Diagnostik der Endo metriose optimieren

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Diagnostik der Endo metriose optimieren
DIAGNOSTIK + THERAPIE
Diagnostik der
Endometriose optimieren
O. Buchweitz1, S. Schäfer1, M. Götte1, L. Kiesel1
Trotz der relativen Häufigkeit und der teilweise deutlichen Beschwerden der Patientinnen vergehen weltweit etwa sechs bis
acht Jahre vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose der Endometriose (4, 19). Deshalb wurde die Endometriose
2003 als eine Erkrankung ohne Lobby bezeichnet (19). Welche
diagnostischen Möglichkeiten können und sollten wir im Jahr
2009 nutzen?
Die Ursachen für Verzögerungen in
der Diagnostik sind mannigfaltig. Sie
reichen von der Unkenntnis des behandelnden Arztes bis dazu, dass die
leidende Frau keinen Arzt aufsucht,
weil sie meint, mit den Beschwerden
leben zu müssen (7, 19). Eine weitere Erklärung ist sicherlich die Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen
der Endometriose und das sehr unterschiedliche Ausmaß der Symptome, das häufig nicht mit der Ausdehnung der Erkrankung korreliert
(23). Einzelne peritoneale Herde können genauso wie eine komplette Obliteration des Douglasraumes zu anhaltenden Schmerzen führen oder ein
symptomloser Zufallsbefund sein.
Die klinischen Beschwerden sind richtungweisend, jedoch nicht pathognomonisch. Insbesondere die chronischen Unterbauchschmerzen können
vielfältiger Natur sein und gynäkologische, gastrointestinale, urologische,
neurologische und psychosomatische
Ursachen haben (21, 24). Ein Teil der
betroffenen Frauen ist asymptomatisch.
Endometriose ist eine
häufige Erkrankung
Die häufigsten mit einer Endometriose im Zusammenhang stehenden
1 Klinik
und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe,
Universitätsklinikum Münster,
Endometriose-Zentrum Stufe III
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Symptome sind Dysmenorrhoe, chronische Unterbauchschmerzen, Dyspareunie sowie Auffälligkeiten bei
der Defäkation und Miktion. Infertilität und Endometriose sind häufig
assoziiert.
Die Angaben zur Prävalenz schwanken in der Literatur erheblich. 2–22%
aller asymptomatischen Frauen entwickeln im Laufe ihrer Geschlechtsreife eine Endometriose. Bei Frauen
mit einer Dysmenorrhoe wird eine Prävalenz zwischen 40% und 60% und
bei Frauen mit einer Subfertilität eine Prävalenz zwischen 20% und 30%
angegeben (3, 18).
Neben der Dysmenorrhoe und der Sterilität als Leitsymptomen für eine Endometriose sollte der Dyspareunie
und Dyschezie als ein Warnhinweis
für das Vorliegen einer tief infiltrierenden Endometriose besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (11,
20).
Rektovaginale Untersuchung
obligatorisch
Die bimanuelle Untersuchung ist von
entscheidender Bedeutung für die Erfassung der tief infiltrierenden Endometriose im Spatium rectovaginale sowie im Bereich der Ligamenta sacrouterina und im Douglasraum (10).
Erst eine gleichzeitige rektovaginale
Untersuchung ermöglicht jedoch in
vielen Fällen die sichere Abgrenzung
des Befundes gegenüber den umliegenden Strukturen.
Die Auswertung eigener Daten zeigt
jedoch, dass die gleichzeitige rektale Untersuchung trotz richtungweisender Symptome häufig nicht durchgeführt wird. Lediglich 25% der Frauen mit einer Dyspareunie und 32%
der Frauen mit einer Dyschezie gaben
bei Überweisung in die Endometriose-Sprechstunde des Universitätsklinikums Münster an, jemals zuvor vom
Frauenarzt rektal untersucht worden
zu sein.
Die rektale Palpation wird in der aktuellen Leitlinie zur Diagnostik und
Therapie der Endometriose zur Abklärung einer tief infiltrierenden Endometriose empfohlen (8).
Zugewinn durch Ultraschall
Der transvaginale Ultraschall diente
bisher vornehmlich der Diagnose oder
dem Ausschluss einer ovariellen
Endometriosezyste (9, 16). Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass
die transvaginale Sonographie in
Kombination mit der körperlichen
Untersuchung auch wesentlich zur
Diagnose einer tief infiltrierenden
Endometriose im Bereich der Scheide und des Rektums beitragen kann
(11). Wichtig erscheint hier, dass
körperliche Untersuchung und Sonographie von der gleichen Person
durchgeführt werden. Die trans vaginale Sonographie vermag in der
Hand eines geübten Untersuchers die
rektale Infiltrationstiefe in ausreichendem Maße vorherzusagen (11).
Das Einbringen von Flüssigkeit oder
Ultraschall-Gel in das Rektum kann
die Kontrastierung der Veränderung
erleichtern (12, 14). Alternativ ist
die Durchführung der transrektalen
Endosonographie mit einer vergleichbaren Sensitivität und Spezifität möglich (17).
Die regelmäßige Nieren-Sonographie
wird bei Verdacht auf das Vorliegen
einer tief infiltrierenden Endometriose mit räumlicher Nähe zum Ureter empfohlen, um einen Nierenaufstau rechtzeitig zu erkennen (8). Die
peritoneale Endometriose ist der
Reliabilität der visuellen Endometriose-Diagnostik
60
Das MRT erweist sich als hilfreich bei
der Beurteilung einer Adenomyose
und der tief infiltrierenden Endometriose (1, 13), ergibt aber keinen
diagnostischen Zugewinn gegenüber
der transvaginalen Sonographie bei
der ovariellen Endometriose und lässt
keine verlässliche Aussage über das
Vorliegen einer peritonealen Endometriose zu (22).
50
Um eine suffiziente Beurteilung des
Beckens hinsichtlich des Vorliegens
und der Ausdehnung einer Endometriose zu ermöglichen, ist auf eine T2Wichtung der MRT-Bilder zu achten sowie auf das Durchführen von Aufnahmen in sagittaler und axialer Ausrichtung (1). Die Computertomographie
hat aufgrund der höheren Strahlenbelastung und einem fehlenden diagnostischen Zugewinn gegenüber dem
MRT in der Endometriosediagnostik eine untergeordnete Bedeutung.
Laparoskopie unter
Weißlichtbedingungen
Den Goldstandard in der Diagnostik
der Endometriose stellt die Laparoskopie unter Weißlichtbedingungen
dar. Sie ist die einzige Möglichkeit der
Diagnostik der peritonealen Endometriose, die aufgrund ihrer geringen
Größe weder der Tastuntersuchung
noch anderen bildgebenden Verfahren
im verlässlichen Maß zugänglich ist.
Die Laparoskopie ermöglicht als einziges Verfahren gleichzeitig Diagnostik und Therapie.
Trotz fortwährender Verbesserung der
optischen Systeme, der Lichtleiter und
des Monitors, die zu einer deutlichen
Verbesserung der Endometriosediagnostik beigetragen haben, bleibt die
Aussagekraft der laparoskopischen Endometriosediagnostik im hohen Maß
abhängig vom Beobachter (s. Abb.
1). Eigene Untersuchungen haben ge-
Beobachter
Magnetresonanztomographie
für die Differenzialdiagnose
ASRM 0
ASRM I
ASRM II
40
30
20
10
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
>10
Endometrioseherde
Abb. 1: Reliabilität der visuellen Endometriose-Diagnostik bei Patientinnen mit endometriosetypischen Beschwerden (Buchweitz 2005). 98 Teilnehmern eines Workshops für Endometriose und Myome wurde mittels digitaler Videodemonstration derselbe Situs von drei Patientinnen mit endometriosetypischen Beschwerden demonstriert. Hierbei handelte es sich um
jeweils eine Patientin mit einer minimalen (rASRM I), milden (rASRM II) und keiner Endometriose (rASRM 0). Die Teilnehmer wurden gebeten, Endometrioseherde in eine vorgegebene
Operationsskizze einzutragen und den Situs nach der rASRM-Klassifikation zu klassifizieren.
Die Anzahl der histologisch bestätigten Endometrioseherde betrug 2 (ASRM I), 5 (ASRM II)
und 0 (ASRM 0). Angegeben wird die unterschiedliche Anzahl von Endometrioseherden, die
von 98 Beobachtern bei der Beurteilung desselben Situs diagnostiziert wurde.
zeigt, dass insbesondere aktive Endometrioseherde wegen ihrer morphologischen Vielfältigkeit und unterschiedlichen Größe häufig verkannt
werden und z.B. mit Mesothel-Proliferationen, entzündlichen und postentzündlichen Veränderungen verwechselt werden (6). Eine histologische Sicherung der Diagnose im Sinne der Qualitätssicherung erscheint
notwendig. Der zusätzliche intraoperative Einsatz der Fluoreszenz- oder
Autofluoreszenzdiagnostik vermag die
diagnostische Sensitivität deutlich zu
erhöhen (5).
Auch die korrekte Diagnose der tief infiltrierenden Endometriose und ihrer
Ausdehnung ist im hohen Maße abhängig vom Operateur. Da die peritoneale Manifestation der tief infiltrierenden Endometriose häufig nur die
Spitze des Eisberges darstellt bzw. sich
nur durch eine sternförmige narbige
Einziehung manifestiert (s. Abb. 2),
wird die Ausdehnung der Endometrio-
DIAGNOSTIK + THERAPIE
Ultraschall-Untersuchung nicht zugänglich.
se häufig unterschätzt mit der Gefahr
einer unzureichenden Therapie.
Serologie nur begrenzt
hilfreich
Die Bestimmung des Tumormarkers CA
125 ist für die Diagnose der Endome-
Tief infiltrierende Endometriose im Douglasraum
Abb. 2: Typisches Erscheinungsbild der tief
infiltrierenden Endometriose, die sich häufig nur als sternförmige peritoneale Einziehung darstellt, obwohl ein deutlich größerer
rektovaginaler Tastbefund zu erheben ist.
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triose nicht hilfreich. Er ist bei Endometriosepatientinnen unspezifisch erhöht und nicht für die Verlaufskontrolle geeignet (15). Der Nachweis von
CCR1-mRNA in Leukozyten des peripheren Bluts erscheint viel versprechend insbesondere in Kombination
mit der Messung von MCP 1 und Ca
125 als neuer diagnostischer Test für
das Vorliegen einer Endometriose (2).
Diese Untersuchung ist bisher aber
nur unter experimentellen Bedingungen im Einsatz.
Leitlinien und zertifizierte
Zentren
Seit dem 5. Deutschen Endometriose
Kongress im Jahr 2003, auf dem Prof.
Karl-Werner Schweppe das eingangs
erwähnte geflügelte Wort von der Endometriose als „Krankheit ohne Lobby“ prägte, ist einiges passiert. Die
Endometriose wurde von der Europäischen Union als chronische Erkrankung anerkannt. Es wurde eine
S2-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Endometriose etabliert, die
auf dem Kongress der DGGG in Hamburg 2008 offiziell vorgestellt wurde.
Die Stiftung Endometriose-Forschung
bietet in Zusammenarbeit mit der Europäischen Endometriose Liga und der
8. Endometriose Kongress
Diagnostik, medikamentöse und
operative Therapie der Endometriose sowie der unerfüllte Kinderwunsch sind zentrale Themen des
8. Deutschen Endometriose Kongresses der Stiftung EndometrioseForschung, der vom 9.–12. September 2009 in Münster stattfinden
wird. Daneben wird der gesundheitspolitischen Entwicklung, den
alternativen Therapiemöglichkeiten
und der Sexualität besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Auf der Kongresshomepage
www.endometriose2009.de sind das
ausführliche Programm und die
Anmeldeunterlagen zu finden.
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Endometriose-Vereinigung Deutschland eine Zertifizierung von Endometriosezentren an. Die Auszeichnung
belegt, dass die Zentren über weit reichende medizinische Kompetenz verfügen und strenge Kriterien, Richtlinien und Verfahren in Bezug auf die
Diagnostik und Behandlung der Endometriose einhalten. Die Zertifikate werden jeweils für zwei Jahre vergeben. Mittlerweile gibt es in
Deutschland fünf Zentren der höchsten Kategorie (Stufe III) sowie eines
der Stufe II und fünf der Stufe I.
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Für die Autoren
PD Dr. med.
Olaf Buchweitz
Geschäftsführender Oberarzt
Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Str. 33
48149 Münster
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