Studienkompass als Orientierungshilfe für
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Studienkompass als Orientierungshilfe für
34 Perspektiven_STUDIENKOMPASS Deutsche Bank_r e s u l t s 77 % der Kinder aus Akademikerfamilien studieren, aber nur 23 Prozent der Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss Lernen für Aufsteiger Kinder aus Nichtakademiker-Familien studieren immer noch besonders selten. Die Deutsche Bank Stiftung engagiert sich deshalb für den STUDIENKOMPASS und unterstützt begabte Schüler bei ihrer Entscheidung für ein Studium Deutsche Bank_r e s u l t s 35 1,8× Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder von Akademikern auf die gymnasiale Oberstufe kommen, ist 1,8-mal so hoch wie die der Kinder von Nichtakademikern Der STUDIENKOMPASS hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, seine eigenen Stärken und Schwächen zu kennen und in seine eigenen Fähigkeiten zu vertrauen Alena L. studiert Ökotrophologie FOTOS: ROLF SCHULTEN (2), ANNE CLAUSING, THOMAS HÖRNER/STUDIENKOMPASS (4) M adelaine Gräf-Roos war immer gut in der Schule, vor allem Mathematik lag der Frankfurterin. Doch trotz der Einsen und Zweien auf ihren Zeugnissen und obwohl ihre Mitschüler mit viel schlechteren Noten ein Studium planten, hätte sich Gräf-Roos wohl mit einer kaufmännischen Lehre begnügt: „Meine Mutter wollte eigentlich nicht, dass ich studiere“, erinnert sich die heute 24-Jährige. „Sie hielt es irgendwie für unnötig.“ Der Grund ist simpel: Gräf-Roos’ alleinerziehende Mutter, die mit 20 Jahren von Uruguay nach Deutschland ausgewandert ist , hat selbst nicht studiert – und deshalb konnte sie es sich auch für ihre Tochter nicht vorstellen. Doch als Gräf-Roos in der neunten Klasse war, stellte ein Lehrer ihr den STUDIENKOMPASS vor, ein Programm der drei Initiativpartner Deutsche Bank Stiftung, Stiftung der Deutschen Wirtschaft und Accenture-Stiftung. Coaches und Mentoren begleiten Jugendliche aus nichtakademischen Elternhäusern dabei durch die letzten Schuljahre und den Anfang des St udiums. Die Schüler sollen ermutigt und motiviert werden, sich ein Studium zuzutrauen, auch wenn ihre Eltern sich damit nicht auskennen. „Der STUDIENKOMPASS hat mir geholfen, mir die P erspektiven von Studium und Lehre klarzumachen“, sagt GräfRoos heute. Sie schrieb sich nach dem Abitur für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre ein, sattelte an der renommierten Cass Business School in London einen Master obendr auf. Und wird in diesem Jahr bei der Europäischen Zentralbank anfangen. Den STUDIENKOMPASS gibt es seit 2007, im Jahr 2014 sind wieder 300 Jugendliche neu in das Programm aufgenommen worden – insgesamt gibt es aktuell 1600 Teilnehmer an bundesweit 30 Standorten. Die Durchführung ermöglicht neben dem Engagement der Initiativpartner die Beteiligung einer Reihe weiterer Förderer, zu denen insbesondere Stiftungen und Unternehmen zählen. Der STUDIENKOMPASS trägt zu dem Programm Born to Be der Deutschen Bank und ihrer Stiftungen bei, mit dem Ziel, die Zukunftsperspektiven junger Menschen zu verbessern. Er fördert gezielt Schüler, die zwar studieren könnten, es aber statistisch betrachtet seltener tun als ihre Altersgenossen. Bewerben können sich Jugendliche, deren Eltern keine akademische Ausbildung haben oder die zum Beispiel wegen ihres Migrationshintergrunds benachteiligt sind. Fast jeder wählt das Studium In einem zweistufi gen Test müssen die Bewerber ihre mathematischen und sprachlichen Fertigkeiten unter Beweis stellen sowie zeigen, wie realistisch sie sich selbst einschätzen und wie motiviert sie sind. In fünf Seminaren über drei Jahre bauen die Jugendlichen dann Selbstbewusstsein auf, prüfen, welche Studienfächer zu ihnen passen, üben Zeit- und Selbstmanagement und planen ihre Karriere. Mit Erfolg: Mehr als 90 Prozent der STUDIENKOMPASS-Teilnehmer entscheiden sich Ein echter Kompass soll den Weg in der Uni weisen: Stipendiaten bei ihrer Aufnahme in den STUDIENKOMPASS in Baden-Württemberg 36 Perspektiven_STUDIENKOMPASS Deutsche Bank_r e s u l t s Schon das erste Jahr hat mich meinem Wunschstudium sehr viel näher gebracht, denn die Workshops haben mir dabei geholfen, meine eigenen Stärken zu entdecken und meinem Studienwunsch eine konkrete Richtung zu geben Teresa F. macht im nächsten Jahr Abitur 60 % aller Studenten haben Eltern mit Abitur, nur weniger als jeder zehnte stammt von Eltern mit Volks- oder Hauptschulabschluss zu studieren. Von sich aus scheuen viele Abiturienten diesen Weg, wenn ihre Eltern nicht selbst Akademiker sind. Die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zeigt: Je geringer der Bildungsgrad der Eltern ist, desto seltener studieren die Kinder. Nicht einmal jeder zehnte Student hat Eltern mit Hauptschulabschluss, fast 60 Prozent kommen dagegen aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil Abitur hat . Bei rund der Hälfte der Studenten waren Vater oder Mutter an einer Universität, Kunst- oder Fachhochschule. Besonders alarmierend: Der Anteil von Studenten mit Eltern, die nur über einen niedrigen Bildungsabschluss verfügen, wird nicht etwa größer, sondern er sinkt seit Jahren. FOTOS: ROLF SCHULTEN (2), DIRK MATHESIUS/STUDIENKOMPASS (4) Chancengleichheit schaffen Die Gründe sind vielfältig: Es gelinge dem Schulsystem immer noch nicht, die ungleichen Voraussetzungen auszubalancieren, die ein Kind aus einem weniger gebildeten Elternhaus mitbringt, kritisiert Klaus Hurrelmann, einer der bekanntesten Erziehungswissenschaftler Deutschlands. „Oft verstärkt die Schule die Ungleichheiten sogar.“ Erstens stünden Kinder aus Akademikerhaushalten oft unter dem Druck, nicht weit unter den sozialen Status der Eltern zu fallen. Gleichzeitig können Eltern, die selbst Abitur gemacht und studiert haben, ihren Kindern auf dem Weg durch die Schule und ins Studium besser helfen. „Der Übergang zwischen Schule, Studium und Beruf ist besonders kritisch“, sagt Michael Münch, Vorstand der Deutsche Bank Stiftung. „Wir meinen, dass jedes Kind die gleichen Chancen haben sollte, zu weiterführenden Abschlüssen zu kommen.“ Das sei nicht zuletzt deshalb wichtig, weil ein rohstoffarmes Land wie die Bundesrepublik auf möglichst gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen ist, betont Münch. „In den kommenden Jahren werden aufgrund der demografischen Entwicklung immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen.“ Die Deutsche Bank Stiftung ist als Initiativpartner einer der wichtigsten Unterstützer des Projekts. Corporate Volunteers der Bank engagieren sich zusätzlich als V ertrauenspersonen in den Regionalgruppen; sie sind dabei direkte Ansprechpartner der Jugendlichen und organisieren Workshops und Exkursionen. Organisiert wird der STUDIENKOMPASS von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) in Berlin, die auch zuständig für Deutsche Bank_r e s u l t s 36 % Perspektiven_STUDIENKOMPASS Soziologie, BWL oder Lehramt? Das richtige Studienfach zu finden ist nicht leicht. Dank STUDIENKOMPASS ist es mir gelungen! Carolin G. studiert Gymnasiallehramt QUELLE FÜR STATISTIKEN: DEUTSCHES STUDENTENWERK/ HIS-INSTITUT FÜR HOCHSCHULFORSCHUNG; 20. SOZIALERHEBUNG, 2012 Bei jedem dritten Doktoranden in Deutschland haben sowohl der Vater als auch die Mutter einen Hochschulabschluss Werbung, Auswahltests, Workshops und Betreuung der Programmteilnehmer ist. Längst geht die Initiative über die Begleitung von Schülern und Studierenden hinaus, erklärt Ulrich Hinz, der als Bereichsleiter Schülerförderung der sdw für den STUDIENKOMPASS zuständig ist. Etwa mit dem „Elternkompass“, mit dem sich Eltern über die Vorteile und Herausforderungen eines Studiums informieren können und Tipps zu Finanzierungsmöglichkeiten erhalten. Besonders stolz ist Hinz dar auf, dass die Schulbehörden von Bayern und Berlin nach dem Vorbild der STUDIENKOMPASS-Seminare inzwischen auf breiter Front Schüler über die Chancen eines Studiums aufklären. Weil aber noch längst nicht jeder Jugendliche in der Schule zum Studium ermutigt wird, sucht Hinz weitere Unternehmen, die sich als Förderer und Partner für den STUDIENKOMPASS engagieren. Frühe Planung sichert Abschluss Die Stipendiatin Madelaine Gräf-Roos ist froh, dass sie vor dem Abitur an den STUDIENKOMPASS-Seminaren teilnehmen konnte. „Es hat mir sehr geholfen, mal ein Wochenende lang mich selbst und meine Fähigkeiten zu refl ektieren“, erinnert sie sich. „ Zu überlegen, was mir liegt und welche Ausbildung dazu passen könnte.“ Sie stellte schließlich fest , dass sie ihre Begabung in Mathematik gern mit dem Thema Wirtschaft verbinden würde – und landete bei BWL mit Schwerpunkt Finance and Accounting. Beim letzten STUDIENKOMPASS-Seminar zur per- sönlichen Karriereplanung – da war sie längst im Studium – legte Gräf-Roos dann die weiteren Schritte fest: ein Master in „mathematical trading and finance“, drei Monate als Trainee bei einer international tätigen Bank in New York, schließlich der Einstieg in den Bereich „ Open Market Operations“ der EZB. „Die Teilnahme am STUDIENKOMPASS hat sich für mich wirklich gelohnt“, sagt Gräf-Roos. Viele ihrer früheren Mitschüler aus Akademiker-Elternhäusern, für die schon mit 16 feststand, dass sie studieren, hätten dann nach dem Abi nicht gewusst , was sie mit sich anfangen sollten. „Die haben zum Teil länger gewartet, bis sie sich irgendwo eingeschrieben haben, haben dann oft abgebrochen und doch etwas anderes studiert“, sagt Gräf-Roos. Sie dagegen hat dank STUDIENKOMPASS früh begonnen, ihre Ausbildung und die Karriere zu planen. Inzwischen engagiert sie sich im Alumni-V erein ehemaliger STUDIENKOMPASS-Teilnehmer. „Ich finde, das ist ein wunderbares Projekt.“ D AV ID S EL BACH WEITERE INFORMATIONEN Deutsche Bank Stiftung www.deutsche-bank-stiftung.de/ bildung studienkompass.html Website des STUDIENKOMPASS www.studienkompass.de Initiative Born to Be www.deutsche-bank.de/borntobe 64 % aller Studenten aus einem Elternhaus mit niedrigen Bildungsabschlüssen arbeiten während des Studiums 37