fesTTage 2016
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solo recital fesTTage 2016 Yo -Yo Ma Violoncello 22. märz 2016 imPreSSum | imPrint impressum | imprint Festtage 2016 herausg eber | published by Staatsoper unter den linden Bismarckstraße 110 | 10625 Berlin intendant | general manager Jürgen Flimm generalmusikdirektor | general music director daniel Barenboim geschäftsführender direktor | management director ronny unganz abbildungen | images Werner neumann: Auf den Lebenswegen Johann Sebastian Bachs, leipzig 1953; Winfried hoffmann: Reisen zu Bach. Erinnerungsstätten an Johann Sebastian Bach, leipzig 1985; michael Praetorius: Syntagma musicum, Band II, Violoncello Faksimile-reprint der ausgabe Wolfenbüttel 1619, Kassel u. a. 2001. fotos | photo credits Jason Bell (Yo -Yo ma) solo recital Yo-Yo Ma Johann Sebastian Bach 1685–1750 redaktion | edited Diebysechs Suiten für Violoncello solo | The Six Cello Suites dr. detlef giese & irene Flegel dramaturgie der Staatsoper unter den linden. | Nr.Schrammek 1 G-Dur BWV der essay vonSuite Bernhard ist ein 1007 Suite No. 1 in G Major BWV 1007 | | I. Prélude II. Allemande III. Courante | IV. Sarabande | V. Menuett I & II | VI. Gigue originalbeitrag für dieses Programmheft. the essay by Bernhard Schrammek is an original contribution for this programme book. Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 | Suite No. 2 in D minor BWV 1008 english translation by regine modersbach. I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Menuett I & II | VI. Gigue layout dieter thomasSuite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 | Suite No. 3 in C Major BWV 1009 herstellung | production I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Bourrée I & II | VI. Gigue druckerei Pause | intermission inhalt | content Programm | Programme Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 | Suite No. 4 in E f lat Major BWV 1010 I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Bourrée I & II | VI. Gigue 1 »eine ganz neue Welt« Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo Bernhard Schrammek 3 zitate | QuotationS Pablo Casals, Mischa Maisky, Mstislaw Rostropowitsch 10 “a Whole neW World” Johann Sebastian Bach’s Suites for Violoncello solo Bernhard Schrammek 13 Yo-Yo ma 19 imPreSSum | imPrint 25 Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 | Suite No. 5 in C minor BWV 1011 I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Gavotte I & II | VI. Gigue Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 | Suite No. 6 in D Major BWV 1012 I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Gavotte I & II | VI. Gigue Den Blumenstrauß für den Künstler spendet Dienstag 22. März 2016 | 19 Uhr | Philharmonie || Tuesday 22 march 2016 | 7 p.m. | Philharmonie Konzerteinführung um 18.15 Uhr || Concert introduction at 6.15 p.m. Blumenladen Giesbrechtstraße 10 – Medienpartner 10629 Berlin – Telefon: (030) 8 83 61 63 An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich dafür. »Eine ganz neue Welt« Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo Bernhard Schrammek Johann Sebastian Bach Gemälde von Johann Jakob Ihle, um 1720 Painting by Johann Jakob Ihle, ca. 1720 es keiner großen Phantasie, sich die Begeisterung des jungen Regenten über die kompositorischen und spielerischen Fähigkeiten Bachs vorzustellen. Und ganz sicher wird Leopold dem Weimarer Konzertmeister mit großem Stolz von seiner großzügig besetzten und qualitativ hochwertigen Hof kapelle vorgeschwärmt haben. Im Sommer 1717 ergab sich am Köthener Hof überraschend eine Vakanz des Kapellmeisteramtes, da der bisherige Inhaber Augustin Reinhard Stricker als Kammerkomponist an den Kurpfälzischen Hof wechselte. Fürst Leopold handelte schnell und bemühte sich, Johann Sebastian Bach nach Köthen zu engagieren. Bach war diesem Wechsel nicht abgeneigt, bedeutete er für ihn doch bezüglich des Amtes, der hervorragend ausgestatteten Hof kapelle und nicht zuletzt des Gehalts eine gehörige Verbesserung. Anfang August unterzeichnete er seinen neuen Dienstvertrag und konnte sich formell bereits »Hochfürstlich Anhalt-Cöthenscher Capellmeister« nennen. Zweifellos wäre für Bach nach neun Weimarer Dienstjahren, drei davon als Konzertmeister, ein ehrenhafter Abschied angemessen gewesen. Doch der Amtswechsel verlief alles andere als reibungslos. Wie der Weimarer Hofchronist mitteilt, wurde Bach am 6. November 1717 »wegen seiner Halßstarrigen Bezeugung und zu erzwingenden dimission, auf der LandRichter-Stube arretiret, und endlich d. 2. December darauf, mit angezeigter Ungnade, Ihme die dimission durch den Hof Secretarius angedeutet und zugleich des arrests befreyet.« Zum »Abschied« Vor 300 Jahren – im Januar 1716 – fand auf Schloss Nienburg an der Saale ein rauschendes Hochzeitsfest statt: Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar heiratete die Prinzessin Eleonore Wilhelmine von Anhalt-Köthen. Der Bräutigam brachte zu diesem Anlass seine Hof kapelle aus Weimar mit, die mit ihrem Konzertmeister Johann Sebastian Bach für glänzende musikalische Festbeiträge sorgte. Unter den Gästen befand sich natürlich auch der Bruder der Braut, Fürst Leopold von Anhalt-Köthen, der nur wenige Wochen zuvor die Regierung in seinem Kleinstaat übernommen hatte. Fürst Leopold war ein weltoffener, gebildeter und vor allem musikbegeisterter Mann. Er hatte zunächst die Berliner Ritterakademie besucht, und sich danach auf ausgedehnten Reisen in England, Frankreich, Italien und den Niederlanden aufgehalten. Auf einer dieser Kavaliersreisen hörte Leopold 1713 von der Auf lösung der hoch angesehenen Preußischen Hof kapelle in Berlin durch den neuen König Friedrich Wilhelm I., der an Musik keinerlei Interesse hatte. Mit Nachdruck setzte sich Leopold dafür ein, einige der nun beschäftigungslosen Berliner Musiker an den Köthener Hof zu verpf lichten. Der Plan ging auf: Insgesamt acht ehemalige preußische Hofmusiker kamen nach Köthen, darunter auch der Kapellmeister Augustin Reinhard Stricker, und bildeten den Kern der dortigen Hof kapelle. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten in Nienburg kam es auch zur ersten Begegnung zwischen Fürst Leopold und Johann Sebastian Bach. Einzelheiten dieses Treffens sind nicht überliefert, jedoch bedarf 5 Einführung von Weimar verbüßte Bach also eine knapp vierwöchige Haftstrafe, da er seine Entlassung aus dem Hofdienst vermutlich zu forsch gefordert hatte. Möglicherweise waren auch Intrigen zwischen Herzog Wilhelm Ernst und seinem Mitregenten Ernst August im Spiel, die zu dieser unverhältnismäßig harten Strafe führten. Nach der Haftentlassung verließ Bach, so schnell wie dies mit einer sechsköpfigen Familie möglich war, die Stadt Weimar und zog nach Köthen um, wo er am 29. Dezember 1717 sein erstes fürstliches Gehalt ausgezahlt bekam und sogleich die Arbeit mit der Hof kapelle aufnahm. Es darf angenommen werden, dass das musikalische Niveau in Köthen zu diesem Zeitpunkt weit über dem vergleichbarer Höfe lag – für Bach war dies sicherlich eine Gegebenheit, die ihn über die widrigen Umstände des Wechsels von Weimar nach Köthen hinweggetröstet haben mag. Hinsichtlich des Repertoires musste sich Bach am neuen Wirkungsort vollkommen neu orientieren: Hatte er in Weimar vorwiegend Orgelmusik und Kirchenkantaten komponiert, so lag der Schwerpunkt in Köthen eindeutig auf den Instrumentalwerken, denn geistliche Musik war an diesem reformierten Hof kaum gefragt. Bach stellte sich schnell auf diese neuen Herausforderungen ein und schuf in Köthen einen Großteil seiner instrumentalen Kammersowie Ensemblekompositionen. Ansicht von Köthen | Image from Köthen Kupferstich von Matthäus Merian, um 1650 Copper engraving by Matthäus Merian, ca. 1650 Einführung Dazu gehören auch die jeweils aus sechs Werken bestehenden Zyklen für Violine und Violoncello solo. Beide Sammlungen stehen bis heute als Synonym für höchste Instrumentalvirtuosität und weisen Bach als einen genauen Kenner der jeweiligen Spieltechniken aus. Auch ohne die harmoniestützende Funktion des Basso continuo vermochte es der Köthener Hof kapellmeister, in diesen Werken einen farbigen Satz von großer Komplexität zu formen. * Mit großer Wahrscheinlichkeit komponierte Bach seine sechs Suiten für Violoncello solo um 1720; eine genauere Datierung ist aufgrund des fehlenden Autographs nicht möglich. Das heutige Notenmaterial geht auf spätere, in Leipzig angefertigte Abschriften von Johann Peter Kellner (um 1726) und Bachs Frau Anna Magdalena (um 1727/31) zurück. Bach betrat mit diesen Solostücken für Violoncello Neuland, handelte es sich doch zum Zeitpunkt der Komposition noch um ein relativ junges Instrument: Erst rund 50 Jahre zuvor findet sich in einem Ensembledruck des italienischen Komponisten Giulio Cesare Arresti erstmals die Instrumentenbezeichnung »Violoncello«. Das Wort vereint das italienische Vergrößerungssuffix »-one« zu Viola mit dem Verkleinerungssuffix »-ello« und bringt damit zum Ausdruck, dass es sich um eine kleinere Variante des größten Instruments der Violinfamilie handelt, oder wie es der Lexikograph Johann Gottfried Walther 1732 schrieb, eine »kleine Baß-Geige«. Von der bislang hoch angesehenen Viola da gamba unterschied sich das neue Instrument durch die äußere Form, das Fehlen von Bünden, die Anzahl und Stimmung der Saiten sowie durch den wesentlich kräftigeren einf ührung Prélude gibt diese Stimmungsrichtung mit elegischen Wendungen und herben Moll-Harmonien vor. Der virtuos-spielerische Impetus wird dabei merklich zurückgenommen. Auch in den folgenden Sätzen bleibt dieser ernste Grundton erhalten. Dies hat zur Konsequenz, dass sich Allemande und Courante kaum tänzerisch anhören und selbst die sonst so quicklebendige Gigue eher einem grimmigen Charakterstück ähnelt. Einzig im zweiten Menuett wechselt Bach nach D-Dur und gestattet somit eine kurz währende Aufhellung des Satzes. In der Suite C-Dur BWV 1009 kehrt Bach dann zum lebhaften Virtuosengestus zurück. Das rasante Prélude zu Beginn besteht fast durchgehend aus schnellen Sechzehntelläufen und gebrochenen Akkorden. In der darauf folgenden Allemande dominieren ebenfalls rasche Bewegungen, wobei Bach hier auch vertracktere Rhythmen einfügt. Die Melodielinie der Courante nutzt den vollen Umfang des Violoncellos aus und besitzt eine grazile Leichtigkeit. Nach der ruhigen Sarabande und dem tänzerischen BourréePaar setzt die Gigue mit unbändiger Spiellust einen wirkungsvollen Schlusspunkt. Auch das Prélude der Es-Dur-Suite BWV 1010 beginnt mit gebrochenem Akkordspiel, das im weiteren Verlauf mit improvisatorisch wirkenden Sechzehntelketten verknüpft wird. Allemande und Courante weisen ebenfalls hohen virtuosen Anspruch auf, während die Sarabande wiederum als ruhige Zäsur im Zentrum des Werkes fungiert. Im BourréePaar nimmt die Suite an Lebendigkeit zu, bevor die Klang in allen Registern. Dadurch konnte das Violoncello mit dem gewachsenen Barockorchestervolumen Schritt halten, war aber gleichzeitig auch als Soloinstrument einsetzbar. Die frühesten Originalkompositionen für Violoncello innerhalb eines Streicherensembles stammen aus der Zeit um 1690 und entstanden im Umkreis der berühmten Instrumentalkapelle der Stadtkirche San Petronio zu Bologna. Rund zwei Jahrzehnte später schuf Antonio Vivaldi in Venedig zahlreiche Konzerte für Violoncello und Orchester und etablierte damit das Instrument als ebenbürtigen Partner für das zeitgenössische Orchester. Johann Sebastian Bach war es schließlich vorbehalten, das Violoncello als ein gänzlich solistisch spielendes Instrument zu adeln. * In seinen sechs Werken für Solocello griff Johann Sebastian Bach auf die Form der Suite zurück, für die sich Anfang des 18. Jahrhunderts eine Art »Schema« durchgesetzt hatte, das Johann Mattheson 1739 wie folgt beschrieb: »Die Allemanda [geht] vor der Courante, so wie diese vor der Sarabanda und Gigue her, welche Folge der Melodien man mit einem Nahmen ›Suite‹ nennet.« Bach stellte diesen vier Stammteilen in den Violoncello-Suiten jeweils ein Prélude voran und ergänzte zwischen Sarabande und Gigue ein weiteres Tanzpaar (Menuett, Bourrée bzw. Gavotte). Diese Satzfolge findet sich in vielen Suitensammlungen der Zeit, nicht zuletzt in Bachs gleichfalls in Köthen komponierten Englischen Suiten für Cembalo. Alle sechs Werke besitzen einen je eigenen Charakter. Die Suite G-Dur BWV 1007 setzt mit einem bewegten Prélude ein, das fast durchgehend aus gebrochenen Akkorden besteht, es folgen Allemande und Courante in ähnlichem Duktus, bevor die Sarabande mit kunstvollem Doppelgriffspiel einen ruhigen Gegenpol setzt. Danach ergänzt Bach ein Menuett-Paar, das mit einem Wechsel der Tonalität von Dur nach Moll aufhorchen lässt. Den Abschluss bildet eine muntere Gigue. Im Kontrast zur unbeschwerten G-Dur-Suite präsentiert Bach die Suite d-Moll BWV 1008 als ein introvertiertes, nachdenkliches Stück. Gleich das einführung Gigue als wahres »Perpetuum mobile« dahinjagt. In der Suite c-Moll BWV 1011 wird von Bach das Herabstimmen der höchsten Saite um einen Ganzton eingefordert (von a auf g), was zu einer Minderung der Klangpracht in hoher Lage führt. Dieser Kunstgriff entspricht dem insgesamt verhaltenen, nachdenklichen Charakter des Werkes. Selbst das Prélude, das dem Muster einer französischen Ouverture folgt, erscheint in sich gekehrt und zurückgenommen. Die Allemande und die Courante setzen mit ausdrucksvollen Wendungen diesen Eindruck fort. Die Sarabande fungiert dann vollends als Charakterstück und besitzt kaum Analogien zu dem namensgebenden Tanz. Die beiden Gavottes und die Gigue geben sich rhythmisch stark profiliert und führen die Suite zu einem ernsten Finale. Während seiner Leipziger Zeit erstellte Bach eine Lautenfassung dieser Komposition (BWV 995). Und auch in der abschließenden Suite D-Dur BWV 1012 wartet Bach mit einer instrumententechnischen Besonderheit auf: Wie eine Notiz in der Abschrift Anna Magdalena Bachs nachweist, war das Stück ursprünglich für ein fünfsaitiges Instrument mit einer zusätzlichen e1-Saite vorgesehen, möglicherweise sogar für ein auf dem Arm zu haltendes »Violoncello da spalla«. Hinsichtlich des Klangcharakters und des Umfangs zieht Bach in dieser letzten Suite noch einmal alle Register: Das Prélude erklingt voller Pracht und mit unbändiger Lebhaftigkeit. Die Allemande erreicht im ungewöhnlichen Adagio- Tempo und mit zahlreichen fein ausgearbeiteten Verzierungen fast den Charakter einer Sarabande, während die Courante wieder mit tänzerischer Anmut auftrumpft. In der Sarabande sind dann nochmal Doppelgriffakkorde zu hören, bevor Gavotte und Gigue den gesamten Zyklus mit Tempo und Leidenschaft abschließen. * Im späten 18. und gesamten 19. Jahrhundert waren Bachs Solo-Suiten zwar nicht vollständig vergessen, sie zählten aber auch nicht zum Standardrepertoire der großen Cellovirtuosen. Aufgeführt wurden sie allenfalls satzweise, und dann auch meist in romantischer Bearbeitung. Erst dem berühmten spanischen Cellisten Pablo Casals (1876–1973) gelang es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die großartigen Solowerke des Köthener Hof kapellmeisters wieder ungekürzt im Konzertleben zu verankern. In seinen Lebenserinnerungen schildert er, wie er die Bach-Suiten als Jugendlicher in einem MusikalienAntiquariat in Barcelona entdeckte und sofort von der Kraft dieser Musik gebannt war: »Ich jagte nach Hause; presste dabei die Noten an mich, als ob es Kronjuwelen wären, und in meinem Zimmer angelangt, stürzte ich mich kopfüber in diese Musik, las sie, studierte sie wieder und wieder. Ich war damals dreizehn Jahre alt, aber die folgenden achtzig Jahre hat sich mein Staunen über meine Entdeckung nur noch vergrößert. Diese Suiten eröffneten mir eine ganz neue Welt.« Von Bach selbst entworfenes Siegel, welches seine Initialen und deren Spiegelungen enthält Bach’s own sigle with his initials and their transformations Folgende Doppelseite: Instrumentenfamilien der Gamben und Geigen, Abbildungen aus Michael Praetorius’ Syntagma Musicum, 1619 Instrumental families of the gambas and violins, images from Michael Praetorius’ Syntagma Musicum, 1619 8 Zitate Quotations Pablo Casals Pablo Casals »Wir machten halt vor einem Musikantiquariat in der Nähe des Hafens. Ich durchwühlte eben einen Stoß Musikalien, als mir ein Bündel zerfledderter und stockfleckiger Notenblätter in die Hände fiel. Es waren die Solo-Suiten von Johann Sebastian Bach – Stücke für Cello allein! Ich schaute ziemlich fassungslos drein: Sechs Suiten für Violoncello solo? Welcher Zauber, welches Geheimnis verbarg sich hinter diesen Worten. Nie hatte ich von der Existenz dieser Suiten etwas gehört, niemand – auch mein Lehrer nicht – hatte sie vor mir auch nur erwähnt. Ich jagte nach Hause; presste dabei die Noten an mich, als ob es Kronjuwelen wären, und in meinem Zimmer angelangt, stürzte ich mich kopfüber in die Musik, las sie, studierte sie wieder und wieder.« “We stopped in front of a second-hand sheet music store near the harbour. I was rifling through a bunch of scores when I came across a bundle of tattered and mildewed sheets. These were the solo suites by Johann Sebastian Bach – pieces for solo cello! I looked quite stunned: Six suites for solo violoncello? What kind of magic, what mystery was hidden behind these words? I had never heard anything about the existence of these suites. Nobody had even mentioned them, and my teacher hadn’t either. I rushed home, huddling the sheets against my body as if they were crown jewels. And reaching my room, I launched into the music, reading it, studying it again and again.” Mischa Maisky Mischa Maisky »Sie [die Solo-Suiten von Bach] sind die größte Herausforderung. Und die schönste, wenn sie glücken. Wenn ich Musik in gewisser Weise meine Religion nennen kann, dann ist Bach für mich die Bibel, das Buch der Bücher. Ich bin kein Spezialist für die Bibel, aber ich weiß, man kann sie ganz verschieden auslegen. So ist es auch mit den Bach-Suiten. So lange wir leben, werden wir nicht zu der perfekten Interpretation kommen – weil Musik lebt. Bach ist für mich so modern wie vor 300 Jahren.« “They [Bach’s solo suites] are the biggest challenge. And the most beautiful one, if one succeeds. If I could say that music is my religion, then Bach is the Bible, the book of books. I am no expert on the Bible, but I know that it can be interpreted differently. It’s much the same thing with the Bach suites. As long as we live we will not get to the perfect interpretation – because music is alive. Bach appears to me as modern as 300 years ago.” Mstislaw Rostropowitsch Mstislaw Rostropowitsch »Diese Werke lassen mich jeden Tag, jede Stunde etwas Neues entdecken. […] Das Schwierige in der Bachschen Interpretation ist die Balance zwischen dem menschlichen Gefühl, dem Herzen – das Bach zweifellos besaß – und der unentbehrlichen Strenge, dem Ernst und der Tiefe der Interpretation.« “These compositions always allow you to discover something new, each day, each hour. [...] The hardest thing in interpreting Bach is the necessary equilibrium between human feelings, the heart that undoubtedly Bach possessed, and the indispensable precision, the severe and profound aspect of interpretation.“ “A whole new world” Johann Sebastian Bach’s Suites for violoncello solo Bernhard Schrammek Titelblatt der Kopie von Bachs Violoncellosuiten von Georg Heinrich Schwanberg, die Kopie des Inhalts (die Noten selbst) wurde von Anna Magdalena Bach gefertigt. Title page of the copy of Bach’s Suites for Violoncello solo by Georg Heinrich Schwanberg, the copy of the content (the score itself) was made by Anna Magdalena Bach. certainly Leopold sung the praise of his generously equipped and high-quality court orchestra to the concert master from Weimar. In summer 1717 the position of the musical director at the court of Köthen became vacant all of a sudden, as the previous holder Augustin Reinhard Stricker went to the court of the Electorate of the Palatinate as a “chamber composer”. Prince Leopold acted fast and tried to engage Johann Sebastian Bach for Köthen. Bach was not averse to such a change, as for him it meant a considerable improvement in his position, an excellently equipped court orchestra and not least an increase in his earnings. At the beginning of August he signed his new contract of employment and was formally appointed “Hochfürstlich Anhalt-Cöthenscher Capellmeister”. Undoubtedly an honorable departure would have been befitting for Bach after his nine years of service in Weimar, three of which as the concert master. But this change was anything but smooth. As the court chronicler of Weimar notes, on 6 November 1717 Bach was “arrested in the chambers of the county judge for his ‘demonstration of obstinacy and stubborn insistence on being dismissed’ and finally on 2 December with appropriate disgrace, informed of his dismissal by the court scribe and released from the arrest”. As a “farewell” to Weimar Bach served a prison term of just under four weeks as he had probably requested his dismissal from service at the court rather too enthusiastically. It may also be possible that this disproportionately severe punishment was brought about by intrigues between duke 300 years ago – in January 1716 – a sumptuous wedding feast was held in the palace of Nienburg on the Saale: Duke Ernst August of Sachsen-Weimar married princess Eleonore Wilhelmine of AnhaltKöthen. For this occasion the bridegroom took his court orchestra from Weimar with him, which enriched the feast with its brilliant performance conducted by its concert master Johann Sebastian Bach. One of the guests was, of course, the brother of the bride, prince Leopold of Anhalt-Köthen, who had acceded to the throne just a few weeks before. Prince Leopold was a liberal, well-educated and cultured person and, above all, an avid music lover. Following his attendance at the Berlin Ritterakademie, he then embarked on long journeys to England, France, Italy and the Netherlands. On one of these gentlemanly journeys, in 1713 Leopold heard that the highly renowned Prussian court orchestra in Berlin was to be dissolved by the new king Frederick William I who had no interest at all in music. Leopold emphatically advocated that some of the now jobless Berlin musicians were engaged at the court of Köthen. His plan succeeded: A total of eight former Prussian court musicians came to Köthen, among them musical director Augustin Reinhard Stricker, forming the core of the court orchestra here. During the wedding festivities in Nienburg, prince Leopold and Johann Sebastian Bach met for the first time. No details of this meeting are known to us, but you don’t need too much imagination to envisage how enthusiastic the young regent was about the compositional and performing abilities of Bach. And 15 introduction mentative suffix “-one” and the diminutive suffix “-ello”, indicating that it is a rather smaller version of the largest instrument in the violin family, or, as lexicographer Johann Gottfried Walther wrote in 1732, a “small double bass”. The new instrument differs from the viola da gamba, which had held a prestigious status until then, by its shape, by the fact that there are no frets, by the number and pitch of the strings as well as by the clearly more powerful sounds in all registers. Thus the violoncello could keep pace with the Baroque orchestras, which had grown in size, and could at the same time perform as a solo instrument. The earliest original compositions for a violoncello as part of a string ensemble date back to about 1690 and were written in the circle of the famous instrumental orchestra of the town church of San Petronio in Bologna. About two decades later Antonio Vivaldi in Venice created a large number of concertos for violoncello and orchestra, thus establishing the instrument as an equal partner for any orchestra of the time. But it was Johann Sebastian Bach who ennobled the violoncello as an instrument to be played in a solo. Wilhelm Ernst and his co-ruler Ernst August. After his release Bach left the town of Weimar as quickly as was possible for a family of six and moved to Köthen where he was paid his first princely salary on 29 December 1717 and immediately started working with the court orchestra. It can be assumed that the level of musical performance in Köthen at the time considerably exceeded that of comparable courts – for Bach this was certainly a factor which may have consoled him in the untoward circumstances of the switch from Weimar to Köthen. In his new position, Bach had to accustom himself to completely new conditions concerning his repertoire. Whereas most of his Weimar compositions had been organ music and church cantatas, now in Köthen the focus was clearly on the orchestral works, as spiritual works were rarely in demand at this Protestant court. Bach quickly adjusted himself to this challenge, and it was in Köthen where he wrote the majority of his instrumental chamber and ensemble compositions. Among these are the cycles for unaccompanied violin and violoncello, each comprising six works. Even today both compilations are a synonym for a very high level of instrumental virtuosity and prove Bach to be a profound expert of the playing techniques of these instruments. The Köthen court conductor succeeded in creating a colorful and highly complex set of individual compositions even without a basso continuo supporting the harmonies. terpole with its skilful double stop technique. Then Bach adds a pair of minuets changing from major to minor keys which catch the listener’s attention. The conclusion is a cheerful gigue. In contrast to the jaunty G Major suite, Bach presents the D minor suite BWV 1008 as an introverted and reflective piece. The prelude in the very beginning determines this mood with its elegiac phrases and stern minor key harmonies. The virtuoso and playful impetus is significantly reduced here. Also in the following movements the serious fundamental key is retained. This means that the allemande and the courante do not sound very dance-like, and the normally vivacious gigue is rather similar to a grim character piece. It is only in the second minuet that Bach changes to D Major, thus allowing a short brightening of mood during the movement. In the C Major suite (BWV 1009) Bach then returns to the energetic drive of a virtuoso. The rushing Lageplan des Köthener Schlosses, um 1650, Stich von Matthäus Merian Map of the Köthen castle, ca. 1650, engraving by Matthäus Merian prelude at the beginning features almost continuous fast runs of sixteenth notes and broken chords. In the allemande following next, quick motion elements are also the prevailing element, but Bach here includes also more tricky rhythms. The melody of the courante makes use of the full scope of the violoncello and stands out by its graceful effortlessness. After the quiet sarabande and the dance-like bourrée pair the gigue with its unrestrained joy of playing is an impressive finale. The prelude of the E flat Major suite BWV 1010 also sets out with broken chords which are combined with seemingly improvisatory strings of semiquavers. The allemande and the courante are also very exacting in terms of virtuosity, whereas the sarabande serves as a serene caesura in the center of the composition. In the bourrée pair the suite gains in liveliness, and the gigue races along like a true “perpetuum mobile”. In the C minor suite BWV 1011 Bach calls for tuning the highest string down by one whole tone (from A to G), which diminishes the splendor of sound in the high resonance range. This trick is in line with the overall restrained and reflective character of the * In his six works for unaccompanied cello Johann Sebastian Bach goes back to the form of the suite for which a sort of “formula” had been established at the beginning of the 18th century, which Johann Mattheson described as follows in 1793: “The allemande [comes] before the courante, as it comes before the sarabande and the gigue, which succession of melodies is called by the name of a ‘suite’.” In his violoncello suites Bach preceded these four basic elements by a prelude and added another two dances between the sarabande and the gigue (minuet, bourrée or gavotte). This sequence of movements can be found in many suite compilations of the time, not least in the English Suites for cembalo, also composed in Köthen. The G Major suite BWV (list of compositions by Bach) 1007 starts out with an animated prelude, which almost continuously consists of broken chords, then follow the allemande and the courante in a similar style, and finally the sarabande sets a serene coun- * Bach most probably wrote his six suites for unaccompanied violoncello in about 1720; the date cannot be determined more precisely due to the lack of an autograph. The sheet music available today traces back to later copies made in Leipzig by Johann Peter Kellner (about 1726) and Bach’s wife Anna Magdalena (about 1727/31). Bach broke new ground with these solo pieces for the violoncello, as the instrument was still rather young at the time he was composing: It was just 50 years earlier that the word “violoncello” was used for the first time as name for an instrument in an ensemble sheet by the Italian composer Giulio Cesare Arresti. This word combines the viola with the Italian aug- introduction 16 introduction character, whereas the courante makes a statement with in its dance-like charm. The sarabande again features double stop chords, and the gavotte and gigue conclude the cycle in a show of tempo and passion. work. Even the prelude which follows the example of a French overture seems to be introverted and withdrawn. The allemande and the courante continue this impression with their expressive phrases. The sarabande is then a full mood piece, having hardly anything in common with the dance of the same name. The two gavottes and the gigue have a pronounced rhythmic profile, taking the suite to a solemn finale. During his time in Leipzig Bach wrote a lute version of this composition (BWV 995). And also in the final suite in D Major BWV 1012 Bach comes up with a particularity regarding instrumentation: As a note in the copy by Anna Magdalena Bach proves, the work had originally been intended for a five-string instrument with an additional e1 string, possibly even for a “violoncello da spalla” to be braced against the shoulder. Regarding the sound character and scope, Bach again pulls out all the stops in this last suite. The prelude rings out in full resplendence and with unrestrained vivacity. The allemande is written in the unusual tempo of adagio and with numerous finely elaborated embellishments and seems almost like a sarabande in * In the late 18th and during the entire 19th centuries Bach’s solo suites were not completely forgotten, it is true, but they were not among the standard repertoire of the great cello virtuosos. At best, single movements were performed, and for the most part in a Romantic arrangement. It was only the famous Spanish cellist Pablo Casals (1876–1973) who in the first decades of the 20th century succeeded in bringing back the great solo works of the Köthen court conductor to the concert repertoire in their unabridged form. He tells in his memoirs how in his youth he discovered the Bach suites in a secondhand music shop in Barcelona and was immediately spellbound by the power of this music. “I dashed back home, pressing the sheets against my chest as if they were crown jewels, and in my room I plunged headfirst into this music, reading it and studying it again and again. At that time I was thirteen years old, but during the next eighty years my astonishment at this discovery increased even more. These suites opened a whole new world to me.” Der Gambist der Köthener Hofkapelle, Christian Ferdinand Abel, mit seinen Söhnen Gambist of Köthen court orchestra, Christian Ferdinand Abel, with his sons Translated by Regine Modersbach Ludwigsbau im Köthener Schloss, in dem viele Werke Johann Sebastian Bachs erklangen So-called “Ludwigsbau” in Köthen castle, where many of Bach’s works were performed 19 Yo-Yo Ma neue Musik, interdisziplinäre Kooperationen sowie Bildungsprogramme und pf legt kulturelle Partnerschaften. Die fortlaufende Partnerschaft Silkroads mit der Harvard University hat die Entwicklung von Programmen wie dem Arts and Passion-Driven Learning Institute für Pädagogen und lehrende Künstler in Zusammenarbeit mit der Harvard Graduate School of Education sowie die neue Cultural Entrepreneurship Initiative in Partnerschaft mit der Harvard Business School ermöglicht. Mehr als 80 neue musikalische und multimediale Arbeiten wurden für das Silk Road Ensemble von Komponisten und Arrangeuren der ganzen Welt in Auftrag gegeben. Yo-Yo Ma erstrebt durch die Arbeit mit Silkroad eine Ausdehnung seines CelloRepertoires an. So spielt er häufiger eher unbekannte Musik des 20. Jahrhunderts und vergibt Aufträge für neue Kompositionen. Zudem bringt er zahlreiche Werke von Komponisten wie Stephen Albert, Elliott Carter, Chen Yi, Richard Danielpour, Osvaldo Golijov, John Harbison, Leon Kirchner, Peter Lieberson, Zhao Lin, Christopher Rouse, Giovanni Sollima, Bright Sheng, Tan Dun, John Williams und Dmitri Yanov-Yanovsky zur Uraufführung. Als Judson and Joyce Green Creative Consultant des Chicago Symphony Orchestra bildet Yo-Yo Ma zusammen mit Riccardo Muti eine gemeinschaftliche musikalische Leitung. Gemeinsam entwickeln sie innovative Programme für das Negaunee Music Institute des Chicago Symphony Orchestra sowie die künstlerische Initiative des Chicago Symphony Orchestra. Die Arbeit von Yo-Yo Ma konzentriert sich auf die transformative Kraft der Musik, die sie im Leben eines Menschen einnehmen kann und fokussiert sich auf die zunehmende Vielfalt von Möglichkeiten der Musik, die die Zuhörer auch in Verbindung miteinander erleben können. Yo-Yo Ma fühlt sich vor allem Bildungsprogrammen verschrieben, die nicht nur jungen Zuhörer den Zugang zu klassischer Musik ermöglichen, sondern ihnen auch erlauben, an der Kreation der Werke Die umfassende, facettenreiche Karriere von Yo-Yo Ma ist nicht nur auf seine kontinuierliche Suche nach neuen Wegen, mit seinen Zuhörern kommunizieren zu können, zurückzuführen, sondern ebenso auf den Wunsch nach einer beständigen künstlerischen Weiterentwicklung und Erneuerung. Unabhängig davon, ob er neue oder bekannte Werke seines Cello-Repertoires aufführt, ob er mit Kollegen zur Kammermusik zusammenkommt oder Kulturen und Musik außerhalb der westlichen klassischen Tradition entdeckt, strebt Yo-Yo Ma nach musikalischen Verbindungen, welche die Vorstellungskraft anregen sollen. Yo-Yo Ma hält ein Gleichgewicht zwischen seinen Engagements als Solist mit Orchestern überall auf der Welt, seinen Solo-Aufführungen sowie kammermusikalischen Aktivitäten. Er bezieht seine Inspiration von einem breiten Kreis mit ihm verbundener Musiker und arbeitet mit Künstlern wie Emanuel Ax, Daniel Barenboim, Christoph Eschenbach, Kayhan Kalhor, Ton Koopman, Yu Long, Bobby McFerrin, Edgar Meyer, Mark Morris, Riccardo Muti, Mark O’Connor, Cristina Pato, Kathryn Stott, Chris Thile, Michael Tilson Thomas, Wu Man, Wu Tong, Damian Woetzel und David Zinman zusammen. Jede dieser Kooperationen ist geprägt von der Interaktion der Künstler, die häufig die Grenzen des jeweiligen Genres erweitern. Ein Ziel von Yo-Yo Ma ist die Erforschung der Musik als Kommunikationsträger und als Übermittlung von Ideen aus Kulturen der ganzen Welt. Daher hat er sich Zeit genommen, sich in vielfältige Themen wie die heimische chinesische Musik mit ihren verschiedenen Instrumenten und die Musik des Kalahari Volkes in Afrika einzuarbeiten. Diese Interessen ausbauend, gründete Yo-Yo Ma 1998 Silkroad, eine gemeinnützige Organisation, welche nach Verbindungen von Kunst, Bildung und Wirtschaft sucht. Unter der künstlerischen Leitung von Yo-Yo Ma präsentiert Silkroad Aufführungen des gefeierten Silk Road Ensembles, entwickelt 21 Yo-Yo M a YO-YO MA BEI SONY CLASSICAL SONGS FROM THE ARC OF LIFE Seit 30 Jahren sind Yo-Yo Ma und die Pianistin Kathryn Stott befreundet. Anlässlich dieses Jubiläums haben sie ein besonderes Album mit ihren Lieblingswerken von Bach, Schubert, Brahms, Schumann, Debussy u.v.m. aufgenommen. „Yo-Yo Mas Cello-Noblesse, seine glühende, ... melodische Kraft entfaltet sich hier ganz.“ Süddeutsche Zeitung BACH: CELLOSUITEN Die Referenzeinspielung der sechs Cellosuiten von Johann Sebastian Bach. Die Bonus-DVD enthält die preisgekrönten Filme von sechs Regisseuren, welche die Bach-Suiten filmisch inszenieren. DVOŘÁK & HERBERT: CELLO-KONZERTE Cellokonzerte von Antonín Dvořák und Victor Herbert in der herausragenden Einspielung mit den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Kurt Masur. SILK ROAD JOURNEYS Yo-Yo Ma und das Ensemble Silk Road Project bringen Werke asiatischer und europäischer Komponisten in einen Dialog miteinander. Musik aus allen Ländern der historischen Seidenstraße, gespielt auf traditionellen fernöstlichen und westlichen Instrumenten. Neu im April: Yo-Yo Ma and the Silk Road Ensemble mit SING ME HOME. www.sonymusicclassical.de Foto © Michael O’Neil www.facebook.com/sonyclassical in Paris geboren. Im Alter von vier Jahren begann er gemeinsam mit seinem Vater Violoncello zu lernen. Bald darauf zog er mit seiner Familie nach New York, wo er die am meisten prägenden Jahre verbrachte. Später war sein Lehrer vorwiegend Leonard Rose an der Juilliard School. Er verfolgte ein Studium der Künste, um seine Konservatoriumsausbildung auszubauen. 1976 schloss Yo-Yo Ma sein Studium an der Harvard University ab. Er erhielt zahlreiche Preise wie den »Avery Fisher Prize« (1978), den »Glenn Gould Prize« (1999), die »National Medal of the Arts« (2001), den »Dan David Preis« (2006), den »Leonie-Sonning-Musikpreis« (2006), den »Crystal Award« des World Economic Forum (2008), den »Presidential Medal of Freedom« (2010), den »Polar Music Prize« (2012) und den »Vilcek Prize in Contemporary Music« (2013). Im Jahr 2011 wurde Yo-Yo Ma als Kennedy Center Honoree ausgezeichnet. 2002 vom United State Department of State als Culture to Connect Ambassador eingesetzt, betreute Yo-Yo Ma weltweit Studierende aus Ländern wie Litauen, Korea, Libanon, Aserbaidschan und China. Yo-Yo Ma dient als Friedensbotschafter der UN und ist Mitglied des President’s Committee on the Arts and the Humanities. Er trat vor acht amerikanischen Präsidenten auf, erst kürzlich bei einer Einladung durch den Präsidenten Barack Obama anlässlich der 56. Eröffnungsfeier der UNO in New York. Yo-Yo Ma und seine Frau sind Eltern zweier Kinder. Er spielt auf zwei Instrumenten, einem 1733 erbauten Montagnana Cello aus Venedig und einem Davidoff Stradivarius von 1712. teilzuhaben. Während seiner Tourneen nimmt er sich – wann immer dies möglich ist – Zeit, um Meisterklassen und Programme im offenen Rahmen für Musikstudenten und andere Studierende zu leiten. Darüber hinaus schafft er neue Konzertprogramme wie zum Beispiel eine Konzertreihe für Familien an der Carnegie Hall New York. Bei jedem dieser Projekte arbeitet er daran, die Musik mit der alltäg lichen Umgebung der Studierenden zu verbinden, um den Studierenden das Schaffen von Musik und Kreativität als einen lebensnotwendigen Teil des Lebens schon von früh auf nahe zu bringen. Mit seinen Auftritten bei Arthur, Mister Rogers’ Neighborhood und Sesame Street hat er zahlreiche junge Zuhörer erreicht. Yo-Yo Mas Diskographie von über 90 Alben (einschließlich von 18 Grammy Awards) ref lektiert seine breitgefächerten Interessen. Er hat mehrere erfolgreiche Aufnahmen eingespielt, die sich über jegliche Kategorisierung hinwegsetzen, wie u. a. Hush mit Bobby McFerrin, Appalachia Waltz und Appalachian Journey mit Mark O’Connor und Edgar Meyer und ebenso zwei Grammy Tribute für die Musik Brasiliens, Obrigado Brazil und Obrigado Brazil Live in Concert. Die jüngsten Aufnahmen von Yo-Yo Ma umfassen die Klaviertrios von Mendelssohn mit Emanuel Ax und Itzhak Perlman, das Album The Goat Rodeo Ses sions mit Edgar Meyer, Chris Thile and Stuart Duncan, welches 2013 den »Grammy Award for Best Folk Album« erhielt und das Album A Playlist Without Borders, aufgenommen mit dem Silk Road Ensemble. Sein neustes Album Songs from the Arc of Life mit der Pianistin Kathryn Stott wurde im September 2015 veröffentlicht. Auch jenseits dieser umfassenden Palette von Veröffentlichungen bleibt Yo-Yo Ma nach wie vor einer der meistverkauften Musiker im Bereich der Klassik. Alle seine neuen Alben tauchten schnell in den »Billboard« Charts der Klassik Bestseller auf und blieben für einen längeren Zeitraum, oftmals mit mehr als vier Titeln gleichzeitig, in den Top 15. Im Herbst 2009 veröffentlichte Sony Classical ein CD-Boxset mit über 90 Alben, um Yo-Yo Mas 30-jähriges Jubiläum als Musiker bei Sony zu feiern. Yo-Yo Ma wurde 1955 als Kind chinesischer Eltern Yo-Yo Ma Yo-Yo Ma’s multi-faceted career is testament to his continual search for new ways to communicate with audiences, and to his personal desire for artistic growth and renewal. Whether performing new or familiar works from the cello repertoire, coming together with colleagues for chamber music or exploring cultures and musical forms outside the Western classical tradition, Yo-Yo Ma strives to find connections that stimulate the imagination. Yo-Yo Ma maintains a balance between his engagements 23 Yo-Yo M a 92,4 die kunst zu hören pher Rouse, Giovanni Sollima, Bright Sheng, Tan Dun, John Williams and Dmitri Yanov-Yanovsky. As the Chicago Symphony Orchestra’s Judson and Joyce Green Creative Consultant, Yo-Yo Ma is partnering with Maestro Riccardo Muti to provide collaborative musical leadership and guidance on innovative program development for The Negaunee Music Institute of the Chicago Symphony Orchestra, and for Chicago Symphony artistic initiatives. Yo-Yo Ma’s work focuses on the transformative power music can have in individuals’ lives, and on increasing the number and variety of opportunities audiences have to experience music in their communities. Yo-Yo Ma is strongly committed to educational programs that not only bring young audiences into contact with music but also allow them to participate in its creation. While touring, he takes time when ever possible to conduct master classes as well as more informal programs for students – musicians and non-musicians alike. At the same time, he continues to develop new concert programs for family audiences, for instance helping to inaugurate the family series at Carnegie Hall. In each of these under takings, he works to connect music to students’ daily surroundings and activities with the goal of making music and creativity a vital part of children’s lives from an early age. He has also reached young audiences through appearances on Arthur, Mister Rogers’ Neighborhood and Sesame Street. Yo-Yo Ma’s discography of over 90 albums (including 18 Grammy Award winners) ref lects his wideranging interests. He has made several successful recordings that defy categorization, among them Hush with Bobby McFerrin, Appalachia Waltz and Appalachian Journey with Mark O’Connor and Edgar Meyer, and two Grammy-winning tributes to the music of Brazil, Obrigado Brazil and Obrigado Brazil – Live in Concert. Yo-Yo Ma’s recent recordings include Mendelssohn Trios with Emanuel Ax and Itzhak Perl man The Goat Rodeo Sessions, with Edgar Meyer, Chris Thile and Stuart Duncan, which received the 2013 Grammy for Best Folk Album and A Playlist Without Borders, recorded with the Silk Road Ensemble. His most recent album, Songs from the Arc of Life, with pianist Kathryn Stott, was released in September 2015. as soloist with orchestras throughout the world and his recital and chamber music activities. He draws inspiration from a wide circle of collaborators, creating programs with such artists as Emanuel Ax, Daniel Barenboim, Christoph Eschenbach, Kayhan Kalhor, Ton Koopman, Yu Long, Bobby McFerrin, Edgar Meyer, Mark Morris, Riccardo Muti, Mark O’Connor, Cristina Pato, Kathryn Stott, Chris Thile, Michael Tilson Thomas, Wu Man, Wu Tong, Damian Woetzel, and David Zinman. Each of these collaborations is fueled by the artists’ interactions, often extending the boundaries of a particular genre. One of Yo-Yo Ma’s goals is the exploration of music as a means of communication and as a vehicle for the migration of ideas across a range of cultures throughout the world. To that end, he has taken time to immerse himself in subjects as diverse as native Chinese music with its distinctive instruments and the music of the Kalahari bush people in Africa. Expanding upon this interest, in 1998, Yo-Yo Ma established Silkroad, a nonprofit organization that seeks to create meaningful change at the intersections of the arts, education and business. Under his artistic direction, Silkroad presents performances by the acclaimed Silk Road Ensemble and develops new music, cultural partnerships, education programs, and cross-disciplinary collaborations. Silkroad’s ongoing affiliation with Harvard University has made it possible to develop programs such as the Arts and Passion-Driven Learning Institute for educators and teaching artists, held in collaboration with the Harvard Graduate School of Education, and a new Cultural Entrepreneurship initiative in partnership with Harvard Business School. More than 80 new musical and multimedia works have been commissioned for the Silk Road Ensemble from composers and arrangers around the world. Through his work with Silk road, as throughout his career, Yo-Yo Ma seeks to expand the cello repertoire, frequently performing lesser known music of the 20th century and commissions of new concertos and recital pieces. He has premiered works by a diverse group of composers, among them Stephen Albert, Elliott Carter, Chen Yi, Richard Danielpour, Osvaldo Golijov, John Harbison, Leon Kirchner, Peter Lieberson, Zhao Lin, Christo25 Yo-Yo M a Across this full range of releases, Yo-Yo Ma remains one of the best-selling recording artists in the classical field. All of his recent albums have quickly entered the “Billboard” chart of classical bestsellers, remaining in the Top 15 for extended periods, often with as many as four titles simultaneously on the list. In fall 2009, Sony Classical released a box set of over 90 albums to commemorate Yo-Yo Ma’s 30 years as a Sony recording artist. Yo-Yo Ma was born in 1955 to Chinese parents living in Paris. He began to study the cello with his father at age four and soon came with his family to New York, where he spent most of his formative years. Later, his principal teacher was Leonard Rose at the Juilliard School. He sought out a traditional liberal arts education to expand upon his conservatory training, graduating from Harvard University in 1976. He has received numerous awards, including the “Avery Fisher Prize” (1978), the “Glenn Gould Prize” (1999), the “National Medal of the Arts” (2001), the “Dan David Prize” (2006), the “Leonie Sonning Music Prize” (2006), the “World Economic Forum’s Crystal Award” (2008), the “Presidential Medal of Freedom” (2010), the “Polar Music Prize” (2012) and the “Vilcek Prize in Contemporary Music” (2013). In 2011, Yo-Yo Ma was recognized as a Kennedy Center Honoree. Appointed a CultureConnect Ambassador by the United States Department of State in 2002, Yo-Yo Ma has met with, trained and mentored thousands of students worldwide in countries including Lithuania, Korea, Lebanon, Azerbaijan and China. Yo-Yo Ma serves as a UN Messenger of Peace and as a member of the President’s Committee on the Arts & the Humanities. He has performed for eight American presidents, most recently at the invitation of President Barack Obama on the occasion of the 56th Inaugural Ceremony. Yo-Yo Ma and his wife have two children. He plays two instruments, a 1733 Montagnana cello from Venice and the 1712 Davidoff Stradivarius. imPreSSum | imPrint impressum | imprint herausg eber | published by Staatsoper unter den linden Bismarckstraße 110 | 10625 Berlin intendant | general manager Jürgen Flimm generalmusikdirektor | general music director daniel Barenboim geschäftsführender direktor | management director ronny unganz abbildungen | images Werner neumann: Auf den Lebenswegen Johann Sebastian Bachs, leipzig 1953; Winfried hoffmann: Reisen zu Bach. Erinnerungsstätten an Johann Sebastian Bach, leipzig 1985; michael Praetorius: Syntagma musicum, Band II, Faksimile-reprint der ausgabe Wolfenbüttel 1619, Kassel u. a. 2001. fotos | photo credits Jason Bell (Yo -Yo ma) redaktion | edited by dr. detlef giese & irene Flegel dramaturgie der Staatsoper unter den linden. der essay von Bernhard Schrammek ist ein originalbeitrag für dieses Programmheft. the essay by Bernhard Schrammek is an original contribution for this programme book. english translation by regine modersbach. layout dieter thomas herstellung | production druckerei inhalt | content Programm | Programme 1 »eine ganz neue Welt« Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo Bernhard Schrammek 3 zitate | QuotationS Pablo Casals, Mischa Maisky, Mstislaw Rostropowitsch 10 Den Blumenstrauß für den Künstler spendet “a Whole neW World” Johann Sebastian Bach’s Suites for Violoncello solo Bernhard Schrammek 13 Yo-Yo ma 19 imPreSSum | imPrint 25 26 Blumenladen Giesbrechtstraße 10 – 10629 Berlin – Telefon: (030) 8 83 61 63 An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich dafür. »Diese Werke lassen mich jeDen Tag, jeDe sTunDe eTWas neues enTDecken.« Mstislaw Rostropowitsch über Bachs Suiten für Violoncello solo