Hommage an die andalusische Lebensart
Transcription
Hommage an die andalusische Lebensart
30 LEBEN LITERATUR DONNERSTAG 1. SEPTEMBER 2005 SUR DEUTSCHE AUSGABE GABRIELE HEFELE MEIN ANDALUSISCHER GÄRTNER Kein Klagelied über die Missstände in der neuen Heimat Süden, sondern eine Gebrauchsanweisung, wie man auf lachend-andalusische Art einen Ausweg findet. Und nicht zuletzt ein Buch über die Flora und Fauna Hommage an die andalusische Lebensart TEXT: RICHARD MEYER / FOTO: SUR DEUTSCHE AUSGABE s gibt inzwischen recht viele Bücher über den (deutschen) Alltag in Spanien beziehungsweise in Andalusien. Manchmal wird die Geschichte und die Kultur des Gastlandes gepriesen, meist aber handelt es sich um ein in den Augen des Verfassers berechtigtes Klagelied über alle die unglaublich vielen Missstände, die einem so auf Schritt und Tritt begegnen. Anders, sehr viel anders sogar,ist ‘Mein andalusischer Gärtner’ aus der Feder der in der Nähe von Estepona wohnenden Journalistin Gabriele Hefele. Und selten wird man ein Buch zu Ende lesen, bei dem man letztendlich den Titel so gut versteht, und mit derVerfasserin alles fühlt, was sich hinter dem ‘andalusischen Gärtner’ so alles verbirgt. Denn es ist keineswegs eine Biografie des Gärtners, und es ist auch keine Anleitung zum andalusischen Gärtnern. Nein, und das erkennt man nicht erst zum Schluss, es ist eine Hommage an die andalusische Lebensart, an die andalusische Philosophie, einfach an Andalusien selbst. Keineswegs handelt es sich um eine poetische Hommage, sondern eine erlebte, und deswegen ist sie viel wertvoller. Unschwer erkent man, dass die Autorin, die eine rege internationale literarische Laufbahn hinter sich hat, in Andalusien und auf ihrer Finca ihre wahre Heimat gefunden hat. Und das eben nicht zuletzt wegen ihrem andalusischen Gärtner. Aber es wäre zu einfach, in diesem Buch lediglich einen Hochgesang an Andalusien zu sehen. Nein, die vielen gärtnerischen Tipps sind Gold wert! Es sind nämlich Erfahrungen, die man so in den gängigen Büchern über Gartenbau nicht findet. Ebenfalls Gold wert ist der Bericht über den Brand auf der Finca, und die einfachen, einleuchtenden, praktischen und gesetzlich vorgeschriebenen Regeln, die solche Brände verhindern helfen. Die letzten Brandkatastrophen in Spanien und die mehr als bedauerlichen und wahrlich vermeidbaren Ursachen sprechen Bände. In einem packenden Erzählungs-Stil schildert Gabriele Hefele die vielen kleinen und großen Vorkommnisse, die einem im Laufe der Zeit versuchen, das Leben hierzulande schwer zu machen. Doch lassen sich diese Widrigkeiten auf lachend-andalusische Art oft überraschend gut meistern. In Andalusien findet sich immer ein meist mehr als passabler Ausweg – oft eben dank des andalusischen Gärtners. Ob es nun um eine Capucchino-Maschine-Ersetzungs-Benefiz-Party geht BUCH UND AUTORIN E GABRIELE HEFELE. Hat im Sommer ihr neues Buch beim Alhulia-Verlag veröffentlicht. Wertvolle Tipps zum Gärtnern, die man sonst nirgends in Büchern findet oder um die sachgemäße und (gerade noch) damenhafte Anwendung von spanischen Schimpfwörtern, der Gärtner hat die Lösung parat. Überhaupt Lachen. Das kommt im Buch oft vor und ist immer mit einem Augenzwinkern verbunden. Es bestätigt die andalusische Einstellung, dass Gott den Menschen auch die Freude geschenkt hat. Folglich darf man sie nicht verschmähen! Gabriele Hefele lässt auch kaum eine (scheinbare) Kleinigkeit aus, weil sie eben doch im Alltag und im ungetrübten Miteinander wichtig ist: Spanisch lernen vom andalusischen Gärtner, die Bewässerungssysteme des andalusischen Gärtners und welche niedlichen Vögel so niedlich gar nicht sind, wie die aus Afrika einfliegenden Sittiche. Sie schildert auch, warum sie lernte, Sevillanas zu tanzen. Die Sache ist doch ganz einfach: Um einen Grund zu haben, sich so ein ‘Wahnsinnskleid’ zu kaufen. So Eine gerade noch damenhafte Anwendung von Schimpfwörtern schreibt die Autorin. Natürlich meint sie damit, was auf Deutsch oft und meist falsch ein Flamenco-Kleid genannt wird. Aber, so wie ich diese Schilderung, die Schildernde und überhaupt diese Kleider kenne, geht es Madame um etwas ganz einfaches: Sie möchte ganz toll aussehen! Schließlich gesteht sie im gleichen Absatz, in Deutschland ein Dutzend Dirndl gehabt zu haben – und sie wohl noch hat. Das ist eine zwar verständliche, aber dennoch sehr durchsichtige Begründung, um sich so ein ‘Wahnsinnskleid’ anzulachen. Sie erzählt sogar, wie sie ihr zweites ‘Wahnsinnskleid’ erwarb, und bei Erscheinen des Buches im Sommer (natürlich einige Zeit nach dem zweiten Kleid) waren es derer schon drei. Und wenn diese Zeilen in der ‘Sur deutschen Ausgabe’ erscheinen, sind es vielleicht schon vier geworden? Es wäre nur zu verständlich, diese Kleider sind halt wahnsinnig schön! Sevillanas lernen, damit man sich so ein ‘Wahnsinnskleid’ kaufen kann Das Buch ‘Mein andalusischer Gärtner’, das übrigens in dem in Almuñécar ansässigen AlhuliaVerlag von Marion Möller erschienen ist, ist wirklich mehr als lesenswert. Ein ‘Zuckerl’ ist ein Kommentar des andalusischen Gärtners über seine ‘Bayerischen Chefs’. Dieses Buch sollte zur Pflichtlektüre für in Andalusien ‘Zuag'roaste’ werden. Es räumt viele Vorurteile aus, und das so gründlich, dass manche Leute nicht nur merken, dass "Andalusien anders ist", sondern auch ‘wie’ es ist. Und sei es nur die Weihnachtsfeier in des andalusischen Gärtners Haus, inmitten seiner Großfamilie. Keine weiße Weihnacht, dafür aber eine schöne Weihnacht! Und der Leser, besonders wenn er mit der andalusischen Lebensart vertraut ist, wird wahrscheinlich erkennen, dass das Ehepaar Hefele von ihrem Gärtner schlicht und einfach im Rahmen seiner großen Familie adoptiert wurden. Nicht besseres konnte ihnen passieren! Gabriele Hefele wurde 1949 in Bayern, genauer gesagt im Wallfahrtsort Altötting geboren. Schon mit 18 Jahren schrieb sie ein Fernsehspiel für die ARD. Sie studierte Germanistik, Psychologie und Philosophie und promovierte schließlich zum Dr. phil. Während ihres Studiums lernte sie einen Kommilitonen namens Reinhard kennen, der ein Motorrad besaß und Gabriele eines Tages zu einer Spazierfahrt einlud. Doch bevor es losging, erklärte dieser seiner Sozia warum man einen Sturzhelm tragen müsse (er hatte sogar einen zweiten!) und die für Gabriele komplizierte Wechselwirkung zwischen Schwerkraft, Fliehkraft und Schräglage des Motorrades samt Menschen darauf. Einerseits führte dies zu einer ungetrübten Fahrt, andererseits machte so viel Sorgfalt einen bleibenden Eindruck auf Gabriele. Und dieser Eindruck kam letztlich in der Ehe der beiden zum Ausdruck. Schon während des Studiums arbeitete Gabriele als Pressechefin bei Langenscheidt in München, war Chefredakteurin einer Jugendzeitschrift und danach PR-Leiterin bei Piepenbrock in Osnabrück. Hie und da schrieb sie Glossen für diverse Blätter, unter anderem für die ‘Die Weltwoche’ in Zürich, ‘Die Furche’ in Wien, den ‘Rheinischen Merkur’ in Bonn sowie die deutsche Ausgabe von "Vogue". Es war jedoch die Chefredakteurin des ‘Cosmopolitan’, die entdeckte, dass Gabriele auch über lustige Dinge schreiben konnte, was viel schwerer ist, als man es sich allgemein vorstellt. Sie erhielt wegen eben dieser Neu-Ausrichtung eine Einladung zum Klagenfurter Publizistikpreis. Und sie veröffentlichte Bücher: ‘Motorradfahren mit Spaß’ und ‘Erfahrungen einer Karrierefrau’, das auch unter ihrem Pseudonym Andrea Linhart als ‘Kann Erfolg denn Sünde sein?’ erschien. Im Jahr 2000 zogen die Hefeles mit Sack und Pferden nach Andalusien, wo die Journalistin jedoch nicht von ihrem Beruf lassen konnte. Sie arbeitet bei Radio Onda Cero Internacional in Marbella und schreibt für ‘Sur deutsche Ausgabe’. Was danach kam, steht in ‘Mein andalusischer Gärtner’. Und wer wissen will, wie es weiter geht, der muss auf ihr neues Buch warten, in dem Dr. Gabriele Hefele über ihr ‘Wunderpferd Ràrò’ erzählen wird. Das Buch. F Mein andalusischer Gärtner: Ist erschienen im Alhulia-Verlag (Almuñécar), broschürt, Preis: 10 Euro.