2014 01 20 Rub Krz - Klavier-Festival Böblingen
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2014 01 20 Rub Krz - Klavier-Festival Böblingen
Kultur Montag, 20. Januar 2014 Nummer 15 13 Rubinova: Ein Publikumsmagnet Oft zu Gast: Evgenia Rubinova Von Jan Renz BÖBLINGEN. 2008 gelang der jungen Evgenia Rubinova ein Kunststück: Sie war die erste Musikerin, die beim Pianistenfestival in Böblingen für ein volles Haus sorgte. Frau Rubinova ist ein Publikumsmagnet. In diesem Jahr wird die Pianistin gleich zwei Klavierabende gestalten, was mit der terminlichen Gesamtzuordnung der Beethoven-Sonaten zu tun hat, so die Veranstalter. Alle 32 Sonaten werden ja auf acht Pianisten verteilt. Deshalb ist jeder Pianist mehrfach vertreten. In Böblingen fühlt sich Rubinova wohl: „Ich bin sehr gerne hier. Das Festival ist sehr fachkundig organisiert.“ Rubinova hat bei Wettbewerben Preise gewonnen, wichtigster Erfolg war sicher die Silbermedaille in Leeds 2003. „Große Wettbewerbe verlangen sehr viel in einem kurzen Zeitraum, das bringt eiEvgenia Rubinova nen unnormalen Stress mit sich, schon bei kleinen Konzentrationsschwächen kann man ausscheiden.“ Trotz aller Wettbewerbserfolge „steht für mich das Musizieren im Zentrum meines künstlerischen Lebens“, bekannte sie im Booklet ihrer Debüt-CD (bei EMI). Schon als Kind war Evgenia Rubinova von Musik umgeben, die Eltern sind beide Berufsmusiker. Mit vier Jahren erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht, an die ersten Schritte am Instrument erinnert sie sich allerdings nicht. Mit acht gab sie ihren ersten Klavierabend, mit zwölf debütierte sie mit Orchester. Seitdem hat sie mit vielen großen Klangkörpern zusammengearbeitet. Pianistisches Empfinden völlig verändert Drei Orte haben sie geprägt: 1977 in Taschkent, Usbekistan, geboren, verbindet sie mit ihrer Heimat „viele wundervolle Kindheitserinnerungen“. Ihre Jugend verbrachte sie in Moskau, wo sie ihre Klavierstudien fortsetzte. Seit 15 Jahren lebt sie in Deutschland. „Ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt sie. In Deutschland studierte sie bei Lev Natochenny, der „mein musikalisches und pianistisches Empfinden völlig verändert hat“. Diese Begegnung vertiefte ihr Spiel. Beim aktuellen Böblinger Beethoven-Zyklus ist Evgenia Rubinova insgesamt drei Mal vertreten. Am letzten Abend des diesjährigen Festivals, am 7. Februar, wird sie die späte E-Dur-Sonate op. 109 spielen, ein eher lyrisches Werk. Beethoven ist für sie sehr wichtig, kam sie doch schon als Kind mit ihm in Kontakt: „Ich habe eine sehr enge Beziehung zu Beethoven, vor allem zu seinem Spätwerk. Es weist weit in die Zukunft.“ Unlängst ist ihre hörenswerte neuste CD erschienen, ganz Sergej Prokofjew gewidmet. Ein halbes Jahr hat die junge Pianistin Evgenia Rubinova an der Interpretation von Beethovens „Hammerklavier-Sonate“ gefeilt KRZ-Foto: Gaetano Di Rosa Ein faszinierender Kosmos für Klavier solo Böblinger Pianistenfestival: Evgenia Rubinova hat beim zweiten Konzert unter anderem Beethovens „Hammerklavier-Sonate“ aufgeführt Als die Pianistin Evgenia Rubinova die Bühne des Württemberg-Saals betritt und auf den Flügel zugeht, denkt man: wie soll diese zarte, grazile Person den eruptiven Gewalten von Beethovens „Hammerklaviersonate“ gerecht werden? Von Jan Renz BÖBLINGEN. Beethovens „Hammerklaviersonate“ ist ein monumentales, wuchtiges Werk, Beethovens mit Abstand längste und schwierigste Klaviersonate, eine Herausforderung auch für die größten Musiker. Der Pianist Rudolf Serkin war überzeugt: eine Aufführung gleiche der Besteigung des Mount Everest: ein Gipfelwerk. Beethoven war sich bewusst, was er mit diesem kolossalen Werk den Pianisten zumutete: „Da haben Sie eine Sonate, die den Pianisten zu schaffen machen wird, die man in fünfzig Jahren spielen wird“, schrieb er an seinen Verleger Artaria. Das deutet schon die Schwierigkeiten des Werks an. Rubinova wählte einen eigenen Zugang. Sie spielte den ersten Satz sehr subtil, sie donnerte nicht, und sie raste auch nicht. Rubinova nahm den Eröffnungssatz nicht so schnell wie ein Friedrich Gulda oder ein Michael Korstick, die tatsächlich an die Grenzen gehen. Rubinova lässt sich Zeit und entdeckt in dieser Zeit viele Feinheiten. Gewiss kann man den ersten Satz gewaltiger, draufgängerischer, rasanter spielen, aber kaum detailreicher. Schon am Anfang dehnt sie einzelne Phrasen, immer wieder verlangsamt sie den musikalischen Fluss. Sie entdeckt Momente des Abbrechens und Verstummens. Ein halbes Jahr hat die junge Pianistin an dieser Interpretation gefeilt. Rubinova zeigte, was für ein faszinierender Kosmos diese große Sonate ist: Alle fünf Sätze werden durch die Terz geprägt, aus einem kleinen Motiv entwickelt Beethoven die größte Vielfalt, phantasievollen Gestaltenreichtum und unerhörte Verläufe. Das „Allerheiligste“ des Werks, so der Kritiker Joachim Kaiser, ist der langsame dritte Satz, den Rubinova schattierungs- reich, geradezu andächtig gestaltete, sie begab sich auf eine Reise von fast Schuber’scher Weiträumigkeit. Sie förderte die Reichtümer dieses Satzes zu Tage. Auf der Suche ist die Musik im vierten Satz, der tastend klang. Gefürchtet, fast unspielbar ist die abschließende Fuge. Hier bewährte sich Rubinovas ausgezeichnete Technik, sie entwarf eine funkelnde Fuge, ja ein Fugenfeuerwerk. Beethoven stößt hier fast in atonale Bereiche vor. Dieser horrend schwere Schlusssatz klang unter den Fingern der Pianistin ganz locker und leicht, ganz klar – eine imponierende Vorstellung. Fortsetzung von Beethoven Die zweite Konzerthälfte war Sergej Prokofjew gewidmet. Hier war die aus Usbekistan stammende Pianistin in ihrer Welt. Wenn Beethoven harmonisch extrem avantgardistisch klang, so wirkte Prokofjew wie eine Fortsetzung von Beethoven mit modernen Mitteln, mit grimmigem Humor und klanglicher Vielfalt. Rubinova spielte Prokofjews Walzer op. 96, die „Sarkasmen“ op. 17 und als Abschluss vier Stücke aus den zehn Klavierstücken op. 12. Letztere sind ein Frühwerk, das der Komponist mit 15 Jahren in Angriff nahm! Alle genannten Werke sind auch auf der neusten CD von Evgenia Rubinova enthalten, auf der ausschließlich Werke von Sergej Prokofjew versammelt sind, die meisten selten zu hören. Rubinovas Anschlag bewegte sich zwischen delikat und perkussiv. Sie ließ den Sauter-Flügel differenziert klingen, ließ auch klirrende oder grelle Töne zu. Sie begann die Klavierstücke mit einem munteren Marsch, ließ eine Gavotte träumerisch leuchten und endete mit einem hurtigen, aufregenden Scherzo. Dieses abschließende Scherzo klang wie eine Etüde, aber nicht oberflächlich, sondern elektrisierend, flüssig und enorm sicher. Es war ein kurzes Programm, deutlich vor 22 Uhr hatte die junge Dame ihr großes Pensum bewältigt. Natürlich erklatschte sich das Publikum im ausverkauften Württemberg-Saal Zugaben. Fazit: Evgenia Rubinova ist eine grazile Person, aber eine Pianistin von großer Energie und Überzeugungskraft. Am Schluss sang die ganze Kirche Das Böblinger Vokalensemble hat am Samstag die „Missa“ von Tilman Jäger uraufgeführt Von Boris Belge BÖBLINGEN. Eine ganze Kirche singt „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). Mehr konnte sich Tilman Jäger von der Uraufführung seiner „Missa“ nicht erhoffen. Das unter seiner Leitung stehende Böblinger Vokalensemble war am vergangenen Samstag in bester Verfassung und das Publikum stand zum Teil angesichts des Platzmangels in der Martin-Luther-Kirche, um den Klängen zu lauschen. So war es kein Wunder, dass das Konzert ein glänzender Erfolg wurde. Auch wenn das heutige Musikleben immer mehr einem Repertoirebetrieb gleicht, in dem sich Konzertplaner auf die Anziehungskraft bereits bekannter Werke verlassen: Eine Uraufführung bleibt etwas Besonderes. Tilman Jäger ist und bleibt eine Marke in Böblingen, obwohl er schon seit 2004 als Musikprofessor in München wirkt. Das Böblinger Vokalensemble genießt seit Jahren einen exzellenten Ruf als dynamischer und experimentierfreudiger Klangkörper. Wenn dann der Leiter und spiritus rector für dieses Ensemble ein Werk schreibt, ist Spannung garantiert. Am vergangenen Samstag war diese höchste Konzentration bei Ausführenden und Publikum förmlich zu spüren. In einer kurzen Pause nach dem ersten Werk des Abends lud sich die Martin-Luther-Kirche förmlich auf. Dann setzten die ersten Takte der Messe ein. Verhalten und mit Anleihen im Cool Jazz versetzte die Jazzcombo um Philipp Weiß am Piano, Thomas Ganzenmüller am Bass, Daniel Kartmann an den Drums und Peter Lehel am Saxophon den Chor in Stimmung. Zunächst verhalten, dann flehend und schließlich triumphierend intonierten die Sängerinnen und Sänger die Worte „Herr erbarme Dich“. Jäger vertonte die lateinischen Texte der Messe nicht nur – er unterwarf sie einer eindeutigen Interpre- tation. Zunächst ergänzte er beispielsweise das griechische „Kyrie Eleison“ um die Worte „er hört mein Flehen“ aus den Psalmen. Die Gewissheit um das Gehörtwerden des Bittrufs konnten die Zuhörer auch in der Musik hören: Die letzten Takte unterlegte Jäger mit einem großen Spannungsbogen, der in einem triumphalen Schluss mündete. Das „Gloria“ ähnelte einem fast schon impressionistischen Klanggemälde, in dem sich unterschiedlichste Stimmungen auf engstem Raum verdichteten. Besonders fiel auf, mit welcher Sicherheit Jäger verschiedene Stile zusammenfügte: Vom klassischen Chorsatz à la Mozart über Romantik und Jazz spannte sich das Panorama an Klängen. Sie waren weniger miteinander verbunden, vielmehr von Vers zu Vers voneinander abgesetzt. Die Jazzcombo und Jäger zeigten sich hier nie unsicher, sondern immer als Herren des Klanggeschehens. de. Diese Schlichtheit hatte einen entscheidenden Grund: War zuvor schon angesichts der kernigen Rhythmen kaum ein Fuß still geblieben, sollte das Publikum nun in diese Melodie einstimmen. Allzu oft ist das ein peinlicher Moment, in dem Ausführende Publikum sollte einstimmen und Chorleiter feststellen, dass sich das Publikum ihren Werbungskünsten entzieht. Im Interview gab Jäger an, eine „gewisse Nach diesem Abend genügte jedoch ein kleiKlarheit und gleichzeitig etwas Ungewöhn- nes Handzeichen Jägers und eine Vielzahl liches“ anzustreben (die KREISZEITUNG von Stimmen fiel in den Chor ein, um dem berichtete). Das Finale seiner Messe steht Ensemble die Gelegenheit zu geben, sich imfür diesen Anspruch: „Dona nobis pacem“ provisatorisch höher und höher zu schrausetzte Jäger, ebenso wie die korrespondieren ben. Worte „Die zum Frieden raten haben FreuAngesichts der Uraufführung trat das de“ in eine schlichte, leicht swingende Melo- Werk, mit dem der Abend begonnen hatte, die, die zunächst im Chor angestimmt wur- (leider) fast schon in den Hintergrund. Dazu bestand jedoch kein Grund: Saxophonist Peter Lehel hatte in seinen „Songs of Praise“ Texte einer englischen Übersetzung des Hoheliedes aus dem 17. Jahrhundert in Musik gesetzt. Aus der sehr dankbaren Textvorlage, einem Dialog zweier Liebender, gestaltete der vielschichtig aktive Saxophonist, Komponist und Arrangeur ein sehr feines Gewebe unterschiedlicher Klänge, die Lehel als weitere „Gesangsstimme“ am Saxophon durch beeindruckende Improvisationen verband. Hier vibrierte der Chor förmlich und ließ sich von der Combo gern zu Höchstleistungen pushen. Zusammengenommen zeigten die Missa und die Songs of Praise eine sehr lebendige, spannende Form christlicher Musik im 21. Jahrhundert auf. Frenetischer Beifall und eine Wiederholung des „Dona nobis pacem“ aus Jägers Messe waren da die zwangsläufige Folge. Am Schluss sang wirklich eine ganUraufführung der Tilman-Jäger-Messe in der Böblinger Martin-Luther-Kirche Foto: Gaetano Di Rosa ze Kirche. Die Queens of Spleens treten in Altdorf auf Queens of Spleens bei Kulturinitiative Am Samstag im Bürgerhaus ALTDORF (red). Vor einigen Jahren waren die Queens of Spleens bei der Böblinger Comedy-Gala – damals noch am AlbertEinstein-Gymnasium – am Start und hinterließen mächtig Eindruck. Unter anderem bei der Kulturinitiative Altdorf um ihren Vorsitzenden Klaus Schwolow. „Das Duo hat uns damals gut gefallen“, erzählt Schwolow, „jetzt haben wir es nach Altdorf geholt.“ Am kommenden Samstag, 25. Januar, um 20 Uhr treten die beiden Damen aus Frankfurt im Bürgerhaus in Altdorf auf und präsentieren ihr Programm „Eine spinnt immer“. Connie Webs (Gesang, Gitarre, Spezialtrompete, Komposition, Text) und Claudia Brendler (Gitarre, Klavier, Gesang, Komposition, Text) haben ursprünglich Musik studiert, sind aber seit 1994 als Kabarettund Comedy-Duo unterwegs – spleenig, dreist, hintergründig, hochmusikalisch, mit treffsicheren Texten und einer gehörigen Portion Selbstironie. Karten zu 14 Euro gibt es im Vorverkauf in Altdorf im Bürgerbüro, der Apotheke im Dorf sowie der Poststelle sowie in Holzgerlingen bei Buchplus.