[neu - Ludwig Hartmann

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[neu - Ludwig Hartmann
Auswirkungen von künstlicher Beschneiung
auf den Wasserhaushalt in den Alpen
Carmen de Jong
Gebirgszentrum, Universität Savoyen, Frankreich
STRUKTUR
- Klimawandelauswirkungen auf Natur- und Kunstschnee
- Klimawandelauswirkungen auf verfügbare Wasserressourcen
- Auswirkungen von Kunstschnee auf Wasserverfügbarkeit
- Auswirkungen von Kunstschnee auf Hochwasser
Klimawandelauswirkungen auf Naturschnee
Veränderung der Schnee/Regen-Verhältnisse
Kitzbühel Tal, Österreich (790 m)
mm
Gesamt
Schnee
Regen
(Histalp Böhm 2008)
Schnee wird zunehmend durch Regen ersetzt
Department Savoyen
(1000 m)
Kitzbüheltal
(790 m)
Weissfluhjoch
(2540 m)
Sonnblick
(3105 m)
Prozent Schnee/Regen
100
90%
79%
50
84%
72%
66%
60%
50%
43%
Von schnee- zu regendominiertem Regime seit dem Jahr 2000 um 1000 m!
0
1959 2012
1800 2002
1980 2009
1980 2009
Schnee (mm)
Regen (mm)
Daten von Météo France 2008 und Marty & Meister 2012
Vergleich der Schneehöhen in den Alpen
München (518 m)
Chamonix (1460 m)
Gesamt N 1080 mm
Gesamt N 1702 mm
Schnee 610 mm
Schnee 73 mm
Zermatt (1625 m)
Gesamt N 859 mm
Schnee 293 mm
München
Chamonix
Zermatt
nach Kotlyakov 1997
Vergleich der Klimabedingungen von Skigebieten weltweit
Tage mit Schneedecke
Anzahl der Tage
Tage mit negativer Temp.
Nach Kotlyakov 1997
Klimawandelauswirkungen auf die
Kunstschneeproduktion
Unterschied zwischen Kunst- und Naturschnee
Kunstschnee
- Gepumptes Wasser wird unter Druck
in kleine Tropfen zerkleinert und
gefriert schnell in der kalten Außenluft
- Kristalle sehen aus wie Eiskügelchen
- ca. 4 x dichter und 50 x härter als
frischer, natürlicher Schnee
Naturschnee
- bilden sich unter Frostbedingungen
langsam aus dem Wasserdampf
in den Wolken
- Kristalle sehen aus wie Sterne (dendritisch)
Grenzbedingungen für die Kunstschneeproduktion
2
Lufttemperatur (°C)
1
0
-1
-2
Optimale Temperatur in den Alpen ( -3° bis -7°C )
-3
-4
-5
-6
-7
-8
10
20
30
40
50
60
70
Relative Luftfeuchte (%)
80
90
100
Grenzen der Schneeproduktion am Patscherkofel, Österreich
(kein Skifahren möglich, Dezember 2011)
Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Kunstschnee
Die Eröffnung der Skisaison musste um
2 Wochen verschoben werden !
Photo: Verbinet.com
Kunstschnee auf den Attelas- und Ruinettes-Pisten, Verbier (Schweiz), 28. November 2011
Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Kunstschnee
Die Eröffnung der Skisaison musste um
2 Wochen verschoben werden !
Photo: de Jong
Untere Grenze des Kunstschnees in La Plagne (Frankreich), 23. November 2011
Absage des Riesenslalom-Weltcups der Männer
(Kitzbühel, Januar 2012)
Erfolglose Beschneiungsversuche
(Gudiberg, Garmisch Partenkirchen, November 2011)
Photo: Doering GöF
Probleme am Ende der Saison
Die Saison musste 2 Wochen früher
beendet werden!
Photo: Kees Wolthoorn
Kunstschnee in Val Thorens (Frankreich), 18. April 2011
Die Grenzen der Kunstschneeproduktion in den Alpen
- Investitionen
- Laufende Kosten
- Wasserverfügbarkeit
- Schneesicherheit
Schneehöhe (cm)
300
150
Min. Schneehöhe auf Pisten
30
0
heute
2025
Zeit
Kunstschnee
Naturschnee
Nach Hofstaetter 2009, modifiziert durch de Jong 2010
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die
verfügbaren Wasserressourcen
Entwicklung der in den Schweizer Gletschern
gespeicherten Wasservolumen
(geschätzt seit der Kleinen Eiszeit und simuliert für die Zukunft)
Einzugsgebiete
Wasservolumen (km3)
2012
Schaedler 1985, Farinnoti et al 2009, Linsbauer et al 2012
Veränderungen des Wasserstandes des Bodensees
(Pegel Konstanz)
380
360
340
320
300
2020
2010
2000
1990
1980
1970
1960
1950
1940
1920
280
1930
Gleitender Mittelwert über 7 Jahre
1910
Wasserstand (cm)
400
Jahr
Nach Wahl (2007) mit Daten vom Institut für Seenforschung, LUBW & GKB
Trockentage (%) pro Jahr in Piemont
2010
2005
2000
1995
1990
1985
1980
1975
1970
1965
1960
1955
70
68
66
64
62
60
58
56
54
52
50
1950
% Trockentage pro Jahr
(letzte 50 Jahre)
Jahr
Zunahme um 15 Trockentage in nur 53 Jahren !
ARPA Piedmont (2010)
Natürlich ausgetrocknetes Feuchtgebiet
Vallée de la Clarée, Hautes Alpes, Frankreich im August 2009
Photo: de Jong 2009
Gebirgsbäche im Einzugsgebiet von Arly
(bei Megeve, französische Alpen)
Sommer 2008
Herbst 2009
Die Auswirkungen von Kunstschnee auf die
verfügbaren Wasserressourcen
Produktion von Kunstschnee
(bis auf 3000 m und auf Gletschern zum Sommerskifahren)
ALPEN
von Kunstschnee bedeckte Flächen
2005
2011
Wasserverbrauch
25 000 ha
95 Mio. m3
50 000 ha
190 Mio. m3
Bewässerung von Mais
Produktion von Kunstschnee
= 1700 m3 / ha
ca. 4000 m3 / ha
Photo: Kees Wolthoorn Oktober 2007
Österreich
von Kunstschnee bedeckte Flächen
2012
17 000 ha
Schneekanonen
19,000
Annahme CIPRA:
Produktion von Kunstschnee in den Alpen pro Saison
Annahme Seilbahnen
Produktion von Kunstschnee in Österreich für 2012
Wasserverbauch
50 million m3 ?
ca. 4000 m3 / ha
ca. 2941 m3 / ha
Beispiel Nassfeld
450,000 m3 Wasser für 220 ha in einer Woche verbraucht
Aber:
Produktion von Kunstschnee in Nassfeld in einer Woche
= 2045 m3 / ha !!
Produktion von Kunstschnee in Nassfeld Basisbeschneiung
= 4000 m3 / ha
Produktion von Kunstschnee in Nassfeld Gesamtbeschneiung = 6000 m3 / ha
ca. 50% des Wassers kommt nicht als Kunstschnee an !
Daten bearbeitet nach Breiling 2013
Österreich
Beispiel Kitzsteinhorn
Wasserveluste:
Ca. 30% durch Leitungsverluste vom Sammelbecken/Speicherbecken zu den
Kanonen (Auskunft Schneimeister).
Ca. 30% verdunstet oder verweht.
(nach de Jong, Breiling etc)
Bedeutet ca. 60 % Wasserverluste
Gesamtwasserbedarf für Kunstschnee
Wasserverluste
= 6000 m3 / ha
= 3600 m3 / ha
Daten bearbeitet nach Breiling 2013
ALPEN
von Kunstschnee bedeckte Flächen
Wasserverbrauch
2011
25 000 ha
50 000 ha
95 Mio. m3
190 Mio. m3
2013
> 50 000 ha
300 Mio. m3
2005
Photo: Kees Wolthoorn Oktober 2007
Die Entwicklung der Kunstschneeproduktion
und der Wasserspeicherbecken in Frankreich
mit Kunstschnee bedeckte Flächen (Frankreich)
mit Kunstschnee bedeckte Flächen (Savoyen)
Anzahl der Wasserspeicherbecken (Frankreich)
Wasserverbrauch für Kunstschnee (Frankreich)
5 000
100
80
4 000
60
3 10
000
40
2 000
20
1 000
Jahr
2010
2005
2000
1995
1990
1985
0
1980
surface
covered bi artificnow
(h m3)
(Millionen
Wasservolumina
6 20
000
Anzahl der Wasserspeicherbecken
120
(modifiziert nach Marnezy et al. 2008 & DDT Savoie 2011)
Speicherbecken
(Crest Voland, Französischen Alpen)
Photo: de Jong
Wasserentnahme (m3)
Wasserentnahme mit und ohne Speicherbecken in Savoyen
Direkte Entnahme
1 400 000
1 200 000
1 000 000
800 000
600 000
400 000
200 000
0
Wasserentnahme (m3)
4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4
Entnahme mit Speicherbecken
1 400 000
1 200 000
1 000 000
800 000
600 000
400 000
200 000
0
Die Speicher reduzieren
nicht die Wasserentnahme
während den niedrigen
Abflüssen im Winter !
4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4
Trinkwasser
Bäche
Wasserkraft
DDT Savoie 2011
Der übermäßige Wasserverbrauch in Wintersportgebieten
____Wasserentnahme____
verfügbares lokales Wasser
Tirol (Osterreich)
110 %
Les Arcs 1600 / 1800 (Frankreich)
120 %
Les Menuires (Frankreich)
120 %
Valmorel neuer Club Med (Frankreich)
150 %
Crans Montana (Schweiz)
150 %
Wassernachfrage und -Verfügbarkeit während des Winters
Tägliches Volumen (m3/ Tag)
(Crans-Montana, Schweiz)
35000
30000
25000
20000
15000
10000
5000
November
Dezember
Januar
Februar
März
Kunstschnee (m3/d)
Gesamte Ressource (m3/d)
Nachfrage Touristen (m3/d)
Quellen (m3/d)
Nachfrage Einwohner (m3/d)
Oberflächenwasser (m3/d)
ACCM Bureau ArcAlpes (2008)
Water, water everywhere but not a drop to drink”
(Wasser, Wasser überall, aber kein Tropfen bleibt zum Trinken)
Wassersparmaßnahmen während der
Frühjahrs-Dürre 2011 in Frankreich
Auswirkung der Dürre auf Les Arcs, Mai 2011
400 000 m3
EZG = 5 km2
Schneeschmelzwasser (1 m Schnee) = 500 000 m3= 1 Füllung/ J
Speicherbecken Adret des Tuffes, Les Arcs, Frankreich
Photo: de Jong
Projektion der Wasserverfügbarkeit und -Nachfrage
Konfliktpunkt
Wassernachfrage
Wasserverfügbarkeit
Klimawandel
Zeit
de Jong 2009
Intensität
Wassernutzung
Metamorphose
vonder
Almflächen
in Skigebieten
(für die
Touristen
und
den Kunstschnee)
(Les
Saisies,
Frankreich)
Collection Jond-Nécand (Lepeudry 2002)
Almfläche um 1920
Photo: Collomb, Colomb & Billiemaz (Lepeudry 2002)
Skigebiet um 2000
Photo: de Jong
Speicherbecken um 2008
Intensität der Wassernutzung
(für die Touristen und den Kunstschnee)
Neue
Wasserknappheit !
Trinkwasser
Kunstschneewasser
Photo:
de Jong
Mögliche Zukunftsszenarien
(künstliche Beschneiung am Kronplatz, Dolomiten, Italien)
Auswirkungen von Speicherbecken auf die
Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität
Bau eines Speicherbeckens auf 14 ha Fläche
(Courchevel)
ungefähr 4200 Tonnen CO2 werden freigesetzt
Verlust der CO2-Speicherfunktion
Photo: Damelet
Der Untergrund wird mit
undurchlässigen Membranen bedeckt
Photo: Damelet
Speicherbecken Sölden
(3000 m in der Nähe des Gletschers)
Austrocknung von Feuchtgebieten
Ursprünglicher Umfang des Feuchtgebietes
Rest des Feuchtgebietes
Speicher
becken
Lac Thorens
Val Thorens (Frankreich)
Entwicklung von Algen im Speicherbecken
Photo: Doering Deutsche Gesellschaft für Ökologie Summer 2012
Bödele (45 000 m3, 12 m tief in 1250 m Höhe), Garmisch-Partenkirchen
Kunstschnee und Wasserverschmutzung:
ein Teufelskreis (Herbst)
1000 m
- 10 % weniger Abfluss
- 20 % weniger Abfluss
de Jong 2011
Kunstschnee und Wasserverschmutzung:
ein Teufelskreis (Winter)
1000 m
- 80 % weniger Abfluss
- 80 % weniger Abfluss
de Jong 2011
Probleme des Wasser-Managements
(infolge des Fehlens von Monitoring und Kontrollen)
“Wir können seit sieben Jahren kein Leitungswasser
mehr trinken. Wir hatten damals alle während einer
Woche Magen-Darm-Erkrankungen, als verseuchtes
Wasser aus dem Kunstschneespeicher sich mit
unserem Trinkwasser mischte.“
Bruno Vayssière, Professor und Einwohner von Peisey, 1310 m (nahe Skigebiet) 2011
taking the
to use
““We
Wir are
entscheiden
vondecision
Minuteof
zuwhether
Minute, ob
das
water for
or drinking
waterwird
for oder
our
Wasser
für snowmaking
die Schneeproduktion
genutzt
touristsden
from
minutezur
to minute”
als Trinkwasser
Touristen
Verfügung steht.”
Alain Boulogne, Ehemaliger
Bürgermeister
vonofLes
2008
Alain Boulogne,
Mayor
LesGets
Gets(Skistation
(ski resortin
inHochsavoyen)
Upper Savoy) 2008
Protestaktion von Mountain Wilderness Deutschland
gegen Beschneiungs-Ausbaupläne in Bayern
Photo: Mountain Wilderness Deutschland
4. März 2012 am Sudelfeld/ Bayrischzell/Oberbayern
Diskussion mit Bauleiter, Geologen und Ökologischer Aufsicht
Photo: Lintzmeyer Oct. 2012
Oktober 2012, neues Speicherbecken, Brauneck
Ein neues Speicherbecken
(Oktober 2012, Brauneck)
Kapazität 100 000 m3
Photo: de Jong Oct. 2012
Auswirkung von Kunstschnee auf Hochwasser
Zustand von Skipisten nach mehr
als 10 Jahren künstlicher Beschneiung
Photo: de Jong
Erhöhter Oberflächenabfluss auf Skipisten
Photo: Mountain Wilderness
Isola (French Alps)
-
Abtrag von Boden und Humus
-
Erhöhung der Undurchlässigkeit
-
Erhöhung des Oberflächenabflusses
-
Verstärkung von Erosion
und Rutschungen
-
Unterbrechung des Gewässernetzes
Photo: de Jong
Zunahme von Abfluss und Schwebfracht
auf Skipisten
Les Menuires (Frankreich), 5. Juni 2012
Photo: de Jong
Erosionsrinnen auf Skipisten mit Kunstschnee
Dolomites, italienische Alpen
(Photo: Strauss )
Sestriere, Italien (Winter Olympiade 2006)
(de Jong 2009)
Erhöhter Hochwasserabfluss durch Kunstschneeschmelze
0
2
30% Zunahme der
Hochwasserspitze
4
6
8
rainfall (mm)
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
10
0:
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
12 00
:0
0: 0
00
3
discharge (m /s)
Villards
Pluie
rainfall
Regen
Déb it nat urel
natural QQ
Natürlicher
Déb it art ificiel
artificial
Kunstschnee
de Jong & Barth 2008
Gebrochenes Wasserrohr für Kunstschnee
(lokale Auslöser mit katastrophalen Auswirkungen)
www.funiforum.org
Rutschung ausgelöst durch Rohrbruch
(Ereignis bei Cianross, Kronplatz, Dolomiten, April 2006)
www.funiforum.org
Destruktion des neuen Skilifts
www.funiforum.org
ZUSAMMENFASSUNG
Trotz den gravierenden Auswirkungen des Klimawandels auf den
Schnee und die Wasserressourcen, wird die künstliche Beschneiung
weiter erzwungen. Dies führt zu gesteigerten Wasserproblemen.
Es gibt sowohl lokale als auch regionale Auswirkungen von Kunstschnee
auf den Wasserhaushalt und die Wasserqualität.
Die Auswirkungen variieren saisonal sehr stark:
Kunstschnee erhöht die Frühjahrsabflüsse und Hochwasserspitzen und
reduziert die Wasserverfügbarkeit in den Wintermonaten.
Es ist dringend erforderlich, alpinweit den genauen Wasserverbrauch
und Wasserverluste zu ermitteln.
Der heutige Zustand verstößt auch gegen die WRRL &Trinkwasser RL.
Eine EU-Tourismus Richtlinie ist unabdingbar.