Evaluation Soziale Stadt Würzburg-Heuchelhof, Schäuble Institut für
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Evaluation Soziale Stadt Würzburg-Heuchelhof, Schäuble Institut für
Im Auftrag der Stadt Würzburg Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Andreas Distler Ingegerd Schäuble Januar 2011 Seite 2 INHALT Seite EINLEITUNG 6 A HISTORISCHER GESAMTBLICK 8 Großsiedlung Heuchelhof - Vorgeschichte mit Fernwirkung 8 1. Entstehung H1 und H 2 - 7 nach den Leitideen des modernen Städtebaus, Start als „Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ 2. Positive Elemente bis heute: ein gutes Erbe 3. Belastende Bedingungen und Probleme Projekt Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof: 8 9 9 10 Chance für eine tiefgreifende Stabilisierung der Lebenswelt 1. Programmstart in Bayern und Würzburg: Früher Einstieg 2. Befunde 1999 im VU-Gebiet (Stärken, Schwächen): Was gab den Anstoß? 3. Integriertes Handlungskonzept (IHK): Ziele und Maßnahmenvorschläge im IHK mit städtebaulichem Rahmenplan Wohin sollte es ab dem Jahr 1999 gehen? 10 13 14 B PROJEKTSTRUKTUR: Gemeinsam bewegen wir etwas für das Quartier 20 Kooperative Leitung der Sozialen Stadt, kluge Vernetzung der Arbeitsgremien und der Aktiven im Planungs-, Aktivierungs- und Umsetzungsprozess 20 C BESONDERE AKTEURiNNEN: 1. 2. 3. 4. 5. Viele Hände und Köpfe tragen zum Erfolg bei 30 Quartiersmanagement Stadtbau Würzburg und andere Wohnungsgesellschaften Allgemeiner Sozialdienst – ASD Conciergedienst als Bewohner-Service Bürgerverein Heuchelhof 30 35 36 37 38 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 3 6. 7. 8. 9. Schulen Evangelische und katholische Kirchengemeinde Sportverein(e) Soziale Infrastruktureinrichtungen 39 40 41 42 D SOZIALE SCHLÜSSELTHEMEN: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Bewusstsein für die Lebensqualität 43 Stabiles Netzwerk, Verbundsystem sozialer Dienste im Quartier Integration der Russlanddeutschen Bevölkerungsgruppe Beheimatung statt Segregation Zusammenspiel öffentlicher und privater Räume Senioren- und Behindertengerechtigkeit Kunst, Kultur und Freizeitangebote Bürgeraktivierung und Beteiligungskultur Öffentlichkeitsarbeit Sicherheit im Quartier Wohnen am Heuchelhof 44 46 52 54 55 59 61 64 67 68 E STADTRAUM MIT GEBAUTEN SCHLÜSSELPROJEKTEN 72 Blick zurück in die Vergangenheit Städtebauliche Gesamtsicht: Was wurde mit den vielen Bausteinen der städtebaulichen und baulichen Einzelprojekte im Ganzen erreicht? 1. Zentrumsbildung: H1 hat seine Mitte gefunden 2. Wohnanlagen: Man wohnt wieder gerne in H1 3. Wohnumfeld in H1: Freiräume nehmen bessere Gestalt an 4. Verkehr und Orientierung 5. Stadtgestalt mit mehr Qualität 72 72 73 74 76 77 Einzelprojekte, Einzelmaßnahmen 78 79 80 82 84 86 1. 2. 3. 4. 5. Stadtteilzentrum als Startprojekt Umbau des Alten Schwimmbads zum Treffpunkt Arkadenausbau, Hauseingänge, Treppenhäuser Urbane Achse Place de Caen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 4 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Fassadensanierung, Gestaltungsleitfaden Kinderspielplätze und der Freizeitpark an der Gethsemanekirche Müllsammelstellen und Abfallkonzept Die drei großen Tiefgaragen mit 1.453 Stellplätzen Freiräume der Straßen, Wege und Grünflächen Beleuchtung und gefühlte Sicherheit Orientierung im Viertel F NOCH NICHT REALISIERTE, ABER NOTWENDIGE PROJEKTE UND MASSNAHMEN: 88 91 93 94 96 97 98 100 Blick nach vorne in die nähere Zukunft 1. 2. 3. 4. 5. Tiefgaragen, Stellplätze, ruhender Verkehr Müllsammelstellen Bürgersteig entlang der Heuchelhofstraße Behindertengerechter Zugang zur Straßenbahnhaltestelle Straßburger Ring (Querung der Heuchelhofstraße, Brücke über die Bahnsteige) Geschosswohnungsbau 100 102 102 103 106 G VERFAHRENSBEWÄLTIGUNG Viele formale Schritte mussten gegangen werden 1. 2. 3. 4. 5. 108 Erste Programmaufnahme 1999 108 Vorbereitende Untersuchung (VU) und Integriertes Handlungskonzept (IHK) 108 Sanierungsverfahren 109 Planungsrechtliche Verfahren 111 Bedeutung begleitender Fachkonzepte der Stadt: Integrierte Stadtentwicklung auch für den Heuchelhof 112 H KOSTEN, FINANZIERUNG, FÖRDERUNG: Ohne Moos wenig los! Die Kosten und Finanzierungen (Kofi) zum IHK. Eine zunächst großzügige Perspektive 2. Bewilligungsanträge. Die jährliche Kleinarbeit 3. Förderzeitraum: Viel erreicht in engen Grenzen 115 1. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble 115 118 118 im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 5 4. Kommunale Mitleistung, haushaltslose Zeit. Aus der Not wurde eine Tugend 5. Sonderprogramme. Kleine Gehilfen? 6. Bündelung mit anderen Förderungen und Mitfinanzierungen Wichtige Stützen für die Soziale Stadt 7. Bilanz der Förderung 119 120 I VERSTETIGUNG 125 J RESÜMEE DER GESAMTBEWERTUNG 127 K METHODIK DER EVALUATION 131 SCHLAGWORTVERZEICHNIS 134 © 121 122 Fotos Stadt Würzburg: Seiten 8, 21, 53, 54, 55, 57, 59, 60, 66, 69, 70, 75 (1), 79, 81, 82, 83, 85, 86, 89, 104 Schäuble Institut für Sozialforschung, München: Seiten 58, 75 (1), 88, 91, 92 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 6 EINLEITUNG Die Evaluation des Projektes Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof eröffnet den Verantwortlichen die Möglichkeit zur rückblickenden Reflexion des im Förderzeitraum Geleisteten und zur kritischen Selbstvergewisserung ihres Tuns. Dafür war bei der Vielzahl der Aufgaben und Projekte, die im laufenden Prozess zu bewältigen waren, zu wenig Zeit. Umso mehr wird jetzt zum Abschluss der Förderphase die Möglichkeit der reflektierenden Rückschau durch die dialogische Erarbeitung der Evaluation begrüßt. Sie verspricht auch nutzbringend zu sein für andere Soziale Stadt Projekte der Stadt und allgemein für das Bemühen um eine noch stärker partizipative Planungskultur in Würzburg. Mit dem Auftrag, den die Stadt Würzburg im Jahr 2009 an das Schäuble Institut für Sozialforschung vergeben hat, sind die Ziele für die sozialwissenschaftlichen Erhebungen und Analysen zur Evaluation differenziert formuliert worden: • Mit der rückblickenden Evaluation soll der Förderzeitraum abgeschlossen werden. • Die Qualitäten der Sozialen Stadt sollen in der kommunalen Planungsarbeit weitergeführt werden bei Berücksichtigung des neu Gelernten und Erfahrenen. • Die konsequente Verstetigung des am Heuchelhof Erreichten soll erleichtert werden durch die systematische Betrachtung der förderlichen und der eher behindernden Faktoren. Was mit dem großen Engagement von vielen Zuständigen in der Stadt mit dem Soziale Stadt Projekt am Heuchelhof geschaffen wurde, konnte nach Überzeugung der Verantwortlichen erfreulicherweise „noch tiefer und nachhaltiger in der Planungskultur verankert“ werden, als sie selbst erwartet hatten. Das tatsächlich Erreichte ist nach ihrer Erfahrung weitreichender als es die formalen Vorgaben im Förderprogramm vorschreiben. Wenn die Evaluation den Übergang aus der Förderperiode in das Normalverfahren reflexiv und konzeptionell erleichtert, trägt sie dazu bei, dass „für die Zukunft der Stadt- und Quartiersentwicklung in Würzburg das sichergestellt wird, was alle Beteiligten – mehr oder weniger bewusst – als Erfahrung in sich tragen“. Dem in der Sozialen Stadt Heuchelhof realisierten Verständnis von partizipativer Quartiersgestaltung entspricht bei der Evaluation ein qualitatives sozialwissenschaftliches Vorgehen bei Erhebung und Analyse. So sind die jetzt vorliegenden Evaluationsergebnisse iterativ im Dialog mit den Betroffenen wie auch Zuständigen erarbeitet worden. Wissend, Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 7 dass „soziale Qualitäten“ durch schematisches Zählen und Statistiken nicht angemessen abbildbar sind, haben wir • • • sowohl die vorliegenden Zahlen und Fakten als auch das jeweilige Verständnis von Betroffenen und Zuständigen sowie deren subjektiv unterschiedliche „Wertungen“ bei der Erhebung und Analyse des Prozesses Soziale Stadt in den Blick genommen. Darüber hinaus stellte auch der von den Beteiligten praktizierte selbstreflexive Dialog einen wesentlichen Beitrag zur Evaluation und darüber hinaus auch für den Lernprozess der Einzelnen dar. Die Methoden für den dialogischen Zugang zur Evaluation des H1 sind • • • • neben der reflexiven Gesamtschau das verstehende und ordnende Gespräch mit einzelnen Engagierten und Betroffenen, die Gruppendiskussionen sowie die teilnehmende Beobachtung am Quartiersgeschehen. Mehr zum dialogischen qualitativen Evaluationskonzept, das mehrere „Schleifen“ der Bearbeitung vorgesehen hat, finden interessierte LeserInnen am Ende dieses Berichts im Kapitel K Untersuchungsmethodik. Für die Verwendung der Evaluationsergebnisse in der weiteren Stadtentwicklung ist eine differenzierte Darstellung notwendig. Wir wissen aber, dass ein so langer Bericht immer nur selektiv gelesen werden kann. Für eilige LeserInnen, die schnell die sie interessierenden Stellen finden wollen, gibt es drei mögliche Wege: 1. über das tief gegliederte Inhaltsverzeichnis zu den vielen Themen der Evaluation: damit wird das selektive Lesen erleichtert 2. über die schraffierten Textstellen zu den jeweils herausgearbeiteten Resümees bzw. Empfehlungen: damit wird der schnelle Überblick über die Fülle der Ergebnisse erleichtert 3. über ein Schlagwortverzeichnis am Ende des Berichts, in dem einigen wesentlichen Aufwertungsaspekten in der Sozialen Stadt Heuchelhof die entsprechenden Fundstellen im Bericht zugeordnet werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 8 A HISTORISCHER GESAMTBLICK Großsiedlung Heuchelhof: Vorgeschichte mit Fernwirkung 1. Entstehung von H1 und H2 - H7 nach den Leitideen des modernen Städtebaus, Start als Städtebauliche EntwicklungsMaßnahme • Heuchelhof (Hof auf dem Hügel = Heuchel ist eine mögliche Deutung) war mit seinen Abschnitten H1 bis H7 eine Großsiedlung aus einem Guss (wie damals in vielen westdeutschen Großstädten üblich) als südliche Stadterweiterung von Würzburg, in Planung seit 1961 auf einer Gesamtfläche von rund 280 ha im Bereich des ehemaligen Gutshofs Heuchelhof. Baubeginn des Soziale Stadt Gebiets H1 war 1973, Ende der Entwicklung 1980. Nach den Vorstellungen des für H1 verantwortlichen Architekten G. Dittrich sollten Siedlungsform und Dichte ein südländisches Flair schaffen und die enge, nachbarschaftliche Kommunikation fördern. Abb. 1: Heuchelhof von der A 3 aus gesehen • Der vorübergehende Versuch, das Gebiet mit einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (als Rechtsverordnung 1979 erlassen, aufgehoben 1982) zu entwickeln, war unnötig, weil es der von der Stadt gegründeten Heuchelhofgesellschaft gelungen war, die Grundstücke freihändig zu erwerben. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 9 • Der Heuchelhof war als Trabantensiedlung auf dem Reißbrett entstanden. Entwickelt wurde der Stadtteil nach den Leitideen des in den 60er- und 70erJahren von der Architektenwelt geschätzten „Modernen Städtebaus“ für solche Großsiedlungen: Monostruktur eines reinen Wohngebiets, Mischung aus geballter Hochhausbebauung mit bis zu 12 Geschosse und umgebenden Einfamilienhausteppichen in rechtwinkliger Nord-Süd-Ausrichtung im H1, völlige Trennung von Fahr- und Fußverkehr mit unterirdischen Stellplätzen, um im Innern verkehrsfrei zu sein. 2. Positive Elemente bis heute: ein gutes Erbe Als Vorzüge im Stadtteil Heuchelhof – gegenüber der Kessellage der Kernstadt – gelten bis heute • vor allem die Verkehrsfreiheit im H1 • das gute Fußwegenetz • die Ruhe und Atmosphäre • die Nähe zur Landschaft • eine gute, frische Luft und • ein direkter Anschluss an den ÖPNV und die Hauptverkehrswege. 3. Belastende Bedingungen und Probleme, die auch Anlass für die Soziale Stadt waren und zum Teil bis heute nicht gelöst sind: eine schwierige Erblast Es gibt belastende Lebensbedingungen im Quartier, die auch den Anlass für die Soziale Stadt boten, welche zum Teil bis heute nicht gelöst werden konnten. Zu nennen sind hier vor allem: • eine anonyme und unattraktive Bauweise mit einer hohen Konzentration von Sozialwohnungen und den negativen Auswirkungen der Fehlbelegungsabgabe (die erst mit der Sozialen Stadt abgeschafft wurde) • die baustrukturell bedingte Überzahl an gleichförmigen Dreizimmerwohnungen und die unflexible Betonbauweise der Geschosswohnungsbauten • zentral angeordnete große Tiefgaragenanlagen und Müllstandorte mit wenigen Handlungsspielräumen: - technische Abhängigkeit von der oberirdischen öffentlichen Flächennutzung (Stichstraßen) von der privaten unterirdischen Baustruktur der Tiefgaragen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 10 - Eigentumszuordnung zwischen privatem Eigentum (Gesellschaften) der Tiefgaragen und Müllsammelstellen und dem darüber liegenden öffentlichen Raum - große bautechnische und bauphysikalische Mängel sowie Sicherheitsprobleme. Projekt Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof: Chance für eine tiefgreifende Stabilisierung der Lebenswelt 1. Programmstart in Bayern und Würzburg: Früher Einstieg • Es gab eine zunehmend kritische Entwicklung des H1 mit den dort vorhandenen 1200 Sozialwohnungen, der höchsten Massierung in Würzburg: sozial (60 % sozialwohnungsberechtigt) und baulich, was der Stadt große Sorge bereitete. Es drohte eine soziale Spaltung, falls es nicht gelingen würde, Spannungen und Konflikte, die sich zwischen Einfamilienhaus-BesitzerInnen und den ZuwandererInnen im Siedlungskern H1 anbahnten, rechtzeitig zu entschärfen. • Ein wichtiger Anstoß für das Interesse am Programm Soziale Stadt war der Verkauf des bis 1999 kirchlich genutzten evangelischen Gemeindezentrums an die Stadt. Der damit ermöglichte Umbau zum Stadtteilzentrum gab den Startschuss für die Programmarbeit. • Die Soziale Stadt wurde als einmalige Chance erkannt, die Problematik aufzugreifen und die Aufmerksamkeit von Stadtpolitik und Stadtverwaltung zum Heuchelhof zu lenken. Bevor die Entscheidung für den Heuchelhof fiel, wurden in kurzer Zeit zunächst drei Stadtteile auf ihre Eignung für die Soziale Stadt untersucht. • Die Stadt hatte schnell zugegriffen, als mit der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 04.05.1999 die ersten Soziale Stadt Projekte für Bayern in einem Bewerberverfahren gesucht wurden. Würzburg gehörte zu den ersten 15 Kommunen, die in Bayern in das Programm aufgenommen wurden. Von den beiden zunächst angemeldeten Maßnahmen Heuchelhof und Zellerau wurde nur der Heuchelhof in das Förderprogramm eingestellt. Ein starkes spontanes Interesse von Sozialverwaltung (Herr Scheidereiter), Bauverwaltung (Herr Düthmann, Frau Ackva) und Stadtbau (Herr Laugwitz) gepaart mit der Bereitschaft zur ressortübergreifenden Kooperation brachten die wichtige Stoßkraft für den Start in eine völlig neue Programmwelt. Allerdings hatte Stadtbaurat Baumgart schon am 31.08.1999 gegenüber der in Würzburg tagenden ARGEBAU auf die Schwierigkeiten der Kommunen hingewiesen, die erforderlichen kommunalen Komplementärmittel bereitzustellen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 11 • Stadtratsentscheidung im Herbst 1999 für die Programmanmeldung mit Bereitschaft der Stadt zur Kofinanzierung der Städtebauförderung mit 40% der geschätzten Kosten. Gleichzeitig beschloss der Stadtrat die Auftragsvergabe für die Vorbereitenden Untersuchungen (VU) und das Integrierte Handlungskonzept (IHK) an das Büro Dr.Holl für den städtebaulichen Teil und BSI-Consult für die Sozialplanung, Frau Gardemann. • Der Stadtratsbeschluss am 16.12.1999 ermöglichte den Beginn der Vorbereitenden Untersuchungen im VU-Gebiet und die Vereinbarung einer Organisationsstruktur zur Steuerung des gänzlich neuen Aufgabenkomplexes • Im Sachstandsbericht 2005 zum Jahresantrag kann man die vielen einzelnen Schritte vom Start der Sozialen Stadt am Heuchelhof im August 1999 bis zum Satzungsbeschluss der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets H1 im November 2004 detailliert nachvollziehen: Chronik Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof im Sachstandsbericht von 2005 Zeit August 1999 Aktivität Bildung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe innerhalb der Verwaltung Februar 2000 Vergabe der Vorbereitenden Untersuchungen an das Büro für Städtebau und Architektur, Dr. Holl (städtebaulicher Teil) sowie an BSI-Consult, Maria Gardemann (sozialplanerischer Teil) Oktober 2000 Erwerb und Umbau des ehem. evang. Gemeindezentrums zum Stadtteilzentrum Dezember 2000 Einrichtung einer Steuerungsgruppe zur Koordination des Projektes „Soziale Stadt“ Mai 2001 Auftaktveranstaltung mit Bürgerfest Febr.-Mai 2001 Fachgespräche mit Vertretern der vor Ort tätigen Institutionen, Organisationen und Geschäftsleute Juli 2001 Konstituierende Sitzung der Projektgruppe Heuchelhof mit Bewohnern, Vertretern der Geschäftsleute und Institutionen September 2001 Zukunftswerkstatt mit Bürgerinnen und Bürgern Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 12 Zeit März 2002 Aktivität Workshop zum Thema Abfall und Abfallentsorgung Juli 2002 Durchführung eines Hausfestes im Vorfeld der Sanierung eines Hochhauskomplexes August 2002 Entwicklung eines Farbkonzeptes für einen Hochhauskomplex Dezember 2002 Rückbau einer Straßeneinmündung Dezember 2002 Termin mit den Wohnungsunternehmen, Unterzeichnung einer Vereinbarung zur gemeinsamen Wohnquartiersentwicklung März 2003 Pflanzung der „Bäume der Nationen“ April 2003 Entwurfswerkstatt Place de Caen Mai 2003 Frühlingsfest mit Information über die vorgesehenen Maßnahmen Mai 2003 Start des Projektes „Aktive Nachbarschaftshilfe“ Juni 2003 Juni 2003 Spielplatzfest mit Ideensammlung zur Umgestaltung Gespräche mit den Anliegern des Place de Caen über die Umgestaltung Juli 2003 Oktober 2003 Vergabe Gestaltungsleitfaden und Rahmenkonzept Fußwege / Freiflächen Maßnahmen am Spielplatz Bonner Straße, Bänke für Senioren Oktober 2003 Start des Projektes „Pro Job“ Frühjahr 2004 Begleitung verschiedener Maßnahmen von Wohnungsunternehmen März – Dez.2004 Kinderkultur Heuchelhof 2004: Kreativwettbewerb, Mitmachkonzert, Filmtage, Zirkusprojekt, u.a.m. Juli 2004 Termin mit den Wohnungsunternehmen, Vorstellung der Ergebnisse des Gestaltungsleitfadens und der Rahmenplanung für die Fußwege und Freiflächen August 2004 Baubeginn für die Umgestaltung des Place de Caen November 2004 Satzungsbeschluss Sanierungsgebiet Heuchelhof H 1 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 13 2 . Befunde 1999 im Gebiet der Vorbereitenden Untersuchungen (Stärken, Schwächen) Was gab den Anstoß für die Projekte? Strukturelle Probleme/ Auffälligkeiten, die 1999 als Folge der Siedlungsentstehung sowie der zwischenzeitlich eingetretenen Mängel und sozialen Verwerfungen festgestellt worden sind, lassen sich stichwortartig wie folgt darstellen: • isolierte Lage im Stadtgebiet • nicht erkennbare Hierarchie der öffentlichen und privaten Freiräume und mangelhafte Möglichkeiten zur Orientierung im Quartier • schlechte Qualität der Gebäude (vernachlässigte Fassaden, Fassadenfarben, Arkaden) und des Stadtbildes • Negativimage nach außen und innen • bisher nicht durchgeführte Energiesparmaßnahmen • lieblose und undifferenzierte Freiraumgestaltung (Kinder- und Jugendspielplätze und öffentliche Straßen und Plätze), erneuerungsbedürftige Oberflächen von Straßen, Wegen und Plätzen, Grünstruktur ohne Zuordnung zu den Gebäuden ohne klare Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Wohnumfeld, manche Grünflächen nur als Restflächen wahrnehmbar • Spannungen zwischen der Hochhausballung im Siedlungskern und den Einfamilienhaus-Gebieten, die wie ein „Speckgürtel“ um die Hochhäuser lagen. Es gab Ängste bei den EinfamilienhausbesitzerInnen vor Wertverlust ihrer Häuser aber auch vor der Fremdheit der zuziehenden „bedrohlichen Massen“. Die drohende soziale Polarisierung wurde durch die Struktur des Städtebaus verstärkt. So wird der Straßburger Ring oft als städtebauliche und und damit auch soziale Barriere erlebt. • Wohnungssituation: H1 als das Armen- und Ausländerviertel von Würzburg infolge Eigentumsstruktur, Massierung von Sozialwohnungen. Seit 1.1.2001 Aufhebung der Belegungsbindung für H1 und damit Wegfall der Fehlbelegungsabgabe. Bestandsinformationen: - 1266 öffentlich geförderte Wohnungen (92 % aller Wohnungen im H1) und 111 frei finanzierte Wohnungen (8 %, fast ausschließlich Eigentumswohnungen). - 6 Wohnungsunternehmen (mit schlechter Ertragssituation) halten 90 % der Wohnungen. Daneben 3 Privateigentümer und 2 Eigentumswohnungsanlagen. - H1 in gesamtstädtischen Immobilienmarkt die am schlechtesten bewertete Wohnlage in Würzburg. - Viele Gebäude sind trotz Aufzug nicht barrierefrei, z.B. auch weil Treppen zum Gebäude- oder Wohnungseingang benutzt werden müssen. • Fehlende Stadtteilmitte Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 14 • 3 Groß-Tiefgaragen (TG) mit 1.453 privaten Stellplätzen unter den Stichstraßen ohne direkten Zugang zu den Wohngebäuden: viel zu groß, schlechter Bauzustand, keine barrierefreien Zugänge, lange Wege zu den Wohnungen, abhängige Verknüpfung mit Müllsammelstellen und dem System der Stichstraßen, Eigentumsverwicklungen, Sicherheitsdefizite, Vandalismus • Konzept der zentralen Müllsammelstellen in enger Verbindung mit den TG-Eingängen, bis zu 100 Haushalte in bis zu 100 m Entfernung zu den „Müllhäuschen“ • Fehlende Räumlichkeiten für bürgerschaftliche und kulturelle Aktivitäten • Verkehrliche Probleme: schlechte Orientierung nach innen für FußgängerInnen und AutofahrerInnen und mangelnde Anbindung nach außen, kaum vorhandene durchgängige Wegebeziehungen über die Ringerschließung des Straßburger Rings hinaus mit Problemen der Querung. Positive Ansätze und Chancen für die Soziale Stadt 1999. Neben der Vielfalt des dringenden Handlungsbedarfs im Gebiet, gab es aber auch bemerkenswerte Resourcen für quartiersaufwertende Bemühungen, die für die Soziale Stadt im H1 genutzt werden konnten, z.B. • Der Erwerb des ehemaligen evangelischen Gemeindezentrums an die Stadt für ein neues „Stadtteilzentrum“ • Das bereits vorhandene Engagement der Sozialen Dienste im H1 • Die gut bediente Straßenbahnlinie • Die großflächige Autofreiheit im Inneren des H1 • Das verwertbare Raumangebot der ungenutzten Arkaden, des ehemaligen Gemeindezentrums, des alten Schwimmbads • Ansätze für ein Quartierszentrums am Place de Caen mit Einrichtungen der Nahversorgung und sozialen Grundversorgung 3. Integriertes Handlungskonzept (IHK) Ziele und Maßnahmenvorschläge im IHK mit städtebaulichem Rahmenplan Wohin sollte es anfangs gehen ab dem Jahr 1999? Handlungsfeld Städtebau Das Integrierte Handlungskonzept (IHK) von 2002 empfahl in den städtebaulichen Teilbereichen Ziele und Maßnahmen für verschiedene Aufgabenfelder. Zurückgreifend auf die städtebauliche Bestandsaufnahme sind Handlungsschwerpunkte benannt worden, die die folgende Tabelle im Überblick zeigt: Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 15 LEBENSBEREICHE AUFGABENFELDER SACHSTAND 2010 ERGEBNISSE Modernisierung des Wohnungsangebots • Angebot Maisonettewohnungen • Beseitigung von Barrieren • keine neuen • teilweise erledigt Concierge-Modell für wohnungsnahe Dienstleistungen einrichten Modernisierung der Fassaden, die auch als die Visitenkarte von H1 zu sehen sind • gut erreichbare Räume für den Conciergedienst schaffen • erledigt • Fassaden farblich neu gestalten • Wärmedämmung Beseitigung von Bauschäden • teilweise erledigt • teilweise begonnen • immer nur im Zuge der Fassadenerneuerung erledigt Nutzung der Arkaden, die sich nicht bewährt haben (bekanntestes Vorbild für die Arkaden unter Wohnhochhäusern die Unité d’Habitation von LeCorbusier) • Schließung der verwahrlosten Leerräume • damit Räume gewinnen für soziale und kulturelle Aktivitäten • damit Räume gewinnen für Ladenflächen • damit auch die Wärmedämmung verbessern • erledigt Wohnen, Gebäude Hausvorbereiche und Eingänge Wohnumfeld • Umgestaltung der Hauseingänge und Treppenhäuser • damit Wohlbefinden, Angstfreiheit und Orientierung verbessern • Gemeinschaftsgrünanlagen schaffen • Sitzmöglichkeiten anlegen im Freien des Hausumfeldes • Spielplätze erneuern • Mietergärten anlegen • Ersetzen der Bodendecker durch Bäume, Sträucher und Rasen • Projekt „Bäume der Nationen“ • Wohnumfeldgestalt bietet Spielräume für Bürgermitwirkung (bei Planung und Ausführung) Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble • teilweise erledigt • teilweise erledigt bei einigen Gebäuden der Stadtbau und nun aktuell im Bau Bonner Straße 13-17 • weitgehend erledigt • weitgehend erledigt • erledigt, • fast abgeschlossen • weitgehend erledigt • noch nicht angelegt • erledigt • erledigt • wird fortgesetzt im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 16 LEBENSBEREICHE Dezentrale Müllsammelstellen und Tiefgaragen AUFGABENFELDER SACHSTAND 2010 ERGEBNISSE nung und Ausführung) • Erhöhung der Identifikation der BewohnerInnen mit ihrem Wohnort • dringend eine umfassende Erneuerung der den Wohnkomplexen zentralisierten Müllsammelstellen und Tiefgaragen • schwierige technische, eigentumsrechtliche und finanzielle Lösungen sind zu erarbeiten • gelungen • insgesamt noch unerledigt Grün- und Freiflächen Öffentliches Grün für den H1 • Umnutzung eines Baugrundstücks an der nord-südlichen Hauptwegeverbindung zu einer zentralen Grünfläche • Grünfläche an der Gethsemanekirche für Freizeit und Erholung umgestalten • Gestalterische Differenzierung der einförmigen Freiräume • Baumpflanzungen • Vorhandene Spielplätze sichern und differenziert erneuern • erledigt • erledigt • viel erreicht • viele neue Bäume gepflanzt • fast abgeschlossen Infrastruktur Ergänzungen für Handel und Gastronomie Soziale und kulturelle Einrichtungen in vorhandenen Raumreserven • Café oder Biergarten z.B. am geplanten zentralen Grünpark • Einzelhandelsangebote am Place de Caen sichern • Standortangebote in der Arkadenzone für Läden und Dienstleistungen • nach Bürgerprotest gekippt • Neue Räume in der Arkadenzone • im ehemaligen Kupsch Markt • im ehemaligen Schwimmbad • 1x vorhanden • vorhanden • vorhanden Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble • laufend notwendig • 1x vorhanden im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 17 LEBENSBEREICHE AUFGABENFELDER • in leer stehenden Hallen der jenseits des H1 gelegenen Mainpost SACHSTAND 2010 ERGEBNISSE • nicht vorhanden Verkehrsflächen Fuß- und Radwege • Umgestaltung der nord-südlichen Hauptwegeverbindung zu einer „Urbanen Achse“ • Aufwertung der Wegeverbindung zum Außenbereich: = von der Bonner zu Dubliner Str. = vom Place de Caen über Römerstraße zur geplanten Grünfläche an der Gethsemanekirche • Um Fuß- und Radwege auch für den Aufenthalt zu schützen, Beschränkung der Zufahrten über die Stichstraßen • erledigt Plätze • Neugestaltung des Place de Caen mit Bewohnerbeteiligung bei Planung und Ausführung (Beschäftigung, Qualifizierung) • erledigt Straßen • Aufwertung der Stichstraßen zu Mischflächen als benutzbare Freiräume durch Querschnittsänderung, neuen Belag und Baumpflanzungen • Überwindung der Trennwirkung des Straßburger Rings durch = Einengung des Straßenraums, = Verkehrberuhigung, = Einrichtung von Querungshilfen = Rückbau der Fußgängerunterführung • nur in kleinen Abschnitten bisher möglich Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble • nicht erledigt • teilweise • nicht erledigt im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 18 Handlungsfeld Soziales Das Integrierte Handlungskonzept (IHK) von 2002 empfahl im Sozialen Handlungsfeld, in verschiedenen Aufgabenfeldern und für unterschiedliche Zielgruppen konzentriert an Aufwertungen zu arbeiten. Zurückgreifend auf die soziale Bestandsaufnahme sind Handlungsschwerpunkte benannt worden, die die folgende Tabelle im Überblick zeigt: ZIELGRUPPE(N) BZW. LEBENSBEREICHE AUFGABENFELDER SACHSTAND 2010 ERGEBNISSE Familie – Frauen – Kinder • Selbstorganisierter offener Treffpunkt • Spielplätze und Spielflächen • vorhanden Jugendliche • Räumlichkeiten als Anlaufstelle für die Mobile Jugendarbeit • Multifunktional nutzbarer Aktionsplatz • Plätze im Freien • Jugendfestival • vorhanden SeniorInnen • Gemütliche Ecken mit Sitzgelegenheiten • vorhanden Freizeit und Kultur • Speziell für die ZuwandererInnen aus den GUS Staaten besteht ein Bedarf für Räumlichkeiten zur kulturellen, sportlichen und geselligen Nutzung • Seit 2000 im Stadtteilzentrum Heuchelhof, seit 2008 im Treffpunkt Altes Schwimmbad vorhanden Sicherheit – Ordnung – Kriminalität • Ausweitung der Sicherheitswacht • Verstärkte Kooperation von Polizei, Justiz, Schule und Jugendhilfe • Aktive Nachbarschaftshilfe • erfolgt • in Gang gebracht • vorhanden Bürgerschaftliches Engagement • Initiative Aktive Nachbarschaftshilfe • vorhanden Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble • im Entstehen • vorhanden • organisiert im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 19 ZIELGRUPPE(N) BZW. LEBENSBEREICHE AUFGABENFELDER SACHSTAND 2010 ERGEBNISSE Abhängigkeitsproblematik • Informationsveranstaltungen vor Ort • Aufbau von Selbsthilfegruppen • erfolgt • erfolgt Arbeit und Beruf – Sozialhilfe • Informationsdefizite über den Arbeitsmarkt abbauen • Geschlechtsspezifischer Projektansatz für junge Frauen • Existenzgründung/ Kleingewerbe im Arkadenbereich • läuft • läuft • erfolgt Als vor den Erhebungen bereits realisierte bzw. begonnene soziale Projekte waren im IHK aufgeführt: • Stadtteilzentrum • Schulsozialarbeit an der Hauptschule zur Integration von Jugendlichen aus den GUSStaaten • Heilpädagogische Förderung für verhaltensauffällige Kinder in der Ganztagesschule • Schülerhilfe für Zuwanderer • Projekt zur Sprachförderung und Integration im Kindergarten • PC und Internet Projekt für Kinder und Jugendliche • Integratives Spiel- und Sportprojekt Heuchelhof • Suchtprävention für jugendliche Spätaussiedler • Integrationskurs für russisch-sprachige Ausländer nach § 8 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) • Kompetenz und Qualifikation für junge Menschen (K und Q) – für Ausbildung und Beruf • H 1 Heuchelhof-Ferien • Stadtteilorientierte Gruppenarbeit für delinquente und sog. verhaltensoriginelle Kinder und Jugendliche Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 20 B PROJEKTSTRUKTUR: Gemeinsam bewegen wir etwas für das Quartier Kooperative Leitung der Sozialen Stadt, kluge Vernetzung der Arbeitsgremien und der Aktiven im Planungs-, Aktivierungs- und Umsetzungsprozess Das augenfällig Besondere an der Sozialen Stadt in Würzburg ist das klare Bekenntnis zu einer ressortübergreifenden Partnerschaft innerhalb der Stadt zugunsten eines Quartiers. Das fundierte und gelebte Team-Bewusstsein bei den Betroffenen hat die Möglichkeiten der Entwicklung auf dem H1 geprägt. Es waren viele AkteurInnen, die nicht nur mit ihrer Funktion, sondern auch mit ihrer Persönlichkeit, Kreativität und Einsatzbereitschaft die Soziale Stadt Heuchelhof so kraftvoll in Gang gebracht und gehalten haben. Zu nennen sind vor allem: • Baureferat (Baureferent Baumgart) Herr Düthmann bis 2003 Frau Ackva seit 2003 Frau Beck • Sozialreferat (Sozialreferent Scheller) Herr Scheidereiter • ASD/ Sozialmanagement Frau Kollei • Umweltreferat Umweltreferent Kleiner mit dem Gartenamt (Leiter Herr Müller) • Stadtbau Würzburg GmbH Herr Laugwitz (Abteilungsleiter) Herr Sartoris (Geschäftsführer) • Quartiersmanagement im Jahr 2002 Frau Geiß (Sie übernahm 2003 die Redaktion der Quartierszeitung H eins.) ab 2003 Frau Seelmann • Regierung von Unterfranken zunächst Frau Kirchner seit 2006 Frau Kircher Die Leitung der Sozialen Stadt wurde formal beim Baureferat angesiedelt, denn das Baureferat ist traditionell für die Städtebauförderung in Würzburg zuständig. Sie erfolgte faktisch aber in paritätischer Leitung zwischen Bau- und Sozialreferat. Das kooperative Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 21 Führungsverständnis und das konsequent zielorientierte Handeln der beiden kooperationsstarken Führungspersönlichkeiten • • Herr Düthmann aus dem Baureferat und Herr Scheidereiter aus dem Sozialreferat dürfen als ein Glücksfall für die Soziale Stadt eingeschätzt werden. Denn dadurch ist die horizontale ebenso wie die vertikale fachliche Vernetzung in der Verwaltung außergewöhnlich gut gelungen. Bei der formal leitenden Zuständigkeit des Baureferats für den Programmvollzug lag die Initiative und praktische Anleitung für die sozialen und gruppendynamischen Aufgaben von Beginn an bei Herrn Scheidereiter. Aus seinem Netzwerk heraus konnten auch weitere Gelder zur Kofinanzierung von Soziale Stadt relevanten Vorhaben akquiriert werden. Abb. 2: Aus dem Team der Steuerungsgruppe stehen am Eingang zum Treffpunkt Altes Schwimmbad v. li.: Herr Scheidereiter, Frau Seelmann, Herr Müller, Frau Kircher, Frau Beck, Herr Kaiser Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 22 Es kam dem Vorhaben sehr zugute, dass sich auch • in der Stadtbau Würzburg GmbH mit ihrem erheblichen Baubestand im Sanierungsgebiet vertreten durch Herrn Laugwitz und • im Gartenamt mit Herrn Müller (unterstützt durch das Büro Kaiser und Juritza) • mit den Stadtreinigern (Herr Strohalm) und • bei der Regierung von Unterfranken (zunächst Frau Kirchner, ab 2006 Frau Kircher) interessierte, kompetente und einsatzwillige Persönlichkeiten in die Bemühungen um die Aufwertung des H1 eingebracht haben. Resümee/ Empfehlungen: Das Soziale Stadt Projekt und der Stadtteil Heuchelhof profitierten von den „ansteckenden“ kooperativen Qualitäten dieses kommunalen Führungsquartetts, das mit dem treffsicher mitwirkenden Quartiersmanagement schließlich zum Quintett wurde, in verschiedener Hinsicht: • Die grundsätzliche politische Unterstützung für die Soziale Stadt konnte im Stadtrat auf kurzem Wege verlässlich hereingeholt werden, auch in Krisenzeiten. • Der Blick der Stadtpolitik für das Quartier konnte schrittweise geöffnet und geweitet worden. „Politik schaut jetzt hin, wo vorher terra incognita war“. • Die Sprache des Sozialen war durch die Dialogkultur im Team auch für andere Fachleute verstehbar zu machen. • So konnte der Respekt vor der sozialen Verantwortung und den sozialen Erfolgen resp. Misserfolgen auch bei Technik- und Städtebau-Fachleuten gewonnen werden. Kommunikationsbrücken zwischen den vielen Fach- und Verantwortungsbereichen konnten fachlich und atmosphärisch („die Chemie stimmt“) zustande kommen. • Die fachliche Blickerweiterung wurde im gemeinsamen Tun für alle Fachleute (Planen, Bauen, Soziales, Kultur, Bildung, Verkehr, etc.) ermöglicht. Die entstehende Dialogkultur im Quartier ist mit so viel Wärme gefüllt worden, dass sich Bürgerinnen und Bürger die aktive und angstfreie Beteiligung an Quartiersprozessen zutrau(t)en. • Das Bewusstsein ist geweckt worden für den hohen Wert der vielen kleinen Baumaßnahmen, deren Formensprache es ganz im Sinne von Christopher Alexanders „Pattern Language“ bewerkstelligt, diese in das Soziale zu übersetzen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 23 • Die Ernsthaftigkeit und Verbindlichkeit der Bürgerbeteiligung ist wiederholt bewiesen und repräsentiert worden, was die Beteiligungsbereitschaft im Quartier erhöht und erhält. • Es ist in der Atmosphäre von Kooperation und Respekt gelungen, die Medien als Mittler zwischen dem Quartier und der Gesamtstadt positiv einzubinden. Dass die Soziale Stadt von der Stadtspitze und von StadträtInnen insgesamt und auch in der schwierigen haushaltslosen Zeit unterstützt wurde, ohne parteipolitisch zerrissen zu werden, ist als besonders positiv zu vermerken. Als kommunale Fachstellen der Stadtverwaltung Würzburg waren/ sind in der Sozialen Stadt vor allem angesprochen worden: • • • • • • • Sozialreferat Baureferat mit Stadtplanung und Verkehr Umweltreferat mit Gartenamt Städtische Wohnungsbaugesellschaft, Stadtbau die Erziehungsberatungsstelle Heuchelhof die kommunale Jugendarbeit die Stadtreinigung. Das in ein umfangreiches Verbundsystem von Beteiligten eingebettetes Quartiersmanagement, das seit seiner Neubesetzung 2003 zielgruppenkompetent ausgerichtet ist, übernahm mit einem Grundverständnis für den Kulturraum der Herkunftsländer die Umsetzungs- und Koordinationsarbeit vor Ort in enger Abstimmung mit den kommunalen Stellen. Damit ist für die Realisierung der unterschiedlichen Einzelprojekte im Soziale Stadt Vorhaben gut gesorgt worden. Unterstützt wurden die städtischen Stellen ganz wesentlich durch externe Fachbüros: • Büro für Städtebau Dr. Hartmut Holl (Vorbereitende Untersuchungen und Integriertes Handlungskonzepts, IHK) • BSI Consult (Sozialraumanalyse i. R. der Vorbereitenden Untersuchungen und des Integrierten Handlungskonzepts, IHK) • Landschaftsplanung Kaiser und Juritza Die vertrauensvolle und förderliche Kooperation mit der Regierung von Unterfranken kam und kommt dem Projektfortschritt sehr zu Gute und gewährleistet, dass trotz der objekti- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 24 ven – fiskalischen, eigentumsrechtlichen und technischen – Problemlagen von einem zufrieden stellenden Fortschreiten der Projekte gesprochen werden kann. Große Hoffnung konnten die kommunal Zuständigen von Beginn der Sozialen Stadt an auf die Zusammenarbeit mit den maßgeblichen lokalen AkteurInnen setzen, besonders mit • • • • • • • • • • • • • • • Bürgerverein Katholische Kirche St. Sebastian Evangelische Gethsemanekirche Ganztages-Grundschule Heuchelhof Hauptschule Heuchelhof Jugendzentrum Heuchelhof Evangelischer sowie katholischer Kindergarten, Schlaumäuse, Integrativer Kindergarten Vogelshof, altersgemischtes Angebot Windrädchen (2 bis 12-jährige) AWO-Ortsverein Kolping Bildungswerk Internationaler Integrationsverein Perspektive Projekt ALE (Arbeiten – Lernen – Erfahrungen sammeln), getragen von: Kolping-Bildungswerk GmbH, Stadt Würzburg, Bundesagentur für Arbeit und ARGE Würzburg Sportclub Würzburg Heuchelhof Mobile Jugendarbeit Örtlicher Einzelhandel Die städtischen und die nicht städtischen Wohnungsgesellschaften (bis heute noch ohne Koordinierungskreis). Um die Zusammenarbeit transparent und effektiv zu halten, sind zu Beginn der Sozialen Stadt am Heuchelhof zunächst folgende Gremien eingerichtet worden: Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 25 Abb. 3: Organisationsstruktur Soziale Stadt, 2000 (BSI Consult Maria Gardemann, Würzburg) Inzwischen sind die Arbeitsstrukturen an die Notwendigkeiten in der täglichen Praxis angepasst worden. Daraus hat sich folgender Arbeitszusammenhang ergeben: Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 26 Abb. 4: Aktuelle Organisationsstruktur Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 27 Mit dem sicheren Wissen, dass in einem so komplexen und neuartigen baulich-sozialen Vorhaben nicht alles geplant, problemfrei und auf Erfahrung aufbauend verlaufen kann, werden bis heute die notwendigerweise stattfindenden Lernprozesse bei allen Beteiligten nicht nur zugelassen, sondern geradezu begrüßt – sie als wertvolles Potential in der Stadtgesellschaft direkt gefördert. Rückblickend werden diese fachübergreifenden Kooperationsansätze und die Lernprozesse als die „Augen öffnenden Aha-Erlebnisse“ im Team gesehen. Diese positive Erfahrung konnte inzwischen erfolgreich in den Arbeitsprozess der Verwaltung einfließen und steht als Erfahrungssicherheit für vergleichbare Vorhaben nun vielen zur Verfügung. Die von den gegenseitigen Lernerfahrungen ausgelösten „Motivationsschübe“ werden als sehr hilfreich in dem nicht immer ganz einfachen Projektvorhaben erlebt. Nach 10 Jahren Sozialer Stadt ist das geförderte Lernen im Prozess als „Ernte“ in das Arbeitskonzept zurückgeflossen. Im Laufe der Projektentwicklungen hat sich gezeigt, dass es besonders auch für die Verstetigung der Sozialen Stadt hilfreich und notwendig ist, einen Quartiersbeirat hinzuzuziehen, der die Interessen der Quartiersbevölkerung aus verschiedenen Interessen und Bedarfslagen heraus vertritt. Er soll ein ständiges beratendes Gremium werden, das vor allem nach dem Auslaufen der Soziale Stadt Förderung weitere Entwicklungen anregt, sie konzeptionell begleitet und in der Umsetzung unterstützt. Der im vergangenen Jahr erfolgte Aufruf der Projektverantwortlichen an örtliche RepräsentantInnen zum Mitmachen hat ein positives Echo ausgelöst. Vertreten sind inzwischen im Quartiersbeirat Baureferat, Fachbereich Planen Umweltreferat, Gartenamt der Stadt Würzburg Sozialreferat der Stadt Würzburg Stadtteilbüro des ASD Fachbereich Jugend und Familie Kommunale Jugendarbeit Mobile Jugendarbeit Erziehungsberatungsstelle Projekt Arbeiten – Lernen – Erfahrungen sammeln (ALE) Jugendzentrum Heuchelhof Heuchelhofer Schlaumäuse, Kiga der Stadt Würzburg Quartiersmanagement Rektor der Ganztagsschule Heuchelhof Rektor der Hauptschule Heuchelhof Jugendsozialarbeit an der Hauptschule Heuchelhof Pfarrer der ev. Gethsemanekirche Pfarrer von St. Sebastian Bürgerverein Heuchelhof Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 28 Kolping-Bildungswerk AWO-Ortsverein Heuchelhof Internationaler Integrationsverein Perspektive SC Heuchelhof Externes Büro: Joachim Kaiser, Landschaftsarchitekt Die Gründung des Quartiersbeirats fand im Herbst 2009 statt. Er soll sich im Sinne einer verbindlichen Bürgerbeteiligung 3 bis 4 mal im Jahr treffen und die anstehenden Vorhaben behandeln. Es stehen ihm auch kleinere finanzielle Mittel zur Verfügung, um ggf. eigene Impulse zu verwirklichen. Die Stadtverwaltung bleibt ebenso wie das Quartiersmanagement im Beirat präsent. Als Sitzungsort steht der Treffpunkt Altes Schwimmbad zur Verfügung. Resümee/ Empfehlungen • Die sorgfältige Organisation der Arbeitsstruktur in der Sozialen Stadt Heuchelhof ist nach der dargelegten Logik erfolgreich. Sie sollte Veränderungen und Optimierungen jederzeit ermöglichen. Damit konnten in der praktischen Umsetzung unerwartete personelle und politische Entwicklungen aufgefangen und abgefedert werden. Maßstab war dabei der Projekterfolg, dem sich Ressort- und Einzelinteressen gegebenenfalls unterzuordnen hatten. • Insbesondere die Tatsache, dass das Projekt „hoch aufgehängt“ und von dem entscheidungsbefugten Team der Steuerungsgruppe (Sozialreferat, Baureferat, Umweltreferat, Wohnungsbaugesellschaft, Regierung von Unterfranken, externe Planungsbüros, Quartiersmanagerin), das die Prozesse vorantreibt, geleitet wurde, hat sich als effizient und zielführend erwiesen. Dabei waren sicherlich auch die von allen geteilte Freude an der Kommunikation im Team und die kritisch-reflexive Distanz zum eigenen Handeln förderlich. Das hat das Team gestärkt, das mit einem minimalen personellen Einsatz bei hoher Transparenz der Kommunikations- und Kooperationsstrukturen auf die Lernfähigkeit und Zielorientierung der Beteiligten setzte. • Der kooperative Arbeitsstil, der sich in verschiedenen krisenhaften kommunalen Entwicklungen mehrfach bewähren musste, hat sich auch auf die Arbeitssituation in der Projektgruppe Heuchelhof durchgeschlagen. In dieser Gruppe waren externe Betroffene involviert, wie z.B. Pfarrgemeinden, Wohlfahrtsverbände, maßgebliche Bevölkerungsgruppen, Schulen, Bürgerverein, Vereine/ Verbände, Geschäftsleute. In der Projektgruppe ging es um konkrete Umsetzungsaufgaben sowohl baulicher als auch sozialer Art. So waren z.B. der Place de Caen, kulturelle Veranstaltungen, soziale Initiativen (Freizeitplatz, Hausfeste, aktive Nachbarschaftshilfe, Tag der offenen Tür) auf der Tagesordnung der Projektgruppe. Noch näher an der Umsetzungsbasis haben die Arbeitsgruppen gearbeitet, die zum Thema Jugend, kulturelles Leben, Schöner Wohnen, Place de Caen, ins Leben gerufen worden sind. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 29 • Aber auch nach Außen wirkte sich die respektvolle Haltung anderen Menschen und anderen Meinungen gegenüber als förderlich aus. Der kommunikativen und sozialen Durchlässigkeit zwischen Projektleitung und betroffenem Quartier kommt vermutlich große Bedeutung zu: die wertschätzende Aufmerksamkeit, die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensstile und -erfahrungen, die erlebbare Freude an der Zusammenarbeit und die aktive (nicht passive) Grundhaltung bei der Lösung von Problemen, auch wenn sie aussichtslos erscheinen, macht ein Handeln auf (wenn nicht gleicher, dann doch immerhin akzeptierender) Augenhöhe leichter. • Insgesamt hat sich die stringente durchlässige Struktur bewährt. Zwischen den unterschiedlichen Arbeitsweisen und Orientierungen in den Fachbereichen gab es keine großen Konflikte zwischen Fachleuten, auch wenn sich die Eigenarten („Soziale reden viel“, „TechnikerInnen sind distant“) bis heute nicht leugnen lassen. Rückblickend ist festzustellen, dass sich in der Sozialen Stadt Würzburg Heuchelhof eher noch Konflikte zwischen Konzept und Umsetzung als zwischen Sozialem und Bauen ergeben haben. • Als Lerneffekt aus dem Projekt wird in Würzburg die Fragestellung für vergleichbare Quartiere reflektierend neu formuliert. Es sollte nicht gefragt werden „Wie kann die Verwahrlosung/ Abwertung eines Quartiers rückgängig gemacht werden?“, sondern „Was tun wir vorausschauend und rechtzeitig, damit Stadtteile nicht verwahrlosen?“ Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 30 C BESONDERE AKTEURiNNEN IM QUARTIER Viele Hände tragen zum Erfolg bei Jedes Groß-Projekt, das nicht in bürokratischen Regularien schematisch verwaltet wird, lebt von den Personen/ Persönlichkeiten und Stellen, die sich kreativ, aktiv, kompetent für seine Entwicklung einsetzen. Im Soziale Stadt Projekt Würzburg Heuchelhof war dies so. Ohne die vielen anderen vernachlässigen zu wollen, sollen diejenigen PartnerInnen im Quartier gesondert beschrieben werden, die sich – neben der Leitungsebene – an zentraler Stelle und kontinuierlich für die Soziale Stadt eingesetzt haben. Es sind nach unseren Recherchen v.a.: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Quartiersmanagement Stadtbau Würzburg GmbH Allgemeiner Sozialdienst – ASD Conciergedienst Bürgerverein Schulen beide Kirchengemeinden Sportverein(e) Soziale Infrastruktureinrichtungen Der Mitwirkung dieser Personen/ Stellen soll hier Aufmerksamkeit geschenkt werden, nachdem sie für den Erfolg des Projektes Soziale Stadt wichtige Beiträge geleistet haben. 1. Quartiersmanagement Als Hauptziele für das Quartiersmanagement wurden zu Beginn des Soziale Stadt Projektes (Sachbericht Quartiersmanagement 2001 – 2008)) unter dem Oberziel „Integration der Zuwanderer in ihrem Stadtteil“ vier Schwerpunkte festgelegt • • • • Aufwertung des Stadtteilimages Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes Verbesserung der Identifikation mit dem Stadtteil Stärkung der Bewohnerpartizipation. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 31 Diese Schwerpunkte sind mit den folgenden Aufgabenfeldern differenziert worden: • Aktivierung von BewohnerInnenn und Organisation der Bürgerbeteiligung: Begleitung von Arbeitsgruppen und Betreuung von Ehrenamtlichen. • Koordination von baulichen, kulturellen und sozialen Maßnahmen. • Vernetzung von AkteurInnen und Fachleuten. • Kooperation mit sozialen Einrichtungen, Kirchengemeinden, Schulen, Vereinen und Projekten. • Ansprechpartner vor Ort für die BürgerInnen. Schon im Jahr 2000 arbeiteten die externen Büros an der Vorbereitenden Untersuchung für den Heuchelhof mit dem Ziel, das IHK zu erstellen und dabei die Richtlinien für das spätere Quartiersmanagement auszuarbeiten. Dabei ist auch die Leitung des Partizipationsprozesses (inklusive der Beratung der Arbeitsgruppen und der Projektgruppen in der Anfangsphase) im Juni 2000 zunächst dem Büro BSI-Consult anvertraut worden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 32 Im Jahr 2001 wurde die Stelle für das Quartiersmanagement von der Stadtbau Würzburg GmbH erstmals ausgeschrieben • und zum 1. Oktober 2001 mit einem Sozialpädagogen besetzt. Sein Arbeitsverhältnis lief nach der Probezeit zum 31.03.2002 aus. • Nachfolgerin wurde bis zum Ende des Jahres 2002 Frau Geiß. Seitdem ist sie für die redaktionelle Betreuung der Quartierszeitung H eins zuständig. • Ab dem 01.01.2003 hat Frau Seelmann das Quartiersmanagement mit 30 Stunden übernommen. Unterstützt wird sie bei Büro- und Organisationsarbeiten durch eine Fachkraft mit 10 Stunden. Als Slawistin bringt sie sprachliche, soziale und kulturelle Kompetenzen sowie vielfältige Kenntnisse und Erfahrungen für die am Heuchelhof zentrale Aufgabe, mit den Zuwanderern aus der früheren Sowjetunion zu arbeiten, mit. Resümee/ Empfehlungen • Das Quartiersmanagement wurde nicht mit einer Sozialpädagogin besetzt, sondern mit einer beratungserfahrenen Zielgruppenspezialistin, die in einem Verbundsystem von Quartiersaktiven den Dreh- und Angelpunkt für die Koordination der vielen Impulse und das Ausstrahlen in das Quartier besetzt. Dieses Verständnis von Quartiersmanagement hat sich rückblickend als großer Vorteil herausgestellt. • Der soziale Kontakt zu der – in der Ausgrenzungssituation zum sozialen Rückzug neigenden – Bevölkerungsgruppe gelingt leichter, wenn sich sprachliche, kulturelle und soziale Brücken zwischen Quartiersmanagement und Bevölkerung bauen lassen, über die gegebene Möglichkeiten der Inklusion realitätsnah gelebt werden können. • Die Persönlichkeit der Quartiersmanagerin spielt dabei eine wichtige Rolle, denn neben der Frage der formalen Qualifikation ist es immer auch eine Frage der persönlichen Ziele, Begabungen und Fähigkeiten, wie eine Person das Quartiersmanagement konzeptionell und persönlich „ausfüllt“. In Würzburg wurde hierzu eine mutige Entscheidung mit guten Ergebnissen getroffen. • Eine weitere wichtige Entscheidung der Stadt vor allem im Hinblick auf die Verstetigung des sozialen Erneuerungsprozesses ist, dass die Quartiersmanagerin inzwischen im festen Dienstverhältnis der Stadt steht. Bereits in den Jahren 2003 und 2004 wurde nach Möglichkeiten gesucht, das gut laufende und für die gesteckten partizipativen Ziele unverzichtbare Quartiersmanagement auf Dauer für die Arbeit am Heuchelhof zu sichern. Überlegungen mit dem Anstellungsträger, der Stadtbau Würzburg GmbH, aber auch mit der Regierung standen in engem Zusammenhang mit dem damals aktuellen Plan, das Alte Schwimmbad zum Quartierszentrum Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 33 mit multifunktionalen Räumen für soziale Nutzungen umzubauen. Diese Investition war formal an die dauerhafte Absicherung des Quartiersmanagements und die Beachtung der Förderregularien (Bindung der geförderten Nutzung über 20 – 25 Jahre) gebunden worden. Für die Nutzung der Räumlichkeiten des „Treffpunkts Altes Schwimmbad“ besteht ein Mietvertrag zwischen Stadtbau Würzburg GmbH und Stadt. Die Organisation der Räume erfolgt • durch das Quartiersmanagement zusammen mit • einer Mitarbeiterin, deren Honorar aus dem Modellprojekt „ Kooperationen“ gefördert wurde, und mit • MitarbeiterInnen des Sozialreferats. Die Belegung, bei der im Interesse der Wohnbevölkerung sehr auf die Qualität von Abend-Veranstaltungen zu achten ist, obliegt dem Beirat „Treffpunkt Altes Schwimmbad“, bestehend aus • Quartiersmanagement • Sozialreferat • Internationaler Integrationsverein Perspektive e.V. Der „Treffpunkt Altes Schwimmbad“, der im September 2008 eröffnet wurde, liegt somit weitgehend in der Eigenverantwortung der BenutzerInnen. In den Nutzungsverträgen, welche mit einzelnen Nutzergruppen geschlossen werden, wird auf die strikte Einhaltung der Hausordnung (z.B. Veranstaltungsart, Nutzungsdauer bis längstens 20.00 Uhr) gedrungen. Die Aufsicht über die Einhaltung obliegt dem Quartiersmanagement. Resümee/ Empfehlungen Der Wunsch nach mehr Räumen und nach variabel nutzbaren Räumen im Zentrum des Quartiers ist mit dem „Treffpunkt Altes Schwimmbad“ an der „Urbanen Achse“ in Erfüllung gegangen. Es hat sich gezeigt, dass das Vorhandensein dieser multifunktionalen Räume auf ein reges Interesse bei der engagierten Bevölkerung stößt. So sind viele neue Gruppen und Kurse entstanden, die von Anfang an zu einer hohen Frequenz führten. Besonders erwähnt wird die Tätigkeit des Internationalen Integrationsvereins Perspektive e.V., der sich speziell um ZuwandererInnen bemüht. Konzeptionell versteht sich das Quartiersmanagement als Scharnier zwischen der Bürgerschaft und der Verwaltungsebene im Quartier. Das Quartiersmanagement ist damit – wie von der Programmatik der Sozialen Stadt gefordert – zu einem Schlüsselinstrument in der Sozialen Stadtteil-Entwicklung geworden. Es ist in Würzburg als langfristiges Konzept Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 34 angelegt und erfuhr in den Jahren 2000 bis 2009 im Förderprogramm Soziale Stadt finanzielle Unterstützung. Die Arbeit des Quartiersmanagements stellt sicher, dass das Ziel der Vernetzung unterschiedlichster Leistungen im Quartier erreicht wird. Diese qualitativ hochwertige Arbeit ist gleichzeitig die Voraussetzung für die Verwirklichung von komplexen fachlich integrierten Handlungskonzepten und für die Motivation von Stadtaktiven. Die Synergieeffekte des Verbundsystems Quartiersmanagements werden laufend weiter entwickelt. Dabei ist die konstruktive Zusammenarbeit des Leitungsteams (Koordinator des Sozialreferats, Quartiersmanagement, ASD, russisch-sprachige Sozialbetreuung) unabdingbare Voraussetzung für die Bewältigung der komplexen Aufgaben. Seit dem Jahr 2001 sind aus der differenzierten Organisation der Sozialen Stadt auch verschiedene Bewohnerarbeitsgruppen entstanden, die zunächst vom Quartiersmanagement und den angesprochenen Fachdisziplinen begleitet worden sind: • • • • • AG Jugend AG kulturelles Leben AG Place de Caen AG Schöner Wohnen Fachrunde Tiefgaragen Sie haben bedarfsspezifisch, zeitweise in kurzen Abständen, getagt und sind dabei teilweise auch von Fachleuten betreut worden. Die Ergebnisse sind in Protokollen festgehalten. Weniger dichte und intensive Arbeit war in den Arbeitsgruppen • AG Senioren • AG Öffentlichkeitsarbeit • AG Familien nötig. Aber auch sie haben punktuell einen für das Quartier und seinen Zusammenhalt wichtigen Beitrag geleistet. Es ist davon auszugehen, dass diese AGs u.U. erneut aktiviert werden könnten, falls sich in diesen Bereichen Kooperationsbedarf zeigt. Bei aller Offenheit für Mitwirkung und Mitgestaltung standen die Prinzipien der Ressourcenschonung und Sensibilität im Umgang mit ehrenamtlich Tätigen im Vordergrund, wenn es um die Einwerbung und Organisation von bürgerschaftlicher Beteiligung ging und geht. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 35 2. Stadtbau Würzburg und andere Wohnungsgesellschaften Die Stadtbau Würzburg GmbH als die größte Immobilieneigentümerin in H1 hat eine wesentliche und sehr positive Rolle für den Start und die Ausgestaltung des Soziale Stadt Projektes übernommen. Insbesondere die Kooperationsbereitschaft und die Bereitschaft, auch neue Wege zu begehen, wenn dies aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen nahe lag, hat auch die sozialen Vorhaben gedeihlich unterstützt. Es gab zahlreiche und intensive Versuche von Stadt und Stadtbau, z.B. mit dem Fassaden- und Farbkonzept, auch die anderen Wohnungsgesellschaften entsprechend in die kooperativen Planungsbemühungen der Sozialen Stadt einzubeziehen. Dies ist jedoch trotz der positiven Vorbildfunktion der Stadtbau bisher nicht umfänglich gelungen. Das mag daran liegen, dass sich viele private Wohnungsunternehmen von anderen Interessen als der Mitwirkung bei einer qualitätvollen, sozialen Stadtteilentwicklung leiten lassen. Es liegt aber teilweise auch daran, dass manchen Wohnungsunternehmen eine Vision für die zukünftige Bedarfsentwicklung im Stadtkontext fehlt, auch wenn die Bevölkerungs-, Wanderungs- und die Armutsentwicklung dies eigentlich dringend nahe legen würde. Bei anderen EigentümerInnen und Eigentümergemeinschaften sind vielleicht primär knappe finanzielle Ressourcen für die Zurückhaltung bei Sanierungen verantwortlich. Insofern hat die Soziale Stadt auf dem Heuchelhof häufig unter den Eigentumsverhältnissen gelitten. Die mühsamen Verhandlungen haben kommunale Kräfte stark gebunden, aber dennoch nur mäßig zufrieden stellende Kooperationsvereinbarungen erbracht. „Im Kleinen“ sind Bemühungen gelaufen, die Anwesen dennoch wenigstens teilweise in die Aufwertungsstrategien einzubeziehen, z.B. durch Hausmeistertreffen, bei denen aktuelle Anliegen und Vorhaben diskutiert werden konnten. Resümee/ Empfehlungen • Kommunale Wohnungsbestände erweitern die Handlungsspielräume der Städte bei der sozial langfristigen und integrierten Stadtentwicklung. Würzburg hatte und hat durch den großen Wohnungsbestand der Stadtbau Würzburg GmbH und deren Kooperationsbereitschaft dafür günstige Ausgangsbedingungen. Es ist erfreulich, dass die Stadt nicht der Versuchung erlegen ist, für einen meist nur kurzfristig wirksamen Abbau ihrer Schulden ihre kommunale Wohnungsbaugesellschaft zu privatisieren. • Es war für die Stadtbau nicht immer einfach, realisierbare Kooperationen mit den anderen Wohnungsgesellschaften und den Eigentümergemeinschaften (mit komplexen Eigentumsverhältnissen) für ein gemeinsames Handeln im Sinne der Sozialen Stadt zu erreichen. • Ein Kommunales Wohnungsversorgungskonzept könnte für zukünftige Handlungssicherheit sorgen, sofern dort kommunale Ziele festgelegt werden: Umgang mit Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 36 auslaufenden Sozialbindungen, Umgang mit den wachsenden Interessen an der Eigentumsbildung bei russischen Zuwanderer-Familien, Wohnungsversorgung von Älteren (behinderten- und altengerechte Wohnungen), etc. 3. Allgemeiner Sozialdienst – ASD Der Allgemeine Sozialdienst war mit seiner Ansiedlung im neuen Stadtteilzentrum (seit 5. Mai 2001) und der Übernahme des Sozialmanagements erster Ausgangspunkt und Kern für die – auf dem integrativen Arbeitsansatz der Gemeinwesenarbeit fußende – Soziale Stadtteilentwicklung. Mit der Leiterin des im Stadtteilzentrum integrierten Stadtteilbüros des ASD war eine erste Integrationsfigur gefunden, die ihr spezifisches Know How zu einem Verbundsystem mit zwei Mitarbeiterinnen des Sozialreferates verknüpfte, die russischsprachige Beratung anboten. Darüber hinaus führte sie im Sinne eines Sozialmanagements die bestehenden sozialen Einrichtungen im Stadtteil zusammen und arbeitete das Quartiersmanagement in die Stadtteilarbeit ein. So wurde ein Team aufgebaut, das unter der Leitung des Koordinators im Sozialreferat über einfache Bezüge und kurze Wege zu Jugend- und Sozialamt sowie zu anderen städtischen Dienststellen verfügte und schnell handlungs- und entscheidungsfähig war. Das Stadtteilzentrum ist damals als Haus der Begegnung und der Beratung konzipiert worden – als ein Leitprojekt der bewohnerorientierten Stadtteilerneuerung. Es ist mit seinen Nutzungen eine besonders wichtige Infrastruktureinrichtung im Stadtteil und schafft attraktiven Raum für Begegnungen unterschiedlichster Art. Neben der bürgernahen Sozialarbeit des ASD und der russisch-sprachigen Sozialbetreuung, welche 2006 in den Conciergedienst übersiedelte, standen im Stadtteil zentrum zunächst auch Räume für das Quartiersmanagement, die Bürgerbeteiligung, aber auch für Freizeitgruppen, Kurse und Veranstaltungen zur Verfügung. Der ASD, der sich stark auf die (im Bedarfsfall muttersprachliche) Einzelfallhilfe konzentriert, wird durch das Quartiersmanagement ergänzt, das schwerpunktmäßig Gruppenprozesse organisiert und die Wohnbevölkerung aktiviert. Das enge Zusammenwirken von ASD, Sozial- und Quartiersmanagement hat sich als erfolgreiches Konzept herausgestellt, mit dem eine innovative Stadtteilerneuerung zielorientiert und partizipativ vorangebracht werden kann. Das Zusammenspiel von individueller und kollektiver Dynamik sichert lebendige, selbstverantwortete und kreative gesellschaftliche Prozesse im Quartier ab. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 37 Neben dem ASD sind weitere städtische Einrichtungen wie der städtische Kindergarten “Heuchelhofer Schlaumäuse“, das Jugendzentrum und die Erziehungsberatungsstelle im Quartier präsent. Resümee/ Empfehlungen • Die „Verräumlichung“ der Sozialen Arbeit, die mit der Eröffnung des Stadtteilzentrums und der Tätigkeit von ASD/ Sozialmanagement geschehen ist, hat sich für die soziale Aufwertung und Beruhigung am Heuchelhof positiv ausgewirkt. Der ASD hat hier eine Stadtteilverantwortung übernommen. • Wer die Entwicklungen im H1 in den letzten 10 Jahren selbst erlebt hat, bewertet das Konzept und die Präsenz des ASD am Heuchelhof als ersten und unverzichtbaren Anstoß für die Soziale Stadt. • Ergänzt und abgerundet wird die (Einzelfall-) Arbeit des ASD durch das Quartiersmanagement, das sich auf die Motivation und Ermöglichung von kollektiven Aktivitäten konzentriert. Damit stehen den QuartiersbewohnerInnen differenzierte Angebote für eine möglichst auf Eigeninitiative gegründete Alltagsgestaltung zur Verfügung – der Rückgang von sozialen Konflikten im Quartier kann dafür als Beweis genommen werden. 4. Conciergedienst als Bewohner-Service In vielen Soziale Stadt Projekten für Großsiedlungen war die Einführung eines Conciergedienstes im Eingangsbereich von Wohnhochhäusern ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen für die BewohnerInnen. Am Heuchelhof wurde nach diesem Vorbild ein einziger zentraler Conciergedienst eingerichtet. Planungsbeginn für diesen Conciergedienst, der als Erweiterung der russisch-sprachigen Betreuung verstanden werden kann, war Sommer 2005, eröffnet wurde er im Juli 2006. Kooperationspartnerinnen für dieses deutsch- und russisch-sprachige soziale Angebot waren Stadtbau, Stadt und die Firma Brauchbar gGmbH. Der Conciergedienst, der in einem – durch die Arkadenschließung entstandenen – Ladenraum in der Den Haager Str. 16 untergebracht werden konnte, kümmert sich seither durch ein breit gefächertes Angebot an Hilfen im Alltag – zu günstigen Preisen – • um ältere und körperlich eingeschränkte Menschen mit Serviceleistungen zur Alltagsbewältigung (Einkäufe, Besorgungen, Begleitung zu Ärzten, Krankenbehandlungen und Behörden, Vermittlung von Kleinreparaturen, Umzügen, Entrümpelungen, Renovierungen) sowie • um MigrantInnen, die die deutsche Sprache nur ungenügend beherrschen und vom Conciergedienst z.B. bei Verwaltungsangelegenheiten unterstützt werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 38 Resümee/ Empfehlungen • Der Conciergedienst stellt eine Art Symbol für die nachbarschaftliche Solidarität und Hilfe im H1 dar. Rückblickend sind soziale Projekte dieser Art für die Betroffenen ein Beweis dafür, dass sich jemand um sie kümmert • Solche Erfahrungen tragen dazu bei, dass das subjektiv empfundene soziale Klima im Quartier verbessert und Eigenbeiträge ermutigt werden. 5. Bürgerverein Heuchelhof Seit über 30 Jahren versteht sich der Bürgerverein Heuchelhof als Vertretung für die dortigen BewohnerInnen. Es gehört zu den Zielen des Vereins, Bewährtes zu erhalten, Probleme im Quartier gemeinschaftlich zu lösen und auch Neues zu schaffen. Dabei zeigt der Bürgerverein, der überparteilich und konfessionell neutral ist, ein großes Engagement für Spiel- und Sportplätze, Kulturveranstaltungen und Bürgerfeste, Mitwirkung bei Beteiligungsprozessen und auch bei der Umsetzung der Sozialen Stadt am Heuchelhof. Er veranstaltet regelmässige Aktionen, z.B. Heuchelhofrunde, Kulturherbst und Kulturtage Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 39 Heuchelhof, Sommerabend im Zwickerleinshof. Immer wieder gibt es Einzelprojekte, die den Bürgerverein stark beschäftigen, wie z.B. der Erhalt der Stadtteilbücherei. Als besondere Qualität in der Kooperation zwischen Bürgerverein und Stadt wirkte es sich aus, dass der Bürgerverein zunächst sehr stark an den Wünschen und Bedürfnissen der deutschen Bevölkerung (v.a. in den Einfamilienhausbereichen) orientiert war, dass er sich aber mit der Veränderung in der Bevölkerungsstruktur nach und nach auch für die Migrantionsfamilien öffnete und damit eine bedeutsame Integrationshilfe leistete. Resümee/ Empfehlungen • Für die kommunal Zuständigen war der Bürgerverein eine zentrale Ansprechstelle in H1 bei der Konzeption und Antragstellung für das Soziale Stadt Programm. Hätte der Bürgerverein als stabil im Quartier verwurzelter „Repräsentant“ der Wohnbevölkerung damals abgewinkt, wäre die Antragsstellung möglicherweise nicht erfolgt. • Bis heute – und durch seine Mitwirkung im Quartiersbeirat auch für die Zukunft sichergestellt – hat der Bürgerverein die ihm zugesprochene zentrale Aufgabe bei der kooperativen Gestaltung des Stadtteils zuverlässig übernommen. 6. Schulen Großes Interesse wird dem Anliegen der Sozialen Stadt auch von den dortigen Schulen entgegen gebracht, insbesondere von der • Volksschule Würzburg-Heuchelhof, Ganztagesschule/ Grundschule (460 SchülerInnen im Alter von 6 – 11 Jahren) und der • Volksschule Würzburg-Heuchelhof, Hauptschule mit Mittlere-Reife-Zug (M-Zug), ca. 450 SchülerInnen im Alter von 10 bis 18 Jahren, ab Schuljahr 2010/2011 Mittelschule. In der Grundschule wird nach dem Konzept unterrichtet, möglichst viele Kinder – unabhängig von irgendeinem Handicap – gemeinsam zu erziehen. In das Regelangebot sind integriert • • • • • drei Diagnose-Förderklassen zwei Sprachlernklassen eine heilpädagogische Tagesgruppe sowie seit 2003 vier Kooperationsklassen vier Gruppen in der verlängerten Mittagsbetreuung. Es gibt Unterricht in der russischen Muttersprache, weil Kinder, die ihre Muttersprache gut beherrschen, auch die Zweitsprache Deutsch leichter lernen. Für Aussiedler- und Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 40 Ausländerkinder werden am Nachmittag besondere Fördermöglichkeiten angeboten. Es bestehen bewährte Kooperationen mit Sportvereinen, mit den Kirchen und mit den sozialen Diensten. Die engagierte Mitwirkung an Soziale Stadt Aktivitäten hat dem Vorhaben Kontakte (z.B. zu Eltern und Familien) eröffnet, die auf anderem Wege nicht erreichbar gewesen wären. Auch in der Hauptschule gibt es Ganztagesklassen und im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Russisch noch bis zum Ende des Schuljahres 2010/2011 einen zweistündigen Unterricht in der Muttersprache. Davon profitieren insbesondere die Spätaussiedler Kinder. Die Schule ist in regem Kontakt nicht nur zu lokalen Projekten, sondern auch zu schulischen wie außerschulischen Institutionen. Bis heute zählen die Schulleitungen zu den zentralen Multiplikatoren und Vermittlern zwischen den Zugewanderten, dem restlichen Stadtteil, der Stadtverwaltung und der Stadtpolitik. Deshalb sind sie auch um aktive Mitwirkung im Quartierbeirat gebeten worden. Resümee/ Empfehlungen • Ohne das große Interesse und die Kreativität der Schulleitungen wäre es wesentlich schwieriger gewesen, die BewohnerInnen auf dem Heuchelhof zu erreichen. Weil die Schulen über die Kinder einen guten und verlässlichen Zugang zu den Eltern haben und sich die Gespräche nach dem Konzept der Schulen ohnehin nicht auf erzieherische und schulische Themen einengen lassen, sind in Elterngesprächen im natürlichen Gesprächsfluss auch andere Themen gestreift worden. • Es ist dabei aber auch deutlich geworden, dass eine Chancenverbesserung für ihre Kinder nicht allein in der Schule, sondern auch im sozialen Umfeld der Schule erwirkt werden muss, und dass deshalb die Bemühungen der Sozialen Stadt jede und jeden angehen. • Die Mitwirkung der Schulen im Quartier stellt erfahrungsgemäß eine unverzichtbare Voraussetzung für die Sicherung der sozialen Stabilität dar und wird am Heuchelhof beispielhaft gehandhabt. 7. Evangelische und katholische Kirchengemeinde Mit ihrem zielgruppenspezifisch wie auch thematisch breiten Angebot sind die beiden Kirchen – die katholische Kirche St. Sebastian und die evangelisch-lutherische Gethsemanekirche – wichtige Kooperationspartnerinnen in der Sozialen Stadt Heuchelhof. Sie sind von ihrem Selbstverständnis und ihrer Aufgabe her an einer positiven sozialen Stadtteilentwicklung interessiert und bereit, sich daran aktiv und flexibel zu beteiligen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 41 Gerade im Umgang mit den aus den GUS-Staaten kommenden Aussiedlerfamilien war diese Flexibilität notwendig, denn die Kirchen wurden hier mit einer anspruchsvollen sozialen und seelsorgerischen Aufgabe konfrontiert. Diese BürgerInnen brachten ein in der sozialistischen/ kommunistischen Tradition wurzelndes Sozialverständnis mit, in dem Gemeinschaftsbezogenheit, Solidarität und kollektives Gestalten der Alltagswirklichkeit in großfamiliären Zusammenhängen eine große Rolle spielten. Nicht vorhanden waren bei den meisten MigrantInnen vergleichbare kirchliche (christliche) Traditionen. Selbst die sogenannten jüdischen Kontingentflüchtlinge unterschieden sich nicht durch die (ausgeübte) Religion von den anderen ZuwandererInnen. Dagegen waren viele Familien traumatisiert durch die Diskriminierung, Ausgrenzung, Verfolgung und Kriegsund Verschleppungserfahrungen einzelner Familienmitglieder. Die Kirchen brauchten also andere als die üblichen seelsorgerischen Wege zum Kontakt und zur Arbeit mit diesen Menschen. Dabei kam ihnen das Selbstverständnis als aufsuchende und verstehen wollende Kirche sehr zugute. Offensichtlich ist es mit der humanistischen, respektierenden Grundhaltung gelungen, bis heute eine positive, aktivierende Beziehung zwischen den beiden Kirchen und der zugewanderten, überwiegend religionsfernen Bewohnerschaft des Heuchelhofs zu entwickeln. Die zwar langsame, jedoch deutlich beobachtbare Beheimatung der Zugewanderten in H1 ist auch ein Erfolg dieses respektvollen und menschlich wertschätzenden Vorgehens. Resümee/ Empfehlungen • Bis heute mischen sich die beiden Kirchen in die sozialen Belange des Stadtteils aktiv ein, ohne auf der christlichen Botschaft auch für Anders- oder Nicht-Gläubige schematisch zu beharren. Den kirchlichen Auftrag begreifen sie als Zugehen auf die Menschen und als humanes, ethisch fundiertes Gestalten des Zusammenlebens im Quartier. Damit haben sie sich auf die mitgebrachte Lebenserfahrung und die Alltagskompetenzen der ZuwandererInnen bezogen, Ansätze zur Beheimatung eröffnen können und den Zuwandererfamilien das Einleben in die deutsche Gesellschaft erleichtert. • Mit dem offenen Blick auf die sozialen, nicht nur die kirchlichen, Belange ist der Beitrag der Kirchen zur Sozialen Stadt auf dem H1 enorm. 8. Sportverein(e) Verschiedene Gruppierungen sind auf dem Heuchelhof im sportlichen Bereich tätig, die größte und mir ihrem Angebot breiteste dürfte der SC Heuchelhof sein. Mit dem Sportclub Würzburg Heuchelhof verfügt das Quartier über eine stabile Institution, die sportliche Aktivitäten, Gesundheits-/ Freizeitanliegen und die damit verbundenen sozial integrierenden Begegnungen in ein verlässliches Programm fasst. Dabei decken differen- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 42 zierte Angebote für verschiedene Altersgruppen und in unterschiedlichen Bereichen (Fußball, Gymnastik, Turnen) einen hohen Bedarf im Quartier. Resümee/ Empfehlungen Mit der Organisation der ehrenamtlichen Betreuung und der Räumlichkeiten an unterschiedlichen Standorten leistet der SC Heuchelhof einen maßgeblichen bürgerschaftlichen Beitrag zum sozialen Leben im Quartier. Erfreulich ist, dass durch diese Angebote der manchmal nicht einfache Brückenschlag über kulturelle, ethnische und Status-Grenzen hinweg möglich war und ist. Auch andere Belange der Lebensqualität (Gesundheit, Freizeit, generationenübergreifende Aktivitäten, Nachbarschaftshilfe) werden durch die im Sportverein gebündelten verlässlichen Kommunikations- und Austausch-Strukturen nachhaltig gefördert. 9. Soziale Infrastruktureinrichtungen In Soziale Stadt Gebieten kommen den Einrichtungen der sozialen Infrastruktur verbindlichen Aufgaben in der Netzwerkkooperation zu. Im H1 sind es vor allem die folgenden Einrichtungen/ Projekte, die zur sozialen Aktivierung und Aufwertung mit ihren je spezifischen Zielgruppenangeboten beitragen: • Jugendzentrum der Stadt Würzburg: offene Jugendarbeit (10 – 22 Jahre, Freizeitangebote, erweitertes Computer- und Internet-Angebot • Kindergärten (katholischer, evangelischer, Schlaumäuse, integrativer Kindergarten, Windrädchen, Krabbelstube) • PRO JOB – das PROjekt für Jugendliche zur Orientierung und Berufsfindung, ein Gemeinschaftsprojekt der HWK-Service GmbH und der Stadt Würzburg • ALE – Arbeiten / Lernen / Erfahrung sammeln, ein Projekt der ARGE, des KolpingBildungswerks GmbH, der Stadt Würzburg und der Bundesagentur für Arbeit • Mobile Jugendarbeit Heuchelhof, Streetworker der Stadt Würzburg (Einzelfallhilfe und Gruppenangebote) • Erziehungs- und Familienberatungsstelle der Stadt Würzburg, Beratung für Eltern, Familientherapie, Einzel- und Gruppenarbeit mit Eltern und Kindern, Beratung und Unterstützung von pädagogischem Fachpersonal, Trennungs- und Scheidungsgruppen für Kinder, etc. • Stadtbücherei Würzburg, Zweigstelle Heuchelhof • Wohnanlage mit Sozialstation Arche gGmbH • Caritas Sozialstation St. Totnan, ambulante Pflegeangebote Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 43 D SOZIALE SCHLÜSSELTHEMEN Bewusstsein für die Lebensqualität Die Situation auf dem Heuchelhof mit dem schnellen Zuzug einer sehr großen Zahl an SpätaussiedlerInnen stellte die Stadt Würzburg vor die zentrale Herausforderung – die Integration dieser Menschen zu realisieren. Damit standen im Prozess der Sozialen Stadt von Beginn an soziale Projekte und Maßnahmen im Mittelpunkt des Planungs- und Umsetzungsgeschehens. Die inhaltliche Gestaltung lag federführend bei Herrn Scheidereiter in seiner Funktion als Koordinator des Sozialreferats. Die soziale Komponente war dadurch neben den baulichen Zielen immer eine Selbstverständlichkeit in diesem Projekt mit • der Bewältigung der sozialen Lebensprobleme der BewohnerInnen • der Versorgung der Quartiersbevölkerung mit sozialen Infrastruktur-Angeboten • der Aktivierung und Beteiligung der Quartiersbevölkerung an den sie betreffenden Themen bei der Alltagsbewältigung • der dauerhaft kooperativen und lernenden Organisation der Prozesssteuerung auf verschiedenen Ebenen • der sozial verbindenden kommunalen Moderation zwischen den Arbeitsschwerpunkten. Aber auch aufgrund der schwierigen Haushaltslage der Stadt Würzburg – vor allem in den haushaltslosen Jahren 2003 und 2004 – sind die sozialen Maßnahmen und Aktivitäten im Projekt Soziale Stadt H1 stärker in den Vordergrund gerückt. Während teuere investive Vorhaben teilweise mehrmals in die Zukunft verschoben werden mussten, wurden nicht investive soziale Projekte mit ihren vergleichsweise „geringeren“ Kosten zu den wichtigsten Soziale Stadt-Ansatzpunkten, die zeitnah realisiert werden konnten. Die vielen außerordentlich engagiert verfolgten sozialen Einzelaktivitäten machen heute die markanten sozialen Qualitäten des Soziale Stadt Projektes in Würzburg Heuchelhof aus. Neu entstandene sozialräumliche Qualitäten – die beispielgebend auch für andere Kommunen sein könnten – sehen wir vor allem in folgenden Bereichen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Stabiles Netzwerk „Verbundsystem sozialer Dienste“ Integration der Russlanddeutschen Bevölkerungsgruppe Beheimatung auf dem Heuchelhof Zusammenspiel öffentlicher und privater Räume Senioren- und Behindertengerechtigkeit Kultur- und Freizeitangebote Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 44 7. Beteiligungskultur 8. Kooperation im Projekt-Team: ressortübergreifend und lernfreudig 9. Öffentlichkeitsarbeit 10. Sicherheit im Quartier 11. Wohnen am Heuchelhof 1. Stabiles Netzwerk, Verbundsystem Sozialer Dienste im Quartier Mit den Themenkomplexen „Integration, Armutsvorbeugung, Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Negativimage“ stand die Stadt Würzburg auf dem Heuchelhof einer vielschichtigen Problematik gegenüber. Die Entscheidung, in einem neu eingerichteten Stadtteilzentrum als Außenstelle/ Stadtteilbüro des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) zu schaffen, die durch russischsprachige Beraterinnen ergänzt wurde, war der geballten Problemlage im Stadtteil geschuldet. Der integrative Arbeitsansatz der Gemeinwesenarbeit zeigte das „soziale“ Selbstverständnis der kommunal Zuständigen für die Aufwertung des Quartiers. Ein qualitativ hochwertiges Netz an sozialen AkteurInnen, die als ImpulsgeberInnen für die Arbeit des Quartiersmanagements, sollte das fachliche Know How bündeln. Im Zentrum stand – zitiert nach der Dokumentation Quartiersmanagement 1999 – 2004, Seite 10/ 11 – „ Hierdurch sind u.a. einfache und schnelle Bezüge/Wege zu Jugend- und Sozialamt und zu anderen städtischen Dienststellen möglich und nutzbar. Maßnahmen, Projekte und Aktivitäten werden im kontinuierlichen Dialog dieses Verbundsystems entwickelt und weitergeführt. Sie basieren auf den im Stadtteil ablaufenden Prozessen. Der hierdurch gegebene Input an Bedarfen, Problemen und Ressourcen des Viertels in die Arbeit des Quartiersmanagements aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Richtungen verfestigen sich dann über Diskussionen zu Produkten, wie z.B. den Ferienprogrammen im Quartier, zu Angeboten der Jugendhilfe (Soziale Gruppenarbeit) oder der Berufshilfe (Pro Job).“ Das durch Umbau des ehemaligen Gemeindezentrums der evangelischen Kirche entstandene Stadtteilzentrum stellte einen idealen Ausgangspunkt für den weiteren Ausbau eines abgerundeten sozialen Dienstleistungsnetzwerkes H1 dar. Im Stadtteilzentrum mit untergebracht waren zunächst das Quartiersmanagement und die russisch-sprachige Sozialbetreuung. So konnten soziale Fragen über bürokratische Zuständigkeitsgrenzen hinweg „umfassend“ angegangen werden. Mit dem Quartiersmanagement, das für die Aktivierung von bürgerschaftlichem Engagement, die Koordination von Einzelaktivitäten im Quartier und für den Brückenschlag zwischen Bevölkerung und Stadt zuständig war, erhielt das Vorhaben der Stadt Würzburg zur sozialen Aufwertung des Stadtteils auch ein aussagekräftiges Symbol. Das Quartiersmanagement arbeitete von Beginn an im Netzwerk mit Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 45 • • • • • • • • • • • • • • • • • dem ASD den kommunalen Fachstellen Fachrunden, wie Heuchelhofrunde, Arbeitskreis Jugendliche Zuwanderer Projekte wie PRO JOB, ALE und Spielgarten Aktiv den Wohnungsbaugesellschaften den Kirchen den Vereinen, wie etwa dem Bürgerverein Heuchelhof, Verein Brückenbogen, Verein Perspektive e.V. den Schulen den Kindergärten den Wohlfahrtsverbänden der Arche Stadtteilbücherei den Sportclubs den bürgerschaftlichen Initiativen der Tafel dem Einzelhandel etc. Das Verbundsystem wäre aber einseitig geblieben, wenn nicht auch die für das Bauliche zuständigen Fachleute aus der Kommune und den Institutionen aktiv an der Verbundarbeit zur Sozialen Stadt mitgewirkt hätten. Resümee/ Empfehlungen • Das Quartiersmanagement machte das schrittweise entstehende Verbundsystem für die konzentrierten Bemühungen der Stadt um die Lebensqualität der Quartiersbevölkerung für die Heuchelhöfer erfahrbar. Bemerkenswert an diesem, eng an das Sozialreferat angebundenen Netzwerk ist die unbürokratische und vertrauensvolle Zusammenarbeit der AkteurInnen, die über den Förderzeitraum hinaus auf Dauer eingerichtet worden ist. Dadurch bietet sie den Ratsuchenden und Ehrenamtlichen Verlässlichkeit und Transparenz. Die Struktur kann als modellhaft für andere Stadtteile in Würzburg und anderen Kommunen angesehen werden. Was ist das Besondere am Netzwerk Heuchelhof? Vor allem sind hier zu nennen: • Das Quartiersmanagement ist integrierter Bestandteil eines sozialen Teams, eines Verbundsystems, bestehend aus dem Koordinator des Sozialreferates, der Leiterin des ASD-Büros im Stadtteilzentrum und der russischsprachigen Sozialberatung. • Es gibt eine ausgesprochen schlanke, transparente und wirksame Organisation des vom Quartiersmanagement koordinierten Zusammenwirkens von EinzelakteurInnen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 46 • Die AkteurInnen sind durchweg ausgesprochen teamkompetent, kooperationsfreudig und lernfähig, so dass gemeinsam getragene Ziele und Entwicklungsprozesse zustande kommen. • Außerdem wird das Verbundsystem mit all seinen Potentialen von Beginn an durch eine konsequente, offene und verständnisvolle kommunale „Moderation“ getragen. Diese Moderation in der Person von Herrn Scheidereiter bündelte das gemeinsame Verständnis für bauliche und soziale aber auch finanz- und verwaltungstechnische Aufgaben im H1. • Die Betreuung der großen baulichen Vorhaben im Soziale Stadt Projekt lag in den Händen von hochkompetenten, teamfähigen und ressortübergreifend denkenden Planungs-Fachleuten, neben Herrn Düthmann allen voran Frau Ackva und Frau Beck, welche die Relevanz der sozialen Belange für das Aufwertungsvorhaben erkannten und unterstützten. In ihren Händen lagen vor allem die baulichen, finanziellen und verwaltungstechnischen Aufgaben. • Hinzu kommt die kluge und zu Selbstverantwortung motivierende Personalauswahl und Personalführung, welche es den einzelnen ermöglicht, ihre jeweiligen Begabungen und Potentiale eigenständig einzubringen. • Schließlich ist das Soziale Stadt Geschehen im Netzwerk bis heute von einer konstruktiven und kooperativen Atmosphäre getragen, in der für Konkurrenz und den üblichen Ressortegoismus nur wenig Raum geblieben ist. Mit der Umsiedlung des Quartiersmanagements in den Treffpunkt Altes Schwimmbad ist im Heuchelhof gleich neben dem Stadtteilzentrum eine zweite wesentliche Anlaufstelle geschaffen worden, die den BewohnerInnen deutlich vor Augen führte, wie ernst es der Stadt ist mit der Aufwertung des H 1. Die sozialen Bemühungen werden durch die zentrale Lage des Alten Schwimmbads an der „Urbanen Achse“ des H1 gut sichtbar. Die einfache Zugänglichkeit der Räume und die Transparenz der Zusammenarbeit im Soziale Stadt Projekt lassen horizontale und vertikale Kontaktaufnahmen und Begegnungen im Areal zustande kommen. 2. Integration der Russlanddeutschen Bevölkerungsgruppe In den 70er Jahren lebten zunächst überwiegend deutsche Familien in den hochmodernen Wohnanlagen des H1. Später haben sich mehrere Migrationswellen in Würzburg vor allem auf dem Heuchelhof bemerkbar gemacht: Zuwanderungen aus Polen, Rumänien und aus der Sowjetunion, inkl. jüdischer Kontingent-Flüchtlinge. In den 90er Jahren zogen auch Deutsche aus der ehemaligen DDR zu. Damit veränderten sich die Bevölkerungsstruktur und das soziale Leben auf dem Heuchelhof grundlegend. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 47 In den Vorbereitenden Untersuchungen H1 werden 36 Nationen als Herkunftsländer der 3.771 BewohnerInnen genannt. Zu Beginn der Sozialen Stadt machte die im Heuchelhof dominierende Bevölkerungsgruppe, die MigrantInnen aus den ehemaligen GUS-Staaten, 60 % der Quartiersbevölkerung aus (in der Gesamtstadt lag der Anteil der MigrantInnen aus den ehemaligen GUS-Staaten bei nur 10 %). „Die Russen“, wie sie vereinfachend bis heute im Quartier genannt werden, wurden eingestuft • einerseits als sozial belastete/ in ihrer Lebensführung auffällige Menschen mit einem hohen Bedarf an staatlicher Betreuung, • andererseits aber auch als Menschen mit einem erheblichen sozialen, kulturellen und (mit-)menschlichen Potential. Zu den sozialen Belastungen/ Auffälligkeiten in dieser Bevölkerungsgruppe werden z.B. gerechnet • Drogen • Alkohol • Gewaltbereitschaft, Rücksichtslosigkeit, auch Macho-Verhalten • Sprachdefizite • fehlende (oder: nicht anerkannte) Ausbildungsabschlüsse • Arbeitslosigkeit • Armut • relative Isolation in der Stadt • Abschottung der Familien gegenüber Einheimischen. Besondere soziale Potentiale und Fähigkeiten dieser Menschen, um die sie vielfach auch – eingestanden oder nicht – beneidet werden, sind • der stabilisierende soziale Zusammenhalt innerhalb der Großfamilienverbände • die soziale Mitwirkungsbereitschaft im Quartier: Sie wollten aus eigenem Antrieb (kulturelle und soziale) Angebote machen und erwarteten lediglich, dass ihnen dafür Räume – ähnlich der Kulturhäuser in der Sowjetunion – zur Verfügung gestellt wurden • die Erfahrungen, die sie als Minorität in der Herkunftsgesellschaft gemacht und in die BRD als Überlebensstrategie für das Kollektiv mitgebracht haben • das bei vielen vergleichsweise hohe Bildungsniveau, auch wenn die Bildungsabschlüsse nur teilweise anerkannt werden • die ausgesprochen guten handwerklich-praktischen Fähigkeiten, die eine autonome und eigenmächtige Alltagsbewältigung unterstützen • die Wohnzufriedenheit in einer ihnen geläufigen Großsiedlungsstruktur und in Geschosswohnungen mit hoher Qualität des Heuchelhofs. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 48 Ein Integrationsverständnis, das zwischen lediglich zwei „Möglichkeiten“ (nämlich: Einheimische – Fremde) polarisiert, hilft weder bei der Analyse der stadtgesellschaftlichen Herausforderungen, noch bei ihrer sozialpolitischen und atmosphärischen Bewältigung. Am Heuchelhof ist einer solchen Simplifizierung des Integrationsgedankens (Fremde sollen werden wie die Einheimischen) von Beginn an entgegengewirkt worden. Das zeigt sich beispielhaft in der Wahl der Quartiersmanagerin, die als zielgruppenkompetente Fachfrau (Slawistik-Studium, Berufsvorerfahrungen in der Aussiedler-Beratung, Erfahrungen mit der Sprache und dem Kulturraum der Aussiedler-Familien) ausgesucht worden ist: Sie hat durch ihr Wirken und durch ihr Beispiel im respektvollen und differenzierten Umgang mit der Zielgruppe für viele sichtbar gemacht, dass Integration und Zusammenleben von allen mitgestaltet werden muss. • Die Gruppe der Zugewanderten ist nicht homogen, sie umfasst Menschen mit unterschiedlichen Biografien, erlebten Traumata, Altersstufen, Bildungsqualitäten, Berufserfahrungen, Kulturverständnis, religiösen Haltungen, Nähe zur deutschen Kultur/ Gesellschaft, Einwanderungswünschen etc... Die russlanddeutschen Familien sind in ihrer Binnenstruktur ebenso vielfältig wie die deutsche Mehrheitsgesellschaft. Das einzige Kriterium, das alle kennzeichnet, ist die Migration aus den GUS Staaten. • Die Fremdzuschreibung „Menschen mit Migrationshintergrund“ ist eine nicht hilfreich, ja sogar unzulässige, Vereinfachung und damit Verfälschung der sozialen Aufgaben. • Die Fixierung auf Zugewanderte als Problemgruppe ist unhaltbar, zumal so viele soziale und kulturelle Potentiale als wertvolle Ressourcen offen liegen Die Heuchelhöfer Bevölkerung hat sich als eine Bewohnerschaft mit vielen Eigenheiten, Schattierungen und Unterschieden gezeigt. In der Literatur wird bisweilen von der superdiversen Gesellschaft gesprochen, also einer Gesellschaft, die in sich zahlreiche Lebensstile, Lebenskonzepte und Bedarfslagen einschließt. Am Heuchelhof ist dies besonders gut zu beobachten. Einige Aspekte der superdiversen Gesellschaft am Heuchelhof sollen genauer beschrieben werden. • • • • • Migrationsimpuls im Generationenunterschied Erziehungshaltungen Traumatisierungsfolgen Wohnvorstellungen Veränderungen der Großfamilienstruktur. Als sozial wirksame Besonderheit in dieser Migrationsgruppe gilt, dass der maßgebliche Migrationsimpuls im Wesentlichen von der Eltern- und Großelterngeneration getragen wurde. Während die Älteren sich einen lang gehegten Wunsch erfüllten und deshalb Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 49 negative Migrationsfolgen (wie Ausgrenzung in der Aufnahmegesellschaft) möglicherweise leichter kompensieren können, werfen Kinder und Jugendliche den Älteren die hier erlebten sozialen Ausgrenzungen und die zu erwartenden Benachteiligungen auch auf dem Arbeitsmarkt oft schuldhaft vor. In Integrationskonzepten muss daher berücksichtigt werden, dass Kinder/ Jugendliche durch die unfreiwillige Migration die in diesem Alter besonders wichtige Identifikation und Kommunikation mit Gleichaltrigen verloren haben. Ein Teil ihres – auch altersbedingten – Widerstands in der Familie und ihrer bisweilen (selbst-) aggressiv verarbeiteten Verlorenheit in der Aufnahmegesellschaft kann im Zusammenhang mit diesem Verlust gesehen werden. Aussichtslosigkeit auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erschweren außerdem die Kindheit und Jugend der jüngeren Generation, die sich in der deutschen Gesellschaft integrieren soll und vielleicht auch will, es aber durch die erlebte Entwertung/ Marginalisierung gar nicht kann. BSI Consult hat im IHK das einen wichtigen Ansatzpunkt der sozialen Arbeit das „andere Erziehungsverständnis“ in Aussiedlerfamilien herausgearbeitet: Kinder- und Jugendliche sind nicht so stark „Objekte der behütenden Fürsorge und Kontrolle“ wie in der deutschen Gesellschaft, sondern laufen eher nebenher mit. Dies führt unmittelbar zu Verwerfungen, denn der Teil der Sozialisation, den diese Kinder- und Jugendliche früher in der Herkunftsgesellschaft im weiteren sozialen Umfeld erfahren haben, entfällt hier und wird nur selten von den Familien zusätzlich erbracht. Vielen Kindern und Jugendlichen fehlt damit eine maßgebliche altersgemäße Orientierung beim Heranwachsen und bei der vorwegnehmenden Integration in die Erwachsenengesellschaft, die den Eltern und Großeltern selbst fremd ist. Die Situation der Kinder und Jugendlichen ist in vielen Aussiedler-Familien durch vielfach traumatisierte Eltern (Kriegserfahrungen, Verfolgung, Ausgrenzung und Diskriminierung) erschwert. Innerpsychische Belastungen aus noch nicht aufgearbeiteten Traumata werden von Eltern nonverbal an die Kinder weitergegeben, bei ihnen „deponiert“. Die altersgemäße Entwicklung der Kinder wird dadurch irritiert. Abweichendes Verhalten (Drogen, Alkohol, Gewalt, Auffälligkeiten), das auf dem Heuchelhof eine wichtige Rolle spielt(e), ist sicherlich teilweise als Kompensationsversuch zu verstehen. Da abweichendes Verhalten im Umkehreffekt die sozialen Ausgrenzungen verstärkt und Negativkarrieren auslöst, ist entsprechende Aufmerksamkeit auf diesen Circulus vitiosus zu richten. Wohl als Folge der Traumatisierung, aber auch des hohen Alkohol- und Drogenkonsums ist bei Betroffenen eine gewisse Verrohung zu erklären, die sich – bei der sonst hohen Gemeinschaftsorientierung und Mitmenschlichkeit in Aussiedler-Familien – in sozialem Desinteresse, Rücksichtslosigkeit und Gewaltbereitschaft von einzelnen äußern kann. Beide „Besonderheiten“, die Fähigkeit zur Solidarität und die Verwerfungen durch Ag- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 50 gressionsbereitschaft, sind in zielführenden Integrationskonzepten zu berücksichtigen. Auffälligem Verhalten bei Aussiedler-Jugendlichen wird auf dem Heuchelhof in vielfältigen Institutionen mit besonderen gruppenspezifischen Interventionen von unterschiedlichen Seiten im sozialen Netz begegnet. Zum Beispiel durch: • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Jugendzentrum Heuchelhof Mobile Jugendarbeit Heuchelhof Städtische Erziehungsberatungsstelle Arbeitslosenprojekt für junge Menschen ALE (Arbeiten - Lernen - Erfahrung sammeln) Schulen: Ganztagsschule/Grundschule, Hauptschule mit Nachmittagsbetreuung - mit Mittlere-Reife-Zug (M-Zug) Jugendsozialarbeit an der Hauptschule Sportverein SC Heuchelhof e.V. Pro Job – Beratung für arbeitslose Jugendliche Kompetenzwerkstatt Hauptschule Heuchelhof Soziale Gruppenarbeit für verhaltensauffällige Jugendliche K und Q - Kompetenz und Qualifikation für junge Menschen Projekt „Connected“ Zirkusprojekte HipHop-Projekt PC- und Internetprojekt Drogenprävention für jugendliche Spätaussiedler Sportmobil des Bayrischen-Landes-Sportverbandes e.V. Integratives Spiel- und Sportprojekt Heuchelhof Heuchelhof-Ferienangebote Projekt zur Sprachförderung und Integration Schülerhilfe für Zuwanderer Nachhilfeunterricht Russischsprachige Sozialbetreuung Integrationskurs für russischsprachige MigrantInnen Internationaler Integrationsverein Perspektive e.V. Deutsche Jugend aus Russland e.V. Conciergedienst Im Rahmen der Sozialen Stadt sind die schon bestehenden kommunalen sozialen Angebote für eine weitreichende Integration noch besser gebündelt und zusammen mit neuen Angeboten aufeinander abgestimmt worden. Rückblickend bewerten viele die Soziale Stadt für den Heuchelhof zu Recht als einmalige und gut genutzte Chance. Vieles ist be- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 51 wegt und verknüpft worden, was ohne das neue Förderprogramm Soziale Stadt nicht entstanden wäre. Die im Heuchelhof vorhandenen Wohnmöglichkeiten in den Geschosswohnungsbauten haben sich als „ideales Wohnen“ für Großfamilien aus den ehemaligen GUS-Staaten erwiesen. Manche sprechen von „einer unerwartet glücklichen Fügung“ und berichten, dass „Häuser voller Russen“ wie ein perfektes großes Wohnzimmer für die Zugewanderten funktionierten. Klagen werden eigentlich nur über das Umfeld, nicht über die Wohnungen selbst, geführt, die als komfortabel gegenüber ihrer Herkunftswohnsituation empfunden werden. Weil es möglich ist, mit kurzen Wegen enge soziale und familiäre Beziehungen zu pflegen, verbleiben auch heute noch die Kinder der Zugewanderten mit Vorliebe auf dem Heuchelhof und tragen so zur Stabilisierung der sozialen Verhältnisse in der Migrationsgruppe bei. Aufgefallen ist, dass die Verweildauer der BewohnerInnen auf dem Heuchelhof im Laufe der letzten Jahre länger geworden ist, was sicher auf eine größere Wohnzufriedenheit zurückgeführt werden kann. Resümierend ist festzuhalten, dass die Identifikation der russischstämmigen Wohnbevölkerung mit dem Gebiet positiv ist, auch wenn das Image des Quartiers in der Gesamtstadt noch weiter verbessert werden könnte. Inzwischen haben sich die soziostrukturellen Bedingungen in den Aussiedlerfamilien Richtung Aufnahmegesellschaft verändert: die damals zugewanderten Großfamilien zerfallen bei den hiesigen Lebensbedingungen in Kleinfamilien. Zwar bleiben die verwandtschaftlichen Kontakte weiter stark, verlaufen aber zwischen den KleinfamilienWohnungen. Der in der letzten Zeit vermehrt auftretende Wunsch zur Eigentumsbildung ist auch als Hinweis darauf zu werten, dass sich die Familien hier langfristig niederlassen und sich mit der Gesellschaft identifizieren. Resümee/ Empfehlungen • Die Integrationsbemühungen auf dem Heuchelhof sind als erfolgreich zu bezeichnen. In der Bewohnerschaft dominiert die Zufriedenheit mit den Wohn- und Lebensbedingungen. Als maßgeblich dafür sehen wir: • Mit dem Blick für die Bedarfe/ Auffälligkeiten und die Chancen sind Sozialreferat, ASD, Quartiersmanagement ebenso wie die anderen sozialen Einrichtungen im H1 mit der Situation umgegangen. Es wurden Eigeninitiative und Eigenmacht ermuntert, ohne zu bevormunden. • Die angemessene Berücksichtigung von Migrationstraumata, Erziehungsauffassungen, Wohnwünschen und historisch gewachsenen Lebenskonzepten umging die vereinfachende Polarisierung des Integrationsverständnisses (zwischen der Forderung nach Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 52 Anpassung/ Unterwerfung und der Ablehnung von Widerstand/ Verweigerung) und ermöglichte es, eine neue soziale Qualität im Quartier „gemeinsam“ zu entwickeln. • Das differenzierte und verstehen wollende Herangehen der Verantwortlichen an die Gestaltung der „superdiversen Stadtteilstrukturen“ mit einer möglichst weit gehenden Partizipation sowohl der Aussiedlerfamilien, als auch der im „Speckgürtel“ des H1 wohnenden Einheimischen, hat die Basis für das friedliche Miteinander gelegt. Die Treue, die die BewohnerInnen dem H1 halten (kaum Wegzüge), ist Beleg für die geglückte Aufwertung und die Integration der Bevölkerungsgruppen. • Der gute Verlauf des Soziale Stadt Projektes im H1 ist auch als Ergebnis der ausgesprochen kooperativen, lernbereiten Arbeitsatmosphäre innerhalb des Projektteams und im Verbundsystem begründet, die für die angestrebte Aktivierung und Belebung des Quartiers Beispiel gegeben hat und noch gibt. • Es konnten unter Mithilfe vieler – kommunaler Fachleute, Schulen, Kirchen, Vereine, Initiativen – Brücken zwischen den kulturellen, sozialen, religiösen, beruflichen und Bildungsgruppen geschlagen werden. Mit dieser gelebten Öffnung der Sozialatmosphäre für das „Andere“ wurden Mut und Offenheit gepaart mit Kreativität und Toleranz ins Quartier abgestrahlt, so dass die soziale Gemengelage in H1 sozialverträglich und zukunftsfähig verändert werden konnte. 3. Beheimatung statt Segregation Zugewanderte bringen in die Aufnahmegesellschaft nicht nur Arbeitskraft mit, sondern auch Sprache und Kultur, soziale Selbstverständlichkeiten, Rollenvorstellungen, Erziehungsstile und Lebenskonzepte – eben superdiverse Attribute. In einem gut laufenden Integrationsprozess, der zwischen der stark heterogenen Aufnahmegesellschaft BRD und den ebenso stark heterogenen Zuwanderungsgruppen vermittelt, geht es um die wohlwollende, inkludierende Berücksichtigung der sozialen Potentiale sowie humanen Qualitäten im Zusammenleben. Dabei entsteht im günstigen Fall aus dem Besonderen der Aufnahmegesellschaft und dem Besonderen der Zuwanderungsgruppe eine neue andere Qualität. Diesen idealen Vorstellungen entsprechen die tatsächlichen Prozesse allerdings nur sehr selten – auch wenn dies die gesellschaftliche Aufgabe der Integration bleibt. MigrantInnen geraten in der Aufnahmegesellschaft oft in eine marginalisierte wirtschaftliche, soziale, kulturelle Rolle, in der sie auch bei hohem Bildungsstand wenig Autonomie bei der Lebensbewältigung entwickeln können. Die soziale Verlorenheit in der Aufnahmegesellschaft, unter der viele Migranten-Gruppen leiden, stellt sich im Fall der Aussiedler-Familien nicht so krass dar wie für andere, aber dennoch in besonderer Weise. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 53 • Zumindest die Eltern- und Großelterngenerationen haben durch deutsche Vorfahren (noch) eine Affinität zur deutschen Kultur und identifizieren sich oft mit ihr, auch wenn die sprachlichen Kompetenzen teilweise nicht (mehr) ausreichend zur Verfügung stehen. • Durch die starke Gemeinschaftsorientierung finden die aus den GUS Staaten Zugewanderten Schutz und eine gewisse Beheimatung in der eigenen ethnischen Gruppe, v.a. wenn sie wie im H1 räumlich nah beieinander wohnen können. • Allerdings werden sie von der Aufnahmegesellschaft wegen ihrer ungewohnten Lebensformen, dem dadurch nahe liegenden Rückzug in die eigene ethnische Gruppe und wegen der Sprache ausgeschlossen/ abgelehnt. • Weil der hohe Bildungsstand vieler Zugewanderter in der Aufnahmegesellschaft nicht anerkannt wird, leben sie oft wie schlecht gebildete Arbeits- und ArmutsmigrantInnen und werden daran gehindert, ihre Fähigkeiten einzusetzen. Abb. 5: Die neue Grünfläche an der Bonner Straße gibt Raum für die Beheimatung Die Stadt Würzburg sieht bei den Aussiedler-Familien erhebliche soziale und kulturelle Potentiale, die respektiert und genutzt werden sollen. Wo Hilfestellungen nötig sind, sollen diese nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden. Die Tatsache, dass die Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 54 gemeinschaftsorientierten Aussiedlerfamilien nahe beieinander leben wollen, erscheint in diesem Licht eher als Vorteil, denn als Nachteil. Daher wird der Gedanke der „Mischung“ (= möglichst gleichmäßige Verteilung der Menschen unterschiedlicher sozial-kultureller Zugehörigkeiten gleichmäßig über den Stadtraum), welcher lange Zeit als ein Paradigma der Stadtplanung hochgehalten wurde, zugunsten der Idee der „Beheimatung“ verworfen. Resümee/ Empfehlungen • Das dichte Zusammenleben der Aussiedler-Familien in den Geschoßwohnungsbauten auf dem Heuchelhof erleichtert ihre – von der Stadt gewünschte und von den Betroffenen begrüßte – Beheimatung. • Hier zu wohnen, erlaubt es, die mitgebrachte Eigenmacht und die ihrer Kultur entsprechenden Bewältigungs- und Selbsthilfepotentiale sozial anerkannt zu realisieren. • Die so erlebte relative Autonomie in der Aufnahmegesellschaft – trotz Exklusionserfahrungen – stärkt im Gegenzug das Selbstwerterleben, eine mögliche aktive Lebensbewältigung und verringert zugleich das Resignations- und Armutsrisiko. Die von der „Mischung“ erwartete zügige Knüpfung von sozialen Bindungen, die in anderen Fällen auch nicht erfolgte, wird im Konzept der Beheimatung von einem allerdings länger dauernden, aber sozial verträglichen Prozess erwartet. • Bisher hat sich dieses Konzept der Beheimatung bewährt und soll weiter geführt werden. 4. Zusammenspiel öffentlicher und privater Räume Teilweise beengte Wohnverhältnisse, aber auch die kulturelle Vorprägung sind für die Beliebtheit des öffentlichen Raumes als Begegnungsort für russlanddeutsche Familien verantwortlich. Man trifft sich gerne draußen auf den Straßen, in Parks oder auf Plätzen, um sich auszutauschen und freie Zeit miteinander zu verbringen. Abb. 6: Der neue Begegnungsort vor dem Treffpunkt Altes Schwimmbad Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 55 Zumindest für die Eltern- und Großelterngeneration ist es ungewöhnlich, sich in der Gaststätte, im Cafe oder im Restaurant zu verabreden. Daher war es auf dem Heuchelhof von großer Wichtigkeit, den öffentlichen Raum funktional so zu gestalten, dass Begegnungen (für alle Altersgruppen) problemlos und konsumfrei möglich sind. Die umfangreichen Bemühungen für • • • • • • Spiel- und Bolzplätze Bäume der Nationen Orientierungstafeln und Kultursäulen sozial attraktive Gestaltung des Place de Caen eine für den Aufenthalt geeignete Umgestaltung der Stichstraßen und Wohnwege aber auch für die Gestaltung der privaten Freiflächen im Abstandsgrün sind dieser Bedarfslage der Bevölkerung geschuldet. Die schrittweise Realisierung der „Urbanen Achse“ war mit zahlreichen technischen Neuerungen verbunden. Sie haben das angestrebte Ziel erreicht. Zu diesen Neuerungen gehört auch • die Umgestaltung der ungenutzten Arkaden unter den Hochhäusern entlang der Urbanen Zone und damit • die Erhöhung von Sicherheit und Attraktivität der Erdgeschosse sowie • das Farbkonzept für die Fassadengestaltung und • das Orientierungskonzept, mit dem sich der öffentliche Raum für die Bewohnerschaft ordnen ließ. Resümee/ Empfehlungen Dass Würzburg dem öffentlichen Raum eine so hohe Bedeutung zukommen lässt, zeigt, wie sehr sich die Stadt um Attraktivität und Integration des Quartiers in den Stadtraum bemüht. Gerade der Heuchelhof, der durch seine isolierte Lage und die problematische Baustruktur sowie durch die Ballung sozialer Problemlagen für Ausgrenzung anfällig ist, profitiert von einer solchen für alle sichtbare kommunalen Aufmerksamkeit. Im Sinne des Förderprogramms Soziale Stadt ist die Realisierung dieses Konzepts besonders verdienstvoll. 5. Senioren- und Behindertengerechtigkeit Im zurückliegenden Soziale Stadt Prozess ist die Aufmerksamkeit für das Thema der Senioren- und Behindertengerechtigkeit stetig gestiegen. Vor 10 Jahren war die demographische Entwicklung noch nicht im Blickpunkt der Stadtteilentwicklung. Aber inzwischen wird Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 56 dieses Thema zunehmend wichtiger und ist auch verschiedentlich in H1 berücksichtigt worden. Kommunikationsfreudige Ältere profitieren von den kurzen Wegen am Heuchelhof, solange es dort eine gute Nahversorgung gibt. Tägliche kleine Einkäufe erfüllen neben der Versorgungsfunktion auch die Bedarfe nach Begegnung und Kommunikation und dienen zugleich der sozialen Kontrolle sowie der gegenseitigen Hilfe. Abb. 7: Seniorinnen und Senioren tanzen im Stadtteilzentrum Heuchelhof Es besteht immer – vor allem zukünftig – Bedarf für ein differenziertes Angebot an Kultur und Freizeit speziell für Ältere, auch wenn es neben den kulturellen und gesundheitlichen Aktivitäten der Sozialen Stadt wie Ausstellungen, Seniorentanz, dem Kartlertreff, der Seniorenwandergruppe, der Nordic Walking Gruppe, Spinnstube, bioenergetische Gymnastik, Meditation, Adventssingen sowie in den Kirchengemeinden reges Leben in drei Seniorenkreisen, sehr aktive Frauenkreise, vielfältige kulturelle Angebote, wie z.B. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 57 Konzerte gibt. Auch der SC Heuchelhof ist in diesem Bereich tätig und bietet u.a. gezielte Gymnastikangebote für ältere Menschen an. Speziell bei AussiedlerInnen der ersten Generation liegen inzwischen veränderte Wohnbedarfe vor. Sie sind ursprünglich mit Angehörigen aller Altersstufen als Großfamilie in einer großen Wohnung untergekommen, sind aber nun nach dem Wegzug der Kinder und dem Tod des Ehepartners vielfach allein zurückgeblieben und belegen teilweise unnötig viel, in der Pflege aufwendigen Wohnraum. Dies stellt sich zum einen als ein Problem für die Wohnungsbaugesellschaften dar, die über einen senioren- und behindertengerechten Wohnungsbestand nachdenken (sollten) – Wobei sich bisher die Nachfrage nach Senioren-Wohngemeinschaften, die in vielen Kommunen diskutiert werden, noch in Grenzen hält. Aber auch der wachsende Pflegebedarf bei Älteren ist eine soziale Herausforderung. Die Wohnanlage Arche und die Caritas Sozialstation St Totnan gehen darauf ein. SeniorInnen wohnen offensichtlich gerne im H1. Sie finden hier ein dichtes soziales Umfeld, gute Einkaufsmöglichkeiten, ausreichend öffentliche Räume und Infrastrukturangebote. Die Verkehrsverbindung in die Stadt wird gut bewertet, auch wenn die barrierefreie Straßenbahnhaltestelle noch verwirklicht werden muss. Nur die Verbindung zwischen dem H1 und der Kultur der Innenstadt wird als schwach eingeschätzt. Abb. 8: Der Zugang zur Straßenbahn – für manche noch beschwerlich Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 58 Abb. 9: Hauptzugang von der Straßenbahn zum H1 Resümee/ Empfehlungen Senioren- und Behindertengerechtigkeit konnten im Quartier baulich verbessert werden durch z.B. • barrierenfreien Ausbau der Eingangsbereiche und teilweise der Erdgeschosswohnungen bei der Schließung der Arkaden, aber auch durch den • barrierefreien Ausbau des Alten Schwimmbads • Dringend zu verbessern im Sinne von Barrierefreiheit ist die Straßenbahnhaltestelle. Ihr jetziger Bauzustand mutet bewegungseingeschränkten Menschen, zu denen nicht nur Ältere und Behinderte gehören, sondern auch Familien mit Kinderwägen oder Menschen mit schweren Einkaufstaschen, weite Umwege zu, um die Bahn zu erreichen • Für eine autonome Orientierung gehören auch einfache Signale für Blinde, Seh- und Hörbehinderte. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 59 6. Kunst, Kultur und Freizeitangebote In vielen Soziale Stadt Kommunen dominierten die bau- und sozialtechnischen Maßnahmen, so dass die kulturellen Beiträge für die Stärkung von Eigenmacht, Kreativität und Gemeinschaftsleben sogar in den Integrierten Handlungskonzepten kein Thema waren/sind. Vielleicht war es ein Glück für den Heuchelhof, dass die „Russen“ schon zu Beginn des Soziale Stadt Projektes der Stadt die Kultur gewissermaßen „aufdrängten“. • • • • Tanzgruppen bildeten sich für die Tanzkultur der MigrantInnen ein Zirkusprojekt, die Leidenschaft russischer Menschen, wurde geboren Russinnen kultivierten den mehrstimmigen Gesang mit deutschen NachbarInnen ein russischer Architekt bot Malkurse an u.v.a.m. Dabei wird zielgruppenspezifisch sensibel vorgegangen. Speziell für SeniorInnen gilt die Regel, dass Ältere z.B. in der Freizeit keine professionell erbrachten Angebote benötigen, wie dies für Kinder und Jugendliche der Fall ist. Es wird akzeptiert, dass viele Ältere lieber wohnortnahe und weniger hochpreisige, dafür aktivierende Angebote erwarten. Dem entspricht z.B. das Trio Melodie – im Alter von zusammen 225 Jahren – die älteste Boygroup Deutschlands. Sie kann mit ihrem langjährigen Wirken auf dem Heuchelhof auf eine beachtliche Integrationsleistung im gemeinsamen Tun zurückschauen. Kulturelle und Freizeitangebote der Vereine, speziell für diesen Personenkreis werden gut angenommen. Abb. 10: Kinder bemalen die Unterführung Straßburger Ring – ein Beispiel für Alltagskultur Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 60 Abb. 11: Kreatives Bauen im Quartier Auch die integrativen und fördernden Kinder- und Jugendangebote der Kommune, aber auch der Schulen, Vereine und Stadtteil-Projekte motivieren und aktivieren den Nachwuchs des Stadtteils zu einer kompetenten Teilhabe am sozialen Leben. Insbesondere von Schulen gehen Impulse aus, auch die Eltern mit Stadtteilthemen und –aufgaben vertraut zu machen, wobei der intergenerationelle Dialog gerade bei kulturellen Aktivitäten stark gefördert wird. Kulturelle Veranstaltungen eröffneten auch in H1 eine gute Möglichkeit für Begegnungen mit der Presse, die ihre anfangs eher negative Haltung und Berichterstattung über den Stadtteil überwinden konnte. Resümee/ Empfehlungen • Im H1 ist Alltagskultur im besten Sinne lebendig. Durch Impulse der Sozialen Stadt wie z.B. die Kunstschultage 2007 wurde am Heuchelhof solche Alltagskultur in das allgemeine Leben integriert. Dies konnte gelingen dank des starken bürgerschaftlichen Engagements und der inhaltlich und personell großzügigen Unterstützung durch die städtischen MitarbeiterInnen und KollegInnen des Soziale Stadt Projekts. • Im Rahmen der Kunstschultage wollten die beteiligten KünstlerInnen und Kulturschaffenden (besser wäre KulturarbeiterInnen) junge Menschen zu Kreativität anregen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 61 • • • • • und ihnen zeigen, dass es eine Alternative zum Leben vor dem Fernseher oder dem Turnschuhregal gibt. In der Freude über die heute bessere Lebensqualität schwingt bei vielen Menschen der Gewinn aus einer Vielzahl origineller Kulturarbeiten mit, wie z.B. das Heuchelhofspektakel, die offenen Werkstätten anlässlich der 4. Bayerischen Kunstschultage, die in Würzburg am Heuchelhof stattfanden, oder auch die Graffiti-Bemalung der Fußgänger-Unterführung durch Kinder und Jugendliche aus dem Viertel. Einen dauerhaften Schwerpunkt von Kulturarbeit am Heuchelhof bilden die vielen sehr qualifizierten Musik- und Theaterveranstaltungen in der Gethsemanekirche, die auch sehr viele BesucherInnen aus der Innenstadt anziehen; das heißt, nicht mehr die Heuchelhöfer müssen „nach unten“, um an Kultur teilzuhaben, sondern die Würzburger kommen rauf. Resümmierend kann man sagen, dass es inzwischen ein hervorragendes künstlerisches Leben (wie etwa ein Bläserquartett) am Heuchelhof gibt. Raum für wertvolle kulturelle Aktivitäten bieten das Jugendzentrum, in dem bereits lärmintensive Subkultur möglich ist und ein sehr breites Programm für die Jugendlichen angeboten wird, aber auch die neuen Möglichkeiten für kulturelle Aktivitäten im Treffpunkt Altes Schwimmbad und die vielfältigen Veranstaltungen auf dem Place de Caen, vor allem seit dem Umbau. Wichtig für die Verstetigung des gemeinschaftlichen Lebens im H1 ist es, viele weitere kleine Kulturprojekte zu initiieren und zu fördern. Dies kann Alltagskultur aus der Bewohnerschaft heraus sein und Kultur, die von außen kommt, wie etwa Theater- und Konzertvorführungen. Kulturarbeit braucht Räume und Flächen im Freien für Kreativität und Begegnung, wie z.B. eine kleine Theatermulde, in der Aktionen stattfinden können. 7. Bürgeraktivierung und Beteiligungskultur Die wesentlichen Weichen für die Bürgeraktivierung und –beteiligung sind am Heuchelhof zu Beginn der Sozialen Stadt durch das Fachbüro BSI Consult gestellt worden, das bei den Vorbereitenden Untersuchungen für die sozialräumlichen Themen zuständig war. Zusammen mit dem Quartiersmanagement und der Stadtverwaltung wurde schritttweise eine gangbare Struktur für die Bürgerbeteiligung und eine angemessene Organisation z.B. in den Arbeitsgruppen, die von BSI Consult beratend begleitet worden sind, entwickelt. Es war von Anfang an klar, dass Aufwertungen im Gebiet nur dann von Dauer sein können, wenn sie nicht von außen aufgepfropft, sondern von der Quartiersbevölkerung selbst gewollt, befürwortet und zumindest teilweise selbst umgesetzt werden. Glücklicherweise waren sich Sozial-, Umwelt- und Baureferat darüber einig mit der Städtischen Wohnungsgesellschaft. Dass Kirchen, Vereine, Verbände, Schulen und Initiativen diese Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 62 Idee mitgetragen haben, hat es umso leichter gemacht, eine nachhaltige Aktivierung und Beteiligung in Gang zu setzen. Hierfür war es günstig, dass mit dem Quartiersmanagement eine kommunizierende Stelle zur Verfügung stand, deren Aktivitäten in den Stadtteil durch die Quartierszeitung H eins vermittelt wurden. Zu ergänzen sind hier die zentral angebrachten Schaukästen und die gezielte Vermittlung von Informationen über MultiplikatorInnen, sogenannte Brückenbauende, die von Anfang an gezielt gesucht und eingesetzt wurden. Abb. 12: Beteiligungsstruktur im H1 (BSI Consult, Maria Gardemann, Würzburg) Die Frage, ob die Bürgerschaft anfangs vielleicht zu intensiv beansprucht wurde und erst jetzt in der konkreten Arbeit so richtig Freude am Mitmachen aufkommt, wird neuerdings kritisch reflektiert. Dazu kann von fachlicher Seite beruhigt werden, denn die Beteiligung in Soziale Stadt Projekten unterscheidet sich grundsätzlich nach Phasen, nämlich: Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 63 • zu Beginn stehen Ideen, Befürchtungen, Fragen, Bedürfnisse in der Bevölkerung im Mittelpunkt • in der 2. Phase geht es um das Besprechen und Ausloten des planerisch Möglichen und erst • viel später kommen ganz konkrete Aufgaben, die persönlich erfahren und partizipativ bearbeitet werden können. Deshalb verwundert es nicht, dass das jetzige Engagement in handfesten Tätigkeiten anders wirkt als die damals ersten Versuche z.B. in den „Planungswerkstätten“ und ArbeitsgruppenDiskussionen. Die heutige Beteiligung wäre aber wahrscheinlich nicht so fundiert, wenn sie in den vorangegangenen Phasen nicht bereits eine stabile Basis gefunden hätte – z.B. durch die Bearbeitung von Ängsten, Befürchtungen, Wünschen, Anregungen. Heute profitiert daher die Beteiligung im H1 von dem zuvor schrittweise erarbeiteten Vertrauen zwischen den Aktiven. Allerdings konnten auch schon zu Beginn des Projektes einige konkrete Aufgaben verteilt werden, wie etwa die Mitarbeit am Orientierungsplan. Abb. 13: Die Erstausgabe der Quartierszeitung Nicht nur bei Soziale Stadt Projekten, sondern auch in anderen gesellschaftspolitischen Kontexten, wird kritisch hinterfragt, ob Beteiligung nur bei einer punktuellen und passgenauen Einbindung der BürgerInnen in Umsetzungsprozesse Sinn macht, weil sie sonst „überfordert“ werden durch die hohe Fachlichkeit der Planung. Dabei gerät in Vergessenheit, dass Kooperation und Partizipation sehr junge Phänomene in Kommunen sind und von allen Beteiligten erst erfahrungsgeleitet gelernt werden müssen. Einheimische wie zugewanderte Bürgerinnen und Bürger erleben es infolgedessen nicht als Selbstverständlichkeit, sich an Planungsvorhaben und Quartiersaufwertungen der „Autorität Stadt“ auf Augenhöhe zu beteiligen. Dass sie diese Mitwirkung ernsthaft zugesprochen bekommen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 64 und dass sie diese Handlungsspielräume mit ganz bestimmten Verhaltensmustern beleben können, müssen sie zunächst einmal verstehen und lernen. Und sie müssen es auch glauben! Bürgerbeteiligung ist ein Prozess, in dem sich die Bedingungen laufend ändern, je nach den Lernfortschritten in Stadtverwaltung, Stadtpolitik und der betroffenen Bürgerschaft. Resümee/ Empfehlungen Als Erfolgsfaktoren für die Bürgerbeteiligung im H1 sind zu nennen • die jeweils ausreichenden, verständlichen und anschaulichen Informationen über das zur Diskussion stehende Vorhaben • die klaren Angaben zu den Mitwirkungsbereichen und zu den Grenzen des Machbaren und der Mitwirkung • die eindeutigen Angebote für die aktive Beteiligung • die Zusicherung und Einhaltung von Verbindlichkeit der Beteiligungsergebnisse • genaue Aussagen dazu, wie, von wem und wann die Ergebnisse verarbeitet werden • verlässliche Rückmeldungen und Berichte an die Antragstellenden über den weiteren Umgang mit ihren Beiträgen im laufenden Projekt. Zur Vorsorge für eine bleibende Beteiligungskultur gehört, dass im Jahr 2009 ein Quartiersbeirat mit maßgeblichen Stadtaktiven eingerichtet worden ist. Er trifft sich im Verstetigungszeitraum regelmäßig, um die weiteren Planungs- und Beteiligungsbemühungen wohlwollend und aktiv zu unterstützen. Obwohl alle Mitglieder des Netzwerkes zum Gelingen der Beteiligung wichtige Beiträge geleistet haben, ist insbesondere auch die engagierte Mitwirkung von Gartenamt und Büro Kaiser und Juritza bei der Gestaltung der Gründflächen, aber auch bei einer bewohnerfreundlichen Neugestaltung der Spielplätze und des Bolzplatzes hervorzuheben. Auch den Schulen sind wichtige Impulse in Richtung Eltern und in Richtung Kinder / Jugendlichen zu verdanken, die nachdem sie beibehalten werden sollen, auch zur langfristigen Absicherung der Generation übergreifenden Beteiligungskultur beitragen. 8. Öffentlichkeitsarbeit Das Quartier war zu Beginn der Sozialen Stadt in der Stadt schlecht beleumundet. Die örtlichen Medien berichteten auffallend abfällig von „den Russen“, „den Spätaussiedlern“ und trugen damit zur dumpfen Angst vor dem Fremden bei. Auch die Assoziation zu den Nachkriegs-Ängsten („Die Russen kommen“) ist oft bedient worden. Es bedurfte größerer Anstrengungen, die JournalistInnen durch Begehungen im Stadtteil, Information über Aktivitäten, Begegnungen mit Aussiedler-Familien z.B. bei Festen, für eine angemessene Wahrnehmung des sozialen Lebens im Stadtteil und einen realistischen Tenor in der Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 65 Berichterstattung. Diese anfangs großen Anstrengungen haben sich aber inzwischen mehr als gelohnt. In der Mainpost vom 28.05.2010 berichtet z.B. ein ganzseitiger Artikel realistisch über die gelungenen baulichen wie sozialen Verbesserungen im H1 differenziert und in anerkennenden Worten. Das reichhaltige Geschehen im Soziale Stadt Projekt ist bereits zu Beginn der Förderung in einer Stadtteilzeitung regelmäßig veröffentlicht worden. Die Zeitung „H eins“ hat sich bis heute zu einem wesentlichen Informations- und Kommunikationsinstrument im Binnenraum des Quartiers entwickelt und wird auch über das Quartier hinaus wahrgenommen. Sicherlich ist die personelle Kontinuität in der redaktionellen Bearbeitung des Heftes von großem Vorteil. Nachdem sich auch quartiersaktive Institutionen, Vereine und Verbände mit Beiträgen am Heft beteiligen, stellt das H eins ein breit anerkanntes Stadtteilprodukt dar. Zur Öffentlichkeitsarbeit innerhalb des Quartiers haben die Aushänge im Stadtteilzentrum und im Quartierszentrum mit zahlreichen Broschüren und Ankündigungen ebenso beigetragen wie z.B. die Schaukästen für Aushänge am Place de Caen. Farblich gestaltete Orientierungstafeln erleichtern es, sich im Quartier räumlich zu orientieren und die inhaltlichen Angebote anzunehmen. Wenn neben den medialen Informationsflüssen auch die Mundpropaganda zur Öffentlichkeitsarbeit gezählt wird, dann entfallen auf die MultiplikatorInnen im Quartier große Verdienste. Schulen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Vereine und andere haben dafür gesorgt, dass die dort Wohnenden von den Möglichkeiten erfahren, sich aktiv an der Sozialen Stadt zu beteiligen und dadurch ihre Lebenssituation zu bereichern. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 66 Abb. 14: Quartiersfeste unterstützen die Öffentlichkeitsarbeit für H1 Resümee/ Empfehlungen • Die gute Öffentlichkeitsarbeit auf dem Heuchelhof führte zu überwiegend positiven Presseberichterstattungen in den stadtweiten Medien, womit das anfänglich negative Image des Stadtteils verbessert werden konnte. • Inzwischen werden die großen Vorteile der Wohnlage, z.B. die hervorragende Verkehrsanbindung, günstige Mieten und Kaufpreise, gute soziale Infrastrukturversorgung, wohnungsnahe Freizeitangebote etc. von vielen erkannt. • Es wird aber weiterhin notwendig sein, die Arbeit am Image des H1 nach dem Motto „Gutes tun und darüber reden“ fortzusetzen, weil sich z.B. Ausbildungs- oder Arbeitgeber offenbar häufig immer noch – allerdings wohl rückläufig – von der Wohnadresse Heuchelhof negativ beeindrucken lassen. • Der gute Ruf des Stadtteils muß aber nicht mehr neu errichtet, sondern lediglich aufrechterhalten werden, was die gelungene Arbeit der Zuständigen beweist. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 67 • Die Stadtteilzeitung H eins ist wichtiger Bestandteil der Binnen-Kommunikation von H1 und garantiert zusammen mit anderen Medien (Schaukästen, ProgrammBroschüren einzelner Institutionen und Vereine), dass die Informationen bei den Interessierten ankommen. Das reichhaltige Geschehen im Soziale Stadt Projekt wird seit Mai 2003 in einer Stadtteilzeitung regelmäßig veröffentlicht. 9. Sicherheit im Quartier Es war anfangs ein großes Problem, das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu verbessern. Vandalismus, Alkohol, Drogen, Aggression und Lärmbelästigung haben das Wohnen auf dem Heuchelhof für viele erschwert. Die Bereitschaft, sich aktiv am Stadtteilgeschehen zu beteiligen, hing damit auch davon ab, den Bürgerinnen und Bürgern die Begegnung und die Bewegung am Heuchelhof angstfrei zu ermöglichen. Dies ist konsequent als Ziel verfolgt worden und hat mit wichtigen Projekten Zeichen gesetzt. Resümee/ Empfehlungen • Es sind Freiwillige gesucht und organisiert worden, die sich um Vandalismus kümmern und regelmäßig und systematisch Müll von den Wegen und Plätzen räumen. • Ein Sicherheitsdienst von zunächst 4, momentan 2 ehrenamtlich arbeitenden Russlanddeutschen geht regelmäßig vor allem in kritischen Arealen Streife und kümmert sich um Auffälligkeiten (z.B. Verschmutzung, Lärm, Aggression). • Ein Rückführsystem für die Einkaufswagen ist als Serviceangebot an die BewohnerInnen gedacht. Es erleichtert den Einkauf im Quartier und meidet Ärger. • Der Conciergedienst stellt Hilfen im Alltag zur Verfügung. • Die Verbesserung der Beleuchtung diente vorrangig auch der Sicherheit im Viertel. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 68 10. Wohnen am Heuchelhof Eigentlich ist der Heuchelhof nach dem Geist der Gründerväter als eine Schlafstadt konzipiert worden, in der „man nur wohnte“. Mit der Sozialen Stadt ist inzwischen vieles geschehen, dass sich dieser ursprüngliche Charakter wandeln konnte. Heute ist der H1 Heimat für die BewohnerInnen geworden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 69 Die hohe Massierung von rd. 1.200 Sozialwohnungen im H1, konzentriert in einem augenfällig dichten Hochhausgebiet, hat heute eine Bewohnerschaft, die zu 60 % sozialwohnungsberechtigt ist. Das gewünschte sozialpolitische Ziel bei Entstehung der Siedlung war eine Durchmischung verschiedener sozialer Schichten, was die starre Gebäudetypologie mit ihren einförmigen Wohnungsgrößen (die meisten 3 Zimmer) dann aber nicht ermöglichte. Zu der dadurch bewirkten einseitigen Belegung der Geschosswohnungsbauten kommt die städtebauliche Trennung zwischen den BewohnerInnen der Einfamilienhausgebiete jenseits des Straßburger Rings und den MieterInnen in den heute in der Stadt nicht mehr gut angesehenen Hochhauswohnungsanlagen hinzu. Auswirkung der Fehlbelegungsabgabe (die erst mit der Sozialen Stadt auf Antrag der Stadtbau abgeschafft wurde) war eine Unbeweglichkeit in der Wohnungsbelegung und Mietgestaltung, die eine andere soziale Mischung lang erschwerte. Abb. 15: Man spürt die neue Wohnzufriedenheit bei Jung und Alt. Grünfläche an der Bonner Straße Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 70 Abb. 16: Grünfläche an der Den Haager Straße Heute gilt, vor allem auch nach den augenfälligen Qualitätsverbesserungen und Integrationsleistungen der Sozialen Stadt, der gut erschlossene Heuchelhof als ein attraktiver Wohnort für alle, die – wie zunehmend Hartz IV EmpfängerInnen – auf preiswerte Wohnungen und eine gute Infrastruktur (Schulen, Kindergärten, Freizeit etc.) angewiesen sind. Sie finden in H1 eine Heimat, die das alte Image des Ghettos verloren hat. Auch für immer mehr Seniorenhaushalte ist der H1 ein begehrter Standort, weil der Stadtteil für sie neben der bezahlbaren Miete ganz besondere – im Zuge der Sozialen Stadt erarbeitete – Qualitäten hat: • • • • • • • • ein angenehmer öffentlicher Raum ein zu Fuß gut erreichbarer Einzelhandel für den täglichen Bedarf alle notwendigen (Fach-) Ärzte Ruhezonen und Bänke vor den Häusern ein guter Straßenbahnanschluss mit Innenstadtanbindung bis 1.00 Uhr nachts mehrere ruhige Grünflächen und eine gute Anbindung an die grüne Umgebung soziale Betreuung in Stadtteilzentrum und im Treffpunkt Altes Schwimmbad zielgruppenspezifische Angebote der Kirchengemeinden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 71 Dazu kommt, dass sich heute viele MieterInnen auch sicherer fühlen, seit durch die Beseitigung vieler Gehölze und durch eine bessere Beleuchtung des Quartiers übersichtlicher geworden ist und die Orientierung erleichtert wurde. Ein wesentlicher Mangel für ein gutes Wohngefühl kommt vor allem von der allgegenwärtigen Müll- und Tiefgaragenproblematik. Resümee/ Empfehlungen • Die Erneuerung oder Umgestaltung der Geschoßwohnungen ist Aufgabe der EigentümerInnen, allen voran der Wohnbaugesellschaften. Für die Soziale Stadt war es entscheidend, dass die von Anfang an sehr engagierte Stadtbau Würzburg GmbH mit dem größten Wohnungsbestand ein erkennbares Interesse an einer Runderneuerung für den H1 und zusammen mit der Stadt eine Vorreiterrolle für die Umsetzung des Programms übernommen hatte. Für die in Angriff genommene Gebäudesanierung konnten die Gesellschaften Mittel des Bayerischen Modernisierungsprogramms und der KfW in Anspruch nehmen. • Bedauerlich war, dass trotz der Vorbildfunktion von Stadt und Stadtbau und deren Bemühungen um Kooperation es nicht immer gelungen ist, alle Wohnungsbauunternehmen und PrivateigentümerInnen ins Boot zu holen, um die Soziale Stadt umzusetzen. Die geplante Einrichtung eines entsprechend aktiven Koordinationskreises blieb erfolglos, sicher auch weil viele Gesellschaften solange wenig Interesse an Sanierung haben, solange kein größerer Leerstand die Wirtschaftlichkeit ihrer Wohnungen antastet. • Der kürzliche Verkauf der Wohnanlage Bonner Straße 13 – 17 durch die Stadtbau an eine private Firma, also die Privatisierung kommunaler Wohnungen darf nicht zum Risiko für die erreichte Stabilisierung des H1 führen (z.B. durch Verdrängen von Mietern aus den noch nicht leer gezogenen Wohnungen oder durch steigende Mieten der in Eigentum umgewandelten Wohnungen). Stadtpolitik und Stadtverwaltung müssen dafür sorgen, dass der Verkauf auf Dauer den sozialen Frieden nicht untergräbt. Die Stadt geht jetzt davon aus, dass diese Privatisierung mit Sozialverantwortung vorgenommen worden sei und die Anlage eine gute Entwicklung nehmen werde. • Mit dem Verkauf soll zum einen Geld in die Kasse der Stadtbau für innovative Projekte im H1 kommen, zum andern soll damit dem Ursprungsziel für Heuchelhof näher gekommen werden, ein ausgewogenes Verhältnis von Miet- zu Eigentumswohnungen zu schaffen. • Die durchweg einheitlichen Wohnungsgrößen sind vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der Klimakatastrophe nicht zukunftsfähig. Hier stehen auch am Ende des Sozialen Stadt Programms den Gesellschaften große und dringende Aufgaben für die Zukunft bevor. Der Verkauf der Wohnanlage Bonner Straße 13 – 17 soll auch dazu dienen, dass die Stadtbau in der Lage ist, die notwendige ökologische Ertüchtigung anderer Wohnanlagen im H1 zu finanzieren. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 72 E STADTRAUM MIT GEBAUTEN SCHLÜSSELPROJEKTEN: Blick zurück in die Vergangenheit Der Blick zurück in die Vergangenheit richtet sich zunächst auf die städtebauliche Gesamtgestalt, bevor dann einzelne Projekte, die zur Aufwertung des Quartiers durch die Soziale Stadt in Gang gesetzt worden sind und damit die Qualität in der Gesamtgestalt geschaffen haben, einzeln betrachtet werden. Städtebauliche Gesamtsicht Was wurde mit den vielen Bausteinen (bauliche und städtebauliche Einzelprojekte) im Ganzen erreicht? Hier sind vor allem 5 Qualitäten zu nennen, die den Stadtteil zum Positiven verändert haben: • • • • • Zentrumsbildung: H1 hat seine Mitte gefunden Wohnanlagen: Man wohnt wieder gerne im H1 Wohnumfeld in H1: Freiräume nehmen bessere Gestalt an Verkehr und Orientierung Stadtgestalt mit mehr Qualität 1. Zentrumsbildung: Der H1 hat seine Mitte gefunden Im Gesamtgebiet H1 bis H7 war der H1 zwar durch seine äußere Erscheinung dominant, hatte aber nur ein optisch unattraktiv gewordenes kleines Nahversorgungszentrum. Dieses zu stärken, gehörte daher zu den wichtigsten städtebaulichen und sozialen Bemühungen der Sozialen Stadt. Resümee/ Empfehlungen Die Gesamtheit von • umgestaltetem Place de Caen • „Urbaner Achse“ • Stadtteilzentrum und • Quartierstreff im Treffpunkt Altes Schwimmbad wird heute deutlich als das Rückgrat des Stadtteils wahrgenommen. Dazu gehörten auch vielfältige soziale und kulturelle Aktivitäten der Stadt und der im H1 wirkenden Einrichtungen (z.B. Kirchen, Ladeninhaber), die das neu gestaltete lineare Zentrum stark ins Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 73 Bewusstsein der Bewohnerschaft und auch der von außen Kommenden rücken konnten. Die Gestaltung einer klar erkennbaren und erlebbaren Quartiersmitte als Ganzheit ist vorzüglich und beispielgebend gelungen. Sie gibt dem Image vom H1 heute einen hohen Wertzuwachs. • Der neue öffentliche Grünpark an der „Urbanen Achse“ mit seinem hohen gestalterischen Anspruch verstärkt jetzt zusätzlich das Gewicht der neuen Mitte. • Damit das Zentrum weiter im Bewusstsein der Bewohnerschaft und auch der Würzburger bestehen und wachsen kann, wird sehr von der Aufmerksamkeit für seine Gestalt als Ganzes und im Detail abhängen. Es ist daher zu empfehlen, in den Bemühungen um das Gesamtwerk „Zentrum“ stark zu bleiben, z.B. durch regelmäßige Bespielung, intensive Pflege und Instandhaltung sowie laufende Überprüfung der Qualität mit der Bürgerschaft. • Dazu gehört auch eine fortgesetzte Öffentlichkeitsarbeit, so dass vor allem den Medien den Würzburgern vermittelt wird: Im H1 lässt sich gut leben! 2. Wohnanlagen: Man wohnt wieder gerne in H1 Da Zustand und Ausstattung der Wohnungen in den Geschossbauten wenig Anlass und Berechtigung zur Klage gaben, sind vor allem die Bemühungen um die Qualität des Zentrums, der Nahversorgung, des Infrastrukturangebots, des Wohnumfeldes und des äußeren Erscheinungsbildes die wesentlichen Ursachen für die heute große Wohnzufriedenheit der im H1 Lebenden oder auch die Menschen, die dort eine Wohnung suchen. Resümee/ Empfehlungen • Die geringe Fluktuation und die hohe Identifikation der BewohnerInnen mit ihrem Quartier sind deutliche Belege dafür, dass die mit der Sozialen Stadt gewonnenen städtebaulichen und sozialen Qualitäten des Wohnens gute Wirkung zeitigen. Dies in einem anfangs so schlecht beleumundeten Gebiet geschafft zu haben, ist ein großer Verdienst aller Mitwirkenden. Die Stadtbau Würzburg GmbH sieht erwartungsgemäß die Wirkung der Sozialen Stadt für ihren Bestand positiv. • Die gegenwärtig große Wohnzufriedenheit braucht für ihre stabile Verstetigung eine aufmerksame Pflege des Erreichten und eine Fortsetzung der Wohnumfeldverbesserung und Gebäudegestaltung in einigen Bereichen des Quartiers sowie eine intensive Teilhabe der BewohnerInnen am Gebrauch ihrer Wohnwelt. • Eine große Bedeutung für die positive Einstellung der BewohnerInnen für ihr Viertel haben das Warenangebot und die Qualität von Nahversorgung und Gastronomie. Jedes Absinken des jetzt guten Niveaus wird bei den BewohnerInnen zu einer nachlassenden Wertschätzung der Wohnqualität in H1 führen. Damit die Qualität bewahrt und verbessert wird, bedarf es eines gemeinschaftlichen Engagements der Geschäftseigen- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 74 • • • • tümerInnen und der GeschäftsbetreiberInnen im Zusammenwirken mit den lokalen Stadtviertelaktiven und der Stadt. Zur Wohnzufriedenheit gehört auch ganz entscheidend, dass das Mietniveau sozialverträglich gehalten werden kann. So müssten z.B. Konzepte zu einem energieeffizienten Umbau der Geschoßbauten die Zusatzbelastung durch die 2. Miete als wichtigen Parameter in die Überlegungen einbeziehen. Für die Gewährleistung einer fortdauernden Wohnzufriedenheit wird es notwendig bleiben, dass sich alle Beteiligten, vor allem die Wohnungsbaugesellschaften und EinzeleigentümerInnen ebenso wie Quartiersmanagement und Soziale Dienste kooperativ und regelmäßig um die Wohnungsentwicklung kümmern. Um ein Gefühl von räumlicher und sozialer Isolation der Bewohnerschaft im H1 weiter abzubauen, müssen die städtebaulichen und damit auch gesellschaftlichen Barrieren zwischen den Geschossbauten und den Einfamilienhausgebieten schrittweise überwunden werden – eine bleibende Aufgabe für die Stadt. Für eine längerfristige Perspektivplanung von Angebot, Nachfrage und Wohnungsqualität in den Geschossbauten vom H1 sind u.a. folgende Aspekte von Bedeutung: Die Nachfrage nach Kleinwohnungen ist schon jetzt höher als das Angebot. Die Nachfrage nach behinderten- und altengerechten Wohnungen wird zunehmen. Dazu gehört auch eine entsprechende Umgestaltung der Hauseingangsbereiche außen und innen. Die Notwendigkeit einer höheren Energieeffizienz und einer Verringerung des CO2-Ausstoßes wird umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen erfordern. 3. Wohnumfeld in H1: Freiräume nehmen bessere Gestalt an Eine differenziertere und bedarfsgerechtere Gestalt der Freiräume war und ist ein Schwerpunkt städtebaulicher Maßnahmen der Sozialen Stadt für den H1. Zahlreiche größere und kleinere Maßnahmen haben in ihrer Summenwirkung dafür gesorgt, dass die städtebauliche Qualität des öffentlichen Raums heute sichtbar und erlebbar sehr gewonnen hat. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 75 Abb. 17: Mit einfachen Mitteln ist ein wunderbarer Ruheplatz vor dem Treffpunkt Altes Schwimmband entstanden Abb. 18: Eine ungute Barriere (der ehemals offene Lüftungsschacht) ist beseitigt worden Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 76 Resümee/ Empfehlungen • Die erfolgte Differenzierung der grünen Freiräume und die Verbesserung ihrer ästhetischen, ökologischen und benutzbaren Qualitäten tragen wesentlich zur heutigen Wohnzufriedenheit und zum besseren Image des Heuchelhofs bei. • Dazu zählen ganz besonders auch die neuen öffentlichen Anlagen der Grünfläche an der „Urbanen Achse“, des neuen Platzes vor dem Treffpunkt Altes Schwimmbad und des großen Freizeitgeländes für Erholung, Kultur, Spiel und Sport an der Gethsemanekirche. Mit ihrer hohen Gestaltqualität sind sie ein außerordentlich großer städtebaulicher und sozialer Zugewinn für alle Schichten und Altersgruppen der Heuchelhofer Bevölkerung und für die Außenwirkung des H1. Die dauerhafte und gemeinschaftliche Pflege der Anlagen mit den BewohnerInnen und Stadtteilaktiven ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer Verstetigung des Soziale Stadt Projekts. • Viel hohe Qualität im Freiraum wurde erreicht durch die Neugestaltung der 3 großen Spielplätze, die hochwertige Erneuerung von befestigten Plätzen und Gehwegen sowie die Schließung von einigen Lüftungsgräben vor den Tiefgaragen. Die bisher ungelöste Problematik der Tiefgaragen und Müllsammelstellen stört leider an vielen Stellen sehr den guten Gesamteindruck der Freiräume. • In manchen Bereichen der Geschosswohnungsbauten ist es notwendig, das private Wohnumfeld im Abstandsgrün und in den Eingangszonen in seiner Gestalt und bedarfsgerechten Nutzbarkeit spürbar zu verbessern. Hier würden sich auch Möglichkeiten für eine aktive Mitwirkung der AnwohnerInnen bei der Planung, Umsetzung und Pflege von kleinen wohnungsnahen Projekten eröffnen. 4. Verkehr und Orientierung Die einst als modern und fortschrittlich gepriesene Form der Verkehrserschließung und Erreichbarkeit für H1 mit seiner PKW-Freiheit im Innern schafft heute für verschiedene VerkehrsteilnehmerInnen dennoch manche kaum lösbare Probleme. Resümee/ Empfehlungen • Vorzüglich ist die Außenerreichbarkeit mit den seit 1989 fahrenden Straßenbahnlinien mit guter Fahrplanbedienung und mit der Zufahrt über die mehrspurige Heuchelhofstraße. Straßen- und Tramverbindung ermöglichen eine schnelle Anbindung an die Innenstadt von Würzburg. • FußgängerInnen, behinderte Menschen oder auch spielende Kinder finden innerhalb des Straßburger Rings ein verkehrsfreies Bewegungsparadies. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 77 • Im Rahmen der Sozialen Stadt wurde mit den Orientierungstafeln, aber auch mit der Verbesserung der Beleuchtung, viel dafür getan, dass FußgängerInnen ihr Ziel gut erreichen können. • Von außen kommende und wenig ortskundige AutofahrerInnen tun sich allerdings sehr schwer, die Zufahrt für ihr Ziel bequem anzufahren, was Umwegfahrten zur Folge hat. Vergleichbar ist die Situation in gewisser Weise mit vielen verkehrsberuhigten Altstädten, wo Ortsfremde ihr Ziel nur mit Hilfe von Verkehrsleittafeln an den Hauptzugängen finden können (z.B. die Altstadt von Ingolstadt). • Der Hauptzugang zum H1 am Place de Caen ist für alle Menschen mit Mobilitätseinschränkung (Rollstuhlfahrende, Familien mit Kinderwagen, Menschen mit schwerem Gepäck oder auch mit Seh- oder Hörbehinderung) bisher nicht adäquat gelöst. • Der Straßburger Ring als Haupterschließung des inneren Wohngebiets verlockt naturgemäß durch seine Linienführung und Breite zu einem zu schnellen Fahren. Daher wünschen viele BürgerInnen für den Ring eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h. Dies wird bislang jedoch von der Fachabteilung Tiefbau wegen der Verteilerfunktion der Straße für nicht denkbar angesehen, obwohl es in einigen unterfränkischen Gemeinden Ortsdurchfahrten mit ähnlicher Funktion und Tempo-30-Regelung gibt. 5. Stadtgestalt mit mehr Qualität Im IHK heißt es, dass die Stadtgestalt die Visitenkarte des Heuchelhofs sei und daher besonderer Pflege bedürfe. Deshalb richtete sich die Aufmerksamkeit der Sozialen Stadt von Anfang an sehr auf die Verbesserung der Gestaltqualität des H1, vor allem auch mit dem frühzeitig auf den Weg gebrachten „Gestaltungsleitfaden“. Resümee/ Empfehlungen • Die besonders nach außen und in die Ferne (z.B. auch von der Autobahn aus) wirkende Silhouette des H1 wird unverrückbar geprägt von der Hochhausstruktur, die in der lieblichen Stadtlandschaft von Würzburg immer schon sehr befremdlich wirkte aber – außer durch Abriss -– nicht geändert werden kann. Diese Außenwahrnehmung der befremdlichen Stadtgestalt fördert sicher auch stets das weit verbreitete Vorurteil, dass der Heuchelhof ein gesellschaftlicher Fremdkörper in Würzburg ist und bleiben wird. • Für die nähere Außenansicht, etwa von der Heuchelhofstraße oder der Straßenbahnhaltestelle aus gesehen, haben viele Maßnahmen der Sozialen Stadt wie etwa die Fassadenerneuerung, Baumpflanzungen oder auch der Quartierszugang über den neu gestalteten Place de Caen sehr dazu beigetragen, den befremdlichen Anblick des H1 sichtbar zu mildern. • Die helleren Farben der Hausfassaden haben für die Fernwirkung eine deutliche Verbesserung gebracht. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 78 • Für die HeuchelhoferInnen entscheidend ist jedoch die Innenansicht mit der neuen Farbgebung für die meisten Hochhäuser, mit der inzwischen sehr differenzierten und qualitätvollen Freiraumgestaltung und auch mit den Leittafeln für eine sichere Orientierung. • Das jetzt erneuerte gut gestaltete Erscheinungsbild nach innen unterstützt mit Sicherheit das Gefühl vieler BewohnerInnen, am Heuchelhof beheimatet zu sein. • Es wird in Teilbereichen häufig noch ziemlich gestört durch z.T. noch nicht erneuerte Fassaden, vor allem aber durch den schlechten Zustand der Tiefgaragen-Zugänge und der Müllhäuschen und Müllcontainer. • Leider nicht zu ändern ist in Teilbereichen das ungute Raumempfinden zwischen den eigentlich viel zu hohen Geschosswohnungsbauten. Das könnte wohl nur gemildert werden durch eine Wohnumfeldgestaltung, die dennoch ein Wohlgefühl in den zugigen Zwischenräumen ermöglicht. Einzelprojekte, Einzelmaßnahmen Zu den beschrieben Aufwertungen im Stadtteil haben viele kleinere und größere Einzelprojekte beigetragen. Im baulichen und städtebaulichen Bereich waren dies vor allem: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Stadtteilzentrum als Startprojekt Umbau des Alten Schwimmbads zum Treffpunkt Arkadenausbau, Hauseingänge, Treppenhäuser Urbane Achse Place de Caen Fassadensanierung, Gestaltungsleitfaden Kinderspielplätze und Freizeitpark an der Gethsemanekirche Müllsammelstellen und Abfallkonzept Die drei großen Tiefgaragen Freiräume der Straßen, Wege und Grünflächen Beleuchtung und gefühlte Sicherheit Orientierung im Viertel Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 79 1. Stadtteilzentrum als Startprojekt Für die Einrichtung des Stadtteilzentrums im H1 konnte das ehemalige evangelische Gemeindezentrum (heute bei der Gethsemanekirche) von der Stadt erworben und umgebaut werden. Abb. 19: Das Stadtteilzentrum nach Umbau des ehemaligen Evangelischen Gemeindezentrums Es entstanden Raumangebote der ersten Stunde für • • • • • Quartiersmanagement (heute im Treffpunkt Altes Schwimmbad) integriertes Stadtteilbüro des Allgemeinen Sozialdienstes für H1 Bürgerbeteiligung der Sozialen Stadt (heute im Treffpunkt) russisch-sprachige Sozialbetreuung selbstorganisierte Freizeitgruppen, wie z.B. Seniorentreff etc. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 80 Resümee/ Empfehlungen • Wie in sehr vielen vergleichbaren Projekten der Sozialen Stadt war es auch am Heuchelhof besonders dringlich, für die Bewohnerschaft ein Quartierszentrum einzurichten. • Die Möglichkeit, dafür schon im Jahr 2000 das ehemalige evangelische Gemeindezentrum in solch zentraler Lage des H1 erwerben zu können, war für Start und Erfolg der Sozialen Stadt Heuchelhof daher eine glückliche Fügung. Die Kosten für Erwerb und Umbau konnten bereits mit Mitteln des gerade erst eingeführten Programms der Sozialen Stadt gefördert werden. • Eine wichtige Entscheidung der Stadt war, die für die besonders schwierige soziale Situation des Heuchelhofs notwendigen städtischen Dienstleistungen bewohnernah in das Quartier zu bringen. Dafür konnte im neuen Stadtteilzentrum schon sehr früh ein nach Lage und Größe hervorragendes Raumangebot bereitgestellt werden. • Mit der Eröffnung des Stadtteilzentrums fanden die BewohnerInnen einen für ihr Daseinsgefühl wichtigen Ort der Identifikation mit ihrem Quartier. • Nach dem Umzug des Quartiersmanagements „gleich um die Ecke“ in das ehemalige Schwimmbad wurden zusätzliche Räume frei für die soziale Stadtteilarbeit, die dringend benötigt wurden. 2. Umbau des Altes Schwimmbads zum Treffpunkt Der Umbau des ehemaligen Schwimmbads (ein Bauteil des sog. Modellhauses an der Den Haager Straße 14 – 20) zu einem weiteren Treffpunkt für die Heuchelhöfer Bevölkerung war schon 2002 erstmals in das Arbeitsprogramm der Sozialen Stadt aufgenommen worden. Für den Treffpunkt haben sich Bau- und Sozialreferat sowie die Stadtbau, in deren Eigentum sich die Räume befinden, entschieden und gemeinsam mit dem Quartiersmanagement das Nutzungskonzept entwickelt. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 81 Abb. 20: Der einladende Platz im Zentrum des Quartiers Wegen der schwierigen Haushaltslage Würzburgs 2003/2004 konnte die Finanzierung des Umbaus als „Modellprojekt“ allerdings erst ab 2007 in die Förderung aufgenommen und die Planung für Bau (Architekturbüro Stahl) und Außenanlagen (Büro Kaiser & Juritza) vergeben werden. Bauherrin und Eigentümerin des Objekts ist die Stadtbau, die den „Treffpunkt Altes Schwimmbad“ an die Stadt vermietet. Mit der 2009 erfolgten Schließung des Tiefgaragengrabens an der Rückseite des Gebäudes ist auch der rückwärtige Zugang zum Treffpunkt aufgewertet worden. Resümee/ Empfehlungen • Zentrale und gut einsehbare Lage, Raumangebot und architektonische Qualität zeichnen die außerordentlich große Bedeutung des zweiten Treffpunkts als Sitz des Quartiersmanagements und Ort von Bürgerbegegnung und Stadtteilarbeit aus. • Er liegt an der „Urbanen Achse“ und ist damit zusammen mit dem Stadtteilzentrum nördliches Pendant zum südlichen Ladenzentrum des Place de Caen und unterstreicht damit sichtbar seine große Bedeutung für das Stadtteilleben. • Glücklich ist auch die unmittelbare Nachbarschaft des Treffpunkts zum Stadtteilzentrum und zu den Concierge-Dienstleistungen. • Die Gewichtigkeit des Treffpunkts im Gemeinschaftsleben des H1 wird weiter erhöht durch die vorzügliche, einfache und robuste Neugestaltung der südlich des Alten Schwimmbads gelegenen Grünfläche, die kürzlich fertig gestellt wurde und gut angenommen wird. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 82 3. Arkadenausbau, Hauseingänge, Treppenhäuser Die der städtebaulichen Zeit-Mode geschuldeten durchlässigen Arkadenbereiche und die Verwahrlosung der Arkaden ebenso wie der Hauseingänge und Treppenhäuser waren ein wesentlicher Anlass für eine längst überfällige Erneuerung im Heuchelhof. Diese sehr beschädigten Grenzen zwischen dem Außen und Innen des Wohnens in den Wohnhochhäusern gaben für den sozialen Gebrauch und die Stadtteilwahrnehmung ein auffällig negatives Bild. Abb. 21: Die problematischen Arkaden vor und nach der Schließung Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 83 Abb. 22: Arkadenschließung Den Haager Straße Resümee/ Empfehlungen • Die ursprünglich als gemeinschaftliche Erschließungszonen gedachten Arkaden verfehlten diese Funktion wegen der schlechten Belichtung und der in der Hochlage des H1 starken „Zugigkeit“. Die darüber liegenden Wohnungen hatten dadurch außerdem nur verminderte Wärmedämmung. • Es war daher eine sehr wichtige Maßnahme des Sozialen Stadt Projekts, diese stark beschädigten und verschmutzten Leerräume baulich zu schließen und damit Räumlichkeiten für gemeinschaftliche stadtteilbezogene und gewerbliche Nutzungen zu gewinnen, die in solchen typischen Großsiedlungen immer Mangelware sind. Die schon früh vorgesehene bauliche Schließung der Arkadenbereiche als Impulsprojekt der Sozialen Stadt war wegen der schwierigen Würzburger Haushaltslage erst 2005 als ein Modellprojekt der Gebäudesanierung möglich geworden. • Die weitgehend beschädigten Eingänge und Treppenhäuser waren für viele BewohnerInnen richtige Angsträume. Ihre undifferenzierte Erscheinung erschwerte die einfache Orientierung im wohnungsnahen Umfeld. Heute sind die Hauseingänge mit den Ziffern der Hausnummern als Teil der gesamten Fassadenerneuerung wohltuend gestaltet. Die heute hellen Treppenhäuser geben kaum noch Anlass, diese mit Sorge zu betreten. Diese Qualität hat allerdings noch nicht alle Geschossbauten erreicht. • Trotz der durchweg guten Qualität der Wohnungen und Treppenhäuser, und trotz der Ausstattung mit Aufzügen sind viele Wohnungen nach wie vor nicht barrierefrei zu er- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 84 reichen, weil zum Erreichen von Haus- oder Wohnungseingang Treppenstufen überwunden werden müssen. In einigen Gebäuden liegen die Liftzugänge in einem Zwischengeschoss und die Wohnungen dazu halbgeschossig versetzt. Dies zu ändern wäre wohl technisch und finanziell nur mit großem Aufwand zu bewältigen. 4. Urbane Achse Es war im IHK für die Soziale Stadt Heuchelhof ein Schwerpunkt der städtebaulichen Ziele, durch eine entschiedenere Hierarchisierung der inneren Erschließung die schwierige Orientierung in dem strukturarmen Quartier zu verbessern. Dazu gehörte vor allem die Maßnahme, die mittig gelegene Nord-Süd-Wegeverbindung als die „Urbane Achse“ des Stadtteils aufzuwerten. Abb. 23 Die Urbane Achse – lebendiges Rückgrat von H1, oben im Plan (Dr. Holl) Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 85 Abb. 24: Urbane Achse in Aktion Resümee/ Empfehlungen • Die weitgehend fertig gestellte Urbane Achse bildet heute städtebaulich das Rückgrat im räumlichen Erleben von H1. Sie ist quasi das linear ausgerichtete Zentrum des Stadtteils. • An dieser Achse liegen fast alle wichtigen Versorgungs- und Infrastruktureinrichtungen des Gebiets mit dem Ladenzentrum, der Grundschule und der St. Sebastian Kirche im Süden, dem neuen Grünpark und dem Treffpunkt Altes Schwimmbad in der Mitte und dem Stadtteilzentrum im Norden. Die Achse wird zum Teil begleitet von umgebauten Arkadenbereichen mit kleinen Läden und Büros. • Die fertig gestellte Grünfläche an der Bonner Straße als baulicher Schlussstein der Urbanen Achse festigt mit seiner hohen gestalterischen Qualität und sozialen Bedeutung das Gewicht dieses linearen Zentrums für die örtliche Gesellschaft. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 86 5. Place de Caen Im Gestaltungsleitfaden für den H1 wird die Neugestaltung des Place de Caen als der erste Schritt zur Verwirklichung der Urbanen Achse benannt. Für die Aufwertung des Quartiers war es ganz wichtig, dieses kleine, ziemlich runter gekommene Ladenzentrum aus dem Schattendasein heraus zu holen und ihm seiner Bedeutung für die Stadtteilerneuerung gemäßen Rang als Kernstück der neuen Quartiersmitte zu geben. Abb. 25: Place de Caen – der Marktplatz für H1 Für die Erneuerung des Bereichs wurde von der Stadt eigens die Arbeitsgruppe „Place de Caen“ eingerichtet, in der die Planungsbüros, die Stadt, das Quartiersmanagement und die wichtigsten Institutionen (z.B. St. Sebastian, Seniorenbeirat, etc.), die LadeninhaberInnen sowie AnliegerInnen und engagierte BürgerInnen die Planung und Umsetzung begleiteten. Die Gestaltung des Platzes mit ihren vielen Detailthemen wurde in einem intensiven Beteiligungsprozess vorbereitet. 2003 wurde mit den Geschäftsleuten aus dem H1 ein Workshop für die Umgestaltung als Basis für die konkrete Planung durchgeführt. Die Umsetzung der Erneuerung des Place de Caen wurde schließlich trotz der finanziellen Einschränkungen in der haushaltslosen Zeit im Jahr 2004 durchgeführt. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 87 Resümee/ Empfehlungen • Der Platz ist heute in seiner städtebaulichen Ausformung, seinem sozialen Gebrauch und seiner stadtgesellschaftlichen Bedeutung der eigentliche „Marktplatz“ des Heuchelhof. • Der Platz ist für jeden, der etwa von der Brücke aus das Gebiet betritt auch „dramaturgisch“ der Auftakt für die Wahrnehmung der neuen Quartiersmitte. • Dass der Platz jetzt diese Wertigkeit erreicht hat, ist ganz wesentlich den vielen kleinen Arbeitsbemühungen der Beteiligten zu verdanken. Es wurde sehr viel um die Gestaltung der Details und die mühsame Finanzierung des Platzumbaus gerungen, so etwa - um den Wunsch aus der Bürgerschaft, Pflanzkübel aufzustellen, - um Anlieferungszeiten und Ausnahmeregelungen, - um die Frage, ob analog zur Würzburger Innenstadt die Satzung für Sondernutzungen im Fußgängerbereich (seit 1983) eingehalten wird oder - um Kurzzeitparkplätze an der Römerstraße. • Der Treppenaufgang von der Heuchelhofstraße zum Place de Caen, etwa wenn man von der Straßenbahnhaltestelle das Zentrum betritt, war sicher nicht der eigentlichen Bedeutung der Zentrumseröffnung angemessen. Immerhin bemühte man sich, wenigstens die Treppenbenutzung durch bessere Ausleuchtung zu erleichtern. • 2006 haben sich mehrere Ladeninhaber zusammengeschlossen, um gemeinschaftlich die Fassaden zum Platz und bis zum Treppenabgang neu zu gestalten. Es wurde eine Mitfinanzierung aus dem Kommunalen Förderprogramm angeboten mit einer vertraglich vereinbarten Bindungsdauer der Investitionen von 20 bis 25 Jahren. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 88 • Der für den Heuchelhof so bedeutsame zentrale städtebauliche Raum des Place de Caen zerfließt an seiner Südost-Seite etwas unbestimmt hin zum Außenraum. So fehlt dort für den so gut dimensionierten und eigentlich geschlossen gedachten Platz eine räumliche Begrenzung, die ihm diese Geschlossenheit verleihen könnte. Es wäre daher zu überlegen, ob man nicht dem Platz an dieser Stelle mit einfachen baulichen und/ oder gartenarchitektonischen Elementen seinen ihm gebührenden Raumabschluss geben könnte. 6. Fassadensanierung, Gestaltungsleitfaden Ein Ziel des IHK zur Verbesserung der Wohnsituation in H1 war die Hauseingangsgestaltung und die Renovierung der monotonen und schadhaften Fassaden der Geschosswohnungsbauten. Handlungsgrundlage für die Fassadensanierung war vor allem der „Gestaltungsleitfaden“ mit seinen sehr differenzierten Gestaltungsvorschlägen vor allem für die Farbgebung bei der Erneuerung der schadhaften Wände. Der Gestaltungsleitfaden wurde in eine Vereinbarung gefasst, die zwischen der Stadt und den in H1 ansässigen Wohnungsbaugesellschaften beschlossen wurde. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 89 Abb. 26: Die guten Ergebnisse des Gestaltungsleitfadens Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 90 Sie wurde von 8 der 12 in H1 tätigen Unternehmen unterzeichnet. Bei der Vorbereitung und Umsetzung der Vereinbarung spielte die Stadtbau Würzburg eine entscheidende Vorreiterrolle. Einige der wichtigsten Vorgaben des Gestaltungsleitfadens waren: • Die in den 70er Jahren „aus einem Guss“ gebaute Siedlung soll weiterhin eine gemeinsame Stadtgestalt behalten. Dabei soll auch die Fernwirkung der Siedlung in den Würzburger Talraum erhalten bleiben. • Für die Wandgestaltung sollte die Farbe weiß überwiegen. Für farbliche Akzente wurde eine Farbskala vorgegeben, die eine gewisse Heiterkeit bringen soll. • Um das Orientierungskonzept zu unterstützen, sollten große Schriften gleichen Schrifttyps an den Häusern und auch an den Straßen und Tiefgarageneinfahrten angebracht werden. Resümee/ Empfehlungen • Die ästhetisch sehr gelungene Fassadenerneuerung ist von entscheidend positiver Wirkung auf das Gesamtbild, das die BewohnerInnen ebenso wie BesucherInnen heute von H1 haben. Diese deutlich sichtbare und damit erlebbare Verbesserung des Gesamtbildes des Stadtteils beweist der Bewohnerschaft, dass die soziale Aufwertung ihrer Lebenswelt eine Wertschätzung in der Würzburger Gesellschaft erfahren hat. Viele BewohnerInnen erleben ihre Wohnumwelt schöner, heller und freundlicher als vormals. Ihre positive Wahrnehmung und Wertschätzung regt viele dazu an, sogar Umwege zu gehen, um ihren BesucherInnen die neue Schönheit ihrer Heimat zu zeigen. • Die positive Auswirkung des Gestaltungsleitfadens auf den inzwischen erreichten guten Gesamteindruck der bis dato tristen Hochhauswelt gilt auch bei den im Quartier tätigen Wohnungsunternehmen als ein gutes Image für eine aktivere Immobilienwirtschaft. • Die Eigentümer, die die Vereinbarung des Gestaltungsleitfadens unterzeichnet haben, halten sich im wesentlichen an die Vorgaben. Es haben aber nicht alle Wohnungsgesellschaften die Vereinbarung unterzeichnet. • Es gibt noch mehrere Wohnanlagen, deren Außenhüllen noch nicht saniert wurden, ein Wohnhochhaus weist sogar noch eine Eternitverkleidung auf. Die Erneuerung im Sinne des Gestaltungsleitfadens bleibt eine Aufgabe, um die erreichte Stabilisierung der Stadtbildqualität nicht zu gefährden und zu verstetigen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 91 7. Kinderspielplätze und der Freizeitpark an der Gethsemanekirche Als Maßnahme im Handlungsfeld „Grün- und Freiflächen“ des IHK war vorgesehen, die drei bestehenden großen Spielplätze • Amispielplatz an der Bonner / Brüsseler Straße • Gummispielplatz an der Pariser / Römer Straße • Holzspielplatz an der Den Haager / Luxemburger Straße zu sichern mit differenzierteren Spielmöglichkeiten zu erneuern. Abb. 27: Die Sanierung des Gummispielplatzes wird in Angriff genommen Dafür sollten sowohl die betroffenen Kinder und Jugendlichen wie auch Beschäftigungsund Qualifizierungsträger einbezogen werden, um die Akzeptanz zu erhöhen und ihrer Beschädigung vorzubeugen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 92 Abb. 28: Die Gethsemanekirche mit der großzügigen Grünfläche Dazu kam die weitreichende Umgestaltung der Grünfläche an der Gethsemanekirche zu einer großen Freizeitfläche mit einem für den H1 sehr wichtigen Bolzplatz, der nach Protesten von AnliegerInnen (Angst vor Lärmbelästigung bei einer Scateranlage und Basketballplatz) als Rasenfeld ausgebildet wurde. Vorgeschlagen war auch (noch 2007), für Jugendliche auf dem ungenutzten Parkplatz an der Luxemburger Straße einen Beachund Volleyball-Platz einzurichten. Resümee/ Empfehlungen • Das jetzige Spiel- und Sportplatzangebot für die BewohnerInnen von H1 wird als ausreichend angesehen. Es entsprach quantitativ schon bei der Siedlungsentstehung in den 70er Jahren einem noch heute geltenden Standard. • Die Kinderspielplätze mussten dringend erneuert und in ihrer kinder- und jugendgemäßen Ausstattung grundlegend umgestaltet werden. Dies ist zunächst vorzüglich bei dem Amispielplatz gelungen. • Große Schwierigkeiten stellten sich der Sanierung des Gummispielplatzes durch die darunter liegende Tiefgarage entgegen. Nach umfangreichen Untersuchungen und vielen Planungsvarianten wird die Erneuerung zur Zeit durchgeführt. • Bei der anstehenden Erneuerung des veralteten und von Kindern kaum noch genutzten Holzspielplatzes wurde eine Umgestaltung zu einem „Seniorenspielplatz“ erwogen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 93 Der Spielplatz konnte 2009 aufgrund der darunter liegenden Tiefgarage nur begrenzt aufgewertet werden, indem die Spielgeräte ausgetauscht wurden. • Die neue Freizeitfläche an der Gethsemanekirche könnte man als ein Juwel der Sozialen Stadt Heuchelhof bezeichnen. Sie ist qualitativ vorbildlich gelungen. Mit ihrer Randlage zur freien Landschaft hat sie den Charakter eines Parks, der Jung und Alt zum Aufenthalt einlädt. • Die große Zustimmung, die heute die Spielplätze bei der Bevölkerung des H1 und auch bei Besuchern finden, kann schnell verloren gehen, wenn die Anlagen nicht über die Förderzeit hinaus aufmerksam gepflegt und ggf. auch zeitgemäß weiter entwickelt werden. 8. Müllsammelstellen und Abfallkonzept Das ursprüngliche Abfallkonzept für die neue Siedlung Heuchelhof mit wenigen Sammelstationen entspricht aufgrund der Zunahme der Abfallmengen und der notwendigen Abfalltrennung bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen. Wegen der langen Wege zu zentralen Sammelstellen werden sie zum Teil nicht angenommen mit der Folge einer wilden Entsorgung und Verschmutzung im Quartier. Dazu kommt, dass wegen der begrenzten Tragfähigkeit der Stichstraßen über den Tiefgaragen die Zufahrten für Müllautos nur eingeschränkt befahrbar sind. Es war daher ein Maßnahmenziel des IHK, die vorhandenen, baufällig gewordenen Müllhäuschen durch dezentrale Sammelstellen zu ergänzen. Im Gestaltungsleitfaden wurde diese Idee mit Vorschlägen zur Neugestaltung der Müllhäuschen vertieft. Allerdings können die dort vorgeschlagenen sehr transparenten und offenen Anlagen ohne Dach den hygienischen, immissionsschutzrechtlichen und sozialen Anforderungen nicht gerecht werden. Resümee/Empfehlungen • Durch die starre Siedlungsstruktur des H1 mit der räumlichen und konstruktiven Verquickung mit den Tiefgaragen gehört eine befriedigende Lösung der Müllentsorgung zu dem bislang noch ungelösten Hauptproblem für die Sanierung des Quartiers. • Eine Umgestaltung der Müllhäuschen und die Neuordnung des alten, untauglichen Abfallkonzepts waren von Anfang an ein vorrangiges Anliegen von Bewohnerschaft und der Stadt. Die vorhandenen Müllsammelstellen sind alt, unschön und an einigen Stellen viel zu klein dimensioniert. So entschloss man sich anfangs zunächst zur Beibehaltung der Standorte und einer kostengünstigen Umgestaltung der Anlagen. Das Hauptproblem aus der Sicht der sozialen Verbesserungen im Quartier liegt allerdings weniger in einer „kosmetischen“, architektonisch hochwertigen Neugestaltung Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 94 • • • • der Müllhäuschen als vorrangig in der Bereitstellung funktionsfähiger und gut erreichbarer Anlagen. Die dringend erforderliche, grundlegende Verbesserung der Abfallsituation im H1 liegt nicht nur im Interesse der Stadt und der Programmziele der Sozialen Stadt, die eine Verbesserung der Lebenssituation der Bewohnerschaft anstreben, sondern teilweise auch im Interesse der EigentümerInnen der Wohngebäude, die für die Hausentsorgung verantwortlich sind. Dazu gehört eine menschenwürdige Müllentsorgung. Um den Bedarf an neuen Müllhäuschen und für ein neues Abfallkonzept überhaupt zu erfassen, wurde zunächst eine Bestandsaufnahme angefertigt und im weiteren Verlauf dann ein neues Abfallkonzept in Auftrag gegeben. Dieses liegt seit 2009 vor. Solange jedoch keine Gesamtlösung für die Tiefgaragen gefunden ist, kann nicht an eine Umsetzung des Konzepts gedacht werden. Das Konzept als Grundplanung für eine befriedigend Lösung des Abfallsystems wurde aus öffentlichen Mitteln finanziert. Zur Lösung für eine adäquate Entsorgung gegenüber der Stadtreinigung zu sorgen, sind die Wohnungsunternehmen und Einzeleigentümer verpflichtet. Wegen dieser schwierigen Abhängigkeit wurde alternativ vorgeschlagen, neue leistungsfähige Müllsammelstellen auf freie, stadteigene oder private Grünflächen am Straßburger Ring anzulegen, um frei von der Tiefgaragen-Sanierung zu sein und mit den schweren konventionellen Müllfahrzeugen anfahren zu können. Wegen der langen Laufwege wird dieser Vorschlag noch als unrealistisch angesehen. Eine Erschwernis in der Problemlösung liegt zum Teil auch daran, dass einige Wohnungsunternehmen kein Interesse an Planungen für eine bessere Zukunft zeigen. Dazu kommt, dass bei einigen Müllhäuschen die Eigentumsverhältnisse nicht eindeutig sind, da sie zu Tiefgaragengemeinschaften gehören. 9. Die drei großen Tiefgaragen mit 1.453 Stellplätzen Die 1.453 privaten Stellplätze im H1 befinden sich ausschließlich in den drei großen Tiefgaragen unten den sechs Stichstraßen. Dieses starre Erschließungssystem gepaart mit schweren technischen Schäden und Mängeln ist eine bis heute ungelöste Herausforderung für die soziale Stadtteilerneuerung und den sozial verträglichen Umbau der schadhaften, schlecht belichteten, höchst unsicheren und Angst auslösenden, viel zu langen Tiefgaragen. Im IHK wurde glaubhaft dargelegt, dass man auf die Tiefgaragen angesichts des begrenzten oberirdischen Platzangebots in H1 nicht verzichten kann. Resümee/ Empfehlungen • Die Besitzverhältnisse der Tiefgaragen sind sehr kompliziert, da es sich um eine große Eigentümergemeinschaft (mit 834 Teileigentümern) aller ImmobilienbesitzerInnen im Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 95 • • • • • H1, auch anteilig der BesitzerInnen von Eigentumswohnungen handelt. Das erschwert jede Suche nach einer einfachen pragmatischen Lösung erheblich. Wie schon im IHK festgestellt wird, gestaltet sich die Tiefgaragenproblematik chwierig, da das Kernproblem, die leichte Zugänglichkeit bei fehlender sozialer Kontrolle baulich allein kaum zu lösen ist, wenn die Funktion erhalten bleiben soll. Bauliche und funktionale Verbesserungen konnten schon erreicht werden durch neue Schlösser an den Einfahrtstoren, um die Zugänglichkeit einzuschränken, eine bessere Belichtung oder auch durch eine Videoüberwachung. Erste Vorschläge zur Sanierung waren etwa - die Stilllegung des mittleren Abschnitts, um Kreisverkehr zu verhindern und kleinere übersichtliche Einheiten zu schaffen - ein Abbau nicht mehr nachgefragter Stellplätze - die Verbesserung der Beleuchtung - die Garagen für Unbefugte zu schließen oder - den Aufenthalt für Jugendliche in den Tiefgaragen zu untersagen. Trotz mancher kleiner Verbesserungsmaßnahmen bleibt die Sanierung der Tiefgaragen die wohl schwierigste bauliche Aufgabe für die Vollendung des Gesamtprojekts Sozialen Stadt Heuchelhof. Um hier weiter zu kommen, hat die Stadt 2009 ein mit Mitteln der Sozialen Stadt finanziertes Verkehrsgutachten bei einer renommierten, interdisziplinären Planungsgruppe in Auftrag gegeben, dessen Bestandsaufnahme (z.B. Umfang der Leerstände) begonnen wurde und die 2010 erste Konzeptansätze (allerdings ohne Vorschläge zur technischen Lösung!) vorlegen wird. Ein Problem jedes Sanierungsansatzes für die privaten Tiefgaragen sind die Finanzierung, da die Kosten grundsätzlich nicht förderfähig sind, und die schwierige Kostentrennung zwischen dem privaten Unterbau und dem öffentlichen oberirdischen Straßenaufbau. Allerdings ist dies nicht allein der Grund für die schwierige Problemlösung. Hauptprobleme liegen ganz besonders auch in der Uneinigkeit der vielen TeileigentümerInnen (geregelt nach dem Wohnungseigentumsgesetz) und darin, dass die Tiefgaragendecke der Stichstraßen rechtlich als Brückenbauwerke eingeordnet werden. Systembedingt blockiert bzw. erschwert die bisher ungelöste große Tiefgaragenproblematik leider auch die Umsetzung des Abfallkonzepts, die bewohnerfreundliche Umgestaltung der Stichstraßen und des Gummispielplatzes in der Folge der Eigentumstrennung zwischen oben und unten erheblich. Alle Lösungsversuche von Stadt und Fachbüros drehen sich bisher mehr oder weniger in einem Teufelskreis. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 96 10. Freiräume der Straßen, Wege und Grünflächen Auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts für die Freianlagen im H1 wurden differenzierte und frei gestaltete Maßnahmen vorgeschlagen, die wohnungsnah und sicher den Aufenthalt und das Spiel kleiner Kinder auf den Straßen und Wegen ermöglichen. Räume bieten sich dafür an vor allem an den Stichstraßen sowie an der Ost-West-Hauptwegeverbindung und an der Urbanen Achse mit dem neuen Grünraum an der Bonner Straße und der kleinen Grünfläche vor dem „Treffpunkt Altes Schwimmbad“. Die Hauptelemente der Freiraumgestaltung sind Baum- und Strauchpflanzungen, neue, der Nutzung angepasste Bodenbeläge und die Beleuchtung. Resümee/ Empfehlungen • H1 ist der erste Stadtteil Würzburgs, in dem Kinder frei und gefahrlos auf der Straße im Inneren des Quartiers spielen können. • Die Qualität des Freiraumkonzepts liegt vor allem auch in seiner Einfachheit und seinem sozialen Bezug zum wohnungsnahen alltäglichen Gebrauch. Man spürt, dass es dem Geist der Sozialen Stadt folgt. • Die vielen kleinteiligen neuen Freiräume konnten und können nur in kleinen Schritten dort geschaffen werden, wo sich durch andere Baumaßnahmen (z.B. Erneuerung einer Stichstraße) Gelegenheit dafür eröffnete. Dadurch kann heute trotz der erreichten hohen Qualitäten im Detail noch kein konsistenter Gesamteindruck für diese Freiraumstruktur erkannt werden. • Eine sehr frühe Idee der Freiraumgestaltung ist das Projekt „Bäume der Nationen“ als symbolischer Ausdruck für das Zusammenleben von ca. 40 Nationen am Heuchelhof und damit die Wertschätzung der MigrantInnen im Quartier. Die Bäume sollten ursprünglich an den Stichstraßen gepflanzt werden, was aber wegen der Tiefgaragenproblematik nicht möglich war. Sie wurden dann 2003 auf dem Platz an der Gethsemanekirche gepflanzt. Die Kinder der Ganztagsschule und ihre Eltern haben die Patenschaft für die Pflege übernommen. • Eine Aufwertung der Wegeverbindungen nach außen wie etwa von der Bonner zur Dubliner Straße oder die Verbindung vom Place de Caen über die Römer Straße zum Freizeitpark an der Gethsemanekirche steht noch aus. • Die im IHK vorgeschlagenen hausnahen Mietergärten wurden aus Sicherheitsbedenken nicht weiter verfolgt. Separate Kleingartenanlagen auf größeren Restflächen innerhalb oder außerhalb von H1, die für die Eigenversorgung und Eigenarbeit der Menschen mit niedrigem Einkommen immer wichtiger werden, sind bislang leider noch nicht in Aussicht. • Um die Fuß- und Radwege (auch für Aufenthalt und Hauszugang) zu schützen, sollen die als Mischflächen gewidmeten Stichstraßenzufahrten beschränkt werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 97 • Eine unspektakuläre aber für den Freiraumgebrauch wichtige Verbesserung ist die Umgestaltung der Grünstreifen an den Stichstraßen zum Nutzen der anliegenden MieterInnen. Diese Maßnahmen werden leider sehr erschwert durch die Frage, wer die Kosten für die Sanierung der Tiefgaragendecken übernehmen muss. Um hier voran zu kommen, haben Stadt und Stadtbau für die Umgestaltung des Tiefgaragenlüftungsgrabens an der Den Haager Straße eine Vereinbarung über die jeweilige Kostenbeteiligung getroffen. • Um die Problematik mit den Tiefgaragen zu umgehen, wurden an einigen Abschnitten von Stichstraßen auf der Seite ohne Straßenentwässerung hochstämmige Bäume gepflanzt. • Es gibt viele Fahrräder im H1 – auch Dreiräder für Menschen, die sich mit dem Fahrrad schwer tun. Der Gebrauch sollte gefördert werden durch leicht befahrbare Wege und sichere Fahrradständer. • Die Arbeitsgruppe „Seniorengerechte Angebote“ engagierte sich im Verein mit dem Gartenamt und dem Quartiersmanagement für die von vielen gewünschte Aufstellung von 6 neuen Bänken an passenden Stellen. • Die im IHK vorgeschlagenen Maßnahmen zur verkehrsberuhigten Umgestaltung des Straßburger Rings wurden nicht aufgegriffen. Gründe dafür waren neben dem unverhältnismäßigen Aufwand vor allem die Kosten, die wegen des Vereinfachten Sanierungsverfahrens für den H1 nach KAG auf die AnliegerInnen, so auch auf die EinfamilienhausbesitzerInnen außerhalb des Rings hätten umgelegt werden müssen. • Für die Verstetigung des Gesamtprojekts Soziale Stadt Heuchelhof ist es entscheidend, dass die vielen kleinen neuen Freiräume zu einer Gesamtstruktur zusammen wachsen und vor allem, dass auf ihre Pflege dauerhaft und sehr genau geachtet wird. Denn durch eine schleichende Verwahrlosung des engeren Wohnumfelds, das die Menschen tagtäglich evtl. vor ihrer Haustür erleben, könnte sich schnell das resignierte Gefühl verbreiten, dass es „doch wieder so sein wird wie vor der Sozialen Stadt“. 11. Beleuchtung und gefühlte Sicherheit Für das Sicherheitsgefühl aller BewohnerInnen und BesucherInnen und damit das Wohlbefinden zu dunklen Tageszeiten ist eine ausreichende, blendungsfreie und vandalensichere Beleuchtung äußerst wichtig. Daher war dies im Prozess der Sozialen Stadterneuerung schon sehr früh ein Arbeitsthema. So wurde z.B. zur Fußwegbeleuchtung am Straßburger Ring u.a. ausgeführt: „Die Beleuchtung dort ist katastrophal. Die Lampen sind größtenteils eingewachsen, so dass zwischen den Leuchten Dunkelheit herrscht.“ Ziel der Bemühungen war daher eine bessere und standortgemäße Lichtverteilung und Dichte der Leuchten, um dem hohen Sicherheitsgefühl im H1 Rechnung zu tragen. Besondere Ansprüche an die gute Ausleuchtung stellen die Tiefgaragenabgänge und Müllsammelstellen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 98 Resümee/ Empfehlungen • Anlass der Erneuerung war vor allem die wiederholte Klage von BewohnerInnen über große Unsicherheit im Dunkeln und die häufigen Beschädigungen der Lampen. • Es wurden Begehungen mit BewohnerInnen durchgeführt, um die Ausleuchtung zu überprüfen sowie Angsträume und Sichtbarrieren etwa durch Buschwerke zu erkennen. • Im Herbst 2004 wurden entlang der Urbanen Achse die Leuchten ausgetauscht und neue Lampenkörper angebracht. Ausgewählt wurden sie von BewohnerInnen des Viertels bei einer abendlichen Ortsbegehung. Damit ist die Situation befriedigend. • Die notwendigen Reparaturen werden heute reibungslos im Rahmen der Unterhaltspflicht durch die Stadtwerke bzw. die HauseigentümerInnen durchgeführt. • Auch die Beleuchtung der Zuwege zu den Hauseingängen, auf den Wegen des wohnungsnahen Umfelds und in den Treppenhäusern bleibt bei weiteren Sanierungsmaßnahmen der Geschoßwohnungsanlagen eine wichtige Aufgabe. 12. Orientierung im Viertel Wegen fehlender Wegehierarchie, einer nur ansatzweisen Raumbildung durch die Gebäude und den durchgehend unklaren Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum bereitete die Orientierung sogar alteingesessenen BewohnerInnen und noch mehr ortsunkundigen BesucherInnen große Schwierigkeiten. Daher war die Erleichterung der Orientierung im Quartier vor allem im Wegesystem ein wichtiges Anliegen im IHK und damit auch Thema im Gestaltungsleitfaden. Als Probleme der Orientierung wurden dort im Einzelnen benannt • das stark verästelte Wege- und Straßensystem mit den sehr gegliederten Gebäudeformen oder • die oft schwierige Erreichbarkeit der Hauseingänge vor allem im Arkadenbereich • für eine bessere Orientierung wurde in der Arbeitsgruppe „Schöner Wohnen“ bei der Bürgerbeteiligung ein Orientierungsplan entworfen und ein Zeichensystem vorgeschlagen mit folgenden Elementen: - farbige Hausnummern den H1 Bereichen zugeordnet, im Arkadenbereich mit 1,5 bis 1,8 m hohen Schriftzeichen - farbige stelenartige Orientierungstafeln entlang der Wege mit der entsprechenden Straßenbezeichnung und - Orientierungstafeln an den Straßenzugängen, aus denen die Hausnummern ersichtlich sind. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 99 Resümee/ Empfehlungen • Die Siedlungsstruktur des H1, typisch für so viele Großsiedlungen der 70er Jahre, mit der Trennung von Gebäudestellung und Straßensystem, erschwert – im Gegensatz zum traditionellen Stadtgrundriss – die Orientierung erheblich und verunsichert stark eine stabile Wahrnehmung der eigenen Umwelt. Daher war es ein wichtiger und gut gelungener Schritt, mit gut lesbaren Orientierungstafeln die Orientierung zu erleichtern. Die Entstehung von Heimatwahrnehmung bei aufwachsenden Kindern in der räumlich weiterhin unklaren Lebenswelt wird dennoch ein Problem bleiben. • Nach einem Orientierungsplan wurden die gut gestalteten Orientierungstafeln von der Bürgerschaft erarbeitet und vom Gartenamt aufgestellt. Auch die sog. Länderstelen ergänzen sicher die Hilfen für eine bessere Orientierung. • Für sehbehinderte Menschen wären für eine eigenständige Orientierung an besonders wichtigen Orten von H1 (etwa die Zugänge zum Place de Caen) eigene Markierungen hilfreich. • Die besondere Situation, in der Würzburg durch die haushaltslose Zeit arbeiten musste, hatte jedoch dazu geführt, dass die Stadt mit kleinen, wenig kostenintensiven und intelligenten Maßnahmen am Heuchelhof, wie eben mit dem Orientierungssystem, große positive Wirkung für das Wohlbefinden der Bevölkerung auslösen konnte. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 100 F NOCH NICHT REALISIERTE ABER NOTWENDIGE PROJEKTE UND MASSNAHMEN Blick nach vorne in die nähere Zukunft Nach einer so langen Zeit der Beratung, Planung und Realisierung, stellen sich viele anfangs als zentral erachtete Vorhaben in einem anderen Licht dar. Auch für die Aktivitäten im H1 sind nicht alle Prioritäten der ersten Stunde so erhalten geblieben. Sie haben sich teilweise verschoben oder ihr Gewicht hat sich verändert. • Es gibt aufgegebene Projekte und Maßnahmen aus dem IHK, die nicht mehr notwendig oder überholt sind. • Es gibt neue Erfordernisse, die zum Teil erst im Laufe der IHK-Umsetzung erkennbar wurden. • Vielfach erschweren technische, finanzielle und organisatorische Hindernisse die Möglichkeit, notwendige Projekte anzugehen. • Dazu kommen unlösbare Probleme, die sich aus der unveränderbaren Struktur im H1 ergeben, wie etwa die Dichte der Hochhäuser. Dennoch gibt es einige Maßnahmen, deren Realisierung für die Soziale Stadt und ihre dauerhafte Verstetigung so wichtig sind, dass sie trotz gegenwärtiger Widerstände und Schwierigkeiten unbedingt auf der Agenda der Stadtteilerneuerung Heuchelhof bleiben müssen, solange die Stadtpolitik sich dazu entschieden bekennt. Es sind vor allem folgende Projekte: 1. 2. 3. 4. Tiefgaragen, Stellplätze, ruhender Verkehr Müllsammelstellen Bürgersteige entlang der Heuchelhofstraße Behindertengerechter Zugang zur Straßenbahnhaltestelle Straßburger Ring (Querung der Heuchelhofstraße, Brücke über die Bahnsteige) 5. Geschosswohnungsbau. 1. Tiefgaragen, Stellplätze, ruhender Verkehr Der Traum einer autofreien Wohnwelt hat bei der Siedlungsentstehung die Lösung gebracht, die ruhenden Autos unter die Erde in ein System von Tiefgaragen zu verbannen, die heute in ihrer städtebaulichen Systemstarre die dringend notwendige Sanierung ungeheuer erschweren. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 101 Probleme, Hindernisse • Bauschäden, Größe, Grundriss • Verknüpfung der Tiefgarage mit den Stichstraßen, Müllsammelstellen und Spielplätzen • Eigentum unten privat und oben öffentlich. Sanierung Pflicht der Eigentümer (Kostenumlage auf Mieter) • Zugänge • tatsächlicher Bedarf • Sicherheit (tatsächlich und gefühlt) • Finanzierung privat / öffentlich • oberirdische Grundstücke für Verlagerung der TGStellplätze kaum vorhanden • Was geschieht mit den künftig ungenutzten TGAbschitten? Lösungsansätze • kleine Verbesserungen möglich, lösen das Gesamtproblem aber nicht • Verkehrsgutachten seit 2010 in Bearbeitung • ein Rechtsgutachten erforderlich, wer für Abdichtung zuständig • alternativer Bau eines Parkhauses scheitert an Finanzierung • evtl. Abbruch von Teilen, weil kein Bedarf mehr besteht. Es gab bislang einen stillgelegten TG-Abschnitt, der abgebrochen und mit dem Bewegungsfeld überplant wurde. Resümee/ Empfehlungen • Die in dem starren System der Siedlungsstruktur festgelegte Unterbringung des ruhenden Verkehrs unter den Stichstraßen und in Verknüpfung des TiefgaragenSystems mit den Müllsammelstellen stellt alle Verantwortlichen von Beginn der Sozialen Stadt an vor eine schier unlösbare Aufgabe. • Ob das jetzt in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten grundsätzliche Verbesserungen für das strukturelle Grundproblem bringen kann, bleibt abzuwarten. Ein erstes wichtiges Ergebnis besagt, dass ca. 50 % der Tiefgaragen-Stellplätze nicht mehr gebraucht werden. Um Bewegung in die Lösungsfindung zu bekommen, sollten auch oberirdische Stellplatzanliegen in die Überlegungen einbezogen werden. • Es wird empfohlen, das Gutachten frühzeitig mit der Bürgerschaft und den Stadtaktiven zu erörtern und damit auch deren Erfahrungen und kreative Ideen für Lösungsansätze anzuzapfen. • Vielleicht könnte man bei der FH Würzburg einen studentischen Ideenwettbewerb, in den auch KünstlerInnen einbezogen werden, anregen, um evtl. ganz andere unkonventionelle Ideen für einen Weg aus der Sackgasse zu finden. • Der Zusammenhang zwischen Sanierungskosten, Finanzierung und Mieten ist unbedingt in die Überlegungen für die Neuordnung der Tiefgaragen einzubeziehen, da die Sanierungskosten von den EigentümerInnen zu tragen sind. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 102 2. Müllsammelstellen Die ursprünglich gut gemeinte Anordnung der Müllhäuschen an den Tiefgaragenabgängen mit ihren begrenzten Kapazitäten ist heute zu einem Hauptproblem der sozialen Stadterneuerung vom H1 geworden. Probleme, Hindernisse • Bauschäden, Verwahrlosung, Anblick der Müllhäuschen • Verknüpfung mit der Tiefgaragenproblematik • Eigentum: Sanierung Pflicht der Eigentümer • Müllentsorgung muss auf privatem Grund der EigentümerInnen gelöst werden • Befahrbarkeit der Stichstraßen • Wegelängen für BewoherInnen • Überwachung von Sicherheit und Ordnung • einfache und kostengünstige Neugestaltung • Finanzierung nur durch EigentümerInnen (Umlage auf MieterInnen!) • Mülltourismus Lösungsansätze • Erste Vorschläge im IHK und im Gestaltungsleitfaden • Abfallkonzept seit 2009 vorhanden mit verschiedenen Lösungsvorschlägen, hängt aber an der Lösung der Tiefgaragenproblematik • Müllsammelstellen auf städtischem / privaten Grund innerhalb oder außerhalb von H1 werden erwogen Resümee/ Empfehlungen • Wie siamesiche Zwillinge hängen Tiefgaragen und Müllhäuschen schier unlösbar zusammen. Daher ist die Umsetzung des vorliegenden Abfallkonzepts nur im Zusammenhang mit Lösungen für die Tiefgaragen zu bewältigen. • Auch hier ist zu empfehlen, die Lösungsansätze frühzeitig mit der Bewohnerschaft zu erörtern und von ihr kreative Ideen abzufragen • Der Zusammenhang zwischen Sanierungskosten, Finanzierung und Mieten ist unbedingt in die Überlegungen einzubeziehen. 3. Bürgersteig entlang der Heuchelhofstraße Die Heuchelhofstraße wurde als Kind ihrer Zeit autogerecht ausgebaut, wo FußgängerInnen und RadfahrerInnen nicht vorkamen. Davon zeugt der schier unglaubliche Zustand, dass auf der Höhe des Place de Caen bis heute noch kein normaler Gehsteig zu finden ist. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 103 Probleme, Hindernisse • Es gibt keinen selbständigen Gehweg auf der Seite des H1 zwischen den beiden Einmündungen des Straßburger Rings. Eine Folge des ursprünglichen Bebauungsplans • notwendige Grundstücke für nachträglichen Einbau sind privat. Preis und Verkaufsbereitschaft? • eine Fahrbahnverengung wohl kaum möglich? • Hohe Kosten durch Abfangen des Hanges • Finanzierung von Flächenerwerb und Bau? Lösungsansätze • Die Planung einer tragbaren Lösung mit der Bürgerschaft • Flächenankauf und Umbau Resümee/ Empfehlungen • Der eigentlich untragbare Missstand, dass der die Heuchelhofstraße begleitende Gehweg aufgrund der Ursprungsplanung genau auf der Höhe des Zentrums am Place de Caen nicht existiert, ist sowohl städtebaulich wie auch sozial zu beklagen. • Es ist ein lang gehegter Wunsch vieler BewohnerInnen, diesen selbstverständlichen Fußweg herzustellen. 4. Behindertengerechter Zugang zur Straßenbahnhaltestelle „Straßburger Ring“ (Querung der Heuchelhofstraße, Brücke über die Bahnsteige) Seit 1989 gibt es die aus der Innenstadt kommende Straßenbahnlinie mit den für den H1 wichtigen beiden Stationen „Straßburger Ring“ am Place de Caen und „Berner Straße“. Die Hauptstation „Straßburger Ring“ ist ihrer Funktion gemäß zu einer Art modernem Bahnhof ausgebaut, der für den Zugang vom H1 leider nicht behindertengerecht angelegt ist. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 104 Abb. 29: Die wichtige Straßenbahnhaltestelle braucht dringend einen barrierefreien Zugang Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 105 Probleme, Hindernisse • Die Maßnahme war erstaunlicherweise noch kein Thema im IHK, daher auch keine Kostengröße in der Programmanmeldung der Sozialen Stadt. • Die Haltestelle ist trotz ihrer zentralen Bedeutung für den Zugang zum H1 von Menschen mit eingeschränkter Mobilität (auch Kinderwagen und Lasten!) nur auf wenig würdigen Umwegen erreichbar. • Einen behindertengerechten Zugang gibt es nur umwegig über eine Rampe mit 8 % Steigung oder über die Fußgängerampel in Richtung Gethsemanekirche. Es stehen keine Fördermittel mehr für die Finanzierung eines Umbaus der Verkehrsanlage zur Verfügung. Lösungsansätze • Untersuchung von Lösungsvarianten mit Alternativen zur jetzigen Erschließung mit einer Kostenschätzung Zeit- und Finanzierungsüberlegungen. Resümee/ Empfehlungen • Erst sehr spät (2009) wurde man des Missstandes gewahr, dass die Hauptstation „Straßburger Ring“ der Straßenbahn für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, mit Sehbehinderung oder körperlicher Schwäche, aber auch für Menschen mit Kinderwägen oder schweren Lasten schwierig zu nutzen ist. Es wurde von da an die Notwendigkeit eines behindertengerechten, zentralen Zugangs von der Haltestelle der so vorzüglich ausgebauten und bedienten Straßenbahn zum Zentrum thematisiert. • Der eigentliche Hauptzugang zum Place de Caen als dem Beginn des Quartierszentrums ist eindeutig die Brücke über die Heuchelhofstraße, die beide Bahnsteige der anspruchsvoll gestalteten Haupthaltestelle Straßburger Ring mit Treppen erschließt, aber eben nicht behindertengerecht. Die als solche empfohlenen Neben-Zugänge über die Rampe nach Querung der Heuchelhofstraße, an der Ampelanlage des Straßburger Rings oder von der Haltestelle Berner Straße sind keine Alternativen, die der neuen Wertigkeit des H1 und damit der Sozialen Stadt gerecht werden. Die Rampe entspricht mit 8 % Neigung nicht den Forderungen der DIN 18024 -1, die maximal 6 % zulässt. • Eine Steighilfe in Form eines Fahrstuhls (oder einer Rolltreppe?) wäre die einzig angemessene Lösung für Menschen mit Gehbehinderung oder Gehmühen (Kinderwagen, Rollis, schwere Lasten, alte, gebrechliche Menschen) im Sinne der großen Sozialen Stadt Zielsetzung. Da der H1 ein begehrter Wohnplatz für alte Menschen ist und künftig noch mehr sein wird, erfordert deren Lebensschicksal und Lebensform (sie brauchen die Innenstadt) unbedingt einen menschenwürdigen Zugang von der Straßenbahnhaltestelle zum H1. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 106 5. Geschosswohnungsbau Außer dem äußeren Erscheinungsbild und den Arkaden- und Eingangsbereichen waren die Geschosswohnungsbauten kein Thema für Maßnahmen im IHK. Denn die Qualität der in den 70er Jahren gebauten Wohnungen hatte einen relativ hohen, modernen Standard, so dass eine Modernisierung oder ein Umbau zu Beginn der Sozialen Stadt nur nachrangige Priorität hatte. Die Wohnungsunternehmen waren 2001 Eigentümer von ca. 90 % der Wohnungen. Daneben gibt es PrivateigentümerInnen und Eigentumswohnungsanlagen für 10 % der Wohnungen (aus Zwischenbericht an den Stadtrat vom 24.01.2002) Es gibt zwei Geschosswohnungstypen: Wohnhochhäuser mit bis zu 12 Geschoßen und Terrassenhäuser mit maximal 5 Geschoßen. Viele Wohnungen sind trotz Erdgeschosslage nicht barrierefrei erreichbar. Die Wärmedämmung genügt in vielen Häusern nicht den heutigen energiepolitischen Forderungen. Probleme, Hindernisse • Es gibt viel zu wenige Kleinwohnungen für die geänderten demographischen Voraussetzungen in H1 • Die sehr vielen gleichförmigen Wohnungstypen und die unflexible Betonbauweise erschweren die bautechnische Anpassung an sich ändernde Bedürfnisse. • Die Ertragssituation der Wohnungsunternehmen gilt als schlecht, häufig nicht mal als kostendeckend. Damit gibt es kein wirtschaftliches Potential für innovative Veränderungen, die heute anstehen. • die künftige Mietensituation im Schatten der Finanzkrise und sozialen Einschnitte für Menschen mit geringerem Einkommen Lösungsansätze • Umbau von Wohneinheiten zu altenund behindertengerechten Wohnungen • Grundrissänderungen für Schaffung von mehr Kleinwohnungen • Innovative, neue Wohnformen und Eigentumsformen ermöglichen (z.B. Kleingenossenschaften, Wohngemeinschaften, Alten-WG, Wohnmöglichkeiten für Familiengruppen und Großverwandtschaften) • energetische Ertüchtigung für eine ressourcen- und CO2-schonende Zukunft Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 107 Resümee/ Empfehlungen • Die Programmatik der Sozialen Stadt umfasst ganz wesentlich auch die dauerhafte Stabilisierung des Wohnungsangebots und die Sicherung einer angemessenen, zeitgemäßen Qualität der Wohnungen. Daher ist es für die Verstetigung der erreichten Lebensqualität in Heuchelhof notwendig, die Entwicklung der Geschosswohnungsbauten auch nach Ende der Förderung aufmerksam zu analysieren und rechtzeitig notwendige und innovative Maßnahmen zu ergreifen. • Es muss für eine innovative Erneuerung mit Beteiligung der Mieterschaft ein Standard entwickelt werden, der die Verschlechterung ihrer Einkommenslage berücksichtigt. • Man sollte für die Geschossbauten Initiativen fördern, die auch neue Beteiligungs-, Lebens- und Finanzierungsformen entwickeln. • Ein künftiger Schwerpunkt muss der klimagerechte Umbau der Geschosswohnungsbauten zu sog. Nullenergiehäusern sein. Hier sollte modellhaft mit Innovationen experimentiert werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 108 G VERFAHRENSBEWÄLTIGUNG: Viele formale Schritte mussten gegangen werden 1. Erste Programmaufnahme 1999 Die sofortige Programmanmeldung gleich 1999 nach dem Start der Sozialen Stadt in Bayern war ein mutiger, zupackender Schritt ins Unbekannte, der sich voll ausgezahlt hat für Würzburg und für den Heuchelhof. Vor allem die für den H1 schon längere Zeit währende Aufmerksamkeit und Tätigkeit der Sozialverwaltung, der Stadtbau Würzburg und der draußen bereits arbeitenden Institutionen ermöglichten problemlos den raschen Zugriff. Der H1 war längst reif für dieses neue Programm, das die 30 Jahre alte Städtebauförderung entschieden in die Richtung der stadt- und sozialräumlichen Problembewältigung verschoben hatte. Das plötzliche Fördergeld hatte bei allen Verantwortlichen Interesse geweckt. Insofern hatte das Programm eine stark katalysatorische Wirkung. Die 1999 erfolgte Programmaufnahme ermöglichte es, wichtige Impulsprojekte, die lange vor der Verabschiedung des IHK reif für zupackendes Handeln waren, sofort in die Tat umzusetzen, wie etwa das Stadtteilzentrum. Der Start des Soziale Stadt Projektes wurde begleitet von der Politik, die zum Heuchelhof hoch gekommen ist – eine große Ehre für die stark auf Autoritäten schauenden Russlanddeutschen. Es ist – bis heute – das Verdienst der Sozialen Stadt, dass Politiker die frühere terra incognita Heuchelhof plötzlich wahrnahmen. 2. Vorbereitende Untersuchungen (VU) und Integriertes Handlungskonzept (IHK) Würzburg hatte nach dem Stadtratsbeschluss vom 16.12.1999 mit großem Engagement die Durchführung der VU in Auftrag gegeben und fachlich intensiv begleitet. Sie mündete in das sog. IHK, eine neue Kategorie in der Planungsterminologie. Die VU für den Heuchelhof und das daraus abgeleitete IHK, die eigentlich völlig neue Arbeitsweisen und -Inhalte forderten, waren in den meisten Kommunen bis in die Begrifflichkeit anfangs noch sehr geprägt von den klassischen baulich-städtebaulichen Sichtweisen bisheriger Sanierungsvorbereitung. Für den Untersuchungsraum hatte der Stadtrat zunächst einen Umgriff beschlossen, der sich als zu weit gefasst herausstellte und später praxisbezogen verengt wurde. Am 02.10.2002 nahm der Stadtrat das fertige IHK als Ergebnis der VU zur Kenntnis. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 109 Resümee/ Empfehlungen • Stadt und beauftragte Fachbüros bemühten sich sehr, dem neuartigen Anspruch an die Handlungsvorbereitung für eine soziale Stadtteilerneuerung gerecht zu werden. Dennoch ist zu spüren, wie sehr Aspekte von Architektur und Städtebau und die Logik der klassischen VU versuchen, in den Vordergrund des IHK zu kommen. • Die soziale und agierende aber auch die fiskalische Wirklichkeit haben jedoch schnell dazu geführt, dass aus Kostengründen manche Bauthemen eher in den Hintergrund gesetzt oder in eine andere Richtung verschoben wurden. • Die gewohnte Methodik der Vorbereitenden Untersuchungen schlägt sich auch nieder in einer typisch umfänglichen Bestandsaufnahme, deren Handlungsorientierung wenig hinterfragt wird. Dies zeigt sich logischerweise auch in einer etwas zu langatmigen Textfassung, die es interessierten NutzerInnen aus Fachwelt, Politik und Bürgerschaft nicht leicht macht, die Essenz für notwendiges Handeln schnell zu erfassen. • Das Bemühen um interdisziplinäre Vernetzung von Städtebau und Sozialplanung ist zu erkennen, obwohl sich leider – wie in den meisten IHK – die gewohnt getrennten Wege im Aufbau des Werks zeigen. • Im Interesse eines fortgesetzten Bemühens um den Stadtteil mit seinen Menschen und eigenen Lebenswelten wird empfohlen, die wichtigen, weiter notwendigen Handlungsschwerpunkte in der Art eines knapp gefassten IHK, das einem einfachen Arbeitsprogramm entspricht, regelmäßig kooperativ zu überprüfen und fort zu schreiben. Um das Interesse an einer Verstetigung des Erneuerungsprozesses wach zu halten, wird im Stadtrat regelmäßig über das IHK berichtet. Als Vorbild könnte Aschaffenburg dienen, wo dem Stadtrat alle 2 Jahre über das Geschehen in der Sozialen Stadt berichtet wird. 3. Sanierungsverfahren Als Ausfluss aus den im IHK niedergelegten Erkenntnissen über den H1 wurde am 11.11.2004 das Sanierungsgebiet „Heuchelhof H1“ im sog. Vereinfachten Verfahren nach § 142 Abs. 3 und 4 BauGB beschlossen, das im wesentlichen auch das Fördergebiet für die Soziale Stadt ist. Resümee/ Empfehlungen • Die Beschränkung des Sanierungsgebietsumgriffs auf den H1 einschließlich Straßburger Ring und Heuchelhofstraße war richtig, zumal die Möglichkeit offen geblieben ist, Infrastrukturvorhaben mit direktem Bezug zum H1, wie die Freizeitfläche an der Gethsemanekirche, ohne Gebietserweiterung zu fördern. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 110 Abb. 30: Umgriff des Sanierungsgebiets (Dr. Holl, Würzburg) • Nach § 3 der Sanierungssatzung findet zwar der kommunale Genehmigungsvorbehalt des § 144 BauGB Anwendung, bedauerlicherweise aber – im Gegensatz zur Empfehlung im IHK – mit Ausschluss des Abs. 2, der u.a. auch Grundstücksverkäufe der Genehmigungspflicht unterwirft. Offensichtlich wurde der § 144 als ein Steuerungsinstrument für die soziale Gebietserneuerung ohnehin nicht aktiv genutzt. Mit dem Ausschluss des Abs. 2 könnte es daher in Zukunft geschehen, dass Geschosswohnungsanlagen oder Teileigentum ohne Vorwissen der Stadt verkauft werden. Damit hätte die Stadt auch keine Chance, im Sinne der Verstetigung die sozialen und ökologischen Ziele der Sozialen Stadt in den Kaufverhandlungen anzumahnen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 111 • Wegen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich nicht das Problem, diesseits des Gebietsumgriffs Ausgleichsbeträge und jenseits KAG-Beiträge zur Finanzierung der Erschließungskosten zu erheben. 4. Planungsrechtliche Verfahren Da größere bauliche Veränderungen, die planungsrechtlich zu sichern gewesen wären, für die Durchführung der Sozialen Stadt Heuchelhof nicht nötig waren, spielte die Bauleitplanung eine untergeordnete Rolle. Das wichtigste planungsrechtliche Arbeitsinstrument war und ist für viele bauliche Projekte der Städtebauliche Rahmenplan (§ 140 Nr. 4 i.V.m. § 171e BauGB (Entwicklungskonzept) in den verschiedensten Maßstäben und Ausformungen, wie z.B. Pläne für die Urbane Zone und den Grünpark oder der Gestaltungsleitfaden. Resümee/ Empfehlungen • Für den H1 gilt immer noch der ursprünglich für den H1 aufgestellte Bebauungsplan für den Bau der Siedlung. Er erschwerte z.B. quartiersübergreifende Spielplatzanlagen und erforderte wiederholt Änderungen in Detail-Festsetzungen (z.B. Basketballplatz an der Londoner Straße, etc.). Es wäre daher zu überlegen, ob der unbewegliche alte Bebauungsplan nicht aufgehoben werden kann, um die verwaltungsaufwändigen Änderungsverfahren zu vermeiden. • Es erweist sich immer wieder, dass – wie schon lange bei den meisten Altstadtsanierungen – der flexible Städtebauliche Rahmenplan das adäquate planungsrechtliche Instrument für eine erhaltende und soziale Stadterneuerung ist. Eine evtl. notwendige Verbindlichkeit erhält er immer dann, wenn er vom Stadtrat selbstbindend beschlossen wird und/oder mit vertraglichen Vereinbarungen zwischen Stadt und den privaten Beteiligten inhaltlich gesichert wird. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 112 5. Bedeutung begleitender Fachkonzepte der Stadt (vorhanden oder noch nicht) Integrierte Stadtentwicklung auch für den Heuchelhof Der jetzt allseits erhobene Anspruch für integriertes Planen und Handeln in Stadtentwicklung, Stadtumbau und eben auch Soziale Stadt schlägt sich auch nieder in der Bedeutung von sektoralen Fachkonzepten für die Rahmensetzung und Konkretisierung der Planungsziele in einem Stadtteil wie dem Heuchelhof. Dazu gehören vor allem stadtentwicklungspolitische Fachkonzepte zum Verkehr, zum Wohnen, zu Energie und Klima oder zur Kultur. Für den Verkehr in Würzburg gibt es einen Verkehrsentwicklungsplan aus den 90er Jahren. Ein Fachkonzept zur künftigen Entwicklung des Wohnens in Würzburg gibt es explizit nicht. Für die Zukunft des Heuchelhofs und die Verstetigung der erreichten Wohnfunktion wäre ein solches gesamtstädtisches Konzept aber notwendig, um die Rolle des wichtigen Wohngebiets H1 aus sozialpolitischer und wohnungswirtschaftlicher Gesamtsicht der Stadt und im Verhältnis zur Wohnungsentwicklung in anderen Stadtteilen und auch zum Infrastrukturbedarf zu definieren. Die Beachtung des „Rahmenkonzepts für die Entwicklung des Einzelhandels in Würzburg“ von 2001 ist für die gute und stetige Nahversorgung der Bevölkerung in H1 von großer Wichtigkeit, soweit die Stadt überhaupt auf gewerbliche Entscheidungen Einfluss nehmen kann. So konnte z.B. geschehen, dass sich im Gewerbegebiet vor der Nase vom Place de Caen ein großer Lebensmitteldiscounter angesiedelt hat, der einigen Läden wichtige Kaufkraft entzieht. Die weitere Entwicklung der Nahversorgung des H1 erfordert wachsame Beobachtung und Stärkung der am Place de Caen liegenden Läden. Es gibt zwar für Würzburg kein in die Stadtentwicklung integriertes Kulturkonzept jedoch den etwa alle 10 Jahre, zuletzt 2010 vom Kulturreferat herausgegebenen Kulturbericht. Ziel für Würzbug ist es nach dem Kulturbericht 2010, neben der klassischen Hochkultur und allgemeinen Event-Kultur auch die so genannte Bürgerkultur sowie eine eigene Alltagskultur zu pflegen und zu unterstützen. Ein Beispiel dafür sei die Veranstaltung „Natur und Konstruktion“ genannt, die 2008 anlässlich der 4. Bayerischen Kunstschultage im Quartier H 1 auf dem Heuchelhof durchgeführt wurde. Von einer Alltagskultur, die im Laufe der Zeit in den Stadtteilen wie z.B. am Heuchelhof „selbstverständlich“ wird, dürfen integrative und bildende Effekte für die Menschen am Heuchelhof erwartet werden. Vor allem geht auch eine Steigerung der Lebensqualität für die BewohnerInnen des Quartiers davon aus. Denn eine Kultur, die aus dem anspruchs- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 113 vollen Kreis von bürgerlicher Hoch- und Eventkultur heraustritt und sich den alltäglichen Lebenswelten und Träumen aller Schichten zuwendet, kann dort Kräfte freisetzen für eine Stärkung der Menschen und ihr soziales Zusammenleben. Es könnte natürlich auch eine Kultur sein, die von außen in die Gebiete zu den BewohnerInnen und ihrem Wohnumfeld geht. Es sollte aber vor allem eine Alltagskultur zum Tragen kommen, welche – die dort verborgenen kreativen Kräfte entfaltend – aus dem Gebiet mit ihren Menschen heraus kommt oder auch eine Kultur der interaktiven Kunst (von Musik über Theater und Tanz bis hin zum Malen) als einer Form der aktivierenden Sozialarbeit. Abb. 31: Prospekt der Kulturtage Heuchelhof 2010 Solche Alltagskultur gibt es am Heuchelhof in einer Vielzahl von Projekten, wie z.B. das 2007 mitten im Stadtteil errichtete Rundzelt. Solche Alltagskultur und Kunstarbeit wird zunehmend wichtiger für die Stärkung von Eigenmacht und Solidarität für die im H1 lebenden Menschen, von denen viele immer mehr an den Rand der bürgerlichen Lebenschancen gedrängt werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 114 Am 3.12.09 hat der Stadtrat die Einführung und Umsetzung eines Integrierten Klimaschutzprogramms für Würzburg beschlossen. Das Ziel ist, bis 2020 eine Reduzierung der CO2 - Emissionen um 20 bis 30 % durch Energieeinsparung, EnergieträgerSubstitutionen und Effizienzsteigerung zu erreichen. Von einem neu geschaffenen Klimakoordinator soll ein Klimaleitbild und ein entsprechendes Maßnahmenprogramm entworfen werden. Davon werden sicher auch Anforderungen an die weitere Entwicklung des H1 ausgehen müssen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 115 H KOSTEN, FINANZIERUNG, FÖRDERUNG: Ohne Moos wenig los! 1. Die Kosten- und Finanzierungsübersicht (Kofi) zum IHK eine zunächst großzügige Perspektive Die Durchführung der Gesamtmaßnahme Heuchelhof wird primär getragen von den durch die Regierung von Unterfranken in Aussicht gestellten Städtebauförderungsmitteln. Für eine solche Zusicherung benötigt die Bewilligungsstelle die in § 149 BauGB geforderte Kosten- und Finanzierungsübersicht, kurz Kofi. Erst mit dem Satzungsbeschluss für die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets „Heuchelhof – H1“ vom 11.11.2004 konnte auch die erste formelle Kofi in ihren Grundzügen beschlossen werden, wiewohl natürlich die Förderung konkreter Maßnahmen schon 1999 begonnen hatte. Die Aufstellung umfasste damals den Zeitraum vom Beginn der Sozialen Stadt bis 2020. Im Beschluss hieß es u.a.: “Bei der Kalkulation der Finanzierung wird der Haushaltsansatz von jährlich 325.000 € insgesamt nicht überschritten. Die jährliche Belastung wird wie bisher jeweils mit Vorlage des Jahresantrags an die Regierung im städtischen Haushalt abgesichert.“ Die Gesamtkosten für die Sanierung von H1 wurden mit rd. 6,2 Mio. € angesetzt. Diese sollten sich verteilen auf die Kostenträger • • • • Stadt Würzburg Entwässerungsbetrieb Regierung von Unterfranken (Städtebauförderung) Private (vor allem die Wohnungsunternehmen und deren Mieter). Die Kosten sollten sich (neben den seit 1999 bereits entstandenen von rd. 1,5 Mio. €) wie folgt verteilen: • kurzfristig 2005 - 2009 rd. 1,9 Mio. € • mittelfristig 2010 - 2014 rd. 1,3 Mio. € • langfristig 2015 - 2020 rd. 1,5 Mio. € Der Jahresantrag von 2000 zur Programmanmeldung für die ersten Programmjahre 2000 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 116 bis 2003 sah (damals noch ein letztes Mal in D-Mark!) noch wie folgt aus: Angemeldete Einzelmaßnahmen Voraussichtlich insgesamt förderfähige Kosten in Tsd. DM Vorbereitung, Grunderwerb Öffentlichkeitsarbeit Erwerb des evangelischen Gemeindezentrums 250 1.175,7 Ordnungsmaßnahmen Schaffung eines attraktiven Angebots für die Jugendlichen auf der Spiel- und Freifläche Londoner Straße Gestaltungsmaßnahmen an den Spiel- und Freiflächen Neugestaltung des Marktplatzes und Mittelpunkts Place de Caen Umgestaltung der Stichstraßen Ergänzung der Fußwege an der Heuchelhofstraße Erarbeitung eines Orientierungskonzepts für den Stadtteil 210 800 600 400 50 Baumaßnahmen Erarbeitung von beispielhaften Gestaltungsvorschlägen für den Geschosswohnungsbau Umgestaltung und Sanierung der Eingangs- und Arkadenbereiche Schaffung von Abstellmöglichkeiten und Räumlichkeiten für Kinderwägen, Fahrräder, Mofas Energiesparmaßnahmen und Fassadenrenovierung 60 400 100 100 Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen Umbau des evangelischen Gemeindezentrums zum Stadtteilzentrum Einrichtung eines Büros der Wohnungsverwaltung vor Ort Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble 1.000 200 im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 117 Angemeldete Einzelmaßnahmen Voraussichtlich insgesamt förderfähige Kosten in Tsd. DM Durchführung sonstiger Baumaßnahmen Umbau der Tiefgaragen (insbesondere der Einfahrten und Zugänge) unter sicherheitsrelevanten Aspekten Anlage von zusätzlichen Mietergärten 400 110 Vergütungen Personalausstattung für das Stadtteilzentrum sowie für soziales Management SUMME DER FÖRDERFÄHIGEN KOSTEN 1.250 8.205,7 das sind heute in Tsd. ca. 4.195,5 €. Die für den Satzungsbeschluss vom 11.3.2004 vorgelegte Kofi umfasste dann naturgemäß geänderte und wesentlich höhere Kostenansätze. Resümee/ Empfehlungen • Ohne die verlässlich für einen längeren Zeitraum in Aussicht gestellten staatlichen Finanzhilfen aus dem neuen Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ hätten es die Stadt und die in H1 tätigen Wohnungsunternehmen nicht wagen können, das anspruchsvolle Projekt in Angriff zu nehmen. Natürlich beginnt auch hier die Zuwendung von Finanzhilfen schon vor dem Vorliegen der Kofi, die formell immer erst nach Fertigstellung des IHK auf dem Tisch liegen kann. • Wie immer in den Anfangszeiten einer Stadtsanierung konnten die Kostenschätzungen erst einmal nur „Hausnummern“ sein. Dennoch ist die Schätzung für diese gänzliche neue Gesamtmaßnahme erstaunlich wirklichkeitsnah ausgefallen. Denn in der Förderbilanz von 2009 werden Gesamtkosten von rd. 3,5 Mio. € ausgewiesen, die in der Kofi für den Zeitraum 1999 bis 2009 mit rd. 3,4 Mio. € angesetzt worden waren. • Der Kostenanteil für die Sanierung der Geschoßwohnungsbauten und der Tiefgaragen, der von den EigentümerInnen der Wohnanlagen und damit auch den MieterInnen zu tragen ist, konnte damals noch nicht abgeschätzt und daher nicht in die Kofi aufgenommen werden. Die voraussichtlich sehr hohen Sanierungskosten für die Tiefgara- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 118 gen, die von den EigentümerInnen bzw. MieterInnen zu tragen sind, sind bis heute noch unbekannt. 2. Bewilligungsanträge: Die jährliche Kleinarbeit Der jährliche Bewilligungsantrag für die Gewährung der staatlichen Finanzhilfen ist auch bei der Sozialen Stadt die „Hardware“ der Städtebauförderung. Er ist die Verhandlungsgrundlage für den Interessenausgleich zwischen dem Bedarf der Stadt mit ihren Möglichkeiten, den Komplementäranteil von 40 % aufzubringen, und dem Finanzspielraum der Bewilligungsstelle für die Bereitstellung der 60 %. Im ersten Jahresantrag (nach einem Vorlauf 1999 für die Erarbeitung eines IHK) für das Programmjahr 2000 waren mit Zustimmung des Stadtrats rd. 2,5 Mio. DM (ca. 1,25 Mio. €) an förderfähigen Kosten angesetzt worden. Der größte Betrag war damals rd. 1,2 Mio. DM (ca. 0,62 Mio €) für den Erwerb des evangelischen Gemeindezentrums und in den Folgejahren 2001 und 2002 für den Umbau zum Stadtteilzentrum. Von 2003 bis 2007 pendelte infolge der Würzburger Haushaltskrise der beantragte Betrag der förderfähigen Kosten um die 0,325 Mio. €. Für die Jahre 2008 und 2009 waren es dann 0,45 bzw. 0,40. Ein letzter Schub kam nochmals für das letzte Förderjahr 2010 mit 825.000 €. Dieser letzte Betrag umfasst die Maßnahmen Sanierung des Gummispielplatzes mit 700.000 € (2009 waren bereits 100.000 € veranschlagt), den barrierefreien Zugang zur Heuchelhofstraße mit 75 000 €, das Abfallkonzept mit 45 000 € und 5000 € für Bauberatung nach dem Gestaltungsleitfaden. Resümee/Empfehlungen • Die Jahresanträge spiegeln wie Messstationen durch die Jahre das Auf und Ab der Förderschwerpunkte und vor allem auch die Auswirkungen der Finanznot der Jahre 2003 und 2004 wieder. • Ab 2007 zeigen die beantragten Kosten auch, dass die Förderung 2010 endet, leider, da noch viel Unerledigtes einen weiteren Finanzbedarf für die nächsten Jahre hätte. • Vielleicht öffnet sich das Förderfenster für H1 nochmals, wenn entsprechende politische Vorstöße unternommen werden. Denn in vielen schwierigen Großsiedlungsprojekten erfordert ganz besonders die Verstetigung des Erreichten im nicht-investiven Bereich noch länger eine geförderte Fürsorge. 3. Förderzeitraum: Viel erreicht in engen Grenzen Der anfangs noch ziemlich offene Zeithorizont für die Förderung des H1 (analog zur bisherigen Erfahrung mit der Städtebauförderung) wurde im Laufe der Maßnahmendurchführung in der Folge des neuen Artikels 104b Abs. 1 und 2 GG seit 2006 für alle Kommu- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 119 nen auf einen Förderzeitraum von maximal 10 Jahren mit fallenden Jahresbeträgen auch für die Soziale Stadt begrenzt. Wegen der Umsetzungsprobleme im Baubereich in den haushaltslosen Jahren in Würzburg wurde 2007 nach einem Arbeitsgespräch der Bau- und Sozialreferenten mit der Regierung der Förderzeitraum bis 2010 verlängert. 4. Kommunale Mitleistung, haushaltslose Zeit: Aus der Not wurde eine Tugend Von Beginn an hatte Würzburg – wie so viele Kommunen in strukturschwachen Regionen – den Freistaat gedrängt, den historischen Verteilungsschlüssel zwischen Gemeinde und Staat von 40 : 60 % zugunsten der Stadt zu ändern. In der haushaltslosen Zeit wurde sogar 10 : 90 % erbeten, jedoch erfolglos. Auch die Regierung bemühte sich wiederholt aber vergeblich beim Bayerischen Staatsministerium des Innern um einen Förderanteil des Landes von 80 %. Die Problematik des unveränderten Fördersatzes kam natürlich besonders in der haushaltlosen Zeit in aller Schärfe zum Tragen. Aber sie wird jetzt noch bedrohlicher, wo die globale Finanz- und Wirtschaftskrise mit ihren dramatisch sinkenden kommunalen Steuereinnahmen und gleichzeitig sprunghaft steigenden Sozialausgaben Städte wie Würzburg in ihren Bemühungen um die Verstetigung der Sozialen Stadt zunehmend schwächen. Resümee/ Empfehlungen • Die haushaltlose Zeit hatte Würzburg eine schwierige Zeit für eine aktive und soziale Stadtentwicklungspolitik beschert. Aber Not macht auch erfinderisch: Denn die Stadt hat in der Folge dieser Not besonders viele nicht-investive und damit niedrigpreisige Projekte im H1 angepackt, die ganz besonders zum Gesamterfolg der Sozialen Stadt beigetragen haben. • Vielleicht wird diese Erfahrung eine gute Schule für die magere Zeit nach dem Ende der Förderung ab 2011 sein. • Erfreulich für den integrierten verwaltungsinternen Geist der Kooperation war, dass sich die Bau- und Sozialverwaltungen trotz notwendiger Einsparungen mit der arg gebeutelten Kämmerei einigen konnten, das Projekt H1 trotz des Mangels in der haushaltslosen Zeit dennoch fortzusetzen. • Allerdings hat die längere Magerzeit für Investitionen im H1 auch dazu geführt, dass manche Aufgaben auf die lange Bank geschoben wurden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 120 5. Sonderprogramme: Kleine Gehilfen? Die Förderung von Einzelaktivitäten durch die Sonderprogramme „Lokales Kapital für soziale Zwecke( LOS)“ oder „Stärken vor Ort (SVO)“ sind für den Heuchelhof nicht genutzt worden. Dafür werden 3 Gründe angeführt: • • • • Die Laufzeit der Förderung für die einzelnen Aktivitäten ist viel zu kurz angelegt, um damit dauerhafte Effekte zu erzielen. Die überfallartig angekündigten Bewerbungsfristen sind immer viel zu kurz für eine gründliche und nutzbringende Vorbereitung. Die Fördersummen sind viel zu gering, so dass in Verbindung mit den kurzen Laufzeiten kein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erzielen sei. Der mit der Antragstellung, Projektbetreuung und Abrechnung der Fördergelder verbundene Aufwand, der dann meistens beim Quartiersmanagement anfällt, bindet dessen Kräfte ungewöhnlich stark, die für wichtiges Anderes dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Resümee/ Empfehlungen • In den meisten Kommunen der Sozialen Stadt werden der unmäßig hohe bürokratische Aufwand für die effekt-heischenden Miniprogramme und ihre mäßig nachhaltige Wirkung beklagt. Dennoch haben viele Städte aus der Impulsgebung dieser kleinen Sonderprogramme manchen Nutzen für Maßnahmen zur Ausbildung, Umschulung oder Integration ziehen können. • Viel sinnvoller wären jedoch nach Auffassung von Würzburg und auch der Regierung, sozial und ökonomisch orientierte Begleitprogramme mit einer Laufzeit von wenigstens 5 bis 8 Jahren, die über den ganzen Soziale Stadt Prozess zur Verfügung stehen. Noch besser und richtiger wäre u.E. jedoch, die inhaltlich ständig neuen Miniprogramme gleich mit einem vernünftigen Budget für nicht-investive Maßnahmen in das Grundprogramm der Sozialen Stadt einzubeziehen. Dies würde den Verwaltungsaufwand auf allen Ebenen vereinfachen, dadurch die Mittel für inhaltliche Arbeit erhöhen und wäre fördertechnisch und organisatorisch der einzig richtige Weg für eine integrierte Soziale Stadt Arbeit. • Anders als in vielen Soziale Stadt Kommunen hat sich Würzburg dagegen entschieden, die Förderprogramme LOS und SvO zu nutzen. Sie hätten zwar Einzelinitiativen im Quartier finanziell unterstützen können, hätten aber gleichzeitig für die bürokratische Abwicklung einen großen Teil des ohnehin knappen Personals gebunden. Insbesondere das Quartiersmanagement wäre damit nicht mehr frei gewesen für die Aktivierung und Koordination. Auch rückblickend wird diese Entscheidung für gut befunden, zumal sich sehr viele bürgerschaftliche Beteiligungsprojekte auch ohne solche Förderung ergeben haben. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 121 • In Würzburg Heuchelhof ist dennoch eine Vielzahl von nicht-investiven Soziale Stadt Projekten in Gang gekommen. Das lag sicherlich auch an der Aktivität der dortigen sozialen Institutionen, Bildungseinrichtungen und Verbänden/ Vereinen, aber auch an dem enormen Einsatz der Stadtverwaltung für das Quartier. Teilweise gab es auch Firmen, die durch Sponsorengelder mitwirkten, und teilweise konnten die beabsichtigten Aktivitäten allein aus dem zeitlichen Einsatz der Bürgerinnen und Bürger leben. Die Stadt hat allerdings einige andere Sonderprogramme eingesetzt, die unmittelbar oder mittelbar aus der Städtebauförderung gespeist werden: • Modellprojekt bayrisches Sonderprogramm „Kooperation“ mit einem städtischen Anteil von mindestens 10 % und 30 % Anteil von Dritten • Investitionsfonds für kleinere kommunale Baumaßnahmen mit 40 % Stadtanteil und 60 % Landesanteil • Nach dem Muster eines kommunalen Förderprogramm sind private Maßnahmen bei 70 % privaten Beiträgen mit 30 % Städtebauförderung, z.B. die Umgestaltung der Arkadenbereiche durch die Eigentümerin Stadtbau, gefördert worden. • Der Verfügungsfonds wurde für den H1 auf Anregung der Regierung in den Teil des typischen Verfügungsfonds und den Teil des Investitionsteils für kleine Baumaßnahmen, wie etwa die Orientierungstafeln, gesplittet. 6. Bündelung mit anderen Förderungen und Mitfinanzierungen Wichtige Stützen für die Soziale Stadt Die Stadt betont richtigerweise, dass die Finanzierung der Gesamtmaßnahme am H1 nicht auf die Förderung der Sozialen Stadt reduziert gesehen werden kann, wenngleich diese natürlich der wichtigste Motor für das Projekt war. Resümee/ Empfehlungen • Die Gesamtfinanzierung der sozialen Stadterneuerung am Heuchelhof kann selbstverständlich nicht allein aus dem Soziale Stadt Programm bestritten werden. Sie wurde aus verschiedenen Töpfen gespeist, die laufend gebündelt wurden, bis hin zu Spenden zum Beispiel der Wohnungsunternehmen. Zu den anderen Geldzuflüssen, die mit der Sozialen Stadt Förderung gebündelt wurden, gehörten etwa - allgemeine Haushaltsmittel der Stadt für soziale Infrastrukturen und Maßnahmen oder sonstige kommunale Leistungen für den Heuchelhof (Verkehr, Ver- und Entsorgung, etc.) ohne Städtebauförderung - Leistungen der Arbeitsverwaltung oder Kirchen - Wohnungsbauförderungen für umfangreiche Wohnungsmodernisierungen Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 122 - Eigenleistungen der Wohnungsbaugesellschaften, die natürlich vor allem über die Mieten, aber auch über teilweisen Eigenkapitalverzicht gedeckt werden - Spenden (z.B. der Wohnungsunternehmen) - nicht zu vergessen die nicht in Geld berechneten vielen ehrenamtlichen Mitwirkungen • Die stets hervorragend abgestimmte Mittelbündelung für den H1 ist vor allem der immer gemeinschaftlichen Arbeit von Bau- und Sozialverwaltung, Quartiersmanagement und ASD sowie der engagierten Mitwirkung der Bewilligungsstelle der Regierung von Unterfranken geschuldet. Die in dieser Steuerungsgruppe zusammen arbeitenden und weitreichend entscheidungsbefugten Fachkräfte konnten dabei immer mit der Rückendeckung ihrer jeweiligen politischen Spitzen rechnen. 7. Bilanz der Förderung Die folgende tabellarische Kostenaufstellung „Die Soziale Stadt“ für die Maßnahme Heuchelhof gibt einen knappen Einblick in die Gesamtfinanzierung des Projekts von Beginn an bis zum Stand des 6. Juli 2010. Die Aufstellung zeigt, welch hohe Beiträge die Stadt und der Freistaat mit dem Bund für die Soziale Erneuerung von H1 aufgebracht haben. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 123 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 124 Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 125 I VERSTETIGUNG Das Ende der Sozialen Stadt Förderung steht vor der Türe. Aus dem Kontingent für 2010 stehen inzwischen lediglich noch Mittel für förderfähige Kosten in Höhe von 75.000 € für neue Ausgaben zur Verfügung, die allerdings bereits gebunden sind. Was also tun, um die bisherigen Erfolge zu halten und zu verstetigen, wenn der Sonderstatus Soziale Stadt wegfällt? Würzburg hat sehr wichtige Weichen dafür gestellt, um die vom Programm geforderte Verstetigung so weit wie möglich zu gewährleisten: • Durch die Übernahme des Quartiersmanagements mit seinen Funktionen in das Sozialreferat hat die Stadt eine außerordentlich vorbildliche Entscheidung getroffen. Denn in den meisten Soziale Stadt Kommunen ist gerade das für die Verstetigung unverzichtbare Quartiersmanagement nach Förderende nicht mehr da. • Damit eng verbunden sind die beiden Einrichtungen „Stadtteilzentrum“ und „Treffpunkt Altes Schwimmbad“, die für die Bevölkerung und die bürgerschaftliche Arbeit zentrale Orte des Quartiers bleiben. • Es ist zu wünschen, dass das „Team der Aufmerksamkeit“ aus Sozial- und Baureferat, Gartenamt, Stadtbau, Quartiersmanagement und ASD Kontinuität in der Betreuung des stets anfälligen Heuchelhofs bekommt. • Dazu gehört auch der 2009 ins Leben gerufene Quartiersbeirat – besetzt auch mit ständigen VertreterInnen aus Sozial- und Baureferat sowie Gartenamt –, der die Unterstützung der Stadt unbedingt weiterhin benötigt, um auch in Zukunft die Interessen den Stadtteils lebendig zu gestalten. • Dass die Stadt Würzburg weiterhin pro Jahr 30.000 € für einen Verfügungs- und Investitionsfonds aus eigenen Mitteln für den H1 bereitstellen wird, ist im Sinne der Verstetigung ein kluge und vorbildliche Entscheidung. • Es wird geraten – auch nach Ende der Förderung und unabhängig davon, dass bisher niemand davon Gebrauch gemacht hat – das geltende Sanierungsrecht vorerst aufrecht zu halten, auch z.B. um ggf. in Zukunft die erhöhten Abschreibungsmöglichkeiten in Sanierungsgebieten für die Modernisierung der Geschosswohnungsbauten zu Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 126 bewahren. • Um die jetzt erreichte Aufmerksamkeit von Stadtpolitik, Regierung und Medien zu erhalten, sollte wenigstens alle 2 Jahre nach einer Bilanzierung des Geschehens am Heuchelhof offiziell und medienwirksam darüber berichtet werden. • Es wird ein vorrangiges Erfordernis für die stabile Zukunft von Heuchelhof sein, die bisherige große Aufmerksamkeit und Wertschätzung für den Stadtteil mit seinen Menschen aktiv zu bewahren. Dazu gehört das Bemühen, das Gefühl der Benachteiligung bei vielen MieterInnen gegenüber den BewohnerInnen der Einfamilienhäuser zu beachten und weiter abzubauen. • Eine dauerhafte Aufgabe wird es sein, die regelmäßige Pflege und Instandhaltung der neuen Einrichtungen und Freiräume zu organisieren und in die Hand zu nehmen. Durch stetige Einbindung der Bürgerschaft in die Pflege kann erreicht werden, dass die BewohnerInnen die Anlagen verantwortungsbewusst als die ihren erfahren und beschützen. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 127 J RESÜMEE DER GESAMTBEWERTUNG • Mit Fug und Recht kann gesagt werden, dass alle wichtigen Beteiligten der Sozialen Stadt in Würzburg Heuchelhof ihre Aufgabe gut und richtig gemacht haben. Dennoch ist die Weiterführung der Entwicklung unbekannt. Mit der erlebten Kooperation im Dienste des Quartiers erscheint jedoch die weitere Zukunft des H1 gestaltbar. • Es ist der Stadt Würzburg mit den vielen aktiv Beteiligten bewundernswert gelungen, aus einem schwierigen und befremdlichen Stadtteil mit großen städtebaulichen und sozialen Vorbelastungen ein gutes Wohnquartier zu schaffen. • Richtig war, dass die Stadt nicht dogmatischen Konzepten folgte, sondern flexibel von den Lebensbedingungen und Handlungschancen der Menschen im H1 ausgegangen ist. • Die sichtbaren städtebaulichen Erfolge zeigen sich deutlich - beim Stadtteilzentrum und - im Treffpunkt Altes Schwimmbad - am Place de Caen - bei der Urbanen Achse - bei der neuen Grünfläche Bonner Straße und der Freizeitfläche an der Gethsemanekirche - bei der Sanierung der 3 Kinderspielplätze - bei der Farbgestaltung der Hochhausfassaden und bei der Verbesserung der Orientierung sowie - bei vielen kleinen, wenig spektakulären Maßnahmen, die jedoch in ihrer Summenwirkung so wichtig für die Zukunft des Stadtteils geworden sind (z.B. Bänke, Bäume, Lampen, Länderstelen). • Die erreichte städtebauliche Qualität hat mit ihrem freundlichen Erscheinungsbild auch bewirkt, dass der Heuchelhof nach außen und nach innen ein positives Image gewonnen hat. Man lebt dort inzwischen in der Folge der vielen strukturellen Verbesserungen vor allem im öffentlichen Raum und der Infrastrukturausstattung mit hoher Wohnzufriedenheit. • Mit der gelungenen Urbanen Achse, deren südliches Ende der erneuerte Place de Caen als ökonomische Basis und deren bürgerschaftlicher Kopf das Stadtteilzentrum mit dem Treffpunkt Altes Schwimmbad bildet, hat der einst strukturschwache Stadt- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 128 teil eine gewichtige lineare Mitte gefunden. • Der vorher gestaltarme Freiraum hat mit der parkartigen Freizeitfläche an der Gethsemane Kirche, dem neuen Grünraum an der Bonner Straße, dem neuen grünen Platz vorm Treffpunkt sowie den menschenfreundlich umgestalteten Kinderspielplätzen und den vielen Baumpflanzungen eine klare Grünstruktur erhalten, die auch die Orientierung für BewohnerInnen und BesucherInnen sehr verbessert hat. • Einen ganz großen Gewinn für das Erlebnis des von den Hochhäusern dominierten Stadtraums brachte die Schließung der Arkaden und die farblich differenzierten und fürs Auge wohltuenden Fassadengestaltungen. Noch warten allerdings viele Fassaden auf ähnliche Qualität. • Eine schwere städtebauliche Erblast, die mit dem Ursprungskonzept von H1 leider „einbetoniert“ wurde, ist das System der Tiefgaragen und deren enge Verknüpfung mit den Müllsammelstellen und den Stichstraßen. Hier stehen der Stadt und den WohnungseigentümerInnen noch große Aufgaben bevor, die bewältigt werden müssen damit der Erfolg der Sozialen Stadterneuerung angemessen abgerundet werden kann. • Eine ganz besondere Qualität des H1 ist die fast „orientalisch“ anmutende Ruhe im Stadtraum, der nicht vom Auto beschallt, sondern weitgehend von den Geräuschen des menschlichen Zusammenlebens belebt wird. Es bleibt zu wünschen, dass diese Qualität beibehalten wird. • Unsicherheiten für die Zukunft des Heuchelhofs bringen vor allem - die globale sozioökonomische Entwicklung, die sich gerade für marginalisierte Bevölkerungsgruppen besonders nachteilig auswirkt - die Mieten-Entwicklung und die Zunahme von prekären Haushalten im Quartier - die Leistungsfähigkeit der Kommune Würzburg in Finanzen und Personalausstattung • Eine anfänglich noch nicht erkannte Aufgabe ist der behindertengerechte Hauptzugang zum Stadtteil von der modernen Straßenbahnhaltestelle zum Place de Caen. Dieser Herausforderung kann sich die Stadt auch angesichts der demographischen Entwicklung nicht entziehen. • Die zahllosen sozialen Projekte und Aktivitäten benötigen zwar Orte, Räume, Plätze und sichtbare Zeichen. Dennoch ist ihr Wert für die Stabilisierung des Heuchelhofs Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 129 höher einzuschätzen als das Gebaute, was immer zuerst ins Auge fällt. • Die sozialen Qualitäten der Bürgerbeteiligung im Quartier profitieren vom ressortübergreifenden, teambezogenen partizipativen Arbeitsstil in der Steuerungsgruppe, der von Beginn an praktiziert und Vorbild für nachbarschaftliche Kooperationen wurde. • Der Wunsch, mit der Sozialen Stadt individuelle und kollektive Lernprozesse bei allen Beteiligten und Betroffenen in Gang zu setzen, hat zur Aktivierung der schlummernden sozialen Potentiale im Quartier geführt. Engagement und Kreativität im sozialen Miteinander kommen dadurch allen zugute. • Mit dem Verbundsystem Quartiersmanagement (Koordinator des Sozialreferats, ASD, Quartiersmanagement, russisch-sprachige Sozialbetreuung) hat die Stadt Würzburg eine für den sozialen Frieden und die Integration förderliche Form der dezentralen koordinierten sozialen Arbeit gefunden, die sich auch für andere Quartiere empfiehlt. • Für das Quartiersmanagement eine Zielgruppenspezialistin einzusetzen, die als Drehund Angelpunkt der sozialen Quartiers-Aktivitäten und als Scharnier zwischen Verwaltung/ Stadtpolitik und Bürgerschaft handelt, hat sich mehr als bewährt. Angesichts der dringenden Integrationsaufgaben im H1 mit der dominierenden Bevölkerungsgruppe der Russlanddeutschen war die Entscheidung für eine mit Kultur, Sprache und Lebensauffassung dieser Menschen vertrauten Quartiersmanagerin absolut richtig. Es ging darum, die erheblichen sozialen und kulturellen Potentiale der MigrantInnen anzusprechen und ihnen im Quartier einen Platz zuzusprechen. • Die große Zahl der Stadtteilaktiven in H1 war zur Abstimmung der breit gefächerten Angebote auf die Koordinationsleistungen des Quartiersmanagements angewiesen. Dass die wichtigsten Stadtteilaktiven nun im Quartiersbeirat ein Forum der kontinuierlichen Zusammenarbeit gefunden haben, macht die Verstetigungsaussichten realistisch. • Das in der Stadtentwicklung übliche Rezept, mit sozialer Mischung die vermeintlichen Probleme und Gefahren von Segregation zu vermeiden, wurde am Heuchelhof aus guten Gründen nicht verfolgt. Vielmehr hat man den Zugewanderten die Möglichkeit der längerfristigen „Beheimatung“ geboten und hat damit vermutlich mehr für die schrittweise Annäherung an die Aufnahmegesellschaft geleistet als erwartet werden durfte. Im Schutz der vertrauten sozialen Zusammenhänge ist eine – normalerweise über Generationen gehende – Integration organisch ohne zerstörerische Verwerfun- Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 130 gen vollziehbar. • Der zunehmend aufmerksame Blick auf die Älteren folgt der demografischen Entwicklung und nimmt die zukünftigen sozialen Aufgaben wahr. Sie wird für das weitere Schicksal von Heuchelhof zunehmend an Bedeutung gewinnen. • Im Geiste des sozialen Miteinanders sind den geselligen und bildenden Aktivitäten große Bedeutung im H1 beigemessen worden: Kunst, Kultur, Sport, Heimatpflege, Alltagshilfen bieten Gelegenheiten zur Gruppenbildung, Öffnung für andere und zur Identifikation (mit dem Ort). Sie kommen außerdem der Öffentlichkeitsarbeit für das Quartier gegenüber der Gesamtstadt zugute. • Für die Verstetigung sind personelle, konzeptionelle wie kooperative Kontinuität wesentliche Voraussetzung. Die Übernahme des Quartiersmanagements in die kommunale Verantwortung, die Fortführung des Verbundsystems, die Einberufung eines Quartiersbeirats mit den maßgeblichen Stadtaktiven und die Überprüfung der konzeptionellen Basis im Rahmen einer Evaluation sind konsequente Schritte zur Verstetigung. • Eine aktivierende und motivierende Broschüre mit den Ergebnissen der bisherigen Leistungen und einem Ausblick auf die zukünftige Quartiersarbeit könnte das Erreichte für die Verwaltung, für die aktive Bürgerschaft und auch für die Medien greifbar machen und damit auch im Bewusstsein der Würzburger und ihrer politischen Repräsentanten gefestigt werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 131 K METHODIK DER EVALUATION Eine lediglich zählende, schematisch quantifizierende Evaluation stünde im krassen Gegensatz zu der dialogisch soziodynamischen Bemühung um die Verbesserung des H 1, die sich im bewährten Kooperations- und Verbundsystem der Sozialen Stadt Heuchelhof niederschlägt. Der Anspruch auf eine Fortführung dieses erfolgreichen Ansatzes der gemeinwesenorientierten Stadtteilarbeit traf sich mit den Präferenzen des Schäuble Instituts für Sozialforschung für iterative, qualitative sozialwissenschaftliche Untersuchungskonzepte. Solche Methoden unterstützen – schon in der Erhebungsphase – das emanzipatorische Ziel für den Stadtteil: die sonst als statistisch erfasste Untersuchungsobjekte „genutzten Menschen“ werden ganz bewusst als autonome und kompetente Subjekte in den Dialog über das Geschehen und in deren Analysen miteinbezogen. Insofern entsprach der Arbeitsstil des Würzburger Soziale Stadt Projektteams dem Arbeitsstil des Evaluationsteams. Dadurch konnten für die kritische Reflexion und die Fortführung der Arbeit wichtige und hilfreiche Erkenntnisse gemeinsam gewonnen werden. Das Vorgehen bei der Evaluation erfolgte spiralig in mehreren Stufen und Schleifen. • Vorgespräche im Team der Steuerungsgruppe im Soziale Stadt Projekt Herr Scheidereiter, Koordinator im Sozialreferat Frau Beck, Baureferat Frau Seelmann, Quartiersmanagerin Frau Kollei, ASD • Laufende Auswertungen von stadtteilbezogenen Dokumentationen, Fachkonzepten, Plänen, Materialien und Presseberichten • Gesprächsrunden mit Engagierten in der Sozialen Stadt Heuchelhof 1. AkteurInnen der ersten Stunde 2. Fachleute Planen und Bauen 3. Quartierbeirat die ihre Sichtweise entfalteten, ihre Erfahrungen einbrachten und die Rückmeldungen zum jeweiligen Erkenntnisstand vom Evaluationsteam erhalten haben. • Begleitende (Einzel-)Gespräche und Reflexionen zur schrittweisen Vervollständigung des Evaluationsergebnisses im Dialog. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 132 Abb. 32: Das methodische Vorgehen bei der Evaluation: iterativ, reflexiv, mehrmethodisch Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 133 Resümee/ Empfehlungen • Wir empfehlen, diese Möglichkeit zur kritischen Rückschau und zukünftigen Ausrichtung, wie sie in der Evaluation gegeben wurde, auch im Weiteren beizubehalten. In z.B. jährlichen Treffen sollte das Geleistete im Kreis der kommunalen Verantwortlichen dialogisch selbstreflexiv gesichtet, für die Fortschreibung bewertet und für die gemeinsame Ausrichtung auf die kommenden Arbeitsphasen genutzt werden. Ein solches Reflexionsangebot führt gerade in komplexen Prozessen erfahrungsgemäß zu einer Straffung und Effizienzsteigerung in der Sache. Es unterstützt im Übrigen aber auch den gruppendynamischen Zusammenhalt. Eine externe sachkundige Moderation, die die Vorbereitung, Strukturierung und auch die Dokumentation der jeweiligen Ergebnisse übernimmt, könnte dabei hilfreich sein. • Mit einer solchen Reflexion auf der kommunalen Arbeitsebene kann die StadtteilZusammenarbeit, die im Quartiersbeirat ihr bürgerschaftliches Forum hat, sinnvoll ergänzt werden. Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 134 SCHLAGWORTVERZEICHNIS Ausgewählte Schlagworte, um das Finden von zentralen Themen zu erleichtern Hervorgehoben die Seitenzahlen, wo das Schlagwort Hauptthema ist Seite Altes Schwimmbad Arbeit, Beruf Arbeitsgruppe Arkaden ASD Allgemeiner Sozialdienst Beheimatung Behinderte Beleuchtung Bewilligungsanträge Bündelung Bürgerbeteiligung Bürgersteig Heuchelhofstr. Bürgerverein Conciergedienst Einzelhandel Evaluation Methodik Fachkonzepte Fahrradverkehr Siehe Treffpunkt „Altes Schwimmbad“ 15, 19 28, 34 16, 82 36, 44, 129 52, 73, 129 55, 103 67, 97 118 121 60 102 27, 38 15, 37 16, 24, 45, 70, 73, 112 131 112 17, 99 Fassadenmodernisierung Förderbilanz Förderzeitraum Fortschreibung Frauen Gesamtfinanzierung Geschosswohnungsbau Gestaltungsleitfaden Gethsemane Kirche Grün- und Freiflächen Haushaltssperre Heimat Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble 13, 78, 88, 127 122 118 125, 129 18 122 106 78, 88, 98 91 16, 54, 75, 91, 96, 126 43, 119 55 im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 135 Seite Image Integration Integriertes Handlungskonzept (IHK) Investitionsfonds Jugendliche Jugendzentrum Kinder Kinderspielplätze Kirchen Klima, Energie Kommunales Förderprogramm Kosten- und Finanzierungs-übersicht (Kofi) Kunst, Kultur LOS, SVO Medien Modernisierung der Wohngebäude Müllsammelstellen Nahversorgung Netzwerk Soziale Dienste Öffentlicher Raum Öffentlichkeitsarbeit Orientierung Orientierungstafeln Place de Caen Planungsrecht Projektgruppe Projektsteuerung Quartiersbeirat Quartiersmanagement Quartierszentrum Radwege Regierung von Unterfranken Russlanddeutsche Sanierungsrecht Schulen Segregation Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble 13, 30, 64, 73, 77, 90, 127 46 14, 59, 108, 125 121, 125 18, 50 42, 50, 61 33 91, 127 40 13, 74, 114 121 115 18, 31, 59, 62, 112, 131 120 23, 64, 73, 126 15, 106 10, 14, 16, 93, 102, 128 16, 56, 70, 73 44 54, 70, 74, 96 23, 34, 64, 73 13, 58, 76, 98 98 15, 34, 72, 86, 112, 128 111 25, 28 20 ff 27, 125, 129, 133 20, 23, 24, 30, 46, 79, 120, 125, 129 13, 14, 72, 85, 127 17, 99 22, 23, 115, 120, 121, 126 46, 79, 129 109, 125 39, 50 52, 129 im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011 Seite 136 Seite SeniorInnen Sicherheit Sonderprogramme Soziale Infrastruktur Soziale Stadt Sozialhilfe Sportvereine Stadtbau Würzburg Städtebaulicher Rahmenplan Stadtgestalt Stadtteilbücherei Stadtteilzeitung „Heins“ Stadtteilzentrum Städtebauförderung (Soziale Stadt) Steuerungsgruppe Straßenbahnhaltestelle Tafel „Team der Aufmerksamkeit“ Tiefgaragen Treffpunkt „Altes Schwimmbad“ Urbane Achse Verfügungsfonds Verkehr Verstetigung Vorbereitende Untersuchungen Wohnen, Wohngebäude Wohnumfeld Wohnungsbaugesellschaften Zentrumsbildung Evaluation Soziale Stadt Würzburg Heuchelhof Schäuble Institut für Sozialforschung, München Andreas Distler, Ingegerd Schäuble 18, 34, 55, 70, 79, 97, 105, 130 18, 67, 97 120 16, 42 10, 117, 121 19, 70 42, 50 20, 22, 35, 69, 71, 73, 123 14 77 42,45 62, 65, 67 14, 36, 44, 79, 116, 125, 127 10, 108, 115, 118, 123, 125 28, 129 14, 58, 102, 128 45 125, 129 9, 14, 16, 34, 94, 101,1 28 32, 46, 80, 125, 127 72, 78, 84, 127, 128 121, 125 17, 76, 96, 112 61, 73, 93, 97, 109, 125, 130 13, 108 9, 13, 15, 35, 68, 73, 106, 112 15 , 54, 74, 126, 128 35, 115 72 im Auftrag der Stadt Würzburg Januar 2011