dem
er und der Verein Romano Centro gemeinsam um Förderungen ansuchen könnten.
Dr. Stekel kann sich unter den notwenigen finanziellen Voraussetzungen durchaus
einen Start im Herbst 2011 vorstellen.
Gut vorstellbar und sinnvoll wäre es, nicht
nur mit einer Instrumentalklasse zu starten, sondern gleich zwei oder drei Instrumente anzubieten. Es ist für die neuen
LehrerInnen angenehmer, gemeinsam zu
einem bestehenden LehrerInnenteam zu
stoßen. Weiters wäre damit von Anfang an
eine gemeinsame musikalische Arbeit der
Roma/Sinti-Instrumentalklassen gewährleistet, ohne die die Roma- und Sintimusik
nicht denkbar ist.
6. Zusammenfassung
6. 1. ExpertInneninterviews
Die Auswertung der 10 Interviews hat ergeben, dass die Idee einer Musikschule für
Roma- und Sintimusik von den ExpertInnen
durchaus positiv aufgenommen wurde.
Über das Angebot solch einer Musikschule
gab es unterschiedliche Ideen. Genannt
wurden die Romamusik der ganzen Welt,
die Musik der in Wien lebenden Roma und
Sinti, die Musik der Sinti (Gipsy Swing
nach Django Reinhardt) und auch die klassische Musik.
Die Unterrichtsmethodik spielte eine wichtige Rolle in den Gesprächen. Die Vermittlung über die Notenschrift erschien hier
eher zweitrangig, obwohl auch wichtig. Im
Vordergrund der Diskussion über die Aneignung der Musik stand das Nachahmen des
Lehrers / der Lehrerin über das Gehör.
Der Gruppenunterricht (Ensembleunterricht) scheint hier die Unterrichtsform zu
sein, die der Vermittlung dieser Musik sehr
entgegen kommt.
6. 2. Fragebogenerhebung
Ziel der Erhebung war das Erfassen des
Bedarfs der in Wien lebenden Roma und
Sinti an einer Musikschule für Roma- und
Sintimusik. Die Frage, ob es eine solche
Schule in Wien geben soll, ist mit einem
eindeutigen „Ja“ zu beantworten, sprachen
sich doch über 90 % der Befragten für deren
Gründung aus.
Das musikalische Verhalten in der Familie
war ebenso von Interesse in der Fragebogenerhebung. Die Kinder wurden hierzu gesondert befragt. Die Auswertungen
haben ergeben, dass 76,2 % der Befragten
persönlich gerne zu Hause singen. 40,5 %
der Befragten singen oder musizieren sogar
gemeinsam in der Familie. Bei 47,6 % der
Befragten spielt mindestens ein Familienmitglied ein Instrument. Die häufig anzutreffende Annahme, die Musik spiele für
Roma und Sinti eine wichtige Rolle, wurde
damit tendenziell bestätigt.
Auffallend ist die ungleiche Geschlechterverteilung bei den insgesamt 30 genannten
musizierenden Familienmitgliedern: nur
23,4 % der genannten Personen sind weiblich, 76,6 % dagegen männlich.
Bei der Auswertung der von den Kin-
21
dern gesondert beantworteten Fragen ist
hervorzuheben, dass die Kinder ungleich
weniger aktiv musizieren als dies bei den
Erwachsenen der Fall ist. Nur neun von 55
Kindern spielen ein Musikinstrument und
rund 70 % gaben an, nicht zu singen.
Das am häufigsten von den Befragten selbst
formulierte Argument für eine Gründung
einer Musikschule für Roma- und Sintimusik ist die Aufwertung und Förderung der
eigenen Volksgruppe.
Die große Mehrheit (89,2 %) ist dafür, dass
die Schule auch für Nicht-Roma offen sein
sollte.
90,2 % der Befragten geben an, dass sie ihr
Kind in einer Musikschule für Roma- und
Sintimusik anmelden würden.
84,6 % der Befragten wünschen den Unterricht traditioneller Musik der in Wien lebenden Roma.
Diese Zahlen belegen deutlich die starke
Affinität der Roma und Sinti zu ihrer Musik
und der Idee, hierfür den Unterricht an einer
Schule in Anspruch zu nehmen.
6. 3. Beschreibung bestehender
Modelle
Dieses Kapitel widmete sich acht unterschiedlichen bestehenden Schulmodellen,
in denen Roma- und/oder Sintimusik beziehungsweise Musik von anderen Minderheiten unterrichtet wird.
Sie wurden mittels Telefonaten, Internetrecherchen, Email-Verkehr und persönlichen
Interviews erhoben und nach rechtlichen,
inhaltlichen und pädagogischen Aspekten
beschrieben und verglichen.
Erwähnenswert sind hier die „innovativen“
Unterrichtsformen in den Schulen für den
Sinti Swing. Hier wird vorwiegend im
Gruppenunterricht und fast ausschließlich
nach Gehör gearbeitet.
romano centro
Rezime Romanes
Bereits in dieser Phase der Erhebung wurde
deutlich, dass die J. S. Bach Musikschule
unter Dr. Hanns Stekel ein Kooperationspartner für eine Musikschule für Roma- und
Sintimusik sein könnte.
6. 4. Ideen zur Umsetzung
Dr. Stekel will eine Abteilung in seiner
Schule etablieren, die sich anderen Musikkulturen widmet. Insofern wäre die Eröffnung von Klassen für Roma- und Sintimusik
durchaus eine Bereicherung für die Schule,
gleichzeitig hätte die Arbeit im Unterricht
dieser Musik den Vorteil einer schon lange
bestehenden Öffentlichkeitspräsenz einer
sehr erfolgreichen Musikschule.
Ein ebenso interessanter Aspekt wurde von
Hans Bucher, Leiter einer Musikschule
der Stadt Wien, eingebracht. Seiner Meinung nach wäre diese Musik in bestehenden Musikschulen besser integriert. Nicht
zuletzt aus Gründen der Publikumsversorgung wäre es von Vorteil, mehrere Standorte zu haben. •
Rezime Romanes
Jek muzikaki škola palaj Řomengi thaj
Sintonengi muzika ando Beči?
Jek studija katar e Ivanka Muncan
Intervjuur le ekspertongê
E analiza kata 10 intervjuur andja o rezultato, kaj e ideja te formiril pe jek muzikaki
škola pala Řomengi thaj Sintonengi muzika
dikhên le ekspertur sar jek desja pozitivno
ideja. Diferentni sas le ekspertongê opinje
pa kodja, so trobul te anzarel jek kasavi
muzikaki škola. Spomenime sas e řomaji
muzika kataj sasti ljuma, e muzika kata
l‘ Řom thaj kata l‘ Sinti, save trajin ando
Beči, e muzika kata l‘ Sinti (Gipsy Swing,
pala modo kata Django Reinhardt) thaj v‘ e
muzika la klasikaki.
La pedagogijaki metoda khêldja jek bari
rola ande l‘ diskusije. O źanglimos kata
muzikake note či dikhlja pe, kaj sî lo po
angluno than, numa pale sî importantno. Po
angluno than la diskusjako sas la muzikako
sîćimos pe sama te kopiril pe o sîćaritori/e
sîćaritorka ašunimastar. O sîćarimos ande
grupe (Ensembleunterricht) dićol kaj sî e maj
laśi metoda pala kado muzikako sîćarimos.
Investigacija puśimaskê formularonca
O ciljo la investigacijako sas, te sîćol
pe, sode Řom/Sinti kaj bêšen ando Beči
roden thaj kamen jek muzikaki škola pala
Řomengi/Sintonengi muzika. O atveto pe
kado puśimos sî apsolutno pozitivno: 90%
kata l’ źene kaj sas puśle, kamen te formiril
pe kasavi škola.
La muzikaki pozicija thaj tradicija ande
familija andja interesantni rezultatur. Le
śavořêndar puśelas pe kodja ekstra. 76,2
% kata l‘ puśle źene djilaban vojasa khêre,
40,5 % kata puśle źene djilaban vaj kêren
muzika kethane ande familja. 47,6 % kata
puśle źene mothode, kaj barem eg źeno ande
familja źanel te djilabal (bašavel) barem pe
jek muzikako instrumento. O kližejo bute
manušêngo, kaj e muzika khêlel pala l` Řom/
Sinti jek importantno rola afirmisajlo tendencielno. Interesantno sî le dženderoski distribucija maškar l‘ murš thaj maškar l‘ źuvla.
Kata 30 membrur, kaj kêren muzika ande
familja thaj save sas puśle pa kodja sama ši
23,4 % źuvlja thaj 76,6 % sî mîrš. E analiza
pe śavořêngi sama andja le rezultatur: Maj
xancî śavořê kêren aktivno muzika nego
le purane źene. Numa inja kata 55 śavořê
djilaban pe jek muzikako instrumento thaj
karing 70 % le śavořêndar mothode, kê či na
djilaban anda muj.
O angluno argumento, so arakhle le puśle
źene korkořo pestar, sostar trobul te formiril pe kak muzikaki škola pala Řomengi/
Sintonengi muzika sas kodo, kê kodolasa
kam vazdel pe thaj anel pe e řomaji etnijaki
grupa angle.
O majoriteto, 89,2 % kata le puśle źene sî
pala kodja, te avel e škola pîterdi vi pala l‘
gaźe. 90,2 % kata l‘ puśle źene mothode, kê
vi von tradenas peskê śavořên ande muzi-
22
kakê škola pala l‘ Řom thaj pala l‘ Sinti, te
bi avelas kasavi škola. 84,6 % kata le puśle
źene kamen, te sîcardol ande kasavi škola e
tradicionalno muzika kata l‘ Řom kaj trajin
ando Beči. Kadala brojur sîkaven klaro o
afiniteto le Řomengo thaj Sintonengo pala
peski muzika thaj zurjaren e ideja pala
sîćarimos ande `k škola.
Deskripcija le modelongi kaj već egzistirin
Kadi sekcija sîkavel oxto diferentni školakê
modelur, save već egzistirin thaj ande
savende sîćardol Řomengi/Sintonengi
muzika vaj e muzika kata aver minoritetur.
E investigacija kêrdili telefonosa, rodimasa
po interneto, pa e-majlo thaj intervjuonca.
Po puśimos, pe komparacija thaj ocîrtime
sas juristikakê, pedagogijakê thaj supstancielni aspektur.
Spomenime trobul te aven le „inovativni“
padagogijakê forme ande l’ škole pala Sinti
Swing. Katka egzistiril pe maj baro kotor
numa sîćarimos ande l‘ grupe thaj kodo
skoro ekskluzivno pala kanengo ašunimos.
Već pe angluji faza la investigacijaki sîkadilo, kê la J.S. Bach muzikaki škola kata
Dr. Hanns Stekel šaj avel jek kooperacijako
partneri palaj muzikaki škola, kaj sî pe
sama kata Řomengi/Sintonengi muzika.
Ideje palaj realizacija
O Dr. Stekel kamel te formiril ande peski
škola jek sekcija, savi bavil pe avere muzikakê kulturenca. Pe kodja sama avelas e
formacija kata klase pala Řomengi thaj Sintonengi muzika jek baro plus vi pala leski
škola, pe aver rig anelas bi e sîcarimaski
bući ande kaća muzika jek plus, kaj kaća
muzikaki škola sî već de demîlt prezentno
ando publika thaj sî desja efektivno.
Jek interesantno aspekto andja vi o Hans
Bucher, šêrutno kata jek muzikaki škola
ando foro Beči. Pala lesko gîndo, kam avelas kaća muzika ande škole, kaj već egzistirin maj feder integririme. Anda publikakê
aspektur kam avelas maj feder, te avenas
škole pe maj but thana. •
romano centro
English SUMMARY
English summary
A music school for Roma and Sinti music
in Vienna?
A survey by Ivanka Muncan
Expert interviews
An analysis of the ten interviews has shown
that the idea of a music school for Roma
and Sinti music has met with overall approval from the experts. As for the spectrum of
such a music school, various suggestions
were made, including Roma music from all
over the world, the music of Vienna-based
Roma and Sinti, Sinti music (gypsy swing
like that played by Django Reinhardt), and
also classical music.
The teaching methodology played a vital
role in the conversations. Teaching music
through notation, though important, seemed
rather secondary in this context, while the
imitation of the teacher through listening
was in the foreground of the discussion
about how to acquire musical skills.
Group teaching (ensemble teaching) seems
to be the manner of instruction most suitable for teaching this kind of music.
The questionnaire-based survey
This survey aimed at investigating the need
for a music school for Roma and Sinti
music among Roma and Sinti living in
Vienna. A clear majority – over 90 per cent
of those interviewed – spoke out in favour
of founding such an institution.
Also of interest in the survey was the musical
behaviour within the family (with children
being interviewed separately). 76.2 per cent of
those asked personally like singing at home,
and 40.5 per cent even sing or make music
together with their families. In the homes of
47.6 per cent of the interviewees at least one
family member plays an instrument. This
seems to confirm the frequently encountered
assumption that music plays an important role
in the lives of Roma and Sinti.
What is striking is the gender imbalance
among the 30 music-making family mem-
bers mentioned: only 23.4 per cent are
female as opposed to 76.6 per cent male.
When it comes to analysing the questions
answered separately by the children it becomes apparent that the number of children
actively making music is much smaller than
that of adults. Only nine out of 55 children
play a musical instrument, with some 70 per
cent stating that they do not sing at all.
Asked why they would like to see the establishment of a music school for Roma and
Sinti music, those interviewed themselves
pointed to the status gain and promotion of
their own ethnic group.
An overwhelming majority (89.2 per cent)
are also in favour of opening the school to
non-Roma, and 90.2 per cent said that they
would enrol their children in a music school
for Roma and Sinti music; 84.6 per cent
welcome the teaching of traditional music
of Vienna-based Roma.
These figures clearly underline how strongly Roma and Sinti are attached to their
music as well as to the idea of attending a
music school.
Description of existing models
This chapter focused on eight different
existing school models where Roma and/
or Sinti music or music of other minorities
is taught. Enquiries were made through
the telephone and internet, through e-mail
correspondence and personal interviews;
the results were described and compared according to legal, content-related and
pedagogical aspects.
Special mention must be made of the “innovative” teaching methods in schools for
Sinti swing: group teaching predominates,
and playing by ear is almost exclusively
practised. Already at this stage in the survey it became apparent that the J.S. Bach
Musikschule with its director Dr Hanns Stekel could be a likely cooperating partner in
the foundation of a music school for Roma
and Sinti music.
23
Ideas for implementation
Dr Stekel wants to establish a department
devoted to other music cultures in his
school. In this way the introduction of
classes for Roma and Sinti music would not
only enrich the school’s spectrum, but also
profit from the long-standing public presence of a very successful music school.
An equally interesting aspect was brought
in by Hans Bucher, director of a municipal
music school in Vienna. In his opinion,
such kind of music would be better integrated into existing music schools. Not least
in order to cater to a wide audience the
existence of several locations would be an
advantage.
•
romano centro
Quellen
7. Quellen
Internet-Websites
Ausgewählte Links
Schriftliche Quellen
ExpertInnen:
Andreas Diekmann: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt,
2000
Adrian Gaspar: www.adriangaspar.at
Gipsy Music Association:
www.gipsymusic.at
Uwe Flick: Qualitative Sozialforschung.
Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg:
Rowohlt, 2000
Moša Šišić: www.mosa-sisic.at
Ulrike Froschauer, Manfred Lueger: Das
qualitative Interview. Zur Praxis interpretativer Analyse sozialer Systeme. Wien:
WUV-UTB Verlag, 2003
Roland Girtler: Methoden der Feldforschung. Wien: Böhlau, 2001 (4. Auflage)
Diknu Schneeberger:
www.joschischneeberger.at
Harri Stojka: www.harristojka.at
Gypsy Jazz Guitar Resource:
http://emicad.altervista.org/
Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, Universität für Musik und
darstellende Kunst Wien: www.mdw.ac.at
Schulen:
Phonogrammarchiv, Österreichische Akademie der Wissenschaften:
www.phonogrammarchiv.at
École Jazz Manouche de Montréal
www.ecolejazzmanouchemontreal.com/
Rombase: http://ling.kfunigraz.ac.at/
~rombase /ped/index.de.html
Glasbena Šola na koroskem / Kärtner
Musikschule www.glasbenasola.at/
Romano Centro: www.romano-centro.org
Jehuda Halevi Musikschule Wien
www.jehudahalevi-zentrum.at
J. S. Bach Musikschule Wien
www.bach-musikschule.at
Stredná umelecká Škola Košice (Suske)
/ Künstlerische Mittelschule, Slowakei
www.suske.sk
Swing Romane Académie, Paris
swingromaneacademie.com
Talentum Iskola / Talentschule Budapest
www.talentumiskola.hu
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romano centro
Anhang 1
Anhang 1
LEITFADEN / ExpertInneninterviews
1. Erzählen Sie mir über Ihren Zugang zur Musik!
( Wie?, Wo?, Welches Instrument?)
2. Was war ausschlaggebend, dass Sie die Musik zu Ihrem Beruf machten?
3. Hatten Sie Erfahrung mit Musikunterricht als Schüler? Welchen Stils? Wo? Wie lange?
4. Wie war diese Erfahrung für Sie? Was war gut daran, was weniger?
5. Haben Sie Erfahrung mit Musikunterricht als Lehrer? Welchen Stils? Wo? Wie lange bzw. seit wann?
6. Wie war/ist diese Erfahrung für Sie? Was war gut daran, was weniger?
7. Was assoziieren Sie mit dem Begriff Roma-Musik? /„Roma-Musikschule“?
8. Sollte Ihrer Meinung nach eine „Roma-Musikschule“ gegründet werden?
9. Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Sollte es etwas anderes stattdessen geben?
10. Welche Musik sollte dort unterrichtet werden? Warum?
11. Wenn Sie der Meinung sind, klassische Musik sollte dort nicht unterrichtet werden, warum nicht?
12. Wie sollte der Unterricht an solch einer Schule aussehen?
13. Kann Roma-Musik an einer Schule unterrichtet werden?
14. Kennen Sie Musiker bzw. Musikerinnen, die dort als Lehrer bzw. Lehrerin unentbehrlich wären?
15. Begründen Sie Ihre Angaben!
16. Fällt Ihnen ganz spontan ein Ort in Wien ein, der für eine Roma-Musikschule ideal geeignet wäre? (ein bestimmtes Gebäude,
Wohnviertel, Bezirk...)
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romano centro
Anhang 1
17. Schliessen Sie für ein paar Sekunden die Augen und machen Sie sich ein Bild von Ihrer Vorstellung einer Roma-Musikschule.
Was sehen Sie?
18. Sind Sie der Meinung, dass Roma-Kinder ausreichend musikalisch gefördert werden?
Wie? Wo?
19. Für wen könnte die „Roma-Musikschule“ eine Bereicherung sein? Warum?
20. Kennen Sie Familien, die Interesse an so einer Musikschule haben könnten?
21. Kennen Sie bestehende Modelle,in denen Roma- Musik vermittelt wird?
-------------------------------------------------------------------------------NAME
ALTER
GESCHLECHT
GEBURTSLAND, GEBURTSSTADT:
STAATSANGEHÖRIGKEIT:
SPRACHEN
Muttersprache(n):
andere Sprachen:
HAUPTBERUF:
NEBENBERUF:
-------------------------------------------------------------------------------Interview -Protokoll
Datum, Uhrzeit :
Ort:
Dauer:
Bemerkungen des Interviewers zur eingeschätzten Qualität des Gesprächs unmittelbar danach:
Sonstige Bemerkungen, Beobachtungen:
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romano centro
Anhang 2
Anhang 2
Fragebogen
Sehr geehrte Eltern !
Der Verein Romano Centro führt derzeit eine Studie durch, um den Bedarf für eine Musikschule für Roma- und Sintimusik in Wien
zu erheben. Dieser Fragebogen soll hierbei helfen. Wir bitten Sie, den Fragebogen zu beantworten und mit dem beiliegenden Kuvert
bis zum 20. Jänner 2010 an uns zurück zu schicken!
Adresse: Romano Centro; Hofmannsthalgasse 2, Lokal 2; 1030 Wien, Österreich
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an das Romano Centro, 01-749 63 36.
Poštovani roditelji !
Udruženje Romano Centro trenutno želi da objavi anketu sa ciljem da otvori Muzičku školu za Roma i Sinti Muziku.. Ovaj upitni List
služi proveri dali je takva škola poželjna. Bilo bi nam drago, da nam pošaljete ispunjen upitni list do 20. januara 2010. (Frankiran i
adresiran kuverat je spremljen za vas)
adresa: Romano Centro; Hofmannsthalgasse 2, Lokal 2; 1030 Wien, Österreich
Ako vam treba informacija u vezi upitnog lista, obratite se: Romanu Centru, 01-749 63 36
Fragen zur musikalischen Situation in der Familie / Pitanja u vezi muzičke situacije u porodici
1. Singen Sie persönlich gerne zuhause?
Da li volite da pevate kod kuće? o ja/da
2. Musizieren/ Singen Sie gemeinsam in der Familie?
Da li svirate/ pevate zajedno u porodici?
o ja/da
o nein/ne
o nein/ne
3. Spielt jemand in Ihrer Familie ein Musikinstrument?
Da li neko u vašoj porodici svira neki instrumenat? o ja/da
o nein/ne
a. Wenn ja, wer?
Ako da, ko?
o Ich selbst / lično ja
o Bruder/Brat
o Vater/Otac
o Schwester/Sestra
o Mutter/Majka o Opa/Deda
o Tochter/Kćer
o Oma/Baba
o Sohn /Sin
o Tante/Tetka
o Onkel /Stric
sonstige / ostalo …………………..
b. Welche(s) Instrument(e) wird/werden gespielt?
Koji instrumenat? ...............................................................................................
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romano centro
Anhang 2
c. Welche Art von Musik wird gespielt?
Koju vrstu muzike svirate?
o Traditionelle Musik aus der Heimat/Tradicionalna muzika vaše domovine
o Roma/Sintimusik – Roma/Sinti muzika
o Klassik ( Mozart, ...) /Klasika (Mocart...)
o Pop, Rock / Pop, Rok
o Sonstiges / Ostalo........................................................................................
4. Erhält jemand in Ihrer Familie einen Instrumental- oder Gesangsunterricht?
Da li neko u vašoj porodici pohadja muzičku nastavu?
o ja/da o nein/ne
a.
Wenn ja, wer? / Ako da, ko? O
Ich selbst / lično ja
O
mein Vater /Otac
O
meine Mutter /Majka
O
meine Tochter /Kćer
O
mein Sohn /Sin
O
Bruder/Brat
O
Schwester/Sestra
Andere/Ostali ……………………………
c. In welchem Rahmen? / Koja vrsta nastave?
d. Wie zufrieden sind Sie? / Kako ste zadovoljni?
O In der Familie
O sehr zufrieden
O zufrieden
O nicht zufrieden
O Privatunterricht/Privatna nastava
O sehr zufrieden
O zufrieden
O nicht zufrieden
O Musikschule der Stadt Wien/Muzička škola grada Beča
O sehr zufrieden
O zufrieden
O nicht zufrieden
O Private Musikschule/Privatna muzička škola
O sehr zufrieden
O zufrieden
O nicht zufrieden
Sonstiges/ Ostalo ...............................................................
O sehr zufrieden
O zufrieden
O nicht zufrieden
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b. Seit wann?
romano centro
Anhang 2
5. Welche Musik hören Sie gemeinsam in der Familie am liebsten? (Mehrfachnennungen möglich)
Koju muziku volite najviše da slušate u porodici?(Više odgovora moguće)
o Traditionelle Musik (aus der Heimat)/Tradicionalna muzika (vaše domovine)
o Roma/Sintimusik
o Klassik ( Mozart, ...) /Klasika (Mocart...)
o Pop, Rock / Pop, Rok
o Sonstiges / Ostalo........................................................................................
Fragen zur Gründung einer Musikschule für Roma und Sintimusik
Pitanja u vezi otvaranja Muzičke Škole za muziku Rome i Sinte
6. Würden Sie eine Musikschule, in der Roma- und Sintimusik unterrichtet wird, gut finden?
Da li bi vam se svidela ideja o školi za romsku muziku?
o ja/da
o nein/ne
a. Warum?/Zašto?................................................................................................................
7. Könnten Sie sich vorstellen, Ihr Kind in so einer Musikschule anzumelden?
Da li biste upisali svoje dete u takvu školu?
o ja/da
o nein/ne
a. Wenn ja, warum? Ako da, zasto?
o als sinnvolle Freizeitbeschäftigung
o als Basis für eine Berufsausbildung
o Sonstiges/ Ostalo..........................................................................................
8. Welche Musikstile sollen dort unterrichtet werden? (Mehrfachnennungen möglich)
Koja vrsta muzike bi trebalo da se uči? (Više odgovora moguće)
o Traditionelle Musik der in Wien lebenden Roma
(Romamusik vom Balkan, Lieder der Lovara, „Ungarische Zigeunermusik“,...) /
Tradicionalna romska muzika (Romska Muzika od Balkana, Pesme od Lovara,
Madjarska Romska Muzika,..)
o Gipsy Swing (Django Reinhardt,...) / Gipsi Sving (Django Rajnhart …)
o Musik spanischer Gitanos (Flamenco,..) / Muzika spanskih Roma (flamenko …)
o Klassik (Mozart,...) / Klasika (Mocart …)
o Sonstige / Ostalo ...................................................................................................................
9. Wie viel Zeit in der Woche würden Sie für den Besuch der Musikschule aufwenden?
Koliko vremena nedeljno biste bili spremni da posvetite muzičkoj školi?
o weniger als 2 Stunden
o mehr als 2 Stunden
10. Soll die Schule auch für Nichtroma offen sein?
Da li želite, da škola bude otvorena i za Ne-Rome
o ja/da
o nein/ne
11. Wie viel Geld wären Sie bereit monatlich für den Musikunterricht zu bezahlen?
Koliko novca mesečno biste bili spremni da platite za školarinu?
o weniger als 50,o mehr als 50,-
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romano centro
Anhang 2
Zu Ihrer Person (Die Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt)
O vama (Podaci su naravno tajni)
12. Familienname / Prezime ......................................................................................................................
13. Vorname / Ime ......................................................................................................................................
14. Geschlecht / Pol
o weibl.
o männl.
15. Geburtsjahr / Godina rodjenja ...........................................................................................................
16. Geburtsland, -stadt / Zemlja, mesto rodjena .................................................................................
17. Staatsangehörigkeit / Državljanstvo ................................................................................................
18. Seit wann leben Sie in Österreich? / Otkada živite u Austriji? ...................................................
19. Muttersprache(n) / Maternji jezik/jezici ..........................................................................................
20. andere Sprache(n) / ostali jezici ......................................................................................................
21. Wie viele Personen leben in Ihrem Haushalt?
a. Erwachsene/Odrasli
........
b. Kinder/Deca
..........
Umseitig folgen noch ein paar Fragen an Ihre Kinder! / Na sledećoj stranici su pitanja za vašu decu!
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen! / Hvala vam na odgovaranju pitanja!
Bitte senden Sie den ausgefüllten Fragebogen bis zum 20. Jänner 2010 zurück. Ein adressiertes und frankiertes Kuvert liegt bei. /
Molimo vas da pošaljete ispunjen upitni list do 20. januara 2010. Adresiran i frankiran kuverat je spremljen za vas.
Vielen Dank! / Hvala vam lepo!
Fragen an die Kinder / Pitanja za decu (Der Fragebogen bot im Original Antwortmöglichkeiten für bis zu sechs Kinder)
Name / Ime: ...............................................................
1. Alter: ……… Jahre
2. Welche(s) Instrument(e) spielst du?
Koji instrumenat sviraš / Dali pevaš?
Mein(e) Instrument(e): …………………………………………………………..
3. Singst Du?
o ja/da
o nein/ne
4. Welche Musik hörst Du am liebsten? (Mehrfachnennungen möglich)
Koju muziku vole vaša deca najviše da slušaju? (Više odgovora moguće)
o Traditionelle Musik (aus der Heimat)/ Tradicionalna muzika (Vaše domovine)
o Roma/Sintimusik
o Klassik ( Mozart, ...) /Klasika (Mocart...)
o Pop, Rock / Pop, Rok
o Sonstiges / Ostalo........................................................................................................
5. Mein(e) Lieblingsmusiker ………………………………………………………..
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romano centro
Nachwort
Persönliches Nachwort
Die Autorinnen
Ich lebe seit meiner frühesten Kindheit in Wien. Meine Eltern
Ružica und Radoslav verließen ihre Heimat Vojvodina in Serbien
sehr jung in der Hoffnung, als Gastarbeiter in Österreich Geld zu
verdienen und Fuß zu fassen. Ihr großes Ziel war es, später ihren
beiden Kindern eine sehr gute Ausbildung zu ermöglichen und sie
stets zu fördern.
Ich hatte schon in der Volksschule sowie auch in meiner weiteren
Schulzeit das Glück, Lehrer zu haben, die meine Begabungen
rechtzeitig erkannten. Lehrer können eine enorm wichtige Rolle im
Leben jedes Schülers spielen. Sie entscheiden in großem Ausmaß
über die Zukunft so vieler Menschen. Nun kann ich in meiner
Arbeit als Gitarrelehrerin Kindern selber mit dieser Verantwortung und Freude an der Arbeit begegnen und empfinde das als
Geschenk.
In dieser Studie sehe ich eine Möglichkeit mich für mein Glück
zu revanchieren, der Gesellschaft etwas von dem zurück zu geben,
was ich bekommen habe.
Die Romamusik, mit der ich aufgewachsen bin und die ich so sehr
liebe, dadurch aufzuwerten, indem sie entweder als Bestandteil
des Unterrichts an Musikschulen in Wien oder in einer eigens
dafür vorgesehenen Musikschule angeboten würde, wäre ein wunderbarer Schritt der Integration für die gesamte Gesellschaft und
ein unschätzbar wichtiges Zeichen für die Roma und Sinti in ganz
Europa.
Ivanka Muncan
Photo: Nancy Horowitz
Mag. Ivanka Muncan, 1976 in Bela Crkva, Serbien geboren, studierte Instrumentalpädagogik (Gitarre und E-Gitarre) an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Während ihres
Studiums verbrachte sie zwei Semester in Paris. Ihre Diplomarbeit
schrieb sie zum Thema „Das französische Musikschulwesen“.
Ivanka Muncan unterrichtet seit 2003 Gitarre an der Musikschule
Wien Margareten.
a
Mag.a Julia Leichtfried, geb. 1967 in Waidhofen/Ybbs, lebt in
Wien: Soziologin, Seminarleiterin und Referentin, Unterrichtstätigkeit an der BBA für Sonderkindergartenpädagogik in St. Pölten,
Spielpädagogin, Mitglied des SOG-Theaters in Wiener Neustadt,
Gründungsmitglied der SIVUS-Plattform in Österreich; Selbständigkeitstrainerin im Arbeitskreis Noah.
Österreichische Post.AG/Sponsoring.Post Vertragsnummer GZ 02Z032851 S, 1030 Wien
Am 10 Juni 2010 fand im
Festsaal des Amtshauses
Wieden die Präsentation
der Studie statt. Viele der
für die Studie befragten
ExpertInnen
beteiligten
sich mit ihrer Musik an der
Gestaltung des Abends.
SchülerInnen von Moša Šišić (kleine Bilder oben)
Gruppenfoto: Janoska, Šišić, Nikolić-Lakatos,
Diknu Schneeberger, Martin Spitzer, Ivanka Muncan