Auch Mill war „Held von Berlin”

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Auch Mill war „Held von Berlin”
Das DFB-Pokalfinale
Das DFB-Pokalfinale
„Mach‘s noch einmal, Borussia!“
„Mach‘s noch einmal, Borussia!“
Auch Mill war „Held von Berlin”
So lief das Finale 1989 gegen Bremen: „Teddy” de Beers Glanztat gegen Rune Bratseth raubte Werder den Nerv
Gerade erst hatte Diego im Achtelfinalspiel einen Strafstoß verwandelt. Nun lief Bremens Brasilianer mit der feinen Torschusstechnik wieder an...
(Bild: Heyer&amp)
... aber Marc Ziegler hatte die Ecke „gerochen” und fischte sich den Ball. Werder war geschlagen und der BVB stand erstmals seit vielen Jahren wieder im Viertelfinale.
(Bild: Heyer&amp)
Der Siegeszug begann in Magdeburg
Borussias Weg nach Berlin: Im Viertel- und Halbfinale Heimspiele gegen die Zweitligisten Hoffenheim und Jena
Das Los meinte es gut mit den
Borussen. Sie mussten nur in
der ersten Runde auswärts antreten, schalteten danach aber
die in der Tabelle deutlich besser platzierten BundesligaKonkurrenten Werder Bremen und Eintracht Frankfurt
aus. Wilfried Wittke zeichnet
den Weg nach Berlin nach.
nur zu einem Treffer (Eric
Agyemang) zu nutzen wusste.
Eiskalt schlugen die Dortmunder durch Mladen Petric
(75.) und Diego Klimowicz
(90.) zurück. „Das Resultat
täuscht, das Spiel stand auf
des Messers Schneide”, resümierte Thomas Doll nach
dem Abpfiff.
1. FC Magdeburg - BVB
1:4
Das war alles andere als eine
klare Sache. Zunächst profitierten die Dortmunder vor
25 230 Zuchauern im ausverkauften Magdeburger Stadion
von krassen Schnitzern der
gegnerischen Abwehr, für die
sich Ebi Smolarek und Diego
Klimowicz mit den Toren zur
2:0-Führung
bedankten.
Dann schlug der BVB-Defensivbereich einschließlich Torhüter Marc Ziegler tollste Kapriolen, die der Regionalligist
BVB - Eintr. Frankfurt
2:1
Das Zweitrundenspiel begann alles andere als planmäßig: Denn Ioannis Amanatidis schloss den ersten Frankfurter Angriff nach Flanke
von Albert Streit mit einem
Kopfball zur 1:0-Führung ab.
BVB-Schlussmann Marc Ziegler machte dabei nicht die
die
beste
Figur.
Doch
Schwarzgelben kämpften sich
mit Herz und Leidenschaft ins
Spiel zurück. Markus Brzenska, der Kapitän Christian
Wörns erneut auf die Bank
verdrängt hatte, schoss kurz
nach dem Seitenwechsel zum
Ausgleich ein, und Mladen
Petric krönte seine überragende Leistung mit dem Siegtreffer in der 65. Minute.
Marc Ziegler der Held
beim 2:1 gegen Bremen
BVB - Werder Bremen
2:1
Held des Spiels war Marc
Ziegler, der in der 85. Minute
einen Strafstoß von Diego parierte und den Dortmundern
damit den Gang in die Verlängerung ersparte. Borussia eröffnete die später abwechslungsreiche und hoch dramatische Partie mit einem Paukenschlag. Giovanni Federico
erzielte nach glänzender Vorarbeit von Mladen Petric mit
einem platzierten Rechtsschuss die 1:0-Führung. Vorher hatten die Gäste reihen-
weise beste Chancen versiebt.
Der eingewechselte Diego Klimowicz erhöhte in der 80. Minute auf 2:0 - alles schien damit klar zu sein für den Einzug
ins Viertelfinale. Doch Werder drehte noch einmal groß
auf. Diego verwandelte in der
82. Minute einen Elfmeter,
nachdem Sebastian Kehl Angreifer Markus Rosenberg von
den Beinen geholt hatte. Der
Brasilianer verkürzte auf 1:2.
Martin Amedick verursachte
nur 120 Sekunden später den
nächsten Elfmeter. Diesmal
hielt Marc Ziegler.
BVB - Hoffenheim
3:1
Thomas Doll waren nach
einer packenden und von den
Gästen klar dominierten
Schlussphase Steine vom Herzen gefallen. „Die spielen
richtig guten Fußball, aber am
Ende war es ein verdienter
Sieg”, resümierte der BVBTrainer. Gegen den aufstrebenden Dorfverein lief es für
die Dortmunder zunächst
nach Wunsch. Giovanni Federico eröffnete - wie gegen
Bremen - mit einem satten
Schuss von der Strafraummarke den Torreigen (20.). Der
Brasilianer Tinga ließ schnell
das 2:0 folgen (23.), aber die
von der Kulisse (55 400 Zuschauer) mächtig beeindruckten Hoffenheimer steckten
nicht auf. Sie nutzten ein Elfmetergeschenk von Schiedsrichter Felix Brych zum Anschlusstreffer (38., Copado).
Borussias 3:1-Führung (Petric,
54.) beantworteten sie mit
wütenden Attacken. Aber
Marc Ziegler schien tausend
Hände zu haben.
BVB - Carl Zeiss Jena
3:0
Sportdirektor Michael Zorc
nannte den Sieg über Pokalschreck Jena „eine Zangengeburt”. Dabei schienen mit
dem frühen 1:0 durch Tinga
vor 80 708 Zuschauern im
ausverkauften Signal Iduna
Park die Weichen frühzeitig
gestellt. Doch Köpfe und Beine der Borussen-Profis spielten nicht mit.
Der
abstiegsbedrohte
Zweitligist stürzte Dortmunds
Abwehr ständig in die Bredouille. Erst als der Unparteiische Manuel Gräfe Jenas
Spielgestalter Jan Simak wegen
Schiedsrichterbeleidigung die Rote Karte gezeigt
hatte (53.), erlahmte der Widerstand. „Joker” Diego Klimowicz und Mladen Petric
funktionierten mit ihren Treffern die Arena in ein Tollhaus
um. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin”, skandierten
die euphorisierten Fans.
Sieg im Elfmeterschießen: In Burghausen drohte Riesen-Blamage,
ein 18-jähriger Torwart trieb Toni, Klose und Co. zur Verzweiflung
Bayerns Weg nach Berlin: Der Top-Favorit musste zwei Mal in die Verlängerung - Schiedsrichter stand beim Derby im Mittelpunkt
Der FC Bayern benötigte ein
Elfmeterschießen (in Burghausen) und eine Verlängerung (gegen München 1860),
um sich für das Pokalfinale zu
qualifizieren. Wilfried Wittke
zeichnet seinen Weg ins Pokalfinale nach.
Burghausen - Bayern 1:1, 3:4
nach Elfmeterschießen.
Oliver Kahn hatte den TopFavoriten mit zwei gehaltenen
Bällen im Elfmeterschießen
vor einer Blamage beim SüdRegionalligisten bewahrt. Erst
in der 79. Minute rettete Miroslav Klose die Bayern mit dem
1:1-Ausgleich in die Verlängerung. Der Rekord-Pokalsieger
verzweifelte an Burghausens
Schlussmann Manuel Riemann. „Da steht einer im Tor,
der hat einen Magnet in den
Handschuhen,” sagte Uli Hoeneß. Der 18-Jährige lieferte das
Spiel seines Lebens ab.
Die Dramaturgie im Elfmeterschießen fesselte die Zuschauer im Stadion und an den
Fernsehgeräten. Denn nachdem die Münchner Sosa, Altin-
top und Demichelis ihre Strafstöße verschossen hatten, bot
sich Markus Palionis die Riesen-Chance, den Bayern den
Garaus zu bereiten. Doch er
verlor die Nerven, ebenso wie
später Thomas Mayer. Für
München trafen Ribery, van
Bommel, Lahm und Lell.
FC Bayern - Borussia Mönchengladbach
3:1
Die Platzherren taten sich
lange Zeit schwer gegen den
großen Rivalen der 70er Jahre.
Kahn-Vertreter Michael Rensing verhinderte gegen Oliver
Neuville kurz nach dem Wechsel einen Rückstand. Danach
erst drehten die Bayern auf und
gingen durch zwei Tore von
Luca Toni in Führung. Beide
Male hatte Lukas Podolski die
Vorarbeit geleistet. Marcel
Ndjeng ließ bei den Borussen
zwar noch einmal Hoffnung
keimen, doch Miroslav Klose
machte alles klar.
Wuppertal - FC Bayern
2:5
Bis zur 50. Minute witterten
die 61 482 Zuschauer in der
ausverkauften Veltins-Arena
auf Schalke eine Sensation.
Denn der Regionalligist rang
dem haushohen Favoriten bis
dahin ein 2:2 ab. Dem 0:1 und
1:2 durch Miroslav Klose ließen die Bergischen jeweils
prompt den Ausgleich folgen
(Damm, Ball war von Lucio abgefälscht, und Saglik). Erst
nach dem Wechsel machten
die Münchner einen ZweiKlassen-Unterschied deutlich
und zogen durch Treffer von
van Buyten, Luca Toni und Hamit Altintop auf 5:2 davon.
Frank Ribéry traf in der
120. Minute zum 1:0
Bayern - 60 München 1:0 n. V.
Erst in der 120. Minute bewahrte Franck Ribery mit einem eiskalt verwandelten Elfmeter die „Roten” im Lokalderby vor dem Gang ins Elfmeterschießen. In der kampfbetonten, vom FCB überlegen geführten
Partie,
stand
Schiedsrichter Peter Gagelmann im Blickpunkt. Der Unparteiische aus Bremen verweigerte Bayern kurz vor Schluss
der regulären Spielzeit einen
Foulelfmeter. Vorher hatte er
Luca Toni die Gelb-Rote Karte
gezeigt (84.). In der Verlängerung leistete er Wiedergutmachung. Nach einer Schauspieleinlage von Franck Ribery stellte er Markus Thorandt vom
Platz, und noch lange nach
dem Abpfiff erhitzten sich die
Gemüter an Gagelmanns Strafstoßentscheidung.
FC Bayern - Wolfsburg
2:0
Es war wie immer, wenn die
Niedersachen in München antreten: Sie versteckten sich wie
das Kaninchen vor der Schlange. „Unseren großen Respekt
vor dem großen FC Bayern und
dem großen Stadion konnten
wir nie ablegen”, resümierte
VfL-Trainer Felix Magath. Den
Bayern, die sich zuvor in der
Bundesliga bei der 0:2-Niederlage in Cottbus blamiert hatten, fiel die Wiedergutmachung fast in den Schoß. Ribery und Klose drückten ihre
Überlegenheit auch in Toren
aus. Der FC Bayern löste damit
die Fahrkarten nach Berlin.
Der Mann des Abends beim Derby: Franck Ribéry erlöste die
Bayern in der 120. Minute mit einem verwandelten Elfmeter.
Dr. Müller: „Mannschaft
kann, wenn sie will.”
Watzke: „Mannschaft soll
sich zerreißen.”
„Ich bin sehr gespannt auf das
Endspiel und freue mich auf
den Anpfiff. Das Finale gewinnt der BVB, weil die
Mannschaft schon wiederholt gezeigt hat, dass sie kann,
wenn sie nur will!”
Dr. Werner Müller,
Vorstandsvorsitzender
von
Evonik Industries AG, Hauptsponsor des BVB.
„Ich freue mich auf Berlin,
weil wir nach sechs Jahren
erstmals wieder in einem
Endspiel sind. Und das ist
schließlich ein Highlight im
Leben jedes Sportlers. Und
uns tut es gut, dass wir in jedem Fall im europäischen
Wettbewerb sind. Ich hoffe
auf kein bestimmtes Ergebnis,
ich erwarte von der Mannschaft, dass sie sich bis zum
Allerletzten zerreißt.”
Hans-Joachim Watzke,
Vorsitzender der Geschäftsführung der BVB KGaA
So besiegt
man Bayern
Wie besiegt man Bayern München? Wir haben nachgefragt
und mit Horst Heldt (Manager
VfB Stuttgart), Boran Prašnikar (Trainer Energie Cottbus)
und Jürgen Röber (Ex-Trainer
Borussia Dortmund) gesprochen. Sie sind Rekordpokalsieger-Besieger und damit
Fachleute bei diesem wichtigen Thema.
Bojan Prašnikars Cottbusser
haben die Bayern im März 2:0
besiegt, es war die jüngste Niederlage für den kommenden
Meister. „Wir waren klarer Außenseiter gegen das Starensemble. Aber uns war auch klar,
dass im Vorwärtsdrang der
Bayern Lücken entstehen werden. Darauf habe ich das Team
vorbereitet und genauso ist es
gekommen. Wir haben den FC
Bayern sicher an einem
schwarzen Tag erwischt. Bei
uns hat dagegen alles funktioniert. Ich habe meiner Mannschaft gesagt, Bayern hat sicher
die besseren Einzelspieler, aber
wir können als Team besser
funktionieren. So war es auch.”
Horst Heldts Stuttgarter hatten die Bayern im September
mit 3:1 geschlagen, „wie, wissen wir selbst nicht so genau”,
sagt der Manager des NochMeisters. Die Schwaben hatten
damals eine ganz andere Taktik gewählt als die Cottbusser.
„Man darf sich nicht hinten
reinstellen, hoffen, dass die
Null stehen bleibt und auf
Konter warten. Man muss mutig nach vorne agieren, sein
Spiel durchziehen”, erklärt
Heldt. Zwingende Voraussetzung: „Alle Spieler müssen 100
Prozent geben, jeder muss perfekt spielen und man darf sich
keine Fehler erlauben.” Allerdings warnt Heldt: „Bei der individuellen Klasse der Bayern
ist immer Vorsicht geboten. Sie
sind in der Lage, jeden Spieler
durch einen anderen fast
gleichwertig zu ersetzen. Spielt
Ribery nicht, kommt Schweinsteiger. Ist Klose angeschlagen,
spielt Podolski.”
Beim letzten BVB-Sieg gegen
die Bayern, dem 3:2 im Januar
2006, stand Jürgen Röber an
der Linie. Sein Erfolgsrezept:
„Da muss alles stimmen, alles
passen. Und die Bayern haben
ja jetzt eine Riesentruppe im
Vergleich zum 3:2.” Röber weiter: „Man muss am Limit spielen und hoffen, dass die Bayern
dich vielleicht unterschätzen
und nicht einen ganz so guten
Tag haben. Und man muss ein
bisschen Glück haben.” (tosch)
Coup mit
Biene Maja
Die Vergangenheit hatte Pokalsieger Dortmund 1989 eingeholt. Gleicher Tag, gleicher
Monat (24. Juni), gleicher Ort
(Berlin) - genau wie 33 Jahre
zuvor: Da wurde der BVB zum
ersten Mal deutscher Meister.
Weite Hemden, knielange Hosen, schwarz-gelb geringelte
Stutzen - 1956 das Markenzeichen für Klasse-Fußball, zelebriert von Max Michallek,
Adi Preißler, Alfred Kelbassa
oder Alfred Niepieklo.
Michael Zorc, Frank Mill, Andy
Möller, Thomas Helmer und
Co. hatten historische Fotos
von den ersten Meisterspielern
gesehen, jener legendären
Mannschaft, die gleich zwei
Mal hintereinander in derselben Besetzung Deutscher Meister geworden war. Dann kam
ausgerechnet Frank Mill auf eine verrückte Idee: „Mensch,
wenn auch wir so in Berlin auflaufen würden, das wäre doch
ne tolle Sache."
„Den Geist der alten
Borussen eingeatmet”
Das Präsidium zeigte sich begeistert, gab die Ringelstutzen
á la Biene Maja beim damaligen Ausrüster adidas in Auftrag
- und der Griff in die „Mottenkiste" erwies sich als Volltreffer. Ein Staunen und Raunen
ging durch das Rund des Olympiastadions, und später, beim
Bankett im Hotel Kempinski
ließ Präsident Gerd Niebaum
Tradition und Nostalgie aufleben: „Die Mannschaft von
heute hat den Geist der alten
Borussen eingeatmet.”
Symbolischer Beweis dafür:
Herbert Sandmann, im vergangenen Jahr verstorbener Verteidiger der Meister-Elf von
1956 und 1957, forderte Kapitän Michael Zorc auf: „Nimm
Du meinen Ehrenring, den ich
vor 33 Jahren bekommen habe. Bei dir ist er am besten aufgehoben.” Der Bund zwischen
damals und einer neuen BVBGeneration war geschlossen.
„Ich habe Herberts Geste als
riesige Ehre empfunden”, sagt
Zorc heute.
Diesmal wird die Mannschaft von Borussia Dortmund
mit schwarzen Strümpfen auflaufen - da steckt Aberglaube
hinter . Denn in dieser Montur
gewann sie alle bisherigen Pokalspiele.
(wiwi)
BVB-Sportdirektor Michael
Zorc weiß, wovon er spricht.
„Man muss sich in einen Ausnahmezustand bringen”, empfiehlt er den BVB-Profis. Genau das ist jener Mannschaft
gelungen, die am 24. Juni 1989
mit einem sensationellen 4:1Sieg über Werder Bremen
deutscher Pokalsieger geworden ist.
Borussia war beseelt, dieses Finale gegen die bereits vorher
für den UEFA-Cup qualifizierten Hanseaten zu gewinnen.
Trainer Horst Köppel erinnert
sich: „Vielleicht fehlte ihnen
deshalb der letzte Biss.” Der
BVB hatte sie erst niedergekämpft - und am Ende ausgespielt. So mutig und entschlossen möchte man die Mannschaft auch morgen sehen.
Dabei schien anfangs alles
für Werder zu sprechen: Routine, Ausgeglichenheit und
Selbstbewusstsein der Mannschaft, ihre Erfahrung aus zig
Europacupspielen und nicht
zuletzt der gewiefte Taktiker
Otto Rehhagel. Folgerichtig erzielten die Bremer in der 14.
Minute die 1:0-Führung. Torschütze: Karl-Heinz Riedle, der
neun Jahre später, im Champions-League-Finale von München gegen Juventus Turin,
zwei BVB-Treffer für die Ewigkeit erzielen sollte.
Olympiastadion war um
19.55 Uhr ein Tollhaus
Alles schien für Bremen programmgemäß zu verlaufen.
Borussias Mittelfeld-Stratege
Michael Rummenigge sagte
damals: „Wenn du gegen Werder auf neutralem Platz in
Rückstand gerätst, dann ist die
Sache eigentlich gelaufen.
Aber mit diesem Tor ging ein
Ruck durch die Mannschaft.”
Michael Zorc ergänzte: „Wir
standen bei unseren tollen
Fans in der Pflicht. Dieses Spiel
mussten wir einfach umbiegen
- um jeden Preis.”
Sie haben investierten mehr
Laufbereitschaft, noch mehr
Einsatz und Aggressivität - mit
Erfolg. „Man konnte förmlich
spüren: Die Jungs helfen sich,
Die Sensation ist perfekt und nach 23 langen Jahren endlich wieder eine Trophäe in Dortmund: Stolz präsentiert Andy Möller den DFB-Pokal im Berliner Olympiastadion.
Norbert Dickel (rechts) strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Vorn im Bild Kapitän Michael Zorc.
(Bild: Bodo Goeke)
die packen das”, blickt Horst
Köppel zurück. Und wie sie
sich Respekt verschafften!
Die Uhr zeigte 18.20 Uhr, als
folgendes passierte: Frank Mill,
der ein Riesenspiel machte,
tanzte Thomas Wolter auf der
linken Seite aus und passte den
Ball in die Mitte. Dann folgte
der erste Streich von Norbert
Dickel. Der schildert die Situation so: „Rune Bratseth steht
noch vor mir. Ich denke: Hoffentlich kommt der nicht
mehr ran. Aber er ist einen
Schritt zu spät. Ich habe freie
Bahn, die rechte Ecke ist leer.
Peng, das Ding ist drin.
Mensch, ich werde verrückt.”
In diesem Augenblick spürte
Dickel: Mensch, du hast heute
das Zeug zum Pokal-Helden!
Dann, kurz vor der Pause,
vielleicht die Schlüsselszene
dieses Endspiels: Der lange
Bratseth hechtete in eine Flanke von Wolter - der Ball musste
einfach drin sein. Aber „Teddy” de Beer schnappte ihn sich
mit einem Riesensatz. Michael
Zorc: „Da wusste ich - den Pott
können nur wir holen.”
Otto Rehhagel setzte im
zweiten Durchgang voll auf
Angriff - und Borussia konterte
eiskalt. Um 19.21 Uhr das 2:1.
Torschütze Frank Mill beschreibt Entstehung und Vollendung so: „Michael Zorc hebt
den Ball in den Strafraum.
Nicht sehr scharf. Aber ich
kann frei springen, dem Ball
per Kopf noch etwas Druck
und die richtige Richtung ge-
ben. Ich musste mich abdrehen, konnte den Abschluss der
Aktion nicht mehr sehen - hatte nur noch die Fans im Auge.
Wie sie plötzlich hochsprangen und jubelten. Dann war es
dunkel um mich. Da lagen die
anderen Jungs schon über mir,
brüllten vor Freude.”
Die Fans jubelten: „Und
wir haben den Pokal”
Mill hatte schon 1984 mit
Borussia
Mönchengladbach
im Finale gegen den FC Bayern
gestanden, die „Fohlen” 1:0 in
Führung geköpft, aber das Elfmeterschießen verloren. Jetzt,
in Berlin, wollte Mill endlich
seinen ersten Titel. Und so
spielte er auch. Wie aufgedreht
und beseelt vom Willen, dieses
Finale zu gewinnen.
Um 19.27 Uhr war Mill wieder Vorbereiter. Seinen Schuss
konnte Oliver Reck noch abwehren, „Frankie” hockte am
Boden, rappelte sich schnell
wieder auf und flankte überlegt
auf die linke Seite. Da lauerte
Dickel. „Nobby” schildert:
„Ich sehe den Ball kommen
und denke: Nimm ihn nur
nicht mit der Innenseite, das
macht dein Knie nicht mit. Also voll drauf. Es passte: der
Punkt, an dem ich den Ball treffe, die Körperhaltung, die
Schussrichtung.”
Es sollte noch schöner kommen. Michael Lusch, gerade
für Günter Breitzke eingewechselt, hatte freie Bahn,
Schuss aus zwölf Metern - 4:1
um 19.28 Uhr. Das Spiel war
gelaufen. „Und wir haben den
Pokal, halleluja...”, dröhnte es
aus 40 000 Kehlen. Wahnsinn.
Dann durfte Norbert Dickel
raus und Bernd Storck rein. 14
Minuten später pfiff Schiedsrichter Karl-Heinz Tritschler
(Freiburg) ab.
Um 19.55 Uhr verwandelte
sich das Olympiastadion in ein
schwarz-gelbes Tollhaus: Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble überreichte Michael
Zorc die Trophäe. „Und wir haben den Pokal...”!
Mach es noch einmal, Borussia Dortmund, am Samstag an
gleicher Stelle gegen den Rekordpokalsieger Bayern München.
Wilfried Wittke
Von Kutowski bis Zorc: Dieses Team hat Geschichte geschrieben
Borussia Dortmund hat die Pokalsieger von 1989 nach Berlin eingeladen - Michael Rummenigge wäre gern Sportmanager geworden
Die „Helden von Berlin” treffen sich wieder. Am 19. April
in Berlin, wenn ihre Nachfolger versuchen, das Kunststück
zu wiederholen, im Finale einen haushohen Favoriten zu
besiegen. Wie am 24. Juni
1989. Der BVB hat alle Vorstandsmitglieder,
Trainer,
Spieler und Betreuer „von damals” in die Hauptstadt eingeladen - eine tolle Geste. Und
sie holten damals den Pokal:
„Teddy” de Beer: Fast ein
BVB-Urgestein. Kam 1986 vom
MSV Duisburg und war über
Jahre ein zuverlässiger Schlussmann. Wurde von Stefan Klos
abgelöst. In Berlin nur von
„Kalle” Riedle bezwungen.
Trainiert heute Borussias Torhüter.
Günter Kutowski: Der Verteidiger wurde schon mit 18
Jahren Stammspieler und war
ein Kämpfer vor dem Herrn.
An ihm gab es kein Vorbeikommen. Heute noch in der
BVB-Traditionsmannschaft
Fußball-Fachmann beim
DSF: Thomas Helmer.
aktiv - bissig wie eh und je.
Thomas Kroth: Kam als technisch versierter Mittelfeldspieler im Sommer 1988 vom Hamburger SV zum BVB und wurde
von Horst Köppel zum umsichtigen Libero umfunktioniert.
Heute ist er als Spielerberater u. a. von BVB-Profi Giovanni
Federico - tätig.
Thomas Helmer: Besetzte in
der Abwehr beinahe alle Positionen, wurde beim BVB Nationalspieler. Wechselte dann un-
ter dubiosen Umständen zum
FC Bayern. Heute u. a. als TVModerator beim DSF am Ball.
Günter Breitzke: Der Mann
mit den Säbelbeinen konnte
an guten Tagen eine ganze Abwehr schwindlig spielen. Borussia hatte ihn 1988 für „kleines Geld” vom SC Köln-Brück
geholt. Hätte mehr aus seinem
Talent machen müssen. Heute
verstärkt er die Traditionsmannschaft.
Lieblingsbeschäftigung:
„Trainer ärgern”
Murdo McLeod: Dortmunds
Lieblingsschotte - bis Paul
Lambert kam. Er war Borussias
„Mädchen für alles” - und gab
ständig alles. McLeod trug das
BVB-Emblem im Herzen.
Michael Zorc: Krönte sein
erstes Jahr als BVB-Kapitän mit
dem Pokalsieg. In Berlin der
einzige defensive Mittelfeldspieler. Seit 1998 Borussias
Sportdirektor.
Michael Rummenigge: Gegen seinen Transfer liefen da-
mals die Fans Sturm. Später begleiteten sie den fußballerisch
überragenden Mittelfeldspieler mit Applaus. Heute in vielen Sätteln gerecht, u. a. betreibt er Fußballschulen. Er wäre beim BVB gern Sportmananger geworden.
Andreas Möller: Damals,
mit 21 Jahren, noch ein außergewöhnliches Talent. Der BVB
zahlte 1987 an Eintracht
Frankfurt für ihn die RekordAblösesumme von 2,4 Millio-
Einsteiger im Trainergeschäft: Andi Möller.
nen DM. Vielleicht der begnadeteste Fußballer, der in den
letzten
30
Jahren
das
schwarzgelbe Trikot getragen
hat. Trainiert heute Viktoria
Aschaffenburg.
Norbert Dickel: Der „Held
von Berlin”, weil er zwei spielentscheidende Tore geschossen hat. War ein paar Wochen
vorher noch am Meniskus operiert worden. Musste wegen einer chronischen Knie-Verletzung seine Karriere beenden.
Heute „Event-Manager” und
Stadionsprecher.
Frank Mill: Ein Schlitzohr.
Trickreich, torgefährlich, mit
allen Wassern gewaschen. Als
er mal nach seiner Lieblingsbeschäftigung befragt wurde,
sagte er: „Trainer ärgern.” Die
konnten ein Lied von ihm singen. Bis Ottmar Hitzfeld kam.
Der rasierte ihn.
Michael Lusch: Wurde in
Berlin in der 73. Minute für
Breitzke eingewechselt. Ein
dankbarer Spieler, der keine
Ansprüche stellte, aber stets
Betreibt Fußballschulen:
Michael Rummenigge.
Leistungen sprechen ließ. Bot
seine stärksten Spiele im rechten Mittelfeld. Auch heute
noch in der Traditionsmannschaft aktiv.
Bernd Storck: Hätte Horst
Köppel seinen Kopf durchgesetzt, wäre der Verteidiger für
die Anfangsformation nominiert worden. Als Dickel seine
Pflicht und Schuldigkeit getan
hatte, kam er in der 76. Minute
ins Spiel. War zuletzt Assistent
von Jürgen Röber.
(wiwi)