Brieftauben und Hitze! - Weitstrecke
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Brieftauben und Hitze! - Weitstrecke
Brieftauben und Hitze! Wie wirken sich tropische Temperaturen aus? Zu Beginn der Reisesaison erleben wir immer wieder, wie unsere Tauben sich täglich mehr und mehr in Form fliegen. Von anfangs 15 Minuten bis zu 60 und mehr Minuten erstreckt sich das Training, vielfach müssen sie dazu nicht mehr motiviert werden. Die Temperaturen bewegen sich dabei zwischen knapp über 0° bis zu 25 °C. Ende Mai erleben wir häufig eine Schönwetterphase, zum Beispiel dann, wenn das Azorenhoch auch noch heiße Sahara-Luft mitbringt. Dann steigt das Thermometer auch schon mal auf über 30 °C. Bei dem morgendlichen Training sieht man es noch nicht, aber bei dem abendlichen Training verlieren die Tauben sehr schnell die Lust am Fliegen, sitzen nach dem Landen minutenlang mit weit geöffnetem Schnabel und hecheln, was das Zeug hält. Tauben, die morgens noch gesund aussahen, zeigen nun alle Anzeichen einer unbekannten Krankheit. Kein Grund zur Panik! Das gleiche Phänomen kann man jetzt auch bei Jungtauben beobachten, vor allem bei Jungtauben aus der Winterzucht. Sie erhalten ihren Freiflug in der Regel im Laufe des Tages, meist um die Mittagszeit. Gerade dann, wenn die Temperaturen ihrem Höhepunkt zu streben. Auch sie zeigen alle Anzeichen körperlichen Unwohlseins. Der Züchter gerät in Panik! Die Tauben sind krank! Sie müssen umgehend behandelt werden! Die Frage ist, womit. Schnelle Hilfe muss her. Der nächste Tierarzt ist meilenweit entfernt. Eine Kettenreaktion setzt sich in Gang. Jedenfalls bei unerfahrenen und verunsicherten Züchtern. Und das vollkommen zu Unrecht! Die Tauben zeigen eine physiologisch völlig normale Reaktion. Das Hecheln nach dem Freiflug stellt kein Krankheitssymptom dar. Denn nur über dieses Hecheln können die Tauben, wie übrigens alle Vögel, effektiv sehr viel Körperwärme als Verdunstungswärme abgeben. Dabei atmen die Tauben mit einer sehr hohen Frequenz und zugleich aber geringem Atemvolumen. Das tun sie mit weit geöffnetem Schnabel und wild zuckenden Kropf. In der Tat ein Furcht einflößender Anblick. Bei 30 °C Außentemperatur muss der Taubenkörper unter hohem energetischem Aufwand die Wärme abtransportieren. Der effektivste Weg für ihn, Wärme abzugeben, ist der über die Verdunstungswärme. Was für den Menschen das Schwitzen bedeutet, ist für die Taube das Hecheln. Die Kühlung als Funktion der Temperaturregulation ist sehr wichtig, daher muss die Taube überschüssige Wärme möglichst effizient loswerden. Das gleiche Phänomen beobachten wir übrigens auch bei Hunden, sie hecheln mit weit heraushängender Zunge, um überschüssige Körperwärme abzuleiten. Es ist auch klar, dass die Taube beim Fliegen sehr viel Wärme produziert. Je höher die Umgebungstemperaturen sind, desto weniger effektiv kann auf normalem Weg die Wärme abgegeben werden. Insofern ist es sehr wichtig, dass die Tauben während des Transportes und vor dem Start noch einmal Wasser aufnehmen können. Man kann das einfach nicht deutlich genug hervorheben und sagen. Glücklicherweise nehmen es hier die Fahrer sehr genau. Eine ausreichende Wasserversorgung dient zur Aufrechterhaltung alle Lebensfunktionen und der Leistungsfähigkeit! Tauben müssen bei höheren Umgebungstemperaturen frühzeitig Wasser aufnehmen können. In solchen Situationen empfiehlt es sich, die Einsatzzeiten zu entzerren. Die meisten Tauben haben bereits mehrere Stunden, bevor sie überhaupt in den Kabi eingesetzt werden, keine Möglichkeit mehr, Wasser aufzunehmen. Viele Züchter zeigen zudem vor dem Einsetzen die Partner. Dadurch wird der Stoffwechsel jedoch nur noch mehr erhitzt und die Tauben versuchen, mit leicht geöffnetem Schnabel und flacher Atmung eine leichte Kühlung herbeizuführen. In der Regel sitzen die Tauben dabei eingesperrt im Nistteller in der Zelle und können gar nicht mehr an die Tränke gelangen. Wer später, nach dem Einsetzen, den daheim gebliebenen Partnern die Zellen öffnet, kann beobachten, wie schnell diese Tauben an die Tränke wollen. Wenn also schon die Partner vor dem Einsetzen gezeigt werden sollen, dann sollte das bei geöffneter Zelle passieren, damit die Tauben noch rechtzeitig und genügend Wasser aufnehmen können. Die Methode, hierbei eine Tasse Kaffee zu trinken oder einer anderen länger andauernden Beschäftigung nachzugehen, ist gar nicht so verkehrt, ganz im Gegenteil. Hauptsache, die Tauben können in der Zeit tun und lassen, was sie wollen. Auch eine Förderung der Schlagliebe und eine Motivation zur schnelleren Heimkehr. Unerfahrene Tauben trinken nicht im Fahrzeug! Jedenfalls nicht sofort und instinktiv. Sie müssen es von klein auf lernen. Das dauert. Die Fahrt zum Einsatzlokal bei hochsommerlichen Temperaturen zieht sich manchmal bis ins unendliche. Und dann die Wartezeit, bis man endlich seine Tauben einsetzen kann. Unwillkürlich zuckt die Hand des Züchters zurück, wenn er sie in den Korb streckt, um die erste Taube herauszuholen. Was für eine Wärme muss er da fühlen! Sobald die Taube in der Box sitzt, schüttelt sie sich erst einmal und versucht, sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen. Nur ganz selten marschiert sie direkt zur Tränke am anderen Ende der Kabine. Erfahrungen haben gezeigt, dass die meisten Tauben das erste Mal im Fahrzeug trinken, wenn sie bereits 16-20 Einsätze hinter sich haben. Erst dann haben sie begriffen, wozu die Tränken da sind. Eigentlich unglaublich, was die Tauben bis dahin geleistet haben! Fazit: Wer seinen Tauben die Wasseraufnahme im Korb oder Kabinenexpress beigebracht hat, ist eindeutig im Vorteil. Sowohl der Züchter als auch die RV müssen ihren Tauben frühzeitig das Trinken im Fahrzeug beibringen. Das ist eine Verpflichtung und gehört zum Ausbildungsprogramm und muss schon frühzeitig beginnen. Für manche Züchter, vor allen Dingen Berufstätige, bedeutet das einen sehr hohen Aufwand, den sie leider oftmals nicht leisten können und den sie deswegen mit ungewohnten Verlusten bezahlen müssen. Ein weniger gut trainierter Organismus produziert mehr Wärme. Das bedeutet, dass Reisetauben möglichst schnell sehr gut trainieren, um Kondition aufzubauen. Eine gute Kondition bedeutet, länger fliegen zu können. Ohne Pause länger fliegen zu können. Auch das ist eine Binsenweisheit, wer Pause macht, hat den Preis verpasst. Zumindest den Spitzenpreis. Gerade bei hohen Umgebungstemperaturen macht sich die gute Kondition bemerkbar. Gut konditionierte Tauben fliegen deutlich höher und bewegen sich damit in kühleren Luftschichten als weniger gut konditionierte. Sie hecheln auch nicht, wenn sie nach dem Training landen. Jedenfalls nicht so stark wie die anderen. Jede Tierzucht bedeutet Verantwortung! Damit ist keineswegs Verzärteln gemeint oder pure Erhaltung der Art. Tiere müssen und wollen gemäß ihrer Art gefordert werden. Wir suchen die orientierungsstärksten Brieftauben. Auf dieser Suche müssen wir sie aber unterstützen. Dazu gehört auch das Trinken lernen im Einsatzkorb und im Kabinenexpress. Das ist geradezu lebenswichtig. Überlebenswichtig. Wir danken Alfred Berger für die Inspiration zu diesem Artikel Klaus Kühntopp