Vollversion - Société Suisse de Pédiatrie
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Fortbildungszeitschrift und Informationsbulletin der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie Vol. 26 Nr. 4 IX/2015 12/33 Masern: Diagnostik und Eliminationsstrategie 14 Shared Decision-Making in der Pädiatrie 20–29 SGP-Kongress 2015 NUR IN APOTHEKEN UND DROGERIEN ERHÄLTLICH Wichtiger Hinweis: Stillen ist ideal für Ihr Kind. Die WHO empfiehlt ausschliessliches Stillen während der ersten 6 Monate. Informieren Sie sich beim Fachpersonal des Gesundheitswesens, falls Ihr Kind eine Zusatznahrung benötigt oder wenn Sie nicht stillen. Erfahren Sie mehr auf www.aptaclub.ch 1007579 Durch eine einzigartige Nährstoffkombination und den höchsten LCPs 2 -Gehalt aller Säuglingsmilchnahrungen 3 legen Sie dank Aptamil Profutura 2 auch nach dem Stillen die Grundlage für eine gesunde Zukunft Ihres Babys. 1 Auf Basis aktueller Erkenntnisse unserer ENP 1-Forschung zur Prägung durch frühkindliche Ernährung und mehr als 30 Jahren Wissen über Muttermilch setzen wir einen neuen Standard für Milchnahrungen. ENP (Early Life Nutritional Programming): Programmierung durch frühkindliche Ernährung. 2Mehrfach ungesättigte Fettsäuren der Omega 3 und 6 Familie, Bestandteile der Muttermilch. 3Schweizermarktbeobachtung Oktober 2014. Die gesunde Zukunft Ihres Babys liegt in Ihren Händen Inhaltsverzeichnis Vol. 26 Nr. 4 2015 Redaktion Prof. R. Tabin, Sierre (Schriftleiter) Prof. M. Bianchetti, Bellinzona Dr. M. Diezi, Lausanne PD Dr. T. Kühne, Basel Dr. U. Lips, Zürich Dr. M. Losa, St. Gallen Prof. M. Mazouni, Lausanne Dr. M.-A. Panchard, Vevey Dr. P. Scalfaro, Cully Dr. R. Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Prof. A. Superti-Furga, Lausanne Dr. R. von Vigier, Biel Redaktionsadresse c/o Prof. R. Tabin Av. du Général Guisan 30 Postfach 942 CH-3960 Sierre Tel. 027 455 05 05 Fax 027 455 59 55 rene.tabin@swiss-paediatrics.org Copyright © Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie Verlag – Herausgeber Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) www.swiss-paediatrics.org Sekretariat / Adressänderungen Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie Postfach 1380 1701 Fribourg Tel. 026 350 33 44 Fax 026 350 33 03 secretariat@swiss-paediatrics.org Layout und Druck s+z:gutzumdruck. Nellenstadel 1 3902 Brig-Glis Tel. 027 924 30 03 Fax 027 924 30 06 info@sundz.ch Inserate Editorial 3· Von der Realität zur Politik. Von der Politik zur Realität N. Pellaud Standespolitik 4· Echo aus dem Vorstand N. Pellaud 5· Protokoll der SGP-Generalversammlung vom 11. Juni 2015, Interlaken C. Baeriswyl 8· 8· 8· 8· 10· Fanconi-Preis Bammatter-Preis Talent Prize Fanconi-Preis 2016 Projekt TARVISION – nur eine Vision? H. Haldi Fortbildung 12· Maserndiagnostik – die Rolle der Polymerase Kettenreaktion (PCR) P. Paioni, C. Berger 14· «Shared Decision-Making» in der Kinder- und Jugendmedizin J. Streuli, E. Bergsträsser 18· Kann die Gesundheit der an Sichelzellanämie leidenden Kinder in Afrika verbessert werden? In Benin erprobte Strategie. M. C. Rahimy SGP-Kongress 2015 Interlaken 2 0· Vaskuläre Anomalien im Säuglings- und Kleinkindesalter – was der Pädiater wissen muss M. Theiler, L. Weibel 24· SGP-Kongress Interlaken 2015: Zusammenfassungen M. Mazouni 28· Obstructive Sleep Apnea Syndrome S. Joyeux 29· Die klinische Forschung ist lebendig! A. Superti-Furga, U. Frey Hinweise 32· MMR, 2 Jahre – 2 Dosen! N. Pellaud 33· Masernelimination: Das Ziel ist in Reichweite! D. Gaspoz 35· Statistik Neugeborenen Screening Schweiz 2014 R. Fingerhut, M. Baumgartner Editions Médecine et Hygiène Michaela Kirschner Chemin de la Mousse 46 1225 Chêne-Bourg Tel. 022 702 93 41 pub@medhyg.ch 36· Migrationskinder gehen uns alle etwas an Paediatrica 41· Gesundheit von Mutter und Kind in humanitären Krisen – ein anerkanntes Ausbildungsangebot Erscheint 5 x jährlich für die Mitglieder der SGP. Nicht-Mitglieder können beim Sekretariat die Paediatrica zum Preis von Fr. 120.– jährlich abonnieren. Auflage 1950 Ex. / ISSN 1421-2277 Bestätigt durch WEMF Nächste Ausgabe N. Pellaud 37· Gesund und chancengleich ins Leben starten – die Bedeutung der Frühen Kindheit E. Fischer, M. Wetter 40· Den Kleinkindbereich für das Thema Gesundheit stärken Projektgruppe Miapas M. Roulet Meinung der Leser 42· Take it with some salt – the second look. P. Salfeld 42· Replik auf den Leserbrief «Take it with some salt – the second look» von Peter Salfeld J. Barben, C. Kuehni, C. Casaulta, J. Hammer Redaktionsschluss: 28.09.2015 Erscheinungsdatum: Nr. 5: 16.11.2015 Zeitschriftenreview Titelbild 44· Zeitschriftenreview «Stau am Gotthard» Kinderzeichnung auf Leinwand Mauricio Emanuel Otz Für den Inhalt der Texte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung. M. Mazouni 48· FMH-Quiz Kaktus 52· Wie gehe ich mit dem Mangel an Impfstoffen um? N. Pellaud 1 Babies – Schutz durch PertussisBoosterimpfungen des Umfelds 1,2,3 Boostrix® – 1 Impfdosis = 3-facher Schutz CH/BOO/0004/13(1) 1007570 Referenzen: 1. Schweizerischer Impfplan 2014. 2. Bundesamt für Gesundheit (BAG). Anpassung der Impfempfehlung gegen Pertussis: für Jugendliche, Säuglinge in Betreuungseinrichtungen und schwangere Frauen. Bull BAG 2013; 9: 118-123. 3. Arzneimittelinformation Boostrix®, www.swissmedicinfo.ch. Boostrix®, kombinierter Diphtherie-Tetanus-azellulärer Pertussis-Impfstoff (dTpa). W: Diphtherie-Toxoid, Tetanus-Toxoid, Pertussis-Toxoid, filamentöses Hämagglutinin von B. pertussis, Pertactin von B. pertussis. I: Boosterimpfung gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis von Personen ab dem 4. Geburtstag. Nicht zur Grundimmunisierung verwenden! D/A: Eine Impfdosis zu 0,5 ml. Die Injektion erfolgt tief intramuskulär. Nicht intravasal anwenden. Nicht mit anderen Impfstoffen mischen. KI: Bekannte Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile; akute, schwerwiegende fieberhafte Erkrankung; Enzephalopathie unbekannter Ätiologie innert 7 Tagen nach einer vorgängigen Impfung mit einem Pertussis-enthaltenden Impfstoff; vorübergehende Thrombozytopenie oder neurologische Komplikationen nach einer vorgängigen Impfung gegen Diphtherie und/oder Tetanus. WV: Wenn nach einer vorherigen Impfung mit einem Pertussis-enthaltenden Impfstoff folgende Ereignisse aufgetreten sind, sollte die Entscheidung zur Gabe des Impfstoffes sorgfältig abgewogen werden: Temperatur ≥ 40.0°C innerhalb von 48 Stunden nach der Impfung ohne sonst erkennbare Ursache, Kollaps oder schockähnlicher Zustand (hypotonisch-hyporesponsive Episode) innerhalb von 48 Stunden nach der Impfung, oder anhaltendes, untröstliches Schreien über mehr als 3 Stunden innerhalb von 48 Stunden nach der Impfung, oder Krampfanfälle mit oder ohne Fieber innerhalb der ersten 3 Tage nach der Impfung. Bei Thrombozytopenie oder Blutgerinnungsstörung, Risiko von Blutung nach i.m.-Injektionen. IA: Wenn als nötig erachtet, kann Boostrix gleichzeitig mit anderen Impfstoffen oder Immunglobulinen – jeweils an einer anderen Injektionsstelle – angewendet werden. UW: sehr häufig: Reizbarkeit, Schläfrigkeit, Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerz, Rötung, Schwellung), Müdigkeit, Unwohlsein, Kopfschmerzen; häufig: Anorexie, Diarrhöe, Erbrechen, gastrointestinale Störungen, Übelkeit, Fieber, Schwindel, Reaktionen an der Injektionsstelle wie Verhärtung und sterile Abszessbildung. Lag.: Bei +2 °C bis +8 °C lagern. Nicht einfrieren. P: Fertigspritze mit separat beigelegter Nadel, x1 und x10. AK: B. Stand der Information: März 2014. GlaxoSmithKline AG. Ausführliche Angaben finden Sie unter www.swissmedicinfo.ch. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen melden Sie bitte unter pv.swiss@gsk.com. GlaxoSmithKline AG Talstrasse 3–5 CH-3053 Münchenbuchsee Editorial Vol. 26 Nr. 4 2015 Von der Realität zur Politik Von der Politik zur Realität Nicole Pellaud, SGP-Präsidentin Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Kinderarztpraxen müssen die Betreuung neuer Patienten verweigern, Spitäler sehen sich der Herausforderung gegenübergestellt, nebst Patientenbetreuung auch Weiterbildung zu gewährleisten, und zugleich nehmen zahlreiche Themenbereiche im Interesse einer qualitativ hochstehenden Pädiatrie in der Schweiz unsere Zeit in Anspruch: Weiter- und Fortbildung, Forschung, Nachwuchs, Tariffragen usw. Wir leisten diesen Einsatz in der festen Überzeugung, dass wir auf der politischen Szene präsent sein müssen, wenn wir wollen, dass unser Einsatz sowohl im präventiven als auch therapeutischen, im ambulanten oder stationären Bereich anerkannt wird und tagtäglich weitergeführt werden kann. Praxis- als auch Spitalpädiatrie angehen, zusammen mit unseren Kollegen Kinder- und Jugendpsychiater und Kinderchirurgen. In diesem Bereich tut Forschung Not und mit der fPmh können wir uns dafür einsetzen. Die Zeit der Beweisführung ist gekommen. Wir müssen beweisen, dass wir kompetent sind und müssen über unsere Tätigkeit Rechenschaft ablegen. Sind wir nützlich? Übt die pädiatrische Betreuung, unabhängig von empirischer Evaluation und Befriedigung über die geleistete Arbeit, einen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung aus? Kommen wir sachdienlich und effizient den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen entgegen? Welche Rolle spielt unter den massgebenden Gesundheitsfaktoren der Zugang zu kinderärztlicher Betreuung? Unsere politischen und wirtschaftlichen Partner stellen uns diese Frage und wir müssen darauf antworten können. Angesichts der auftauchenden Bedürfnisse und unserer begrenzten Ressourcen benötigen wir einerseits Daten, um zu bestimmen, welche Ausbildung und Leistungen für die Pädiatrie vorrangig sind, andererseits ein transdisziplinäres Modell, das festlegt, was der Kinderarzt tun, was er delegieren und was andere Fachpersonen ausführen sollen. Diese Frage stellt sich auch unseren Grundversorgerkollegen, und MFE spielt in Bezug auf ambulante Betreuung eine wichtige Rolle. Die SGP aber muss sie breiter, sowohl für 3 Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 Echo aus dem Vorstand Nicole Pellaud, SGP-Präsidentin Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Der Nukleus, bestehend aus C. Aebi, P. Jenny, M.-A. Panchard und N. Pellaud, trat am 21. Mai 2015 zusammen, der Vorstand seinerseits am 10. Juni 2015. Anstehende Dossiers Operativ: Checkliste für Migranten, Übersetz ung des Atlas für Entwicklungsdiagnostik, Plakat «Masern» gemeinsam mit BAG, Erhöhung der Fortbildungspunkte des SGP-Kongresses, Verhandlungen betreffend erneuter Zulassung von Cotrimoxazol etc. Politisch: Akkreditierung von Weiterbildungen, Praxisassistenz, hochspezialisierte Medizin, Beteiligung der SGP am Konzept «Choosing visely», Anfrage Weiterbildung in Ultraschall, Stellungnahme zu Suchtmittelmissbrauch und Zwangsbehandlung, Nachfolge der SGP-Präsidentschaft etc. Getroffene Entscheidungen •SGP-Koordinierung für pädiatrische DRG: In Absprache mit Michele Losa, der das Dossier für die SGP bearbeitet, wurden folgende Entscheide getroffen: •Der Vorstand bestätigt die Rolle der SGP bei der Koordinierung von Fragen, die pädiatrische DRG betreffen. •Bis Dezember 2015 werden die angestrebten Ziele, die Rolle der SGP, das Mandat des DRG-Koordinators für die SGP, die Zusammenarbeit mit allen schweizerischen Spitälern/Kinderkliniken und insbesondere die Rolle von All Kids in diesem Zusammenhang definiert. •Unterstützung zur ergänzenden Fortbildung in Palliativpflege: Eva Bergsträsser stellt das Konzept vor und hält fest, dass Palliativpflege und die Ausbildung in Palliativpflege verschiedene Disziplinen betreffen, dass 80 % der Patienten ambulant und 20 % in spezialisierten Abteilungen betreut werden und dass vorgesehen ist, 5 Pädiater auszubilden. Der Vorstand unterstützt den Antrag beim SIWF. •Weitere Entscheide: Präsidium des fPmh-Kongresses 2018 in Lausanne: Michael Hofer, gegenwärtiger Präsident der fPmh, wird in dieser Funktion bestätigt; um ihn bei diesem umfangreichen Vorhaben zu unterstützen, wird ein Co-Präsidium oder ein anderes, mit den beiden Partnergesellschaften zu definierendes Modell erwogen. Webseite: Weiterhin freier Zugang zu Paediatrica und den Empfehlungen, der Zugang zu Stellungnahmen der SGP wird von Fall zu Fall entschieden, kein Zugang zur Mitgliederliste, kein individuelles Passwort, hingegen wird das allen Mitgliedern gemeinsame SGP-Passwort beibehalten. Bamatter-Preis: Die Zuständigkeit wird von der SGP an die Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie übertragen. Verstärkte Vertretung bei der European Confederation of Primary Care; nebst Mario Schumacher und Jan Teller wurden Sylvia Gschwend und Caroline Hefti als Stellvertreterinnen bestellt. Beteiligung an Medifuture 2015, Informationstag für Assistenzärzte am 7. November in Bern. Weitere Mitteilungen •Arbeitsgruppe Tarmed Pädiatrie: Heinrich Haldi und Rolf Temperli haben einen ebenfalls an der Hauptversammlung präsentierten Bericht zur aktuellen Situation verfasst. Der Grundgedanke ist, über einen Zeittarif und nicht einen Leistungstarif, sowie allen Disziplinen gemeinsame Richtwerte zu verfügen. Die SGP wünscht, das Kapitel 3 offen zu halten. Die Arbeiten müssen noch diesen Sommer eingebracht werden: Werden wir zu einem Konsens kommen? Die Frage bleibt dahingestellt. •Treffen der Kinderärzte Schweiz und SGPPräsidenten im Rahmen des SGP-Kongresses 2015, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit im Bereiche ambulante Pädiatrie in der Schweiz zu vertiefen. 4 Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 Protokoll der SGP-Generalversammlung vom 11. Juni 2015, Interlaken Claudia Baeriswyl, Generalsekretärin SGP, Freiburg Daneben gilt der Dank der Präsidentin allen Vorstands-, Arbeitsgruppen- und Kommissionsmitgliedern, ohne deren tatkräftige Unterstützung die diversen Aufgaben nicht zu bewältigen wären. Der Jahresbericht wird mit Applaus genehmigt und verdankt. Auch in diesem Jahr werden vor Eröffnung der Generalversammlung die diversen Preise übergeben. Der Fanconipreis 2015 geht an Paul Imbach in Anerkennung seiner innovativen und weltweit anerkannten Leistung in der Spitalpädiatrie, insbesondere in der pädi atrischen Hämatologie/Onkologie. Er ist der Inbegriff des klinischen Forschers. Alle zwei Jahre vergibt die Bamatterstiftung den Bamatterpreis, der exzellente Forschung im Bereich der Perinatologie auszeichnet. Der Preisträger 2015 ist Sven Wellmann vom UKBB Basel. Der Talentprize wird Mathias Hauri-Hohl vom Kinderspital Zürich für seine Arbeit «A regulatory role for TGF-β signaling in the establishment and function of the thymic medulla» überreicht. Er stellt sein Werk in einem Kurzreferat vor. Der Preis der PIA-CH wurde in diesem Jahr mangels passender Kandidaturen nicht vergeben. 1. Eröffnung und Wahl der Stimmenzähler Die Präsidentin Nicole Pellaud eröffnet die Generalversammlung um 17.30 Uhr. Im Verlauf der Versammlung tragen sich 83 stimmberechtigte Mitglieder, wovon zwei Ehrenmitglieder, in die Präsenzliste ein. Ein Anwesender nimmt als Gast ohne Stimmrecht an der Versammlung teil (Assistentenmitglied). Drei Mitglieder haben sich entschuldigt. Die Herren Pierre Klauser und Thomas Neuhaus werden als Stimmenzähler gewählt. 2. Protokoll der GV vom 12.6.2014 Das Protokoll der letztjährigen Generalversammlung welches in der Paediatrica Vol. 25 Nr. 4 publiziert worden ist, wird einstimmig angenommen und verdankt. 3. Jahresbericht der Präsidentin Der Jahresbericht der Präsidentin Nicole Pellaud ist in vollem Umfang in der Paediatrica Vol. 26 Nr. 3 veröffentlicht worden. Die Präsidentin fasst den Jahresbericht unter folgenden Stichworten zusammen: Realisiertes, offene Baustellen, bestehende und neue Mitgliedschaften, Zusammenarbeit und Stellungnahmen. Zu erwähnen ist die grosse Zahl an Vernehmlassungen, die vom Vorstand unter Einbezug der jeweiligen Spezialisten bearbeitet oder je nach Thema an MFE oder KHM delegiert werden. Die Stellungnahmen können im Mitgliederbereich der Homepage nach gelesen werden. Daneben hat der Vorstand auch im vergangenen Jahr vielfältige Aufgaben wahrgenommen und sich mit den unterschiedlichsten Dossiers befasst, sei dies im Bereich Adipositas, Ernährung, Impfungen, Weiterbildung und vielem mehr. Die grösste offene Baustelle ist aktuell die Tarmedrevision, über die später noch informiert wird. Ein wichtiges, zukünftiges Dossier wird die Akkreditierung der Weiterbildung sein. Zum Schluss ihres Berichts teilt Nicole Pellaud mit, dass ihre Präsidentschaft im 2017 enden wird und turnusgemäss ein Vertreter der Spitalpädiatrie das Ruder übernehmen soll. Da der aktuelle Vizepräsident Christoph Aebi aus beruflichen Gründen für eine Präsidentschaft nicht zur Verfügung steht, hat sich der Vorstand vor längerem auf die Suche nach einem Nachfolger gemacht. Leider ist bis zum heutigen Tag keine Kandidatur eingegangen. Nicole Pellaud appelliert eingehend an alle Anwesenden, den Vorstand in seiner Suche zu unterstützen. Die Geschäftsstelle der SGP wird seit 2002 im Mandat vom Freiburgischen Arbeitge berverband geführt. Der bisherige Generalsekretär der SGP, Herr Daniel Bürdel, ist im vergangenen Jahr zum Vizedirektor des Arbeitgeberverbands ernannt und anfangs 2015 in den Grossen Rat des Kantons Freiburg gewählt worden. Infolgedessen hat er sich aus der SGP zurückgezogen. Der Vorstand hat an seiner Stelle die bisherige Stellvertreterin Frau Claudia Baeriswyl zur Generalsekretärin ernannt. Die Generalversammlung bestätigt die Ernennung mit Applaus. Die Präsidentin dankt Daniel Bürdel für seinen langjährigen Einsatz und seine ausgezeichnete Arbeit und verabschiedet ihn mit einem Geschenk. 5 4. Übrige Berichte Die übrigen Jahresberichte sind ebenfalls in der Paediatrica Vol. 26 Nr. 3 veröffentlicht worden. Es sind keine Wortmeldungen zu verzeichnen. Die übrigen Jahresberichte werden einstimmig genehmigt. 5. Mitgliederwesen Seit der letzten Generalversammlung ist die Gesamtmitgliederzahl um 53 auf nunmehr 2293 gestiegen, wovon 1789 ordentliche Mitglieder. Fünf Mitglieder sind im Verlauf des Jahres verstorben. Zu erwähnen ist die stagnierende Zahl der Assistentenmitglieder, aktuell 329, im Vorjahr 326. Um diesem Trend entgegenzuwirken und den Nachwuchs für eine Mitgliedschaft zu motivieren, zählt das Generalsekretariat auf die Mithilfe der Chefärzte. 6. Jahresrechnung 2014, Revisionsbericht Die Kassiererin Caroline Hefti-Rütsche präsentiert die Jahresrechnung 2014, welche bei Ausgaben von CHF 849 452.44 und Einnahmen von CHF 905 870.01 mit einem Gewinn von CHF 56 417.57 abschliesst. Budgetiert war ein Gewinn von CHF 1000.–. Das gute Jahresergebnis resultiert aus höheren Einnahmen aus den Mitgliederbeiträgen und einem sehr guten Ergebnis des Jahreskongresses in Basel sowie der Budgettreue sämtlicher Arbeitsgruppen und Kommissionen. Die Bilanz der SGP weist nach Verbuchung des Gewinns per Ende 2014 Aktiven von CHF 1 143 651.73, ein Fremdkapital von CHF 347 564.95 und ein Eigenkapital von CHF 796 086.78 aus. Auf die entsprechende Frage von Dominique Belli teilt Caroline Hefti mit, dass es für den in der Bilanz ausgewiesenen Fonds kein Reglement gibt, dass das Geld aber ausdrücklich nur zur Förderung der Gesellschaft bzw. für Projekte, die den Mitgliedern zu Gute kom- Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 men, verwendet werden darf. Sie erwähnt als Beispiel eine Sondernummer zum Jubiläum der Paediatrica oder die Übersetzung des Atlas für Entwicklungspädiatrie, über die später noch kurz informiert wird. Der Vorstand verpflichtet sich, zu gegebener Zeit an der Generalversammlung über die Verwendung des Geldes Rechenschaft abzulegen. Urs Frey regt grundsätzlich an, in Projekte z. B. im Bereich der Lobbyarbeit zu investieren, statt Geld anzuhäufen. Caroline Hefti merkt an, dass die SGP mit dem per Ende Jahr ausgewiesenen Eigenkapital auf einer guten finanziellen Basis steht, zu der es Sorge zu tragen gilt. Dies im Hinblick auf gegenwärtige und zukünftige kostenintensive Aufgaben, um mit der Tarmedrevision nur eine davon zu nennen. Die Progressia Société Fiduciaire et de Gestion SA, Freiburg, hat die Rechnung revidiert und bestätigt, dass die Buchhaltung der SGP gesetzeskonform geführt wird. Sie empfiehlt der Generalversammlung, die Rechnung 2014 anzunehmen. und nur ein Teil der Kinderärzte (Nicht mitglieder) vom Resultat der Arbeit profitiert. Die Jahresrechnung 2014 wird mit vier Enthaltungen, ohne Gegenstimme angenommen. Gemäss Statuten stehen in diesem Jahr Gesamterneuerungswahlen an. 7. Entlastung des Vorstandes Präsidentin und Vizepräsident Nicole Pellaud stellt sich für eine zweite Amtsperiode als Präsidentin, Christoph Aebi für eine zweite Amtsperiode als Vizepräsident zur Verfügung. Dem Vorstand wird bei einer Enthaltung und ohne Gegenstimme die Entlastung erteilt. 8. Mitgliederbeiträge 2016 und Budget 2016 Caroline Hefti präsentiert das Budget 2016, das einen voraussichtlichen Verlust von CHF 18 700.- ausweist. Dominique Belli fragt, wieso für 2016 ein leicht negatives Budget ausgewiesen werde. Wie bei der Präsentation der Jahresrechnung erwähnt, bildet der Jahreskongress eine der grösseren Einnahmenquellen und ist unter anderem ausschlaggebend für das Endergebnis. Der für 2016 budgetierte Kongressgewinn von 40 000.– entspricht in etwa dem Durchschnitt über die Jahre. Andererseits ist auf der Ausgabenseite der Gürtel in den letzten Jahren enger geschnallt worden, wie z. B. im Redaktionskomitee der Paediatrica. Es ist nicht das Ziel des Vorstands, auf Kosten der Kommissionen ein positives Budget zu präsentieren. Weitere Voten aus der Versammlung betreffen die Grundsatzfragen, ob ein Kongress Gewinn abwerfen soll und inwiefern es gerecht ist, dass die aktiven Mitglieder die Gesellschaft via Jahresbeitrag und Kongress finanzieren Angesichts der guten Finanzlage schlägt der Vorstand vor, die Mitgliederbeiträge 2015 unverändert beizubehalten: Ordentliche Mitglieder ohne Mitgliedschaft Berufsverband MFE CHF 500.– Ordentliche Mitglieder mit Mitgliedschaft Berufsverband MFE CHF 450.– Ausserordentliche SGP-Mitglieder CHF 250.– Assistenten-Mitglieder CHF 150.– Die Mitgliederbeiträge 2016 werden einstimmig genehmigt. Das Budget 2016, in dem die unveränderten Mitgliederbeiträge berücksichtigt sind, wird mit vier Enthaltungen und ohne Gegenstimme angenommen. 9. Wahlen Beide werden mit Applaus für zwei weitere Jahre gewählt. Christoph Aebi dankt im Namen des ganzen Vorstands der Präsidentin für ihr Engagement und ihren grossen Einsatz. Sie versteht es, die kontinuierlich steigenden Anforderungen zu meistern und das SGP-Schiff in Fahrt zu halten. Vorstandsmitglieder der SGP Sämtliche Vorstandsmitglieder stellen sich zur Wiederwahl. Es sind dies: •Andreas Nydegger •Caroline Hefti (Kasse) •Dominique Gut •Jan Teller •Marc Alain Panchard (Nucleus) •Nicole Halbeisen •Oskar Jenni •Pascal Stucki •Philipp Jenny (Nucleus) •Sylvia Gschwend-Eigenmann •Valérie Dénervaud •Walter Bär 6 Die weiteren Vorstandsmitglieder werden ebenfalls mit Applaus für zwei Jahre wiedergewählt. Wie im Jahresbericht erwähnt, soll so rasch wie möglich ein Kandidat für die Präsidentschaft 2017 gefunden und in die Vorstandstätigkeit eingearbeitet werden. Nicole Pellaud beantragt deshalb der Versammlung, dem Vorstand die Kompetenz zur Erweiterung um ein Mitglied zu erteilen. Es wird einstimmig beschlossen, dass der Vorstand im Verlauf des Jahres ein zusätzliches Mitglied ernennen und an der nächsten Generalversammlung zur Wahl vorschlagen kann. Delegierte in die Ärztekammer und in die Delegiertenversammlung der FMH Bisher haben Nicole Pellaud und Marc Alain Panchard die SGP in der Ärztekammer der FMH vertreten, Christoph Aebi war Ersatzdelegierter. In der Delegiertenversammlung hatte Marc Alain Panchard Einsitz. Alle drei stellen sich zur Wiederwahl. Die bisherigen Delegierten werden mit Applaus in ihrem Amt bestätigt. Wahl Revisionsstelle Die Progressia, Société Fiduciare et de Gestion SA in Freiburg wird für ein weiteres Jahr als Revisionsstelle vorgeschlagen. Die Wahl der Progressia SA erfolgt einstimmig. 10. Informationen Tarmed Gesamtrevision, Fachteam Kind Das Fachteam Kind, bestehend aus Vertretern der Pädiatrie, der Kinderchirurgie und der Kinderpsychiatrie- und -psychotherapie ist seit vergangenem Herbst unter der Leitung von Heini Haldi an der Arbeit. Er berichtet über die vergangenen Monate und erinnert an die Leitplanken der Tarifrevision: Der Tarif geht von einem einzigen, für alle Ärzte geltenden Referenzeinkommen aus. Er soll transparent, wirtschaftlich korrekt gerechnet und einfach korrigierbar und entwickelbar sein. Erarbeitet wird momentan nur die Nomenklatur aller medizinischen Leistungen, die stationär und ambulant erbracht werden. Die Aufteilung der Taxpunkte erfolgt später. Das ausgesprochene Ziel des Fachteams ist es, dass auch das Erbringen von Leistungen an Kinder den Erwerb des Referenzeinkommens Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 ermöglicht und dass die pädiatrischen Kliniken ohne Defizite arbeiten können. Momentan werden die einzelnen Kapitel von den jeweiligen Fachteams bearbeitet, voraussichtlicher Abschluss Ende Juli und Publikation der revidierten Kapitel im August. Anschliessend können während einer beschränkten Zeit Änderungsvorschläge bei den Tarifdelegierten und den Präsidenten der Fachgesellschaften angebracht werden. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Pädiater den Trustzentren und der Roko zu wenig statistische Daten liefern; diese aber für die Untermauerung der Argumente der Pädiatrie unerlässlich sind. Erschwerend kommt dazu, dass das Fachteam in einer «Blackbox» arbeitet, in der es keine klaren Richtlinien und Zusagen seitens der FMH gibt. Nach wie vor ist die SGP auf der Suche nach einem Tarifdelegierten, der die Nachfolge von Marco Belvedere übernimmt. Berufsverband Haus- und Kinderärzte Schweiz Rolf Temperli, der Delegierte der SGP im Vorstand des Berufsverbands MFE, musste sich leider für die Generalversammlung entschuldigen. In seiner Abwesenheit informiert Philipp Jenny über den Berufsverband. Dank dem Masterplan bzw. der erfolgreichen Abstimmung «Ja zur Hausarztmedizin» konnte in der Pädiatrie ein Lohnanstieg von bis zu 15 % verzeichnet werden. Themenschwerpunkte für die zukünftige Arbeit sind Qualität, haus- und kinderärztliche Tätigkeit in der Zukunft, interprofessionelle Zusammenarbeit und Praxisinformatik. Aufgrund einer Intervention des Internationalen Roten Kreuzes wird MFE demnächst sein Logo ändern. Projekt Übersetzung «Atlas der Entwicklungsdiagnostik» von Thomas Baumann Noch nicht spruchreif ist das Projekt der Übersetzung des Atlas der Entwicklungsdia gnostik von Thomas Baumann. Der Vorstand hat erste Kontakte geknüpft mit möglichen französischen Verlagen bzw. Übersetzern und erste Abklärungen getroffen mit dem Autor und dem deutschen Thieme-Verlag. Die Übersetzung entspricht einem Bedürfnis der französischsprachigen Kinderärzte und wird weiter verfolgt. reits heute alle herzlich ein. Die Jahrestagung wird am 9./10. Juni 2016 zum Thema «Upgrade in Pädiatrie» stattfinden. Es sind keine weiteren Wortmeldungen zu verzeichnen. Nicole Pellaud schliesst die Generalversammlung um 18.30 Uhr. 11. Verschiedenes Nicole Pellaud teilt mit, dass der Kongress 2016 zusammen mit den Spitalapothekern in Bern, der Kongress 2017 zusammen mit den Allergologen/Immunologen in St. Gallen und der Kongress 2018 als fPmh-Kongress in Lausanne stattfinden wird. Sie erteilt der Präsidentin des lokalen Organisationskomitees aus Bern, Maja Steinlin, das Wort. Vorankündigung Kongress 2016 Maja Steinlin ihrerseits präsentiert den Flyer für den Kongress 2016 in Bern und lädt be- Herr Daniel Bürdel, ehemaliger Generalsekretär der SGP und Frau Dr. Nicole Pellaud, SGP-Präsidentin Frau Claudia Baeriswyl, neue Generalsekretärin der SGP 7 Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 Gedenkpreis Guido Fanconi 2015 Fred Bammatter Award 2015 Prof. Dr. Med. Paul Imbach P.D. Dr med Sven M. Wellmann Für sein herausragenden Arbeiten im Bereich «Perinataler stress und Neuroprotection» Talent prize 2015 Fanconi-Preis 2016 Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) verleiht jährlich anlässlich der Jahrestagung den Fanconi-Preis im Wert von CHF 10 000.–. Mit dem Preis werden bedeutende Arbeiten zugunsten der Pädiatrie ausgezeichnet. Dabei kann es sich um ausgezeichnete wissenschaftliche Beiträge, bedeutende gesellschaftliche Leistungen zugunsten der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen oder um hervorragende Verdienste im Rahmen der SGP handeln. Der Preis kann sowohl für eine herausragende Einzelleistung wie für ein Lebenswerk verliehen werden. Preisträger können eine Person oder mehrere Personen derselben Arbeitsgruppe sein. Sie müssen mit der schweizerischen Pädiatrie in enger Beziehung stehen. Die Preisverleihung erfolgt durch den Vorstand der Gesellschaft, der sich von Experten seiner Wahl beraten lässt. Kandidaturen mit ausführlichem Lebenslauf und Begründung der preiswürdigen Leistung können von jedem ordentlichen Mitglied, einschliesslich der Kandidatin oder dem Kandidaten selbst, bis zum 31. Januar 2016 beim Sekretariat der SGP, secretariat@swisspaediatrics.org, eingereicht werden. Mathias Hauri-Hohl, MD, PhD «A regulatory role for TGF-β-signaling in the establishment and function of the thymic medulla». Nat immunol 2014 Jun; 15 (6):554–61. 8 Die Natur kennt das Rezept. Bei Sinusitis hilft Sinupret®. Bei akuten und chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen und der Atemwege. • Mit 5 Wirkpflanzen • Löst zähen Schleim • Wirkt entzündungshemmend • Zuckerfrei, guter Geschmack kassenpflichtig Für Kinder ab 2 Jahren Biomed AG, 8600 Dübendorf © Biomed AG. 07/2014. All rights reserved. 1007244 Gekürzte Fachinformation Sinupret® Sirup (pflanzliches Arzneimittel). Zusammensetzung: Enzianwurzel, Schlüsselblumenblüten, Sauerampferkraut, Holunderblüten, Eisenkraut. 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Da sich die Tarifpartner nicht gemeinsam zu einer Revision einigen konnten, schuf das Parlament dem Bundesrat die gesetzliche Grundlage, in die Tarifstruktur Tarmed einzugreifen. Ein erster Tarifeingriff erfolgte dann 2014. Eigentlich war allen Tarifpartnern klar, dass eine Revision unumgänglich war. Ende 2010 begann die FMH mit ihren Revisionsarbeiten und ab Herbst 2012 kümmerte sich eine tripartite Kooperation bestehend aus FMH, H+ und MTK um die Revision des Tarifs. Seit 2015 hat sich auch Curafutura beobachtend angeschlossen und einzig Santé Suisse (mit 60 % der Versicherten) nimmt immer noch nicht teil. Das gegenwärtige Projekt heisst Tarvision. In der entsprechenden Absichtserklärung, «Tarifierungsgrundsätze TARMED», wurde das gemeinsame Ziel klar festgehalten: «Die gesetzeskonforme, betriebswirtschaftlich korrekte, aktualisierte und sachgerechte Bewertung der Leistungen in Arztpraxen, Spitälern und Kliniken, wenn immer möglich gestützt auf Daten und Fakten basierten Grundlagen» (SÄZ 2014; 95: 5). Diese Tarifierungsgrundsätze wurden seither von der technischen Kommission immer dem Verlauf der Revisionsarbeiten entsprechend weiterentwickelt. Seit Ende August 2015 wird mit der Version V0.43 gearbeitet. •Der Tarif soll transparent, wirtschaftlich korrekt gerechnet und einfach korrigierbar und entwickelbar sein. •Regelmässige Überprüfung der hinterlegten Zeiten und der Infrastrukturdaten. •Jährliche Anpassung des Tarifs, wo nötig. •Eingaben für Änderungen und neue Leistungen können schriftlich bei den Präsidenten und Tarifdelegierten der Fachgesellschaft eingegeben werden. Im 2. Halbjahr 2014 wurde das Fachteam «Kind im Tarmed» konstituiert. Es steht unter der Leitung von Richard Ploner, Vertreter von H+. Es setzt sich aus je 3 Vertretern der pädiatrischen Spitäler und Praxen zusammen. Heinrich Haldi leitet die pädiatrische Gruppe und wird beratend begleitet von Marco Belvedere, vormals Tarifdelegierter der SGP. Die Vertreter der pädiatrischen Schwerpunkte und der Fachgesellschaften, die auch Kinder behandeln, wurden orientiert, dass wir mit ihnen zusammen ihre Probleme mit der Tarif ierung der Leistungen bei Kindern bearbeiten müssen. Neben dem Fachteam «Kind» sind wir Pädiater auch durch Heidi Zinggeler und Rolf Temperli in der Kommission Tarife der Hausärzte Schweiz vertreten, die die Kapitel Grundleistungen und Hausarztmedizin bearbeiten. Die Aufgabe des Fachteams «Kind» ist die Revision des Kapitel 3 im aktuellen Tarif und die Überprüfung der anderen klinischen Kapitel mit Fokus auf Leistungen an Kindern und Jugendlichen. Auch das überwiegende Erbringen von Leistungen an Kindern soll den Erwerb des Referenzeinkommens ermöglichen und die pädiatrischen Kliniken sollen ihre ambulanten Leistungen nicht defizitär erbringen müssen. Der Mehraufwand durch zusätzliche Kostenelemente muss ausgewiesen werden. Die Datenbeschaffung ist nicht einfach und eine Teilnahme an Trust-Centern und an der rollenden Kostenstudie RoKo möglichst aller Pädiater dringend erwünscht. Die Revision sollte zuerst nur die Nomenklatur betreffen, bis Ende Juli 2015 abgeschlossen sein und dann veröffentlicht werden. Die Aufteilung der Taxpunkte wird später erfolgen. Der Termin wurde vorerst auf Ende August verschoben. Da die Nomenklatur eng mit den späteren tarifarischen Entscheiden zusammenhängt, wird zurzeit unter den verschiedenen Interessensgruppen intensiv diskutiert: Eine Regel der Tarifrevision war, eine definierte Leistung nur einmal im Tarif aufzunehmen. 10 Mit dem Wegfall der qualitativen Dignität sollten wir Pädiater somit auf Leistungen in allen Kapiteln zurückgreifen können. Der Entscheid, das jetzige qualitative und quantitative Dignitätsprinzip fallen zu lassen, wurde von verschiedenen Fachgesellschaften massiv angegriffen, was zu folgender Aussage der Steuerungskommission führte: «Es kann bei einzelnen Leistungen durchaus Sinn machen, wenn die qualitativen Dignitäten auf Grund eines hohen Missbrauchspotentials erhalten bleiben. Ganze Kapitel können jedoch nicht flächendeckend mit einer qualitativen Dignität hinterlegt werden. Es werden keine TARMED-Tarifpositionen revidiert, welche stationär erbrachte Leistungen betreffen. Damit bleiben die Quantitativen Dignitäten, welche stationäre TARMED-Leistungen betreffen, erhalten. Bezüglich qualitativen Dignitäten im ambulanten Bereich wird im Moment ein Weg gesucht, um die Anliegen, welche mit einer Quantitativen Dignität erreicht werden sollen, (Severity Score), aus serhalb des TARMED-Tarifs zu regeln.» Das Erreichen der ursprünglichen Ziele wird damit immer schwieriger. Was haben wir bisher erreicht Es wurde anerkannt, dass bei der Behandlung von Kindern ein Mehraufwand mit zusätzlichen Kostenelementen entsteht. Mit einer Datenerhebung konnte Marco Belvedere schon früher belegen (PrimaryCare 2001; 796–797), dass in der pädiatrischen Praxis mehr personeller Aufwand benötigt wird, die Mehrleistungen der pädiatrischen MPA im Tarmed kaum verrechnet werden können und dass der Pädiater zu 80 % Grundleistungen verrechnen muss, die tarifarisch am schlechtesten vergütet werden. Damit konnte erreicht werden, dass ein Kinderzuschlag mit der Position 00.0040 geschaffen wurde. Im neuen, revidierten Tarif soll die Zusatzleistung beim Erbringen von Leistungen an Kindern neu geregelt werden. Dazu müssen wir die Daten zum Mehraufwand durch zusätzliche Kostenelemente beschaffen und einbringen. Noch ist die Zusatzleistung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht definitiv geregelt. Ein Sockelzuschlag und/oder ein Prozentzuschlag stehen zur Diskussion. Standespolitik Vol. 26 Nr. 4 2015 Auch die Revision des Kapitels 03 ist noch nicht abgeschlossen. Wir beabsichtigen, die Anzahl Leistungen in diesem Kapitel stark zu reduzieren, indem wir reine Zeitleistungen pro 5 Minuten zu einer gemeinsamen Position zusammenfassen. Positionen, die auch in anderen Organkapiteln aufgeführt sind, werden nur noch dort aufgeführt. Ein grosser Teil der Leistungen, die in der Pädiatrie verrechnet werden, findet sich im Kapitel Grundleistungen. Ein fixes Zeitfenster für die Vorsorgeuntersuchungen soll dazu dienen, einen problemorientierten Fokus auf die in der gegenwärtigen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Situation relevanten Probleme der Kinder, je nach ihrem Alter, zu richten und bei Bedarf einer Behandlung zuzuführen oder mit antizipierendem Verhalten Probleme zu verhindern. Die Revision der an Kindern zu erbringenden Leistungen in allen relevanten Kapiteln hat begonnen. Die ersten revidierten Organkapitel wurden den betreffenden pädiatrischen Experten zugestellt mit dem Auftrag, sie nach Problemen bei der Abrechnung von Leistungen an Kindern durchzusehen und zusammen mit uns nach Lösungen eventueller Probleme zu suchen. Erratum Jordan et al. Aus dem Alltag der pädiatrischen Praxis. Paediatrica 2015; 26(3): 28–30. Die Autoren machen uns darauf aufmerksam, dass sich ein Fehler in Tabelle 2 geschlichen hat. Die mediane Wartezeit im Wartezimmer betrug nicht 145 sondern 15 Minuten. Die Hälfte der Patienten wartete demnach weniger als eine Viertelstunde, was den beteiligten Kinderärzten zur Ehre gereicht. Suche per sofort oder nach Vereinbarung Pädiater/-In in lebhafter Kinderarzt praxis in der Stadt Zürich. Arbeitspensum 20–90 % möglich. Kontaktadresse: angelina.cascione@hin.ch Natel: 076 459 58 42 In der Tarifrevision finden sich für uns Pädiater folgende Knackpunkte: •Forderung nach einer neuen Position‚ dringliche Konsultation, welche den Mehraufwand in der Grundversorgerpraxis ausgleichen soll •Vergütung des Mehraufwandes bei der Behandlung von Kindern •Gewährleistung eines adäquaten Behandlungs- und Vorsorgeauftrages •Gleichstellung der Kinder- und Jugendmedizin gegenüber den anderen Fachbereichen mit Augenmerk auf eine Überbewertung der technischen Leistungen und der fixen Minutagen. Vor einer Zustimmung zur finalen Tarifvorlage müssen Simulationen beweisen, dass diese Probleme befriedigend gelöst sind. Korrespondenzadresse heinrichhaldi@gmail.com 11 Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 Maserndiagnostik – die Rolle der Polymerase Kettenreaktion (PCR) Paolo Paioni und Christoph Berger, Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitäts-Kinderspital Zürich Einführung Die Schweiz hat sich gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Ziel gesetzt, Europa bis 2015 von Masern zu befreien. Ansteckungen sollen in erster Linie durch genügend hohe Impfraten aber auch durch Früherkennung einzelner Masernfälle verhindert werden. Damit die Schweiz masernfrei wird, müssen 95 % der Bevölkerung gegen die Krankheit immun sein. Dieses Ziel wurde trotz steigender Durchimpfung bisher nicht erreicht. Zwischen 2011 und 2014 betrug die durchschnittliche Maserndurchimpfungsrate mit 2 Dosen bei Kindern im Alter von 2 Jahren in der Schweiz 86 %1) . Mit 3 Fällen pro Million Einwohner erreichte die Inzidenzrate von Masern 2014 den tiefsten Stand seit Einführung des Meldeobligatoriums für die Krankheit im Jahr 19992) . Trotz der stark gesunkenen Inzidenz sind in der Schweiz weiterhin sporadische Fälle zu verzeichnen und sind auch weiterhin zu erwarten, solange nach Schätzung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) > 1 Million Masern-Impfdosen notwendig wären, um die Impflücken in der Schweiz zu schliessen3). Die Früherkennung dieser Fälle ist von zentraler Bedeutung zur Verhinderung von weiteren Übertragungen. Infolge des Rückganges der Maserninzidenz und der somit abnehmenden klinischen Erfahrung der Ärzte mit der Krankheit ist der positive prädiktive Wert einer klinischen Maserndiagnose (siehe Box: Definition Masernverdachtsfall) deutlich gesunken4). Es besteht somit die Notwendigkeit, alle klinischen Verdachtsfälle ohne epidemiologischen Link zu einem Labor bestätigten Fall so rasch wie möglich durch eine Laboranalyse zu bestätigen. Das Zeitintervall zur Bestätigung eines Verdachtsfalles sollte unbedingt nicht mehr als 72 Stunden betragen. Denn innerhalb dieser Frist kann die post-expositionelle Masernimpfung exponierter ungeimpfter Personen älter als 6 Monate die Übertragung von Masern verhindern5) . Zusätzlich ist auf Grund der Dauer der Kontagiösität bis 4 Tage nach Beginn des Exanthems eine Bestätigung der Diagnose nach mehr als 72 Stun- den weder für die individuelle Betreuung und noch für die Kontrolle eines Ausbruchs sehr nützlich. Definition eines Masernverdachts falles gemäss BAG5) Trias: Fieber UND makulopapulöses Exanthem UND Husten oder Rhinitis oder Konjunktivitis Maserndiagnostik Der Nachweis Masern-spezifischer IgM in Serum mittels eines immunenzymatischen Tests oder die quantitative Bestimmung von IgG zum Nachweis eines signifikanten Titeranstiegs zwischen Akut- und Rekonvaleszenzphase gelten als Methode der Wahl für die Bestätigung der klinischen Maserndiagnose6), 7), 8) . Die Serologie erfordert jedoch eine beim Kleinkind unter Umständen aufwändige venöse Blutentnahme und zeigt in den ersten 1–3 Tagen nach Beginn des Exanthems eine sehr begrenzte Sensitivität mit bis gut 30 % falsch-negativen Resultaten9), 10) . Bei einem negativen Befund ist deshalb nach 10 bis 14 Tagen eine erneute Blutentnahme notwendig, um den Verlauf des IgG-Titers zu dokumentieren und somit die Diagnose stellen zu können. Seit 2003 ist in der Schweiz der Nachweis der Masern-RNA in der Mundflüssigkeit oder im Rachenabstrich mittels Polymerase Ketten reaktion (PCR) möglich. Diese Methode ist nicht invasiv und zeigt eine Sensitivität von > 80 %–100 %, insbesondere in den ersten 72 Stunden nach Exanthembeginn11) . Sie erlaubt somit die Bestätigung von Masernverdachtsfällen innerhalb einer für die Bekämpfung von Masernausbrüchen nützlichen Frist. Ein weiterer wichtiger Vorteil der molekulargenetischen Maserndiagnostik mittels PCR ist die Möglichkeit der Genotypisierung des so nachgewiesenen Virus. Die Genotypisierung ermöglicht weitere epidemiologische Abklärungen wie z. B. die Unterscheidung von importierten Fällen, die Identifikation der Transmissionskette und die Identifikation von Impfmasern zu veranlassen12) . Die Verbesse- 12 rung der Masernüberwachung durch die Integration von epidemiologischen und laborbasierten Informationen ist eine der tragenden Strategien der WHO für die Beschleunigung der Masernelimination8). Die Genotypisierung zirkulierender Masernviren ist somit eine wertvolle Massnahme, um die Wirksamkeit von Maserneliminationskampagnen zu überprüfen13) . Aus diesen Gründen empfiehlt das BAG trotz höheren Kosten bei Verdachtsfällen den Nachweis von Masern RNA mittels PCR im Rachenabstrich oder aus der Mundflüssigkeit als Methode der ersten Wahl14) . Der Nachweis von Masern RNA mittels PCR kann in einem beliebigen Labor in der Schweiz, das diese Untersuchung anbietet, veranlasst werden. Die Kosten der Untersuchung betragen CHF 180.– und werden von der obligatorischen Krankenversicherung (abzüglich des Selbstbehaltes) übernommen. Für die nachträgliche Genotypisierung hat das BAG einen Vertrag mit dem Labor für Virologie des Genfer Universitätsspitals (HUG) und mit dem Labor Viollier abgeschlossen. Diese Verträge erlauben dem Kantonsarzt oder dem BAG bei Bedarf nachträglich und ohne zusätzliche Kosten für die Patienten oder die Krankenversicherung, die Durchführung der Genotypisierung zu veranlassen. Schlussfolgerung Der Nachweis von Masern RNA mittels PCR im Rachenabstrich oder aus der Mundflüssigkeit bei klinischem Masernverdacht ist eine nicht invasive Methode mit einer sehr hohen Sensitivität, insbesondere in den ersten 72 Stunden nach Exanthembeginn, und erlaubt zudem epidemiologische Untersuchungen bei Bedarf. Sie soll deshalb in der Schweiz, im Einklang mit den Zielen der nationalen Strategie zur Masernelimination, als Methode der Wahl zur Bestätigung von klinischen Masernverdachtsfällen möglichst in den ersten 72 Stunden nach Exanthembeginn angewendet werden. Referenzen 1) Bundesamt für Gesundheit. Durchimpfung von 2-, 8- und 16-jährigen Kindern in der Schweiz, 1999– 2014. Bull BAG 2015; 28: 538–43. 2) www.stopmasern.ch. 3) Bundesamt für Gesundheit. Nachholimpfung gegen Masern 2014: ermutigende Resultate. Bull BAG 2015; 5: 75–79. 4) Lambert SB, Kelly HA, Andrews RM, Catton MC, Lynch PA, Leydon JA, Gercovich DK, Hogg GG, Morgan ML, Lester RA. Enhanced measles surveillance during an interepidemic period in Victoria. Med J August 2000; 172: 114–8. Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 5) Bundesamt für Gesundheit, Arbeitsgruppe Bekämpfung von Masernausbrüchen. Richtlinien zur Bekämpfung von Masern und Masernausbrüchen. Richtlinien und Empfehlungen. Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2013. 6) Ratnam S, Tipples G, Head C, Fauvel M, Fearon M, Ward BJ. Performance of indirect immunoglobulin M (IgM) serology tests and IgM capture assays for laboratory diagnosis of measles. J Clin Microbiol 2000; 38: 99–104. 7) Bellini WJ and Helfand RF. The Challenges and Strategies for Laboratory Diagnosis of Measles in an International Setting. J Infect Dis. 2003; 187: S283–S290. 8) Featherstone DA, Rota PA, Icenogle J, Mulders MN, Jee Y, Ahmed H, de Filippis AM, Ramamurty N, Gavrilin E, Byabamazima C, Dosseh A, Xu W, Komase K, Tashiro M, Brown D, Bellini WJ, Strebel P. Expansion of the global measles and rubella laboratory network 2005–09. J Infect Dis. 2011; 204: S491–8. 9.) Helfand RF, Heath JL, Anderson LJ, Maes EF, Guris D, Bellini WJ. Diagnosis of measles with an IgM capture EIA: the optimal timing of specimen collection after rash onset. J Infect Dis 1997; 175: 195–9. 10)Robert Koch Institut. Ratgeber für Ärzte: Masern. Stand vom 03.09.2010. www.rki.de/DE/Content/ Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern. html?nn=2374512. 11)Measles and rubella laboratory network: 2007 meeting on use of alternative sampling techniques for surveillance. Wkly Epidemiol Rec 2008; 83: 229–32. 12)Santibanez S, Prosenc K, Lohr D, Pfaff G, Jordan Markocic O, Mankertz A. Measles virus spread initiated at international mass gatherings in Europe, 2011. Euro Surveill. 2014; 19. 13)Rota P, Featherstone D, Bellini W. Molecular epidemiology of measles virus. Curr Top Microbiol Immunol. 2009; 330: 129–50. 14)Bundesamt für Gesundheit. Verbesserte Masernüberwachung: Neue zuverlässige nicht invasive Tests. BAG Bull. 2004; 22: 362–6. Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Christoph Berger Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene Universitäts-Kinderspital Zürich Steinweisstrasse 75 8032 Zürich christoph.berger@kispi.uzh.ch MIT E B E I L R E T M UT N GROSS GEWORDE trauen d Ver Erfahrung un 30 Jahre Erfahrung und Vertrauen ✔ schützt vor Nässe im Die Natur schenkt uns neues Leben und das überwältigende Gefühl der Mutterliebe. Ein Gefühl, das dafür sorgt, dass Eltern oft ganz intuitiv wissen, was besonders gut für ihr Kind ist – eine natürliche Pflege, ganz ohne synthetische Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe oder Rohstoffe auf Mineralölbasis. Deshalb entscheiden sich Eltern bereits in der zweiten Generation für die Calendula Babycreme von Weleda. ✔ pflegt bei gereizter und ✔ mit Zinkoxid Windelbereich geröteter Haut Seit nun 30 Jahren vertrauen Eltern auf die Natrue-zertifizierte Calendula Babycreme von Weleda – sie ist die meistgekaufte Babycreme der Schweiz*. * IMS Pharmatrend Schweiz Apotheken & Drogerien, 88b Babypflege, Absatz, MAT März/2015 1007545 Mehr zur Calendula Babycreme: www.weleda.ch/babycreme Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 «Shared Decision-Making» in der Kinder- und Jugendmedizin eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen, die in Tabelle 1 schematisch dargestellt sind. Definition und Klassifikation Jürg Streulia),b) , Eva Bergsträssera) Einleitung Das Arzt1a) -Patienten-Gespräch ist das am häufigsten angewendet Heilmittel – mit Risiken und Nebenwirkungen – wie jedes andere Heilmittel auch. Misslingt diese Form der Kommunikation, ist der Behandlungserfolg insgesamt gefährdet. Auch in einer Zeit, in der das ärztliche Zeitmanagement immer mehr von technischen und ökonomischen Überlegungen durchdrungen ist, bleibt das Gespräch und die Beziehung zwischen Arzt, Patient und Eltern eine zentrale Grösse für eine erfolgreiche Behandlung. Shared Decision-Making (SDM) oder partizipative bzw. partnerschaftliche Entscheidungsfindung gilt dabei zunehmend als ideales Modell für Kommunikation und Entscheidungsfindung im klinischen Kontext und scheint sich auch in der Kinder- und Jugendmedizin zu etablieren1) . Im folgenden Artikel möchten wir aufzeigen, was sich hinter dem Begriff verbirgt und wie das Konzept in der Praxis umgesetzt werden kann. Historischer Hintergrund Wie andere Möglichkeiten der modernen Medizin unterliegt auch die Arzt-Patienten-Kommunikation einem steten Wandel: Bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts war die medizinische Entscheidungsfindung durch das paternalistische Prinzip dominiert. Der Arzt wusste und bestimmte, ähnlich einem gutmeinenden väterlichen Familienoberhaut, was für seine Patienten gut und richtig ist (daher «paternalismus»). Massgeblich angetrieben durch die menschenverachtenden Verbrechen und Gräueltaten im zweiten Weltkrieg und den 1947 folgenden Nürnberger Kodex wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der informed consent bzw. die informierte Einwilligung zu einem zentralen Prinzip für medizinische Behandlungsvereinbarungen mit Patienten. Während der Nürnberger Kodex primär die Forschung am Menschen regelte, weitete sich der Begriff des informed consent schnell auch auf die a) Universitäts-Kinderspital Zürich b) Institut für Biomedizinische Ethik, Universität Zürich therapeutische Handlung am Patienten aus und wurde Teil einer Bewegung weg vom passiven Patientenverständnis hin zum Ideal des mündigen, selbstbestimmten «Klienten». Parallel dazu erfuhr auch die Kinder- und Jugendmedizin eine tiefgreifende Wandlung. Erst mit der Erkenntnis, dass Kinder nicht einfach «kleine Erwachsene» sind, konnte im 19. Jahrhundert die Kinder- und Jugendmedizin überhaupt als eigene Disziplin entstehen. Im 20. Jahrhundert erweiterte sich dann zudem die Vorstellung vom Kind als «Mensch in Entwicklung» mit der Vorstellung vom Kind als «Person aus eigenem Recht». Diese Bewegung mündete in der 1989 formulierten UNO-Kinderrechtskonvention, welche als Grundlage für das SDM-Konzept in der Kinder- und Jugendmedizin gesehen werden kann. So fordern die Kinderrechte nicht nur den Schutz und die Förderung des Kindes, sondern auch eine angemessene, altersentsprechende Partizipation an Entscheidungen2) . Auch wenn hier nur schemenhaft aufgezeichnet, so wird doch deutlich, dass sich die Vorstellung von einer guten medizinischen Entscheidung in relativ kurzer Zeit stark gewandelt hat. Bis heute gibt es keine einheitliche Praxis der Entscheidungsfindung, sondern SDM bezeichnet den Interaktionsprozess zwischen Eltern, Patient und Arzt bei dem eine gemeinsam erarbeitete und verantwortete Entscheidung auf Basis von geteilten Informationen zustande kommt3) . Damit liegt das Modell zwischen den Extremen einer einseitigen Experten- und einseitigen Konsumentenbestimmten Entscheidungsfindung (Tabelle 1). Der zentrale Unterschied zu den anderen Konzepten liegt vor allem darin, dass sich die Beteiligung von Eltern, Kind und Fach personen über alle Phasen der Entscheidungs findung (Informationsaustausch, Abwägungsprozess, Treffen und Umsetzen der Entscheidung) erstreckt und sich die Art und Weise der Beteiligung über die Zeit und in den unterschiedlichen Phasen ändern kann. Dies bedeutet auch, dass die Rolle der mitverantwortlichen Personen kontinuierlich überprüft und angepasst werden muss4) . Entscheidungen im Kindes- und Jugendalter Noch heute werden Kinder am Ideal des «autonomen Erwachsenen» gemessen. Da die Anforderungen an eine autonome Willens äusserung im Kindesalter kaum zu erfüllen sind2a), greift man mit grosser Selbstverständlichkeit auf eine Stellvertreterentscheidung der Eltern zurück, die sich am (subjektiven) mutmasslichen Willen und den (objektiven) Patientenvignette 1: Tina, ein 15-jähriges Mädchen mit Asthma, kommt mit ihrer Mutter zur Asthma-Sprechstunde. Bereits im Wartezimmer herrscht dicke Luft zwischen der Mutter und ihrer Tochter. Während der Konsultation schweigt die Jugendliche grösstenteils. Die Mutter, welche den ambulanten Termin organisiert hat, berichtet über die veränderten Freizeitgewohnheiten ihrer «pubertierenden» Tochter. Sie mache kaum noch Sport, gehe dafür fast jeden Abend mit ihren Kolleginnen in die Stadt. Die Mutter erwähnt gegenüber dem Arzt ihre Vermutung, dass die Tochter die Asthmamedikation gar nicht oder nur unregelmässig einnimmt. Dies wiederum wird von der Tochter vehement verneint. Patientenvignette 2: Remo, ein 9-jähriger Knabe mit Non-Hodgkin Lymphom kommt mit seinen Eltern zum Erstgespräch vor Beginn der Chemotherapie. Die Eltern nehmen die zuständige Ärztin vor dem Gespräch zur Seite und fordern vehement, dass ihrem Sohn nichts von der Bösartigkeit der Erkrankung erzählt wird, schon gar nicht soll von «Krebs» gesprochen werden. Patientenvignette 3: Jan, ein bisher gesunder 2-jähriger Knabe musste mit akutem Organversagen aufgrund einer schweren Sepsis soeben auf die Intensivstation verlegt werden. Die Prognosen sind schlecht. Es wird nun diskutiert, ob eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) noch sinnvoll sein könnte. 14 Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 Interessen des Patienten orientieren. Erst durch die UNO-Kinderrechtskonvention erhielt das Kind den Subjektstatus mit eigenen Rechten und sich entwickelnden Fähigkeiten (evolving capacities)2). Demgemäss kann und sollte ein Kind bereits im Kleinkindalter angemessen über einen Eingriff informiert werden und seine Meinung äussern können sowie eine Entscheidung bis zu einem bestimmten Mass beeinflussen können. Gerade im Verlauf eines längeren Krankheitsprozesses kann das Kind in bestimmten Situationen sogar als Hauptentscheidungsträger in Erscheinung treten5). In der Realität sind Kinder bei schwerwiegenden Entscheidungen jedoch nur selten aktiv beteiligt und wünschen eine solche Beteiligung meist auch erst ab dem Jugendalter6) . Diese Fakten entbinden Fachpersonen aber nicht davor die Kinder entwicklungsgerecht zu informieren, anzuhören und ihre Meinung miteinzubeziehen2). Das hier vorgestellte SDMModell unterliegt nicht dem Alles-oderNichts-Prinzip, sondern fördert eine angemessene Kinder- und Familien-orientierte Entscheidungsfindung. Praktische Durchführung in sechs Schritten Die Umsetzung von SDM in der Kinder- und Jugendmedizin wird hier schematisch in sechs Schritten beschrieben. Wie bereits erwähnt, handelt es sich dabei um einen kontinuierlichen Prozess, der stets wieder bei Schritt 1 beginnt. Zudem ereignen sich in der Realität gewisse Schritte gleichzeitig, während andere in den Hintergrund rücken können bzw. erst im Verlauf des weiteren Entscheidungsfindungsprozesses als relevant erscheinen. 1. Schritt: Schaffen einer vertrauensvollen Basis für eine Arzt-Patient-Eltern-Beziehung Vertrauen ist das wohl kostbarste Gut im therapeutischen Dreieck und muss ebenso wie eine nachfolgende Entscheidung im Prozess gemeinsam erarbeitet und gepflegt werden. Beschönigungen, falsche Versprechen oder das Verschweigen von Befunden sollten ebenso vermieden werden wie eine übermässige Dramatisierung oder ein vorschnelles Bewerten der Situation. Mediziner tendieren dazu, aufgrund ihres grossen fachlichen Wissens bereits nach wenigen Sekunden den Eltern oder dem Kind ihre Beurteilung mitzuteilen und ihnen damit ins Wort zu fallen. In kritischen Notfallsituationen kann dies durchaus sinnvoll und von den Eltern gewünscht sein. Aus Sicht des SDM-Konzeptes sind die Bereitschaft Zuzuhören und das Schaffen von Raum und Zeit für die nachfolgenden Schritte aber die wichtigsten Bausteine der Vertrauensbildung. Modell Paternalistisches Modell Interpretatives Modell Entscheidungsträger Arzt entscheidet, Patient/Eltern geben Zustimmung Informations austausch Einseitig: Ausschliesslich Arzt entscheidet und informiert Arztrolle 2. Schritt: Herausarbeiten der aktuellen Wünsche und Präferenzen zu Informationen und Beteiligung in der Entscheidung Die Kommunikation im therapeutischen Dreieck kennt zahlreiche Fallstricke und es ist mit Studien belegt, dass eine schlechte Kommunikation auch mit schlechteren Behandlungsresultaten in Verbindung steht7) . Was aber genau für ein Kind oder eine Familie eine gute Kommunikation ist und wie stark und auf welche Weise die einzelnen Familienmitglieder in eine Entscheidung miteinbezogen werden möchten, ist sehr individuell. Deshalb gehört die Ermittlung und Klärung von Wünschen bezüglich Information und Mitentscheidung zur Grundlage für alle weiteren Schritte. Die Entscheidungsgrundlagen können sich dabei im Verlauf ändern und müssen deshalb regelmässig überprüft werden. 3. Schritt: Ermitteln, Klären und Zusammenfassen der Vorstellungen, Befürchtungen und Erwartungen seitens der Familie und des Teams Die Kernkompetenz des dritten Punktes kann gut mit dem Prinzip des aktiven Zuhörens umbeschrieben werden. Diese fördert neben der gegenseitigen Wertschätzung («Erzählen Sie bitte, wie genau es dazu kam …») auch inhaltliches Verständnis («Ich fasse hier ein- Shared DecisionMaking-Modell InformationsModell KonsumentenModell Gemeinsame Entscheidung Patient/Eltern Patient/Eltern Einseitig: Arzt vermittelt Wissen; Eltern/ Patienten informieren über Wünsche Gegenseitig: Kontinuierlicher Austausch über Fakten und Werte Einseitig: Arzt vermittelt Wissen Einseitig: Arzt vermittelt Wissen bei Bedarf Beschützer, Wohl täter, Hüter der ärztlichen Kunst Stellvertreter Partner Technischer Experte Dienstleister Ethischer Auftrag des Arztes Wählen der objektiv besten Behandlung Interpretieren der objektiven und subjektiven Interessen des Kindes basierend auf Präferenzen der Eltern Ermutigung und Unterstützung von Kind und Eltern basierend auf aktueller Evidenz gemeinsam und im Prozess eine optimale Behandlung zu wählen Information auf vollständige, neutrale und verständliche Weise; Intervention einzig bei möglicher Kindeswohlgefährdung Intervention einzig bei möglicher Kindeswohlgefährdung Patient/Eltern-Bild Keine Entscheidungsträger aufgrund mangelndem Verständnis für komplexe Zusammenhänge Patient/Eltern können individuell unter fachlicher Begleitung am Entscheidungsprozess teilnehmen Patient/Eltern können nach Vermittlung von Wissen selber entscheiden Patient/Eltern können sich mit unterschiedlichen Informationsquellen selber informieren und die für sie beste Option wählen Tabelle 1: Modelle zur Entscheidungsfindung im klinischen Kontext (adaptiert von4), 16)) 15 Fortbildung mal kurz zusammen, was ich bisher verstanden habe …») sowie emotionales Verständnis («Das war sicherlich schwer zu ertragen») 8) . Folgende Gesprächstechniken können dazu angewendet werden (adaptiert nach8), 9)): •Paraphrasieren (inhaltliche Wiederholung ohne Bewertung) •Zusammenfassen des Gesagten •Emotionen spiegeln •Ausreden lassen •offene Fragen stellen («W-Fragen») •konkrete Fragen stellen und Details klären durch Nachfragen •Trennung von Wahrgenommenem und Interpretationen •zur Weiterrede ermutigen. Ein zentraler Teil des aktiven Zuhörens sind die Umformulierungen, Paraphrasierungen und Zusammenfassungen des Gesagten. Mittels folgender Formulierungshilfen kann man zudem dabei das Gespräch in wichtigen Themenpunkten vertiefen [adaptiert nach8)): •Faktenverständnis «Habe ich Sie/Dich so richtig verstanden?» •Bedürfnisse: «Um X zu tun benötigen Sie/ benötigst Du …?» •Wertehintergrund: «Ihnen/Dir liegt sehr am Herzen, dass …» •Persönliche Regeln: «Für Sie/Dich ist unverzichtbar, dass …» •Erklärungsmodelle: «Für Sie/Dich ist selbst verständlich, dass …» •Ziele und Erwartungen: «Ihr/Dein Hauptziel ist …» •Einschränkungen: «Sie können sich/Du kannst dir nicht vorstellen, dass …» 4. Schritt: Zusammenstellen und angemessene Präsentation der aktuellen Handlungsoptionen inkl. der vorhandenen Evidenz Erst im vierten Punkt und nun im Wissen über die grundlegenden Werte, Ängste und Erwartungen, werden die Handlungsoptionen besprochen. Die Information soll gemäss dem Wissens-, Bildungs- und Entwicklungsstand der einzelnen Familienmitglieder besprochen werden und bei Bedarf individuell erfolgen. 5. Schritt: Konsensfindung bezüglich einer Entscheidung Im fünften Punkt schliesslich geht es um die eigentliche Entscheidung, die im Konsens zwischen allen verantwortlichen Personen getroffen werden soll. Im Universitäts-Kinderspital Zürich haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, bei besonders schwierigen Vol. 26 Nr. 4 2015 Entscheidungen (e. g. Therapieabbruch) mit Hilfe eines ethischen Gesprächs vorgängig einen Konsens im Team herzustellen und diesen dann als Empfehlung gegenüber den Eltern gut vorbereitet zu vertreten10) . antwortung in der erfolgreichen Umsetzung des Lösungsvorschlags und sollte dabei auch das Vertrauen der Mutter nicht verlieren, sondern diese ebenso wie Tina in die «partnerschaftliche» Entscheidungsfindung einbeziehen. 6. Schritt: Festlegen eines Behandlungs planes mit gegenseitiger Zustimmung Ebenso wichtig wie die Entscheidung selbst ist ihre Umsetzung. Im sechsten Schritt soll diese gemeinsam, möglichst detailliert und für alle verständlich ausgearbeitet werden. Besprochen werden sollen an dieser Stelle auch die möglichen Nebenwirkungen oder Notfallsituation inkl. den empfohlenen Lösungen und Ansprechpersonen. Zudem wird im sechsten Schritt der Zeitpunkt einer Überprüfung von Durchführbarkeit und Wirkung bestimmt und damit wieder bei Schritt 1 begonnen. Patientenvignette 2 Beim 9-jährigen Remo erscheint primär das Vertrauen der Eltern wichtig, um Zugang zu ihrem Sohn zu erhalten. Verständlicherweise möchten diese ihren Sohn bestmöglich schützen. Dementsprechend kann man den Eltern mit aktivem Zuhören möglichst wertschätzend begegnen und so auch ihre Ängste benennen. Gleichzeitig ist für eine erfolgreiche Durchführung der Behandlung eine vertrauensvolle und offene Beziehung zu Remo grundlegend und die meisten Kinder wissen oder ahnen ohnehin meist mehr über ihre Krankheit, als man ihnen gemeinhin zutraut. So kann man die Eltern respektieren und eine gemeinsame Sprache für das Lymphom suchen. Trotzdem gibt es klare Grenzen, die den Eltern empathisch aufgezeigt werden müssen. So sollten Eltern informiert werden, dass das Team einen Patienten nicht anlügen wird, wenn er beispielsweise selber Fragen stellt. Man weiss heute, dass Kinder zusätzlich leiden wenn sie keine Möglichkeit haben, über ihre Eindrücke und Ängste zu sprechen. Deshalb erklären Fachpersonen Kindern wie Remo regelmässig und in Kind- und Situations-gerechter Art und Weise den Krankheitsverlauf, die Befunde und die nächsten Behandlungsschritte. Je nach Temperament, Präferenz und Entwicklungsstand des Kindes wird er dadurch schrittweise in die Überlegungen zu Therapie und Pflege eingebunden. Kritische Würdigung des Modells anhand der Patientenvignetten Auf der Suche nach einer optimalen Behandlung und Begleitung des Kindes orientiert sich SDM individuell an den Bedürfnissen und Kompetenzen der beteiligten Personen. So wird auch ein Arzt individuell und auf die ihm eigene Art und Weise mit dem Patienten und den Eltern kommunizieren. Die hier diskutierten Patientenvignetten sind daher nicht als Empfehlung für ein «richtiges» Verhalten aufzufassen, sondern sind neben einer Veranschaulichung der theoretischen Grundlagen auch als Gedankenanstoss für eigene Vorgehensweisen gedacht. Patientenvignette 1 Im Beispiel der 15-jährigen Tina ist Tinas Vertrauen und Offenheit gegenüber dem Arzt von besonderer Bedeutung. Möglicherweise bedarf es dazu einer separaten Konsultation mit Tina ohne Mutter, damit offen über ihre (potenziell lebensbedrohliche) Asthma-Symptomatik und die Gründe für die scheinbar schlechte Adhärenz (früher Compliance) bezüglich Medikamenteneinnahme gesprochen wird. Zusätzlich wäre möglicherweise auch ein Gesprächsangebot bezüglich Drogenkonsum und Schutz vor Geschlechtskrankheiten angezeigt. Auf der Basis dieser gegenseitigen Information über Gefahren und Probleme sollte neben einer einfachen Erfassung der aktuellen Asthma-Symptomatik (beispielsweise mittels einer App auf dem Mobiltelefon) mit Tina ein Stufen-Therapie-Schema erarbeitet werden, welches mit ihrem aktuellen Lebensstil möglichst gut vereinbar ist. Im Unterschied zum Informations- und Konsumentenmodell behält der Arzt im SDM-Modell eine Mitver- 16 Patientenvignette 3 Für die Situation des zweijährigen Jan mag die Anwendung des SDM-Konzeptes fragwürdig erscheinen. Tatsächlich wäre es juristisch strafbar und ethisch nicht zu rechtfertigen, eine akut lebensnotwenige Handlung mit Aussicht auf Erfolg zu unterlassen oder durch lange Gespräche zu verspäten. Viele Eltern sind zudem in der geschilderten Situation nicht in der Lage an einem Entscheidungsfindungsprozess aktiv teilzunehmen und gewissen Eltern ist es aus religiös-kulturellen Gründen prinzipiell untersagt, über einen Therapieabbruch mitzuentscheiden. Wäre deshalb nicht besser das interpretative Modell zu wählen (s. Tabelle 1) und den Eltern lediglich zu kommunizieren, was als nächstes gemacht wird, bzw. dass bei Verzicht auf ECMO «alles Mögliche» gemacht worden war? Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 Man weiss aus Untersuchungen, dass die Präferenzen von Eltern, bezüglich Beteiligung an einer medizinischen Entscheidung sehr unterschiedlich sind, grundsätzlich eine Beteiligung am Entscheid aber oft gewünscht wird11). Gleichzeitig gibt es zunehmend Evidenz, dass Eltern, welche in eine kritische Entscheidung mit guter Aufklärung über Prognose und Optionen miteinbezogen wurden, die Situation besser verarbeiten können2). Die Stärke des SDM-Konzeptes liegt darin, dass Kontext-bezogen auf die aktuellen Bedürfnisse und Kompetenzen von Kind und Eltern eingegangen werden kann. Gerade in der geschilderten, kritischen Situation mag es von besonderer Bedeutung sein, frühzeitig und in ruhiger Umgebung mit den Eltern zusammenzusitzen, den Eltern (und dem Kind) Offenheit zu signalisieren, gleichzeitig aber entsprechend den oben genannten Schritten zuerst ihre aktuelle Gefühlslage und Wertehaltung zu explorieren. Basierend auf der verfügbaren Evidenz und unter Einbezug der Wertehaltung von Eltern und Kind kann dann ein Behandlungsplan ausgearbeitet werden. Auch falls die ECMO oder andere invasive, lebenserhaltende Massnahmen bereits installiert wurden, ist es wichtig, Indikatoren im Behandlungsplan zu definieren, welche einen Therapieerfolg oder ein Therapieversagen erkennen lassen. An dieser Stelle ist zu betonen, dass im therapeutischen Dreieck nicht die Präferenzen der Eltern, sondern das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. Trotzdem bleiben die Präferenzen der Eltern als Teil des Kindeswohls relevant13). Man weiss zudem, dass die Einschätzung der Lebensqualität durch Fachpersonen nur ungenügend mit der Einschätzung durch Patienten korreliert14). Zusammenfassend gibt es aus praktischer, ethischer und rechtlicher Sicht keine Alternative, als sich dem schwierigen Interaktionsprozess im therapeutischen Dreieck zu stellen. Das SDM-Modell ist aus unserer Sicht das einzige in Tabelle 1 genannte Konzept, welches die unterschiedlichen und sich im Verlauf einer Behandlung verändernden Erwartungen, Anforderungen und Kompetenzen angemessen berücksichtigen kann. des (aktiven) Zuhörens Vorstellungen und Vorbehalte frühzeitig klärt15). Je komplexer und vielfältiger die Behandlungsoptionen werden, umso wichtiger wird nicht nur die Klärung der zugrundeliegenden Wertehaltung und Einstellung, sondern auch die Fähigkeit des Arztes, einen Sachverhalt verständlich machen zu können. In der ärztlichen Ausbildung verdient das SDM-Modell deshalb ebenso einen hohen Stellenwert wie auch die Ausarbeitung von Entscheidungshilfen, mit deren Hilfe komplexe Sachverhalte anschaulich und verständlich erklärt werden können (Bilder, Videos, Apps etc.). Ist SDM zu aufwändig? 1a)Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir in der Regel die männliche Form; es sind immer alle Geschlechter mitgemeint. 2a)Damit eine Entscheidung im klassischen Sinn als informiert und autonom gilt, muss sie aufgeklärt (mit dem nötigen Wissen) und kompetent (im Besitz eines Mindestmasses an kognitiven Fähigkeiten) gefällt werden, intentional d. h. lösungsorientiert sein, authentisch und insbesondere emotional stabil sowie freiwillig also unabhängig von Präferenzen anderer Personen wie der Eltern erfolgen. Es ist anzumerken, dass auch zahlreiche Erwachsene diese Bedingungen nicht (immer) erfüllen. Insgesamt, so mag man einwenden, ist das SDM-Modell zu zeitaufwändig und deshalb im Praxis- und Klinikalltag nicht umsetzbar. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass sich das Gespräch durchschnittlich nur 3 Min. verlängert und sich sogar Zeit sparen lässt, wenn man Entscheidungshilfen verwendet und mit Hilfe Schlussfolgerung Die Medizin im 21. Jahrhundert ist geprägt durch eine bisher nicht gekannte Options- und Wertevielfalt und es gibt gute Gründe weshalb das SDM-Modell auch für die Kinder- und Jugendmedizin als Goldstandard der Entscheidungsfindung gelten kann: Erstens bringt das Modell die unterschiedlichen Rechte, Bedürfnisse und Pflichten von Kind, Eltern und Fachpersonen in allen Phasen der Entscheidung und Kontext-sensibel in Einklang. Zweitens werden die Behandlungsoptionen mit Blick auf die verfügbare Evidenz verständlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Drittens gibt es zahlreiche Hinweise, dass SDM unnötige, kostenintensive und nebenwirkungsreiche Behandlungen verhindern kann (von einfachen Antibiotika bei viralen Infekten bis zu umfangreichen Eingriffen der hochspezialisierten Medizin bei schwerstkranken Patienten) 4). Obwohl gut belegt ist, dass eine schlechte Kommunikation zu schlechteren Behandlungsresultaten führen kann, bleibt unklar, ob SDM auch zu besseren Behandlungsresultaten für Kinder und Jugendliche führt. Gerade mit Blick auf die eingangs genannte Feststellung zum «Gespräch als Heilmittel» sind weitere Studien zu Wirkungen und Nebenwirkungen von SDM, besonders im Kindes- und Jugendalter, dringend notwendig. Bis diese Resultate vorliegen gibt es aus unserer Sicht aber keinen Grund das Modell den Patienten und ihren Familien vorzuenthalten. 17 Referenzen 1) Fiks AG, Localio AR, Alessandrini EA, Asch DA, Guevara JP (2010) Shared Decision-Making in Pediatrics: A National Perspective. 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Streuli Oberarzt Palliative Care Team Universitäts-Kinderspital Zürich Steinwiesstrasse 24 CH-8032 Zürich juerg.streuli@kispi.uzh.ch Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 Kann die Gesundheit der an Sichelzellanämie leidenden Kinder in Afrika verbessert werden? In Benin erprobte Strategie. Mohamed Cherif Rahimy, Cotonou Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Problematik Paradoxerweise profitieren die Patienten in Afrika, wo die Sichelzellanämie die grösste Verbreitung findet, am wenigsten von den Fortschritten, die zu einer signifikanten Abnahme der durch diese Krankheit bedingten Morbidität und Mortalität geführt haben. Es ist leider so, dass die Hälfte der Kinder mit Sichelzellanämie das Alter von 5 Jahren nicht erreicht, und zahlreich sind jene, die sterben, bevor die Diagnose überhaupt gestellt wurde. Mehrere Gründe erklären, unter anderen, diese Tatsache: •Fehlen von Programmen für ein frühzeitiges Screening und von Strukturen zur medizinischen Betreuung der so diagnostizierten Säuglinge •Ungenügende Anzahl medizinisches Fachpersonal mit entsprechender Ausbildung in Pathophysiologie und klinischen Kenntnissen der Sichelzellanämie •Der gängige Gebrauch unnötiger und teurer Behandlungen •Fehlende oder dürftige Präventionspolitik •Mangelnde Sensibilisierung der Öffentlichkeit •Einfluss von Volksglauben und Armut. Das sanitäre, wirtschaftliche, soziokulturelle und klimatische Umfeld der Länder südlich der Sahara ist kinderfeindlich. Unter diesen Bedingungen wird die Sichelzellanämie ein wichtiger Faktor, der alltägliche Pathologien wie Malaria, akute Durchfall- und Atemwegs erkrankungen, Mangelanämien und Unterernährung verschlimmert. Gemäss WHO bezahlen die Kinder in Afrika dieser Krankheit einen enormen Tribut: Die Sichelzellanämie alleine ist für über 16 % der kindlichen Todesfälle verantwortlich. Stellenwert und Machbarkeit eines Modells medizinischer Versorgung, wie es in den industrialisierten Ländern entwickelt wurde, muss in einem solchen Zusammenhang in Frage gestellt werden. In Benin erprobte Strategie Im Mai 1993 konnte die Faculté des Sciences de la Santé in Cotonou, dank einem Techno logietransfer ein Projekt für Neugeborenenscreening der Sichelzellanämie und Betreuung der befallenen Säuglinge starten. Ziel war es, die spezialisierten medizinischen Möglichkeiten industrialisierter Länder den lokalen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zwängen anzupassen. Ausbildung Die Anstrengungen konzentrierten sich zuerst darauf, ein kleines Team ausgebildeter und motivierter Hebammen, unter der Leitung eines in Immunhämatologie spezialisierten Kinderarztes, aufzubauen. Screening Das Screening richtete sich, in einer ersten Phase, an Neugeborene von Schwangeren, die während ihrer Schwangerschaft als Trägerinnen von HbS erkannt, und für die Vorteile einer frühzeitigen Erfassung, gleich nach der Geburt, der Trägerschaft für Sichelzellanämie sensibilisiert wurden. Anschliessend wurde das Screening auf alle jungen Säuglinge ausgeweitet, deren Eltern als HbS-Träger bekannt waren. Betreuung Der Grundgedanke bei der Betreuung der durch das Screening entdeckten Säuglinge war, frühzeitig medizinische und soziale Massnahmen zu ergreifen, um die klinischen Erscheinungen der Krankheit positiv zu beeinflussen. Die Massnahmen konzentrierten sich auf Prävention und Behandlung der wichtigsten bekannten Morbiditäts- und Mortalitätsursachen bei Kindern und Jugendlichen in Afrika. 18 Wesentliche Inhalte dieses Vorgehens: i)Planung und Umsetzung eines dauerhaften Programmes für Ernährungserziehung; es erlaubt, den Ernährungszustand der Kinder ohne spürbare Mehrkosten zu verbessern. Parallel dazu regelmässige Wachstumskontrolle der Kinder; ii)Ausarbeitung und Umsetzung eines Präventions- und Behandlungsprogrammes für Infektionskrankheiten, das unter anderem Massnahmen zur Malariavorbeugung, tägliche Penizillineinnahme, Beachtung des erweiterten nationalen Impfprogrammes und Versorgung mit Impfstoffen zu verbilligten Preisen umfasst; iii)Einführung eines Präventions-, Screeningund Behandlungsprogrammes für Mikronährstoffmängel, die in tropischen Regionen gängig sind; iv)Ausarbeitung eines Programmes für regelmässige medizinische Betreuung, für Erwachsenenbildung betreffend Sichelzellanämie, Elternbildung und Förderung von Hygienemassnahmen, Sicherung des finanziellen Zugangs zu medizinischer Betreuung. Nota bene: Diese Strategie zur Betreuung der durch das Screeningprogramm erfassten Säuglinge kam auch Kleinkindern zugute, bei welchen die Sichelzellanämie anlässlich einer Komplikation diagnostiziert und die deshalb zugewiesen wurden. Ergebnisse Die ersten Ergebnisse waren ausserordentlich ermutigend: •Signifikante Reduktion von Häufigkeit und Schweregrad akuter Komplikationen •Zufriedenstellende Wachstumskurven •Bemerkenswerte Abnahme der Mortalität im Kindes- und Jugendalter auf 15.5 ‰, während die Sterblichkeit in der allgemeinen pädiatrischen Bevölkerung zur gleichen Zeit 160 ‰ betrug •Bemerkenswerte Akzeptanz des Projektes durch die Eltern, die ihren hergebrachten Glauben in Bezug auf Sichelzellanämie änderten; die Adhärenz an das Programm beträgt weiterhin über 80 %. Die hier aufgeführten Ergebnisse wurden publiziert1)–9) . Ausweitung des Projektes auf Grund der erreichten Ergebnisse i)Die Strategie dieses ursprünglich individuellen Projektes wurde 2000 vom Gesund- Fortbildung Vol. 26 Nr. 4 2015 heitsministerium Benins übernommen und, nach mehreren institutionellen Reformen, im Juni 2010 durch ein präsidentielles Dekret zur öffentlichen Institution mit sozialem und wissenschaftlichem Charakter erklärt, im Sinne einer finanziell unabhängigen juristischen Person mit entsprechenden Infrastrukturen, Centre de Prise en Charge Médicale Intégrée du Nourrisson et de la Femme Enceinte atteints de Drépanocytose (CPMI-NFED) (Zentrum zur integrierten medizinischen Betreuung von Säuglingen und Schwangeren mit Sichelzellanämie) genannt. ii)Die überzeugenden Resultate dieser innovativen Strategie, beruhend auf einer an die Besonderheiten einer Krankheit und an die lokalen soziologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen angepassten Gesundheitserziehung, überzeugte die internationale Organisation Médecins du Monde Suisse. Sie beschloss, sich für die Beschaffung finanzieller Mittel einzusetzen, um eine Dezentralisierung des CPMINFED in die Wege zu leiten, und deren Hilfeleistungen den Patienten, durch die Schaffung von Antennen in peripheren Zentren, näher zu bringen. Ein partnerschaftliches Projekt entstand in Form einer ersten Antenne im September 2010. Durch den Erfolg dieser ersten Erfahrung ermutigt, wurde am 21. Februar 2014 zwischen den beiden Partnern ein Rahmenvertrag für eine Dauer von fünf Jahren unterzeichnet. Die Schaffung einer zweiten Antenne ist im Gange und deren Einweihung für die zweite Septemberwoche 2015 vorgesehen. iii)Diese Strategie hat auch die WHO-Strategie zur Kontrolle der Sichelzellanämie in Afrika inspiriert und wurde von den Gesundheitsministern am 30. August 2010 in Malabo, Äquatorialguinea, ratifiziert (Resolution AFRO/RC60/8). Schlussfolgerung Die Mortalität im Kindes- und Jugendalter gilt als ein Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes. Die Sichelzellanämie trägt wesentlich zur noch immer hohen Kindermortalität im subsaharischen Afrika bei und illustriert den wachsenden Graben zwischen Afrika und den industrialisierten Ländern. Die Ver- besserung der Gesundheit der an Sichelzell anämie leidenden Kinder Afrikas könnte dazu beitragen, diese Kluft abzubauen. Referenzen 1) Rahimy MC et al. La Drépanocytose: Connaissances et pratiques des femmes enceintes hétérozygotes ou homozygotes. Nouv Rev Fr Hematol 1995; 37 (1) 5. 2) Rahimy MC et al. Outpatient Management of Fever in Children with Sickle Cell Disease in an African Setting. Am J Hematol 1999; 62: 1–6. 3) Rahimy MC et al. Effect of active prenatal management on pregnancy outcome in sickle cell disease in an African setting. Blood 2000; 96: 1685–9. 4) Rahimy MC et al. Effect of a Comprehensive Clinical Care Program on Disease Course in Severely Ill Children with Sickle Cell Anemia in a Sub-Sahara Africa Setting. Blood 2003 Aug 1; 102(3): 834–8. 5.) Rahimy MC. Problèmes posés par la transfusion chez l’enfant atteint de drépanocytose en Afrique. Arch Pediatr 2005; 12: 802–4. 6) Dossou-Yovo OP et al. Variants of the mannosebinding lectin gene in the Benin population: heterozygosity for the p.G57E allele may confer a selective advantage. Hum Biol. 2007 Dec; 79 (6): 687–97. This paper has been awarded «The Gabriel Ward Lasker Prize 2007». 7) Rahimy MC et al. Newborn screening for sickle cell disease in the Republic of Benin. J Clin Pathol 2009 Jan; 62 (1): 46–8. 8) Dossou-Yovo OP et al. Effects of RANTES and MBL2 gene polymorphisms in sickle cell disease clinical outcomes: Association of the g.In1.1T > C RANTES variant with protection against infections. Am J Hematol 2009 Jun; 84 (6): 378–80. 9) Hans-Moevi AA et al. Résultats préliminaires de la prise en charge ambulatoire de la nécrose aseptique de la tête fémorale chez les enfants atteints de drépanocytose. Rev CAMES 2010; 10: 122–6. Korrespondenzadresse Prof. Dr. Mohamed Cherif Rahimy Centre de Prise en Charge Médicale Intégrée du Nourrisson et de la Femme Enceinte atteints de Drépanocytose 01 BP 2640 RP, Cotonou, Bénin Médecins du Monde Suisse unterstützt die Projekte von Professor Rahimy in Benin, durch Förderung der Dezentralisierung der Betreuung von Patienten mit Sichelzellanämie. Die NGO ist ebenfalls in Kamerun, in der Demokratischen Republik Kongo, in Palästina, Haïti und Zentralamerika, aber auch in der Schweiz tätig, wo sie Gesundheitsprogramme zugunsten von Migranten und Sexarbeiterinnen entwickelt und unterstützt. Médecins du Monde tritt für den allgemeinen Zugang zu medizinischer Betreuung ein. Präsident von Médecins du Monde Suisse, gegründet durch Professor Nago Humbert, ist Dr. Bernard Borel, Pädiater FMH in Monthey. Médecins du Monde Suisse veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Abteilung für pädiatrische Hämatoonkologie des CHUV in Lausanne, ein Symposium zum Thema Sichelzellanämie. Experten aus Norden und Süden werden mit Professor Rahimy ihre Erfahrungen in diesem Fachgebiet austauschen. Die Tagung findet statt am 5. November 2015 im Auditorium César Roux des CHUV Lausanne Auskunft: www.medecinsdumonde.ch 19 SGP- Kongress 2015 Interlaken Vol. 26 Nr. 4 2015 Vaskuläre Anomalien im Säuglings- und Kleinkindesalter – was der Pädiater wissen muss Martin Theiler1), 2) , Lisa Weibel1), 2) , Zürich Einleitung Die vaskulären Anomalien stellen eine heterogene Gruppe von angeborenen oder erworbenen Veränderungen der Blut- und/oder Lymphgefässe dar. Während viele Unterformen relativ selten sind und üblicherweise an dafür spezialisierten Zentren behandelt werden, sind einige Manifestationen sehr häufig und werden regelmässig in der pädiatrischen Praxis gesehen. Da viele Formen auf den ersten Blick ähnlich aussehen, tun sich viele Kolleginnen und Kollegen in der Diagnosestellung schwer, wobei diese durch die häufig inkorrekte Nomenklatur in der medizinischen Literatur zusätzlich erschwert wird. Eine korrekte Diagnose ist jedoch sehr wichtig, weil sich die unterschiedlichen vaskulären Anomalien stark in ihrer Prognose, in möglichen assoziierten Problemen und auch in der Therapie unterscheiden. Bei Beachtung einiger weniger Punkte kann in vielen Fällen aber auch bei nicht täglichem Kontakt mit diesen Krankheitsbildern eine sichere Diagnose gestellt werden und eine adäquate Beratung betroffener Familien erfolgen. Dieser Artikel fokussiert sich auf vaskuläre Anomalien im Säuglings- und Kleinkindesalter, wobei nach einem Überblick über die Klassifikation der vaskulären Anomalien und allgemeine Aspekte der Beurteilung vor allem auf die für den pädiatrischen Alltag wichtigen Krankheitsbilder eingegangen wird. Ziel ist, dass die Leserin/der Leser nach der Lektüre in der Lage ist, unproblematische von potentiell problematischen vaskulären Anomalien im Säuglingsalter zu unterscheiden und zu erkennen, wann weitere Abklärungen erforderlich sind und allenfalls eine Therapie indiziert ist. 1) Abteilung Dermatologie, Universitäts-Kinderkliniken Zürich, Eleonorenstiftung, Steinwiesstrasse 75, CH-8032 Zürich 2) Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich, Gloriastrasse 31, CH-8091 Zürich Klassifikation vaskulärer Anomalien Vaskuläre Anomalien werden weltweit gemäss der ISSVA-Klassifikation (International Society for the Study of Vascular Anomalies) eingeteilt, welche 2014 erneut aktualisiert wurde (Tab 1). Kernpunkt dieser Klassifikation ist die klare Unterscheidung zwischen vaskulären Tumoren und vaskulären Malformationen. Diese zwei Gruppen unterscheiden sich grundlegend, handelt es sich bei den Tumoren doch um echte Neoplasien mit Proliferation (und teilweise Regression) unabhängig vom übrigen Organismus, während die vaskulären Malformationen strukturelle Veränderungen darstellen, die bei Geburt angelegt sind und grundsätzlich lebenslang bestehen bleiben. Tumoren erhalten stets die Endung -om, während vaskuläre Malformationen nach den einbezogenen Gefässen als kapilläre, venöse, lymphatische, arteriovenöse und kombinierte Malformationen benannt werden. Die weiterhin häufige Benennung vaskulärer Malformationen als Hämangiom (z. B. «kavernöses Hämangiom» für «venöse Malformation») ist verwirrlich und soll vermieden werden. Ebenfalls wird versucht, Eponyme zu vermeiden und stattdessen deskriptiv die betroffenen Gefässkaliber zu benennen (z. B. statt «Klippel-Trenaunay-Syndrom» neu «kombiniert kapillär-venös-lymphatische Malformation mit Hypertrophie der betroffenen Extremität»), da diese Eponyme häufig unpräzise und für unterschiedlichste vaskuläre Anomalien verwendet wurden. Allgemeine Aspekte in der Beurteilung vaskulärer Anomalien In 90 % der Fälle können vaskuläre Anomalien klinisch eindeutig zugeordnet werden1) . In den übrigen Situationen sind bildgebende Verfahren (Duplex-Sonografie, MRI) und selten auch eine Biopsieentnahme erforderlich. Radiologische Untersuchungen spielen zudem in der exakten Bestimmung der Ausdehnung und Therapieplanung häufig eine wichtige Rolle. Wichtige, differentialdiagnostisch wegweisende klinische Merkmale sind: •Zeitpunkt des Auftretens (insbesondere: bei Geburt voll ausgebildet oder nicht?) •Veränderung über die Zeit (Wachstum proportional mit dem Körper oder «Eigendynamik»?, Regredienz?) •Klinischer Befund (Farbe, Lokalisation, Verteilung, Konsistenz, Überwärmung, Schwirren, Ulzeration, Lageabhängigkeit etc.) •Symptome (Ruheschmerzen, Druckdolenz etc.) •Familienanamnese Bei Beachtung dieser Faktoren kann die Differentialdiagnose meist entscheidend eingeengt werden. So wird ein bereits bei Geburt ausgebildeter Knoten höchstwahrscheinlich kein infantiles Hämangiom sein. Ebenso dürfte eine subkutane, weiche, bläuliche Raumforderung im Alter von 5 Jahren, welche sich bei Elevation entleert, nicht einem Hämangiom, sondern viel eher einer venösen Malformation entsprechen. Auf die typischen klinischen Merkmale der einzelnen Krankheitsbilder wird nun in der Folge genauer eingegangen. Vaskuläre Tumoren im Säuglings alter und Kleinkindesalter Der mit Abstand häufigste vaskuläre Tumor im Säuglingsalter ist das infantile Hämangiom Vaskuläre Tumoren Vaskuläre Malformationen • Hämangiome • Infantile Hämangiome • Kongenitale Hämangiome • Kaposiformes Hämangioendotheliom • Tufted Angioma • Granuloma pyogenicum • Fast-flow Malformationen • AV-Malformationen/AV-Fisteln • Low-flow Malformationen • Kapilläre Malformationen • Venöse Malformationen • Lymphatische Malformationen • Komplex-kombinierte Malformationen Tabelle 1: Klassifikation der vaskulären Anomalien, adaptiert und vereinfacht nach ISSVA (International Society for the Study of Vascular Anomalies). 20 Synergistisch wirksam gegen Akne1,2,3 IHRE PATIENTEN WOLLEN SCHNELL SICHTBARE ERGEBNISSE, SORGEN SIE FÜR NACHHALTIGE. ei tikafr o i b i t an Epiduo hilft Ihnen, die Akne Ihrer Patienten synergistisch durch die Fixkombination von 2 Basistherapeutika in Angriff zu nehmen und liefert dadurch nachhaltige Ergebnisse. Haut, irritative Kontaktdermatitis, Hautabschuppung, Desquamation, Erythema, Hautbrennen, Hautirritation, Sonnenbrand; Anzeichen lokaler Unverträglichkeit bilden sich anschliessend zurück P: Tube à 30 g (Liste B), Tube à 60 g (Liste B), Dispenser à 45 g (Liste B). Kassenzulässig. Weiterführende Informationen finden Sie unter www.swissmedicinfo.ch. Stand der Informa tion: April 2011. Referenzen: 1. Gollnick HPM et al. Br J Dermatol. 2009 Nov;161(5):1180-9. 2. Thiboutot DM et al., J AM Acad Dermatol. 2007; 57(5):791–799, 3. Pariser DM et al., J Drugs Dermatol. 2007; 6(8):898–904 4. Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch GALDERMA SA, Postfach 492, 6330 Cham, www.galderma-spirig.ch 1408-Epi-I-01-D Epiduo® Gel Z: 1 g Gel enthält 1 mg Adapalenum (0.1% G/G) und 25 mg Benzoylis peroxidum (2.5 % G/G). I: Behandlung der Haut bei Acne vulgaris, bei Vorliegen von Komedonen, Papeln und Pusteln D: 1 x täglich, abends auf die gesamten von Akne befallenen Flächen auftragen KI: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe des Präparates VM: nicht auf beschädigte und ekzematöse Haut auftragen, bei irritativen Reaktionen die Medikationshäufigkeit reduzieren. Mögliche Kontakt sensi bilisierung allergologisch abklären. Kontakt mit Augen-, Mund-, Nasen- und sonstigen Schleimhäuten vermeiden. Keine Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit. IA: andere Retinoide, Benzoylperoxid oder sons tige Arzneimittel mit ähnlicher Wirkung nicht gleichzeitig einsetzen UW: trockene 1007314 Ihre Patienten werden es Ihnen danken.1,4 SGP- Kongress 2015 Interlaken (IH). Es sind ca. 5 % der Kinder betroffen, wobei der Ausprägungsgrad von kleinen stecknadelkopfgrossen, roten Papeln bis hin zu riesigen, grosse Areale des Körpers betreffenden Tumoren reichen kann. Wenngleich die Ätiologie von IH noch ungeklärt ist, sind verschiedene Risikofaktoren bekannt. So sind bevorzugt Mädchen, Frühgeborene und Kinder aus Mehrlingsschwangerschaften betroffen. Das Hauptmerkmal der IH ist ihr absolut charakteristisches Wachstumsverhalten. Die Läsionen sind bei Geburt nicht oder lediglich als einfach zu übersehende Vorläuferläsionen (Abb 1) vorhanden und zeigen dann ein rasches Wachstum in den ersten 3 Monaten, gefolgt von einer langsameren zweiten Wachstumsphase im Alter von 3–6 Monaten2). Daran schliesst sich eine Phase der Stagnation über 1–2 Jahre an, welche dann in die spontane Involution bis ins Alter von 4–5 Jahren übergeht. Die Regression ist dabei keineswegs stets komplett, in mind. 40–50 % verbleiben mehr oder weniger gut sichtbare Residuen. Abbildung 1: Typische Hämangiom-Vorläuferläsion bei Geburt. Vol. 26 Nr. 4 2015 Klinisch werden die IH in superfizielle, tiefe und gemischte Läsionen unterteilt (Abb 2). Zusätzlich werden sogenannt «segmentale» IH abgegrenzt, welche bereits von Beginn weg ein definiertes Areal einschliessen und nicht aus einem Punkt hervorgehen (Abb 3). Die Kenntnis dieses Subtyps ist wichtig, da diese Läsionen je nach Lokalisation ein höheres Risiko für extrakutane Assoziationen aufweisen, häufiger ulzerieren und oft eine Indikation zur systemischen Therapie darstellen. pisch für ein IH sind. In dieser Situation macht häufig eine Bildgebung mittels Duplex-Sonografie, seltener MRI und je nach Befund auch eine Biopsie Sinn. Die allermeisten IH stellen lediglich ein lokales Problem dar, in einigen Situationen ist aber an extrakutane Assoziationen zu denken und sind entsprechende Abklärungen anzuordnen (Tab 3). Die Therapie der IH hat sich in den letzten wenigen Jahren grundlegend gewandelt. Seit der zufälligen Entdeckung ihrer exzellenten Wirksamkeit stellen nicht-kardioselektive Betablocker (Propranolol) die Therapie der Wahl dar3) und zwischenzeitlich wurde ein für diese Indikation speziell entwickeltes Präparat (Hemangiol®) auch in der Schweiz zugelassen. Eine Indikation zur systemischen Therapie besteht in den folgenden Situationen4): Die Diagnose von IH erfolgt meist klinisch und ist bei typischer Anamnese und Vorliegen eines superfiziellen, roten Anteils häufig einfach. Bildgebende Verfahren sind routinemäs sig nicht erforderlich, die IH sind stets in der Haut oder Subkutis lokalisiert und beziehen im Unterschied zu anderen vaskulären Anomalien Muskeln oder andere Strukturen nicht mit ein. Differentialdiagnostisch schwieriger können rein subkutane IH sein, da hier an Hämangiom-Imitatoren wie andere vaskuläre Tumoren, vaskuläre Malformationen und nicht-vaskuläre benigne und maligne Tumoren zu denken ist (Tab 2), insbesondere wenn die Anamnese und der klinische Verlauf nicht ty- •Unmittelbar lebensbedrohliche IH (selten, z. B. grössere Atemwegshämangiome) •Funktionsgefährdende IH (Risiko einer Beeinträchtigung des Sehvermögens, der Nahrungsaufnahme, des Gehörs etc.) Abbildung 3: Segmentales Hämangiom im Gesicht, in dieser Situation mit Risiko für ein PHACES-Syndrom (vgl. Tab 3). Abbildung 4: Granuloma pyogenicum. Abbildung 2: Oberflächliche, gemischte und subkutane Hämangiome. 22 SGP- Kongress 2015 Interlaken Vol. 26 Nr. 4 2015 •Ulzerierte Hämangiome (Schmerzen, bleibende Narben) •Risiko für Entstellung Insbesondere der letzte Punkt gibt manchmal Anlass zu Diskussionen und eine Behandlung aus primär ästhetischer Indikation muss mit den Eltern sorgfältig besprochen werden. Generell ist die Schwelle zur Behandlung in den letzten Jahren seit Eintreffen der guten Sicherheitsdaten dieser Therapie gesunken. Da das therapeutische Resultat ganz entscheidend von der maximalen Hämangiomgrösse abhängt, kommt einer frühen Evaluation einer Behandlung und Antizipation möglicher Komplikationen eine ganz entscheidende Bedeutung zu. So konnte sehr gut gezeigt werden, dass ein Behandlungsbeginn bis ins Alter von 90 Tagen deutlich bessere Resultate zeigt als danach3). Es lohnt sich daher, Kinder mit grös seren IH in den ersten Lebenswochen engmaschig zu beurteilen und im Zweifelsfall rasch an ein erfahrenes Zentrum zu überweisen. Auch Teledermatologie-Services können hier entscheidend zu einer frühen Selektion behandlungsbedürftiger IH beitragen. Kontraindikationen für die Behandlung mit Propranolol stellen höhergradige AV-Überleitungsstörungen, eine unkontrollierte bronchiale Hyperreagibilität sowie persistierende Hypotonien dar. Üblicherweise wird das Medikament von den Kindern problemlos vertragen. Die klinisch relevantesten, potentiell gefährlichen Nebenwirkungen im Säuglingsalter betreffen die Verstärkung einer bronchialen Obstruktion sowie das erhöhte Risiko für Hypoglykämien. Diese Situationen können bei guter Instruktion der Eltern (vorübergehender Stopp der Medikation bei schwereren Luftwegsinfekten und in Perioden verminderter Abbildung 5: Kapilläre Malformation (Nävus flammeus), mit typischer scharfer Mittellinienbegrenzung Nahrungsaufnahme) mehrheitlich umgangen werden. Die Propranolol-Dosierung beträgt typischerweise 2 mg/kg/Tag verteilt auf 2 Dosen. Nicht selten steht man vor dem Dilemma, dass man ein IH gerne behandeln würde, jedoch das potentielle Risiko einer systemischen Therapie eine solche nicht rechtfertigt. Dies betrifft insbesondere kleine IH im Gesichtsbereich, welche nicht unmittelbar funktionsbedrohend sind. Für diese Situationen hat sich die topische Betablockerbehandlung etabliert, wobei meist Timolol 0.5 % verwendet wird. Es handelt sich um eine off-label-Therapie, üblicherweise wird magistral ein Gel aus Timolol-Augentropfen hergestellt. Der zweite, insbesondere im Kleinkindesalter häufige vaskuläre Tumor, ist das Granuloma pyogenicum (Abb 4). Es handelt sich um biologisch vom IH komplett unterschiedliche Tumoren, welche häufig nach einem Minimaltrauma auftreten. Klinisch sind sie als schnell wachsende, wenige Millimeter grosse Knötchen zu erkennen, welche sehr rasch erodieren und anhaltend bluten können, was ihnen im englischen auch die Bezeichnung «band-aid-disease» eingebracht hat. Therapie der Wahl ist hier die oberflächliche Abtragung und Koagulation der Basis mit dem Elek trokauter oder bei grösseren Läsionen die Totalexzision. Stets empfehlen wir eine histologische Untersuchung, da ein (selten auftretendes) kindliches Melanom von einem Granuloma pyogenicum klinisch oft nicht unterschieden werden kann5) . Wichtige vaskuläre Anomalien im Säuglingsalter Die häufigsten und für den pädiatrischen Praxisalltag relevantesten vaskulären Anomalien betreffen die Kapillaren. Da diese Läsionen ebenfalls rot sind, bestehen manchmal klinische Schwierigkeiten in der Abgrenzung zum IH. Eine klare Unterscheidung ist aber zentral, da sich kapilläre Malformationen sehr wesentlich punkto Prognose, potentiell assoziierter Probleme und Therapie von IH unterscheiden. Die mit Abstand klinisch relevanteste kapilläre Malformation ist der Nävus flammeus (Feuermal, port-wine stain, Abb 5). Er tritt mit einer Häufigkeit von ca. 0.3 % auf. Die Hämangiom-Imitatoren Andere vaskuläre Tumoren • Kongenitale Hämangiome • Kaposiformes Hämangioendotheliom • Tufted Angioma Vaskuläre Malformationen • Venöse Malformation • Lymphatische Malformation • Gemischte vaskuläre Malformation Nicht-vaskuläre benigne Tumoren und Erkrankungen • Infantiles Myofibrom • Pilomatrixom • Encephalocele/Meningocele/ heterotopes Hirngewebe Maligne Tumoren • Infantiles Fibrosarkom • Rhabdomyosarkom Tabelle 2: Auswahl möglicher Differentialdiagnosen von IH, adaptiert nach Eichenfield/ Frieden eds, Neonatal and Infant Dermatology, 3rd edition, ElsevierSaunders. Mehr als nur Hämangiom … Mögliche Assoziation Plaquetyp-Hämangiom im Gesicht > 5 cm Risiko für PHACES-Syndrom (ca. 30 %): Posterior fossa anomalies, Hemangioma, Arterial anomalies, Cardiac anomalies, Eye abnormalities, Sternal defects Grosse Hämangiome an Wangen, Hals, Jugulum («Bartbereich») Risiko für Luftwegshämangiome Hämangiome im Lumbosakralbereich > 2.5 cm Risiko für spinale Dysraphie, bei ausgedehnteren Plaque-Typ-Hämangiomen auch weitere Anomalien des Urogenital- und Anorektaltraktes (LUMBAR-Syndrom) –> 5 kutane Hämangiome Risiko für Leberhämangiome Tabelle 3: Situationen, in welchen an mögliche extrakutane Assoziationen bei IH gedacht werden muss 23 SGP- Kongress 2015 Interlaken Läsionen sind stets bei Geburt voll ausgebildet und fallen als rote, scharf begrenzte, homogene, praktisch ausnahmslos unilaterale Makulae mit scharfer Mittellinienbegrenzung auf. Häufig ist das Gesicht betroffen, die Nävi flammei können aber überall am Körper vorkommen. Kürzlich konnten somatische Mutationen im GNAQ-Gen als ursächlich identifiziert werden6) . Nävi flammei sind üblicherweise primär von ästhetischer Bedeutung. Es können in gewissen Fällen aber auch assoziierte medizinische Probleme vorliegen. Am häufigsten tritt ein kongenitales oder sich später manifestierendes Glaukom auf, wobei Kinder gefährdet sind, deren Feuermal die Augenlider oder den Stirnbereich betreffen. Bei entsprechendem Befund ist eine unmittelbare ophthalmologische Beurteilung in den ersten Lebenstagen und dann repetitiv in gewissen Abständen indiziert. Selten können Nävi flammei auch von einer intrazerebralen Mitbeteiligung im Sinne einer leptomeningealen Angiomatose begleitet sein, was als Sturge-Weber-Syndrom bezeichnet wird und klinisch häufig mit schwer zu behandelnden Krampfanfällen und sonstigen neurologischen Problemen manifest wird. Traditionellerweise wurde das Sturge-Weber-Syndrom mit Nävi flammei im Bereich des ersten Trigeminusastes assoziiert. Neue Daten zeigen allerdings, dass das gesamte frontotemporale Areal ein entsprechendes Risiko zeigt7) und wir klären betroffene Patienten im Alter von 3–6 Monaten bildgebend mittels MRI ab. Nävi flammei sind nie spontan regredient. Im Gegenteil – sehr häufig kommt es mit zunehmendem Alter zu einer Dunkelverfärbung, Abbildung 6: Typischer Nävus simplex (Storchenbiss). Vol. 26 Nr. 4 2015 stärkeren Infiltration mit höckriger Oberfläche und Ausbildung von Granulomata pyogenica. Ebenfalls sind die Läsionen nicht selten von einer manchmal sehr auffälligen Hypertrophie der darunterliegenden Weichgewebe begleitet. Sie weisen daher insbesondere bei Lokalisation im Gesicht ein erhebliches Stigmatisierungspotential auf. Ob eine Behandlung erfolgen soll, muss individuell mit den Familien besprochen werden. Unserer Ansicht nach ist eine Therapie bei Läsionen im Gesicht üblicherweise indiziert. Therapie der Wahl ist der Einsatz eines gefäss-spezifischen Lasers, wobei meist der gepulste Farbstofflaser zum Einsatz kommt. Betablocker sind immer wirkungslos. Die Lasertherapie ist bei frühem Beginn wirksamer, erfordert dann aber aufgrund der assoziierten Schmerzhaftigkeit eine Kurznarkose, später ab Beginn der Pubertät ist häufig auch eine Behandlung in Oberflächenanästhesie möglich. An unserer Institution beginnen wir die Behandlung bei Läsionen im Gesicht nach Möglichkeit im Alter von 12 Monaten, wobei immer wiederholte Sitzungen (ca. 6–8) erforderlich sind zur Erreichung einer relevanten Aufhellung. Eine wichtige Differentialdiagnose zum Nävus flammeus stellt der Nävus simplex (Storchenbiss) dar (Abb 6). Es scheint sich hier um eine funktionelle kapilläre Malformation, möglicherweise ein Überbleibsel der fetalen kutanen Durchblutung, zu handeln. Meist kann der Nävus simplex klinisch sehr einfach vom Feuermal unterschieden werden. Der Nävus simplex ist fast ausnahmslos symmetrisch in der Mittellinie anzutreffen und bezieht sehr häufig die Glabella, die Augenlider, die Nasenflügel, das Philtrum, den Nacken sowie manchmal auch den Rücken mit ein. Auch ist er häufig farblich etwas weniger kräftig als das Feuermal und etwas weniger scharf begrenzt. Die Prognose des Nävus simplex ist ausserordentlich günstig und es tritt im Gesicht meistens bis ins Alter von 1–2 Jahren eine spontane Regredienz ein. Im Nacken hingegen verbleibt er häufig lebenslang in abgeschwächter Form. Der klassische Nävus simplex wird so gut wie nie von extrakutanen Manifestationen begleitet. Auch ein Einbezug der Augenlider bedeutet im Unterschied zum Feuermal kein Glaukomrisiko. Die übrigen, in Tabelle 1 erwähnten vaskulären Malformationen sind deutlich seltener. Häufig handelt es sich um sehr komplexe 24 Probleme, welche interdisziplinär an hierfür spezialisierten Zentren behandelt werden und somit nicht im Fokus dieses Artikels stehen. Wir hoffen, den Leserinnen und Lesern einen praxisrelevanten Leitfaden in der Beurteilung und Behandlung häufiger vaskulärer Anomalien und insbesondere in der Differentialdiagnose des «Säuglings mit dem roten Fleck» gegeben zu haben. Für besonders Interessierte sei auf die weiterführende Literatur verwiesen8)–12) . Referenzen 1) Theiler M, Walchli R, Weibel L. Vascular anomalies – a practical approach. J Dtsch Dermatol Ges 2013. 2) Luu M, Frieden IJ. Hemangioma: Clinical Course, Complications, and Management. Br J Dermatol 2013. 3) Leaute-Labreze C, Hoeger P, Mazereeuw-Hautier J, et al. A randomized, controlled trial of oral propranolol in infantile hemangioma. N Engl J Med 2015; 372: 735–46. 4) Hoeger PH, Harper JI, Baselga E, et al. Treatment of infantile haemangiomas: recommendations of a European expert group. European journal of pediatrics 2015; 174: 855–65. 5) Cordoro KM, Gupta D, Frieden IJ, McCalmont T, Kashani-Sabet M. Pediatric melanoma: results of a large cohort study and proposal for modified ABCD detection criteria for children. J Am Acad Dermatol 2013; 68: 913–25. 6) Shirley MD, Tang H, Gallione CJ, et al. Sturge-Weber syndrome and port-wine stains caused by somatic mutation in GNAQ. N Engl J Med 2013; 368: 1971–9. 7) Waelchli R, Aylett SE, Robinson K, Chong WK, Martinez AE, Kinsler VA. New vascular classification of port-wine stains: improving prediction of Sturge-Weber risk. Br J Dermatol 2014; 171: 861–7. 8) Clemens RK, Pfammatter T, Meier TO, Alomari AI, Amann-Vesti BR. Combined and complex vascular malformations. Vasa 2015; 44: 92–105. 9) Clemens RK, Pfammatter T, Meier TO, Alomari AI, Amann-Vesti BR. Vascular malformations revisited. Vasa 2015; 44: 5–22. 10)Greene AK, Alomari AI. Management of venous malformations. Clinics in plastic surgery 2011; 38: 83–93. 11.)Greene AK, Orbach DB. Management of arteriovenous malformations. Clinics in plastic surgery 2011; 38: 95–106. 12)Greene AK, Perlyn CA, Alomari AI. Management of lymphatic malformations. Clinics in plastic surgery 2011; 38: 75–82. Korrespondenzadresse Dr. med. M. Theiler Pang Oberarzt pädiatrische Dermatologie Universitäts-Kinderspital Zürich Steinwiesstrasse 75 CH-8032 Zürich Tel. +41 44 266 82 81 Fax +41 44 266 80 30 Martin.theiler@kispi.uzh.ch SGP- Kongress 2015 Interlaken Vol. 26 Nr. 4 2015 SGP-Kongress Interlaken 2015: Zusammenfassung von Das Thema wird in vier Abschnitte eingeteilt. Mustapha Mazouni, Lausanne Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds 1. Myriam Bickle-Graz: «Développement neurologique des prématurés» Frau Dr. Bickle-Graz ist Leiterin der Abteilung für Entwicklung der neonatologischen Abteilung des CHUV Lausanne. Ziel dieser vor 30 Jahren geschaffenen Abteilung ist es, Risikoneugeborene, u.a. Frühgeborene < 32 SSW beim Verlassen des Spitals und langfristig nachzukontrollieren. Es handelt sich hier um eine Standortbestimmung, die auf eingehendem Studium der jüngsten Literatur zur neurologischen Entwicklung Frühgeborener beruht und in 3 Abschnitten vorgestellt wurde. Als Einführung erinnert die Referentin an die epidemiologischen Daten weltweit und der Schweiz insbesondere: < 32 SSW: 1 % = 830/ Jahr, 32–36 SSW: 6.2 % = 5100/Jahr, < 37 SSW: ca. 6000/83000 Geburten jährlich. Im ersten Teil fasst die Autorin die allge meinen, langfristigen Folgen der Vorge burtlichkeit zusammen: Herzkreislauf- und metabolische Probleme (Adipositas, Bluthochdruck, etc.), Lungenschäden (Lungenfunktionsstörung, Asthma), Seh- (Retinopathie, in der Schweiz 1.4–2.5 %, Refraktionsstörungen, Strabismus) und Gehörstörungen (1.5–1 %). Im zweiten Teil werden langfristige Folgen der Vorgeburtlichkeit auf die neurologische Entwicklung beschrieben: Motorisch: Vorübergehende Tonus- und Haltungsstörungen werden bei 11–60 % und Störungen der Koordinationsentwicklung bei 19 % (9.5–34 %) der Frühgeborenen < 32 SSW, Zerebralparese bei 8.7 % der Frühgeborenen < 32 SSW und 2.4 % der Frühgeborenen 34–37 SSW festgestellt. Kognitive Funktionen: Die verminderte Intelligenz äussert sich durch einen um 2 Punkte tieferen IQ/fehlende SSW und 2.7 Punkte/ fehlende SSW bei den Mathematikaufgaben; Sprachstörungen haben 20 % der Kinder. Verhalten und exekutive Funktionen: Die Referentin erinnert zuerst an die hauptsächlichsten exekutiven Funktionen (Hemmungskontrolle, mentale und kognitive Flexibilität, Arbeitsgedächtnis) und deren Testmethoden, um dann auf die Störungen dieser Funktionen und ihre sozialen und schulischen Auswirkungen einzugehen. Die Störungen der exekutiven Funktionen bestehen in verminderter Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, verminderter Kontrolle von Hemmungen, Impulsivität und gestörter emotioneller Regulation. Im dritten Teil geht Dr. Bickle-Graz auf die Zusammenhänge zwischen Vorgeburtlichkeit und geistiger Gesundheit ein. Bei Frühgeborenen werden häufiger Schwierigkeiten beim Regulieren von Emotionen, Viktimisierung in der Schule, externalisierende (z. B. Verhaltens störungen) und internalisierende (z. B. Depression) Störungen festgestellt. Die Autorin erwähnt auch die Zusammenhänge zwischen bildgebenden Befunden des Gehirns und Verhalten des frühgeborenen Kindes sowie die neuesten Daten betreffend Vorgeburtlichkeit und Autismus und, längerfristig, Schizophrenie. Abschliessend kam die Referentin noch darauf zu sprechen, inwiefern Schmerzen beim Neugeborenen später Verhaltensstörungen verursachen, und wie Eltern das Verhalten Frühgeborener modulierend beeinflussen können. 2. Newman C.J. et al. «Sleep: the other life of children with neurodisability» C. J. Newman ist als Privatdozent an der Abteilung für Neuropädiatrie und Neurorehabilitation des CHUV Lausanne tätig. In seinem interessanten und umfassenden Vortrag zum Schlaf von Kindern mit neurologischen Störungen geht der Referent einführend auf die normalen Aspekte und Neurobiologie des Schlafes und Schlafstörungen beim gesunden Kind ein, anschliessend auf die verschie- denen Arten neurologischer Behinderung (angeboren oder erworben), Lokalisation von Läsionen (zentral, peripher) und betroffenen Funktionen (kognitiv, motorisch, sensorisch). 25 Schlafstörungen bei neurologischer Behinderung Die meisten Patienten mit einer neurologischen Krankheit, sei es geistige Behinderung, ein genetisches Syndrom oder Zerebralparese, leiden an Schlafstörungen. Diese sind sehr verschiedener Natur, u. a. Schlaflosigkeit, Atemstörungen während dem Schlaf, zentrale Hypersomnie. Die Diagnose und eine genaue Beschreibung dieser Schlafstörungen erhält man durch eine sorgfältige Anamnese, mit Hilfe von Fragebögen und/oder nächtlicher Polygraphie. Der Autor geht auf Schlaf bei geistiger Behinderung und auf die zahlreichen ätiologischen Faktoren der Schlafstörungen ein. Schlafstörungen im Zusammenhang mit Zerebralparese sind häufig, 6–8-mal häufiger als in der Normalbevölkerung und sehr verschiedenartig: Einschlaf-, Durchschlaf- und Aufwachstörungen, Atemstörungen im Zusammenhang mit Schlaf, übermässige Schläfrigkeit. Prädiktive Faktoren für Schlafstörungen beim Kind mit Zerebralparese sind medizinischer, individueller und umweltbedingter Natur. Im dritten Teil analysiert der Referent Schlafstörungen im Zusammenhang mit neuromuskulären Krankheiten, wie die Muskeldystrophie Duchenne oder die spinale Muskelatrophie, und geht insbesondere auf die Rolle der nächtlichen Bewegungslosigkeit ein. Der vierte und letzte Teil geht der Frage nach «Wie kann einem Kind mit einer neurologischen Behinderung bei Schlafstörungen geholfen werden?». Dr. Newman empfiehlt ein sehr pragmatisches, problemorientiertes, auf präzisen anamnestischen und diagnostischen Grundlagen basierendes Vorgehen. Die Frage des Co-sleeping wird vom Referenten in Betracht gezogen und detailliert besprochen. Schliesslich insistiert er auf der Bedeutung einer adäquaten Ausstattung der Schlafstelle. 3. Takeuchi YL, Bonvin R, Ambresin AE. «Teaching with adolescent simulated patients. What can we learn from medical students? A mixed methods study» Y. L. Takeuchi ist als Assistenzarzt in Pädiatrie, derzeit an der Unité Pédagogique de la Facul- SGP- Kongress 2015 Interlaken té de Biologie et de Médecine Lausanne tätig. Er stellt hier die vorläufigen Resultate einer in Zusammenarbeit mit der Division interdisciplinaire de santé des adolescents (DISA) durchgeführten Studie vor, mit dem Ziel, die Sicht der Studenten zur Zuhilfenahme simulierter jugendlicher Patienten im Rahmen des Medizinunterrichtes zu erfahren. Der Einsatz Jugendlicher zum Erlernen klinischer Kompetenzen ist für Medizinstudenten ein wesentlicher Beitrag, haben Jugendliche doch ganz spezifische Bedürfnisse. In Lausanne werden gesunde, entsprechend ausgebildete «simulierende» Jugendliche, die die Patientenrolle übernehmen, durch die DISA seit 10 Jahren eingesetzt. Die Studenten beteiligen sich im Verlaufe des 4. Studienjahres in kleinen Gruppen an Workshops mit solchen jugendlichen «Patienten». Dabei nimmt ein Student die Anamnese auf während die übrigen beobachten. Nach 5–10 Minuten wird das Rollenspiel unterbrochen, und «Patient», beobachtende Studenten und Dozent geben dem «Arzt» ein Feedback. Diese Lehrtechnik wird von den Medizinstudenten sehr geschätzt und führt zu einer Verbesserung ihrer klinischen Kompetenz im Umgang mit Adoleszenten. Ein für die Dozenten in diesem Zusammenhang besonders wichtiger Punkt war die dauerhafte Änderung des Verhaltens der Studenten in klinischen Situationen, mit möglicherweise entsprechend positiver Auswirkung auf die Patienten, Transferlernen genannt. Drei Faktoren können dabei einen Einfluss auf den Lernvorgang und den Transfer haben: Persönlichkeit des Studenten, Art der Ausbildung und Arbeitsbedingungen. Ziel der Studie war es: •Untersuchen, was im Workshop geschieht; Analyse der Erfahrungen der Studenten. •Beschreiben der Sicht der Studenten zum Phänomen Transferlernen und der Faktoren, die den Transfer, insbesondere unter klinischen Bedingungen beeinflussen. Vol. 26 Nr. 4 2015 wenig bekannt und komplex. Dies könnte z. B. mit Hilfe von Videos vor den praktischen Workshops mit simulierten Patienten gemacht werden. •Wegen dem geringen Altersunterschied können sich die Studenten leicht mit den jugendlichen Patienten identifizieren. Die Dozenten müssen dieser Tatsache Rechnung tragen und den Studenten helfen, während der «Sprechstunde» von ihren eigenen Erfahrungen Abstand zu nehmen, und so ihrer Rolle als Gesundheitsfachperson gerecht zu werden. •Die Studenten wünschen, dass Bemühungen unternommen werden, den Workshop in einer möglichst realen klinischen Situation abspielen zu lassen, da die klinische Situation ein für den Transfer wichtiger Faktor darstellt. Korrespondenzadresse Prof. hon. Mustapha Mazouni 13 route du Pavement 1018 Lausanne mustapha@mazouni.com Es handelt sich um eine qualitative Studie, bestehend aus semi-strukturierten Interviews mit den Medizinstudenten, vor und nach dem Workshop mit den simulierten Patienten. Generell wurden diese Workshops von den Studenten sehr geschätzt. Es haben sich einige Ansatzpunkte zur Optimierung des Transferlernens ergeben: •Medizinstudenten benötigen konkrete Modelle zur Anamneseerhebung bei Adoleszenten, denn dieser Fachbereich ist ihnen 26 Emma,13Monate Die neue Generation Säuglingsnahrung nach dem Vorbild der Natur HiPP Combiotik ® Klinische Studien belegen Sicherheit und Nutzen von Lactobacillus fermentum* + GOS** in Anfangs- und Folgenahrung ✔ Sicherheit: adäquates Wachstum und Gedeihen ✔ Nutzen: signifikante Reduktion von Durchfallerkrankungen Studie mit Anfangsnahrung1 Studie mit Folgenahrung2 Anzahl Durchfälle pro Kind am Studienende (Alter der Kinder: 6 Monate) Anzahl Durchfälle pro Kind am Studienende (Alter der Kinder: 12 Monate) 0,4 0,4 0,35 0,35 0,3 0,3 0,25 0,2 0,15 p=0,02 – 71% 0,25 0,2 0,15 0,1 0,1 0,05 0,05 0 Kontrollgruppe Studiengruppe nurPräbiotika Präbiotika(GOS)+ (GOS) Probiotika(L.fermentum) p=0,03 – 46% 0 Kontrollgruppe StudiengruppePräbiotika Studiengruppe nurPräbiotika Präbiotika(GOS)+ (GOS)+Probiotika (L.fermentum) (GOS) Probiotika(L.fermentum) ➜Die Studien erfüllen die Forderung der ESPGHAN3, dass Sicherheit und Nutzen von prä- und probiotischen Säuglingsnahrungen nachgewiesen werden sollen. *Lactobacillusfermentumhereditum ®CECT5716– probiotischeMilchsäurekultur,isoliertausMuttermilch **GOS=Galacto-Oligosaccharide,gewonnenausLactose 1 Gil-Camposetal.:PharmRes2012;65:231–238 2 Maldonadoetal.:JPGN2012;54:55–61 3 EuropeanSocietyforPediatricGastroenterology, HepatologyandNutrition–Braeggeretal.:JPGN2011;52:238–50 MehrInformationenunter hipp.ch 1007568 Wichtiger Hinweis:StillenistdiebesteErnährung füreinenSäugling.Säuglingsanfangsnahrung solltenuraufRatvonKinder-undJugendärzten oderanderenunabhängigenFachleutenverwendetwerden. SGP- Kongress 2015 Interlaken Vol. 26 Nr. 4 2015 Obstructive Sleep Apnea Syndrome Vortrag D. Gozal, Chairman of Pediatrics, University of Chicago. 11. Juni 2015, SSP-Jahresversammlung, Interlaken Sophie Joyeux, Sion Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds In seinem brillianten Vortrag, gestützt auf eine langjährige und reiche Erfahrung, vermittelt uns D. Gozal Einblick in die vielfachen Facetten und Zusammenhänge des Obstructive Sleep Apnea Syndrome (OSAS). Dieses Syndrom hat einen Inzidenzpeak im Alter zwischen 2 und 8 Jahren, ein Alter, in welchem die Luftwege leichter dazu neigen, zu kollabieren. Prof. Gozal weist auch auf die Rolle der Hyperplasie von Gaumen- und Rachenmandeln beim zustande kommen dieses Syndroms hin. Es ist wichtig, zwischen in diesem Alter häufigem Schnarchen (10–12 %) und einem OSAS (2–3 %) zu unterscheiden, das zwar weniger häufig ist, aber weitere Verstrickungen hat. Verschiedene (Umwelt)Faktoren beeinflussen dessen Verlauf und Schweregrad: Durch Luftverschmutzung exazerbiertes Asthma, allergische Rhinitis oder eine gleichzeitig bestehende Adipositas. Es ist wichtig zu bedenken, dass ein OSAS eine nicht zu vernachlässigende Morbidität mit sich bringt: Enuresis, Wachstums-, HerzKreislauf-Störung oder Verhaltensstörungen. Es wurde auch eine Neigung zu Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen, verminderter Anpassungsfähigkeit und aggressivem Verhalten beobachtet. Die betroffenen Kinder werden oft als hyperaktiv diagnostiziert und entsprechend behandelt, was wiederum Folgen auf die Lernprozesse hat. In extremen Fällen kann dies bei Patienten mit OSAS zu kognitiven Defiziten, verminderter Lernfähigkeit und Verlust an deklarativem Gedächtnis führen, wie eine Studie von D. Gozal und Mitarbeiter zeigt. Die Krankheitslast (burden of disease) ist Folge des durch Schlafmangel bedingten Verlustes an Hirnzellen. Die Schwierigkeit bei der Betreuung dieser Fälle besteht darin, dass unabhängig von der Schwere des OSAS, der eine Patient eine nennenswerte Morbidität entwickelt, während dies bei einem anderen nicht der Fall sein wird. Also wen behandeln? Man findet in der Tat so viele Phänotypen wie Patienten: Schlafapnoen ebenso wie mild verlaufende systemische entzündliche Krankheiten, körpereigene oder umweltbedingte Faktoren, labiles Gleichgewicht zwischen Verletzlichkeit und Toleranz, alles Elemente welche die Morbidität beeinflussen. Sind bei einem Kind mit einem kognitiven Defizit NADPH-Oxydase oder CRP erhöht, so muss an genetische oder epigenetische Faktoren gedacht werden. Das Vorhandensein des ApoE4-Allels scheint bei OSAS-Patienten zu einem erhöhten Risiko, frühzeitig an Alzheimer zu erkranken, zu führen. Ebenso besteht bei endothelialer Dysfunktion ein erhöhtes Risiko für eine mit dem Syndrom assoziierte frühzeitige kardiovaskuläre Krankheit. Positive Familienanamnese und Adipositas sind zusätzliche Risikofaktoren. Fortschritte der Epigenetik können dazu beitragen, das OSAS besser zu verstehen; so wird z. B. geforscht, wie die unterschiedliche Methylierung des Gens FOX P3 die Aktivierung des Entzündungsprozesses beeinflusst. Der Schlüssel zum Ausdruck des OSAS- Phänotyps scheint die teilweise reversible, anpassungsfähige oder nicht reversible Methylierung zu sein, ebenso wie epigenetische Veränderungen des Gens NO-Synthase, Vorgänge, die erklären können, weshalb ein Kind eine endotheliale Dysfunktion entwickelt, andere aber nicht. Viele Fragen, die dem OSAS zugrunde liegende genomische oder epigenetische Ursachen betreffen, bleiben noch unbeantwortet. Wie wirken sich diese auf den Phänotypus aus, sind diese Veränderungen prädiktive Marker für den Schweregrad des Syndroms, alles Fragen, die D. Gozal faszinieren. 28 Korrespondenzadresse Dr S. Joyeux Médecin assistante Service de pédiatrie CHVR – Hôpital de Sion 1950 Sion Sophie.joyeux@hopitalvs.ch SGP- Kongress 2015 Interlaken Vol. 26 Nr. 4 2015 Die klinische Forschung ist lebendig! Rückblick auf die SwissPedNet-Sitzung – klinische Forschung am SGP-Kongress in Interlaken Andrea Superti-Furga, Lausanne und Urs Frey, Basel Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Wie schon 2013 und 2014 hat das Organi sationskomitee des SGP-Kongresses SwissPedNet eingeladen, eine Sitzung zum Thema klinische Forschung zu veranstalten. Am Freitagnachmittag konnte ein zahlreiches und interessiertes Publikum zehn Vorträge hören. Die angesprochenen Themen reichten von Hämatologie bis Chronobiologie, von Ernährung und Stoffwechsel bis Schmerzbehandlung. Ganz im Sinne von SwissPedNet waren mehrere Vorträge aus Kooperationen zweier oder mehrerer Zentren entstanden. Unser Dank geht an Henrik Köhler (Organisationskomitee) und Pascale Wenger (SwissPedNet) für ihre Hilfe bei der Organisation sowie an die Firma Pfizer für das Spenden der beiden Preise. Auf Wiedersehen 2016! Korrespondenzadresse Prof. A. Superti-Furga Département médico-chirurgical de pédiatrie Rue du Bugnon 21 1011 Lausanne Andrea.Superti-Furga@chuv.ch Entsprechend einer langjährigen Tradition haben wir die englische Sprache nicht vorgeschrieben. Die Referate wurden denn auch auf deutsch, französisch, englisch und sogar mit ein paar Einlagen Schwyzerdütsch vorgetragen. Der Meinungsaustausch hat keineswegs darunter gelitten, ganz im Gegenteil! Das vorwiegend aus klinischen Forschern bestehende Publikum bot eine interessante und konstruktive Diskussion. Eine besondere Erwähnung verdienen zwei von Studenten und ein von einer in der Forschung tätigen Krankenschwester vorgetragenen Referate. Die kleine Jury hatte die schwierige Aufgabe, die beiden besten Vorträge zu bestimmen, welche die von der Firma Pfizer gestifteten Preise erhalten sollten. Schliesslich fiel die Wahl auf Chafika Kies (Lausanne) für ihre Arbeit zur Bedeutung von Urinkultur und von Ultraschall bei Diagnose und Betreuung der Harnwegsinfektion im Kleinkindesalter, und auf Caro Guyer (Zürich) für ihre Studie zum frühzeitigen Auftreten des zirkadianen Rhythmus bei Frühgeborenen. Die Sitzung hinterliess nicht nur zum Stand der klinischen Forschung in der Schweiz einen sehr positiven Eindruck, sondern auch bezüglich Anzahl junger, an Forschung interessierter Kollegen, die hervorragende Resultate erzielen. 29 Publireportage Anpassung der Therapieempfehlungen Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) und der North American Society for Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (NASPGHAN) (1,2) Dr. Michela Tempia-Caliera PD, FMH Pädiatrie, FA Gastroenterologie und Hepatologie EINFÜHRUNG Von der funktionellen Obstipation sind etwa 3% der Weltbevölkerung betroffen. Sie beginnt häufig im ersten Lebensjahr und ist mit einer unregelmäßigen und/oder schmerzhaften Darmentleerung, mit Stuhlinkontinenz und Bauchschmerzen verbunden. Um die Kliniker bei der Wahl der Therapie zu unterstützen, haben die europäische und die nordamerikanische Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie gemeinsame Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit funktioneller Konstipation und deren Betreuung entwickelt. Die Behandlungsempfehlungen werden als Zusammenfassung in diesem Artikel vorgestellt. Nach den Empfehlungen sind zunächst folgende 3 Fragen zu beantworten: A. Welche Wirkung haben nicht-pharmakologische Interventionen auf die Behandlung der Obstipation, wie z. B Ballaststoffe, Flüssigkeit, körperliche Aktivität, Präbiotika, Probiotika, Verhaltenstherapie, Biofeedback, multidisziplinäre Ansätze und alternative Medizin? B. Welche Behandlung ist bei der funktionellen Obstipation am wirksamsten und sichersten, sowohl für die Auflösung der Stuhlimpaktion als auch für die Erhaltungstherapie und welche Verabreichungsart ist am besten geeignet? C. Wie wirksam sind die neuen Arzneimittel wie Lubiproston, Linaclotid und Prucaloprid bei hartnäckiger Obstipation? 1007523 EMPFEHLUNGEN FÜR DIE NICHTMEDIKAMENTÖSE THERAPIE: 1. Normale Ballaststoffzufuhr: Eine zusätzliche Ballaststoffzufuhr zeigt nach einer systematischen Untersuchung der veröffentlichten Studien (3-7) keinerlei Wirkung. 2. Normale Flüssigkeitszufuhr: Zwei systematische Reviews der Literatur zeigten keinen Nutzen einer Steigerung der täglichen Flüssigkeitszufuhr (8, 9). 3. Normale körperliche Aktivität: Es wurde bisher keine einzige randomisierte Studie durchgeführt, welche die Wirkung einer erhöhten körperlichen Aktivität zeigt. 4. Die regelmäßige Einnahme von Prä- und oder Probiotika kann nicht empfohlen werden. Vier systematische Reviews (8-11) der durchgeführten Studien zeigten keinerlei Nutzen. 5. Die Anwendung eines intensiven Verhaltenstherapie-Programms wird nicht empfohlen. Tatsächlich zeigen drei Untersuchungen von 194 Studien zum Thema keinen Zusatznutzen im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Laxantien (8, 10, 12). Nur ein Patient, bei dem die Beschwerden in Zusammenhang mit einer Verhaltensstörung auftreten, kann von einer Behandlung durch einen Psychotherapeuten profitieren. 6. Alternative Therapien (Akupunktur, Homöopathie, Manipulationen wie Chiropraktik, Yoga) oder multidisziplinäre Ansätze (diätetisch, psychologisch, usw.) oder Biofeedback werden nicht empfohlen. B./C. EMPFEHLUNGEN FÜR DIE MEDIKAMENTÖSE THERAPIE: Die Empfehlungen basieren auf der Fachmeinung, die sich auf fünf systematische Untersuchungen stützt (8, 10, 13-15). Sie umfassen folgende Punkte: 1. Eine Entmystifizierung mit physiopathologischen Erklärungen, sowie Ratschläge zur Sauberkeitserziehung ab dem 4. Lebensjahr. 2. Die orale Behandlung mit Polyethylenglykol (PEG) mit oder ohne Elektrolyte wird als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Arzneimittel auf PEG-Basis sind tatsächlich wirksamer als Lactulose, wobei Letzteres dem Arzneimittel auf Basis von Magnesiumhydroxid, Mineralöl oder Plazebo überlegen ist. Das PEG ist außerdem bei allen Altersgruppen sicher. Aus diesem Grund ist, wenn die Verordnung von PEG nicht möglich ist, eine Grundbehandlung auf Lactulosebasis die Therapie der ersten Wahl. Therapien auf Basis von Magnesiumhydroxid, Mineralöl oder Laxantien werden entweder als Mittel der zweiten Wahl oder als adjuvante Therapie empfohlen. 3. Die Erhaltungstherapie muss mindestens 2 Monate lang durchgehalten werden. 4. Eine zusätzliche Erhaltungstherapie mit Darmspülungen wird nicht empfohlen. 5. Mindestens einen Monat vor Absetzen der Behandlung müssen alle Symptome der Obstipation verschwunden sein. 6. Das Absetzen des Arzneimittels muss nach und nach durch Ausschleichen erfolgen. 7. Wenn gerade mit der Sauberkeitserziehung begonnen wurde, darf die Medikation erst abgesetzt werden, wenn das Kind sauber ist. 8. Die neuen Therapien wie Lubiproston, Linaclotide und Prucaloprid haben sich bei der Behandlung der Obstipation bei Erwachsenen als wirksam erwiesen. Allerdings liegen bis heute keine Studiendaten zur Wirkung bei Kindern vor. Aus diesem Grund werden sie für pädiatrische Patienten nicht empfohlen. Die Tabelle unten zeigt eine Zusammenfassung der empfohlenen Dosierungen: Desimpaktion Therapiewahl Laxanzien Dosierung Dauer 1 PEG* 1-1,5 g/ kg/ Tg. 3-6 Tage 2 Darmspülung 1 x/ Tg. 3-6 Tage * Diese Indikation ist nicht für alle Produkte auf PEG-Basis zugelassen: Bitte lesen Sie die entsprechende Fachinformation Erhaltungstherapie Therapiewahl Orale Laxanzien Dosierung 1 PEG Erhaltung mit 0,4 g/ kg/ Tg. Je nach klinischer Response anpassen 2 Lactulose 1-2 g/ kg /Tg. 1 bis 2 x/Tg. 3 Magnesiumhydroxid 2-5 Jahre: 0,4-1,2 g/ kg/ Tg. 6-11 Jahre: 1,2- 2,4 g/ kg/ Tg. 12-18 Jahre: 2,4-4,8 g/ kg/ Tg. Referenzen: 1. Tabbers MM, DiLorenzo C, Berger MY, et al. Evaluation and Treatment of Functional Constipation in Infants and Children: Evidence-based recommendantions from ESPGHAN and NASPGHAN. JPGN 2014;58: 258–274 2. Baker SS, Liptak GS, Colletti RB, et al. Constipation in infants and children: evaluation and treatment. A medical position statement of the North American Society for Pediatric Gastroenterology and Nutrition. J Pediatr Gastroenterol Nutr 1999;29:612–26. 3. Loening-Baucke V, Miele E, Staiano A. Fiber (glucomannan) is beneficial in the treatment of childhood constipation. Pediatrics 2004;113:e259–64. 4. Castillejo G, Bullo M, Anguera A, et al. A controlled, randomized, double-blind trial to evaluate the effect of a supplement of cocoa husk that is rich in dietary fiber on colonic transit in constipated pediatric patients. Pediatrics 2006;118:e641–8. 5. Kokke FT, Scholtens PA, Alles MS, et al. Adietary fiber mixture versus lactulose in the treatment of childhood constipation: a double-blind randomized controlled trial. 6. Chmielewska A, Horvath A, Dziechciarz P, et al. Glucomannan is not effective for the treatment of functional constipation in children: a double-blind, placebo-controlled, randomized trial. Clin Nutr 2011; 30:462–8. 7. U¨ stu¨ndag˘ G, Kulog˘lu Z, Kirbas¸ N, et al. Can partially hydrolyzed guar gum be an alternative to lactulose in treatment of childhood constipation? Turk J Gastroenterol 2010;21:360–4. 8. Tabbers MM, Boluyt N, Berger MY, et al. Constipation in children. Clin Evid (Online) 2010;2010:ii:0303. 9. Tabbers MM, Boluyt N, Berger MY, et al. Nonpharmacologic treatments for childhood constipation: systematic review. Pediatrics 2011;128:753–61. 10. Pijpers MA, Tabbers MM, Benninga MA, et al. Currently recommended treatments of childhood constipation are not evidence based: a systematic literature review on the effect of laxative treatment and dietary measures. Arch Dis Child 2009;94:117–31. 11. Chmielewska A, Szajewska H. Systematic review of randomised controlled trials: probiotics for functional constipation. World J Gastroenterol 2010;16:69–75. 12. Brazzelli M, Griffiths PV, Cody JD, et al. Behavioural and cognitive interventions with or without other treatments for the management of faecal incontinence in children. Cochrane Database Syst Rev 2011; CD002240. 13. Price KJ, Elliott TM. What is the role of stimulant laxatives in the management of childhood constipation and soiling? Cochrane Database Syst Rev 2001; CD002040. 14. Lee-Robichaud H, Thomas K, Morgan J, et al. Lactulose versus polyethylene glycol for chronic constipation. Cochrane Database Syst Rev 2010; CD007570. 15. Candy D, Belsey J. Macrogol (polyethylene glycol) laxatives in children with functional constipation and faecal impaction: a systematic review. Arch Dis Child 2009;94:156–60. Fragen und Antworten zur Erfahrung im Praxisalltag Dr. Michela Tempia-Caliera PD, Fachärztin für Pädiatrie (FMH), FA Gastroenterologie und Hepatologie 1 Sind Sie in Ihrem Praxisalltag häufig mit Patienten konfrontiert, die an Obstipation leiden? Als Fachärztin für pädiatrische Gastroenterologie gehören Patienten mit Obstipation zu meinem Alltag. 2 Welche Faktoren sind bei der Wahl der Therapie zu berücksichtigen? Ab dem Alter von 4 Jahren ist eine Beratung zur Sauberkeitserziehung mit einer Entmystifizierung anhand physiopathologischer Erklärungen angebracht. Für den Behandlungsbeginn werden Mittel auf Polyethylenglykol-Basis (PEG-Basis) als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Diese Arzneimittel sind tatsächlich wirksamer als Lactulose, die aber wiederum Arzneimitteln auf Basis von Magnesiumhydroxid, Mineralöl oder Plazebo überlegen sind. Es ist außerdem bei allen Altersgruppen sicher. 3 Wie kann man eine gute Compliance sicherstellen? Die Erhaltungstherapie muss mindestens 2 Monate lang durchgeführt werden. Während der Erhaltungstherapie wird nicht empfohlen, Darmspülungen durchzuführen. Anschliessend ist eine engmaschige Überwachung unabdingbar, um eine gute Compliance sicherzustellen. 4 Auf dem Schweizer Markt gibt es derzeit mehrere Arzneimittel auf Macrogol-Basis. Wodurch unterscheiden sich diese Produkte voneinander? Die drei wichtigsten Unterschiede sind: - mit oder ohne Elektrolyte - die Dosierung des Wirkstoffs - das Aroma 5 Welche therapeutischen Vorteile bietet ein Produkt auf der Basis von Macrogol 4000 ohne Elektrolyte im Vergleich zu einem Produkt auf Basis von Macrogol 3500 mit Eletrolyten? Die Produkte auf Basis von Macrogol 4000 ohne Elektrolyte sind in ihrer Wirkung mit elektrolythaltigen Produkten vergleichbar. Zusätzlich geniessen diese Produkte oft eine bessere Compliance aufgrund ihres besseren Geschmacks. 6 Welche Erfahrungen haben Sie im Praxisalltag mit Laxipeg gemacht? Laxipeg, Macrogol 4000 ohne Elektrolyte wird als angenehmer empfunden, vor allem von kleinen Kindern, da es nicht salzig schmeckt. Die Zeit der Obstipation läuft ab Kassenzulässig*, 10% Selbstbehalt Die Wirksamkeit von Macrogol1 1007515 Ideal für Kinder dank dem praktischen Messlöffel Ge Ohne Elektrolyte für einen besseren Geschmack und eine bessere Compliance2 Null Salz viel sc hma ck Ohne Elektrolyte für eine bessere Compliance Laxipeg® Z: Macrogol 4000. I: Obstipation bei Erwachsenen und Kindern. D: Beutelinhalt in 125 ml Wasser auflösen und rasch trinken. Erwachsene und Kinder > 8 J.: 1 – 2 Beutel/Tag; Pulver aus Dose: 4 – 8 volle Messlöffel/Tag; Tageshöchstdosis von 20 g Pulver nicht überschreiten. Kinder < 8 J und weniger als 20 kg schwer: übliche Anfangsdosis 0,7 g/kg täglich. KI: schwere entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), toxisches Megakolon, Perforation oder Gefahr einer Perforation im Verdauungstrakt, Ileus oder Verdacht auf intestinale Obstruktion, Schmerzen im Bauchraum unbest. Ursprungs, Überempfindlichkeit gegenüber Macrogol oder einem der Hilfsstoffe. VM: Kinder von 6 Mt. – 2 J. (KG von mind. 6 kg) nur nach Rücksprache mit Arzt anwenden. Bei jüngeren und leichteren Kindern nicht anwenden. Vor Behandlungsbeginn organische Funktionsstörung ausschliessen; max. Therapiedauer bei Kindern: 3 Mt. Vorsicht bei Diarrhö bei Patienten mit Störungen des WasserElektrolyt-Haushalts. UW: Meteorismus und/oder Abdominalschmerzen, Nausea, Diarrhö. Schwangerschaft: Vorsicht geboten. P: Beutel 10 g: 20 und 100; Dose Pulver: 200 g (C* Lim.). [Mai 2013]. Ausführliche Angaben finden Sie auf http://www.swissmedicinfo.ch. Referenzen 1. Chaussade S, Minić M. Comparison of efficacy and safety of two doses of two different polyethylene glycol-based laxatives in the treatment of constipation. Aliment Pharmacol Ther. 2003 Jan;17(1):165-72. 2. De Giorgio, R., et al., Use of macrogol 4000 in chronic constipation. Eur Rev Med Pharmacol Sci, 2011. 15(8): p. 960-6. Zambon Schweiz AG, Via Industria 13 - CH-6814 Cadempino, www.zambon-ch.ch Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 MMR, 2 Jahre – 2 Dosen! Nicole Pellaud, SGP-Präsidentin Mitglied des Komitees für eine Schweiz ohne Masern Traduction: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Liebe Mitglieder Masern sind nicht harmlos. Sie finden hier eine Lagebeurteilung der Strategie zur Maserneliminierung in der Schweiz. Erklärtes Ziel ist es, eine Durchimpfung mit 2 MMR-Dosen bei 95 % der 2-jährigen Kinder zu erreichen. Die unten stehende Tabelle zeigt Ihnen, wo Ihr Kanton sich befindet. Schützen Sie sich und Ihre Kinder. Trotz der erreichten Fortschritte, haben wir die Durchimpfungsrate von 95 % im Alter von 2 Jahren noch nicht erreicht, das Beispiel eines Kantons beweist jedoch, dass es möglich ist. Die Rolle der Haus- und Kinderärzte ist dabei entscheidend, es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass Masern in der Schweiz eliminiert wird. Bei der Kontrolle der Impfbüchlein kann die Liste der Impfstoffe, die eine Maserkomponente enthalten, behilflich sein (www.swiss-paediatrics.org). IER JETZT H HUTZ C S F P IM . PRÜFEN www.stopmasern.ch Kanton AG AI AR BE BL BS FR GE GL GR JU LU NE CH % 89 84 80 81 89 82 83 95 85 78 85 87 90 87 Kanton NW OW SG SH SO SZ TG TI UR VD VS ZG ZH % 73 82 84 89 90 82 83 85 79 88 86 87 87 Tabelle: Durchimpfungsrate nach Kantonen für 2 MMR-Dosen bei 2-jährigen Kinder. 32 Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Masernelimination: Das Ziel ist in Reichweite! Aber das Wichtigste ist jetzt alle noch vorhandenen Impflücken zu schliessen. Deborah Gaspoz, MSc Das Jahr 2015 ist für die Elimination der Masern in der Schweiz entscheidend, und alle können für die Zielerreichung einen Beitrag leisten. Im Rahmen der breit abgestützten Nationalen Strategie zur Masernelimination 2011–2015 von Bund, Kantonen, medizinischen Fachorganisationen und Berufsverbänden wurden bereits viele Massnahmen umgesetzt – mit ermutigenden Resultaten. Die wichtigsten Ziele der Strategie sind: 1. dass in jeder neuen Geburtskohorte mindestens 95 % der zweijährigen Kinder mit 2 Dosen vor Masern geschützt sind, 2. dass bis Ende 2015 die Impflücken bei den nach 1963 Geborenen geschlossen sind und 3. dass Masern-Ausbrüche in allen Kantonen möglichst rasch mit einheitlichen Massnahmen unter Kontrolle gebracht werden. Die wichtigsten Massnahmen Das nationale «Komitee für eine Schweiz ohne Masern» mit 15 Persönlichkeiten aus Gesundheit, Sport, UNICEF, Konsumentenschutz und Politik setzt sich auf politischer Ebene und mittels Medienarbeit für die breite Unterstützung der Masernelimination ein. Eltern spricht man über verschiedene Kanäle auf die Wichtigkeit, ihr Kind rechtzeitig impfen zu lassen, und die Konsequenzen des NichtImpfens an. Im Fall eines Masernausbruchs können ungeimpfte Kinder vorübergehend aus der Kita oder Schule ausgeschlossen werden. Dazu versenden die kantonalen Gesundheitsbehörden z. B. persönliche Briefe, und beim Krippen- und Schuleintritt gibt es spezifische Informationen. Kinderarztpraxen vereinbaren bei einer Konsultation mit den Eltern von Kleinkindern gleich einen Termin zum empfohlenen Zeitpunkt der MMR-Impfung oder laden aktiv dazu ein. Für familiennahe Fachpersonen finden von der Berner Fachhochschule erstellte Kommunikationsschulungen zum Thema Impfen statt. Das elektronische Impfbüchlein für alle wird gefördert. Man kann es via App oder auf www.meineimpfungen.ch selbstständig oder durch eine medizinische Fachperson erstellen, bei Säuglingen idealerweise gleich ab den ersten Impfungen in der (Kinder-)Arztpraxis. Es erinnert automatisch an allenfalls fehlende Impfungen, ist passwortgeschützt jederzeit abrufbar, geht nicht mehr verloren und kann ausgedruckt werden. Sobald es durch einen Arzt oder Apotheker validiert ist, hat es die gleiche Gültigkeit wie ein Impfausweis aus Papier. Nachholimpfungen mit maximal 2 Dosen benötigen insbesondere Jugendliche und bis 50-jährige Erwachsene, die häufig nicht wissen, dass sie nicht oder nur ungenügend geschützt sind. Dazu führen Bund und Kantone seit 2013 gemeinsam die nationale Kampagne «Stopp Masern» (www.stopmasern.ch) mit den Slogans «Gegen Masern impfen und nichts verpassen» und «Gib Masern keine Chance» durch. Es geht vor allem darum, Jugendliche und Erwachsene dazu zu motivieren, ihren Impfstatus kontrollieren zu lassen und allfällige Impflücken so rasch wie möglich mit einer Nachholimpfung zu schliessen. Diese ist bis Ende 2015 von der Franchise befreit, und in vielen Kantonen fördern Aktionen vor Ort die Nachholimpfung. Ärztinnen und Ärzte überprüfen systematisch die Impfausweise und führen die nötigen Nachholimpfungen durch. Eine Hochrechnung aufgrund einer Erhebung in Praxen der ärztlichen Grundversorgung des Sentinella-Meldesystems ergab für 2014 insgesamt 33 500 Nachholimpfungen bei 2- bis 50-Jährigen. Die Befragten gaben an, dass sie in 10 Monaten durchschnittlich 4,4 Nachholimpfdosen verabreichten (Allgemeinärzte und Internisten: 3,5 Dosen, Kinderärzte: 9,1 Dosen). Ein Inter- 33 nist verabreichte sogar 109 und ein Kinderarzt 107 Dosen. Die erwähnten Pädiater nutzten die Gelegenheit einer Konsultation der Kinder, um auch Eltern mit Impflücken vollständig je nach Situation mit ein oder zwei Dosen eines kombinierten MMR-Impfstoffs vor Masern, Mumps und Röteln zu schützen: Ein Drittel aller Nachholimpfdosen in Kinderarztpraxen war für ein Elternteil. Die 2013 publizierten «Richtlinien zur Bekämpfung von Masernausbrüchen» geben einen Rahmen, wie in allen Kantonen Maserninfektionen rasch und effizient unter Kontrolle gebracht werden können. Impfempfehlungen •Als Basisimpfung für alle Kinder empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die kombinierte Impfung gegen Masern, Röteln und Mumps (MMR): die erste Dosis im Alter von 12 Monaten, die zweite zwischen 15 und 24 Monaten. •Eine Nachholimpfung (MMR) ist in jedem Alter möglich und wird allen nach 1963 geborenen Personen empfohlen, die nicht zweimal geimpft sind und die Masern noch nicht hatten. •Für Säuglinge mit erhöhtem Risiko einer Masernerkrankung (Frühgeborene, in Krippen, bei Tagesmüttern) oder bei einer Epidemie ist die erste Dosis MMR mit 9 Monaten und die zweite im Alter von 12 bis 15 Monaten empfohlen. Bei direktem Kontakt mit einer erkrankten Person sollte eine erste Dosis bereits ab 6 Monaten verabreicht werden. •Der Mindestabstand zwischen zwei Dosen beträgt jeweils einen Monat. Aktueller Stand In praktisch allen Kantonen und Altersklassen nahm die Durchimpfung weiter zu. In den acht Kantonen, die an der Erhebung 2014 teilnahmen, sind bereits 87 % der zweijährigen Kinder mit zwei Impfdosen vor Masern geschützt. Besonders erfreulich: Gerade in Kantonen, welche bislang unter dem nationalen Durchschnitt lagen, gab es deutliche Fortschritte: zum Beispiel in Appenzellinnerrhoden von 50 auf 85 %, in Schwyz von 76 auf 82 % und in Luzern von 82 auf 87 %. Genf, Waadt und Freiburg haben bei den 8-jährigen Schulkindern die angestrebten 95 % bereits erreicht. Ausserdem ist Genf der erste Kanton, in dem über 95 % der 2-Jährigen mit zwei Dosen ge- Hinweise schützt sind. Damit Masern als eliminiert gelten, müssen 95 % der Bevölkerung immun sein, und jährlich darf noch maximal eine Erkrankung pro Million Einwohner vorkommen. Die Anzahl bestätigter Masernfälle ging in der Schweiz in den letzten Jahren zurück: von 664 im Jahr 2011, über 65 im 2012 und 176 im 2013 bis auf noch 23 im 2014. Dies entsprach 2014 einer Inzidenz von 2,8 Erkrankungen pro Million Einwohner. Somit ist dieses Kriterium für die Elimination noch nicht ganz erreicht. Durch die bei Kleinkindern stark verbesserte Durchimpfung erkranken nur noch wenige Kinder an Masern. Die Krankheit tritt daher vorwiegend noch bei Jugendlichen und Erwachsenen ohne genügenden Impfschutz auf: Im Zeitraum von 2012 bis 2014 lag das mittlere Alter der Patienten bei 15 Jahren, die Tendenz setzte sich 2015 fort. In der WHO-Region Europa sind derzeit 50 % der Länder masernfrei. 2014 traten jedoch noch über 16 000 Masernfälle auf, mit Ausbrüchen in Italien, Slowenien, Bosnien und Deutschland. In Berlin starb im Februar 2015 ein nicht geimpftes, erst 18 Monate altes Kind an Masern. Mit Reisenden gelangen Masernviren auch in bereits masernfreie Länder. So kam es 2014 zu Ausbrüchen in Brasilien, und Anfang 2015 erkrankten in den USA, ausgehend von einem Masernfall im Disneyland, mehr als 100 meist nicht-geimpfte Kinder und Erwachsene. Wie können Gesundheitsfachpersonen dazu beitragen, die Masern in der Schweiz zu eliminieren? 1. Über Masern sprechen: Dank der Impfung ist die Krankheit mittlerweile so selten, dass man die teils schwersten Komplikationen kaum noch kennt. Fachpersonen im Gesundheitsbereich haben Einfluss auf das Impfverhalten ihrer Patientinnen und Patienten sowie deren Umfeld. Es gilt, die bei einigen Personen bestehenden Ängste vor Impfnebenwirkungen ernst zu nehmen, Verunsicherungen anzusprechen und durch sachliche Information das Vertrauen in die Impfempfehlungen zu stärken. 2. Masernerkrankungen vorbeugen: Jeder Arzt-Patienten-Kontakt (z. B. in der Notfallstation, vor Auslandreisen, bei gynäkologischen Kontrollen) kann dazu genutzt werden, im Impfausweis aller nach 1963 geborenen Patientinnen und Patienten den Masern-Impfstatus zu überprüfen und fehlende Impfungen sofort oder beim nächsten Termin nachzuholen. Und schliesslich sollten alle Fachperso- Vol. 26 Nr. 4 2015 nen im Medizinalbereich sowie in der Säuglingsbetreuung auch selbst über einen Impfschutz verfügen. 3. An Masern denken: Jeder Verdachtsfall (Trias: 1. Fieber, 2. makulopapulöses Exanthem, 3. Husten, Rhinitis oder Konjunktivitis) soll sofort an den kantonsärztlichen Dienst gemeldet und per Laboranalysen auf Masern getestet werden. Das Ziel einer masernfreien Schweiz rückt in greifbare Nähe. Gegenwärtig sind Masernausbrüche aber immer noch jederzeit möglich. Das heisst, es lohnt sich weiter zu handeln. Die Impfung ist eine einfache, sichere, wirksame und nicht zuletzt auch kostensparende Gesundheitsinvestition für alle. Am Freitag, 6. November, findet (gleichzeitig mit dem Grippeimpftag) der «Stopp-MasernTag» statt. Noch bis Ende 2015 ist die Masernimpfung für alle, die sich vor der Krankheit schützen möchten, von der Krankenkassen-Franchise befreit. Es lohnt sich also besonders jetzt, seine Impflücken zu schlies sen. Weitere Informationen www.stopmasern.ch: Webseite mit Infos und Abbildungen zu den Masern, dem OnlineRisiko-Check sowie zur Kampagne, inkl. Bestellmöglichkeiten für Kampagnenmaterial und zu Aktionen in den Kantonen. www.bag.admin.ch/masern: Webseite des BAG mit aktuellen Zahlen und vielen Informationen zur Krankheit, Impfung und Strategie sowie Faktenblättern für die Bevölkerung und Fachpersonen. www.meineimpfungen.ch: Gratis sein persönliches elektronisches Impfbüchlein erstellen: Es ist passwortgeschützt abrufbar, erinnert automatisch an Impfungen – und kann nie mehr verloren gehen. Korrespondenzadresse Deborah Gaspoz, MSc Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Gesundheit BAG Schwarztorstrasse 96 CH-3003 Bern Tél. +41 58 462 74 99 Fax +41 31 323 87 95 Deborah.Gaspoz@bag.admin.ch www.bag.admin.ch 34 Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Statistik Neugeborenen Screening Schweiz 2014 Neu im Neugeborenen Screening: Glutarazidurie Typ 1 und Ahornsirup-Krankheit R. Fingerhut, M. Baumgartner, Zürich Analysen 2014 1965–2014 Phenylalanin (MS/MS) 86 339 3 876 871 Gal-1-P Uridyltransferase (Enzymatisch) 86 339 3 708 238 Galaktose (Enzymatisch) 86 339 3 569 196 Thyreoidea Stimulierendes Hormon (DELFIA) 86 339 3 023 566 Biotinidase (Fluorimetrisch) 86 339 2 288 202 17-OH-Progesteron (DELFIA) 86 339 1 864 539 Acylcarnitine (MS/MS) 86 339 806 626 Immunoreactives Trypsin IRT (DELFIA, Pilot)* 86 339 342 018 Glutarylcarnitin (MS/MS) ab November 2014 14 764 14 764 Verzweigtkettige Aminosäuren (MS/MS) ab 11/14 14 764 14 764 Krankheiten 2014 1965–2014 Phenylketonurie + andere Hyperphenylalaninämien 12 489 Galaktosämie/Galaktokinase Mangel/UDP-Gal-4-EpimeraseMangel 2 90 Primäre Hypothyreose 20 830 Biotinidase Mangel (komplett/partiell) 9 72 Adrenogenitales Syndrom 5 189 MCAD-Mangel 9 73 Zystische Fibrose 23 106 Glutarazidurie Typ 1 (GA-1) 0 0 Ahornsirup-Krankheit (MSUD) 0 0 Neu wird seit 1.11.2014 auch auf Glutarazidurie Typ 1 (GA-1) und die AhornsirupKrankheit (MSUD, Maple Syrup Urine Dise ase) gescreent (siehe separate Texte aus der Broschüre zum Neugeborenenscreening hierzu). Weitere Informationen finden sie auch auf unserer neuen Homepage unter www.neoscreening.ch. Korrespondenzadresse Neugeborenen-Screening Schweiz PD Dr. rer. nat. R. Fingerhut (Technischer Leiter) Prof. Dr. med. M. Baumgartner (Medizinischer Leiter) Steinwiesstrasse 75 8032 Zürich Tel. 044 266 71 11 Glutarazidurie Typ 1 (GA-1) Bei dieser Stoffwechselkrankheit können die Aminosäuren Lysin und Tryptophan, normale Bestandteile aller tierischen und pflanzlichen Eiweisse, im Körper nicht normal verarbeitet werden. Als Folge entstehen Stoffwechselprodukte, die für das Gehirn giftig sind. Betroffene Kinder haben in der Neugeborenenperiode meist keine Symptome. Unbehandelt haben die meisten Kinder einen grossen Kopf und im Verlauf eine Entwicklungsverzögerung sowie diskrete Bewegungsstörungen. Im Alter von 3 Monaten bis zu 3 Jahren treten, oft ausgelöst durch banale Infekte, akute Stoffwechselkrisen auf, die zu bleibenden Bewegungsstörungen und schwerster Behinderung führen. Mit einer speziellen Diät und Substitution von L-Carnitin kann die GA-1 gut behandelt werden. Zur Verhinderung von Stoffwechselkrisen wird in den ersten Lebensjahren bereits bei banalen Infekten vorsorglich eine stationäre Notfallbehandlung eingesetzt. AhornsirupKrankheit (MSUD) Die AhornsirupKrankheit (auch MSUD genannt) ist eine angeborene Stoffwechselstörung bei der bestimmte Eiweiss-Bausteine (die sogenannten Aminosäuren Leuzin, Isoleuzin und Valin) im Körper nicht richtig verarbeitet werden können. Als Folge davon häufen sich giftige Stoffe an, die zu einer sehr raschen Verschlechterung des Neugeborenen führen können. Besonders gefürchtet ist das Auftreten einer Hirnschwellung, die ein Koma auslösen kann. Unbehandelt kann diese Krankheit zum Versterben führen. Es sind auch milde Formen bekannt, bei welchen Patienten weniger schwer betroffen sind. Mit einer speziellen Ernährung kann die MSUD gut behandelt werden. Im Neugeborenen-Screening entdeckte Patienten haben eine gute Prognose. 35 Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Migrationskinder gehen uns alle etwas an Nicole Pellaud, Präsidentin der SGP Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie beteiligt sich am Projekt des Staatssekretariates für Migration und der Tripartiten Agglomerationskonferenz TAK «Aufwachsen – Gesund ins Leben starten», das eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine möglichst gute Entwicklung der Kinder mit Migrationshintergrund anstrebt. Gesund sein hängt von zahlreichen Faktoren ab und verschiedene Berufsverbände und politische Instanzen sind gefordert. Einrichtungen zur Betreuung von Kleinkindern spielen dabei, dank der Qualität von Betreuung und Umfeld, eine zentrale Rolle und sind wichtige Partner bei diesem Projekt. Die Pflegekinderverordnung von 1977 hält die Qualitätskriterien für die Aufnahme von Minderjährigen ausserhalb des Elternhauses fest. Kinderärzte werden in Artikel 15c dieser Verordnung angesprochen: «Die Bewilligung darf nur erteilt werden: wenn … für ärztliche Überwachung gesorgt ist.» Migrationskinder können Gesundheitsprobleme haben, die allen Kindern gemeinsam sind, aber ihre besondere Situation kann auch zu spezifischen Problemen führen, wie Übergewicht oder durch die traumabelastete Vorgeschichte der Familie bedingte Entwicklungsstörungen, um nur diese zu nennen. Hier treffen sich Pädagogik und Pädiatrie zugunsten einer bestmöglichen Entwicklung der Kinder. Ein Bereich, der in gewissen Kantonen erkundet wurde und der es verdient, in allen Regionen der Schweiz entwickelt zu werden. Der nachfolgende Beitrag ermöglicht es uns, die im pädagogischen Bereich entwickelten Aktionen besser zu erfassen und über mögliche Verknüpfungen zur Pädiatrie nachzudenken. 36 Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Gesund und chancengleich ins Leben starten – die Bedeutung der Frühen Kindheit Eliane Fischer und Miriam Wetter, Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz Frühe Kindheit, Frühförderung, frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung … Die erste Lebensphase rückt in den Fokus – nicht nur unter Fachpersonen in Kindertagesstätten und Spielgruppen oder Fachleuten der Psychomotorik und Heilpädagogik, sondern auch bei staatlichen Stellen, in der Politik, in Städten und Gemeinden oder bei den Fach- und Berufsverbänden, die sich um Schwangerschaft, Geburt und erste Lebensjahre kümmern. angesprochen. Das Netzwerk Kinderbetreuung und die Schweizerische UNESCO-Kommission haben diesen beiden Themen deshalb zusammen mit Partnern je eine vertiefende Fokuspublikation zum Orientierungsrahmen gewidmet (Netzwerk Kinderbetreuung & Schweizerische UNESCO-Kommission 2014, 2015). Das Fundament wird in den ersten Lebensjahren gelegt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft setzen denn auch immer wieder grosse Hoffnungen in die Angebote für die frühe und frühste Kindheit. Sie sollen den Kindern die soziale Integration erleichtern, sie fit für die Schule machen, ihnen unsere Landessprachen beibringen, den späteren beruflichen Erfolg sichern, Jugendgewalt vermeiden, den sinnvollen Umgang mit (neuen) Medien lehren, ihr Interesse an den naturwissenschaftlichen Fächern stärken, ihnen Wissen über gesunde Ernährung und die Gewohnheit von ausreichend Bewegung mit auf den Weg geben und vieles mehr. Und diese Erwartungen werden mit den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft (Globalisierung, Migration, Fachkräftemangel) weiter wachsen. Gleichzeitig gibt es keine Bundespolitik oder eine bundesrätliche Strategie, die sich speziell diesen ersten Lebensjahren annimmt. Vielmehr handelt es sich um eine Querschnittaufgabe, die auf allen föderalen Ebenen ganz unterschied- Die Bedeutung der Frühen Kindheit ist unbestritten. So halten Corina Wustmann Seiler und Heidi Simoni im Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (2012) fest: «In Fachkreisen ist der Stellenwert der frühen Kindheit für die Bildungsbiographie eines Menschen längst erkannt. Entsprechend werden Erkenntnisse über die Chancen und Voraussetzungen gelingender früher Bildungsprozesse sowie über die Auswirkungen eines verfehlten oder fehlenden Förder- und Bildungsverständnisses bereits seit langem intensiv diskutiert und erforscht. Die Trias «Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung» kann – bei entsprechend guter Qualität! – die Chancengleichheit verbessern.» Neben der Bildungsbiographie sind auch die Integration sowie die psychische und physische Gesundheit der Kinder Geeignete Rahmenbedingungen sind gefragt liche Politiken (Familien-, Sozial-, Gesundheits-, Migrations-, Finanz- und Steuerpolitik etc.) und damit Departemente, Ämter oder Direktionen betrifft und mit der sich eine Vielzahl von Berufs- und Fachverbänden rund um Schwangerschaft, Geburt und erste Lebensjahre beschäftigt. Die Tripartite Agglomerationskonferenz TAK – die politische Plattform von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden für eine gemeinsame Agglomerationspolitik – hat darauf reagiert und 2013 den Integrationsdialog «Aufwachsen – gesund ins Leben starten» ins Leben gerufen. Damit möchte sie einen Beitrag leisten, um die Rahmenbedingungen für eine gute körperliche, seelische und soziale Entwicklung im frühen Kindesalter zu optimieren – und zwar für alle Kinder, unabhängig ihrer Herkunft. Zusammen mit nicht-staatlichen Akteuren im Bereich der Frühen Kindheit hat die TAK im Sommer des vergangenen Jahres 13 Empfehlungen formuliert (TAK 2014). Die Empfehlungen umfassen verschiedene Schwerpunkte: Die Informationsmaterialien und -kanäle, die sich an die Eltern richten, werden überprüft und wenn nötig optimiert. Berufspersonen und staatliche Stellen werden vermehrt für die Thematik sensibilisiert und systematisch über laufende Projekte und bestehende Angebote informiert. Ausserdem soll die Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren intensiviert werden. Um sprachliche Barrieren abzubauen, möchte man Fragen rund um den Einsatz von Dolmetschdienstleistungen und deren Finanzierung klären. Und nicht zuletzt sollen die Sprach kompetenzen von anderssprachigen Eltern gestärkt werden, um die Kommunikation während medizinischer Konsultationen zu vereinfachen. Feed und Dialog Frühe Kindheit Das Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz trägt mit dem zweijährigen Projekt «Feed und Dialog Frühe Kindheit» zur Umsetzung der Empfehlungen bei. Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz – Engagement für Qualität in der Frühen Kindheit Um den Qualitätsfragen der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung mehr Gewicht zu verleihen, haben sich Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Verbände für Kindertagesstätten, Tagesfamilien und schulergänzende Betreuungsangebote zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern von Trägerschaften, Wirtschaft, Forschung, Bildung und Politik an einen anfangs informellen Runden Tisch gesetzt und daraus im Jahr 2006 das Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz als Verein gegründet. www.netzwerk-kinderbetreuung.ch 37 Mit dem Info-Feed Frühe Kindheit sorgt das Netzwerk in den Kanälen der Dialogpartner für regelmässige Beiträge zum Themenfeld «Frühe Kindheit – Integration – Gesundheit – Armutsbekämpfung». Im Info-Feed auf unserer Website www.netzwerk-kinderbetreuung. ch/feed finden Sie tagesaktuelle News, Hinweise auf Publikationen, Studien und Projekte Hinweise sowie Veranstaltungen aus dem Themenspektrum. Schauen Sie vorbei, fügen Sie den Info-Feed zu Ihren Favoriten hinzu oder abonnieren Sie den RSS-Feed! Haben Sie Neuigkeiten zu einem dieser Themen? Wir nehmen Ihre Hinweise gerne unter info@netzwerkkinderbetreuung.ch entgegen. Auf Basis des Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (www.orientierungsrahmen.ch) führt das Netzwerk Kinderbetreuung zudem zwei Dialogveranstaltungen mit interessierten Partnern durch. Daraus entstehen zwei vertiefende Publikationen. Vol. 26 Nr. 4 2015 Der Orientierungsrahmen als erstes Referenzdokument im Frühbereich in der Schweiz Mit der Herausgabe des Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung haben das Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz und die Schweizerische UNESCO-Kommission einen Prozess der Qualitätsentwicklung in Angeboten für die Frühe Kindheit in Gang gesetzt. Mit seiner hohen Resonanz im Fachbereich der Frühen Kindheit und darüber hinaus, ist es dem Orientierungsrahmen gelungen, eine gemeinsame Grundlage für verschiedene Institutionen, Akteure und Personen in allen drei Sprachregionen zu sein, die ihren (beruflichen) Alltag mit und für kleine Kinder gestalten. Mehr über die Anwendung und Erprobung des Orientierungsrahmens in 25 Partnerprojekten und die begleitenden Fokuspublikationen: www.orientierungsrahmen.ch Literatur Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz & Schweizerische UNESCO-Kommission [Hrsg.] (2014): Fokuspublikation Integration: Aspekte und Bausteine qualitativ guter Integrationsarbeit in der Frühen Kindheit. Eine thematische Vertiefung des Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Zofingen. Abrufbar unter: www.netzwerkkinderbetreuung.ch/files/XEKH5UV/fokuspublikation_ integration_a4_dt_140908_lowres.pdf, Einsicht am 18.08.2015. Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz & Schweizerische UNESCO-Kommission [Hrsg.] (2015): Fokuspublikation Gesundheit: Aspekte und Bausteine qualitativ guter Gesundheitsförderung und Prävention in der Frühen Kindheit. Eine thematische Vertiefung des Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Zofingen. Abrufbar unter: www.netzwerk-kinderbetreuung.ch/files/ A U I Y W T 2/f o k u s p u b l i k a t i o n _ g e s u n d h e i t _ a 4 _ dt_150129_low.pdf, Einsicht am 30.04.2015. TAK, Tripartite Agglomerationskonferenz (2014): TAKIntegrationsdialog «Aufwachsen – gesund ins Leben starten». Empfehlungen an die Dialogpartner (27. Juni 2014). Abrufbar unter: www.dialog-integration.ch/_ upload/file/i_20140916-104849-705.pdf, Einsicht am 18.08.2015. Wustmann Seiler, C. & Simoni, H. (2012): Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz. Erarbeitet vom Marie Meierhofer Institut für das Kind, erstellt im Auftrag der Schweizerischen UNESCO-Kommission und des Netzwerks Kinderbetreuung Schweiz. Zürich. Abrufbar unter: www.orientierungsrahmen.ch, Einsicht am 18.08.2015. Korrespondenzadresse Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz c/o mcw Wuhrmattstrasse 28 4800 Zofingen info@netzwerk-kinderbetreuung.ch 38 rt Ho ch d osie ute ✓ Seh r g Resorption ✓ G ut im c k Gesch ma ✓ 1 Für Höchstleistungen ohne Muskelkrämpfe 1007185 Gekürzte Fachinformation Magnesiocard® (Magnesiumpräparat). Indikationen: Magnesiummangel, Herzrhythmusstörungen, erhöhter Bedarf im Hochleistungssport und während Schwangerschaft, bei Eklampsie und Präeklampsie, tetanischem Syndrom und Wadenkrämpfen. Dosierung: 10-20 mmol täglich, entsprechend der Darreichungsform (Granulat, Brausetabletten, Tabletten) aufgeteilt in 1-3 orale Einzeldosen. Anwendungseinschränkungen: Eingeschränkte Nierenfunktion. Die gleichzeitige Verabreichung mit Tetrazyklinen ist zu vermeiden. Unerwünschte Wirkungen: Als Folge hochdosierter oraler Magnesiumtherapie können weiche Stühle auftreten. Packungen: Tabletten (2.5 mmol) 50, 100; Granulat (5 mmol) Citron und Granulat (5 mmol) Orange 20*, 50; Brausetabletten (7.5 mmol) 20*, 60; Granulat (10 mmol) Grapefruit und Granulat (10 mmol) Orange 20*, 50*; Ampullen i.v. (10 ml) 10; Verkaufskategorie B. Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch. © 2014 Biomed AG. All rights reserved. 1 Classen, H.G. et al. Vergleichende tierexperimentelle Untersuchungen über die Resorption von Magnesium als Sulfat, Chlorid, Aspartat und Aspartat-Hydrochlorid aus dem Magen-Darm-Trakt. Arzneim.-Forsch., 23, 267-271, 1973. *kassenpflichtig ergoasw.ch Einfach 1x täglich 10 mmol Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Den Kleinkindbereich für das Thema Gesundheit stärken Die Projektgruppe von Miapas Gerne informieren wir Sie über ein Projekt, welches Gesundheitsförderung Schweiz gemeinsam mit nationalen Akteuren durchführt. Mit der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe SGGG, dem Schweizerischen Verband der Mütterberaterinnen SVM, dem Schweizerischen Hebammenverband, der Swiss Society of Paediatrics ssp sgp, der Stillförderung Schweiz, dem Berufsverband Schweizerischer Stillberaterinnen BSS sowie mit UNICEF Schweiz führt die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz ein Projekt zur Stärkung des Kleinkindbereichs1) im Thema Gesundheit durch. Dieses Projekt trägt den Namen Miapas2) und findet in Koordination mit dem TAK-Integrationsdialog «Aufwachsen: Gesund ins Leben starten» statt, bei dem die Konferenz der Kantonsregierungen KdK, das Bundesamt für Gesundheit BAG und das Staatssekretariat für Migration SEM federführend sind. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.dialog- integration.ch/de/aufwachsen. Das Projekt Miapas dauert in seiner ersten Phase bis Ende 2016 und beinhaltet folgende übergeordneten Ziele und Massnahmen: •Austausch und Lobbying sowie interdisziplinäre Koordination und Zusammenarbeit Kantonale Entscheidungsträger/-innen sollen durch entsprechendes Lobbying für die Wichtigkeit und Stärkung der Tätigkeiten im Kleinkindbereich sensibilisiert werden. Als erstes Produkt liegt ein Grundlagenpapier mit dem Titel «Zur Bedeutung professioneller Arbeit im Kleinkindbereich – ein Grundlagenpapier mit Blick auf theoretische Überlegungen, empirische Evidenz und erfolgreiche Praxis» vor. Ebenfalls wird im Juli 2015 ein ergänzendes Argumentarium zu 1) Mit Kleinkindbereich sind die Lebensphasen von Schwangerschaft bis zum 4. Lebensjahr gemeint. 2) Die Bedeutung lässt sich ableiten aus dem Französischen «mes pas» oder «mes premiers pas» = meine ersten Schritte. diesem Grundlagenpapier vorliegen. Beide Dokumente werden als Download auf der Webseite www.gesundheitsfoerderung.ch/ kleinkinderbereich verfügbar sein. •Empfehlungen, Weiterbildung und Verbreitung von Good Practice Es sollen gemeinsame Empfehlungen und Botschaften der Berufsverbände zu Ernährung und Bewegung während der Schwangerschaft, im Säuglings- und Kleinkindalter bestehen und in einem breiten Kreis der Berufsgruppen bekannt sein. Ergänzend dazu wird auf der Basis von bereits erprobten Inhalten ein interdisziplinäres und modulares Weiterbildungskonzept zu Ernährung während der Schwangerschaft, im Säuglings- und Kleinkindalter erarbeitet und zur Verfügung gestellt. Weiter entsteht eine Internetplattform, die Empfehlungen, Grundlagen und Praxistipps für Multiplikator/-innen zu Ernährung und Bewegung im Kleinkindbereich zur Verfügung stellen wird. Die Zielgruppen beziehungsweise Nutznies senden des Projekts sind die Fachpersonen der einzelnen beteiligten Berufsverbände sowie weitere Fachpersonen im Kleinkindbereich. Die Umsetzung der Massnahmen liegt in erster Linie bei Gesundheitsförderung Schweiz in der Einheit Programme beim Team Ernährung und Bewegung. Gerne informieren wir Sie laufend über die Entwicklungen und Ergebnisse des Projekts. Korrespondenzadressen Dr. med. Sabine Heiniger Eggimann FMH Kinder und Jugend Medizin Kistlerstrasse 23 a 3065 Bolligen sabine.heiniger@hin.ch Dr. med. Josef Laimbacher Chefarzt Jugendmedizin Claudiusstrasse 6 9006 St. Gallen josef.laimbacher@kispisg.ch 40 Hinweise Vol. 26 Nr. 4 2015 Gesundheit von Mutter und Kind in humanitären Krisen – ein anerkanntes Ausbildungsangebot Michel Roulet, Lausanne Der Begriff Gesundheit von Mutter und Kind umfasst die Gesundheit schwangerer und gebärender Frauen, Neugeborener und von Kleinkindern unter fünf Jahren. Diese ist vor allem in humanitären Krisensituationen (Konflikte und Naturkatastrophen) besonders gefährdet. In solchen Situationen gehören zwei Drittel jener, die Pflege- und Schutzmassnahmen benötigen, zu diesen gefährdeten Gruppen. Um die Kompetenzen des Pflegepersonals in so genannten entwickelten Ländern im Bereich der Mutter-Kind-Gesundheit in humanitären Notsituationen zu entwickeln, führen die Fachhochschule für Gesundheit Waadt (Ecole de Santé Vaud, HESAV) und die Stiftung Terre des hommes (Tdh) 2016 ein berufsbegleitendes Weiterbildungsprogramm (Certificate of Advanced Studies [CAS]) ein. In humanitären Katastrophen ist der Zugang zu Trinkwasser, Ernährung (Stillen inbegriffen), medizinischer Versorgung und Unterkünften erschwert. Diese Situationen haben verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit von Kleinkindern: Akute Mangelernährung, Durchfallerkrankungen, Infektionen der Atemwege und Malaria stellen die grössten Gefahren dar. Besonders gefährdet sind Neugeborene; die Säuglingssterblichkeit nimmt deutlich zu. Auch die Gesundheit von schwangeren und gebärenden Frauen sowie Müttern junger Kinder verschlechtert sich. Die Periode von 1000 Tagen, welche die 280 Tage der Schwangerschaft und die 720 Tage der ersten zwei Lebensjahre umfasst, wird von der WHO und UNICEF als die meist gefährdete anerkannt. Für Mutter und Kind stellt die Geburt das heikelste Ereignis des Lebens dar. Im Zeitraum, der sich von den ersten Wehen bis 48 Stunden nach der Geburt erstreckt, sterben jedes Jahr 150 000 Mütter auf der Welt, 1,6 Millionen Neugeborene überleben nicht und 1,2 Millionen Föten, die am Anfang der Entbindung noch lebten, werden totgeboren. Fast alle diese Todesfälle erfolgen in Entwicklungsländern. Notsituationen und politische Instabilität erhöht die Anzahl der Todesfälle weiter. Humanitäre Krisen sind heutzutage zahlreich – unter anderem Konflikte in Syrien, der Ukraine, im Jemen; islamistischer Terrorismus im Mittleren Osten und Afrika; die Ebolafieber-Epidemie in Guinea, Sierra Leone und Liberia; verheerendes Erdbeben in Nepal; Zustrom von Flüchtlingen nach Europa; Überschwemmungen in Myanmar. Leider deutet nichts darauf hin, dass sich die Situation verbessern würde. Achtzig Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe, drei Viertel davon sind Frauen und Kinder. So viele Leben von Müttern und Kindern wie nur möglich retten und das mit beschränkten klinischen und paraklinischen Mitteln; die geschädigten lokalen Sanitätseinrichtungen unterstützen; den Wiederaufbau gemeinschaftlicher Gesundheitszentren erleichtern – das sind die drei grossen Prinzipien, auf denen die von HESAV und Tdh organisierte Ausbildung beruht. Am Ende ihrer Ausbildung haben die Studentinnen die notwendigen Kenntnisse erlangt, um Bedürfnisse im Bereich der Gesundheit von Mutter und Kind zu identifizieren und geeignete, effiziente und wirksame Einsätze zugunsten von Müttern, Neugeborenen und Kleinkindern in komplexen humanitären Krisensituationen durchführen zu können. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt bei der Entwicklung zweier besonderer Kompetenzen: Die Betreuung und Erbringung sachgerechter therapeutischer Lösungen sowie die Errichtung einer logistischen Hilfe und Dimensionen in Verbindung mit der Förderung von Gesundheit und der Prävention von Krankheiten. Das CAS beginnt im Januar 2016 und endet im November des gleichen Jahres. Es besteht aus 120 Stunden Frontalunterricht (auf siebzehn 41 Tage im Jahr verteilt) in Lausanne, der in zwei Module aufgeteilt ist: das erste legt den Schwerpunkt auf die Pflege und Behandlung von Kleinkindern und das zweite auf die Behandlung schwangerer und gebärender Frauen, Wöchnerinnen und Neugeborenen. Im ersten Modul werden allgemeine Aspekte humanitärer Krisen behandelt, sowie theoretische Aspekte und das integrierte Management von Kinderkrankheiten (Integrated Management of Childhood Illness, IMCI) sowie die akute Mangelernährung; das zweite Modul beschäftigt sich mit theoretischen und praktischen Aspekten perinataler, sexueller und reproduktiver Gesundheit. Zusätzlich zum Frontalunterricht muss mit etwa 200 Stunden selbstständiger Arbeit gerechnet werden. Am Ende der Ausbildung ist eine Prüfung vorgesehen. Bei erfolgreichem Bestehen erlangt man 10 ECTS-Punkte und 37 Kredite bei der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie. Weitere FMH-Kredite sind angefragt worden. An wen richtet sich das CAS? An diplomierte Ärzte/Ärztinnen, Krankenpflegepersonal und Hebammen, die aus so genannten entwickelten Ländern kommen und die sich bereits jetzt oder in Zukunft im Bereich der Gesundheit von Mutter und Kind in humanitären Krisensituationen einsetzen. Die Anmeldefrist läuft bis Ende November 2015. Die Kosten der Ausbildung betragen CHF 4300.–. Unter bestimmten Bedingungen stehen Stipendien zur Verfügung. Für weitere allgemeine Informationen http://www.hesav.ch/postgrade/formation/ cas-hesav/cas-en-sant%C3%A9-maternoinfantile-dans-les-crises-humaintaires Für weitere personalisierte Informationen michel.roulet@tdh.ch Meinung der Leser Vol. 26 Nr. 4 2015 Leserbrief zu Paediatrica 2015; 26 (1): 32–34 Referenzen Take it with some salt – the second look. Peter Salfeld, Münsterlingen Jürg Barben und Claudia Kuehni kommentieren in Ihrem Artikel «Therapie der akuten Bronchiolitis, nützt hypertones Kochsalz?» die heterogene Datenlage zu hypertonem Kochsalz bei akuter viraler Bronchiolitis (AVB) und folgern hieraus, dass die gültigen Schweizer Richtlinien keiner Überarbeitung bedürfen1) . Wie von Herrn Barben und Frau Kuehni an geführt, ist die Datenlage nicht eindeutig, mehrere klinisch relevante Bereiche sind zu berücksichtigen: Verkürzung der Aufenthaltsdauer, Reduktion der Hospitalisationsrate, Symptomverbesserung, Sicherheit sowie Wirkmechanismus bei Patienten mit AVB. Die im aktuellen Cochrane Review eingeschlossenen Studien zu hypertonem Kochsalz bei AVB zeigen in einem gut definierten, aber heterogenen Patientenkollektiv in einem Single Centre Setting eine signifikante Verkürzung der Aufenthaltsdauer2). Die angeführten europäischen Multicenterstudien vermögen beide nicht die Verkürzung der Hospitalisationsdauer zu bestätigen3), 4) . Die Hospitalisationsrate kann bei den im Cochrane Review eingeschlossenen Studien zur prästationären Ver wendung von hypertonem Kochsalz nicht einheitlich gesenkt werden. Die Anzahl der hypertonen Kochsalzgaben und die Zeitpunkte dieser differieren hier erheblich. Eine neuere Studie mit frühzeitiger Inhalation von hypertonen Kochsalz in der Notaufnahme zeigt eine signifikante Reduktion in der Hospitalisationsrate5) . Florin et al. konnten in einer zeitgleich publizierten Studie zur prästationären Anwendung von hypertonem Kochsalz bei AVB, mit allerdings nur einmaliger 3 % -iger NaCl-Inhalation, keine Verminderung der Hospitalisationsrate detektieren6). Eine Symptomverbesserung bei Patienten mit AVB durch die Inhalation von hypertonem Kochsalz wird in den Studien im stationären Bereich, so fern untersucht, detektiert2) . Die beiden aktuellen europäischen Multicenterstudien berichten hierüber nicht3) oder erst am Tag 28 nach Entlassung4) . Im prästationären Bereich wird eine Symptomverbesserung in Subgruppen beschrieben6) , oder nicht beobachtet5). Insgesamt differieren Zeitpunkt der Erfassung und Art der benutzten Symptomscores erheblich. Die Inhalation von hypertonem Kochsalz ist sicher. In allen Studien mit hypertonem Kochsalz bei AVB wurden keine schweren Nebenwirkungen beobachtet1)–7) . Pathophysiologisch steht mit inhalativem hypertonem Kochsalz ein bei AVB zumindest theoretisch wirksames Medikament zur Verfügung. Durch die Hyperosmolarität der Inhalationslösung kann nicht nur die Zähflüssigkeit des Mukus «antagonisiert» und die infektionsbedingte Ödembildung in der Bronchialwand vermindert, sondern auch die Zilienschlagfrequenz erhöht werden2) . Zusammengefasst bewirkt die Inhalation von hypertonem Kochsalz bei AVB nicht per se eine Verkürzung der Hospitalisationsdauer, kann aber, zumindest bei einer Subgruppe von Patienten, zu einer Symptomverbesserung führen. Die Datenlage ist heterogen, jedoch hier von einem Medikament zu sprechen, das bei AVB generell nicht verabreicht werden soll, erscheint verfrüht. Dieses hat ebenso Eingang in die aktuellen revidierten amerikanischen Guidelines zur Behandlung der AVB mit einer «Kann»-Empfehlung gefunden8). Ob eine Aktualisierung der Schweizerischen Richtlinien notwendig ist, sollte wie vorgesehen, in der Fachgesellschaft diskutiert werden. 1) Barben J, Kuehni CE. Therapie der akuten Bronchiolitis: Nützt hypertones Kochsalz? Paediatrica 26 (1) 2015: 32–33. 2) Zhang L, Mendoza-Sassi RA, Wainwright C, Klassen TP. Nebulised hypertonic saline solution for acute bronchiolitis in infants. Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jul 31; 7. 3) Teunissen J, Hochs AH, Vaessen-Verberne A, Boehmer AL, Smeets CC, Brackel H et al. The effect of 3 % and 6 % hypertonic saline in viral bronchiolitis: a randomised controlled trial. Eur Respir J. 2014 Oct; 44 (4): 913–21. 4) Everard ML, Hind D, Ugonna K, Freeman J, Bradburn M, Cooper CL, Cross E, et al. SABRE: a multicentre randomised control trial of nebulised hypertonic saline in infants hospitalised with acute bronchiolitis. Thorax. 2014 Dec; 69 (12): 1105–12. 5) Wu S, Baker C, Lang ME, Schrager SM, Liley FF, Papa C, Mira V, Balkian A, Mason WH. Nebulized hypertonic saline for bronchiolitis: a randomized clinical trial. JAMA Pediatr. 2014 Jul; 168 (7): 657–63. 6) Florin TA, Shaw KN, Kittick M, Yakscoe S, Zorc JJ. Nebulized hypertonic saline for bronchiolitis in the emergency department: a randomized clinical trial. JAMA Pediatr. 2014 Jul; 168 (7): 664–70. 7) Mandelberg A, Amirav I. Hypertonic saline or high volume normal saline for viral bronchiolitis: mechanisms and rationale. Pediatr Pulmonol. 2010 Jan; 45 (1): 36–40. 8) Ralston S, Hill V, Martinez M. Nebulized hypertonic saline without adjunctive bronchodilators for children with bronchiolitis. Pediatrics. 2010 Sep; 126 (3): e520–5. 9) Ralston SL, Lieberthal AS, Meissner HC, Alverson BK, Baley JE, Gadomski AM et al. Clinical practice guideline: the diagnosis, management, and prevention of bronchiolitis. Pediatrics. 2014 Nov; 134 (5): e1474–502. Korrespondenzadresse Dr. med. Peter Salfeld Leitender Arzt Pädiatrie FMH Kinder- und Jugendmedizin Kinderpneumologe Klinik für Kinder und Jugendliche Kantonsspital Münsterlingen 8596 Münsterlingen peter.salfeld@stgag.ch Replik auf den Leserbrief «Take it with some salt – the second look» von Peter Salfeld Im Namen der Fachkommission der SGPP: Jürg Barbena) Claudia Kuehnib) , Carmen Casaultac) , Jürg Hammerd) Wie in unserem Artikel in Paediatrica ausführlich dargelegt hat sich am 50-jährigen Statement von Reynold and Cook «Oxygen is vitally important in bronchiolitis and there is little convincing evidence that any other therapy is consistently or even occasionally useful» trotz 42 intensiver Forschungsbemühungen in den letzten Jahrzehnten nichts Wesentliches geän dert1), 2). Die aktuelle wissenschaftliche Datenlage rechtfertigt die Empfehlung von hypertonem Kochsalz als Inhalationstherapie bei akuter Bronchiolitis nicht. Zwei Editorials in Meinung der Leser Vol. 26 Nr. 4 2015 den internationalen Zeitschriften European Respiratory Journal und Thorax3), 4) sowie ein aktueller Übersichtsartikel aus Archives of Diseases in Childhood5) bringen dies klar zum Ausdruck. Daran ändert auch nichts, wenn einzelne Studien eine Verbesserung der Symptomatik in Subgruppen fanden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass die Beurteilung von Atemwegssymptomen bei Kleinkindern im Notfall untersucherabhängig ist und sich deshalb als «hartes Kriterium» zur Beurteilung der Wirksamkeit eines Medikamentes nicht eignet6) . Bei der grossen Anzahl durchgeführter Studien, den vielen analysierten Outcomes, und den verschiedenen SubgruppenAnalysen ist zu erwarten, dass einige der berechneten p-Werte «signifikant» (d. h. p < 0.05) ausfallen, auch wenn die getestete Intervention in Realität keinen Effekt hat. So werden bei 10 Studien, welche je 5 Outcomes in 4 Subgruppen analysieren 200 p-Werte berechnet (10 mal 5 mal 4 = 200). Etwa 10 dieser p-Werte werden rein zufällig kleiner sein als 0.05. Die Wirksamkeit der Interven tion wird nie durch einzelne signifikante p -Werte belegt, sondern nur durch eine möglichst systematische Analyse aller vor handenen Daten und konsistenten Resultaten in den verschiedenen Studien, vor allem den grossen randomisierten kontrollierten Studien. Leider erläutert Herr Salfeld in seinem Leserbrief auch nicht, welche PatientenSubgruppen tatsächlich profitieren sollen. In Analogie zur hypertonen Kochsalzlösung hat sich über Jahre auch hartnäckig die Behauptung gehalten, dass Subgruppen von Kindern mit akuter Bronchiolitis von einer Inhalation mit Salbutamol (Ventolin®) profi tieren würden. Nur zögerlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich Krankheitsbild und Pathophysiologie der akuten Bronchiolitis von dem der obstruktiven Bronchitis unterscheiden und erst kürzlich haben sich auch die amerikanischen Kollegen durchgerungen, Beta2-Mimetika bei der akuten Bronchiolitis nicht mehr zu empfehlen. Die American Academy of Pediatrics hat deshalb in ihren neusten Guidelines zur Diagnose und Therapie der akuten Bronchiolitis (endlich) festgehalten, dass Beta2-Mimetika bei akuter Bronchiolitis nicht indiziert sind («Clinicians should not administer albuterol (or salbutamol) to infants and children with a diagnosis of bronchiolitis» (Evidence Quality: B; Recommendation Strength: Strong Recommendation.) 7) . Ähnliches wird sich wohl auch beim hypertonen Kochsalz abspielen. So empfehlen die aktuellsten amerikanischen Guidelines die Inhalation von hypertonem Kochsalz im ambulanten Bereich nicht, lassen aber für den stationären Bereich trotz schwacher Evidenz eine Option offen: «Key action statement 4b: clinicians may administer nebulized hypertonic saline to infants hospitalized for bronchiolitis (Evidence Quality: B; Recommendation Strength: Weak recommendation [based on randomized controlled trials with inconsistent findings])»7). In diesen amerikanischen Empfehlungen sind die zwei grossen europäischen Multizenterstudien mit negativem Resultat8), 9) noch nicht berücksichtigt, die die ohnehin schwache Evidenz gänzlich in Frage stellen. Die aktuellsten englischen NICE-Guidelines vom 31. Mai 201510) empfehlen deshalb hypertones Kochsalz nicht und der aktuelle Übersichtsartikel in Archives of Diseases in Childhood hält unmissverständlich fest: «The surge of recent evidence consistently demonstrates that hypertonic saline has no benefit on short-term and long-term outcome measures»5). Die akute Bronchiolitis ist (immer noch) eine virale, selbstlimitierende Krankheit, die bei einem sonst gesunden Säugling auch ohne äusseres Eingreifen selber heilt. Wir sind uns bewusst, dass es gerade für jüngere Kollegen nicht einfach ist, dem Druck der Eltern für eine medikamentöse Therapie zu wiederstehen. Es verlangt oft ein längeres Gespräch, um den Eltern zu erklären, warum man keine Medikamente gibt, und es wäre manchmal einfacher, Massnahmen zu verordnen (z. B. Inhalationen), von denen zumindest keine erheblichen Nebenwirkungen zu erwarten sind. Trotzdem sind wir der Meinung, dass dies den Einsatz von Therapien nicht rechtfertigt, welche nach heutiger Kenntnis weder den Krankheitsverlauf verkürzen noch mildern. So beruht auch im Jahre 2015 das Management der akuten Bronchiolitis weiterhin auf minimalem Handling sowie unterstützenden Massnahmen wie der Gabe von Sauerstoff und Flüssigkeit, guter Nasentoilette sowie einer Atmungsunterstützung in schweren Fällen11) . Die Schweizer Empfehlungen12), 13) bedürfen deshalb zurzeit keiner Revision. Dies ist auch die Meinung aller Mitglieder der SGPP-Fachkommission, welche die Datenlage weiterhin verfolgt. Aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage möchte die Fachkommission der SGPP mit dieser direktiven Stellungnahme 43 verhindern, dass probatorisch mit hypertonem Kochsalz inhaliert wird, um dann aufgrund irgendwelcher subjektiver Kriterien oder Eindrücke die Inhalation fortzusetzen oder abzubrechen. Dies führt nicht nur zur Verunsicherung von Pflegenden, Eltern und Ärzten, sondern verursacht auch unnötige Kosten. a) PD Dr. med., leitender Arzt Pädiatrische Pneumologie/Allergologie, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen b) Prof. Dr. med., Pädiatrische Epidemiologie und Pneumologie, Institut für Sozial- and Präventivmedizin (ISPM), Universität Bern c) Dr. med., leitende Ärztin Pädiatrische Pneumologie, Universitätskinderklinik, Inselspital Bern d) Prof. Dr. med., leitender Arzt Pneumologie/Intensivstation, Universitätskinderklinik beider Basel (UKBB) Referenzen 1) Barben J, Kuehni CE. Therapie der akuten Bronchiolitis: Nützt hypertones Kochsalz? PAEDIATRICA 2015; 26: 28–30. 2) Reynolds EOR, Cook CD. The treatment of bronchiolitis. J Pediatr 1963; 63: 1205–1207. 3) Barben J, Kuehni CE. Hypertonic saline for acute viral bronchiolitis - take the evidence with a grain of salt. Eur Respir J 2014; 44: 827–830. 4) Cunningham S, Unger SA. Nebulised hypertonic saline in bronchiolitis: take it with a pinch of salt. Thorax 2014; 69 (12): 1065–066. 5) Legg JP, Cunningham S. Hypertonic saline for bronchiolitis: a case of less is more. Arch Dis Child 2015; July 27, doi: 10.1136/archdischild-2014-308039 [Epub ahead of print]. 6) Bekhof J, Reimink R, Bartels IM, Eggink H, Brand PL. Large observer variation of clinical assessment of dyspnoeic wheezing children. Arch Dis Child 2015; 100: 649–653. (7) Ralston SL, Lieberthal AS, Meissner HC, Alverson BK, Baley JE, Gadomski AM et al. Clinical practice guideline: the diagnosis, management, and prevention of bronchiolitis. Pediatrics 2014; 134 (5): e1474–e1502. 8) Teunissen J, Hochs AH, Vaessen-Verberne A, Boehmer AL, Smeets CC, Brackel H et al. The effect of 3 % and 6 % hypertonic saline in viral bronchiolitis: a randomised controlled trial. Eur Respir J 2014; 44 (4): 913–921. 9) Everard ML, Hind D, Ugonna K, Freeman J, Bradburn M, Cooper CL et al. SABRE: a multicentre randomised control trial of nebulised hypertonic saline in infants hospitalised with acute bronchiolitis. Thorax 2014; 69 (12): 1105–1112. 10)National Institue of Clinical Excellence (NICE). Bronchiolitis in children. NICE Guidelines 9. 2015, May 31. http://www.nice.org.uk/guidance/ng9. 11) Wainwright C. Acute viral bronchiolitis in children – a very common condition with few therapeutic options. Paediatr Respir Rev 2010; 11 (1): 39–45. 12)Barben J, Hammer J. Behandlung der Bronchiolitis im Säuglingsalter - Empfehlungen der SAPP. PAEDIATRICA 2003; 14: 18–21. 13)Barben J, Hammer J. Behandlung der akuten Bronchiolits im Säuglingsalter. Schweiz Med Forum 2004; 4: 251–253. Zeitschriftenreview Vol. 26 Nr. 4 2015 Zeitschriftenreview were filed with the National Vaccine Injury Compensation Program (VICP) alleging seizure disorder and/or encephalopathy as a vaccine injury. Mustapha Mazouni, Lausanne Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds 1. Hadjipanayis A, Grossman Z et al. Current primary care management of children aged 1–36 months with urinary tract infections in Europe: large scale survey of paediatric practice. Arch Dis Child 2015 Apr; 100 (4): 341–7. Abstract Objective To describe current practice among European paediatricians regarding diagnosis and management of urinary tract infections in children aged 1–36 months and to compare these practices with recently published guidelines. Design Web-based large scale survey evaluating knowledge of, attitudes towards and the methods for diagnosing, treating and managing urinary tract infections in children. Setting Primary and secondary care practices in Europe. Sample 1129 paediatricians. Results A diagnosis of urinary tract infection is considered by 62 % of the respondents in children aged 1–36 months with unexplained fever. The preferred method of urine collection is use of a bag (53 % for infants < 3 months and 59 % for children 4–36 months of age). 60 % of paediatricians agree that oral and parenteral antibiotics have equal efficacy. Co-amoxiclav is the antibiotic of choice for 41 % of participants, while 9 % prescribe amoxicillin. 80 % of respondents prescribe ultrasound in all children with a confirmed urinary tract infection. 63 % of respondents prescribe a cystography when abnormalities are revealed during ultrasound evaluation. A quarter of respondents recommend antibiotic prophylaxis for all children with any vesicoureteral reflux. The data among European countries are very heterogeneous. The three most recent urinary tract infection guidelines (the National Institute for Health and Care Excellence (NICE), the American Academy of Pedia- trics and the Italian Society of Paediatric Nephrology) are not followed properly. Conclusions Management of febrile urinary tract infections remains controversial and heterogeneous in Europe. Simple, short, practical and easy-toremember guidelines and educational strategies to ensure their implementation should be developed. Kommentar Die National Institute for Health and Care Excellence (NICE), American Academy of Pediatrics (AAP) und Italian Society of Paediatric Nephrology (ISPN) haben kürzlich, unabhängig voneinander, nationale Empfehlungen zur Betreuung 1–36-monatiger Kinder mit Harnwegsinfekt publiziert. Leider muss man feststellen, dass unter den verschiedenen Ländern kein Konsens besteht, weder in Bezug auf Urinsammeln, Indikation für Ultraschall der Harnwege und Miktionscystourethrographie noch Indikation zur antibiotischen Behandlung. Die vorliegende Arbeit beruht auf einer kürzlich mittels Fragebogen bei 1129 Kinderärzten in 7 europäischen Ländern durchgeführten Umfrage. Der meisten Antworten (91 %) stammen von Pädiatern, die in öffentlichen Institutionen tätig sind. Die Autoren stellen fest, dass die Betreuung des Harnwegsinfektes bei Kleinkindern sehr vielfältig ist, und dass wesentliche Unterschiede zwischen offiziellen Empfehlungen und praktischem Vorgehen bestehen. Sie insistieren in ihrer Schlussfolgerung darauf, einfache, kurze, praktische und einprägsame Empfehlungen zu formulieren, und gleichzeitig Fortbildungsstrategien zu entwickeln, die die Ärzte dazu bringen, diese Empfehlungen auch anzuwenden. 2. Lateef TM , Johann-Liang R et al. Seizures, encephalopathy, and vac cines: experience in the National Vaccine Injury Compensation Program. J Pediatr 2015 Mar; 166 (3): 576–81. Abstract To describe the demographic and clinical characteristics of children for whom claims 44 Study design The National VICP within the Department of Health and Human Services compensates individuals who develop medical problems associated with a covered immunization. We retrospectively reviewed medical records of children younger than 2 years of age with seizures and/or encephalopathy allegedly caused by an immunization, where a claim was filed in the VICP between 1995 through 2005. Results The VICP retrieved 165 claims that had sufficient clinical information for review. Approximately 80 % of these alleged an injury associated with whole-cell diphtheria, pertussis (whooping cough), and tetanus or tetanus, diphtheria toxoids, and acellular pertussis vaccine. Pre-existing seizures were found in 13 % and abnormal findings on a neurologic examination before the alleged vaccine injury in 10 %. A final diagnostic impression of seizure disorder was established in 69 %, of whom 17 % (28 patients) had myoclonic epilepsy, including possible severe myoclonic epilepsy of infancy. Specific conditions not caused by immunization, such as tuberous sclerosis and cerebral dysgenesis, were identified in 16 % of subjects. Conclusion A significant number of children with alleged vaccine injury had pre-existing neurologic or neurodevelopmental abnormalities. Among those developing chronic epilepsy, many had clinical features suggesting genetically determined epilepsy. Future studies that include genotyping may allow more specific therapy and prognostication, and enhance public confidence in vaccination. Kommentar (J. J. Baudon und M. Mazouni) Diese retrospektive, über einen Zeitraum von 10 Jahren laufende Studie wurde durch das Departement of Neurology der Universität Washington in Zusammenarbeit mit dem National Vaccine Injury Compensation Program (VICP) und dem National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS) durch geführt. Anlass waren die grosse Anzahl Impfverweigerer ganz allgemein und die un- Zeitschriftenreview Vol. 26 Nr. 4 2015 genügende Dauer des Impfschutzes durch azellulären Pertussisimpfstoff, die in den USA zu einer dramatischen Zunahme des Keuchhustens führten. Während diesen 10 Jahren wurden 222 Klagen erhoben, wovon 165 genügend Informationen für eine Analyse boten. Die Klagen betrafen in 61 % der Fälle den Impfstoff DTP (zellulär) und in 19 % der Fälle DTPa. Die übrigen, keinen Pertussisanteil enthaltenden Impfstoffe verteilten sich wie folgt: MMR (17.8 %), Hämophilus (9.1 %), IPV (6 %), Hepatitis B (8.4 %), OPV (3 %), antiPneumokokken (2.4) und DT (0.8 %), wobei in 16% der Fälle mehr als eine Impfung durchgeführt worden war. Mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder waren jünger als 6 Monate und ¾ jünger als 1-jährig. Bei der Mehrheit (59 %) kam es zu Krämpfen, bei 36 % zu Krämpfen + Enzephalopathie. In 40 % der Fälle handelte es sich um einen ersten Fieberkrampf (doch wurde nur bei 88 % der Kinder Fieber gemessen), der Anfall trat in den meisten Fällen innert 72 Std. nach der Impfung auf und dauerte weniger als 5 Minuten. 15 % der Säuglinge hatten bereits zuvor einen Krampfanfall und 10 % einen vorbestehenden auffälligen neurologischen Befund. Ätiologische Abklärungen wurden bei der Hälfte der Patienten durchgeführt und 4 Stoffwechselstörungen und 2 Chromosomenanomalien festgestellt. Bei 131 der 165 einbezogenen Kinder wurden bildgebende Abklärungen des Gehirns durchgeführt, wobei 25 % der CT-Scans und 33 % der MRI abnorme Befunde zeigten. Die neurologischen Abklärungen ergaben bei 69 % dieser Kinder ein Krampfleiden, wovon 17 % (28 Fälle) myoklonischer Epilepsie bzw. Dravet-Syndrom. Zudem wurden bei 16 % der Kinder Anomalien entdeckt, die keinen Zusammenhang mit der Impfung hatten, wie tuberöse Sklerose oder zerebrale Dysgenesie. Mit anderen Worten, eine beträchtliche Anzahl Kinder mit mutmasslichen Impfkomplikationen hatte eine vorbestehende neurologische Krankheit. Unter denjenigen, die eine chronische Epilepsie entwickelten, wiesen zahlreiche Zeichen auf, die eine genetische Ursache vermuten lassen. Die Autoren empfehlen deshalb, in allen Fällen von Krämpfen und/oder Enzephalopathie in Anschluss an eine Impfung, eine vollständige, den Genotyp einschliessende Abklärung durchzuführen. Dieses Vorgehen ermöglicht eine spezifische Therapie einzuleiten, eine Prognose zu erstellen und somit Vertrauen und Akzeptanz für Impfungen im breiten Publikum zu erhöhen. 3. Friedman JN , Beck CE et al. Comparison of isotonic and hypotonic intravenous maintenance fluids: a randomized clinical trial. JAMA Pediatr 2015 May 1; 169 (5): 445–51. Abstract Importance Use of hypotonic intravenous fluids for maintenance requirements is associated with increased risk of hyponatremia that results in morbidity and mortality in children. Clinical trial data comparing isotonic and hypotonic maintenance fluids in nonsurgical hospitalized pediatric patients outside intensive care units are lacking. Objective To compare isotonic (sodium chloride, 0.9 %, and dextrose, 5 %) with hypotonic (sodium chloride, 0.45 %, and dextrose, 5 %) intravenous maintenance fluids in a hospitalized general pediatric population. Design, Setting, and Participants In this double-blind randomized clinical trial, we recruited 110 children admitted to a general pediatric unit of a tertiary care children’s hospital from March 1, 2008, through August 31, 2012 (age range, 1 month to 18 years), with normal baseline serum sodium levels who were anticipated to require intravenous maintenance fluids for 48 hours or longer (intent-to-treat analyses). Children with diagnoses that required specific fluid tonicity and volumes were excluded. Interventions Patients were randomized to receive isotonic or hypotonic intravenous fluid at maintenance rates for 48 hours. Main outcomes and measures The primary outcome was mean serum sodium level at 48 hours. The secondary outcomes were mean sodium level at 24 hours, hyponatremia and hypernatremia, weight gain, hypertension, and edema. Confounding variables were included in multiple regression models. Post hoc analyses included change from baseline sodium level at 24 and 48 hours and subgroup analysis of children with primary respiratory diagnosis. Results Of 110 enrolled patients, 54 received isotonic fluids and 56 received hypotonic fluids. The mean (SD) sodium level at 48 hours was 45 139.9 (2.7) mEq/L in the isotonic group and 139.6 (2.6) mEq/L in the hypotonic group (95% CI of the difference, -0.94 to 1.74 mEq/L; P = .60). Two patients in the hypotonic group developed hyponatremia, 1 in each group developed hypernatremia, 2 in each group developed hypertension, and 2 in the isotonic group developed edema. Mean (SD) change from baseline to 48-hour sodium level was +1.3 (2.9) vs -0.12 (2.8) mEq/L, respectively (absolute difference, 1.4 mEq/L; 95 % CI of the difference, -0.01 to 2.8 mEq/L; P = .05). Conclusion and relevance Our study results support the notion that isotonic maintenance fluid administration is safe in general pediatric patients and may result in fewer cases of hyponatremia. Kommentar Die Verwendung hypotoner iv-Lösungen geht auf die 1950er Jahre zurück und gründet auf den Arbeiten von M. A. Holiday und W. E. Segar, die den Bedarf gesunder Kinder an Flüssigkeit und Elektrolyten in grossen Zügen auf Energieverbrauch und Zusammensetzung der Muttermilch bezogen. Hypotone Lösungen sind generell in Spitälern, mit Ausnahme von Intensivpflegestationen, weiterhin zur Erhaltung des Wasserhaushaltes gebräuchlich. Literaturdaten der letzten Jahre weisen jedoch auf das, manchmal mit Komplikationen belastete Hyponatriämierisiko hin. Die hypotone Lösung wurde in der Folge durch isotone Lösungen ersetzt, ohne jedoch Risiken wie Hypernaträmie und Bluthochdruck zu vermeiden. Die vorliegende, randomisierte, an Kindern in einer allgemeinpädiatrischen Abteilung durchgeführte Doppelblindstudie, ergab keinen signifikanten Unterschied der Natriämie nach 24 und 48 Stunden Infusion einer Erhaltungsdosis isotoner oder hypotoner Lösung. Immerhin kam es in der Gruppe mit hypotoner Infusionslösung zu 2 Fällen mit Hyponatriämie nach 24 Stunden. Die Autoren weisen darauf hin, dass nur wenige Studien mit Kindern in allgemeinpädiatrischen Abteilungen durchgeführt wurden. Hingegen weisen die zahlreichen, in den letzten Jahrzehnten gemachten Studien und Metaanalysen darauf hin, dass bei Kindern in Intensivpflegeabteilungen und postoperativ das Hyponatriämierisiko mit isotonen Infusionslösungen im Vergleich zu hypotonen Lösungen geringer ist, ohne vermehrtes Hypervolämie- und Hypernatriämierisiko. Zusammenfassend bestätigt diese Studie dass iv verabreichte isotone Lösung für allge- Zeitschriftenreview meinpädiatrische Patienten kein Risiko darstellt und nur selten zu einer Hyponatriämie führt. 4. Villarino ME, Scott NA and al. Treatment for preventing tuberculosis in children and adolescents: a randomized clinical trial of a 3-month, 12-dose regimen of a combination of rifapentine and isoniazid. JAMA Pediatr 2015; 169: 247–55. Abstract Importance Three months of a once-weekly combination of rifapentine and isoniazid for treatment of latent tuberculosis infection is safe and effective for persons 12 years or older. Published data for children are limited. Objectives To compare treatment safety and assess noninferiority treatment effectiveness of combination therapy with rifapentine and isoniazid vs 9 months of isoniazid treatment for latent tuberculosis infection in children. Design, Setting, and Participants A pediatric cohort nested within a randomized, open-label clinical trial conducted from June 11, 2001, through December 17, 2010, with followup through September 5, 2013, in 29 study sites in the United States, Canada, Brazil, Hong Kong (China), and Spain. Participants were children (aged 2–17 years) who were eligible for treatment of latent tuberculosis infection. Interventions Twelve once-weekly doses of the combination drugs, given with supervision by a health care professional, for 3 months vs 270 daily doses of isoniazid, without supervision by a health care professional, for 9 months. Main Outcomes and Measures We compared rates of treatment discontinuation because of adverse events (AEs), toxicity grades 1 to 4, and deaths from any cause. The equivalence margin for the comparison of AE-related discontinuation rates was 5 %. Tuberculosis disease diagnosed within 33 months of enrollment was the main end point for testing effectiveness. The noninferiority margin was 0.75 %. Results Of 1058 children enrolled, 905 were eligible for evaluation of effectiveness. Of 471 in the Vol. 26 Nr. 4 2015 combination-therapy group, 415 (88.1 %) completed treatment vs 351 of 434 (80.9 %) in the isoniazid-only group (P = .003). The 95 % CI for the difference in rates of discontinuation attributed to an AE was -2.6 to 0.1, which was within the equivalence range. In the safety population, 3 of 539 participants (0.6 %) who took the combination drugs had a grade 3 AE vs 1 of 493 (0.2 %) who received isoniazid only. Neither arm had any hepatotoxicity, grade 4 AEs, or treatment-attributed death. None of the 471 in the combination-therapy group developed tuberculosis vs 3 of 434 (cumulative rate, 0.74 %) in the isoniazid-only group, for a difference of -0.74 % and an upper bound of the 95 % CI of the difference of +0.32 %, which met the noninferiority criterion. Conclusions and relevance Treatment with the combination of rifapentine and isoniazid was as effective as isoniazidonly treatment for the prevention of tuber culosis in children aged 2 to 17 years. The combination-therapy group had a higher treatment completion rate than did the isoniazid-only group and was safe. Kommentar Die Behandlung der latenten Tuberkulose ist im Kindesalter aus verschiedenen Gründen wichtiger als beim Erwachsenen: •Eine Tuberkuloseinfektion ist beim unter 5-jährigen Kind immer kürzlich erfolgt und kann von der latenten Form zur Krankheit fortschreiten. •Beim Kleinkind besteht Gefahr, dass die latente Tuberkulose in eine schwere Form (Miliaris, Meningitis) übergeht. •Ein Kind mit latenter Tuberkulose hat mehr Lebensjahre mit dem Risiko vor sich, an Tuberkulose zu erkranken. •Kinder vertragen die medikamentöse Behandlung der latenten Tuberkulose besser. Seit den 1950er Jahren hat sich die Suche nach einer vorbeugenden Tuberkulosetherapie eine wirksame, nebenwirkungsfreie, von Kindern gut vertragene und akzeptierte Behandlung um Ziel gesetzt. Trotz gewissen praktischen Problemen bringt diese umfangreiche, in 29 Studienzentren in Brasilien, Hong-Kong, Kanada, Spanien und den USA durchgeführte Untersuchung sehr interessante Schlussfolgerungen. Die Kombinationsbehandlung Rifapentin + Isoniazid (eine wöchentliche Dosis) wird von 2–17-jährigen Kindern gut vertragen, Nebenwirkungen sind selten und geringfügig, und sie ist sicher (0 46 Tuberkulosefälle nach 33 Monaten). Dieses Behandlungsschema stellt eine neue Alternative zur Behandlung der latenten Tuberkulose durch Isoniazid alleine dar. Die Autoren erwähnen auch eine bessere Compliance, führte doch die Mehrheit der Patienten die kombinierte Behandlung vollständig durch. 5. Power RF, Murphy JF. Tongue-tie and frenotomy in infants with breastfeeding difficulties: achieving a balance. Arch Dis Child 2015; 100: 489–94. Abstract Aims Currently there is debate on how best to manage young infants with tongue-tie who have breastfeeding problems. One of the challenges is the subjectivity of the outcome variables used to assess efficacy of tongue-tie division. This structured review documents how the argument has evolved. It proposes how best to assess, inform and manage mothers and their babies who present with tongue–tie related breastfeeding problems. Methods Databases were searched for relevant papers including Pubmed, Medline, and the Cochrane Library. Professionals in the field were personally contacted regarding the provision of additional data. Inclusion criteria were: infants less than 3 months old with tongue-tie and/or feeding problems. The exclusion criteria were infants with oral anomalies and neuromuscular disorders. Results There is wide variation in prevalence rates reported in different series, from 0.02 to 10.7 %. The most comprehensive clinical assessment is the Hazelbaker Assessment Tool for lingual frenulum function. The most recently published systematic review of the effect of tongue-tie release on breastfeeding concludes that there were a limited number of studies with quality evidence. There have been 316 infants enrolled in frenotomy RCTs across five studies. No major complications from surgical division were reported. The complications of frenotomy may be minimised with a check list before embarking on the procedure. Conclusions Good assessment and selection are important because 50 % of breastfeeding babies with Zeitschriftenreview Vol. 26 Nr. 4 2015 Kommentar Die Frage, wie man sich in Anbetracht eines verkürzten Zungenbändchens verhalten soll, wird immer noch diskutiert (mehrere 2015 erschienene Artikel). Eine klare Antwort steht, angesichts der Tatsache, dass der Verlauf in 50 % der Fälle spontan günstig ist und keine Stillprobleme verursacht, immer noch aus. Durch diese umfassende Literaturübersicht liefern die Autoren einige interessante Einsichten: •Prävalenz: Es bestehen wesentliche Unterschiede (0.02–10 %), häufiger bei Knaben, Zusammenhang mit Kokainkonsum der Mutter •Klinische Funktionsevaluierung des Zungenbändchens: Es werden zahlreiche Messmethoden, die Verwendung eines Fragebogens zur Beurteilung von Brustschmerzen beim Stillen und ein praktischer Stilltest beschrieben. •Frenotomie: Es besteht kein Konsens bezüglich Timing, Analgetika sowie Komplikationen und deren Vorbeugung. Die Autoren empfehlen auf Grund ihrer Literaturübersicht, 2–3 Wochen vor einem Eingriff zu warten. Komplikationen sind selten, der Eingriff sollte jedoch von jemandem durchgeführt werden, der imstande ist, eine eventuelle Blutung zu stillen. Eine Frage bleibt unbeantwortet: Wie wirkt sich die Frenotomie auf die Stilldauer aus? Korrespondenzadresse Prof. Hon. Dr. Mustapha Mazouni 13 route du Pavement 1018 Lausanne Mustapha@mazouni.com 1007587 ankyloglossia will not encounter any problems. We recommend 2 to 3 weeks as reasonable timing for intervention. Frenotomy appears to improve breastfeeding in infants with tongue-tie, but the placebo effect is difficult to quantify. Complications are rare, but it is important that it is carried out by a trained professional. 47 FMH - Quiz Vol. 26 Nr. 4 2015 FMH-Quiz 63 Fallbeschreibung Anamnese: Der 8-jährige Maurice wird von seinen Eltern in Ihre Praxis gebracht, weil er seit 3 Wochen eine zunehmende Läsion der Kopfhaut aufweist. Maurice ist ein sonst gesunder Knabe, der auf dem Lande auf dem Hof seiner Eltern wohnt. Er hat einen Hund mit dem er oft und lange spielt. Das Problem begann mit einer roten, einige Zentimeter messenden Läsion okzipital an der Kopfhaut; die Läsion war mit Schuppen bedeckt, leicht juckend und zeigte einen lokalen Haarverlust. Trotz lokaler Desinfektion und peroraler antibiotischer Therapie war die Hautläsion langsam progredient. Klinische Untersuchung: Guter Allgemeinzustand. Gewicht 25 kg, Länge 120 cm, Herzfrequenz 80/Min. Atemfrequenz 25/Min. T° 37°C, Blutdruck 96/60 mmHg. Bei der Untersuchung des Kopfes findet sich die beschriebene Läsion (Abbildung) mit lokal gebrochenen, kurzen und zerbrechlichen Haaren. Die übrige Haut ist unauffällig, ebenso sind auch die weiteren somatischen und neurologischen Untersuchungsbefunde normal. Topische Behandlung •Desinfektion (Seife, Shampoo) •Imidazolderivate •Ev. Rasur der betroffenen Region Frage 1 Beschreiben Sie die Kopfhautläsion von Maurice. Frage 2 Erwähnen Sie 2 Krankheitsbilder, die bei Maurice in Frage kommen und unterstreichen Sie Ihre Verdachtsdiagnose. Frage 3 Wie wird die Behandlung aussehen? Antwort 1 Rundliche, scharf begrenzte Läsion mit Haarverlust, gebrochenen Haaren sowie schuppende Kopfhaut mit entzündlichen Veränderungen. Antwort 2 •Tinea capitis (Dermatophytose) •Alopezia areata •Trichotillomanie •Psoriasis Antwort 3 Systemische Behandlung Terbinafin, Itraconazol/Fluconazol, Griseofulvin (cave: Zulassung/Verfügbarkeit beachten) 48 Kommentar Die Anamnese und das beschriebene klinische Bild lassen primär den diagnostischen Verdacht einer Tinea capitis zu. Die aufgeführten Differentialdiagnosen sind möglich, aber beim präsentierten klinischen Bild unwahrscheinlich. Wie immer sollte zur Diagnostik und therapeutischen Wahl, der Nachweis des spezifischen Erregers erfolgen. Im mykologischen Labor sollten z. B. Microsporon canis (Haupterreger in Europa), Microsporum audouinii, Trychophyton tonsurans, Trichophyton violaceum und Trichophyton mentagrophytes nachweisbar sein. Übertragen werden die Pilze einerseits von Mensch zu Mensch (anthropophil), wobei asymptomatische Träger als Reservoir gelten und andererseits kommt die Übertragung von Hunden und Katzen (zoophil)auf den Menschen vor (Anamnese: Tierarzt, Bauernhof etc.). Bedingt durch Reiseaktivitäten und Ferien in fernen Ländern sowie durch die zunehmende Migration ändern sich sowohl Inzidenz als auch Häufigkeit der Spezies der Dermatophyten. In der Literatur wird zwi- FMH - Quiz Vol. 26 Nr. 4 2015 schen Tinea capitis, Tinea faciei und Tinea corporis unterschieden, wobei Microsporon und Trychophyton via die Haarfollikel in keratinisiertes Gewebe (Haare) eindringen. Diagnostisch und therapeutisch ändert diese Unterscheidung jedoch wenig. Für die in der Schweiz bestehenden Verhältnisse sind in der Arbeit von Kielinger gute epidemiologische Daten gesammelt worden: Diese zeigen, dass ¾ der Fälle von Tinea capitis und ¼ der Fälle von Tinea faciei auf anthropophile, die übrigen auf zoophile Übertragung zurückzuführen sind. Insbesondere Trichtophyton violaceum und Micorosporum audouinii, die vor allem bei Patienten afrikanischer Herkunft vorkommen, haben stark zugenommen1) . Die Untersuchung mittels Wood-Lampe (UVLampe, die UVA-Strahlung von 365 nm emittiert) und entsprechendes Aufleuchten der pilzbefallenen Stellen ist gut dokumentiert, die Sensitivität und Spezifität dieser Untersuchungsmethode sind aber nicht sehr hoch. Insbesondere bei Epidemien kann diese Untersuchung aber trotzdem eine diagnostische Hilfe darstellen; eine gelblich-grüne Fluoreszenz ist relativ typisch für eine MicrosporumErkrankung (z. B. M. canis). Bei einer Infektion des behaarten Kopfes mit M. canis ist die Sensitivität allerdings nicht sehr gross und die Untersuchung somit für eine Ausschlussdiagnose nicht geeignet. Die mykologische Untersuchung im Labor ist zwingend, da die Empfindlichkeit auf die gebräuchlichen Antimykotika unterschiedlich ist und dies die Umgebungsprophylaxe (Abklärung asymptomatischer Kontaktpersonen) und die Möglichkeit eines allfälligen Schulausschlusses beeinflussen. Donghi und Mitarbeiter haben drei Fälle von Schulkindern in Zürich beschrieben, bei denen Microsporon audouinii resistent auf oral verabreichtes Terbinafin und Fluconazol waren, nicht aber auf Griseofulvin2) . Etwas beunruhigend (gemäss Autoren) an diesem Bericht war die Tatsache, dass drei Familienmitglieder und fünf Mitschüler asymptomatische Träger waren und als potentielle Infektionsquellen dann auch behandelt wurden. Dies wirft nicht nur die Frage nach der optimalen Therapie, sondern auch die Frage der Isolation, des Schulausschlusses und der Umgebungsuntersuchungen auf. zum Nachweis der Spezies und Resistenzprüfung im konventionellen Labor zwei bis sechs Wochen dauern kann. Ein Nachweis mittels PCR ist in spezialisiertem Labor möglich, aber nicht Routine und kostenintensiv. Klinisch relevant und für die Therapie wegweisend sind die folgenden Aspekte: Regelrechte Probeentnahme mit Abnahme von Schuppen und Haaren (eventuell Rückfrage bei entsprechendem Labor), bei klinisch hohem Verdacht immer Beginn mit systemischer Therapie (konventionelle Antimykotika nur lokal im Haarbereich sind zu wenig wirksam), wenn immer möglich soll der Speziesnachweis so rasch wie möglich angestrebt werden. Bei ausgedehntem Befund sind gegebenenfalls kurzfristig lokal desinfizierende und antiymykotische Massnahmen vorzusehen, jedoch keine chirurgischen Manipulationen. In den unten aufgeführten Leitlinien wird empfohlen, zusätzlich zur systemischen Therapie zu Beginn täglich, dann wöchentlich eine lokale Therapie mit Povidone-iodine (Betadine®) oder Ketoconazol Shampoo oder Seleniumsufid 1 % (Selsun® Shampoo) durchzuführen. Dadurch wird die systemische Therapiedauer reduziert und die Transmissionsrate von Sporen vermindert. Generell ist keine Haarentfernung nötig, wird aber z. B. in den deutschen Richtlinien zur Reduktion der Transmissionsrate auch empfohlen3) . Betreffend Wahl des primären und dann speziesspezifischen Antimykotikums sowie der Frage des Schulausschlusses und der Umgebungsabklärung gibt es in der Schweiz keine Generell ist wichtig zu wissen, dass der Direktnachweis unter dem Mikroskop zwar schnell, aber wenig sensitiv ist und die Kultur 49 allgemein gültige und anerkannte Richtlinien: In der Paediatrica (Vol 16 (5): 45–48, 2005) wurden Empfehlung der französischsprachigen Kantone und des Kantons Tessin formuliert. In der kantonalen Bekanntmachung Schulgesundheit 2012–2013, erschienen im Juni 2012, wurden die Empfehlungen der Westschweizer und Tessiner Kantone zum (vor)schulischen Ausschluss bei übertragbaren Krankheiten formuliert: Für Tinea capitis normaler Schulbesuch, falls die vorgesehene Behandlung begonnen und ausgeführt wurde. Die Ausführung der Behandlung ist Sache der Familie und benötigt keine Überprüfung; eine vorzusehende Überprüfung bei Rückfall erfolgt auf Initiative des schulmedizinischen Dienstes. Ähnliche Angaben finden sich im Internet, abrufbar bei der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz, publiziert im Dezember 2005. Auch dort wird der Passus übernommen: Die Behandlung ist Sache der Familie und benötigt keine Überprüfung. Bei einem Rückfall soll eine Überprüfung auf Anweisung des Schularztes durchgeführt werden. Auch das Kantons arztamt des Kantons Solothurn (www.so.ch/ Infektionskrankheiten/Empfehlungen_Schulausschluss) schreibt, dass die Rückkehr in die Schule nach Therapiebeginn möglich ist, und keine Massnahmen bei Kontaktpersonen (gleicher Haushalt/gleiche Klasse) ergriffen werden sollen und zudem auch keine obligatorische Meldepflicht besteht. In den Richtlinien der Europäischen Pädiatrischen Dermatologischen Gesellschaft aus dem Publikationsjahr 2010 wird zur Behand- FMH - Quiz lung unverändert Griseofulvin bei Microsporum ssp. empfohlen, bei Trichophyton species die neueren oralen Antimykotika wie Terbinafin, Itraconazol und Fluconazol4) . Bei Trichophyton ssp haben diese Substanzen eine kürzere Therapienotwendigkeit, sind aber auch teurer. Über Schulausschluss wird im Originalpaper nichts empfohlen, die Arbeit im Handbuch der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektionskrankheiten (DGPI Handbuch, 6. vollständig überarbeitete Auflage, 2013, Thieme Verlag) zitiert dafür eine einwöchige Karenzzeit nur für antropophile Erreger. Erwähnt wird auch, dass die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) eine Karenzzeit von zwei Wochen vorschlage, bis die Sporenlast im Follikel gesenkt sei. Daselbst wird auch die Therapie mit Griseofulvin als zugelassene Medikation für Kinder vorgeschlagen, im Text aber eine Metaanalyse randomisierter Studien zitiert, die die Überlegenheit von Terbinafin im Vergleich zu Griseofulvin bei Trichophyton ssp. belegen soll. Die Leitlinien der deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft, der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene3) beschreiben sehr ausführlich Therapie, unterstützende topische Behandlung und Inter vention (Rasur, Desinfektion etc.), Präventionsmassnahmen bei häuslicher Behandlung und die Massnahmen für epidemiologische Untersuchungen und Frequentierungen von Schulen und Kindergärten. Dort heisst es: Über Massnahmen entscheidet das zuständige Gesundheitsamt im Falle einer Meldung bzw. Benachrichtigung durch einen behandelnden Arzt. In Frankreich wird in der dermatologischen Fachliteratur ein Schulausschluss bei Kindern mit antropophiler Tinea gefordert. Die britischen Richtlinien favorisieren für Trichophyton tonsurans, violaceum und soudanese Terbinafin, für Microsporon canis und audouinii Griseofulvin oder Itraconazol5) . Die fehlende Verfügbarkeit von Griseofulvin in verschiedenen europäischen Ländern und die deutliche Kostenerhöhung für die Suspension in UK werden klar bemängelt. Was soll man nun machen? Bei der Durchsicht der Literatur und der Nachfrage bei universitären Spezialisten (z. B. auch PIGS, Pädiatrische Infektiologie Gruppe Schweiz) scheinen in der Schweiz für die Behandlung und die Umgebungsmassnahmen bei diagnostizierter Tinea capitis (ich schliesse da die T. faciei und corporis ein) keine einheitliche Meinung vor- Vol. 26 Nr. 4 2015 zuliegen. Es gibt keine verbindlichen Richtlinien. Sehr wahrscheinlich ist das von den Engländern vorgeschlagene Procedere sinnvoll, pragmatisch und kostengünstig. Es wird nach Entnahme der mykologisch zu untersuchenden Probe bei klinischem Verdacht sofort als «first line therapy» Terbinafin oder, wo vorhanden, Griseofulvin verwendet. Eine Alternative kann sowohl Itraconazol wie auch Fluconazol sein (Kosten); angepasst und gewechselt wird nach Bekanntwerden des Erregers. Nach Einleiten der oralen Therapie in Kombination mit einer lokalen Behandlung (Desinfektion, Shampoo) braucht es in der Regel keinen KITA- beziehungsweise Schulausschluss. Initial kann das Tragen einer Kopfbedeckung jedoch die Sporenweitergabe etwas vermindern. Bei einem Kind mit Trichophyton tonsurans ist die Familie (enge Kontaktpersonen) zu untersuchen und asymptomatische Träger sind generell zu behandeln. Der Therapieerfolg misst sich an der Negativierung der Kulturen (Kontrollen alle zwei Wochen) und nicht nur am klinischen Bild. Referenzen 1) Kieliger S, Glatz M, Cozzio A, Bosshard PP. Tinea capitis and tinea faciei in the Zurich area - an 8-year survey of trends in the epidemiology and treatment patterns. J Eur Acad Dermatol Venerol, 2014, DOI:10.1111/jdv.12908; (Epub ahead of print). 2) Donghi D, Hauser V, Bosshard PP. Microsporum audouinii tinea capitis in a Swiss school: assessment and manangement of patients and asym ptomatic carriers. Medical Mycology, 2010, 49: 324–8. 3) Leitlinien der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft, Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Tinea capitis. Hygiene und Medizin, 2003, 28: 505–511. 4) Kakourou T, Uksal U, European Society for Pediatric Dermatology. Guidelines for the management of Tinea Capitis in children. Pediatric Dermatology, 2010, 27: 226–228. 5) Fuller LC, Barton RC, Mohed Mustapa MF, Proudfoot LE, Punjabi SP, Higgins EM. British Association of dermatologists guidelines for the management of tinea capitis 2014. Br J Dermatol, 2014, 171: 454–63. Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Martin H. Schöni Kindermedizinische Poliklinik Inselspital Bern 3010 Bern martin-heinrich.schoeni@insel.ch 50 Pharma-News Die ersten 1000 Tage im Leben eines Kindes: Der Grundpfeiler für lebenslange Gesundheit Die aktuelle Forschung zeigt, dass Gesundheit und Krankheit eines Menschen wesentlich weniger durch seine vererbten Gene bestimmt werden als vermutet, sondern hauptsächlich über sogenannte epigenetische (griechisch «epí» = zusätzlich) Vorgänge, die darüber entscheiden, was der Körper aus den vorhandenen Genen macht1). Durch diese Vorgänge kann es zu Veränderungen einzelner Körpersysteme oder Organe kommen, die sich im Laufe des Lebens in bestimmten Krankheiten äußern. Frühkindliche Prägung durch Ernährung Die Wissenschaft zeigt, welche Rolle die frühkindliche Ernährung spielt, insbesondere in den ersten 1000 Tagen von der Zeugung bis zum Alter von zwei Jahren. Damit ein Kind sich gesund entwickeln kann, sollten seine Eltern bereits vor der Empfängnis, besonders aber während Schwangerschaft, Stillzeit und den ersten Jahren nach der Geburt auf eine optimale Ernährung von sich und dem Kind achten. Optimal heißt, die Nahrungsauswahl immer der entsprech- enden Lebensphase des Säuglings und Kleinkindes anzupassen. Stillen schützt Muttermilch erhöht nachweislich den Schutz vor Übergewicht, Allergien und anderen Volkskrankheiten. Beispielsweise zeigen Studien, dass Stillen im Vergleich zur Flaschenernährung das Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 25 bis 40 Prozent vermindern kann 2). Dies gilt insbesondere für eine ausreichend lange Stillzeit. Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine Stilldauer von neun Monaten zu einer Senkung des Übergewichtsrisikos im späteren Leben führt. Jeder Monat des Stillens bis dahin vermindert dieses Risiko um zusätzliche vier Prozent. Milupa Forschungsergebnisse Milupa Experten aus den Bereichen Biologie, Ernährungswissenschaften und Medizin erforschen mit viel Leidenschaft seit mehr als 30 Jahren die Muttermilch, damit auch nicht gestillte Kinder in den Genuss einer Nahrung kommen, die einen optimalen Start für langfristige Gesundheit ermöglicht. Sie konnten beispielsweise zeigen, dass bestimmte Prebiotika eine gesunde Darmf lora fördern und so die Abwehrkräfte stärken3), 4), 5), 6). Ein weiterer Erfolg der Milupa-Forschung war, dass sie die Bedeutsamkeit von langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren (LCPs) zeigen konnte. Diese sind ein fester Bestandteil der Muttermilch und sorgen auch langfristig für eine optimale Entwicklung von Gehirn, Nervensystem und Sehvermögen7), 8). Abwechslungsreiche Beikost und altersgemäße Kleinkindernährung Die Nahrungspräferenzen in den ersten drei Lebensjahren sind prägend für die spätere Kindheit und sogar bis ins Erwachsenenalter. Deshalb sollte die Beikost eines Säuglings nicht nur altersgerecht, sondern auch möglichst vielseitig gestaltet sein, damit das Kind später gerne gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse isst. Nicht nur Säuglinge, sondern auch Kleinkinder im Alter von ein bis drei Jahren entwickeln sich rasant und brauchen eine gute und ausgewogene Ernährung, damit sie gesund bleiben. Aktuelle Studien zeigen jedoch: Kleinkinder in Deutschland beispielsweise bekommen zu wenig Vitamin D, Eisen und Jod, aber zu viel an Eiweiß, Salz und Zucker 9). Kindermilchen können dazu beitragen, diese Ernährungsschief lage zu verbessern. Wenn Kindermilchen darüber hinaus Prebiotika enthalten, können sie zu einer gesunden Darmf lora beitragen10). Wichtiger Hinweis Stillen ist ideal für das Kind. Die WHO empfiehlt ausschliessliches Stillen während der ersten 6 Monate. Pressekontakt: Farner Consulting SA Myriam Delouvrier Rue Centrale 10 Case postale 6164 CH-1002 Lausanne delouvrier@farner.ch Quellen 1. Plagemann A, Dudenhausen JW. In: Ernährungsbericht 2008. DGE. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. 2008 Bonn, 271-300 2. Plagemann A et al. Metab Syndr Relat Disord 2005; 3: 222–32 3. Arslanoglu S et al. J Nutr 2007; 137: 2420–4 4. Arslanoglu S et al. J Nutr 2008; 138: 1091–5 5. Bruzzese E et al. Clin Nutr 2009; 28: 156–61 6. Arslanoglu Set al. J Biol Regul Homeost Agents 2012; 26: 49–59 7. Willatts P et al. Am J Clin Nutr 2013; 98: 536S–42S 8. Singhal A et al. Lancet 2004; 363: 1642–5 9. Kersting M, Clausen K. Ernährungsphysiologische Auswertung einer repräsentativen Verzehrsstudie bei Säuglingen und Kleinkindern VELS mit dem Instrumentarium der DONALD Studie. In: Schlussbericht. Forschungsinstitut für Kinderernährung 2003 Dortmund 10. Chatchatee P et al. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2014; 58: 428–37. 1007561 Die ersten 1000 Tage im Leben eines Kindes, von der Empfängnis bis zum Alter von zwei Jahren, gelten als wichtigste Phase, in der viele Faktoren die Chance auf spätere Gesundheit erhöhen können. In diesem «Zeitfenster der grösstmöglichen Chancen» hat beispielsweise die Ernährung von Mutter und Kind einen wesentlichen Einf luss auf die Entwicklung der kindlichen Organe, deren Funktionsweise und Stoffwechsel. Kaktus Vol. 26 Nr. 4 2015 Wie gehe ich mit dem Mangel an Impfstoffen um? Nicole Pellaud, SGP-Präsidentin Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Das BAG hat im Juli eine Information zur Verknappung verschiedener Impfstoffe veröffentlicht, insbesondere an Ärzte gerichtet, die Kleinkinder betreuen. http://www.bag.admin.ch/themen/medizin /00682/00685/index.html?lang = de/>Aktuell Die SGP ist seit über einem Jahr in dieser Angelegenheit, die nicht nur die Schweiz betrifft, aktiv und ist auch bei Bundesrat Berset vorstellig geworden, um das Anliegen einer nationalen Impfstoffereserve ab 2017/2018 beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL zu fordern. Erste Gespräche zwischen BAG, BWL und Herstellern haben bereits stattgefunden. Wie in der Stellungnahme des BAG zu lesen ist, handelt es sich um ein globales Produktionsproblem, auf welches weder die Eidgenössische Impfkommission, noch das BAG oder die SGP Einfluss haben. In Erwartung der erneuten Verfügbarkeit dieser Impfstoffe und um einen optimalen Ablauf des Impfplanes zu garantieren, erfordert die aktuelle Situation einige Anpassungen. Wir sind uns der Schwierigkeiten bewusst, die sich daraus ergeben können, insbesondere was die Akzeptanz durch gewisse Eltern des hexavalenten Impfstoffes (der Hepatitis B ein schliesst) anstelle des pentavalenten anbetrifft. Wir versichern Ihnen, dass wir in dieser Angelegenheit alles unternommen haben und auch aktiv bleiben, dass wir aber, wie die Eidgenössische Impfkommission, das BAG und das restliche Europa, einige Monate werden warten müssen, bis die Produktion wieder in Gang gekommen und die Impfstoffe wieder verfügbar sind. Das von der SGP unterstützte Online-Portal Infovac (www.infovac.ch) hält Sie immer auf dem aktuellsten Stand und formuliert Alter nativen, wo immer möglich. Situation Mitte August 2015 DTPa-IPV-Hib Pentavac® Mangel bis Ende 2015 Infanrix-Hib® Mangel bis August 2015 DTPa-IPV Tetravac® und Infanrix® Mangel während 2015 ROR Priorix® Mangel bis Oktober 2015 Priorix-Tetra® wieder erhältlich Hepatitis A Havrix® Mangel bis August 2015 Alternativen Um dieser Situation abzuhelfen und Kinderund Hausärzten zu ermöglichen, weiterhin nach schweizerischem Impfplan zu impfen, empfehlen die Eidgenössische Impfkommission und das BAG folgendermassen vorzugehen: Säuglinge Infanrix Hexa® (DTPa-IPV-Hib + Hepatitis B) Kinder ab 4 Jahre Boostrix-Polio® (dTPa-IPV), reduzierte Antigen-Dosis; Wirksamkeit ab diesem Alter, nicht jünger, bewiesen MMR MMRVAXPRO® Hepatitis A Twinrix®, enthält auch Hepatitis B (auch bereits gegen Hepatitis B geimpfte). Mehr Informationen zur Verfügbarkeit von Impfstoffen Infovac Verfügbare Impfstoffe, http://www.infovac. ch/de/impfstoffe/verfuegbare-impfstoffe GlaxosmithKline AG Verfügbarkeit der Impfstoffe, http://www. glaxosmithkline.ch/index.html 52 Sanofi Pasteur MSD AG Verfügbarkeit der Impfstoffe www.spmsd.ch Das Gesamtpaket für Kinder mit Obstipation. Speziell für Kinder Elektrolyte Macrogol Studien Die 1st Line Medikation1 entwickelt vom europäischen Marktführer.* aromafrei . sans arôme . senza aroma Fachkurzinformation MOVICOL® Junior aromafrei. ZUSAMMENSETZUNG: 6,563 g Macrogolum 3350; 89,3 mg Natrii hydrogencarbonas; 175,4 mg Natrii chloridum; 25,1 mg Kalii chloridum. INDIKATIONEN: Koprostase bei Kindern (2-11 Jahre); Anwendung max. 7 Tage. Symptomatische Behandlung der Obstipation bei Kindern (2-11 Jahre); ohne ärztliche Empfehlung nicht länger als 3 Monate anwenden. DOSIERUNG: Die Dosierung für Kinder ist vom Alter abhängig; für genaue Dosierungsanweisungen siehe ausführliche Fachinformation. Für Kinder unter 2 Jahre nicht empfohlen. KONTRAINDIKATIONEN: Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe, intestinale Perforation oder Obstruktion, Ileus, schwere entzündliche Darmerkrankungen. VORSICHTSMASSNAHMEN: Bei Herzkreislauferkrankungen Tagesdosis sehr langsam verabreichen; bei Kindern < 4-5 Jahre kommt es bei der Behandlung von Koprostase häufiger zu Erbrechen; bei Symptomen, die auf eine Verschiebung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes hinweisen Einnahme sofort beenden; die Resorption anderer Arzneimittel kann vorübergehend reduziert sein. SCHWANGERSCHAFT/STILLZEIT: Bei Anwendung in der Schwangerschaft/Stillzeit ist Vorsicht geboten. UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Gastrointestinale Störungen, allergische Reaktionen, Elektrolytverschiebungen, Kopfschmerzen, periphere Ödeme. ABGABEKATEGORIE: B. PACKUNGEN: 30 / 60 Sachets. ZULASSUNGSINHABERIN: Norgine AG, 4132 Muttenz. Kassenzulässig. Ausführliche Informationen entnehmen Sie bitte der Fachinformation auf http://www.swissmedicinfo.com CH/MOVJFF/0115/0009(1) 1007459 * Norgine; Konsolidierte Daten von IMS, GERS, Insight Health und FarmINFORM, Nov. 2014. 1. NICE Guidelines „Constipation in children and young people, diagnosis and management of idiopathic childhood constipation in primary and secondary care“; Clinical Guideline May 2010. www.nice.org.uk/guidance/cg99/chapter/Introduction. Zugriff: 06.05.2015. AtoControl Die Pflegelinie für alle Phasen der Haut. Mit hochkonzentrierten Omega-6-Ölen und beruhigendem Licochalcone A. Beruhigt extrem trockene, 1007547 Empfohlen durch: aha! Allergiezentrum Schweiz 1007348 gerötete Haut mit Juckreiz Beiersdorf AG • Division Eucerin Tel +41 (0)61 415 61 11 • Fax +41 (0)61 415 63 31 Eucerin.Schweiz@Beiersdorf.com www.Eucerin.ch