PDF - Medienanstalten
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ALM PROGRAMMBERICHT 2009 IMPRESSUM Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Herausgeber Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM Verantwortlich: Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM); Prof. Dr. Norbert Schneider, Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung Copyright © 2010 by Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM Wissenschaftliche Begleitung Prof. Dr. Joachim Trebbe, Universität Freiburg/Schweiz Redaktion GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam Redaktionsbüro Schuckert, Potsdam Redaktionsbeirat Walter Demski (MSA), Axel Dürr (LFK), Susanne Grams (mabb), Angelika Heyen (TLM), Dr. Jürgen Heyn (BLM), Dr. Joachim Kind (LMK), Leslie Middelmann (MA HSH), Sven Petersen (brema), Andreas Richter (SLM), Susanne Rieger (MMV), Werner Röhrig (LMS), Annette Schriefers (LPR Hessen), Uta Spies (NLM), Antje vom Berg/Dr. Dörte Hein (LfM) Vorsitz: Mechthild Appelhoff (LfM) Verlag VISTAS Verlag GmbH Goltzstraße 11, 10781 Berlin Telefon: 030 / 32 70 74 46 Fax: 030 / 32 70 74 55 medienverlag@vistas.de www.vistas.de Alle Rechte vorbehalten ISBN: 978-3-89158-520-7 Visuelle Konzeption und Layout Heide Gerszewski, Hamburg Satz Martina Richter, Berlin & Bertil Schwotzer, Berlin Druck Bosch-Druck, Landshut INHALT EINF ÜHRUNG 13 Real-Life-TV und das richtige Leben Norbert Schneider 24 Jung, digital, verspartet – Fernsehen in Deutschland 2008/2009 Bertil Schwotzer P ROGRAMMFO RSCHUNG KONTINUIERLICHE FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG DER LANDESMEDIENANSTALTEN 45 Programmkonkurrenz in der Prime Time Joachim Trebbe 60 Finanzkrise und „Obama-Effekt“ Hans-Jürgen Weiß 68 Nachgesehen: Kinderfernsehen in Fernsehvollprogrammen Hans-Jürgen Weiß 76 Diffusion oder Dependenz? Entwicklungen des Fernsehens in Österreich und in der Schweiz in der Prime Time Jens Woelke und Joachim Trebbe EINZELSTUDIEN 95 Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 in den Jahren 2008 und 2009 Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard 107 Unterhaltungsbeschaffung und Unterhaltungsproduktion. Merkmale und Strukturen am Beispiel des Fernsehformathandels Klaus-Dieter Altmeppen, Katja Lantzsch und Andreas Will 126 Wissenschaft im deutschen Fernsehen Markus Lehmkuhl P ROGRAMMDISK URS STREITPUNKTE – STANDPUNKTE 145 Kinder als Fernsehobjekte 146 Rechtliche Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Medienproduktionen Christine Seehaus 150 Die Perspektive der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Wolf-Dieter Ring 154 Mehr Kinder in die Fernsehprogramme! Dieter Czaja 158 Kinder sind keine Objekte – auch nicht für das Fernsehen Paula Honkanen-Schoberth und Johanna Suwelack 161 Kinder als Teilnehmer von Reality-Formaten Joachim von Gottberg QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG 167 Programmintegrierte Werbeformen in der Zuschauerwahrnehmung Helmut Volpers und Uli Bernhard PROGRAMMAUFSICHT 185 Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung 189 Aus der Prüfpraxis der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) D O K U M EN T A T ION DIE ALM-STUDIE 201 Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009 Joachim Trebbe und Bertil Schwotzer FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE 259 Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2008/2009 Annett Heft AUTORENVERZEICHNIS VORWORT Liebe Leserin, lieber Leser, Prime Time. Das klingt nach Quote und Erfolg, nach der besten Sendezeit eben. Ist Fernsehen in der Prime Time aber nach wie vor auch eine Mischung aus actionreichen Spielfilmen und bunten Unterhaltungsshows, an die wohl die meisten Fernsehzuschauer bei diesem Stichwort denken? Oder zeichnen sich mittlerweile ganz andere, neue Entwicklungen in der Programmgestaltung ab? Wie sich die wesentlichen Trends in der Programm- und Themenstruktur der Fernsehvollprogramme im Jahr 2009 – auch im Vergleich zu den Vorjahren – darstellen, ist eines der zentralen Themen, die im diesjährigen ALM Programmbericht beleuchtet werden. Ein Blick auf die Fernsehinhalte, die unsere deutschsprachigen Nachbarländer zur besten Sendezeit anbieten, erweist sich als ebenso aufschlussreich: Nicht nur die jeweils dominierende Programmgestaltung, sondern auch die länderspezifischen Fernsehkulturen werden dabei deutlich. Der aktuelle Programmbericht stellt die Befunde der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten, in der die acht bedeutendsten Fernsehvollprogramme seit 1998 analysiert werden, ins Zentrum. Neben den Ergebnissen der Programmstrukturanalyse werden zudem Einzelstudien, etwa zum Fernsehformathandel oder zu Wissenschaftssendungen, vorgestellt. Auch das Kapitel „Streitpunkte – Standpunkte“ verspricht eine anregende Lektüre. Unterschiedliche Sichtweisen zum Thema Kinder im Fernsehen werden unter dem Titel „Kinder als Fernsehobjekte“ einander gegenübergestellt und damit sowohl grundlegende rechtliche Regelungen als auch die Perspektiven der Landesmedienanstalten oder eines ausstrahlenden Senders dokumentiert. Die Vorstellung wesentlicher Ergebnisse einer Untersuchung zur Zuschauerwahrnehmung von programmintegrierten Werbeformen sowie Einblicke in Fragen der Programmaufsicht runden das Kapitel zum Programmdiskurs ab. In bewährter Weise legt auch der diesjährige Programmbericht die methodischen Grundlagen der kontinuierlichen Fernsehanalysen dar und schließt mit einer aktuellen Bibliographie zur Fernsehprogrammforschung in Deutschland. Thomas Langheinrich Prof. Dr. Norbert Schneider Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 13 Real-Life-TV und das richtige Leben Einige Spekulationen zum Erfolg von Real-Life-Formaten Norbert Schneider 1. Programmverantwortliche bzw. Programmproduzenten für das private Fernsehen können Programmerfolge auf ganz unterschiedliche Weise ins Werk setzen. Man kann Erfolg damit haben, dass man aus einem ganz gewöhnlichen Programm durch eine überraschende Mischung mit einem anderen Programm (z.B. Genre-Mix) plötzlich etwas Neues macht. Der Kitzel solcher Hybriden entsteht beim Publikum aus der Reibungswärme, die beim Mischen anfällt. Reality-TV, das Anfang der 90er Jahre Karriere machte, war ein solches Mischformat, mit dem das Fernsehen zugleich seine Landnahme der wirklichen Wirklichkeit unter dem Vorwand, nun werde alles vollends authentisch, fortgesetzt hat. Ein großer Schritt in die Mediatisierung des Alltags war auch „Big Brother“, ein weltweit erfolgreiches Format, das davon lebte, dass es dem Publikum eine inszenierte, simulierte Wirklichkeit als „echte“ Wirklichkeit verkauft hat. Erfolg kann auch durch viele kleine Optimierungsmaßnahmen erreicht werden. Etwa dadurch, dass eine für einen Laien unsichtbare Lücke im Programmablauf geschlossen und damit der audience flow verbessert wird. Erfolg stellt sich ein, wenn die zu einem bestimmten Sendeplatz gehörenden demographischen Daten auf intelligente Weise neu ausgewertet werden. Die Programmforschung zeigt: Es gibt „alte“ Zeiten, und es gibt „junge“ Zeiten. Auch Wochentage haben mit Blick auf Programmerfolge ein je eigenes Profil, das man schärfen kann. Was am Montag geht, kann man in der Regel für den Samstag vergessen. Geschicktes Gegenprogrammieren zu den wesentlichen Konkurrenten optimiert ebenfalls das Resultat. Die Zahl der Trailer und ihre Plätze im Programm können sich, wenn sie präzise geplant werden, unmittelbar auf den Erfolg auswirken. In allem, was sie sich einfallen lassen, verfolgen Programmplaner immer zwei Ziele. Erstens und vor allem muss das Programm bzw. das Format ein möglichst großes Publikum erreichen. Die Quote muss stimmen. Zweitens, und zusätzlich hoch erwünscht, sollten die Kosten angemessen sein, am besten so niedrig wie möglich bleiben. Möglichst viel Quote für möglichst wenig Aufwand ist eine Zielvorstellung, die freilich nur sehr selten erreicht wird, weil die große Quote am Ende nur selten mit kleinem Geld zu haben ist. EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 14 2. Das klingt so, als sei Erfolg planbar. Bis zu einem bestimmten Grad trifft das zu. Doch das Ärgernis, dass auch die Flops in der Regel gewissenhaft geplant wurden, zeigt: Es muss auch noch etwas jenseits des Planbaren geben, was Erfolge schafft. Dieses zusätzliche Moment kann man offenbar nicht einfach aus dem Optimieren von Abläufen oder dem Ausdeuten von Zahlen, also von Quantitäten gewinnen – was den Zahlen freilich nichts von ihrer Bedeutung nimmt. Doch es gibt über das Zählbare hinaus auch ein qualitatives Moment, eine inhaltliche Komponente, deren (jeweilige) Beachtung über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann. Was für eine Komponente ist das? Mustert man die Beschreibungen und auch die Selbstauskünfte der Erfolgreichen, dann fällt auf, dass alles sehr vage bleibt. Oft stößt man auf eine besondere Variante der Körpersprache. Da hat jemand „eine Nase“. Es ist die Rede von einem „Händchen“, von Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“. Oder es wird einfach gesagt, das sei einer, der schon immer die Hand am Puls der Zeit gehabt habe. Diese Bilder geben vor, dass die Sache selbst von ähnlich genauer Art ist. Tatsächlich bleibt sie aber eher unscharf. Viel weniger leicht greifbar jedenfalls, als es das tägliche Zählen ist, so vieldeutig, wie es Erzählungen sein dürfen. Denn die gesuchte Komponente erzählt von der Begegnung und der daraus entstehenden, sich fallweise festigenden oder auch einmal schwächer werdenden Beziehung zwischen dem Fernsehen und gesellschaftlichen Entwicklungen, Tendenzen, Stimmungen. Es ist eine Beziehungsgeschichte. Man könnte, weil auch dafür Naturmetaphern oft das Mittel der Wahl sind, von der Beziehung zwischen einem Fernsehprogramm und einem sozialen Klima, einer gesellschaftlichen Großwetterlage sprechen. Es geht um die Begegnung von Alltag und Fernsehalltag. Ich behaupte: Richtig erfolgreich wird ein Fernsehmacher nur sein, wenn er nicht nur im Labor arbeitet, sondern wenn er ein Gefühl dafür entwickelt, wenn er eine Ahnung davon hat, was in seiner Zeit passiert, was in die Zeit passt. Ein Programmerfolg dokumentiert immer auch, dass jemand geahnt, gefühlt, begriffen hat, was die Menschen derzeit mehrheitlich und im Kern bewegt. Oder wo sich etwas entwickelt, was noch nicht heute, aber wohl demnächst anschlussfähig ist. Dieser keineswegs siebte Sinn, sondern die Summe der sechs anderen bringt einen erfolgreichen Programmproduzenten in die Nähe des erfolgreichen Politikers. Für manche mag das ein wenig schlicht klingen. Doch man sollte sich von diesen etwas unscharfen Begriffen nicht täuschen lassen. Man sollte sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass es unendlich viel schwieriger ist, mit Qualitäten als mit Quantitäten analysierend umzugehen. Doch es gibt nun einmal zahlreiche Indikatoren und auch eine Reihe prominenter Beispiele, die dafür sprechen, dass bestimmte Programme – wenn man sie nur genau genug „auslegt“ – einen gesellschaftlichen Nerv treffen; dass sie auch, vielleicht sogar vor allem deshalb erfolgreich sind, weil sie ein bestimmtes, zwar sehr verbreitetes, aber zugleich verborgenes, nicht jedermann zugängliches Zeitgefühl „abholen“. Dabei spielt immer auch eine Rolle, EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 15 ob dieses „Abholen“ auf angemessene Weise geschieht. Das schrille, scheinbar Tabu brechende, tatsächlich aber nur falsch kalkulierte Neue mag zwar für die Zeitanalyse etwas bedeuten, verprellt aber das Publikum nur, wie viele Versuche zeigen. So wie der in eine These gefasste Zeitgeist, im Fernsehen vorgetragen, in aller Regel unbeachtet bleibt. Die Programmgeschichte des deutschen Fernsehens ließe sich aus einem gewissen zeitlichen Abstand auch als eine Geschichte von Trends und Tendenzen schreiben, die bestimmte Phasen des gesellschaftlichen Lebens für die jeweiligen Zeitgenossen eher unsichtbar geprägt haben. Dabei mag die Frage, ob etwa das Fernsehen diese Tendenzen zunächst geschaffen und dann erst „ausgebeutet“ hat, oder ob das Fernsehen solchen Tendenzen, Strömungen, Grundgefühle lediglich aufgegriffen und vielleicht verstärkt hat, dahinstehen, weil sie am Ende sowieso ohne Antwort bleibt. Es ist völlig ausreichend, mit der Möglichkeit eines Bezugs zwischen erfolgreichen Programmen der Massenmedien und neuen Zeitströmungen zu rechnen, einem Bezug, der ohnehin nie unidirektional verlaufen wird, sondern eher als ein Feedback-Prozess zu begreifen ist. Es wäre nun ebenso reizvoll wie es am Ende spekulativ bleiben muss, solche Bezüge in der Programmgeschichte zu identifizieren, und sei es nur, indem man fragt: Ist es völlig abwegig anzunehmen, dass es einen Bezug zwischen Camillo Felgens „Spiel ohne Grenzen“ und einer frühen Phase der europäischen Einigung gegeben hat? Oder war es einfach eine sehr ausgeprägte Lust am Kompetitiven im Gefühl dieser Zeit, die hier ihren attraktiven Ausdruck gefunden hat? Welche Beziehung wird man zwischen dem Erfolg der frühen Familienserien wie der „Familie Schölermann“ und einer sich zugleich anzeigenden Erosion der realen Familie unterstellen können? Nicht ohne dabei festzuhalten, dass die Familie der späten 50er Jahre als Ort der Selbstdisziplinierung (Michel Foucault) nicht annähernd so gefährdet war, wie sie es mittlerweile ist? Natürlich ist die deutsch-amerikanische Freundschaft auch durch US-Serien im deutschen Fernsehen vertieft worden – aber wie genau? Und seit wann? Und seit wann – und warum – inzwischen nicht mehr so wie früher? Welche Zeitströmung ist mit so erfolgreichen Serien wie „Dallas“ oder „Denver Clan“ auf den Punkt bedient und abgeschöpft worden? War es eine in Episoden aufgelöste Kapitalistenkritik, die hier ins Format einer Serie eingeschweißt wurde? Oder hatten Intrige und Schadenfreude in der Gesellschaft der mittleren 80er Jahre, die von den Rückblickern allgemein als langweilig eingestuft werden, einen besonders guten Lauf? Gibt es eine Verbindung zwischen dem Boom der Talkshows und dem Verschwinden einer Grenze zwischen privat und öffentlich, wie dies die frühen 90er Jahre geprägt hat? Dieselben frühen 90er Jahre, in denen auch das mobile Telefon seine erstaunliche Karriere macht, ein Medium, das ebenfalls die Privatsphäre zunächst eher auflöst, und erst in einer zweiten Phase wiederherstellt, wenn es darum geht, dass man seine Nummer nur einem kleinen Kreis zugänglich macht und damit wieder geschlossene Räume zulässt? Und hat diese Veröffentlichung des Privaten in Gestalt eines auch in vielen Programmformaten ausgestellten trotzigen Exhibitionismus – Schaut her, wer ich bin, wenigstens dieses eine Mal! – all EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 16 denen die Hasen in die Küche getrieben, die auch die Rasterfahndung für einen Fortschritt halten? Was bedeutet es sowohl für die Zeit als auch für ihr Fernsehen, dass der Kinofilm, einst ein Kernstück des Fernsehens, heute eine eher marginale Existenz in diesem Medium fristet? Ist mit dem Kinofilm womöglich auch die Jugend aus dem Fernsehen ausgewandert? 3. Nun ist die Vermutung, dass Fernsehen jeweils auch das Fernsehen seiner Zeit ist, dass es jede Menge Bezüge hin und her gibt, zunächst natürlich eine Banalität. Asynchrones Fernsehen, gegen den Strom produziert, voll von Angeboten, die von der Lust zum Unzeitgemäßen geprägt wären – ein solches Fernsehen wäre schnell in einer Nische verschwunden. Interessant wird diese banale Einsicht immer erst dadurch, dass man hinter dieser abstrakten Beziehung, die niemand ernsthaft bestreiten würde, nach bestimmten Konkretionen sucht. Diese Suche wird in dem Maße schwieriger, in dem man sich der Gegenwart nähert und nicht mehr aus der Distanz eines Jahrzehnts oder mehr Zusammenhänge zwischen den Massenmedien und der jeweiligen Gesellschaft vermuten möchte. Schwierig ist, heute zu sagen, was heute über das Zählbare hinaus zählt. Denn allein das ist die Gretchenfrage für jeden Programmmacher: Welche Programme will die Gesellschaft, will das Publikum jetzt? Die „Sommermädchen“ von ProSieben waren es im Sommer 2009 eher nicht. Welche Angebote macht das Fernsehen welcher Gesellschaft? Wer treibt hier wen vor sich her? Wer wirkt hier auf wen ein? Oder lässt sich dieser Prozess gar nicht auf eine „saubere“ Aufteilung von Subjekt und Objekt, von Täter und Opfer reduzieren? Gibt es auch hier nur noch Konvergenzen, so weit das Auge reicht? Ein Beispiel dafür, dass es schwierig ist, aber durchaus Sinn macht, eine Verbindung gesellschaftlicher Grundströmungen mit Fernsehprogrammen zu postulieren, gibt Gilles Deleuze in einem Text aus dem Jahr 1990. Er konstatiert darin: „Die Kontrollgesellschaften sind dabei, die Disziplinargesellschaften abzulösen. Kontrolle ist der Name, den Burroughs1 vorschlägt, um das neue Monstrum zu bezeichnen, in dem Foucault unsere nahe Zukunft erkennt“.2 Deleuze stellt die Merkmale dieser beiden Phasen einander gegenüber, darunter das Paar Fabrik/Unternehmen. „Die Fabrik setzte die Individuen zu einem Körper zusammen“.3 Demgegenüber ist das Unternehmen „kein Körper, sondern eine Seele, ein Gas“4 (Kontrolle ohne zeitlichräumliche Begrenzung). Daran schließt Deleuze die für einen deutschen Philosophen unvorstellbare Bemerkung an, dass „die idiotischsten Spiele im Fernsehen […] nicht zuletzt deshalb so erfolgreich“ sind, weil sie die Unternehmenssituation so adäquat 1 2 3 4 Schriftsteller und Essayist, 1914–1997. Gilles Deleuze, Unterhandlungen 1972–1990, Frankfurt 1993, darin: Postscriptum über die Kontrollgesellschaft, S. 255. Deleuze 1993, S. 257. Deleuze 1993, S. 258. EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 17 zum Ausdruck bringen. Das Unternehmen „verbreitet ständig eine unhintergehbare Rivalität als heilsamen Wetteifer und ausgezeichnete Motivation, die die Individuen zueinander in Gegensatz bringt, jedes von ihnen durchläuft und in sich selbst spaltet“.5 Ich lasse offen, welche Formate des französischen Fernsehens6 und welche Zeitströmungen Deleuze damit gemeint haben könnte. Mein Verweis auf ihn soll nur zeigen, dass sich ein französischer Philosoph nicht zu schade dafür ist, gesellschaftliche Trends und TV-Programme in einen Zusammenhang zu bringen. 4. Ein aktueller Fall für einen Zusammenhang zwischen bestimmten gesellschaftlichen Grundgefühlen und erfolgreichem Fernsehen ist für mich der Boom der Real-LifeDokus, ein Programmtyp, der seit einiger Zeit überwiegend vom privaten Fernsehen ins Rennen um die Quoten geschickt wird, und der mindestens im Quantum die Talkshows der 90er Jahre endgültig abgelöst hat. Dabei rechne ich, ohne dies hier weiter differenzieren zu können, auch die Castingshows zu diesem Format hinzu. Dass diese Angebote ein attraktives Verhältnis von Aufwand und Quote schaffen, wird man zu Recht sagen können. Sie liegen also zunächst, auf der Linie des Planbaren, im Plan. Ihr Erfolg erklärt sich aber nicht nur aus diesem Vorzug. Er hat vermutlich auch damit zu tun, dass dieses Format einen Nerv trifft, den jeder hat, dessen Existenz nicht für jedermann sichtbar ist. Was das heißt, erschließt sich am besten, indem man die Muster dieser Angebote näher betrachtet. Was inhaltlich zunächst auffällt: Es sind unvollkommene und unvollständige Lebensentwürfe, die unter dem Etikett real für solche Sendungen gecastet und dann für Werbezwecke instrumentalisiert werden. Vielleicht ist das Bemühen um nicht perfekte Lebensläufe – nicht perfekt bis hin zu Beschädigungen aller Art – auch ein Grund dafür, dass die Protagonisten nur selten aus den Milieus kommen, in denen die persönlichen Versehrtheiten und Kränkungen weit besser verarbeitet werden können, weil mehr Bildung und mehr Geld, vor allem auch, weil mehr Sprache da ist. Von diesen Milieus unterscheidet sich das Personal dieser Shows in aller Regel erheblich. Sie offerieren eher einen postproletarischen Geschmack und spielen mit den Versatzstücken, die seinerzeit auch eine Debatte über Unterschichtenfernsehen ausgelöst haben. Die Talkshow von Anne Will hat außerhalb der eigentlichen Show eine Bank für die Erniedrigten und Beleidigten, für die Verlierer des Fortschritts eingerichtet. Wenn es besonders real werden soll, werden sie kurz „eingespielt“. Man wird nicht zu sehr spekulieren, dass man in diesen nicht perfekten, teilweise schon defekten Biographien wiederfindet, was als ein Element eines Zeitgefühls eine wichtige Rolle spielt: die Ahnung, dass immer mehr Menschen im Dunkeln stehen und immer weniger im Licht. Dass sich Scheren zur Ungleichheit hin 5 6 Deleuze 1993, S. 257. Man könnte an Formate wie die Talkshow oder auch die großen Quizsendungen denken. EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 18 öffnen und nicht schließen, und dass daran nichts zu ändern ist. Damit verbindet sich ein nahezu vollkommenes Desinteresse an Zukunft, schon gar an einer Utopie. Stattdessen: die Vision als Krankheit (Helmut Schmidt). An die Stelle des Blicks nach vorn tritt ein (oft nur noch optisches) Zitat dessen, was einmal gezählt hat und heute noch als Vorstellung dafür gut ist, was Halt gibt: die durch (die inzwischen geschleifte) Hierarchie bestimmte Familie mit der potestas patris, die (längst verschwundene) Autorität von Lehrern, die (längst widerlegten) Folgen einer auf Abschreckung setzenden Vorstellung von Strafe. Die große Resonanz, die der Kriminologe Christian Pfeiffer für seine Beschreibungen über die Folgen des Fernsehens findet – es mache dumm, faul, gewalttätig, traurig –, resultiert aus diesem Blick zurück auf das, was man wie alte Bekannte sieht und doch weiß, dass es kaum noch etwas bedeutet. Präsent als Erinnerung, real fast verschwunden. Dieser Blick verbindet sich mit einem Rekurs auf Sekundärtugenden aller Art, auf einen Wertekanon, den es schon lange wenigstens als einen Kanon nicht mehr gibt, wie etwa ein voreheliches Verhalten, das auch strengen, meist religiös begründeten Auflagen standhält. Die Daily Soaps, eine Art Nobel-Reality-TV, machen sich dieses Auseinanderklaffen von zeitgemäßen Werten und Werterinnerungen zunutze. Sie sind ohne solche Rückgriffe ins volle Werteleben überhaupt nicht denkbar. Zu diesen Grundgefühlen kommt etwas Weiteres, für das Real-Life-Format Wesentliches. Die Spielanlage der Real-Life-Shows erlaubt es, einerseits von Realität zu reden, die abzubilden die Anbieter behaupten, andererseits den Mitwirkenden eine Stellung einzuräumen, die es ihnen erlaubt, genau diese Realität zu umschiffen, sie zu vermeiden, sie nicht als für sich verbindlich anzuerkennen. Die Realität dieser Shows ist eine, mit der man spielen darf, der ein letzter, der sozusagen der reale Ernst fehlt, die jederzeit einen Ausstieg aus der Probierlage erlaubt, die das Spiel mit dem Risiko zwar vorgibt, aber sich gar nicht darauf einlassen muss, weil das Spiel mit der Realität von der Fiktion lebt, Fernsehen sei authentisch. Ein auf Dauer gestelltes Amuse gueule schiebt das Menu hinaus, löst es vielleicht sogar ab. Wenn RTL ein Format „Erwachsen auf Probe“ nennt, zeigt sich (neben allem anderen, was hier noch zu sagen wäre) in diesem Titel programmatisch das Angebot selbst: auf Probe. Das heißt: Ich weiß (noch) nicht, wie es geht. Es ist zu kompliziert für mich. Ich brauche Anleitung. Da ist etwas, was nicht (mehr) selbstverständlich ist, was nicht in camera caritatis erledigt wird, ohne große Worte, eben so, sondern da ist etwas, was mir bevorsteht, was ich nicht durchschaue, von dem ich nicht weiß, ob ich es könnte, wenn ich müsste. Aber nun merke ich: Ich muss ja auch gar nicht. Wenn es ernst wird, sage ich: April! April! und steige aus. Zum Beispiel aus meinem Job als Autowäscher. Oder aber ich schaffe es. Dann bin ich Topmodel und Superstar, wenn auch nur auf Zeit, aber das dann schon. Bis dahin steht überall ein Schild: Ausgang. Exit. Man entkommt jederzeit und bestimmt den Zeitpunkt dafür ganz allein, so, wie man auch im großen Quiz, wenn man sich nichts mehr zutraut, einfach aussteigen kann und dann eben mit kleinem Geld nach Hause fährt. Das Versprechen dieses Formats heißt: Wenn man nicht mit gefangen wird, kann man auch nicht mit gehangen werden. Wo man nichts erwartet, kann man EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 19 nicht enttäuscht werden. Gerade für jemanden, der Enttäuschungen vermeiden will, ist die Ansage sehr attraktiv: Es ist alles nur auf Probe, es ist, entgegen allen Behauptungen, gerade nicht Realität, sondern ein zuletzt sehr komfortables Als ob, dem man durch Inszenierung, durch Behauptungen genau diesen Als-ob-Anschein austreiben möchte, mit dem einzigen Effekt, dass nun die wirklichen Kenner der Wirklichkeit Protest einlegen, ohne damit das Format wirklich zu treffen. Oder mit dem durchaus auch erwünschten Effekt, dass aus einem Als ob plötzlich etwas sehr Wirkliches wird, dem man nicht gewachsen ist. Dann brechen Menschen in Tränen aus und brechen auch zusammen. Und der Produzent reibt sich die Hände, weil er nun doch noch sagen kann: Habe ich zu viel versprochen? Es ist doch noch alles ganz schön wirklich geworden! Dieser von großer Vorsicht geprägte Umgang mit der Realität, die mehr denn je als überkomplex empfunden wird, die zu ertragen ohne Experten immer schwieriger wird, ist ein Moment, das im Zeitgefühl des frühen 21. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielt. Ein grundsätzliches Misstrauen in die Verheißung, dass das Leben schön ist, einerseits, andererseits aber auch Neugier, die Absicht, etwas probieren zu wollen, dies aber mit möglichst geringem Risiko, in der Sorge, man könnte sich blamieren, zugleich aber in der Hoffnung, man könnte durchhalten. Diese Ambivalenz könnte erklären, was Real-Life-Dokus so interessant macht. Denn es ist noch ein bisschen weniger riskant, sich ein Leben auf Probe nur anzusehen als es – bei allen Möglichkeiten zum Eskapismus – selbst zu probieren. Es ist noch komfortabler, diese Real-Fiction-/Real-Life-Konstruktionen zu beobachten, zwischen das Risiko und den Tatort Wirklichkeit noch eine weitere Glaswand, einen Bildschirm eben, zu bauen, so wie man den Schiffbruch vom sicheren Hafen aus beobachtet, ohne selbst auszulaufen. Aber auch auslaufen und mitwirken ist unter der Voraussetzung, dass man jederzeit den Tatort verlassen kann, mit Blick auf die Vermeidung von Risiken noch attraktiv genug. Man spielt Familie, weil man nicht mehr weiß, wie das geht. Man spielt Erziehung, weil einen das Erziehen längst schon völlig überfordert. Im Grunde spielt man rauf und runter Grundgesetz. Ob man von diesem realen Spiel etwas hat, kann offen bleiben. Es ist alles auf Probe. Verglichen damit ist die Wirklichkeit, die wirkliche Wirklichkeit etwas, was so undurchschaubar geworden ist, dass man eine scheinbare Wirklichkeit inszeniert, produziert und Akteure in ihr so unterbringt, dass sie diesen Schein nach Möglichkeit verdecken. Doch die echte Wirklichkeit holt die scheinbare immer wieder in ärgerlichen Details ein. In ihr wird nichts probiert. In ihr wird gelebt. Man kann mit Babies spielen. Aber Spiel-Babies gibt es nicht. Die von RTL (und RTL steht hier stellvertretend für alle Anbieter, die sich hier etwas ausrechnen) behauptete Realität, die nie etwas anderes sein kann als TVRealität, und die Realität selbst kann man vergleichen. Das Resultat findet seinen Ausdruck einerseits in der Empörung derer, denen schon die Problemstellung suspekt und die Mittel unangemessen erscheinen, gar nicht zu reden von deren Umsetzung. Und andererseits endet der Vergleich in der zynischen Gleichgültigkeit derer, die uns mitteilen, dass sie überhaupt nicht verstünden, worüber man sich da aufrege, EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 20 und heute noch darüber lamentieren, dass „Big Brother“ keinen deutschen Fernsehpreis bekommen hat. Nun ist die Als-ob-Haltung nicht etwa eine Neuigkeit des frühen 21. Jahrhunderts. Sie spielt immer dann eine Rolle, wenn der Wert des Lebens, das eigentliche Leben auf die Zukunft, auf ein Jenseits verschoben wird. Dann ist die Gegenwart letztlich ohne Bedeutung, ein Vorspiel allenfalls. Ein Beispiel dafür ist die frühchristliche Eschatologie, wie sie etwa aus den Briefen des Paulus herausgelesen werden kann – auf diesen Imperativ stößt man seither immer dann, wenn die Vorstellung vom Endzeitlichen, vom unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt sich Raum schafft, wenn der Chiliasmus blüht. Doch man findet diese Grundeinstellung, nun eher im Sinne eines ProbierLebens („mal sehen, was da kommt“) zum Beispiel auch außerhalb des Christentums bei einigen Inselbewohnern in Melanesien. Ethnologen, die das Verhalten dieser Insulaner untersucht haben, verweisen darauf, dass dieses Auf-Probe-Kommunizieren typisch ist für diese Menschen. 5. Deleuze bemerkt in seiner Beschreibung der Entwicklung der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft, ein markantes Merkmal der Kontrollgesellschaften sei, dass sie „nie mit etwas fertig“ seien. Dies verweist auf eine Phrase wie lebenslanges Lernen, oder, wie Deleuze sagt: „die permanente Weiterbildung“ löst „tendentiell die Schule ab, und die kontinuierliche Kontrolle das Examen“. Deleuze erkennt, sein Wort vom „Gas“ aufnehmend, „metastabile und koexistierende Zustände ein und derselben Modulation, die einem universellen Verzerrer gleicht“.7 Damit ist der Weg von der Abwehr des Überkomplexen, von den Beschleunigungsschäden, die den flexiblen Menschen treffen, zu einem Als-ob-Gefühl geebnet, das es erlaubt, dem allem zu entgehen. Dieser Weg hat sich seither weiter verbreitert. Was 1990 noch nicht gut zu sehen war, ist, dass in diesem Wandel sich auch die Ergänzung, partiell sogar die Ablösung des Sichtbaren, des Analogen, durch das Unsichtbare, das Digitale vollzieht. Zu einer gereiften Kontrollgesellschaft, in der Unsichtbarkeit Unsicherheit produziert, passt die Haltung, sich, wenn es ernst und damit oft unsichtbar wird, lieber zu entziehen, sich nie völlig preiszugeben, immer die Simulation als Handlungsreserve und zugleich als eine Reserviertheit beim Handeln verfügbar zu halten. Man hält sich partiell bedeckt, lebt Risiko mindernd lieber auf Probe. Auch die Abgabe von Daten wird man nach einer vorübergehenden Euphorie darüber, dass man sie überall hin, weltweit aussenden kann, dann doch wieder reglementieren, weil sich speziell im Gebrauch dieser Daten die Kontrollgesellschaft holt, was sie zum Kontrollieren braucht und damit einen Menschen „nageln“ kann, ohne dass er entrinnen könnte. Wohin immer er nämlich verschwindet – seine Daten bleiben. Unauslöschlich. 7 Deleuze 1993, S. 257. EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 21 6. Diese immer noch etwas lose Beziehung zwischen einer gesellschaftlichen Grundströmung und einem Formaterfolg wird noch ein Stück plausibler, wenn man die ersten Erfahrungen, die man mit den social networks vom Web 2.0 machen kann, damit in Beziehung bringt. Auch hier stoßen wir auf Als-ob-Angebote, auf Simulationsofferten, denen zunächst einmal alles Riskante fehlt. Eine Bereicherung für jedes Als ob, die im Fernsehen so (noch) nicht möglich ist (es sei denn, man nimmt die Call-in-Komponente dafür in Anspruch), bringt die Anonymität, die die Angebote im Netz auszeichnet. Man muss sich nicht offenbaren, wenn man nicht will. Oder nur so viel, wie man will. Man kann jederzeit aufhören, wenn man das Gefühl der Überforderung bekommt, wenn man glaubt, sich auf etwas einzulassen, dem man am Ende nicht gewachsen ist. Kommunizieren auf Probe – dieses Moment bildet die Basis für das Geschäftsmodell, das den großen social networks zugrunde liegt. Dabei kommt hier der Kitzel noch dazu, unidentifizierbar kommunizieren zu können, alles behaupten zu können und nichts belegen zu müssen. Und wenn dann doch einmal jemand sagt „Ich will sehen!“, klickt man sich einfach aus. Die Unsicherheit, eine Scheu vor dem Verbindlichen ist nichts Überraschendes in einer Welt, in der sogar das Bankgeheimnis, diese letzte Bastion restlosen Vertrauens, nichts mehr bedeutet. Zugleich wird diese Vorsicht, werden diese Strategien, die im Zweifel das Vermeiden der Aktion überordnen, die darauf abheben, dass man sein Gesicht gerade nicht zeigt und in der Anonymität verharrt, nicht dadurch dementiert, dass gerade in Castingshows ein gelegentlich nur noch schwer erträglicher Exhibitionismus erwartet und gepflegt wird. Denn diese Akteure sind gerade nicht solche, die Realität tatsächlich ertragen. Sie sind Kunstfiguren, inszenierte Hoffnungen, die sich die Sache schönreden und dazu permanent ermuntert werden, personifizierte und auf Zeit hörbare Appelle, die besagen sollen: Es gibt auch ein Leben jenseits des Probierens. Ihr könnt es sehen, wenn ihr uns zuschaut! Wirklich ist allein das sich daran wieder anschließende Leben. Und dem wird mit einem knappen Verfallsdatum jede Lust auf Exhibitionismus abhandenkommen. Real-Life-Dokumentationen drücken, was immer sie sonst noch bewirken und bedeuten, ein Zeitgefühl aus, das einen Zusammenhang mit dem Typ der Kontrollgesellschaften herstellt. Dieses Gefühl entspricht der Sache selbst, die es zum Ausdruck bringt: Es ist in hohem Maße diffus, gasförmig. Auch deshalb kann und wird es sich mit den unterschiedlichsten Manifestationen verbinden, darunter auch mit fiktiven Realitäten, wie sie vom Fernsehen schon immer in der Abteilung Fiktion, nun aber auch durch neue Konvergenz-Formate angeboten werden. Es verbindet sich mit einer Wirklichkeit auf Probe, wie sie bestimmte Fernsehformate propagieren, die einen Nerv treffen. Denn dass ausgerechnet das Fernsehen als das Medium, dass immer noch und vermutlich noch ziemlich lange transportiert, stützt, aufgreift und am Ende als Quote einfährt, was man auch als ein Grundgeräusch der Gesellschaft bezeichnen könnte (wobei der Begriff Gesellschaft hier sehr unbegrifflich EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 22 benutzt wird) – dass ausgerechnet das Fernsehen von alledem nichts erkennen lässt, wäre eine echte Überraschung. 7. Mit Erwägungen über die Beziehung einer Gesellschaft zu ihren Massenmedien stößt man mindestens in Deutschland bei den meisten, die sich für die Analyse gesellschaftlicher Prozesse für zuständig halten, auf den Einwand, ob man da dem Fernsehen nicht zu viel der Ehre antue. Weil sie am Fernsehen nichts Besonderes finden, weil es ihnen vielmehr viel zu gewöhnlich ist (es sei denn, es kommt zu einer Einladung in eine Talkshow), halten sie dieses Medium ganz allgemein für eine Größe, die man vernachlässigen kann. Man kann zwar penibel ermitteln, wer dieses Medium wann nutzt. Dieses Zählbare wird mit einer gewissen Verbissenheit gesammelt und öffentlich gemacht. Auch die Wissenschaft wirft sich entschlossen auf die Analyse solcher Zahlenwerke, von denen sie auch einige selbst erhoben hat. Doch die Frage, was einzelne Programme oder Formate mit bestimmten gesellschaftlichen Grundströmungen zu tun haben, bleibt ausgeblendet, weil man dieses so ungewöhnlich gewöhnliche Medium damit auf eine unangemessene Weise adeln würde. Und auch deshalb, weil man sich scheut, sich auf die voller Ermessen steckenden Spekulationen und Hypothesen über die Qualität von Programmen einzulassen. Fernsehen ist nun einmal nicht das Medium der Intellektuellen, so, wie es der Kinofilm, nachdem auch er lange Zeit unter dem Vorwurf des Trivialen, Schmuddeligen gelitten hat, inzwischen ist. Kino ist, aus welchen dunklen Gründen auch immer, Kultur und Kult. Fernsehen ist, wenn überhaupt, das Brot der Armen, die sich Besseres nicht leisten können.8 Dass eine solche Bewertung ignoriert, dass die Bewerter längst in vielem, was sie denken und tun, fernsehförmig sind, dass sie dieses Medium zwar, subjektiv gesehen, meiden können, dass sie ihm aber, objektiv gesehen, schon lange nicht mehr entgehen können, kann man als die Rache des Mediums am Kartell seiner Verächter deuten. Aber auch diese Strafe wird einfach ignoriert. Auch sie bringt die Verächter bis heute nicht dazu, sich mit einem Medium zu befassen, das für die Kultur einer Gesellschaft mindestens ebenso viel bedeutet wie alle Theater- und Kinopremieren einer Saison. Nicht dasselbe natürlich, aber etwas von mindestens derselben Bedeutung. Obwohl das Fernsehen einige Jahrzehnte älter ist und etwa zehnmal mehr Rezipienten generiert als etwa das Computerspiel, stürzt sich die 8 In einem Kommentar zum Thema „Netz der Ideologien“ skizziert Andrian Kreye einen ähnlichen Ansatz, wie ich ihn hier vertrete, wenn er schreibt: “Was für Folgen es haben kann, wenn sich die gebildeten Stände eines Landes neuen Medien und Technologien verschließen, kann man in Deutschland jeden Abend vor dem Fernseher erleben. Das Bildungsbürgertum sperrte sich gegen das Fernsehen, deswegen verabschiedete sich das Fernsehen alsbald vom Bildungsbürgertum. Zwar gibt es subventionierte Nischensender, doch die zeigen in erster Linie, was Programmkinos, Theater- und Opernhäuser sowieso schon produzieren. Ansonsten hat das deutsche Fernsehen Schwellenlandqualität. […] Fernsehen und Internet sind aber keine gesellschaftlichen oder kulturellen Kräfte, sondern Technologien, welche diese Kräfte zumindest in den Industrieländern verstärken können.“ In: Süddeutsche Zeitung vom 6. Juli 2009. EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN 23 Wissenschaft mit Entschlossenheit auf dieses neue Medium. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass auch hier Neuigkeit Relevanz schlägt. Dabei wäre so vieles zu entdecken und zu nutzen. Fernsehen ist nicht nur längst schon ein Referenzsystem für gesellschaftliche Erkenntnisse. Es ist eine hervorragende Quelle für Historiker und Soziologen, die sich für gesellschaftliche Grundströmungen interessieren. Als Leitmedium könnte es eine herausragende Rolle innerhalb der Kultur- und Gesellschaftswissenschaften spielen. Es müsste eigentlich ganz selbstverständlich auf der Agenda der Intellektuellen stehen, die uns etwas mitteilen über den Stand der Dinge und ihre Richtung. Aber es hat sich zuletzt nur wenig bewegt. Eine ganz einfache Voraussetzung dafür, dass sich die Einstellungen hier ändern, wäre erfüllt, wenn man Programme wie „Erwachsen auf Probe“, „Germany’s Next Top Model“ oder „Frauentausch“ (bei RTL II) überhaupt einmal sehen würde, als ein kulturelles Produkt (das man mögen oder auch hassen kann) zur Kenntnis nimmt. Die Empörung, die beim Zuschauen über das eine oder andere Detail aufsteigt, kann zumal der Wissenschaftler, geübt im Ignorieren persönlicher Gefühle, einen Augenblick unterdrücken und durch die Frage ersetzen, wofür so etwas steht. Und wo und woran eigentlich heute sonst noch moralische Fragen diskutiert werden. Braucht das zu viel Zeit? Warum findet derartiges Forschen offenbar nur wenig Anerkennung in akademischen Kreisen? Wissenschaftler, die sich berühmen, kein Fernsehgerät zu besitzen, sollten sich überlegen, ob sie ihre professionellen Defizite noch länger so ungeniert öffentlich bekannt machen sollten. Und Ethikkommissionen, deren Mitglieder im Zweifel stolz darauf sind, dass sie noch nie im Leben eine Daily Soap gesehen haben, lassen Zweifel an der Relevanz ihrer Festlegungen aufkommen. Und Zeitgenossen, die sich selbst für weit interessanter halten als eine Real-Life-Dokumentation, sollten sich darauf einrichten, dass der Tag kommen wird, an dem ihre selbst entdeckte Bedeutung ohne solche Formate bald keinerlei Reichweite mehr haben wird. Schon das sollte eigentlich Grund genug sein, vielleicht nicht gleich eine Liebe zum, aber doch ein Interesse am Fernsehen zu entwickeln. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 24 Jung, digital, verspartet – Fernsehen in Deutschland 2008/2009 Bertil Schwotzer Fernsehen in Deutschland lautet der Titel des ALM Programmberichts. Doch was bedeutet Fernsehen in Deutschland? Dahinter verbergen sich ganz unterschiedliche Aspekte von Fernsehen. Zentrales Thema des Programmberichts sind die im Fernsehen gezeigten Inhalte – sie werden in den folgenden Beiträgen ausführlich und aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln behandelt. An dieser Stelle werden dagegen zentrale Rahmen- und Strukturdaten zum Fernsehmarkt in Deutschland zusammengetragen und im Überblick dargestellt: das Angebot an ausgestrahlten Programmen, die Übertragungswege, über die sie zum Zuschauer gelangen, und der Erfolg der Programme bei den Zuschauern, die sog. „Einschaltquoten“. Der Programmbericht der Landesmedienanstalten erscheint in dieser Form zum fünften Mal, deshalb soll hier neben den aktuellen Daten für 2009 auch eine Bilanz der Entwicklungen in den letzten fünf Jahren gezogen werden. Die wichtigsten Quellen dafür sind: - 1 2 3 4 5 das ALM Jahrbuch 2008,1 der Digitalisierungsbericht 2009 der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten,2 die Informationen zu in Deutschland lizenzierten Fernsehprogrammen und Programmveranstaltern auf der Homepage der ALM,3 die Dokumentation marktrelevanter Programmentwicklungen und Programmveranstalterdaten auf der Homepage und im Zwölften Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)4 und die Informationen zu Empfangsebenen und Marktdaten im Fernsehsektor auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft für Fernsehforschung (AGF).5 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM (Hrsg.) (2009): ALM Jahrbuch 2008. Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland. Berlin. Vgl. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2009): Digitalisierungsbericht 2009. Auf dem Weg in die digitale Welt. Rundfunk und Internet wachsen zusammen. Berlin. Vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank. Vgl. http://www.kek-online.de und KEK – Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (2009): Zwölfter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009. Potsdam. URL: http://www.kek-online.de/Inhalte/jahresbericht_08-09.pdf [4.1.2010]. Vgl. http://www.agf.de. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 25 1. Programmangebot Die meisten deutschen Fernsehzuschauer wissen vermutlich nicht, wie viele verschiedene Fernsehprogramme es in Deutschland gibt. Auch die meisten Branchenkenner und Experten könnten die exakte Zahl wahrscheinlich nicht spontan nennen. Der Grund dafür liegt in der großen Vielfalt und Bandbreite des Angebots in Verbindung mit einer dynamischen Marktentwicklung, die es schwierig machen, den Überblick zu behalten. Die Landesmedienanstalten führen zu diesem Zweck eine Datenbank, in der alle in Deutschland lizenzierten Fernsehprogramme, soweit sie auf Sendung sind, erfasst werden. Die TV-Sender-Datenbank listet zum 31. Oktober 2009 insgesamt 456 Fernsehprogramme auf. Genau genommen sind in dieser Zahl noch nicht einmal alle Programme enthalten, die der „normale“ Zuschauer als Fernsehprogramm bezeichnen würde, denn in der Datenbank werden die in (und für) Deutschland lizenzierten Programme gezählt. Aus dem Ausland sendende Programme wie Eurosport und Euronews6 sind ebenso wenig in der Datenbank aufgeführt wie sog. Telemedien-Angebote, wozu Teleshoppingprogramme wie QVC oder HSE247 zählen. Außerdem werden alle 19 eigenproduzierten Programme von Sky (vormals Premiere)8 als ein Fall behandelt. Zusätzlich erfasst werden die Programme der öffentlichrechtlichen Anbieter, die nicht bei den Landesmedienanstalten lizenziert sind. 1.1 Organisationsformen Trotz dieser Einschränkungen bietet die Datenbank eine umfassende und mehrdimensionale Grundlage zur Systematisierung des deutschen TV-Markts. Unter den 456 Einträgen befinden sich ganz unterschiedliche Typen von Programmen. Eine erste Unterscheidung kann anhand der Zugänglichkeit gemacht werden: Free-TVvs. Pay-TV-Programme. Free-TV-Programme sind für jeden Zuschauer theoretisch (kosten-)frei zugänglich – vorausgesetzt, er besitzt die entsprechende technische Ausstattung und er hat die Rundfunk- und ggf. Kabelgebühren bezahlt. Demgegenüber steht Pay-TV, bei dem der Zugang zum Programm extra bezahlt werden muss, sei es pro Sendung, Programm oder Programmpaket. Gemäß Datenbank stellt der Free-TV-Markt das Angebot an Pay-TV-Programmen weit in den Schatten: Knapp 400 frei empfangbaren Programmen stehen lediglich 62 Pay-TV-Programme gegenüber (vgl. Tab. 1). Das Verständnis vom Fernsehprogramm als sequenzielle Sendungsfolge auf einem am Empfangsgerät einzustellenden Kanal stößt bei der Erfassung von (digitalen) Pay-TV-Programmen an seine Grenzen, zum einen aus lizenzrechtlichen Gründen, zum anderen aber auch wegen der Komplexität und der Möglichkeiten der 6 7 8 Die Programmliste der KEK listet 12 deutschsprachige Programme mit Auslandslizenz (vgl. KEK 2009, S. 68). Die Programmliste der KEK listet 17 Telemedien (vgl. KEK 2009, S. 69). Vgl. KEK – Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (2010): Mediendatenbank. URL: http://www.kek-online.de/db/index.php?c=782&mt=1&s=sky&f=0 [11.1.2010]. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 26 Technik: So werden etwa bei Übertragungen der Fußballbundesliga bei Sky alle Spiele parallel übertragen, zusätzlich gibt es eine Konferenz aller Spiele und pro Spiel z.T. noch Wahlmöglichkeiten, welches Bild bzw. welche Kamera man sehen möchte. Hier muss jeder Systematisierungs- und Erfassungsversuch wie bei „klassischen“ Fernsehprogrammen scheitern. Ähnlich verhält es sich mit Pay-per-ViewAngeboten, bei denen pro Tag verschiedene Filme und Sportübertragungen zu variablen Anfangszeiten laufen – dies alles unter demselben Programmnamen. Das heißt, die oben genannte Zahl von 19 Programmen des größten deutschen Pay-TVAnbieters unterschätzt die Zahl der angebotenen Programmkanäle, wie sie der Zuschauer wahrnimmt, noch erheblich. Blickt man auf die Entwicklung der letzten fünf Jahre zurück, erkennt man trotz aller Einschränkungen bei der Messung eine deutliche Zunahme der Pay-TV-Programme (vgl. Abb. 1). Seit 2005 hat sich die Zahl von 31 auf 62 verdoppelt. DAS FERNSEHPROGRAMMANGEBOT IN DEUTSCHLAND 2009 Tab. 1 (Anzahl der Programme)1 ORGANISATIONSFORM Free-TV Pay-TV Gesamt Privat-kommerzielle Programme Nicht-kommerzielle Programme Öffentlich-rechtliche Programme 313 58 23 62 - 375 58 23 GESAMT 394 62 456 1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009 (vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank). Während die Pay-TV-Angebote alle von privat-kommerziellen Unternehmen veranstaltet werden, lassen sich die knapp 400 Programme des Free-TV-Sektors nach der Art der Veranstalter einteilen: Im Sinne der dualen Rundfunkordnung wird hier zwischen privat-kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Programmen unterschieden. Zwischen diesen großen Polen existieren außerdem nicht-kommerzielle Programme, besser bekannt unter den Begriffen „Offene Kanäle“ oder „Bürgerkanäle“. Die große Mehrheit der in Deutschland frei zu empfangenden Programme ist als privat-kommerziell einzuordnen. Diesen 313 Angeboten stehen 23 Programme von den öffentlich-rechtlichen Anbietern gegenüber. Das entspricht einem Verhältnis von 14:1. Die Verteilung der Programme nach Veranstaltertyp hat sich in den letzten Jahren nicht grundlegend verändert (vgl. Abb. 1). Die privat-kommerziellen FreeTV-Programme dominieren das Angebot. Nach einem sprunghaften Anstieg im Jahr 2006 sind es stets über 310 Programme. Die öffentlich-rechtlichen Programme stehen konstant bei 23. Während die Anzahl der nicht-kommerziellen Programme stetig abnimmt, wird einzig die Zahl der privat-kommerziellen Pay-TV-Programme größer, und das deutlich. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 27 Einer weiteren strukturellen Dimension des Fernsehmarkts kommt man auf die Spur, wenn man neben der Organisationsform auch die Verbreitungsgebiete und die Programmspezialisierung anschaut. Im Folgenden soll dies für die frei empfangbaren Programme der privat-kommerziellen und der öffentlich-rechtlichen Anbieter geschehen. Die Pay-TV-Programme werden je nach Anbieter bzw. Verbreitungsplattform zwar nicht immer bundesweit angeboten, jedoch existiert kein Programm, das inhaltlich auf eine bestimmte Region ausgerichtet ist. Im Gegensatz dazu sind alle nicht-kommerziellen Programme regional beschränkt. ENTWICKLUNG DES FERNSEHPROGRAMMANGEBOTS 2005–2009 Abb. 1 (Anzahl der Programme)1 350 300 317 316 317 313 286 250 200 150 100 50 0 05 06 07 08 09 Privates Free-TV 62 44 56 31 40 67 66 64 63 58 05 06 07 08 09 Privates Pay-TV 05 06 07 08 09 Nicht-kommerzielle Programme 23 23 23 23 23 05 06 07 08 09 Öffentl.-rechtliches Free-TV 1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; vgl. Schwotzer/Weiß 2005, S. 30; Dies. 2007, S. 28; Dies. 2008, S. 19; Dies. 2009, S. 23; ohne Teleshoppingprogramme. 1.2 Regionale Verbreitung Die quantitative Dominanz der privat-kommerziellen Free-TV-Programme relativiert sich, wenn man sich die regionale Verbreitung der Programme näher ansieht. Ein Großteil wird nicht bundesweit ausgestrahlt: Von den 313 Programmen werden vier Fünftel nur (sub-)regional verbreitet (vgl. Abb. 2). So gesehen dominiert das regionale Privatfernsehen den deutschen Fernsehmarkt – ein Befund, der sich bezüglich der Marktanteile bzw. „Einschaltquoten“ nicht halten lässt, wie sich später zeigen wird. Der weitaus größte Teil der regionalen Programme wird hier als subregionale Programme bezeichnet, das bedeutet, ihr Verbreitungsgebiet liegt unterhalb der Ebene der Bundesländer. Von diesen 205 Programmen haben 78 eine technische Reichweite von weniger als 10.000 Haushalten, 73 von weniger als 100.000 Haushalten und gut 50 von mehr als 100.000 Haushalten. Diese geringen Reichweiten und die damit verbundene komplizierte Finanzierung der Programme sorgen immer EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 28 wieder für Diskussionen – bis hin zu dem Vorschlag, diese Programme an den Rundfunkgebühren zu beteiligen.9 TYPOLOGIE DER FREE-TV-PROGRAMME 2009 Abb. 2 (Anzahl der Programme)1 PRIVAT-KOMMERZIELLES FERNSEHEN Nationale Programme n=56 Regionale Programme n=254 Vollprogramme n=14 Spartenprogramme n=39 Fensterprogramme n=3 ÖFFENTLICH-RECHTLICHES FERNSEHEN Nationale Programme n=10 Regionale Programme n=10 Landesweite Programme2 n=49 Vollprogramme n=2 Landesweite Transnationale Programme3 Programme n=10 n=2 Subregionale Programme n=205 Spartenprogramme n=8 Sonstige n=3 Sonstige n=3 Auslandsfernsehen n=1 Reichweite > 100 Tsd.4 n=54 Reichweite 10–100 Tsd.4 n=73 Reichweite < 10 Tsd.4 n=78 1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009 (vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank). 2 Einschließlich der für die Verbreitung in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg lizenzierten Programme (mit einem Sonderfall in Berlin: für den sog. „Mischkanal“ wurden 22 Einzellizenzen vergeben). 3 Einschließlich der Fensterprogramme von Radio Bremen (im NDR Fernsehen) und Saarländischem Rundfunk (im SWR Fernsehen). 4 Technische Reichweite in Haushalten. Dass es von der Medienverfassung und der Medienstrukturpolitik der jeweiligen Bundesländer abhängt, ob und in welchem Umfang es solche Programmangebote gibt, zeigt sich an der Verteilung dieser Programme auf die Bundesländer (vgl. Tab. 2). So sind in 12 von 16 Bundesländern subregionale Programme lizenziert, aber nur in sieben Ländern sind es mehr als zehn. Alle östlichen Bundesländer haben subregionale bzw. lokale Programme lizenziert, setzen dabei aber vor allem auf Programme mit vergleichsweise kleinen Verbreitungsgebieten. Mit 131 Programmen werden knapp zwei Drittel aller subregionalen Programme in Ostdeutschland ausgestrahlt, 9 Vgl. N.N. (2009): Was ist uns lokales TV wert? Welche Möglichkeiten zur Finanzierung des Lokal-TV gibt es? Nicht viele – so scheint es. Doch ein Konzept stößt auf große Sympathien: das Schweizer Modell. In: Themen + Frequenzen, Heft 4, S. 15-16. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 29 bei den Programmen mit einer technischen Reichweite von unter 100.000 sind es sogar 80 Prozent der Programme. In Westdeutschland finden sich subregionale Programme lediglich in Bayern und in Baden-Württemberg in nennenswertem Umfang. Im Gegensatz zu Ostdeutschland handelt es sich dabei mehrheitlich um Programme mit einer technischen Reichweite von über 100.000 Haushalten. SUBREGIONALE PROGRAMME IN DEN BUNDESLÄNDERN 2009 Tab. 2 (Anzahl der Programme)1 Reichweite > 100 Tsd. 10–100 Tsd. < 10 Tsd. Gesamt2 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen 13 16 1 1 1 7 5 10 3 - 2 11 19 8 2 16 6 1 8 18 9 5 36 4 6 15 45 28 1 1 14 7 7 62 13 1 14 SUMME 57 73 78 208 1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009 (vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank). 2 Die Gesamtsumme von 208 im Gegensatz zur Abb. 2 entsteht, weil drei Programme in jeweils zwei Bundesländern lizenziert sind. Auf der Ebene der Programme, die in den Bundesländern landesweit ausgestrahlt werden, gibt es formal eine direkte Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Programmangeboten. Hier stehen 49 privaten Angeboten zehn öffentlich-rechtliche gegenüber. Bei diesen zehn Programmen10 handelt es sich um die sog. „Dritten“ der Landesrundfunkanstalten der ARD (und den Spezialfall BR alpha). Das Programmangebot der Dritten ähnelt demjenigen der Vollprogramme, also Programmen, die ein umfassendes Programm inkl. Information und Unterhaltung anbieten, wobei vor allem das tagesaktuelle fernsehpublizistische Angebot 10 Die Fensterprogramme von Radio Bremen (im NDR Fernsehen) und vom Saarländischen Rundfunk (im SWR Fernsehen) werden hier separat gezählt. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 30 stärker auf das regionale Verbreitungsgebiet ausgerichtet ist. Die meisten dieser Programme sind über Kabel und Satellit auch bundesweit zu empfangen. Demgegenüber finden sich auf privater Seite vier verschiedene Formen: - - - Elf regionale Fensterprogramme, die aufgrund der Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags für 30 Minuten am Tag in den Programmen von RTL und Sat.1 übertragen werden.11 Solche Fenster werden in allen westdeutschen Bundesländern außer dem Saarland ausgestrahlt.12 22 Programme mit Einzellizenzen, die alle auf einer einzigen Frequenz, dem sog. „Mischkanal“ in Berlin, gesendet werden. Zwölf Lizenzen für regionale Spartenangebote. Darunter befindet sich eine kleine Programmfamilie, veranstaltet von Klarner Medien aus Eningen (BadenWürttemberg), die neben dem Regionalprogramm für Tübingen und Reutlingen acht Spartenprogramme ausstrahlt: vom Jugendkanal über Gesundheitsinformationen bis hin zu Parlamentsübertragungen. Vier private regionale Vollprogramme: center.tv Bremen, Hamburg 1, NRW.TV und tv.berlin.13 Einzig die letztgenannten Programme können als direkte Konkurrenz der Dritten Programme der ARD-Anstalten angesehen werden. Das bedeutet aber auch, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade in den Flächenländern beim landesweiten Fernsehen eine Monopolstellung einnimmt. 1.3 Nationale Programme Eine andere Konkurrenzsituation findet sich auf Ebene der nationalen Programme. Hier stehen 56 privat-kommerziellen Angeboten zehn öffentlich-rechtliche Programme gegenüber (vgl. Abb. 2). Dazu kommen auf öffentlich-rechtlicher Seite mit ARTE und 3sat zwei Programme, die über die nationale Ebene hinaus in mehreren Staaten verbreitet werden. Das Übergewicht der privaten Angebote bleibt auch bestehen, wenn man die Programme nach ihrem Programmtyp unterscheidet: Ausgehend vom Rundfunkstaatsvertrag wird hier zwischen Voll- und Spartenprogrammen unterschieden. Ein Spartenprogramm ist demnach „ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten“,14 ein Vollprogramm „ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.15 11 12 13 14 15 Vgl. dazu auch den Beitrag „Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 in den Jahren 2008 und 2009“ von Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard in diesem Band. Vgl. KEK 2009, S. 313. Saar TV hat den Sendebetrieb im Juni 2009 eingestellt. Am 1. März 2010 startet das landesweit über Kabel und im Internet empfangbare Citi.TV. § 2 Abs. 2 Satz 4 RStV 2009. § 2 Abs. 2 Satz 3 RStV 2009. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 31 Im Bereich der Vollprogramme finden sich bei den privaten Anbietern 14 Programme, die mit den beiden öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen ARD/Das Erste und dem ZDF konkurrieren. Eine genauere Betrachtung der Angebote relativiert jedoch das vermeintliche Übergewicht des privaten Sektors. Denn unter den 14 privaten Programmen finden sich mit Samanyolu TV Avrupa, TGRT EU und TürkShow drei Programme, die hauptsächlich in türkischer Sprache ausgestrahlt werden, und mit MITV und PDF-Channel zwei persischsprachige Programme. Hinzu kommt, dass bw family.tv die lizenzierte bundesweite Ausstrahlung bislang noch nicht realisiert hat. Es verbleiben somit acht privat-kommerzielle Vollprogramme.16 Auch auf öffentlich-rechtlicher Seite kann man zu einer anderen Anzahl an Vollprogrammen kommen, wenn man die Ebene der am Programmrecht orientierten Zählung verlässt. Betrachtet man die Programminhalte, kann man konstatieren, dass sowohl die Dritten Programme der ARD als auch 3sat und ARTE jeweils vielfältige Inhalte anbieten, in welchen Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden. Sie könnten somit also als Vollprogramm bezeichnet werden. Folgt man dieser Überlegung, kommt man auf öffentlich-rechtlicher Seite auf elf Vollprogramme – drei mehr als auf privater Seite. Mit insgesamt 47 Programmen werden erheblich mehr Spartenprogramme als Vollprogramme verbreitet. ARD und ZDF bieten acht solcher nicht vielfältigen, sondern thematisch spezialisierten Programme an, von denen bis auf Phoenix und KI.KA alle ausschließlich digital zu empfangen sind. Im privaten Sektor finden sich dagegen 39 Angebote, darunter etablierte Anbieter wie VIVA oder DSF, aber auch nur digital zu empfangende „Nischenprogramme“ wie das Deutsche Anleger Fernsehen DAF. 1.4 Entwicklung des Programmangebots Die Entwicklung des Programmangebots in den letzten fünf Jahren macht deutlich, dass es in den meisten Bereichen des Free-TV kaum Veränderungen gab (vgl. Tab. 3). Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Programme ist konstant bei 23 geblieben (vgl. Abb. 2). Bei den regionalen und subregionalen Programmen schwankt die Zahl der landesweiten Angebote zwischen 46 und 60 (bzw. ohne die Einzellizenzen des Mischkanals Berlin zwischen 19 und 31). Nach dem Höhepunkt in den Jahren 2006 und 2007 sind die Angebote hier wieder zurückgegangen. Im Bereich der Vollprogramme gibt es einen Sprung im Jahr 2006, der mit der Lizenzierung mehrerer fremdsprachiger Programme zusammenhängt. In einem Bereich hat es von 2005 bis 2009 jedoch eine kontinuierliche Entwicklung nach oben gegeben: Die Zahl der Spartenprogramme ist von 25 auf 39 gestiegen. Somit bestätigt sich der Trend, der sich schon bei den Pay-TV-Programmen zeigt, die ebenfalls inhaltlich thematisch spezialisiert sind: Zusätzliche Angebote gibt es im deutschen Fernsehmarkt allein im Bereich der Spartenprogramme. 16 RTL, RTL II, VOX, Sat.1, ProSieben, kabel eins, DMAX und TIMM. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 32 ENTWICKLUNG DES PRIVAT-KOMMERZIELLEN FREE-TV 2005–2009 Tab. 3 (Anzahl der Programme)1 2005 2006 2007 2008 2009 NATIONALE PROGRAMME Vollprogramme Spartenprogramme Fensterprogramme 36 8 25 3 47 13 31 3 51 15 33 3 59 15 41 3 56 14 39 3 REGIONALE PROGRAMME Landesweite Programme Subregionale Programme 247 46 201 267 57 210 262 60 202 255 54 201 254 49 205 3 3 3 3 3 286 317 316 317 313 SONSTIGE GESAMT 1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; vgl. Schwotzer/Weiß 2005, S. 32; Dies. 2007, S. 30; Dies. 2008, S. 21; Dies. 2009, S. 25; ohne Teleshoppingprogramme. 2. Verbreitungswege Ein noch so umfangreiches Angebot an Fernsehprogrammen hat keinerlei Bedeutung, wenn die Zuschauer die Programme nicht sehen können. Deswegen wird nun ein Blick auf die Empfangssituation des Fernsehens in Deutschland geworfen. Die Empfangsebenen können zum einen im Hinblick auf die Verbreitungswege unterschieden werden. Hier gab es bislang standardmäßig die Unterscheidung von drei Wegen: Satellit, Kabel und terrestrische Verbreitung. Zum anderen stehen sich die beiden Übertragungsformen analog oder digital gegenüber. Auf allen drei Wegen, per Satellit, Kabel und terrestrisch, kann sowohl analoges als auch digitales Fernsehen übertragen werden. Hinzugekommen ist in den letzten Jahren ein Übertragungsweg, auf dem Fernsehen ausschließlich digital verbreitet wird: das Internet, unter Verwendung des Internet-Protokolls. Dabei kann noch das Netz unterschieden werden, das zur Verbreitung genutzt wird. In Deutschland ist dies zurzeit das DSL-Netz, d.h. das Signal wird mit hoher Bitrate über das Telefonkabel gesendet. Deshalb wird diese Übertragungsform als IP-TV via DSL bzw. als DSL-TV bezeichnet.17 Im Unterschied zum Web-TV erfolgt der Empfang von IP-TV in der Regel mittels einer SetTop-Box am Fernseher.18 Von den 39,1 Mio. Privathaushalten in Deutschland besitzen 37,4 Mio. (96 Prozent) mindestens einen Fernseher. Sie werden als Fernsehhaushalte bezeichnet (vgl. Abb. 3). Über die Hälfte davon empfängt Fernsehen (auch) über Kabel, während gut 40 Prozent der Haushalte über eine Satellitenempfangsanlage verfügen. Mit 17 18 Vgl. Digitalisierungsbericht 2009, S. 68f. Vgl. KEK 2009, S. 330. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 33 11 Prozent der Haushalte ist der Anteil des terrestrischen Empfangs inzwischen sehr gering (1992 empfing noch die Mehrheit der Haushalte Fernsehen über Antenne).19 Immerhin 400.000 Haushalte beziehen Fernsehen inzwischen über DSL. EMPFANGSEBENEN UND DIGITALISIERUNG 2009 Abb. 3 (Haushalte in Mio. und in Prozent – Mehrfacherfassung)1 Privathaushalte in Deutschland 39,1 Mio. Fernsehhaushalte 37,4 Mio. Verbreitungswege2 Kabel 19,8 Mio. 53% Satellit 15,7 Mio. 42% Terrestrik 4,2 Mio. 11% DSL-TV 0,4 Mio. 1% Digitalisierung3 Kabel 6,1 Mio. 31% Satellit 11,7 Mio. 74% Terrestrik 4,2 Mio. 100% DSL-TV 0,4 Mio. 100% Digitalisierung gesamt2 20,6 Mio. 55% 1 Quelle: Digitalisierungsbericht 2009, S. 46ff. (Mehrfacherfassung der Verbreitungswege und Empfangsarten). 2 Prozentuierungsbasis: 37,4 Mio. Fernsehhaushalte in Deutschland (einschl. aller Ausländerhaushalte). 3 Prozentuierungsbasis: Anzahl der Fernsehhaushalte pro Verbreitungsweg. Seit Jahren schreitet die Digitalisierung der Übertragung voran. Für den Zuschauer hat sie vor allem ein größeres Programmangebot zur Folge. 2008 standen dem Zuschauer in Deutschland durchschnittlich 72 Sender zur Verfügung, 2005 waren es noch 47.20 Insgesamt ist bereits über die Hälfte der Haushalte mit digitalen Empfangsmöglichkeiten ausgestattet, 46 Prozent empfangen ihr Fernsehen sogar ausschließlich digital.21 19 20 21 Vgl. AGF (2009): Empfangsebenen. URL: http://www.agf.de/fsforschung/methoden/empfangsebenen [11.1.2010]. Vgl. Zubayr, Camille/Heinz Gerhard (2009): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahr 2008. In: Media Perspektiven, Heft 3, S. 98-112, hier S. 98. Vgl. Digitalisierungsbericht 2009, S. 47. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 34 Der Anteil der Digitalisierung pro Übertragungsweg gestaltet sich dabei sehr unterschiedlich – aus unterschiedlichen Gründen. Am geringsten ist der Digitalisierungsgrad beim Kabelempfang. Hier verfügt nur ein Drittel der Haushalte über eine digitale Empfangsmöglichkeit. Das lässt sich damit begründen, dass das Angebot an analogen Programmen in den Kabelnetzen mit 30 bis 40 Programmen von den meisten Zuschauern als ausreichend angesehen wird. Zumal für den Empfang von digitalen Programmen die Anschaffung einer Set-Top-Box vonnöten ist, während analoges Fernsehen mit jedem handelsüblichen Fernseher empfangen werden kann. Digitaler Empfang ist hingegen in drei Viertel der Satellitenhaushalte möglich. Um Fernsehen über Satellit zu empfangen, war neben der Satellitenantenne und dem Fernseher schon immer ein Zusatzgerät Voraussetzung, sodass der Umstieg auf das digitale Fernsehen nicht durch eine solche Anschaffung behindert wird. Es muss lediglich das vorhandene ersetzt werden – bzw. bei Neuanschaffungen gleich ein digitales Gerät gewählt werden. In der Folge dieser Entwicklung schlagen die Landesmedienanstalten vor, die analoge Verbreitung über Satellit spätestens am 30. April 2012 einzustellen.22 VERBREITUNGSWEGE UND DIGITALISIERUNG 2005–2009 Abb. 4 (Haushalte in Prozent – Mehrfacherfassung)1 60 51,7 51,8 53,7 52,5 52,8 50 43,1 42,0 26,4 22,5 16,2 16,7 19,5 09 05 06 42,6 42,0 42,1 18,2 14,4 10,9 24,4 27,6 31,2 40 30 46,7 44,6 45 41,5 36,6 20 10 0 5,0 7,2 05 06 8,7 11,0 07 08 Kabel digital 07 08 09 Satellit analog 9,7 9,2 5,3 4,4 3,9 5,3 05 11,5 11,1 11,3 1,6 0,6 9,9 10,5 11,3 06 07 08 Terrestrik 09 1 Quelle: Digitalisierungsbericht 2009, S. 49 (Mehrfacherfassung der Verbreitungswege und Empfangsarten). 2009 sind erstmals zwei Verbreitungswege vollständig digitalisiert: die terrestrische Übertragung und DSL-TV. Während DSL-TV per se digital ist, endet bei der terrestrischen Verbreitung die Entwicklung, die im Herbst 2002 begann (vgl. Abb. 4). Nach und nach wurde die analoge terrestrische Übertragung in Deutschland durch die digitale Verbreitung mittels DVB-T ersetzt. Die letzte analoge Sendeanlage wurde am 30. Juni 2009 abgeschaltet. Parallel zur Digitalisierung der terrestrischen Übertra22 Vgl. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) (2009): ZAK-Pressemitteilung 25/2009: Landesmedienanstalten schlagen vor: Ende Analog-TV via Sat im Frühjahr 2012. URL: http://www.alm.de/ 34.html?&tx_ttnews[tt_news]=560&cHash=824dfaa89c [11.1.2010]. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 35 gung hat sich der Anteil des digitalen Empfangs entwickelt: von knapp der Hälfte im Jahr 2005 bis zur vollständigen Umstellung 2009. Auch die Digitalisierung des Satellitenempfangs macht Fortschritte, wie Abbildung 4 belegt: Waren 2005 noch deutlich weniger als die Hälfte der Satellitenhaushalte digitalisiert, sind es 2009 drei Viertel. Einzig beim Kabelempfang verläuft die Digitalisierung recht langsam. Die Entwicklung in den letzten fünf Jahren verdeutlicht aber auch, dass das Verhältnis zwischen den einzelnen Verbreitungswegen vergleichsweise konstant bleibt. Die Digitalisierung führt also nicht zu einer Verschiebung zwischen den Übertragungswegen, allenfalls zu einer minimalen hin zur terrestrischen Verbreitung. 3. Reichweite und Nutzung Das Angebot an Fernsehprogrammen, das dem Zuschauer zur Verfügung steht, ist groß und vielfältig. Die Wege, auf denen es in die Haushalte übertragen wird, werden weiter digitalisiert und ermöglichen die Übertragung eines noch breiteren Angebots. Doch schalten die Zuschauer ihre Fernseher überhaupt ein, nutzen sie diese Angebote? Als Indikator hierfür wird auf eine Maßzahl der kontinuierlichen Fernsehzuschauerforschung in Deutschland zurückgegriffen, den sog. „Marktanteilswert“ eines Programms, dem eine „raumzeitliche Konkurrenzdefinition“ zugrunde liegt. Vereinfacht gesagt ist dies der Anteil an der Gesamtzuschauerzahl des Fernsehens, den ein Programm in einem bestimmten Zeitabschnitt für sich verbuchen kann.23 Die Betrachtung der Marktanteile nach Programmtypen zeigt, dass der Schwerpunkt der Nutzung bei den nationalen Vollprogrammen liegt (vgl. Tab. 4). Über zwei Drittel der Zuschauer entscheiden sich für diesen Programmtyp. An zweiter Stelle kommen mit 13,5 Prozent die öffentlich-rechtlichen Regionalprogramme, d.h. die Dritten Programme. Folgt man der Überlegung, dass sie ebenso wie die transnationalen Programme ARTE und 3sat auch als Vollprogramme betrachtet werden können, vereint die so definierte Gruppe der Vollprogramme 84 Prozent der Marktanteile auf sich. Die Fernsehzuschauer bevorzugen also eindeutig die Programme, die ein breites Spektrum an Inhalten, eine Vielfalt an Informationsund Unterhaltungsangeboten in ihrem Sendungsangebot haben. Im Vergleich der Systeme liegt bei den „reinen“ Vollprogrammen der private Sektor mit 43 Prozent deutlich vor den öffentlich-rechtlichen Programmen. Zusammen mit den Dritten und den transnationalen Programmen erreichen die öffentlich-rechtlichen mit 41 Prozent jedoch fast den Wert der privaten Konkurrenz. Das Gleichgewicht der Systeme zeigt sich auch bei der Betrachtung der Markteinteile für einzelne Programme (vgl. Tab. 5). Unter den zehn meistgesehenen Programmen finden sich drei öffentlich-rechtliche und sieben private Programme – 23 „Der Marktanteil gibt den relativen Anteil der Sehdauer einer Sendung/eines Werbeblocks/eines bestimmten Zeitintervalls an der Gesamtsehdauer aller Programme zum jeweiligen Zeitintervall an“ (AGF – Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (2002): Fernsehzuschauerforschung in Deutschland. Frankfurt/M., S. 31). EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 36 wenn man die Dritten Programme der ARD zu einem Programm zusammenfasst. Diese drei öffentlich-rechtlichen Angebote belegen die Spitzenplätze, wobei die Rangliste in den letzten fünf Jahren abwechselnd von dem Ersten oder den (kumulierten) Dritten Programmen der ARD angeführt wird. Die sechs großen privaten Vollprogramme nehmen die folgenden Plätze ein und erreichen so in der Summe ähnliche Werte. Erst auf Platz 10 folgt mit Super RTL das erste Spartenprogramm. Tab. 4 MARKTANTEILE DER PROGRAMMTYPEN 20091 PROGRAMMTYP Privatkommerzielles Fernsehen Öffentl.rechtliches Fernsehen Gesamt Nationale Vollprogramme Nationale Spartenprogramme Nationale Fensterprogramme Landesweite Regionalprogramme Subregionale/lokale Programme Transnationale Programme 43,4 10,1 k.A. k.A. k.A. – 25,2 2,4 – 13,5 – 1,8 68,6 12,5 k.A. 13,5 k.A. 1,8 GESAMT 53,5 42,9 96,4 1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (AGF (2010): Marktanteile. URL: http://www.agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [13.1.2010]). Tab. 5 MARKTANTEILE DER FREE-TV-PROGRAMME 2005–20091 PROGRAMM 2005 2006 2007 2008 2009 ARD/Dritte Programme ARD/Das Erste ZDF RTL Sat.1 ProSieben VOX kabel eins RTL II Super RTL 13,6 13,5 13,5 13,2 10,9 6,7 4,2 3,8 4,2 2,8 13,5 14,2 13,6 12,8 9,8 6,6 4,8 3,6 3,8 2,6 13,5 13,4 12,9 12,4 9,6 6,5 5,7 3,6 3,9 2,6 13,2 13,4 13,1 11,7 10,3 6,6 5,4 3,6 3,8 2,4 13,5 12,7 12,5 12,5 10,4 6,6 5,4 3,9 3,9 2,5 SUMME 86,4 85,3 84,1 83,5 83,9 1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (KEK 2009, S. 337f. und AGF 2010). Neben einem Marktanteil von 84 Prozent für die Vollprogramme (im o.g. weiten Sinn) verbleibt ein Anteil von 16 Prozent für Sparten-, private Regional-, Pay-TV- EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 37 und nicht-kommerzielle Programme, d.h. für über 400 Programme (vgl. Tab. 1). Dabei ist die Zuordnung dieses Anteils zu einzelnen Programmtypen und Programmen nur lückenhaft möglich: Die AGF liefert Marktanteile für lediglich wenige Spartenkanäle. Die Werte vieler Programme, die nur sehr kleine Marktanteile erreichen, können aus statistischen Gründen nicht valide gemessen werden. Hinzu kommt, dass die AGF ausschließlich Marktanteile ihrer Mitgliedssender und zum Teil der Veranstalter, die AGF-Lizenznehmer sind, veröffentlicht. Die ausgewiesenen Spartenkanäle kommen zusammen auf einen Marktanteil von gut 12 Prozent. Hierbei vereinigen die 39 privaten Programme fast viermal so viele Anteile auf sich wie die acht öffentlich-rechtlichen. Für die restlichen, nicht ausgewiesenen Programme verbleiben somit vier Prozent, deren Verteilung weitgehend unbekannt ist. Der Erfolg der über 200 subregionalen Programme wird zumindest in Bayern und Sachsen in den jeweiligen „Funkanalysen“ gemessen. In der Funkanalyse 2009 wird für die bayerischen Regional- bzw. Lokalprogramme ein kumulierter Marktanteil von 1,2 Prozent für die Kernsendezeit Montag bis Freitag 17 bis 23 Uhr ermittelt.24 Als Hinweis auf den Erfolg der Pay-TV-Programme lassen sich die Abonnentenzahlen heranziehen, die für den 31. Dezember 2008 nach Unternehmensangaben bei 4,4 Mio. liegen sollen.25 Das bedeutet, dass über 10 Prozent der Haushalte in Deutschland Pay-TV-Programme abonniert haben. Ein Blick auf die Entwicklung der Marktanteile in den letzten fünf Jahren zeigt, dass die Verteilung zwischen den drei Gruppen private Vollprogramme,26 öffentlichrechtliche Vollprogramme inkl. Dritte, ARTE und 3sat27 und den restlichen Programmen relativ konstant ist (vgl. Abb. 5). Die privaten und öffentlich-rechtlichen Vollprogramme teilen sich den größten Teil des Zuschauermarkts mit je über 40 Prozent – und verlieren parallel je 2 Prozentpunkte seit 2004. Dementsprechend wächst der Anteil der sonstigen Programme, d.h. vor allem der Spartenprogramme, von 13 Prozent im Jahr 2004 auf 17 Prozent 2008. Ist die Zuwendung zu Spartenprogrammen ein Phänomen, das alle Zuschauer gleichermaßen betrifft? Oder sind die jüngeren Zuschauer, die mit einem größeren Angebot an Fernsehprogrammen aufgewachsen sind, ihnen mehr zugeneigt? Die Analyse der Marktanteile nach verschiedenen Altersgruppen deckt Unterschiede sowohl bei der Verteilung zwischen den Programmtypen als auch bei ihren Entwicklungen auf. Zuschauer über 50 Jahre wenden sich mehrheitlich den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen zu (59 Prozent), und das nahezu unverändert in den letzten fünf Jahren. Die privaten Vollprogramme erreichen in dieser Gruppe nur 24 25 26 27 Vgl. Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (2009): Funkanalyse Bayern 2009. URL: http://funkanalyse.tns-infratest.com/2009/2_tv/2bayerng/6MA.pdf [13.1.2010]. Vgl. ALM Jahrbuch 2008, S. 94. Im Gegensatz zu Tab. 4 ist DMAX hier nicht enthalten. Im Folgenden soll diese Gruppe der Einfachheit halber als „öffentlich-rechtliche Vollprogramme“ bezeichnet werden. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 38 einen Anteil um die 30 Prozent mit abnehmender Tendenz. Denn auch in der Gruppe der älteren Zuschauer nimmt der Anteil der sonstigen Programme zu, wenn auch auf geringen Niveau von 9 auf 12 Prozent. Abb. 5 ENTWICKLUNG DER MARKTANTEILE DER PROGRAMMTYPEN 2004–20081 PRIVATE VOLLPROGRAMME 70 60 65,6 64,0 56,4 54,6 50 40 30 43,7 41,4 31,7 29,1 20 10 0 2004 2005 2006 2007 2008 ÖFFENTLICH-RECHTLICHE VOLL-, „DRITTE“ UND TRANSNATIONALE PROGRAMME 70 60 59,9 59,1 43,1 41,4 50 40 30 29,5 20 16,2 26,1 10 14,0 0 2004 2005 2006 2007 2008 SONSTIGE PROGRAMME 40 30 20 10 22,0 19,3 17,0 11,7 18,2 13,9 13,2 8,6 0 2004 14–29 Jahre 2005 2006 30–49 Jahre 2007 50+ Jahre 2008 Gesamt 1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer pro Altersgruppe in Prozent, Montag bis Sonntag, 3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (ARD-Jahrbuch 2005, S. 384; Dass. 2006, S. 368; Dass. 2007, S. 426; Dass. 2008, S. 424; Dass. 2009, S. 394). EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 39 Bei den beiden jüngeren Altersgruppen, den 14- bis 29-Jährigen und den 30bis 49-Jährigen, gibt es parallele Entwicklungen. Beide bevorzugen die privaten Vollprogramme, wobei die Jüngeren den stärkeren Zuspruch zeigen (65 Prozent vs. 55 Prozent), und bei beiden Gruppen verlieren die Privaten seit 2002 zwei Prozentpunkte an Marktanteilen. Auch die öffentlich-rechtlichen Vollprogramme verlieren in diesen Gruppen. Jedoch liegen hier die Werte der jüngsten Gruppe konstant ca. 13 Prozentpunkte unter denen der 30- bis 49-Jährigen. Die Zuwendung zu öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen hängt also eindeutig vom Lebensalter ab: Mit zunehmendem Alter steigt die Nutzung. Dem Verlust von Marktanteilen bei den Vollprogrammen steht bei den jüngeren Zuschauersegmenten eine Zunahme der Marktanteile bei den Sparten- und sonstigen Programmen gegenüber: In beiden Gruppen gewinnen sie in den letzten fünf Jahren 4 bzw. 5 Prozentpunkte hinzu. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ist die Gruppe, die am meisten die Sparten- und sonstigen Programme nutzt, gefolgt von den 30- bis 49-Jährigen und – mit Abstand – den über 50-Jährigen. Es bestätigt sich also, dass es eher die jüngeren Zuschauer sind, die sich von den etablierten Vollprogrammen abwenden und den Spartenprogrammen zuwenden. 4. Fazit Jung, digital und verspartet – ganz so extrem wie in der Beitragsüberschrift beschrieben ist der deutsche Fernsehmarkt im Jahr 2009 nicht. Vielmehr dominieren weiterhin Strukturen des „klassischen“ Fernsehens. Die erfolgreichsten Programme im Sinne der größten Marktanteile sind die öffentlich-rechtlichen und privaten Vollprogramme. Sie decken zusammen 80 Prozent des Fernsehkonsums der Deutschen ab. Die meisten Zuschauer empfangen das Fernsehen weiterhin über Kabel, und gut die Hälfte empfängt ausschließlich analoge Programme. Auf der anderen Seite finden sich aber eindeutige Trends, die einen langsamen Wandel des Markts anzeigen: - - Die Digitalisierung schreitet erkennbar voran. Der terrestrische Empfang ist schon vollständig digitalisiert, beim Satellitenempfang ist eine vollständige Umstellung bis 2012 zu erwarten. Somit können die Zuschauer immer mehr Programme empfangen. Gerade die jüngeren Zuschauer wenden sich vermehrt von den Vollprogrammen ab und den Spartenprogrammen zu. Das Angebot an Fernsehprogrammen nimmt in zwei Bereichen zu: bei den Spartenprogrammen und bei den Pay-TV-Angeboten. Bei letzteren treten die Kabelbetreiber zunehmend als Konkurrenten zum etablierten Anbieter Sky (vormals Premiere) auf und beleben damit den Markt. Auch bieten sich durch die Ausweitung von DSL-TV hier weitere Möglichkeiten. Wenn man sich jedoch das Tempo dieser Entwicklungen anschaut, wird auch in fünf Jahren noch die Mehrheit der Zuschauer ARD, ZDF und RTL schauen – nur eben EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 40 digital. Die Frage aber, was eigentlich als Fernsehprogramm bzw. mit dem Begriff „Fernsehen in Deutschland“ bezeichnet werden kann, wird sicher nicht einfacher zu beantworten sein. Literatur Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2002): Fernsehzuschauerforschung in Deutschland. Frankfurt/M. Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2009): Empfangsebenen. URL: http://www.agf.de/fsforschung/methoden/empfangsebenen [11.1.2010]. Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2010): Marktanteile. URL: http://www.agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [13.1.2010]. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM (Hrsg.) (2009): ALM Jahrbuch 2008. Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland. Berlin. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2009): ARD-Jahrbuch 09. Hamburg. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2008): ARD-Jahrbuch 08. Hamburg. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2007): ARD-Jahrbuch 07. Hamburg. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2006): ARD-Jahrbuch 06. Hamburg. Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2005): ARD-Jahrbuch 05. Hamburg. Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (2009): Funkanalyse Bayern 2009. URL: http://funkanalyse.tns-infratest.com/2009/2_tv/2bayerng/6MA.pdf [13.1.2010]. Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK (2009): Zwölfter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009. Potsdam. URL: http://www.kek-online.de/Inhalte/jahresbericht_08-09.pdf [4.1.2010]. Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK (2010): Mediendatenbank, URL: http://www.kek-online.de/db/index.php?c=782&mt= 1&s=sky&f=0 [11.1.2010]. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) (2009): ZAK-Pressemitteilung 25/2009: Landesmedienanstalten schlagen vor: Ende Analog-TV via Sat im Frühjahr 2012. URL: http://www.alm.de/34.html?&tx_ttnews[tt_news]=560& cHash=824dfaa89c [11.1.2010]. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2009): Digitalisierungsbericht 2009. Auf dem Weg in die digitale Welt. Rund funk und Internet wachsen zusammen. Berlin. EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009 41 N.N. (2009): Was ist uns lokales TV wert? Welche Möglichkeiten zur Finanzierung des Lokal-TV gibt es? Nicht viele – so scheint es. Doch ein Konzept stößt auf große Sympathien: das Schweizer Modell. In: Themen + Frequenzen, Heft 4, S. 15-16. Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2005): Vielfalt und Konzentration: Fernsehen in Deutschland 2004/2005. In: ALM Programmbericht 2005, S. 27-39. Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2007): Analog und digital: Fernsehen in Deutschland 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 25-38. Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2008): Verspartung und Entgrenzung – Fernsehen in Deutschland 2006/2007. In: ALM Programmbericht 2007, S. 16-33. Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2009): Nach wie vor „Leitmedium“ – Fernsehen in Deutschland 2007/2008. In: ALM Programmbericht 2008, S. 16-36. Zubayr, Camille/Heinz Gerhard (2009): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahr 2008. In: Media Perspektiven, Heft 3, S. 98-112. KONTINUIERLICHE FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG DER LANDESMEDIENANSTALTEN PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 45 Programmkonkurrenz in der Prime Time – Revisited 2009 Joachim Trebbe Als Bezugsrahmen für die Ergebnisdarstellung der ALM-Programmforschung dient in der Regel der durchschnittliche 24-Stunden-Tag. Dafür werden jeweils die Daten einer Stichprobenwoche oder eines Jahres (= zwei Stichproben) zu einem durchschnittlichen Programmtag von Montag bis Sonntag aggregiert und in diesem Bezugsrahmen prozentuiert.1 Diese Perspektive ist in vielfacher Hinsicht ein sehr grobes Maß für den Programmvergleich. So werden etwa bis zu 25 Prozent dieses durchschnittlichen Sendetags durch kurzfristige Programmwiederholungen, d.h. durch nicht originäre Programmleistungen, gestaltet.2 Darüber hinaus existieren unterschiedliche Strategien der Programme für die zuschauerarmen Nachtzeiten und die Generierung von Marktanteilen durch die Platzierung von Sendungen auf konkurrenzarmen Sendeplätzen. In der Standardberichterstattung der ALMProgrammforschung werden deshalb zusätzliche Analysen aus unterschiedlichen Perspektiven vorgenommen, wenn es darum geht, die Programmleistung der untersuchten Fernsehprogramme darzustellen, etwa die Wiederholungsanalyse oder die Analyse der Programmübernahmen und Lizenzprogramme. Eine besondere Fokussierung auf die Programmleistungen besteht in diesem Zusammenhang in der Analyse der Programmangebote in der Prime Time, also dem Zeitabschnitt, in dem das Medium Fernsehen insgesamt die meisten Zuschauer erreicht. In der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten wird Prime Time seit 1997 als die Zeit zwischen 18 und 23 Uhr verstanden und für den Programmvergleich herangezogen.3 In den Stichprobenberichten der ALM-Programmforschung werden seitdem regelmäßig die Programm- und Themenstrukturdaten der untersuchten Programme auch für diesen Zeitabschnitt berechnet und dargestellt. Ein genauerer Blick auf die Programmstrategien erfolgte 1 2 3 Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem deutschen Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61; Ders. (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66. Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem Band, hier Tabelle 7. Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluations- und Machbarkeitsstudie. Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 12), S. 58. Zur Diskussion der Prime-Time-Definition vgl. auch Weiß, HansJürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht 2006, S. 43-59. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 46 zuletzt im Rahmen des ALM Programmberichts 2006 auf der Basis der Programmstichproben der Jahre 2005 und 2006.4 Damals waren deutliche Unterschiede zwischen der Formatierung der Programme in der Gesamtsendezeit, d.h. dem durchschnittlichen 24-Stunden-Tag, und der Prime Time festgestellt worden. Insbesondere die vier Programme, die nach wie vor im Durchschnitt die meisten Zuschauer in Deutschland erreichen, strahlten in der Zeit zwischen 18 und 23 Uhr erheblich mehr Unterhaltungsinhalte in Form von fiktionalen Filmen und Serien, nonfiktionalen Shows und Spielen und fernsehpublizistischer Unterhaltung aus. Die Rangliste der Prime-Time-Unterhaltung führte damals Sat.1 mit 68 Prozent an, gefolgt von ARD/Das Erste (65 Prozent), dem ZDF (64 Prozent) und RTL (59 Prozent). Neben unterschiedlichen Gewichtungen zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Angeboten wurden vor drei Jahren vor allem zwei Trends festgestellt: Erstens gab es bei den Anteilen für die politische Publizistik die geringsten Verschiebungen zwischen Gesamtsendezeit und Prime Time, und zweitens war im Jahr 2006 der Boom der nichtpolitischen Sachpublizistik in der Prime Time auf seinem Höhepunkt angelangt. Im Folgenden wird an diese Analysen und Befunde angeknüpft, und die Programmstrategien der untersuchten Programme in der Prime Time werden erneut genauer in den Blick genommen. Dafür werden in Abschnitt 1 die Programmstrategien im Frühjahr 2009 in der Gesamtsendezeit und in der Prime Time einander gegenübergestellt, um einen Eindruck von der potenziellen Gegenläufigkeit dieser Strategien zu bekommen. Im Anschluss daran werden, wieder bezogen auf das Frühjahr 2009, die Programm- und Themenstrukturen in der Prime Time genauer untersucht (Abschnitt 2), die Strategien der Programmfamilien im Jahr 2008 verglichen (Abschnitt 3) und schließlich die Langzeitentwicklung für die zentralen Programmsparten und fernsehpublizistischen Themen analysiert (Abschnitt 4). Abschließend werden die Ergebnisse zusammenfassend diskutiert und mit den Ergebnissen der Prime-Time-Analyse des Jahres 2006 verglichen (Abschnitt 5). 1. Gesamtsendezeit und Prime Time – Unterschiede und Gemeinsamkeiten Stellt man zunächst ganz grob die Anteile für die drei Basiskategorien der Programmanalyse – fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung sowie Fernsehpublizistik – der aktuellen Programmstichprobe (Frühjahr 2009) einander gegenüber, zeigt sich recht plastisch, welche Schwerpunktverlagerungen die deutschen Fernsehvollprogramme vornehmen, wenn die Konkurrenz um den Zuschauer besonders groß ist (vgl. Tab. 1). Es gibt drei Programme, die an einem durchschnittlichen 24-Stunden-Tag die fernsehpublizistischen Sendungen auf den ersten Platz der Rangreihe der Programmsparten setzen: ARD/Das Erste (44 Prozent), ZDF (56 Prozent) und RTL 4 Vgl. zum Folgenden Weiß 2007, S. 58f. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 47 (44 Prozent). Alle drei Programme verschieben diesen Schwerpunkt in der Zeit zwischen 18 und 23 Uhr zugunsten der Fernsehunterhaltung. PROGRAMMGATTUNGEN IM VERGLEICH VON GESAMTPROGRAMM UND PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2009 Tab. 1 (Sendungsanalyse, Zeitumfang 3–3 Uhr bzw. 18–23 Uhr in Prozent) PROGRAMMCHARAKTERISTIK 24h PT 24h PT 24h PT 24h PT Fernsehpublizistik Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Restliches Programm Werbung und Sponsoring 44 40 5 10 1 31 39 17 9 4 56 32 4 7 1 41 49 5 5 44 28 9 5 14 35 28 15 7 15 35 40 7 4 14 27 28 27 3 15 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMCHARAKTERISTIK 24h PT 24h PT 24h PT 24h PT Fernsehpublizistik Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Restliches Programm Werbung und Sponsoring 18 41 14 5 22 25 28 22 6 19 23 45 10 6 16 19 45 11 6 19 21 40 19 6 14 22 39 17 6 16 25 46 6 6 17 34 34 7 5 20 100 100 100 100 100 100 100 100 GESAMT ARD ZDF RTL II RTL Sat.1 VOX ProSieben kabel eins Die stärkste Steigerung des Anteils an Filmen und Serien findet sich beim ZDF. Hier steigt der Anteil von 32 Prozent in der Gesamtsendezeit auf 49 Prozent in der Prime Time, setzt sich aber nicht so deutlich vom Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen ab, der beim ZDF mit 41 Prozent auch in der Prime Time auf einem hohen Niveau bleibt. Im Ersten Programm der ARD wird eine andere Strategie verfolgt. Hier wird in der Prime Time hauptsächlich der Anteil der nonfiktionalen Sendungen erhöht (von 5 auf 17 Prozent), während fiktionale Programmangebote mit 39 Prozent etwa auf dem gleichen Niveau wie im gesamten Tagesdurchschnitt (40 Prozent) bleiben. RTL verfolgt in dieser Hinsicht eine ähnliche Strategie. Der Anteil fiktionaler Sendungen bleibt konstant bei 28 Prozent. Vom Rückgang der Fernsehpublizistik von 44 auf 35 Prozent in der Prime Time profitieren vor allem nonfiktionale Unterhaltungsangebote mit einer Steigerung von 9 auf 15 Prozent. VOX verhält sich im Hinblick auf den Stellenwert der nonfiktionalen Unterhaltung in der Prime Time noch konsequenter als ARD/Das Erste und RTL. Der Anteil dieses Bereichs steigt von 7 auf 27 Prozent so stark, dass er sowohl zulasten der Fernsehpublizistik (Rückgang von 35 auf 27 Prozent) als auch der fiktionalen Unterhaltungssendungen (Rückgang von 40 auf 28 Prozent) geht. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 48 Zwei Programme vergrößern in der Prime Time den Umfang der fernsehpublizistischen Programmgenres. Bei RTL II steigt er von 18 auf 25 Prozent, bei kabel eins von 25 auf 34 Prozent. Fiktionale Programme werden dafür in beiden Programmen in der Hauptsendezeit um einiges reduziert. Bezogen auf den Umfang der Fernsehpublizistik geschieht bei Sat.1 und ProSieben am wenigsten. Bei ProSieben bleibt der Anteil mit 22 Prozent in der Prime Time nahezu unverändert (21 Prozent in der Gesamtsendezeit), bei Sat.1 geht er von 23 auf 19 Prozent nur leicht zurück. Mit Ausnahme von RTL II erhöhen tatsächlich alle Programme ihre Anteile für werbliche Sendungen in der Prime Time. Am prägnantesten fällt diese Steigerung – wenn auch auf niedrigem Niveau – bei den öffentlich-rechtlichen Programmen aus, die nach 20 Uhr dem Werbeverbot unterliegen. Im Ersten Programm der ARD steigt der Anteil von 1 auf 4 Prozent, beim ZDF von 1 auf 5 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Sendetag. Die höchsten werblichen Anteile finden sich in der Prime Time bei kabel eins (20 Prozent), Sat.1 und RTL II (jeweils 19 Prozent). 2. Information und Unterhaltung in der Prime Time Die Programmschwerpunkte, die durch die oben beschriebenen Umgewichtungen in der Programmstruktur von den Veranstaltern gesetzt werden, schlagen sich in ganz unterschiedlichen Inhalten und Themenstrukturen nieder (vgl. Tab. 2). Unterhaltungssendungen bilden in allen Programmen die Basis der PrimeTime-Formatierung. Vier Programme strahlen in mehr als der Hälfte der Sendezeit zwischen 18 und 23 Uhr Sendungen aus, die entweder durch Filme und Serien oder Shows und Quizsendungen ein großes Publikum anziehen sollen: ARD/Das Erste, Sat.1 und ProSieben (jeweils 56 Prozent) sowie VOX (55 Prozent) übertreffen die 50-Prozentmarke deutlich. Das ZDF (49 Prozent) und RTL II (50 Prozent) erreichen vergleichbar hohe Werte, lediglich RTL (43 Prozent) und kabel eins (41 Prozent) fallen dagegen etwas ab. Nur das ZDF strahlt in der Prime Time keine Shows oder andere nonfiktionale Unterhaltungssendungen aus. VOX und RTL II führen in diesem Bereich (27 bzw. 22 Prozent), ARD/Das Erste, ProSieben und RTL bilden mit Werten zwischen 15 und 17 Prozent das Mittelfeld. Sat.1 und kabel eins haben zwar ein solches Angebot, sind aber mit 11 bzw. 7 Prozent im nonfiktionalen Programmbereich eher weniger profiliert. Tabelle 2 zeigt, mit welcher Strategie RTL versucht, in der Prime Time über die klassischen Unterhaltungsformate hinaus Zuschauerreichweiten zu generieren. In den fernsehpublizistischen Sendungen der Prime Time finden sich vor allem Themen, die im Begriffssystem der ALM-Programmforschung als Unterhaltungspublizistik bezeichnet werden. Das sind Beiträge zu Human-Touch-Themen, in denen es um Stars und Sternchen, Kriminalität und Katastrophen geht und die bevorzugt in Boulevardmagazinen ihren Sendeplatz finden. Bei RTL liegt der Anteil für solche Themen in der Prime Time bei 18 Prozent und ist damit weit höher als bei den Mitbewerbern, die auf Werte zwischen 1 (ARD/Das Erste) und maximal 7 Prozent PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 49 (RTL II) kommen. Rechnet man diesen Übergangsbereich zwischen Information und Unterhaltung, zu dem in der Studie auch die Sportberichterstattung zählt, zu den klassischen Unterhaltungsformaten hinzu, steigt bei RTL der Unterhaltungsanteil auf 62 Prozent. Er liegt damit auf dem Niveau von ARD/Das Erste (63 Prozent) und Sat.1 (62 Prozent). Das ZDF fällt im Vergleich zu 2006 – vor allem aufgrund fehlender nonfiktionaler Sendungen – mit 57 Prozent auf den sechsten Rang zurück (zusammen mit RTL II und noch hinter VOX und ProSieben). FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION IN DER PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2009 Tab. 2 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) PROGRAMMCHARAKTERISTIK ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 Pro- kabel Sieben eins UNTERHALTUNG 56 49 43 55 50 56 56 41 Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung 39 17 49 - 28 15 28 27 28 22 45 11 39 17 34 7 INFORMATION UND UNTERHALTUNG 7 8 19 4 7 6 2 6 Sportsendungen Sportpublizistik Unterhaltungspublizistik 6 0 1 2 1 5 1 18 4 0 7 0 6 0 2 6 29 33 14 22 16 12 18 26 8 8 8 22 15 10 17 26 21 25 6 - 1 2 1 - INFORMATION Sach-, Lebensweltpublizistik / Service Politische Publizistik / Kontroverse Themen SONSTIGES 4 5 9 4 8 7 8 7 Restliches Programm Programmtrailer etc. 1 3 2 3 2 7 1 3 1 7 1 6 1 7 1 6 WERBUNG, SPONSORING 4 5 15 15 19 19 16 20 100 100 100 100 100 100 100 100 GESAMT Man kann aber auch anders argumentieren. Denn schließlich handelt es sich bei der Thematisierung von Human Touch, Prominenz bzw. Sex and Crime ebenfalls um aktuelle journalistische Berichterstattung, auch wenn sie unter öffentlichkeitstheoretischen Gesichtspunkten für den gesellschaftlichen Willens- und Meinungsbildungsprozess sicher weniger relevant ist. So gesehen erreicht RTL in der Prime Time auf einen Anteil für journalistische Berichterstattung, der mit 33 Prozent dem Niveau der öffentlich-rechtlichen Programme am nächsten kommt (ARD/Das Erste: 36 Prozent, ZDF: 41 Prozent). Aber auch kabel eins bringt es in der Prime Time auf insgesamt 32 Prozent fernsehpublizistischer Thematisierung, wenn man die 6 Pro- PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 50 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008 Abb. 1 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 4% ARD/Das Erste 5% 25% 55% 11% Unterhaltung 43% Fiktionale Unterhaltung 12% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 11% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 0% Unterhaltungspublizistik Information 5% Sach-, Lebensweltpubl./Service 20% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 3% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen). UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008 Abb. 2 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 5% ZDF 5% 47% 32% 11% Unterhaltung 42% Fiktionale Unterhaltung 5% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 8% Sportsendungen 1% Zusätzliche Sportpublizistik 2% Unterhaltungspublizistik Information 14% Sach-, Lebensweltpubl./Service 18% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 3% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen). PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 51 zent für Unterhaltungspublizistik zu den anderen Sachthemenbeiträgen (26 Prozent) hinzuzieht. Im Kernsektor der Prime-Time-Informationsgebung herrschen dann allerdings wieder die altbekannten Themenstrukturen. ARD/Das Erste und ZDF profilieren sich vor allem durch politische bzw. gesellschaftlich-kontroverse Themen (21 bzw. 25 Prozent), während die private Konkurrenz in erster Linie auf Sach- und Lebensweltthemen setzt. Lediglich RTL zeigt mit einem Anteil von 6 Prozent für kontroverse Themen einen erkennbaren politischen Themenschwerpunkt. Bei Sat.1 liegt dieser Wert bei 2 Prozent, bei RTL II und ProSieben bei 1 Prozent der Sendezeit zwischen 18 und 23 Uhr, also bei ca. 3 Minuten. VOX und kabel eins haben sich in der Hauptsendezeit von der politischen Berichterstattung verabschiedet – ein quantifizierbarer Themenanteil war jedenfalls in der Herbststichprobe 2009 nicht identifizierbar. Dafür führt VOX mit 22 Prozent nach kabel eins (26 Prozent) die Rangreihe bei den Sachthemenanteilen in der Prime Time an. ProSieben (17 Prozent) und RTL II (15 Prozent) bilden das Mittelfeld und die öffentlich-rechtlichen Programme belegen zusammen mit RTL mit jeweils 8 Prozent die hinteren Plätze der Sachthemenberichterstattung. 3. Prime-Time-Strategien der Programmfamilien im Jahr 2008 Die Stichproben des Jahres 2008 lassen sich unter Berücksichtigung der tatsächlich im gesamten Kalenderjahr ausgestrahlten Sportsendungen nach den Daten der GfKFernsehforschung zu Jahresdurchschnittswerten verrechnen.5 Diese Möglichkeit soll an dieser Stelle genutzt werden, um die Strategien der zwei öffentlich-rechtlichen Programme und der Programmfamilien der RTL Group und der ProSiebenSat.1 Media-Gruppe einander gegenüberzustellen und zu vergleichen. Die Darstellungen in den Abbildungen 1 bis 4 erlauben eine synchrone Betrachtung der Sendungs- und Beitragsdaten und zeigen auf einen Blick, wie sich die öffentlich-rechtlichen Programme bzw. die privaten Veranstaltergruppen in der Prime Time programmübergreifend positionieren. So ist das Erste Programm der ARD (vgl. Abb. 1) eindeutig stärker auf Unterhaltung in der Prime Time festgelegt (55 Prozent) als das ZDF (47 Prozent, vgl. Abb. 2), was aber – und das zeigte sich ja auch oben für die Daten der aktuellen Stichprobe des Frühjahrs 2009 – in nicht unerheblichem Maße auf die nonfiktionalen Programmelemente zurückzuführen ist. Die Anteile für Filme und Serien sind bei beiden öffentlich-rechtlichen Programmen mit 43 bzw. 42 Prozent etwa gleich hoch. Das ZDF-Programm in der Prime Time ist dagegen informationsorientierter (32 Prozent) als das Erste Programm der ARD (25 Prozent). Dies ist vor allem in höheren Anteilen für die Berichterstattung über Sach- und Lebensweltthemen begründet (14 Prozent vs. 5 Prozent), während in Bezug auf die Politikberichter5 Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem Band, Abschnitt 3.1. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 52 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008 Abb. 3 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 RTL GROUP 18% 6% 50% 13% 13% Unterhaltung 33% Fiktionale Unterhaltung 17% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 0% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 13% Unterhaltungspublizistik Information 11% Sach-, Lebensweltpubl./Service 2% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen). UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008 Abb. 4 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 PROSIEBENSAT.1 MEDIA 17% 7% 52% 18% 6% Unterhaltung 39% Fiktionale Unterhaltung 13% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 1% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 5% Unterhaltungspublizistik Information 17% Sach-, Lebensweltpubl./Service 1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 6% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen). PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 53 stattung nur geringe Unterschiede zwischen ARD/Das Erste und dem ZDF bestehen (20 bzw. 18 Prozent). Systemunterschiede gibt es im Hinblick auf die Unterhaltungsanteile in der Prime Time des Jahres 2008 nicht. Das zeigt ein Blick auf die Kreisdiagramme für die RTL Group (vgl. Abb. 3) und die ProSiebenSat.1 Media-Gruppe (vgl. Abb. 4). 50 bzw. 52 Prozent für fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung liegen genau zwischen den entsprechenden Werten für ARD/Das Erste und ZDF. Strukturelle Unterschiede existieren dagegen in zwei Programmbereichen: Zum einen sind die Werbeanteile bei den privaten Programmen deutlich höher und zum anderen wird dem Informationssektor in beiden Programmfamilien im Vergleich zur öffentlichrechtlichen Konkurrenz erheblich weniger Raum gegeben – insbesondere was die Politikberichterstattung betrifft. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Daten für das Jahr 2008 nicht von denen der aktuellen Stichprobe und in ihrer Grundstruktur auch nicht von denen der Vorjahre. Bei der vergleichenden Betrachtung der Prime-Time-Daten für die beiden privaten Programmfamilien zeigt sich, dass Unterschiede zwischen den einzelnen Programmen zu großen Teilen nivelliert, wenn auch nicht vollständig eingeebnet werden: Die Kreisdiagramme 3 und 4 ähneln sich sehr stark – Unterhaltungsanteile, Werbung und Sponsoring nehmen in den beiden Programmfamilien jeweils etwa zwei Drittel des Prime-Time-Programmkuchens ein und lassen wenig Raum für programmstrukturelle Divergenzen und Profilierungen. Lediglich bei der Zusammensetzung der Unterhaltungssektoren und der Themenauswahl innerhalb der Fernsehpublizistik gibt es noch kleinere Unterschiede zwischen den Programmfamilien. Die RTL Group setzt etwas stärker auf nonfiktionale Unterhaltung (17 Prozent vs. 13 Prozent) und reserviert einen hohen Anteil für Unterhaltungspublizistik in der Prime Time (13 Prozent). Die ProSiebenSat.1 Media-Gruppe sendet mehr fiktionale Unterhaltung (39 Prozent vs. 33 Prozent), weniger Unterhaltungspublizistik (5 Prozent) und bringt dafür mehr Sach- und Lebensweltthemen in der Zeit zwischen 18 und 23 Uhr als die private Konkurrenz (17 vs. 11 Prozent). Vergleichbar dagegen sind beide Konzernfamilien bei der Bedeutungszumessung für Politikberichterstattung in der Prime Time. Sie spielt in beiden Programmfamilien nach wie vor mit 2 bzw. 1 Prozent so gut wie keine Rolle, wenn auch in unterschiedlicher familiärer Komposition. Während in der RTL Group die vergleichsweise höheren Werte von RTL durch eine besonders starke Untergewichtung bei VOX und RTL II nivelliert werden, befinden sich in der ProSiebenSat.1 MediaGruppe alle drei Programme auf einem ähnlich niedrigen Niveau. 4. Programmtrends in der Prime Time Die Anwendung des in seinen Grundzügen unveränderten, zweistufigen Untersuchungsinstrumentariums der ALM-Programmforschung seit 1998 erlaubt es, die Entwicklung der Programm- und Themenstrukturen über die Zeit zu beobachten. Im Folgenden soll dies für den Umfang der Fernsehpublizistik in der Prime Time PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 54 insgesamt und für die Verteilung von Unterhaltungspublizistik, Sach- und Lebensweltthemen sowie Politikberichterstattung in der Prime Time geschehen. Abbildung 5 zeigt zunächst die Entwicklung der Anteilswerte für fernsehpublizistische Sendungen in der Prime Time. FERNSEHPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009 Abb. 5 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1998 1999 2000 RTL Sat.1 2001 2002 2003 VOX ProSieben 2004 2005 2006 RTL II kabel eins 2007 2008 2009 ARD ZDF 1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung: Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet. Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Programme heute im Vergleich zu den ersten Messungen am Ende der 90er Jahre bezogen auf den reinen Umfang der fernsehpublizistischen Sendungen näher zusammengerückt sind. Lag das Spektrum für solche Programme im Jahr 1998 noch zwischen knapp über 10 Prozent (kabel eins) und mehr als 40 Prozent (ZDF), so hat sich vor allem die Untergrenze innerhalb der letzten fünf Jahre erkennbar nach oben verschoben. Sie wird seit 2005 (mit einer Ausnahme im Jahr 2008: RTL II) durchgehend von Sat.1 markiert und liegt über der 15-Prozentmarke. Das liegt vornehmlich an der Programmentwicklung von kabel eins. Nachdem das Programm am Anfang des neuen Jahrtausends zunächst unter 10 Prozent lag, haben fernsehpublizistische Sendungen inzwischen einen Anteil von mehr als 30 Prozent an der Sendezeit zwischen 18 und 23 Uhr. Bei VOX, das im gleichen Zeitraum mit Werten von über 35 Prozent zwischen 2004 und 2007 ähnliche Steigerungsraten für Fernsehpublizistik aufweist, zeigt sich dagegen seit 2008 ein Abwärtstrend, der sich mit der aktuellen Stichprobe weiter fortsetzt. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 55 Das ZDF markiert nach den Daten des Frühjahrs 2009 mit mehr als 40 Prozent nun wieder die Obergrenze des fernsehpublizistischen Spektrums in der Prime Time – nachdem es in diesem Bereich zwischenzeitlich unter 35 Prozent gesunken war. Insgesamt zeigen die vier Programme, die besonders erfolgreich um Zuschauermarktanteile kämpfen, die größte Konstanz bei der Platzierung fernsehpublizistischer Formate in der Prime Time. RTL hat dabei schon seit dem Jahr 2005 den zweiten Platz mit mehr als 30 Prozent fernsehpublizistischer Prime-Time-Sendezeit inne, gefolgt vom Ersten Programm der ARD, dessen Anteilswerte um die 30 Prozent schwanken, und Sat.1, das seit 2002 konstant zwischen 15 und 20 Prozent liegt, damit allerdings deutlich hinter ProSieben und – wie oben beschrieben – seit 2004 auch hinter kabel eins liegt. Konzentrationsbestrebungen sind auch für die unterhaltungspublizistischen Themen innerhalb der Prime Time erkennbar (vgl. Abb. 6) UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009 Abb. 6 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 35 30 25 20 15 10 5 0 1998 1999 2000 RTL Sat.1 2001 2002 2003 VOX ProSieben 2004 2005 2006 RTL II kabel eins 2007 2008 2009 ARD ZDF 1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung: Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet. RTL nimmt in diesem Themensegment nach wie vor eine Sonderstellung ein und hat seit 2007 den Anteil unterhaltungspublizistischer Themen weiter in Richtung der 20-Prozentmarke gesteigert. Alle anderen Programme bewegen sich nach den Daten des Jahres 2008 und der aktuellen Stichprobe aus dem Frühjahr 2009 im Bereich zwischen 0 und 10 Prozent der Prime-Time-Sendezeit. Der zweite Rang wechselt in dieser Kategorie regelmäßig zwischen den Programmen Sat.1 (1999, 2000), RTL II (2003, 2006) und VOX (2004, 2008). Insgesamt jedoch kann man im Hinblick auf Human-Touch-Berichterstattung über Stars und Sternchen, Schicksale und Kriminalität wohl mit Recht von einer Zweiklassengesellschaft sprechen – hier hat RTL PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 56 tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal für die Profilierung des Programms in der Prime Time. Ein ganz anderes Bild zeigt sich in dem Themensegment, das man im weitesten Sinne als unpolitische, auf gesellschaftliche Subsysteme oder die private Lebenswelt bezogene Sachpublizistik bezeichnen kann (vgl. Abb. 7). SACH- UND LEBENSWELTPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009 Abb. 7 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 35 30 25 20 15 10 5 0 1998 1999 2000 RTL Sat.1 2001 2002 2003 VOX ProSieben 2004 2005 2006 RTL II kabel eins 2007 2008 2009 ARD ZDF 1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung: Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet. Die Berichterstattung über Sach- und Lebensweltthemen ist zwischen 2003 und 2008 in allen Programmen erheblich ausgeweitet worden. Dieser Befund geht zwar in erster Linie auf VOX zurück, trifft aber auch auf kabel eins zu, das im Jahr 2008 sogar VOX mit Anteilswerten von über 25 Prozent hinter sich gelassen hat, und stimmt auch für ProSieben, das nach einem Sprung im Jahr 2004 konstant über oder auf der 15-Prozentmarke in der Prime Time liegt. VOX, der langjährige Spitzenreiter in dieser Gruppe, hat den Zenit der Jahre 2006 und 2007 (30 Prozent) überschritten, die Spitzenposition abgegeben und sich nun knapp oberhalb von 20 Prozent stabilisiert. Gegenläufige Entwicklungen kann man für das ZDF und RTL II konstatieren. Während für das ZDF nach relativ konstanten Werten um 15 Prozent zwischen 2004 und 2007 ab 2008 ein Abwärtstrend sichtbar wird, hat RTL II nach einem Abfall zwischen 2006 und 2008 den Anteil der Sach- und Lebensweltpublizistik in der aktuellen Stichprobe wieder deutlich gesteigert. Am wenigsten Bewegung – man könnte auch sagen die größte Stabilität – zeigt sich bei der Behandlung politischer und kontroverser Themen in der Prime Time (vgl. Abb. 8). PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 57 Das politische Informationsangebot der öffentlich-rechtlichen Programme ist vergleichsweise geringen Schwankungen unterworfen. Die Programme von ARD/Das Erste und ZDF folgen dabei parallelen Trends. Nach einem Rückgang der politischen Publizistik in den Jahren 2003 bis 2006 erhöhten beide Programme den Anteil der kontroversen Themen wieder auf über 20 (ARD/Das Erste) bzw. 25 Prozent (ZDF). Dabei hat das ZDF das Erste Programm der ARD erstmals seit 2004 vom Spitzenplatz der politischen Thematisierungsleistung verdrängt. KONTROVERSE THEMEN IN DER PRIME TIME 1998–2009 Abb. 8 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1 35 30 25 20 15 10 5 0 1998 1999 2000 RTL Sat.1 2001 2002 2003 VOX ProSieben 2004 2005 2006 RTL II kabel eins 2007 2008 2009 ARD ZDF 1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung: Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet. Die privaten Programme bewegen sich im Vergleich dazu auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Wie oben bei der Beschreibung der aktuellen Stichprobe bereits festgestellt, sind Programmangebote zur politischen Information bzw. Willens- und Meinungsbildung nach wie vor die große Schwachstelle der privaten Programme in Deutschland. Und dies gilt in besonderer Weise für die Sendezeit, in der die meisten Zuschauer vor dem Fernseher erreicht werden. Die Werte schwanken für alle Programme mit Ausnahme von RTL zwischen 1 und 2 Prozent. RTL ist tatsächlich das einzige Programm im Set der privaten Anbieter, das sich sowohl zwischen 2000 und 2005 als auch in den letzten Stichproben aus den Jahren 2008 und 2009 von der privaten Konkurrenz abhebt. Vom Kriegsjahr 2003 (Irakkrieg) einmal abgesehen kann man für RTL seit 2007 einen Trend zur Steigerung der Berichterstattung über gesellschaftlich kontroverse, d.h. im weitesten Sinne politische Themen feststellen. Der Anteil ist in der aktuellen Stichprobe sogar über die 5-Prozentmarke gestiegen. PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 58 5. Zusammenfassung Mit Blick auf die Befunde aus dem Jahr 2006 kann man in der Entwicklung bis zum Frühjahr 2009 Stabilität und Veränderung konstatieren. Stabil ist zunächst ganz grundsätzlich der Befund, dass sich die Programme in der Prime Time im Vergleich zu ihrem Gesamtoutput neu ausrichten und stärker gegeneinander profilieren. Im Zuge dieser Profilierung werden inzwischen aber nicht nur bestehende Schwerpunkte ausgebaut, sie werden zum Teil auch zugunsten anderer Programmsegmente wieder aufgegeben. Dabei stehen überwiegend klassische Unterhaltungsformate wie Filme und Serien immer stärker zur Disposition. An der Tradition, besonders die fiktionale Unterhaltung in der Prime Time in den Vordergrund zu stellen, hält vor allem das ZDF fest. Der öffentlich-rechtliche Anbieter setzt verstärkt auf Filme und Serien, um zwischen 18 und 23 Uhr Reichweiten und Marktanteile zu generieren. Der Wert ist mit 49 Prozent exakt auf dem Niveau von 2006 – allerdings haben sich die Abstände zu den privaten Konkurrenten weiter vergrößert, etwa zu kabel eins, das 2006 mit 48 Prozent noch mit dem ZDF gleichauf lag, inzwischen aber mit 34 Prozent doch weitaus weniger Filme und Serien zeigt. RTL profiliert sich dagegen weiter auf dem unterhaltungspublizistischen Sektor. Die Berichterstattung über Sex and Crime sowie über prominente Stars und Sternchen wurde in den vergangenen Jahren weiter ausgeweitet und füllt jetzt fast jede fünfte Sendeminute in der Prime Time. Aber auch der Umfang der politischen Publizistik hat bei RTL zwischen 18 und 23 Uhr zugenommen. In der neuesten Stichprobe wurde mit 6 Prozent – relativ gesehen – ein doppelt so großer Wert wie noch vor drei Jahren gemessen. Kabel eins hat sich hauptsächlich zugunsten der (unpolitischen) Sachpublizistik weiter aus der fiktionalen Unterhaltung in der Prime Time zurückgezogen. Mit 26 Prozent in der Frühjahrsstichprobe 2009 ist der Wert hier deutlich höher als beim bisherigen Spitzenreiter in dieser Kategorie VOX mit 22 Prozent. VOX hat dagegen im Vergleich zur Prime-Time-Analyse von 2006 sein Programm wohl am radikalsten umgewichtet. Die aktuellen Daten weisen einen Anteil von 27 Prozent für nonfiktionale Sendungen aus und damit ein Gleichgewicht zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Sendungen. 2006 war dieser Programmbereich bei VOX praktisch nicht vorhanden. Auch ProSieben versucht sich stärker als bisher auf dem Feld der Shows und Spiele zu profilieren, wenn auch nicht so radikal wie der Konkurrent VOX. Der Anteil für nonfiktionale Programme liegt in der aktuellen Stichprobe mit 17 Prozent doch um einiges höher als vor drei Jahren (12 Prozent). Für Sat.1 muss man an dieser Stelle konstatieren, dass es im Vergleich der acht Programme, die hier beobachtet werden, in der Prime Time am wenigsten profiliert ist. Zwar ist mit 45 Prozent ebenfalls ein eindeutiger Schwerpunkt für fiktionale Programme auszumachen. Der liegt aber gerade da, wo auch die Konkurrenz stark und erfolgreich ist. In allen anderen Programmkategorien bewegt sich das Programm PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME 59 von Sat.1 im unteren Mittelfeld. Insbesondere die fernsehpublizistischen Formate sind im Vergleich zu den Konkurrenten sehr sparsam vertreten. Oder um es mit dem ehemaligen Sat.1-Geschäftsführer Guido Bolten zu sagen: „Wir haben in der Prime Time nur die ‚Akte‘ mit Ulrich Meyer und die ‚24-Stunden-Reportage‘. Das ist zu wenig“.6 Stabilität zeigt sich bei den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen ARD/Das Erste und ZDF bei allen Profilierungsversuchen im Unterhaltungsbereich aber nach wie vor auf dem Feld der politischen Publizistik. Mit 21 bzw. 25 Prozent setzen sie sich immer noch sichtbar von den privaten Programmen ab. Zusammenfassend kann man sicher davon ausgehen, dass die Programmkonkurrenz in der Prime Time die Angebotsprofilierung der Programme weiter in Bewegung hält. Dass sich diese Profilierung nicht mehr nur zwischen fiktionaler und nonfiktionaler Unterhaltung abspielt, sondern sich zunehmend auch auf den fernsehpublizistischen Sektor verlagert, zeigen die aktuellen Daten der ALMProgrammforschung mehr als deutlich. Ob man aber in der aktuellen Stichprobe darüber hinaus auch den Beginn eines Trends zur themenspezifischen Profilierung innerhalb der Fernsehpublizistik jenseits der unpolitischen Sachthemenpublizistik sehen kann, bleibt abzuwarten. Literatur Niggemeier, Stefan: Kerner kommt neu. Comeback auf Sat.1. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Oktober 2009. Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluations- und Machbarkeitsstudie. Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 12). Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem deutschen Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61. Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht 2006, S. 43-59. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66. 6 Zitiert nach Niggemeier, Stefan: Kerner kommt neu. Comeback auf Sat.1. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Oktober 2009. PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 60 Finanzkrise und „Obama-Effekt“ Politische Fernsehpublizistik in den deutschen Fernsehvollprogrammen 2008/2009 Hans-Jürgen Weiß Die Daten der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten belegen nachhaltig, dass die politischen Informationsleistungen der privaten Fernsehvollprogramme weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, die zur Einführung einer dualen Rundfunkordnung in Deutschland geführt haben.1 Die Schwankungen der halbjährlich ermittelten Werte für den quantitativen Umfang der politischen Informationsangebote in diesem Programmtyp sind relativ gering. Seit dem Beginn der Programmanalysen im Jahr 1998 wurde nur in einer einzigen Stichprobenwoche – und das auch nur bei einem einzigen Programm, nämlich RTL – eine Quote für die politische Berichterstattung ermittelt, die über 5 Prozent der täglichen Sendezeit liegt. Die Ursache für diese Ausnahme war offensichtlich: Die Stichprobenwoche im Frühjahr 2003 fiel in die Anfangszeit des Irakkriegs. Von dieser magischen Grenze, die gut eine Stunde Politikberichterstattung pro Programm und Tag bedeuten würde, sind alle privaten Fernsehvollprogramme heute weit entfernt. Die Messlatte, die jedoch von den meisten unterschritten wird, liegt schon seit einiger Zeit eher bei 30 Minuten. In der Langzeitperspektive belegen die Daten der ALM-Studie zur politischen Fernsehberichterstattung in den acht untersuchten Programmen - einen deutlichen Systemabstand zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehvollprogrammen (vgl. Abb. 1), aber auch eine interne Differenz zwischen den beiden Marktführern im privaten Sektor auf der einen und den restlichen privaten Vollprogrammen auf der anderen Seite: Die politische Berichterstattung war bei RTL und Sat.1 in den letzten Jahren stets umfangreicher als bei den übrigen Vollprogrammen der beiden Senderfamilien (vgl. Abb. 2). Die zweite „Regel“ war bis zum Frühjahr 2007 unbestritten. Dann schien sich daran in der Folge von Programmänderungen bei Sat.1 etwas zu ändern. Denn im Frühjahr 2008 hatte das politische Informationsangebot von Sat.1 nur noch einen Umfang von 8 Minuten pro Tag und lag damit näher bei politisch weitgehend abstinenten 1 Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66. PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 61 RTL.2 Programmen wie ProSieben, kabel eins oder RTL II als auf der Ebene von Zwischen der Herbststichprobe 2006 und der Frühjahrsstichprobe 2008 war allerdings bei allen, öffentlich-rechtlichen wie privaten, Programmen ein genereller Rückgang der politischen Fernsehberichterstattung festzustellen. POLITIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN 1998–2009 Abb. 1 (Anteil an der jeweiligen Gesamtsendezeit in Prozent) 30 25 20 15 10 5 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Öffentlich-rechtliche Programme 2006 2007 2008 2009 Private Programme POLITIK IN PRIVATEN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN 1998–2009 Abb. 2 (Anteil an der jeweiligen Gesamtsendezeit in Prozent) 10 8 6 4 2 0 1998 1999 RTL 2 2000 2001 2002 SAT.1 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 VOX, RTL II, ProSieben, kabel eins Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65. PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 62 Da es sich bei der ALM-Studie um eine stichprobenbasierte Programmanalyse handelt, ist es immer schwer zu sagen, inwiefern solche „Entwicklungen“ der jeweiligen Ereignislage zum Zeitpunkt der Stichprobenaufzeichnungen geschuldet sind oder ob die Daten tatsächlich auf eine veränderte Programmpolitik schließen lassen. Auf dieser Datengrundlage von einem Trend zu einer (weiteren) Entpolitisierung der deutschen Fernsehpublizistik zu sprechen, wäre daher ziemlich unvorsichtig gewesen. POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2007–2009 Abb. 3 (Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.) 4:30 4:00 3:30 3:00 2:30 2:00 1:30 1:00 0:30 0:00 Fj. 2007 ARD He. 2007 Fj. 2008 ZDF He. 2008 RTL Fj. 2009 SAT.1 Folgt man den aktuellen Daten der beiden letzten Stichproben der ALM-Studie, müsste man außerdem auch wieder eine gewisse „Revitalisierung“ der politischen Fernsehberichterstattung konstatieren. Das gilt zumindest für die vier Programme mit den größten Marktanteilen auf dem deutschen Zuschauermarkt: ARD/Das Erste und ZDF sowie RTL und Sat.1 (vgl. Abb. 3). In diesem Fall kann man allerdings nachweisen, dass diese Tendenz eher programmexterne Ursachen hat. Hierzu kann auf die Einzelerfassung von Ereignissen und Themen zurückgegriffen werden, die den öffentlichen Diskurs und die Medienberichterstattung in den beiden Stichprobenwochen prägten.3 1. Die Finanzkrise Ein Thema, das seit dem Herbst 2008 die öffentliche Agenda prägt, ist der gesamte Problemkontext der sog. „Finanzkrise“. Wie Abbildung 4 zeigt, ist sie besonders in der Herbststichprobe 2008, aber auch noch nachhaltig in der Frühjahrsstichprobe 2009 ein beherrschendes Thema der Fernsehpublizistik. Sichtbar wird das vor allem 3 Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem Band (besonders Abschnitt 2.3). PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 63 an der Krisenberichterstattung von ARD/Das Erste und ZDF, die Mitte Oktober 2008 einen Umfang von dreieinhalb bis vier Stunden pro Tag hatte und sich auch noch im Frühjahr 2009 im Bereich von ca. zwei Stunden pro Tag bewegte. Die Finanzkrise hinterlässt aber auch deutliche Spuren in der Fernsehpublizistik von RTL und Sat.1 – im Herbst 2008 mit Werten zwischen 20 und 30, im Frühjahr 2009 mit einem Umfang von 12 bis 20 Minuten an einem durchschnittlichen Fernsehtag. BERICHTERSTATTUNG ZUR FINANZKRISE 2008/2009 Abb. 4 (Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.) 4:30 4:00 3:30 3:00 2:30 2:00 1:30 1:00 0:30 0:00 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 Politikberichterstattung He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 ProSieben kabel eins Sonstige Themen Allerdings zeigt Abbildung 4 auch, dass nur ein Teil der Fernsehbeiträge zur Finanzkrise der politischen Berichterstattung zuzurechnen ist. Hinzu kommt vor allem eine im engeren Sinn auf Wirtschaftsfragen bezogene Fernsehpublizistik. Und generell gilt, dass sich die Finanzkrise mit einem breiten Spektrum unterschiedlicher „Themen-Frames“ verknüpfen lässt, bis hin zur Human-Touch-Berichterstattung, und dass diese Möglichkeiten in der Krisenberichterstattung von allen Programmen auch genutzt wurden. Das ist kein Widerspruch zu der Feststellung, dass die Themenstruktur der politischen Fernsehberichterstattung in den beiden genannten Stichproben nachhaltig durch die Finanzkrise geprägt ist (Abb. 5). Vor allem im Herbst 2008, aber auch noch im Frühjahr 2009 ist diese Problematik in allen Fernsehvollprogrammen, die im Rahmen der ALM-Studie kontinuierlich beobachtet werden, ganz eindeutig das Leitthema der politischen Publizistik, ganz unabhängig vom (im Einzelnen ja sehr unterschiedlichen) Gesamtumfang der jeweiligen politischen Berichterstattung. Im Herbst 2008 waren 60 bis 70 Prozent der politischen Publizistik von ARD/Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 auf die Finanzkrise fokussiert, im Frühjahr 2009 waren es immerhin noch zwischen 30 und 40 Prozent. PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 64 POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2008/2009 Abb. 5 (Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.) 4:30 4:00 3:30 3:00 2:30 2:00 1:30 1:00 0:30 0:00 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise He. Fj. 08 09 He. Fj. 08 09 ProSieben kabel eins Sonstige Politikberichterstattung POLITIK IN HAUPTNACHRICHTENSENDUNGEN 2008/2009 Abb. 6 (in Prozent) 100 80 60 40 20 0 Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 ProSieben kabel eins Sonstige Themen Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise Sonstige Politikberichterstattung Sehr deutlich lässt sich das an der Themenstruktur der Hauptnachrichtensendungen4 aufzeigen. Betrachtet man den relativen Anteil der Politikberichterstattung an 4 ARD Tagesschau (täglich 20 Uhr), ZDF heute (täglich 19 Uhr), RTL aktuell und RTL aktuell weekend (täglich 18:45 Uhr), VOX Nachrichten (Mo.–Fr. ca. 24 Uhr), RTL II News (täglich 20 Uhr), Sat.1 PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 65 der Gesamtsendezeit dieser Nachrichtensendungen, sind im Vergleich der letzten drei Stichproben der ALM-Studie in allen Programmen Steigerungen des Politikanteils zu erkennen (vgl. Abb. 6). Der Zuwachs erfolgte kontinuierlich in drei Schritten: vom Frühjahr 2008 über den Herbst 2008 bis zum Frühjahr 2009. Abbildung 6 ist zu entnehmen, dass der Grund dafür zu einem beträchtlichen Anteil im Umfang der Berichterstattung über politische Aspekte der Finanzkrise liegt. Besonders auffallend ist der zum Teil sprunghafte Anstieg der politischen Nachrichtengebung zwischen Herbst 2008 und Frühjahr 2009. Das ist nun allerdings nicht mehr ausschließlich eine Folge der Berichterstattung über das „aktuelle Langzeitthema“ Finanzkrise, sondern eher auf ein singuläres politisches „Spitzenereignis“ mit einem hohen Nachrichtenwert zurückzuführen. 2. Der „Obama-Effekt“ Nahezu zeitgleich zur Aufzeichnung der Frühjahrsstichprobe 2009 der ALM-Studie besuchte der neu gewählte US-amerikanische Präsident Barack Obama Europa, mit Terminen in London (G20-Gipfel), Straßburg (NATO-Gipfel) und Prag (EU/USAGipfel) sowie – aus deutscher Sicht besonders wichtig – mit einem Abstecher nach Baden-Baden. Die Resonanz dieser Reise in den deutschen Medien war gewaltig und spiegelte mit Sicherheit nicht nur den sachpolitischen Kern, sondern auch den „Polit-Prominenz-Charakter“ dieses Ereignisses wider. POLITIK IN HAUPTNACHRICHTENSENDUNGEN 2008/2009 Abb. 7 (in Prozent) 100 80 60 40 20 0 Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 ProSieben kabel eins Sonstige Themen Politikberichterstattung mit Bezug zum US-Wahlkampf Politikberichterstattung mit Bezug zum Obama-Besuch Sonstige Politikberichterstattung Nachrichten (Mo.–Fr./Sa. 20 Uhr, So. bzw. Sa.–So. 18:30 Uhr), ProSieben Newstime (täglich 18 Uhr), kabel eins news (täglich ca. 16 Uhr). PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 66 Interessant ist hier ein Vergleich der Herbststichprobe 2008 und der Frühjahrsstichprobe 2009 (vgl. Abb. 7). Schon im Herbst 2008 war der Präsidentschaftswahlkampf in den USA eines der Topthemen in den deutschen Fernsehnachrichten. Der Obama-Besuch im Frühjahr 2009 in Europa übertraf das dann aber um ein Vielfaches. In den Fernsehvollprogrammen waren in dieser Woche mehr als 10, zum Teil sogar 20 Prozent der Nachrichtensendezeit auf dieses Ereignis fokussiert. Zusammengenommen führten der Obama-Besuch und die Finanzkrise zu einer weiteren Zunahme der politischen Fernsehnachrichten im Frühjahr 2009, obwohl der Anteil der Berichterstattung zur Finanzkrise im Vergleich zum Herbst 2008 etwas zurückging. Das heißt, es waren im Wesentlichen programmexterne Faktoren, die „Nachrichtenlage“, die zu der aktuellen quantitativen Zunahme der politischen Informationsangebote in den deutschen Fernsehvollprogrammen führten. 3. Und Sat.1? Gegenüber dem Tiefpunkt im Frühjahr 2008 hat Sat.1 im Frühjahr 2009 das quantitative Angebot an politischer Information mehr als verdoppelt (vgl. Abb. 8). Die deutlich erkennbare Abhängigkeit der Steigerungsrate von den beiden zuvor beschriebenen Nachrichtenfaktoren begründen jedoch Zweifel an der Beständigkeit dieser Entwicklung. POLITIK BEI SAT.1 UND RTL 2008/2009 Abb. 8 (Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.) 0:45 0:40 0:35 0:30 0:25 0:20 0:15 0:10 0:05 0:00 Fj. 08 He. 08 Sat.1 Fj. 09 Fj. 08 He. 08 Fj. 09 RTL Politikberichterstattung mit Bezug zu Obama-Besuch/US-Wahlkampf Politikberichterstattung mit Bezug zu Finanzkrise und Obama-Besuch/US-Wahlkampf Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise Sonstige Politikberichterstattung Wenn man die Vergleichsperspektive auf den Bereich der privaten Fernsehvollprogramme beschränkt, ist darüber hinaus festzuhalten, dass Sat.1 an den Umfang der politischen Informationsleistung von RTL offensichtlich nicht mehr heranreicht, wie PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“ 67 Abbildung 8 eindrucksvoll zeigt: weder unter den Bedingungen einer „schwachen“ noch unter den Bedingungen einer „starken“ Ereignislage. Die Frage ist eigentlich nur noch, ob Sat.1, wie unter dem Eindruck der Programmänderungen im Jahr 2007 diskutiert, im politischen Informationssektor auf das „Fast-Null-Niveau“ der restlichen privaten Vollprogramme zurückfällt oder sich auf einem „Ein-Prozent-Niveau“ zwischen diesen Programmen und dem „Drei-Prozent-Niveau“ von RTL positioniert (vgl. dazu noch einmal Abb. 2). Eine indirekte Antwort auf diese Frage findet sich in einem Zeitungsinterview des Vorstandsvorsitzenden der ProSiebenSat.1 Media AG, Thomas Ebeling, in dem er Fernsehnachrichten als ein „Zuschussgeschäft“ bezeichnet.5 Sie wären „vielleicht für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern“. Trotz der pauschalen Zusicherung, dass es „natürlich auch künftig Nachrichten bei Sat.1, ProSieben und kabel eins“ geben werde, lässt dies kaum ein besonderes Engagement der ProSiebenSat.1 Media AG für das politische Informationsprofil von Sat.1 erwarten. Literatur „Nachrichten sind für uns ein Zuschussgeschäft“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27. November 2009. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65. 5 Vgl. „Nachrichten sind für uns ein Zuschussgeschäft“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27. November 2009. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 68 Nachgesehen: Kinderfernsehen in Fernsehvollprogrammen Hans-Jürgen Weiß In seinem Beitrag im Abschnitt „Streitpunkte – Standpunkte“ in diesem Programmbericht schreibt Dieter Czaja, der Jugendschutzbeauftragte von RTL, die öffentlichrechtlichen und privaten Fernsehprogramme hätten seit den 90er Jahren „die Programmschienen mit täglichen und wöchentlichen Kindersendungen durch Angebote für ein erwachsenes Publikum ersetzt“.1 Für die Seite der privaten Programme rechtfertigt er diese Entwicklung als „ökonomische Notwendigkeit [und] Chance für den Ausbau des Angebots für Kinder in eigenen Kanälen wie Super RTL“. Die öffentlich-rechtliche Seite wird dagegen kritisiert. Die Auslagerung der allermeisten Kindersendungen der ARD und des ZDF in den KI.KA sei eine „gesellschaftspolitische Fehlentwicklung und hätte von den Gremien nicht so hingenommen werden dürfen“. Stimmt es wirklich, dass das Kinderfernsehen seit den 1990er Jahren aus den öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehvollprogrammen verschwunden ist? Blickt man in die Daten der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten (im Folgenden kurz: „ALM-Studie“), kann man diese Behauptung empirisch überprüfen. 1. Hintergrund Das Erste Programm der ARD und das ZDF gingen in den 1950er und 1960er Jahren auf Sendung, als es den rundfunkrechtlichen Begriff „Fernsehvollprogramm“ noch gar nicht gab. Nach der Einführung des privaten Rundfunks in Deutschland folgten zwischen 1989 und 1993 jeweils drei private Fernsehvollprogramme der RTL Group (RTL, RTL II und VOX) und der ehemaligen Kirch-Gruppe, der heutigen ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, ProSieben und kabel eins2). Mit einem gemeinsamen Marktanteil von 68 Prozent werden diese acht Programme auch heute noch auf dem deutschen Zuschauermarkt stark nachgefragt.3 Die Zeit der Kinderkanäle begann in Deutschland Mitte der 1990er Jahre. Zunächst gingen 1995 mit Super RTL und Nickelodeon Deutschland zwei private 1 2 3 Vgl. dazu und zu den folgenden Zitaten von Dieter Czaja den Beitrag „Mehr Kinder in die Fernsehprogramme!“ in diesem Band. kabel eins wurde allerdings erst im Jahr 1997 vom Spartenprogramm für Unterhaltung zum Vollprogramm umlizenziert. Vgl. dazu den Beitrag „Jung, digital, verspartet – Fernsehen in Deutschland 2008/2009“ von Bertil Schwotzer in diesem Band. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 69 Spartenprogramme für Kinder auf Sendung. 1997 folgte mit KI.KA ein öffentlichrechtliches, von ARD und ZDF veranstaltetes Kinderprogramm. Nickelodeon Deutschland stellte 1998 den Sendebetrieb ein, 2005 wurde jedoch mit NICK ein Nachfolgekanal gestartet. Parallel zur Etablierung frei empfangbarer Kinderkanäle wurden auch im deutschen Bezahlfernsehen Spartenprogramme für Kinder eingerichtet. Den Anfang machte 1996 die Kirch-Gruppe mit den Programmen k-toon und Junior im Programmbouquet von DF1. Und NICK jr., ein seit 2009 abonnierbares Programmangebot für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren, ist sicher nicht der letzte Kinderkanal im deutschen Pay-TV. Am erfolgreichsten auf dem deutschen Fernsehmarkt ist Super RTL. Bei den Fernsehzuschauern ab 3 Jahren hatte dieser Spartenkanal 2009 einen Marktanteil von 2,5 Prozent. KI.KA liegt mit 1,4 Prozent in der Mitte, NICK mit 0,9 Prozent am Ende.4 Diese Werte kommen an die Marktanteile der erfolgreichsten Vollprogramme nicht heran. Sie erreichen damit jedoch die Marktanteile der Nachrichten- und Sportkanäle im deutschen Fernsehen, zum Teil liegen sie sogar darüber. 2. „Kinder“-Fernsehen Bei Aussagen zum quantitativen Umfang der Programmangebote für Kinder in Fernsehvollprogrammen hat man zunächst das methodische Problem, dieses Programmangebot gegenüber anderen abzugrenzen. „Kinder“-Fernsehen ist ja eine Zielgruppen- und keine Form- oder Inhaltskategorie. Bei Spartenprogrammen ist das einfacher: Hier ist „Kinder“-Fernsehen das, was Kindern angeboten wird. Folgt man einer neueren Studie von Krüger, dominieren dabei fiktional unterhaltende Programmsparten (KI.KA: 74 Prozent; Super RTL und NICK: über 90 Prozent), die vorwiegend in animierter Form, d.h. vor allem im Rahmen von Zeichentrickserien erzählt werden (KI.KA: knapp 60, NICK: 70 und Super RTL: 80 Prozent).5 Pädagogisch intendierte Programmangebote sind – quantitativ betrachtet – ebenso wie die kinderspezifische Vermittlung von Information und Wissen eher Randerscheinungen dieses Programmtyps.6 Die Vermutung liegt nahe, dass es bei den Sendungen für Kinder in Fernsehvollprogrammen nicht viel anders ist. Zur Eingrenzung der entsprechenden Programmangebote ist dies allerdings nicht besonders hilfreich. Zwar ist ein großer Teil der Kinderprogramme in zusammenhängende „Kinderprogrammflächen“ eingebettet. Die explizite Kennzeichnung dieser Programmflächen durch die Veranstalter und auch die Übernahme dieser Angaben durch Programmzeitschriften ist aber lückenhaft und daher für sich allein genommen auch kein verlässlicher Indikator für 4 5 6 Tagesdurchschnittswerte der Arbeitsgemeinschaft für Fernsehforschung (AGF) für 2009 (http://www. agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [21.1.2010]). Bei den 3- bis 13-Jährigen hatte Super RTL 2009 einen Marktanteil von 21,3 und KI.KA von 15,5 Prozent (vgl. Tendenz, Heft 4/2009, S. 27). Vgl. Krüger, Udo-Michael (2009): Zwischen Spaß und Anspruch: Kinderprogramme im deutschen Fernsehen. In: Media Perspektiven, Heft 8, S. 413-431. Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Kinderkanälen betreffen primär diesen Bereich, sie beginnen erst jenseits einer gemeinsamen „Kinderunterhaltungsphilosophie“. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 70 Kindersendungen. Im Rahmen der ALM-Studie wird daher eine aufwendige Programmabfrage mit insgesamt acht Variablen durchgeführt, um spezifische Fernsehangebote für Kinder vom restlichen Programm abzugrenzen.7 3. Programmentwicklungen Zieht man zusätzlich zur ALM-Studie eine Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) heran, die 1992/93 durchgeführt wurde,8 kann man die These von Dieter Czaja zunächst in Bezug auf die vier erfolgreichsten Vollprogramme auf dem deutschen Zuschauermarkt – ARD/Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 – einem „Vorher-Nachher-Test“ unterziehen. Dabei werden die LfM-Daten aus dem Frühjahr 1993 mit den Ergebnissen der ALM-Studie zum Frühjahr 1998 und Frühjahr 2009 verglichen (vgl. Abb. 1). KINDERSENDUNGEN IN VOLLPROGRAMMEN 1993–2009 Abb. 1 (Sendezeit pro Wochentag in Std.:Min.)1 2:30 2:00 1:30 1:00 0:30 0:00 93 98 09 ARD/Das Erste 93 98 ZDF 09 93 98 RTL 09 93 98 09 Sat.1 1 Jeweils eine Stichprobenwoche im Frühjahr; Quelle der Werte für 1993: Weiß/Trebbe 1994. Im Frühjahr 1993, in der Zeit vor den Kinderkanälen, strahlten ARD/Das Erste, ZDF und RTL im Wochendurchschnitt ca. 2 Stunden pro Tag Sendungen für Kinder aus; Sat.1 kam in etwa auf 1 Stunde. Im Frühjahr 1998, kurz nach der Etablierung von Spartenprogrammen für Kinder, ging das Volumen der Kindersendungen bei allen Programmen zurück. Es blieb jedoch bei ARD/Das Erste, ZDF und RTL auf einem relativ hohen Niveau (ca. 100 Minuten täglich). Bei Sat.1 waren es nur noch 20 Minuten. 7 8 Vgl. dazu das Codebuch in Abschnitt 4.5 des Stichprobenberichts Frühjahr 2009 (http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung). Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15). PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 71 Elf Jahre später, im Frühjahr 2009, kann man bei den privaten Marktführern einen „de-facto-Abschied“ vom Kinderfernsehen feststellen. Bei Sat.1 sind Kindersendungen nicht mehr fester Bestandteil des Programms und RTL hat sie auf weniger als eine halbe Stunde im Tagesdurchschnitt reduziert. Bei den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen entwickelte sich das Kinderfernsehen nach 1998 unterschiedlich. Beim ZDF wurde das Programmangebot für Kinder weiter reduziert. Es hat jetzt noch einen durchschnittlichen Umfang von ca. 1 Stunde pro Tag. Im Ersten Programm der ARD hat sich dagegen der Umfang des Kinderprogramms im Vergleich zu 1998 kaum verändert und liegt im Tagesdurchschnitt immer noch bei knapp 2 Stunden. KINDERSENDUNGEN AN WERKTAGEN (MO–FR) 1998–2009 Abb. 2 (Sendezeit pro Werktag in Std.:Min.) 8:00 7:00 6:00 5:00 4:00 3:00 2:00 1:00 0:00 1998 1999 2000 2001 2002 ProSieben 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 RTL II Nun führt die Zeitperspektive eines „durchschnittlichen Wochentags“ bei der Beschreibung des Umfangs von Kindersendungen in Fernsehvollprogrammen allerdings etwas in die Irre. Im bisherigen Beobachtungszeitraum der ALM-Studie zwischen 1998 und 2009 strahlte nur RTL II durchgängig ein Werktagsprogramm für Kinder aus (vgl. Abb. 2). Es hatte bis 2002 mit 5–6 Stunden pro Werktag einen beträchtlichen Umfang, wurde jedoch ab 2003 kontinuierlich auf nunmehr ca. zweieinhalb Stunden pro Werktag zurückgeführt. Alle übrigen Vollprogramme konzentrierten sich, sofern sie überhaupt spezifische Sendungen für Kinder anboten, auf die beiden Wochenendtage und hier vor allem auf die Morgenstunden. So haben heutzutage Kinder samstags und sonntags in den Morgenstunden zwischen 7 und 9 Uhr die Qual der Wahl, wenn sie fernsehen wollen. Zusätzlich zu den drei Kinderkanälen bieten ihnen das Erste Programm der ARD, das ZDF und kabel eins ein Kinderprogramm an (vgl. Abb. 3). Im Fall des Ersten Programms der ARD erstreckt es sich an beiden Wochenendtagen über sechseinhalb Stunden, von 5.30 bis 12.00 Uhr. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 72 Abb. 3 PROGRAMMSCHEMA DER KINDERSENDUNGEN AM WOCHENENDE 2009 ARD/Das Erste Sa So ZDF Sa RTL So Sa kabel eins Sa So So 5:00 –6:00 6:00 –7:00 7:00 –8:00 8:00 –9:00 9:00 –10:00 10:00 –11:00 11:00 –12:00 Bei RTL hatte das Wochenendprogramm für Kinder 1998/1999 noch einen Umfang von ca. 6 Stunden pro Tag, seit 2003 liegt es zwischen 1 und 2 Stunden (vgl. Abb. 4). RTL II folgte diesem Trend auf niedrigerem quantitativen Niveau. Seit 2007 werden von RTL II am Wochenende gar keine Kindersendungen mehr ausgestrahlt. KINDERSENDUNGEN IN DEN PROGRAMMEN DER RTL GROUP AM WOCHENENDE 1998–2009 Abb. 4 (Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.) 8:00 7:00 6:00 5:00 4:00 3:00 2:00 1:00 0:00 1998 1999 2000 2001 RTL 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 RTL II In der ProSiebenSat.1 Media AG war ProSieben anfangs der wichtigste Abspielkanal für Kindersendungen. Bis 2001 hatte diese Programmsparte dort an den Wochenendtagen einen Umfang von durchschnittlich 4 Stunden und mehr (vgl. Abb. 5). PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 73 Sat.1 zog anfangs nach, mit einer „Wochenendspitze“ von 3 Stunden pro Wochenendtag im Jahr 2002. Nach 2003 gab es immer weniger Kindersendungen im Wochenendprogramm von Sat.1 und ProSieben: Sie „wanderten“ zu kabel eins, wo sie 2006 Spitzenwerte von über 5 Stunden pro Wochenendtag erreichten. Dann wurden sie allerdings auch bei kabel eins wieder sukzessiv reduziert – auf durchschnittlich ca. dreieinhalb Stunden im Frühjahr 2009. KINDERSENDUNGEN IN DEN PROGRAMMEN DER PROSIEBEN SAT.1 MEDIA AG AM WOCHENENDE 1998–2009 Abb. 5 (Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.) 8:00 7:00 6:00 5:00 4:00 3:00 2:00 1:00 0:00 1998 1999 2000 Sat.1 2001 2002 2003 2004 ProSieben 2005 2006 2007 2008 2009 kabel eins Im Frühjahr 2009 hatte das Kinderprogramm des ZDF am Wochenende einen Umfang von durchschnittlich 4 Stunden täglich – das sind 2 Stunden weniger als 1998 (vgl. Abb. 6). Im Ersten Programm der ARD dagegen blieb der Umfang der Kindersendungen am Wochenende seit 1998 stets oberhalb von 6 Stunden pro Tag. Das heißt, dass die beiden öffentlich-rechtlichen Veranstalter des KI.KA hinsichtlich der Ausstrahlung von Kindersendungen in ihren eigenen Programmen unterschiedliche Wege gegangen sind. Während das ZDF sein Kinderprogramm zwischen 1998 und 2009 um ca. ein Drittel gekürzt hat, hat es sich im Ersten Programm der ARD quantitativ kaum verändert.9 Und während das ZDF inzwischen weitgehend auf Informations- und Infotainmentangebote für Kinder verzichtet, haben diese Programmangebote beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten mit sechseinhalb Stunden pro Woche einen 9 Zieht man allerdings Daten von Programmanalysen vor dem Jahr 1993 heran, sieht man, dass der Umfang der Sendungen für Kinder im Ersten Programm der ARD offensichtlich Anfang der 1990er Jahre stark reduziert wurde: von durchschnittlich mehr als 4 Stunden pro Wochentag im Jahr 1990 auf ca. 2 Stunden pro Wochentag im Jahr 1993. Vgl. Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten privater Fernsehprogramme in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr 1990. Düsseldorf, sowie Weiß/Trebbe 1994. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 74 beachtlichen Umfang (vgl. Tab. 1). Vor allem mit diesen Programmangeboten hat das Erste Programm der ARD in der Konkurrenz der privaten und öffentlichrechtlichen Vollprogramme um die Zielgruppe der Kinder de facto einen „Alleinstellungsanspruch“. Nur hier ist der Anteil der Informations- und Infotainmentangebote am Kinderprogramm größer als der Umfang der Unterhaltungsangebote für Kinder. KINDERSENDUNGEN IN ARD/DAS ERSTE UND ZDF AM WOCHENENDE 1998–2009 Abb. 6 (Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.) 8:00 7:00 6:00 5:00 4:00 3:00 2:00 1:00 0:00 1998 1999 2000 2001 2002 ARD/Das Erste 4. 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 ZDF Zusammenfassung Die erfolgreiche Etablierung von Kinderspartenkanälen im deutschen Fernsehen hat den Stellenwert der Kindersendungen in den Fernsehvollprogrammen verändert. Von einem „Verschwinden des Kinderfernsehens“ aus den Fernsehvollprogrammen kann jedoch weder im privaten und schon gar nicht im öffentlich-rechtlichen Sektor die Rede sein. Richtig ist, dass Kindersendungen bei drei der sechs privaten Fernsehvollprogramme nicht bzw. nicht mehr zum festen Bestandteil des Programmschemas zählen. Das gilt für Sat.1, ProSieben und VOX. Auch RTL hat sich weitgehend aus dem Kinderfernsehen zurückgezogen; es hat dort nur noch einen Umfang von ca. 3 Stunden pro Woche. Andererseits gibt es zwei private Vollprogramme, in denen Programmangebote für Kinder immer noch einen klar profilierten Stellenwert haben. Das gilt für die werktags ausgestrahlten Sendungen von RTL II mit einem wöchentlichen Umfang von zwölfeinhalb Stunden und für das Wochenendprogramm von kabel eins, das 7 Stunden pro Woche umfasst. Beiden Kanälen ist gemeinsam, dass sie vor allem Zeichentrickserien ausstrahlen. PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN 75 PROGRAMMGATTUNGEN DER KINDERSENDUNGEN 2009 Tab. 1 (Sendezeit pro Woche in Std.:Min.) Zeichentrick, Animation Filme, Serien Nonfiktionale Unterhaltung Information, Infotainment GESAMT ARD ZDF RTL RTL II kabel eins 1:55 2:42 1:23 6:30 4:26 1:09 1:09 0:56 1:09 1:55 - 12:04 0:25 7:00 - 12:30 7:40 3:04 12:29 7:00 Bei den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen sind die unterschiedlichen Programmstrategien von ARD/Das Erste und ZDF ganz offenkundig. Das ZDF hat seine Programmangebote für Kinder nach der Etablierung der Kinderkanäle deutlich zurückgeführt. Die im Frühjahr 2009 verbliebene Sendezeit von siebeneinhalb Sendestunden pro Woche besteht überwiegend aus Unterhaltungsangeboten für Kinder. Genau gegenläufig dazu hat das Erste Programm der ARD den Umfang seines Kinderprogramms von zwölfeinhalb Stunden pro Woche weitgehend beibehalten. Als einziges Vollprogramm setzt es dabei in einem quantitativ „nachhaltigen“ Umfang (im Wochendurchschnitt sechseinhalb Stunden) nicht nur auf Unterhaltung, sondern auch auf Wissensvermittlung und Infotainment für Kinder. Insgesamt gesehen kann man eine kritisch gemeinte Formulierung von Dieter Czaja umkehren: Auch nach der Etablierung von Spartenprogrammen für Kinder ist das Kinderfernsehen in vier der acht erfolgreichsten Fernsehvollprogramme „für Groß und Klein [gut] sichtbar“ geblieben. Dass es zwei private und zwei öffentlichrechtliche Vollprogramme sind, für die das gilt, ist vielleicht ein Zufall. Vielleicht aber auch nicht. Literatur Krüger, Udo-Michael (2009): Zwischen Spaß und Anspruch: Kinderprogramme im deutschen Fernsehen. In: Media Perspektiven, Heft 8, S. 413-431. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15). Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten privater Fernsehprogramme in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr 1990. Düsseldorf. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 76 Diffusion oder Dependenz? Entwicklungen des Fernsehens in Österreich und in der Schweiz und die Programmgestaltung in der Prime Time Jens Woelke und Joachim Trebbe Abhängigkeiten in der Entwicklung nationaler Mediensysteme von Strukturen und Bedingungen benachbarter Medienmärkte sind eine zentrale Forschungsfrage in der Mediensystemforschung.1 Für die TV-Programmforschung in Österreich und in der Schweiz ist diese Perspektive umso interessanter, als beide Länder nicht nur relativ spät eine Dualisierung des Fernsehens vollzogen, sondern aufgrund der Zugehörigkeit zum deutschen bzw. französischen und italienischen Sprachraum unter erheblichem Einfluss von TV-Programmangeboten aus den Nachbarländern stehen.2 Besonders problematisch ist der damit entstehende zusätzliche Konkurrenzdruck für neue Programmanbieter:3 Diese stehen nicht nur in Konkurrenz zu den etablierten, meist öffentlich-rechtlichen Programmanbietern im eigenen Land. Sie erhalten mit ausländischen TV-Veranstaltern auch Wettbewerber, deren allokative Effizienz z.B. durch Rückgriff auf bestehende Infrastrukturen zur Programmproduktion oder durch Nutzung von Synergien beim Programmlizenzerwerb oftmals deutlich günstiger liegt. Der folgende Beitrag versucht nachzuzeichnen, wie sich die nationalen Fernsehsysteme der Schweiz und Österreichs aus Sicht der Mediensystemforschung mit der Dualisierung entwickelt haben und wie neue privat-kommerzielle und etablierte öffentlich-rechtliche Sender mit dieser Situation in der Gestaltung konkreter Programmangebote umgehen. Dazu werden, nach einer Darstellung der Entwicklungstypen von Mediensystemen und einer Skizze der Fernsehsysteme beider Länder, ein Ausschnitt des Fernsehprogramms und seine Entwicklungen von 2007 zu 2009 betrachtet: die Fernsehprogrammangebote in der Prime Time. Als „beste Sendezeit“ 1 2 3 Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In: Medienwissenschaft Schweiz, Jg. 15, Nr. 2, S. 5-11; Kleinsteuber, Hans J. (2002): Mediensysteme in vergleichender Perspektive. Zur Anwendung komparativer Ansätze in der Medienwissenschaft: Probleme und Beispiele. In: Haas, Hannes/Otfried Jarren (Hrsg.): Mediensysteme im Wandel. Struktur, Organisation und Funktion der Massenmedien. Wien, S. 24-45; Thomaß, Barbara (Hrsg.) (2007): Mediensysteme im internationalen Vergleich. Konstanz. Vgl. Trebbe, Joachim/Gergana Baeva/Bertil Schwotzer/Steffen Kolb/Harald Kust (2008): Fernsehprogrammanalyse Schweiz. Methode, Durchführung, Ergebnisse. Zürich/Chur, S. 21; Woelke, Jens (2008): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2007. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2008). Vgl. Trappel, Josef (2001): Fernsehen in Österreich und der Schweiz: Wenig Licht im deutschen Marktschatten. In: Media Perspektiven, Heft 6, S. 306-314. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 77 des Tages (18–23 Uhr) verdeutlicht sie die Angebotsprofile nationaler Fernsehvollprogramme in besonderer Weise und macht Programmausrichtung, Konkurrenzwahrnehmungen, aber auch Einflüsse „einstrahlender“ ausländischer Fernsehprogramme deutlich erkennbar.4 1. Dualisierung des Fernsehens – Entwicklungstypen in der Mediensystemforschung Der Begriff Dualisierung umschreibt den Prozess der Ausdifferenzierung nationaler Fernsehsysteme. Meist ist damit die Erweiterung des bestehenden Spektrums an öffentlich-rechtlichen Programmen um privat-kommerzielle Anbieter gemeint, wie sie sich etwa in Großbritannien schon Mitte der 1950er Jahre vollzog. Hier wurde bereits 1954 das Angebot des öffentlich-rechtlichen Programms BBC one um Programme des privaten ITV-Networks ergänzt, auf das später (ab 1997) private Angebote wie Channel Five folgten.5 Mit dem Begriff Dualisierung umschriebene Entwicklungen lassen sich für die Folgejahre auch in anderen nationalen Medienmärkten beobachten: Deutschland „dualisierte“ das Fernsehen ähnlich wie Großbritannien, indem ab Mitte der 1980er Jahre privat-kommerzielle Fernsehprogramme (wie RTL oder Sat.1) zugelassen wurden, ebenso Frankreich, Italien, Länder in Ost- und Südosteuropa nach den politischen Veränderungen Anfang der 1990er Jahre oder – relativ spät – Österreich und die Schweiz. Wenn Dualisierung im weiteren Sinne die Ausdifferenzierung des Fernsehsystems auf dem Wege zu einem Fernsehmarkt beschreibt, ist damit auch die Vervielfältigung öffentlich-rechtlicher Programmangebote angesprochen, die sich gleichzeitig, in unmittelbarer Folge oder auch vor dem Hinzutreten privater Anbieter vollziehen kann. Als Beispiel hierfür gilt wiederum Großbritannien, dessen Fernsehsystem 1964 um BBC two und 1982 um das zwar kommerziell (durch Werbung) finanzierte, jedoch öffentlich-rechtlich organisierte Programm Channel 4 ergänzt wurde. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich in Österreich, wo die öffentlich-rechtliche Anstalt ORF das bestehende Angebot von zwei TV-Vollprogrammen um das (kommerziell finanzierte) Spartenprogramm TW1 und das (z.T. gebührenfinanzierte) Spartenprogramm ORF Sport plus ergänzte, ebenso wie in Deutschland, wo die öffentlichrechtlichen Anstalten zuletzt mit Einsfestival bzw. ZDFneo eigene Programme für spezielle Zielgruppen gestartet haben. Prozesse der Ausdifferenzierung von Mediensystemen wie dem Fernsehen werden in der Mediensystemforschung über unterschiedliche Entwicklungstypen beschrieben:6 4 5 6 Vgl. dazu auch den Beitrag von Joachim Trebbe zur Programmentwicklung der deutschen Vollprogramme in der Prime Time in diesem Band. Vgl. Humphreys, Peter (2002): Das Mediensystem Großbritanniens. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 330-341. Vgl. Kleinsteuber 2002, S. 27f. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 78 - Als Diffusion wird die Übertragung eines in einem bestimmten Staat entstandenen Modells oder Teilen davon auf andere Länder bezeichnet, wobei die anfängliche Suche nach Konkordanzen (wie ähnlich sind sich z.B. die öffentlichrechtlichen Programmangebote von Land A und Land B?) in späteren Phasen des Vergleichs in eine Differenzbeobachtung (inwiefern unterscheiden sich z.B. private Programme in Land A und Land B?) übergehen kann. Meist laufen Entwicklungen der Fernsehsysteme in einzelnen Ländern nicht zeitgleich ab, auch wenn sie sich inhaltlich ähneln. Diese „Konkordanz in zeitlicher Abfolge“7 findet im Entwicklungstyp Temporanz Berücksichtigung. Gelegentlich stehen nationale Fernsehsysteme jedoch vor der Situation, sich ohne Existenz inländischer Wettbewerber aufgrund äußerer Einflüsse entwickeln zu müssen. Eine Abhängigkeit in der Entwicklung eines nationalen Fernsehsystems von den Strukturbedingungen und Angeboten anderer nationaler Mediensysteme lässt sich mit dem Entwicklungstyp Dependenz beschreiben. Dieser scheint für die hier vorliegenden Untersuchungsfälle Österreich und Schweiz evident zu sein. - Bevor mit der Betrachtung der Prime-Time-Angebote der für die Schweiz und Österreich zentralen TV-Vollprogramme eine Antwort auf die Frage versucht werden soll, ob sich Fernsehen in Österreich und in der Schweiz eher durch Übernahme bestehender (Programm-)Modelle zeitgleich bzw. zeitversetzt oder eher in Dependenz zu anderen nationalen Fernsehprogrammen entwickelt hat, sollen Anbieterstrukturen, Programmnutzung und die Konkurrenzkonstellationen in beiden Ländern rekapituliert werden. 2. Fernsehen in Österreich und in der Schweiz – Reminder Neben erheblichen Unterschieden – die Schweiz ist sprachlich bedingt durch eine Segmentierung der Anbieter nach Landesteilen gekennzeichnet, weshalb bisweilen auch von drei getrennten Fernsehmärkten die Rede ist,8 während die Bundesländer in Österreich in den (öffentlich-rechtlichen) landesweiten TV-Vollprogrammen zwar durch Landesstudios und Regionalfenster vertreten sind, aber keine eigenen TVProgramme anbieten – weisen die Fernsehsysteme Österreichs und der Schweiz auch Ähnlichkeiten auf: In beiden Ländern etablierten sich privat-kommerzielle TVAnbieter relativ spät,9 sodass die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht nur lange Zeit die einzigen inländischen TV-Anbieter waren, sondern heute noch die reichwei7 8 9 Kleinsteuber 2002, S. 28. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21. In Österreich wurden private Regionalsender wie Salzburg TV nach Erlass des Privatfernsehgesetzes 2002 erstmals (legal) terrestrisch ausgestrahlt und mit ATVplus ab 2003 das erste privat-kommerzielle TV-Programm landeweit verbreitet. Nachdem die erst 1998 bzw. 1999 gestarteten nationalen privaten TV-Sender Tele24 bzw. TV3 im Herbst 2001 aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben wurden, ist konzessioniertes Privatfernsehen in der Schweiz heute weitgehend nur auf regionaler bzw. subregionaler Ebene zu finden. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 79 tenstärksten Programme stellen, obwohl sie schon einige Zeit vorher, insbesondere mit der Dualisierung des Fernsehens in Italien, Frankreich oder Deutschland, in ein Konkurrenzverhältnis zu einstrahlenden ausländischen TV-Programmen geraten waren.10 2.1 Anbieterstruktur In der Schweiz war und ist Fernsehen mit dem Begriff öffentlich-konzessioniertes Fernsehen verbunden. Träger ist die SRG SSR idée suisse (SRG), ein gemeinnütziger Verein, der über seine Regionalgesellschaften je Sprachregion zwei, insgesamt also sechs öffentlich-konzessionierte TV-Vollprogramme anbietet:11 SF 1 und SF zwei als Angebote des deutschsprachigen Schweizer Fernsehens, TSR 1 und TSR 2 der Télévision Suisse Romande sowie RSI LA1 und RSI LA2 der Televisione svizzera di lingua italiana. Zusätzlich existiert noch eine vierte Regionalgesellschaft, die für die Produktion der rätoromanischen Fensterprogramme (Radio e Televisiun Rumantscha) verantwortlich ist. Mit TeleBärn, TeleZüri oder TeleBasel finden sich aktuell zwar einige z.T. prominente Beispiele für private TV-Programme – es handelt sich dabei wie bei vielen anderen privaten Programmen der Schweiz jedoch um lokale bzw. subregionale Sender. Von den Mitte bzw. Ende der 1990er Jahre gestarteten sprachregionalen12 TV-Programmen STAR TV, Tele24, TV3 und Swizz wurden zwei Programme, Tele24 und TV3, bereits 2001 aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt. STAR TV ist zwar in den Kabelnetzen der Ballungsraumzentren Zürich, Bern, Basel und St. Gallen vertreten (und damit de facto ein überregionaler Sender) und sendet einen Mix aus Film-, Lifestyle- und Entertainmentangeboten, ist derzeit aber nicht als sprachregionaler Sender konzessioniert.13 Gleiches gilt für das frühere sprachregionale Programm Swizz, das heute unter dem Namen VIVA Schweiz als Spartenprogramm firmiert, für WebTV-Sender mit überregionaler Verbreitung wie 4uTV, das früher regionale Programm TeleOlten sowie Sender, die als Vollprogramm ausgewiesen sind wie Schweiz 5. In den vergangenen Jahren hat es erneut Versuche gegeben, sprachregionale Fernsehprogramme zu etablieren:14 2006 startete mit 3+ ein deutschsprachiges pri10 11 12 13 14 Das Konkurrenzverhältnis verschärfte sich, seit einige private Programme aus Deutschland oder Frankreich (z.B. RTL, Sat.1, M6) eigene Werbefenster, zum Teil sogar eigene Programmfenster (Sat.1 Österreich: „Cafe Puls“, „AustriaNews“; Sat.1 CH: „Super Single“) in ihren in der Schweiz oder Österreich verbreiteten Programmen ausstrahlten bzw. ausstrahlen, die in der Schweiz sogar vom Bund konzessioniert sind und damit den Schweizer Gesetzen unterstehen. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-24. Sprachregionale Programme gelten als Pendants zu den landesweiten TV-Programmen in Österreich oder in anderen einsprachigen Ländern. Vgl. StarTV (2009): Programm. URL: http://www.startv.ch/index.cfm?page=117368&cfid=36257817 &cftoken=70226409 [30.12.2009]. Vgl. Bundesamt für Kommunikation (2009): Sprachregionale Programme. URL: http://www. bakom.ch/themen/radio_tv/marktuebersicht/tv_sprachregional/index.html?lang=de [30.12.2009]. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 80 vates Programm, das über Kabel verbreitet wird und überwiegend Unterhaltungssendungen (Serien, Kaufproduktionen) sowie Teleshoppingsendungen ausstrahlt. Ebenfalls als sprachregionales Programm konzessioniert ist TVM3, ein gleichfalls per Kabel verbreitetes privates Programm in französischer Sprache, das sich jedoch auf Musik spezialisiert hat.15 In Österreich sind die Vorstellungen vom Fernsehen ebenfalls durch einen öffentlich-rechtlichen Anbieter geprägt. Seit 197016 veranstaltet der Österreichische Rundfunk als Stiftung öffentlichen Rechts zwei tägliche, landesweite TVVollprogramme (ORF 1 und 2) in deutscher Sprache, die um regional verbreitete Programmfenster mit fremdsprachigen Angeboten für die durch den Staatsvertrag anerkannten kroatischen und slowenischen Volksgruppen ergänzt sind. Ab 1997 weitete der ORF sein Senderangebot um zwei Spartensender aus: TW1, ein österreichweit per Kabel verbreitetes TV-Programm, liefert Informationsangebote zum Thema Freizeit, Wetter und Tourismus, wird aber kommerziell (durch Werbung) finanziert. Im Rahmen der Gebührenfinanzierung17 sendet der ORF seit Mai 2006 täglich von 20.15 bis 22.45 Uhr sowie samstags und sonntags zusätzlich von 14.00 bis 18.00 Uhr auf der Frequenz von TW1 das Programm ORF Sport plus, das seit 2007 auch eigenständig digital terrestrisch verbreitet wird (in der programmfreien Sendezeit wird auf dem digital terrestrischen Kanal eine Hinweistafel und als Ton der Radiosender Ö3 ausgesendet). Landesweite private Vollprogramme existieren in Österreich mit dem Sendestart von ATV erst seit 2003. In den Jahren 2007 und 2008 kamen die privaten TVProgramme Austria9 (als Vollprogramm lizenziert, jedoch ohne landesweite terrestrische Verbreitung) und PULS 4 (als landesweit verbreitetes TV-Vollprogramm) hinzu. Quasi landesweit verbreitet wird seit Mai 2004 (unverschlüsselt über Satellit und Telekabel Wien) der private Spartensender für Musik GoTV. Neben diesen landesweiten privaten TV-Programmen existieren mit Servus TV, LT1 Linz, ATVAichfeld und anderen weitere Sender, die per DVB-T oder Kabel hauptsächlich lokal oder regional ausgestrahlt werden.18 Vgl. TVM3 (2009): Programme URL: http://www.tvm3.tv/index.php?option=com_content&task= blogcategory&id=16&Itemid=48 [30.12.2009]. 16 Ab 1961 verbreitete der ORF ein zweites Fernsehprogramm, das als sogenanntes technisches Versuchsprogramm allerdings nur an fünf Tagen pro Woche gesendet wurde. Vgl. Medienforschung ORF (2009a): Die österreichische Rundfunk-Chronik. URL: http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm [30.12.2009]. 17 Laut einer Mitteilung des ORF von Ende 2009 ist ORF Sport plus aus der Budgetplanung des ORF für 2010 gestrichen und soll eingestellt werden. Vgl. Sport@orf.at (2009): ORF Sport Plus wird aus Budgetgründen eingestellt. URL: http://sport.orf.at/?href=http%3A%2F%2Fsport.orf.at%2Fticker%2F33 4617.html [30.12.2009]. 18 Vgl. Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (2009): Fernsehveranstalter. URL: http://www.rtr.at /de/rf/Fernsehveranstalter [30.12.2009]. 15 PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 81 2.2 Programmnutzung – Marktanteile der Sender Schweiz.19 Die in der Hauptsache gebührenfinanzierten Programme der SRG haben nicht nur das Bild der Schweizerinnen und Schweizer vom Fernsehen geprägt – sie zählen ungeachtet der Vielzahl der in der Schweiz empfangbaren Programme nach wie vor zu den reichweitenstärksten Programmen in den jeweiligen Sprachregionen:20 In der deutschen Schweiz erreicht SF 1 als stärkstes Programm einen Marktanteil von knapp 24 Prozent, gefolgt von SF zwei mit 9 Prozent. Die restlichen Marktanteile verteilen sich auf mehrere ausländische Sender, wobei keiner deutlich über 7 Prozent liegt. Die ersten Programme TSR 1 und RSI LA1 aus den beiden anderen Sprachregionen spielen in der deutschsprachigen Schweiz kaum eine Rolle. Ähnliches gilt für die privaten Schweizer TV-Programme: Sie erreichen in der deutschen Schweiz zusammen einen Marktanteil von 5 Prozent. Die starke Stellung, die TSR 1 in der französischen Schweiz (Marktanteil 25 Prozent) inne hat, wird hier vor allem von den ausländischen französischen Anbietern TF1 (Marktanteil 15 Prozent), M6 und France 2 (jeweils 9 Prozent Marktanteil) angefochten. Das zweite französischsprachige Programm, TSR 2, kommt an fünfter Stelle liegend auf einen Marktanteil von knapp 7 Prozent. Anderssprachige SRGProgramme wie SF 1 und RSI LA1 (beide mit Marktanteilen unter 1 Prozent) haben in der französischsprachigen Schweiz kaum Relevanz, ebenso wenig wie private Schweizer Anbieter, die in der Romandie auf nur knapp 1 Prozent Marktanteil kommen. Ähnlich wie in der Romandie ist die Situation in der italienischen Schweiz. Auf den Marktführer RSI LA1 (Marktanteil 24 Prozent) folgen mehrere italienische Fernsehprogramme (z.B. Canale5, RAI Uno oder Italia 1), die Marktanteile zwischen 12 und 6 Prozent erreichen. RSI LA2 folgt mit einem Marktanteil von 6 Prozent auf Platz 7. Von den anderen SRG-Programmen erreicht SF 1 noch einen Marktanteil von über 2 Prozent und TSR 1 knapp 1 Prozent. Die privaten Schweizer Programme erreichen hier mit unter 2 Prozent Marktanteil nur wenige Zuschauer. Österreich. Die TV-Programmnutzung in Österreich weist weitgehende Parallelen zur deutschsprachigen Schweiz auf, mit einem Unterschied: Beide öffentlichrechtlichen Vollprogramme, ORF 1 wie ORF 2, erreichen als einzige unter allen hier empfangbaren Sendern Marktanteile im zweistelligen Bereich.21 Bei den Zusehern ab 12 Jahren hat ORF 2 im Jahr 2008 einen Markanteil von 25 Prozent, gefolgt von ORF 1 mit 17 Prozent. Auf den folgenden Plätzen reihen sich, mit deutlichem Abstand zu den beiden ORF-Programmen und ohne (wie in der deutschen Schweiz) im Einzelnen deutlich mehr als 7 Prozent zu erreichen, mit Sat.1 (7 Prozent), RTL (6 Prozent), ProSieben (5 Prozent), ZDF, VOX und dem Ersten Programm der ARD 19 20 21 Die für die Schweiz berichteten Marktanteilswerte der Sender beziehen sich auf das erste Halbjahr 2007. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-24. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-23. Vgl. ORF (2009b): TV-Marktanteile 2008 – Sender im Vergleich. URL: http://mediaresearch.orf.at/ c_fernsehen/console/console.htm?y=3&z=1 [30.12.2009]. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 82 (jeweils 4 Prozent) nur ausländische Programme, bevor auf Platz 9 ein inländisches Programm, der privat-kommerzielle Sender ATV (3 Prozent), folgt. PULS 4, das zweite private TV-Vollprogramm aus Österreich, erreicht bezogen auf die Monate seit dem Sendestart im Januar 2008 einen Jahresmarktanteil von über 1 Prozent – was für beide privaten österreichischen Sender zusammen (wiederum wie in der deutschen Schweiz) einen Markanteil von fast 5 Prozent ergibt. Aufgrund verschiedener Studien lassen sich für die Programmnutzung in Österreich neben der Querschnittsbetrachtung 2008 auch Aussagen über längerfristige Entwicklungen machen, die interessante Schlüsse erlauben, vor allem im Hinblick auf die Konkurrenzkonstellationen.22 Festzustellen ist, dass die beiden ORFProgramme im Vergleich zum Anfang der 1990er Jahre – 1991 hatten ORF 1 und ORF 2 Marktanteile von 33 bzw. 44 Prozent – deutliche Verluste hinnehmen mussten. Die Verluste in den letzten Jahren (Veränderungen 2006 zu 2008: ORF 1 = minus 3 Prozent, ORF 2 = minus 2 Prozent) dürften zwar auch auf die ab 2003 erfolgten Markteintritte inländischer privater TV-Programme (und die Umstellung von analogem auf terrestrisch-digitalen Empfang) zurückgehen. Die deutlichen Marktanteilsverluste gegenüber den 1990er Jahren dagegen sind eher als Folge der zunehmenden Verbreitung von Kabel- und Satellitenanschlüssen zu sehen, die ausländische Programme (vor allem die ab Mitte der 1980er Jahre mit der Dualisierung des Fernsehens in Deutschland sich etablierenden privaten Sender) in die österreichischen Fernsehhaushalte brachten. 2.3 Konkurrenzkonstellationen In der gemeinsamen Betrachtung von Anbieterstrukturen und Marktanteilen der Sender in der Schweiz (erstes Halbjahr 2007) und in Österreich (2008), die um eine längerfristige Betrachtung der Marktanteilsentwicklungen in Österreich (ab 1991) ergänzt werden konnte, werden die unterschiedlichen Konkurrenzkonstellationen der TV-Programme in beiden Ländern deutlich. SF 1 in der Schweiz sowie ORF 2 in Österreich haben jeweils eine Alleinstellung, da sie sich als Programme mit einer hohen Binnenvielfalt und vielen fernsehpublizistischen Angeboten zur Meinungsbildung, Bildung und/oder Beratung klar als öffentlich-rechtliche Angebote positionieren, die auf die Erfüllung eines „Service public“ bzw. eines „Public Value“23 ausgerichtet sind. Ähnliches gilt für die öffentlich-konzessionierten Programme in der italienischen und in der französischen Schweiz, mit einem Unterschied: Während bei den italienischsprachigen Programmen eine Orientierung am „Service public“ besonders bei RSI LA1 erkennbar wird, sind TSR 1 und TSR 2 jeweils Programme mit einer hohen Binnenvielfalt, die sich erst bei genauerer Betrachtung der Format- und Themenschwerpunkte unterschei22 23 Vgl. Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogramme in der Konkurrenz. Programmkonstellationen und Programmstrategien des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich. In: ALM Programmbericht 2007. Berlin, S. 99-118, hier S. 107. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 95; Woelke 2008, S. 70-73. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 83 den.24 Als Folge dieser Alleinstellung ist die Konkurrenzsituation für ORF 2, SF 1 und RSI LA1 günstig. Ihre „Informationskompetenz“, d.h. die Kompetenzen in der Vermittlung von kontroversen sowie von Sach-, Lebenswelt- und Servicethemen aus dem In- und Ausland, die Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen TVProgrammen der benachbarten Länder im Informations- und Unterhaltungsbereich,25 die historische Verankerung und nicht zuletzt die Planungssicherheit durch die Gebührenfinanzierung sind Faktoren, die sich positiv auf die Programmnutzung auswirken. Mit anderen Worten: ORF 2, SF 1 und RSI LA1 sind „die“ Programme in Österreich bzw. in der Schweiz, die ihre derzeit dominante Marktposition auch langfristig erhalten dürften, zumindest sofern die Reichweitenprobleme bei jüngeren Zielgruppen keinen Kohorten- sondern hauptsächlich einen Alterseffekt26 darstellen. Ein Beleg für diese Prognose sind die Marktanteile von ORF 2, die wie die Marktanteile des Informationsprogramms BBC two bei aller Konkurrenz durch „alte“ und „neue“ Sender langfristig recht stabil waren.27 Auch wenn beide öffentlichrechtlichen Programme in der französischen Schweiz, TSR 1 und TSR 2, eine ähnliche Formatierung aufweisen, scheint die Konkurrenzsituation nur für TSR 1 günstig. TSR 2 kommt nach Marktanteilen erst an fünfter Stelle und dürfte vor allem im privaten französischen TF1 einen Konkurrenten haben, der aufgrund seiner früheren Organisationsform als öffentlich-rechtliches Programm noch immer über eine hohe Kompetenz in der Produktion hochwertiger Informations- und Unterhaltungsangebote besitzt. Die für TSR 2 festgestellte starke Konkurrenz durch einstrahlende ausländische TV-Programme gilt auch für die anderen öffentlich-konzessionierten Programme SF zwei, RSI LA2 und ORF 1. Wer als Hauptkonkurrent aufseiten der Sender wahrgenommen wird, lässt sich für SF zwei und ORF 1 anhand der Programmprofile für den Gesamtsendetag rekonstruieren.28 Beide Programme dürften die (eher unterhaltungsorientierten) privaten deutschen Programme als ihre Konkurrenten auffassen, denn sie setzten auch 2009 auf fiktionale Unterhaltungssendungen. Ohne Einrechnung der fiktionalen Unterhaltungssendungen des Kinderprogramms kommt ORF 1 24 25 26 27 28 Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 99. Beispiele für koproduzierte Sendungen 2007: Nano, Überleben in zwei Welten, Siska, Wetten dass, Perù – infanzia negata, Un caso perdue, Erbe der Menschheit, Ein Fall für Zwei, Wege zum Glück. Handelt es sich um einen Alterseffekt, rutschen permanent neue Zuschauer in die Nutzergruppe nach, und zwar mit zunehmendem Alter. Die Reichweitenprobleme bei jüngeren Zielgruppen pflanzen sich dann über Fernsehgenerationen hinweg fort. Anders wäre die Situation im Falle eines Kohorteneffekts. Hier werden die heutigen „Nicht-Nutzer“ aus der jüngeren Zielgruppe auch dann nicht zur Zielgruppe des Programms, wenn sie gemessen an Lebensjahren älter werden. Das bedeutet, das Programm verliert dann kontinuierlich an Reichweite. Vgl. Woelke/Trebbe 2008, S. 104, 107. Vgl. Trebbe, Joachim (2010): Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung in der Schweiz: Die Programme der SRG SSR idée suisse. Zusammenfassender Schlussbericht zur ersten Projektphase 2008/09. URL: http://www.bakom.admin.ch/themen/radio_tv/01153/01156/03236/index.html? lang=de; Woelke, Jens (2010): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2009. Wien. URL: http://www.rtr.at/de/komp/Programmanalyse2009 [30.12.2009]. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 84 in diesem Programmsegment auf zeitliche Anteile von fast 63 Prozent und SF zwei auf fast 40 Prozent an einem durchschnittlichen 24-Stunden-Sendetag. Zur Reichweitenoptimierung setzt vor allem ORF 1 auf die parallele Programmierung, d.h. strahlt Serien wie „Scrubbs“, „90210“ oder „The Mentalist“ ohne die bei privaten Sendern üblichen Werbeunterbrechungen in laufender Sendung dann aus, wenn sie zeitgleich (oder etwas zeitlich versetzt) auch dort zu sehen sind. Im Frühjahr 2009 sind fast 15 Prozent der täglichen ORF 1-Sendezeit so gestaltet, wobei hauptsächlich gegen ProSieben, Sat.1 und VOX parallel programmiert wird. Hinweise auf die Konkurrenzwahrnehmung der Sender gibt zudem das bereits angesprochene Kinderprogramm: Bei SF zwei und ORF 1 finden sich zwar auch eigenproduzierte Shows sowie Informations- und Infotainmentsendungen, wie sie die öffentlich-rechtlichen Pendants in Deutschland, ARD/Das Erste und ZDF, im Wochenendkinderprogramm ausstrahlen. In der Mehrheit besteht das Kinderprogramm jedoch aus fiktionalen Unterhaltungssendungen, d.h. Serien wie „Hannah Montana“ oder „Hotel Zack and Cody“ sowie Zeichentrickfilmen wie „Disneys Kim Possible“, „Tak und die Macht des Juju“ oder „Avatar“, was als Versuch gewertet werden kann, ein Gegengewicht zu den von Disney-Produktionen dominierten (meist aus Serien, Zeichentrick und Animationsformaten bestehenden) Kinderprogrammen der privaten deutschen Sender kabel eins, RTL, RTL II und ProSieben zu schaffen und Marktanteilsverluste in diese Richtung zu verhindern. In diesem konkurrenzgeladenen Spannungsfeld liegen die privaten inländischen Sender der Schweiz und Österreichs quasi wie „der Käse im Sandwich“: Die etablierten, von der Werbefinanzierung unabhängigeren öffentlich-rechtlichen Sender mit hoher Informationskompetenz auf der einen Seite, die privat-kommerziellen ausländischen Sender mit einem großen Vorrat an attraktiven Unterhaltungsprogrammen, Erfahrungen im Programmwettbewerb und z.T. jahrelangen Gewinnen am Werbemarkt auf der anderen Seite, sind die Marktlücken gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie seit 2008 recht eng. Die strategische Antwort der privaten Sender in der Schweiz und in Österreich lässt Parallelen zur Etablierung der privaten Sender der zweiten Generation in Deutschland erkennen: Vollprogramme wie ATV legten den Schwerpunkt auf Unterhaltung, wobei budgetbedingt deutlich weniger Kaufsendungen ausgestrahlt wurden als beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten ORF 1. Unter den zugekauften Unterhaltungsangeboten fanden sich eher ältere Serienklassiker und Spielfilme, die um Serien, Zeichentrick- und Animationssendungen für Kinder ergänzt wurden. Ein weiterer Schwerpunkt in der frühen Phase von ATV waren fiktionale Unterhaltungsshows (vor allem Call-In-Quiz) und die sogenannten Erotikclips, die als Programmüberbrückungen in den Nachtstunden gesendet wurden. Der Umfang fernsehpublizistischer Sendungen (überwiegend Reportagen und Dokumentationen) war fast so gering wie bei ORF 1 und konstituierte sich weitgehend aus Berichten über nichtpolitische Sachthemen sowie Human Touch. Schon wenig später, von 2006 zu 2007, hatte ATV – bei Verdopplung des Anteils fernsehpublizistischer Sendungen, aber nach wie vor Dominanz von Unterhaltungssendun- PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 85 umgebaut.29 gen – sein fiktionales Unterhaltungsangebot deutlich Mit aktuelleren Kinospielfilmen, Serien statt Sitcoms als Träger der fiktionalen Fernsehunterhaltung, weniger Sendezeit für Call-In-Quizshows und weniger langen Programmüberbrückungen in den Nachtstunden überholte der Sender die privaten deutschen Programme der zweiten Generation qualitativ und trat – vom Programmprofil her – eher in Konkurrenz zu den privaten deutschen Programmen ProSieben und Sat.1. Die aktuellen programmlichen Entwicklungen von ATV (vom Frühjahr 2007 zum Frühjahr 2009) lassen sich wie folgt skizzieren:30 mehr Unterhaltungssendungen als fernsehpublizistische Sendungen, weitere Zunahme des Umfangs fiktionaler Unterhaltungssendungen bei Abnahme der nonfiktionalen Unterhaltungssendungen und der Programmüberbrückungen in den Nachtstunden, Wegfall des Kinderprogramms, mehr Sportsendungen und mehr Berichte über Sachthemen bei weniger Human Touch und weniger Beratungsthemen – in summa bezüglich des Programmprofils eine Annäherung sowohl an das öffentlich-rechtliche Programm ORF 1 (bei Unterhaltung und Sport) als auch an das privat-kommerzielle ausländische Programm Sat.1. Das Hinzutreten des in Österreich veranstalteten privaten Vollprogramms PULS 4 Anfang 2008 hat die Konkurrenzsituation weiter verschärft. Der Sender bietet zwar deutlich mehr Informationssendungen (vor allem Magazinsendungen) an als ATV und schiebt sich damit zwischen ORF 2 und ATV bzw. ORF 1, bestreitet diese jedoch fast zur Hälfte mit Human-Touch-Beiträgen, füllt also die Nische „Unterhaltungsinformation“ aus. PULS 4 strahlt zudem kein Kinderprogramm am Vormittag aus, weist einen ähnlich hohen Anteil an fiktionalen Unterhaltungssendungen auf wie ATV und hat dabei über seine Konzernmutter, die deutsche ProSiebenSat.1 Media AG, Zugang zu qualitativ hochwertigen Unterhaltungsangeboten. Zudem verwerten PULS 4, Sat.1 Österreich und Pro7 Austria die Sendungen „Cafe Puls“ und das Nachrichtenmagazin „AustriaNews“ gemeinsam. In der Schweiz zeigt das private Programm TVM3 in der französischsprachigen Schweiz ein Programm mit aktueller Musik, ist also ein Spartenprogramm, allerdings mit aktuellen und Sportnachrichten, Glückwünschen und SMS-Grüßen als Bildleiste im Durchlauf.31 3+ ist ein deutschsprachiges Programm mit Unterhaltungsschwerpunkt (31 Prozent Fiktion, 39 Prozent Non-Fiktion) mit geringen fernsehpublizistischen Programmanteilen (3 Prozent).32 Während das sprachregionale Programm der Romandie also eher in Konkurrenz zu den europäischen Musikkanälen steht, nimmt das einzige private Regionalprogramm der deutschsprachigen Schweiz im Prinzip genau die oben beschriebene Sandwichposition zwischen SF 1 und zwei und einstrahlender privater Konkurrenz aus Deutschland ein – und das schlägt sich in einem konsequent an Unterhaltungsinhalten ausgerichteten Programm nieder.33 29 30 31 32 33 Vgl. Woelke 2008, S. 54, 79. Vgl. Woelke 2010. Vgl. TVM3 2009. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 102f. Differenzierte Aussagen zur Programmentwicklung der zwei sprachregionalen Programme lassen sich PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 86 3. Fernsehprogramme Österreichs und der Schweiz in der Prime Time – Programmentwicklungen 2007 zu 2009 Die Darstellung von Anbieterstrukturen und Programmnutzung hat die Konkurrenzkonstellationen öffentlich-rechtlicher und privat-kommerzieller TV-Programme in der Schweiz und in Österreich deutlich gemacht, die für öffentlich-rechtliche Anbieter im Kern zunächst „nur“ Konkurrenz durch ausländische (private) Anbieter bedeutet, für die privaten Sender jedoch eine doppelte ist: Sie müssen gegenüber den etablierten inländischen öffentlich-rechtlichen Programmen ein eigenständiges Programmprofil entwickeln, sich dabei aber so orientieren, dass sie – egal ob es sich um Tochterunternehmen ausländischer privater Anbieter handelt oder nicht – nicht als austauschbare Dubletten der ausländischen privaten Programme wahrgenommen werden. Wie die jeweiligen Programmanbieter mit dieser Herausforderung umgehen, soll in der folgenden Betrachtung der Entwicklung eines zentralen Programmbereichs, der Prime Time von 2007 zu 2009, aufgezeigt werden. Wegen mangelnder systematischer Vergleichsdaten für in Frankreich und Italien veranstaltete und in der Schweiz empfangbare TV-Programme liegt der Fokus auf Österreich und der deutschsprachigen Schweiz. Schweiz.34 SF 1, das öffentlich-konzessionierte Programm für die deutschsprachige Schweiz, weist in der Prime Time 2007 ein ähnliches Programmprofil auf wie beim 24-Stunden-Sendetag. Dies gilt insbesondere für den Programmbereich Information (37 Prozent in der Prime Time gegenüber 36 Prozent bezogen auf 24 Stunden), wobei sich in der Prime Time der Umfang der Beiträge zu kontroversen Themen (18 Prozent gegenüber 12 Prozent beim 24-Stunden-Sendetag) zulasten der nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und Servicebeiträge erhöht. Nahezu unverändert ist auch der Umfang des Unterhaltungsangebots (29 Prozent in der Prime Time gegenüber 31 Prozent bezogen auf 24 Stunden). Doch auch hier verschiebt sich die interne Differenzierung, nämlich bezüglich fiktionaler (10 Prozent in der Prime Time gegenüber 20 Prozent bezogen auf 24 Stunden) und nonfiktionaler Unterhaltung (19 Prozent in der Prime Time gegenüber 11 Prozent bezogen auf 24 Stunden). Das Plus im zeitlichen Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen in der Prime Time – hier macht sich der Wegfall der Programmüberbrückungen in den Nachtund Morgenstunden bemerkbar – wird offenbar durch einen anderen Programmbereich verursacht: durch höhere Anteile der Unterhaltungspublizistik, insbesondere eine Zunahme beim Anteil der Sportberichterstattung (plus 5 Prozent), bei fast unverändertem zeitlichen Anteil der Human-Touch-Beiträge (plus 2 Prozent). Mit dieser Formatierung kann sich SF 1 offenbar gut gegen die ausländischen TVProgramme durchsetzen, die in der Prime Time den Unterhaltungsanteil zulasten der fernsehpublizistischen Sendezeit erhöhen (ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1) bzw. 34 aus heutiger Sicht (noch) nicht machen. Es liegen – nach der Analyse von 3+ im Rahmen der Pilotstudie zur Fernsehprogrammanalyse Schweiz – zurzeit keine inhaltsanalytischen Daten zu den Programminhalten vor. Vgl. Trebbe u.a. 2008. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 87 nahezu unverändert hoch belassen (ProSieben). Entsprechend stellt sich die Prime Time 2009 in ähnlicher Formatierung dar wie 2007 (vgl. Abb. 1). UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 1 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) SF 1 11% 27% 8% 11% 43% Unterhaltung 6% Fiktionale Unterhaltung 21% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen 1% Zusätzliche Sportpublizistik 10% Unterhaltungspublizistik Information 21% Sach-, Lebensweltpubl./Service 22% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 3% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring Eine etwas andere Strategie verfolgt die SRG bei SF zwei, zumindest wenn man die Stichprobe Frühjahr 2007 betrachtet. Gegenüber dem 24-Stunden-Sendetag35 finden sich in der Prime Time anteilsmäßig weniger Unterhaltungsangebote (jeweils 10 Prozent weniger fiktionale und nonfiktionale Angebote) und mehr Informationsangebote im Bereich der kontroversen (plus 4 Prozent) sowie nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und Servicebeiträge (plus 7 Prozent). Wie bei SF 1 stieg in der Prime Time 2007 dagegen auch der Anteil für Werbung deutlich an (von 4 auf 12 Prozent der jeweiligen Sendezeit). Im Frühjahr 2009 präsentiert sich die Prime Time von SF zwei als auf den ersten Blick sichtlich anders programmiert (vgl. Abb. 2): Die deutliche Zunahme im Anteil des Programmbereichs Unterhaltungspublizistik (bei gleichzeitiger Verringerung im Anteil des Programmbereichs Information von 13 Prozent gegenüber der Prime Time 2007) beruht jedoch nicht auf veränderten Programmstrategien der SRG, sondern ist die Folge von mehr Sportberichterstattung. Wenn Sportereignisse wie die Schweizer Eishockeymeisterschaft, Fussball-WM-Qualifikationsspiele oder Formel-1-Rennen in den Abendstunden stattfinden und live übertragen werden, erhöht sich der Sportanteil nicht nur beim Gesamtsendetag, sondern (sogar etwas deutlicher aufgrund des engeren Zeitfensters in der Programmbeobachtung) auch in der Prime Time. Dass ein so wesentlicher Teil des Fernsehtags tatsächlich mit Unterhaltungsinformationen gefüllt wird, zeigt aber auch, dass die 35 Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 95. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 88 Erwartungen und Zielvorstellungen, welche die SRG mit SF zwei bezüglich „Service public“ verknüpft, andere sind als bei SF 1 (vgl. Abschnitt 2.2). UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 2 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) SF zwei 9% 4% 8% 51% 28% Unterhaltung 51% Fiktionale Unterhaltung - Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 27% Sportsendungen 1% Zusätzliche Sportpublizistik 0% Unterhaltungspublizistik Information 3% Sach-, Lebensweltpubl./Service 5% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 0% Restliches Programm 4% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring Österreich. Deutliche Unterschiede zur Schweiz weist die Programmierung der öffentlich-rechtlichen Sender in Österreich in der Prime Time auf (vgl. Abb. 3). ORF 2, das Programm mit der höchsten Binnenvielfalt und größten Orientierung am „Public Value“, reduziert in der Prime Time den Anteil der Unterhaltungsangebote (2007 und 2009 minus 13 Prozent) erheblich, auch wenn sich wie bei SF 1 die interne Differenzierung ändert (2007: fiktionale Unterhaltung minus 21 Prozent, nonfiktionale Unterhaltung plus 8 Prozent; 2009: fiktionale Unterhaltung minus 20 Prozent, nonfiktionale Unterhaltung plus 7 Prozent). Gleiches gilt für den Programmbereich Information von ORF 2: Sein Anteil ist im Vergleich zum 24-Stunden-Sendetag in der Prime Time um einiges höher (2007 um 12 Prozent, 2009 um 15 Prozent), und zwar durch Erhöhung sowohl des Anteils bei nichtpolitischen Sach-, Lebensweltund Servicebeiträgen (2007: plus 2 Prozent; 2009: plus 5 Prozent) als auch des Anteils bei Berichten über kontroverse Themen (2007: plus 10 Prozent; 2009: plus 11 Prozent). Das deutliche Plus im zeitlichen Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen in der Prime Time wird bei ORF 2 anders als bei SF 1 also nicht durch höhere Anteile von unterhaltungspublizistischen Angeboten erreicht (2007: 12 Prozent bezogen auf 24 Stunden gegenüber 11,5 Prozent in der Prime Time; 2009: 10 Prozent bezogen auf 24 Stunden gegenüber 8 Prozent in der Prime Time).36 36 Vgl. Woelke 2008, S. 76; Woelke 2010. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 89 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 3 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) ORF 2 14% 24% 7% 8% 47% Unterhaltung 12% Fiktionale Unterhaltung 12% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen 2% Zusätzliche Sportpublizistik 6% Unterhaltungspublizistik Information 24% Sach-, Lebensweltpubl./Service 23% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring Größere Ähnlichkeiten zur Schweiz (hier SF zwei) finden sich dagegen, wenn man bei ORF 1 die Veränderungen der Programmprofile vom 24-Stunden-Sendetag zur Prime Time betrachtet. Auch hier findet sich, 2007 wie 2009, eine Verringerung bei den Unterhaltungsangeboten (2007: minus 14 Prozent; 2009: minus 13 Prozent), die hauptsächlich durch geringere Anteile bei fiktionalen Unterhaltungssendungen (2007: minus 17 Prozent; 2009: minus 20 Prozent) erreicht wird. Im Gegenzug steigt, wie bei SF zwei, der Werbungsanteil in der Prime Time an (2007: plus 9 Prozent; 2009: plus 10 Prozent). Anders als bei SF zwei fallen die Unterschiede zwischen dem 24-Stunden-Sendetag und der Prime Time für den Informationsbereich bzw. für den Programmbereich Unterhaltungspublizistik eher marginal aus: In der Prime Time nimmt der Anteil der kontroversen Themenbeiträge 2007 bzw. 2009 um 2 bzw. 1 Prozent zu, der Anteil der nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und Servicebeiträge ist unverändert und der Anteil der Human-Touch-Beiträge 2007 leicht höher, 2009 bleibt er gleich. Im direkten Vergleich sind die Programmprofile der Prime Time 2007 und 2009 (vgl. Abb. 4), abgesehen von den eher kleinen Veränderungen bei Informationsangeboten und bei der Unterhaltungspublizistik, nahezu identisch. Das lässt vermuten, dass ORF 1 in der derzeitigen Angebotsstruktur (viel Unterhaltung, Information in Form von Nachrichten, Sportsendungen, tägliches Kinderprogramm) optimal programmiert ist. Wie reagieren nun die privat-kommerziellen Anbieter in Österreich auf dieses Angebot, zumal sie sich auch noch gegen die deutschen privaten TV-Programme abgrenzen müssten, die in der Prime Time ebenso wie ORF 1 auf qualitativ hochwertige (fiktionale) Unterhaltungsangebote setzen und – bezüglich der Hauptnach- PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 90 richtensendungen – über eine Informationskompetenz verfügen, die wie im Fall Sat.1 Österreich oder Pro7 Austria sogar eigenständige Nachrichten als Österreichfenster umfasst? UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 4 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) ORF 1 13% 6% 4% 4% 73% Unterhaltung 65% Fiktionale Unterhaltung 8% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 3% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 1% Unterhaltungspublizistik Information 2% Sach-, Lebensweltpubl./Service 2% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring ATV versucht eine Profilierung in der Prime Time vor allem durch den Umbau der Unterhaltung. 2007 ist der Anteil der nonfiktionalen Unterhaltung in der Prime Time (minus 8 Prozent) deutlich geringer als beim 24-Stunden-Sendetag (bei nahezu unveränderten Anteilen der fiktionalen Unterhaltung, minus 2 Prozent). 2009 wird in der Prime Time nur noch fiktionale Unterhaltung in Form aktueller Serien und Spielfilme dargeboten (vgl. Abb. 5). Aber auch bei der (landesbezogenen) Information wird zugelegt, wenngleich die Anteilsveränderungen in der Prime Time eher durch mehr Human Touch (2007: plus 10 Prozent; 2009: plus 6 Prozent) und Sport (2007: unverändert; 2009: plus 2 Prozent) bzw. mehr Beiträge über nichtpolitische Sach-, Lebenswelt- und Servicethemen (2007: plus 9 Prozent; 2009: plus 5 Prozent) erreicht werden. Bei unverändert hohem Werbungsanteil sind eine qualitative Aufwertung des Programms in der Prime Time sowie eine Annäherung an die privaten deutschen Programme der ersten Generation und an den direkten Konkurrenten in Österreich ORF 1 (vor allem beim Sport und der Aktualität der Unterhaltungsangebote) unverkennbar. Sich in diesem Umfeld zu behaupten ist schwer, wenn sich keine programmliche Nische findet. PULS 4, Österreichs jüngster privater Sender, hat sie gefunden und macht sie auch in der Prime Time zum Markenzeichen (vgl. Abb. 6): die Unterhaltungspublizistik. Die Berichte über Human-Touch-Themen machen in der Früh- PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 91 jahrsstichprobe 2009 12 Prozent beim 24-Stunden-Sendetag und 14,6 Prozent in der Prime Time aus. Das sind fast 50 Prozent der jeweiligen fernsehpublizistischen SenUNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 5 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) ATV 19% 6% 46% 11% 18% Unterhaltung 46% Fiktionale Unterhaltung - Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 4% Sportsendungen 2% Zusätzliche Sportpublizistik 12% Unterhaltungspublizistik Information 10% Sach-, Lebensweltpubl./Service 1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009 Abb. 6 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent) PULS 4 15% 6% 51% 14% 14% Unterhaltung 51% Fiktionale Unterhaltung 0% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen - Zusätzliche Sportpublizistik 14% Unterhaltungspublizistik Information 9% Sach-, Lebensweltpubl./Service 5% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 4% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 92 dezeit. Zusammen mit den hohen Anteilen bei Unterhaltungssendungen (und zwar fast ausschließlich in Form von fiktionaler Unterhaltung wie Serien und Filmen) sowie einer punktuell expliziten Berichterstattung über Kontroversen (Nachrichtensendungen, aber auch Sondersendungen wie zur Nationalratswahl 2008) weist PULS 4 in der Prime Time ein Programmprofil auf, das dem privaten Programm RTL ähnlicher ist als allen anderen deutschsprachigen Programmen in Österreich. 4. Fazit Die Entwicklung der Anbieterstrukturen im Fernsehsystem der Schweiz und Österreichs unterstreicht den Eindruck einer Konkordanz in zeitlicher Abfolge: Beide Länder haben ähnlich wie das Vorbild Großbritannien Fernsehen in der Organisationsform öffentlich-rechtlicher Anstalten eingeführt, wobei frühzeitig eine Ausdifferenzierung in Form von zwei TV-Vollprogrammen stattfand. Allerdings haben sich private Programme in beiden Ländern – nach Jahren der Alleinstellung der öffentlich-rechtlichen TV-Sender – relativ spät, in Österreich ab 2001, in der Schweiz ab 1995, nach entsprechenden medienrechtlichen Novellen etabliert. Die längerfristige Betrachtung der Programmnutzung in Österreich, die Parallelen in der Programmnutzung zwischen der deutschen Schweiz und Österreich und die großen Ähnlichkeiten die Formatierung der öffentlich-rechtlichen Sender in der deutschen Schweiz betreffend zeigten dann, dass besagte Programme lange vor der Etablierung inländischer privater TV-Sender in eine Konkurrenzsituation gerieten – vor allem in Konkurrenz zu den ab Mitte der 1980er Jahre einstrahlenden privaten deutschen TVProgrammen (in der deutschen Schweiz und in Österreich) sowie, besonders seit der Privatisierung von TF1 im Jahr 1987, zu einstrahlenden privaten Programmen aus Frankreich (in der französischen Schweiz). Die programmlichen Entwicklungen seit dieser Zeit lassen auf eine Dependenz schließen, die noch heute, nach der Etablierung inländischer privat-kommerzieller Anbieter, fortwirkt. Wie die öffentlichrechtlichen und privaten Anbieter speziell in Österreich mit der größeren Konkurrenz gerade in der Gestaltung der Prime Time umgehen werden, bleibt abzuwarten. In jedem Falle scheint die Forderung der Mediensystemforschung,37 dass die Ansätze und Modelle von Medientypen unter dem Blickwinkel einzelner Sektoren ergänzt und präzisiert werden sollten, Bestätigung zu finden. 37 Vgl. Thiele, Martina (2008): Fernsehsystemforschung als Teil der Mediensystemforschung. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 127-144. PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ? 93 Literatur Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In: Medienwissenschaft Schweiz, Jg. 15, Nr. 2, S. 5-11. 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EINZELSTUDIEN PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 95 Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 in den Jahren 2008 und 2009 Ergebnisse der kontinuierlichen Programmanalyse Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard Auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 werden in der Verbreitung über Kabelnetze in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern montags bis freitags im Vorabendprogramm halbstündige, regionale Informationsmagazine gesendet. Diese Regionalfenster entsprechen einer Regelung des Rundfunkstaatsvertrags, der in § 25 die beiden reichweitenstärksten privaten Vollprogramme „im zeitlich und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten zum 1. Juli 2002“1 zu ihrer Ausstrahlung verpflichtet. Die Existenz dieser Sendungen hat für die Hauptprogrammveranstalter konzentrationsrechtlich eine erhebliche Bedeutung: Die Regionalfenster werden RTL und Sat.1 auf ihre Drittsendezeit, die sie aufgrund ihres Zuschaueranteils zur Verfügung stellen müssen, angerechnet. Ferner werden ihnen 2 Prozent Zuschaueranteil vom tatsächlichen Wert in Abzug gebracht, sodass unter Umständen hierdurch die kritische Grenze von 30 Prozent, die laut Rundfunkstaatsvertrag eine vorherrschende Meinungsmacht begründen würde, nicht erreicht wird.2 Vor dem Hintergrund der konzentrationsrechtlichen Relevanz der Regionalfenster berichtet die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) jährlich darüber, ob diese Sendungen den rechtlichen Anforderungen genügen und tatsächlich „zur aktuellen und authentischen Darstellung der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens“3 in ihren Verbreitungsgebieten beitragen. Um hierüber eine valide Aussage treffen zu können, lässt die ALM vom Institut für Medienforschung Köln & Göttingen (Im•Gö) seit 2005 eine kontinuierliche Inhaltsanalyse durchführen.4 Der vorliegende Beitrag fasst die Ergebnisse der Jahreserhebungen 2008 und 2009 knapp zusammen. 1 2 3 4 § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2009 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Zwölften Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. Juni 2009). Vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV 2009. § 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2009. Im Vorfeld zur kontinuierlichen Inhaltsanalyse wurden bereits Untersuchungen zu den Regionalfenstern durchgeführt, die partiell publizistische Mängel in der Umsetzung der Anforderungen des RStV zutage förderten. Vgl. hierzu u.a. Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im Programm von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein- PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 96 1. Zielsetzung und Methode Die Aufgabenstellung der Studie ist primär aufsichtlich orientiert: Es geht darum zu prüfen, ob den gesetzlichen Anforderungen an die Programmgestaltung der Regionalfenster von den Veranstaltern Rechnung getragen wird. Der definitorische Rahmen, an dem sich diese Überprüfung orientiert, ist der § 25 RStV und die hierauf bezogene Normkonkretisierung durch die Fernsehfensterrichtlinie (FFR).5 Da den Veranstaltern das Monitoring ihres Programmangebots bekannt ist, dient die kontinuierliche Inhaltsanalyse auch der Qualitätssicherung im redaktionellen Alltag sowie der Aufrechterhaltung der gebotenen journalistischen Standards bei der Regionalberichterstattung. Die Programmanalysen 2008 und 2009 erfolgten – wie bisher – auf der Grundlage einer insgesamt vierwöchigen Stichprobe. Allerdings wurde ab 2008 der Modus der Stichprobenziehung geändert: Im Gegensatz zum vorherigen Verfahren werden seitdem von den Regionalfenstern nicht mehr jeweils zwei 14-tägige Stichproben erfasst, sondern vier einwöchige Untersuchungszeiträume nach dem Zufallsprinzip über das Jahr verteilt. Hierdurch ergibt sich eine breite Streuung des Beobachtungszeitraums. Die Festlegung der Stichprobenwochen erfolgte durch das Forschungsinstitut. Es wird bei der Auswahl grundsätzlich darauf geachtet, dass keine größeren regionalspezifischen Ereignisse (z.B. Kieler Woche, Hannover-Messe, Landtagswahlen etc.) eine Verzerrung der „normalen Nachrichtenlage“ bewirken. Andernfalls würde die Vergleichbarkeit sowohl im Rückblick auf vorangegangene Erhebungsjahre als auch der Regionalfensterangebote untereinander beeinträchtigt. Durch dieses Verfahren kommt es allerdings zu einer gewissen unvermeidbaren „Künstlichkeit“ der Untersuchungszeiträume im Hinblick auf die Messbarkeit der redaktionellen Berücksichtigung ebensolcher außergewöhnlichen Ereignisse. Die Veranstalter haben das in der Vergangenheit stets bemängelt. Andererseits konnten die Redaktionen bisher davon ausgehen, dass ihre regionalspezifische Berichterstattungsleistung bei besonderen Anlässen, z.B. politische Wahlen, nicht geprüft wurde. Die größere Varianz der Erhebungszeiträume beim neuen Modell der Stichprobenziehung ermöglicht jetzt eine Modifikation des Verfahrens: Für einige ausgewählte Verbreitungsgebiete werden im jährlichen Wechsel auch einzelne Wochen mit herausragenden landesbezogenen Ereignissen aufgezeichnet und ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Erhebung werden jedoch explizit ausgewiesen, sodass die Vergleichbarkeit der „normalen“ Wochenstichproben zu den Vorjahren erhalten bleibt. Im Untersuchungsjahr 2008 waren dies die Wahlkampfberichterstattung vor der Bürgerschafts- 5 Westfalen; Bd. 35). Eine weitere Erhebung im Jahre 2003 diente primär zur Information der lizenzgebenden Landesmedienanstalten und wurde nicht veröffentlicht. In dieser Studie zeigte sich bei etlichen Regionalfenstern ein deutlicher Rückgang bei der tagesaktuellen Ereignisberichterstattung. Vgl. „Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten zur Sicherung der Meinungsvielfalt durch regionale Fenster in Fernsehvollprogrammen nach § 25 RStV (Fernsehfensterrichtlinie – FFR)“, die 2005 formuliert wurden. PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 97 wahl in Hamburg (Februar) sowie die Nachberichterstattung zur Kommunalwahl in Bayern (März), im Erhebungsjahr 2009 die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Das Sendungsmaterial für die Jahre 2008 und 2009 lag jeweils vollständig vor, sodass pro Regionalfenster jeweils 20 Sendetage untersucht wurden. Insgesamt umfasst die Stichprobe pro Erhebungsjahr 200 Einzelsendungen mit 100 Stunden Programm. Erhebungsgegenstand der Untersuchung sind die in Abbildung 1 dargestellten zehn Regionalfenster, die auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlt werden. Abb. 1 UNTERSUCHTE REGIONALFENSTER Regionalfenster auf der Frequenz von Sat.11 SENDEGEBIET Hamburg/ Schleswig-Holstein Niedersachsen/ Bremen Titel 17:30 live 17:30 live Veranstalter Regionalfenster auf der Frequenz von RTL1 Titel Sat.1 Norddeutsch- Guten Abend land GmbH RTL Sat.1 Norddeutsch- Guten Abend land GmbH RTL WestCom Guten Abend Medien GmbH RTL Veranstalter RTL Nord GmbH RTL Nord GmbH Tele West GmbH & Co. KG RTL Hessen Programmfenster GmbH Nordrhein-Westfalen 17:30 live Hessen – – Guten Abend RTL 17:30 live TV IIIa GmbH & Co. KG – – – – RNF Life2 Rhein-NeckarFernsehen GmbH 17:30 live Privatfernsehen in Bayern GmbH & Co. KG – – Rheinland-Pfalz/ Hessen Rheinland-Pfalz/ Baden-Württemberg Bayern 1 Sat.1 sendet die Regionalmagazine montags bis freitags von 17:30 bis 18:00 Uhr und RTL von 18:00 bis 18:30 Uhr. 2 Bei RNF Life handelt es sich um ein Ballungsraumangebot, das auf der Frequenz von RTL in Baden-Württemberg und in Teilen von Rheinland-Pfalz verbreitet wird. 2. Sendungsübergreifende Strukturmerkmale der Regionalfenster Die auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlten Regionalfenster haben das Format von tagesaktuellen Informationsmagazinen mit mehr oder weniger großen Anteilen an Unterhaltungspublizistik. Die Bruttosendezeit von 30 Minuten beinhaltet Werbung und Trailer für das Hauptprogramm im zeitlichen Umfang von durchschnittlich etwas weniger als 10 Minuten. Im redaktionellen Kern der Regionalfenstersendungen sind Moderationen, Filmbeiträge, Nachrichten, Wetter und teilweise die Ausstrahlung von Gewinnspielen enthalten. Je nach Sendegebiet bzw. der jeweiligen Redaktion variieren die Struktur und das journalistische Profil der PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 98 Magazine. Die grundlegenden Unterschiede zwischen den Regionalfenstern ergeben sich vor allem durch den Grad ihrer Boulevardisierung, ihrer Themenauswahl und Anmutung. Dabei reicht die Spannbreite von Regionalfenstern mit der Anmutung eines seriösen regionalen Nachrichtenmagazins mit Fokussierung auf Hard-News bis hin zu Boulevardmagazinen mit starker Betonung von unterhaltenden Elementen und Human-Touch-Themen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind im Studio geführte Interviews, Studiogäste und Live-Elemente keine Bestandteile des Formats. Das Ballungsraumprogramm RNF Life unterscheidet sich in seiner Anmutung, im Sendungsaufbau und in den Darstellungsformen stark von den sonstigen Regionalmagazinen. Es findet (häufig) vor Studiopublikum statt und oftmals sind Studiogäste zu Gesprächen anwesend. Hinzu kommen in unregelmäßigen Abständen LiveAuftritte von Musikern oder Künstlern in der Sendung. 3. Die Umsetzung der Anforderungen der FFR in der Programmpraxis Formale Anforderungen der FFR Die formalen Anforderungen der FFR zielen zunächst darauf, dass der Hauptveranstalter die Ausstrahlung der Regionalfenster innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens (bei Sat.1 von 17.30 bis 18.00 Uhr, bei RTL von 18.00 bis 18.30 Uhr) im Umfang von 30 Minuten (Bruttosendezeit) gewährleistet. Außerdem sollen innerhalb der Sendezeit nicht etwa beliebige, sondern spezifische Inhalte gesendet werden: a) im Umfang von täglich 20 Minuten Beiträge mit Regionalbezug (= Sendegebiet des Fensters) und b) im Durchschnitt einer Woche täglich mindestens 10 Minuten aktuelle, ereignis- und regionalbezogene Inhalte pro Sendung. Das kontinuierliche Monitoring der Regionalfenster prüft stichprobenartig anhand von jeweils 20 Sendetagen pro Jahr, ob diese Bedingungen erfüllt sind, und erstattet der ALM darüber Bericht. Für die Erhebungsjahre 2008 und 2009 sind folgende Befunde zu konstatieren: Innerhalb des Untersuchungszeitraums haben alle Veranstalter ihre Verpflichtung erfüllt, werktäglich außer samstags ein Regionalfenster mit einer Bruttosendezeit von 30 Minuten auszustrahlen. In den untersuchten Regionalfenstersendungen wurde der Anforderung, redaktionell gestaltete Inhalte mit Regionalbezug im Umfang von 20 Minuten in jeder einzelnen Sendung auszustrahlen, nachgekommen. Dasselbe gilt für die weitere Anforderung der FFR, im Durchschnitt einer Woche mindestens 10 Minuten aktuelle, ereignis- und regionalbezogene Inhalte pro Sendung auszustrahlen. Für die landesweit ausgestrahlten Regionalfenster von Sat.1 und RTL kann also zusammenfassend festgestellt werden, dass sie die formalen Anforderungen der FFR in beiden Untersuchungsjahren erfüllt haben. Publizistische Anforderungen der FFR Die 30-minütige Gesamtsendezeit (Bruttosendezeit) der Regionalfensterprogramme enthält Werbung, Sponsorhinweise und nicht regionale Trailer, die auf das Programm des Hauptveranstalters hinweisen. Im ersten Schritt der Analyse werden diese Sendebestandteile gemessen und extrahiert. Ausgangspunkt für die nachfolgend dargestellten Ergebnisse der Analyse sind dann die verbleibenden Sendestre- PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 99 cken der Fensterprogramme, die sich als regionale Programmelemente im weitesten Sinne definieren lassen. Durchschnittlich umfassen sie – im Mittelwert aller Regionalfenster – deutlich mehr als 20 Minuten. Dieser regionale Bestandteil des Programms lässt sich allerdings nicht vollständig als themenbezogene Berichterstattung erfassen. Er enthält daneben Gewinnspiele, Moderationsstrecken ohne Bezug zu Einzelthemen (z.B. Abmoderation der Sendung) und Trailer. Es ist offensichtlich, dass die letztgenannten Programmelemente keine publizistischen Leistungen im engeren Sinne darstellen und daher keinen großen Umfang einnehmen sollten, da sie ansonsten die Zielsetzungen des RStV und der FFR konterkarieren würden. Aus diesem Grund wird im ersten Schritt der Analyse stets der eigentliche publizistische Kern des Regionalprogramms ermittelt (vgl. Abb. 2). Er beträgt für das Erhebungsjahr 2008 rund 91 und für 2009 sogar 93 Prozent, wobei der Anstieg im aktuellen Berichtsjahr aus einem Rückgang der Gewinnspiele resultiert, die nunmehr lediglich 1,6 Prozent des regionalen Programms ausmachen. Im Jahr 2005 betrug ihr Anteil noch über 5 Prozent. Die Nettosendezeit der Regionalfenster wird also ganz überwiegend mit publizistischen Beiträgen ausgefüllt. Sie bildet die Basis für die nachfolgende Betrachtung der Themenvarianz der jeweiligen Regionalfensterberichterstattung. ANTEILE REGIONALER PROGRAMMELEMENTE IN PROZENT Abb. 2 (Vergleich der Mittelwerte von 2008 vs. 2009)1 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 91,2 93,2 4,9 Publizistischer Kern des Regionalprogramms 5,3 Trailer und Moderation für regionale Programmelemente 2008 3,9 1,6 Gewinnspiele 2009 1 Basis: Regionale Programmelemente aller Regionalfenster. Abbildung 3 und 4 geben die Themenagenda aller Regionalfenster zusammengefasst wieder. Diese Betrachtung erfüllt eine heuristische Funktion, sofern sie einen möglichen Trend – hinsichtlich einer übergreifenden Entwicklung der Regionalfenster – abbildet. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2007 sind 2008 und 2009 nur geringe Unterschiede erkennbar: Erwähnenswert ist der Rückgang des Umfangs der Wetterbe- PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 100 THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009 Abb. 3 (Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1 40 34,8 35 9,3 Kultur 30 25 22,6 20 18,9 Soziales Leben 15 10 5 6,6 Wirtschaft 0 Politik Gesellschaft 28,7 15,6 Kriminalität 13,1 Zerstreuung 5,9 4,6 3,4 0,1 Human Touch Private Lebenswelt Sport Wetter Sonstige Themen 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster. THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2008 Abb. 4 (Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1 40 35,3 35 10,1 Kultur 30 29,2 25 20 20,5 20,0 Soziales Leben 15 16,5 Kriminalität 10 5 5,2 Wirtschaft 0 Politik Gesellschaft 12,8 Zerstreuung 4,9 6,3 3,7 0,0 Human Touch Private Lebenswelt Sport 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster. Wetter Sonstige Themen PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 101 richte (2007 betrug er noch 6 Prozent). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die in den Vorjahren bei einigen Regionalfenstern beanstandete Praxis, den Wetterbericht in sachfremde Filmberichte zu integrieren, weitgehend aufgegeben wurde. Erkennbar ist auch ein leichter Anstieg der Berichterstattung über politisch bzw. gesellschaftlich kontroverse Themen und Ereignisse (zusammengefasst in der Kategorie Politik). Hierin zeigt sich ein bereits länger andauernder Trend (vgl. Abb. 5). Seit 2005 ist der Anteil des Themenfelds Politik von 15,4 Prozent auf nunmehr 22,6 Prozent angestiegen. Ob die in den Programmberichten für die einzelnen Regionalfenster in der Vergangenheit häufig bemängelte Vernachlässigung dieses Themenfelds hierfür ursächlich ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall lässt sich hier eine im Sinne des Vielfaltsgebots der FFR positive Gesamtentwicklung erkennen. Nicht in den Werten enthalten ist die in den Ländern Hamburg und SchleswigHolstein sowie Bayern im Jahr 2008 und Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009 auf die jeweiligen Wahlen bezogene Berichterstattung. In diesen Erhebungswochen mit herausragenden landespolitischen Ereignissen weisen alle fünf Regionalfenster (also sowohl diejenigen auf der Frequenz von Sat.1 als auch auf der von RTL) einen überdurchschnittlichen Anteil an politischer Berichterstattung auf, der jeweils aus der entsprechenden Wahlberichterstattung resultiert. Mit anderen Worten: Die Redaktionen sparen herausragende landespolitische Ereignisse bei ihrer Themenselektion nicht aus, sondern greifen sie vielmehr auf. Dies gilt auch für solche Regionalfenster, die ansonsten in ihrer Berichterstattung das Themenfeld Politik eher spärlich berücksichtigen. Abbildung 6 zeigt die Entwicklung des Umfangs der Human-Touch-Berichterstattung von 2005 bis 2009. Deutlich wird, dass die Berücksichtigung von HumanTouch-Themen aufs Ganze gesehen nicht mehr anzusteigen scheint, sondern sich bei unter 30 Prozent stabilisiert. Die hier referierten senderübergreifenden Entwicklungstendenzen dürfen nicht den Blick darauf verstellen, dass die einzelnen Regionalfenster höchst unterschiedliche redaktionelle Konzepte haben. Dies führt zu einer großen Spannweite, die von boulevardesken, stark auf Unterhaltungspublizistik gerichteten Formaten bis hin zu Nachrichtenmagazinen reicht. Diese Spannweite lässt sich über die Sendeumfänge der Kategorien Politik und Human Touch veranschaulichen. Abbildung 7 und 8 zeigen die Mittelwerte über alle Regionalfenster sowie die jeweiligen fensterspezifischen Abweichungen hiervon für das Jahr 2009. PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 102 VERGLEICH DER POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2005–2009 Abb. 5 (Sendezeit in Prozent)1 40 35 30 25 20 15 19,7 20,5 2007 2008 22,6 16,8 15,4 10 5 0 2005 5,2 Wirtschaft 2006 2009 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster. VERGLEICH DER HUMAN-TOUCH-BERICHTERSTATTUNG 2005–2009 Abb. 6 (Sendezeit in Prozent)1 40 35 30 32,3 29,5 27,5 29,2 28,7 2008 2009 25 20 15 10 5 0 2005 5,2 Wirtschaft 2006 2007 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster. PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 103 POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2009 Abb. 7 (Abweichungen vom Mittelwert in Prozentpunkten)1 -20 10 20 30 -3,8 17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein -5,6 Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein -0,8 17:30 live Niedersachsen/Bremen Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen Mittelwert 0 22,6 -10 -9,9 2,3 17:30 live Nordrhein-Westfalen Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen 1,3 Guten Abend RTL Hessen 4,8 17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen 5,2 Wirtschaft 24,4 RNF Life -11,3 17:30 live Bayern -1,3 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters. Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster. BERICHTERSTATTUNG ÜBER HUMAN-TOUCH-THEMEN 2009 Abb. 8 (Abweichungen vom Mittelwert in Prozentpunkten)1 -30 -20 -10 Mittelwert 0 28,7 10 -12,1 17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein 12,8 Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein -0,1 17:30 live Niedersachsen/Bremen 9,9 Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen 4,5 17:30 live Nordrhein-Westfalen Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen 9,8 Guten Abend RTL Hessen 17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen 5,2 Wirtschaft RNF Life 17:30 live Bayern 20 0,5 -18,2 -10,7 6,2 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters. Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster. PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 104 4. Exemplarische Betrachtung zweier Themenagenden Betrachtet man die zwei Extrempole von hohem Politikanteil bei zugleich niedriger Berücksichtigung von Human Touch und vice versa, fallen die Regionalfenster „Sat.1 17:30 live“ für Rheinland-Pfalz/Hessen auf der einen und „Guten Abend RTL“ für Niedersachsen/Bremen auf der anderen Seite ins Auge. Diese beiden Magazine markieren auch die Spannweite innerhalb der vorfindbaren Programmprofile bei den Regionalfenstern. Abbildung 9 und 10 zeigen die jeweilige Themenagenda für das Erhebungsjahr 2009. GUTEN ABEND RTL – NIEDERSACHSEN/BREMEN THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009 Abb. 9 (Sendezeit in Prozent)1 50 45 38,6 40 35 32,5 30 11,2 Kultur 25 16,3 Kriminalität 20 15 12,7 10 5 17,7 Soziales Leben 22,3 Zerstreuung 8,4 3,5 Wirtschaft 0 Politik Gesellschaft Human Touch Private Lebenswelt 3,9 3,9 Sport Wetter 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms (t=7:48:07). Im Jahr 2009 hat „Guten Abend RTL“ für Niedersachsen/Bremen im Vergleich zum Vorjahr seine Berichterstattung über politische bzw. kontroverse Themen um 5 Prozentpunkte reduziert und nimmt mit nunmehr 13 Prozent den niedrigsten Wert aller untersuchten Regionalfenster ein. Im Durchschnitt wird mit rund 3 Minuten pro Sendung aus dem Themenfeld Politik berichtet, dem stehen fast 10 Minuten Human-Touch-Berichterstattung gegenüber. Dieses Themenfeld wurde im Vergleich zu 2008 nochmals um 2,2 Prozentpunkte ausgeweitet und beträgt 2009 nahezu 39 Prozent. Dies ist der zweithöchste Wert im Vergleich zu den anderen untersuchten Regionalfenstern. Innerhalb des Human-Touch-Themenfelds dominieren Zerstreuungsthemen mit Unterhaltungscharakter. Das Themenfeld „regionaler Sport“ wird mit knapp 4 Prozent vergleichsweise wenig thematisiert. Diametral entgegengesetzt ist das redaktionelle Konzept von „Sat.1 17:30 live“ für Rheinland-Pfalz/Hessen. Dieses Regionalfenster hat seit Jahren im Vergleich zu PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 105 allen anderen ein deutlich abweichendes Programmprofil, was sich u.a. in einer umfangreichen Berücksichtigung von Hard-News zeigt. Die Themenagenda verdeutlicht, dass dieses Fensterprogramm das Profil eines aktuellen regionalen Nachrichtenmagazins hat. Im Vergleich zu 2008 ist im Erhebungsjahr 2009 der Umfang der Berichterstattung über politische Themen von 35,3 Prozent auf 47 Prozent angestiegen. Hinzu kommt eine größere Berücksichtigung wirtschaftlicher Themen mit jetzt 9,4 Prozent im Vergleich zu 4,5 Prozent im Jahr 2008. Im täglichen Durchschnitt wird über diese beiden Hard-News-Themenbereiche 13 Minuten berichtet. HumanTouch-Themen sind hingegen weiter rückläufig und im Erhebungsjahr nochmals um 3 Prozentpunkte gesunken auf nunmehr 10,5 Prozent. Das bedeutet einen durchschnittlichen täglichen Umfang von rund zweieinhalb Minuten. SAT.1 17:30 LIVE – RHEINLAND-PFALZ/HESSEN THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009 Abb. 10 (Sendezeit in Prozent)1 50 47,0 45 40 34,7 35 6,5 Kultur 30 25 18,8 Soziales Leben 20 15 10,5 10 9,4 Wirtschaft 5 8,2 Kriminalität 2,3 Zerstreuung 2,1 3,0 2,8 Private Lebenswelt Sport Wetter 0 Politik Gesellschaft Human Touch 1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms (t=7:41:47). So unterschiedlich beide Programmprofile auch sind, sie bewegen sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens des Rundfunkstaatsvertrags und der Fernsehfensterrichtlinie. Trotz ihrer jeweiligen Fokussierung einerseits auf Hard-News und andererseits auf den Bereich der Unterhaltungspublizistik ist eine aktuelle, sendegebietsbezogene Berichterstattung über ein insgesamt vielfältiges Themenspektrum vorhanden. Durch eine weitere Reduktion der Hard-News-Berichterstattung bei „Guten Abend RTL“ Niedersachsen/Bremen könnte allerdings in Zukunft die in der FFR geforderte „Berichterstattungsvielfalt“ gefährdet sein. PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 106 5. Fazit Für die Berichterstattungsjahre 2008 und 2009 kann im Hinblick auf das programmliche Erscheinungsbild der untersuchten Regionalfenster eine insgesamt positive Bilanz gezogen werden. Die innerhalb der FFR formulierten Anforderungen an die formale und publizistische Gestaltung wurden eingehalten, Gründe für eine Beanstandung wurden nicht festgestellt. Im Jahr 2009 wurde in mancherlei Hinsicht die Sendepraxis modifiziert: So ist vermehrt eine den Zuschauer orientierende Einblendung von thematischen Inserts bei der Themenübersicht und bei Filmbeiträgen zu beobachten. Gewinnspiele sind nur noch – in verkürzter Form – bei drei Regionalfenstern vorhanden. Aufs Ganze gesehen scheint es so zu sein, dass die Veranstalter die kontinuierliche Programmbeobachtung ihrer Programmpraxis berücksichtigen und auf kritische Einwände reagieren. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Befragung von Schulz u.a.: „Offenkundig wurde im Zuge der Recherche auch, dass sich die regelmäßige Programmanalyse der Regionalfenster als ein wirksames Instrument zur Unterstützung der rechtlichen Vorgaben erweist. [...] Die Studie hat sich zu einem von allen Beteiligten wahrgenommenen Feedback-Instrument entwickelt, das bis in konkrete Entscheidungen im redaktionellen Alltag hinein wirksam wird.“6 Die kontinuierliche Programmanalyse hat sich zur „wichtigsten externen Maßnahme zur Qualitätssicherung der regionalen Fensterprogramme“7 entwickelt und wird für 2010 und 2011 vom Im•Gö weitergeführt werden. Der Entwurf zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag lässt die bisherige Regelung zur Verpflichtung der Ausstrahlung von Regionalfenstern in den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen unberührt. Vor diesem Hintergrund bleibt auf absehbare Zeit die konzentrationsrechtliche Bedeutung der Regionalfensterprogramme erhalten und somit ihre besondere Beobachtung begründet. Literatur Schulz, Wolfgang/Uwe Hasebrink/Inka Brunn/Hermann-Dieter Schröder/Nora Rzadkowski (2008): Konsequenzen der Regelung des § 25 Abs. 4 S. 4 RStV für regionale TV-Fensterprogramme. Hamburg (unveröff.). Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im Programm von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 35). 6 7 Schulz, Wolfgang/Uwe Hasebrink/Inka Brunn/Hermann-Dieter Schröder/Nora Rzadkowski (2008): Konsequenzen der Regelung des § 25 Abs. 4 S. 4 RStV für regionale TV-Fensterprogramme. Hamburg (unveröff.), S. 45. Schulz u.a. 2008, S. 38. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 107 Unterhaltungsbeschaffung und Unterhaltungsproduktion Merkmale und Strukturen am Beispiel des Fernsehformathandels Klaus-Dieter Altmeppen, Katja Lantzsch und Andreas Will 1. Das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion: Merkmale und Strukturen Unterhaltung gehört von Beginn an zur Angebotspalette des Fernsehens, das Forschungsfeld Unterhaltungsbeschaffung und -produktion entwickelt sich jedoch erst seit wenigen Jahren innerhalb der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Zur Analyse dieses Feldes kann die Kommunikations- und Medienwissenschaft auf angestammte Modelle zurückgreifen,1 zunehmend aber entstehen auch spezifische theoretische Arbeiten als Reflex darauf, dass dieses Feld durch eigene Strukturen und Mechanismen geprägt ist.2 Auf diese Weise werden zentrale Begriffe definiert und theoretische Fundierungen entworfen, um empirische Ergebnisse in nachhaltig verwendbare Aussagen zu transferieren. Solche grundlegenden Beiträge fehlen in breiterer, fundierterer Form immer noch für die Unterhaltungsbranche, was dazu führt, dass viele der empirischen Daten kaum oder nur schwerlich vergleichbar sind, da sie auf unterschiedlichen Quellen, Methoden und Berechnungen basieren. Während in den (wenigen) empirischen Studien Primärerhebungen grundlegend sind,3 greifen andere Studien auf vorliegende Statistiken des Bundes, der Länder, von Wirtschaftskammern etc. zurück.4 1 2 3 4 Vgl. Siegert, Gabriele/Björn von Rimscha (2008): Forschungsfelder in der Unterhaltungsproduktion: Zusammenfassung und Ausblick. In: Diess. (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 268-286. Vgl. Sydow, Jörg/Arnold Windeler (Hrsg.) (2004): Organisation der Content-Produktion. Wiesbaden; Lantzsch, Katja/Klaus-Dieter Altmeppen/Andreas Will (Hrsg.) (2010): Handbuch Unterhaltungsproduktion. Beschaffung und Produktion von Fernsehunterhaltung. Wiesbaden. Vgl. Pätzold, Ulrich/Horst Röper (2008): Fernsehproduktionsmarkt Deutschland 2005 und 2006: Auftragsvolumen und Branchenstruktur. In: Media Perspektiven, Heft 3, S. 125-137; Die Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2006): Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 2004. Studie des Hans-Bredow-Instituts in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Kommunikationsforschung München (AKM). Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 33). Vgl. Geschwandtner-Andreß, Petra (1999): Medienwirtschaft in Köln. Theoretische Erklärungsansätze und politische Bestimmungsfaktoren eines regionalen Produktionsclusters Medien. Köln (Arbeitspapier 116 des Instituts für Rundfunkökonomie Köln); Söndermann, Michael/Christoph Backes/Olaf Arndt/Daniel Brünink (2009): Kultur- und Kreativwirtschaft: Ermittlung der gemeinsamen charakteris- PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 108 Im Hinblick auf die Strukturen, Formen und Mechanismen der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion besteht allerdings noch erheblicher Forschungsbedarf, damit auch über die Kulturindustrie, den „Amüsierbetrieb“, der auch „die Macht der ökonomisch Stärksten über die Gesellschaft“ repräsentiert,5 weitere theoretische und empirische Aufklärung erfolgen kann, die eine der Grundlagen für Bewertungen, Beurteilungen und Kritiken bilden sollte. Zudem kann nur mit einer solchen Forschung Anschluss an den angelsächsischen Raum hergestellt werden. Von dort kommen nicht nur große Teile des Unterhaltungsprogramms, dort existiert auch eine wesentlich größere und etabliertere Forschungstradition zur Frage: „Why do the cultural Industries matter“?6 Da diese Industrien bedeutsamen gesellschaftlichen Einfluss durch die Zirkulation ihrer Inhalte haben, da sie Kreativität managen und verbreiten und Agenten des ökonomischen, sozialen und kulturellen Wandels sind, beschäftigt sich ein großer Kreis von Forschern mit diesen Industrien.7 Weil der Medienmarkt aber „dauernd neue Aggregatzustände“8 erlebt und insbesondere die Digitalisierung der Beschaffung, Bearbeitung und Distribution von Content für stetig neu entstehende Branchen und Arbeitsfelder bzw. für einen Wandel der bestehenden Arbeitsfelder sorgt, bei den digitalen Spielen zum Beispiel oder durch die Mobilkommunikation,9 ist das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion noch wenig geordnet. Daher folgt zunächst eine (ökonomische) Einordnung dieses Feldes im weiteren Abschnitt 1, bevor der Formathandel als spezifische Form der Unterhaltungsproduktion in den Abschnitten 2 und 3 detaillierter vorgestellt wird. 1.1 Einordnung des Feldes der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion Insgesamt kann das Feld Unterhaltungsbeschaffung und -produktion der Kulturund Kreativwirtschaft zugeordnet werden, als denjenigen „Kultur- und Kreativunternehmen […], die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen“.10 Aus der Sicht der Kommu- 5 6 7 8 9 10 tischen Definitionselemente der heterogenen Teilbereiche der „Kulturwirtschaft“ zur Bestimmung ihrer Perspektiven aus volkswirtschaftlicher Sicht. Berlin. Horkheimer, Max/Theodor W. Adorno (2006): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. 16. Aufl. (zuerst: New York 1944). Frankfurt/M., S. 129, 144. Hesmondhalgh, David (2007): The Cultural Industries. Los Angeles et al., S. 3. Vgl. Hesmondhalgh 2007, S. 3-11. Henle, Victor (2007): Im Netz der Medienakteure. Kabelgesellschaften, Satellitenbetreiber und Suchmaschinenanbieter positionieren sich auf dem Medienmarkt. In: Communicatio Socialis, Jg. 40, Heft 1, S. 11-22, hier S. 22. Vgl. Przybylski, Pamela (2009): Selling Wine without Bottles. Strategien, Konzepte und Interaktionen der Akteure auf dem neuen Bewegtbild-Markt. Universität Eichstätt (unveröff. Diplomarbeit); Quandt, Thorsten/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hrsg.) (2007): Die Computerspieler. Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden. Söndermann u.a. 2009, S. 23. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 109 nikations- und Medienwissenschaft umfasst dies die relevanten Mediengattungen Musikwirtschaft, Buchmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Pressemarkt, Werbemarkt sowie Software/Games-Industrie. Im Sinne einer weiteren definitorischen Bestimmung können sie als eigenständige Felder mit spezifischen Attributen gekennzeichnet werden, deren gemeinsamer wirtschaftlich verbindender Kern im sogenannten „schöpferischen Akt“ liegt. „Damit sind alle künstlerischen, literarischen, kulturellen, musikalischen, architektonischen oder kreativen Inhalte, Werke, Produkte, Produktionen oder Dienstleistungen gemeint, die als wirtschaftlich relevanter Ausgangskern den elf Teilmärkten zugrunde liegen.“11 Auch wenn der schöpferische Akt nur ein gedankliches Konstrukt ist, hilft er doch beispielsweise, die Berufsgruppen in der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als Medienschaffende zusammenzufassen, deren Arbeit sich auf den Wertschöpfungsprozess dieses Aktes bezieht (auch wenn die Tätigkeiten im Einzelnen höchst unterschiedlich sind und – etwa im Marketing – nicht dem Verständnis eines schöpferischen Aktes entsprechen). Zudem wird mit diesem Konstrukt eine Anschlusskommunikation an die angelsächsische Forschung ermöglicht, die den Begriff der Kreativität viel selbstverständlicher verwendet.12 Betrachtet man den Beitrag der in diesem Sinne definierten Kultur- und Kreativwirtschaft zur Bruttowertschöpfung und zu Arbeitsmarktstatistiken, zeigt sich die durchaus große Bedeutung dieses Sektors. So entsprechen die 61 Mrd. Euro Bruttowertschöpfung, die 2006 erwirtschaftet wurden, 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, selbst die Anteile von Maschinenbau und Automobilindustrie sind nicht wesentlich höher.13 Auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt kann die Kultur- und Kreativwirtschaft hohe Zahlen vorweisen, wobei die Differenz zwischen den Erwerbstätigen insgesamt und den abhängig Beschäftigten deutlich macht, dass in diesem Bereich eine große Zahl an Freiberuflern arbeitet, dass also die Arbeitsmarktsituation für die Beschäftigten weit prekärer ist als in anderen Branchen. Zur Rundfunkwirtschaft, also dem Bereich, der die (audiovisuelle) Unterhaltungsbeschaffung und -produktion umfasst, zählen Rundfunkveranstalter und Hersteller von Hörfunk- und Fernsehprogrammen.14 Etwa 22.500 Beschäftigte (ohne die öffentlich-rechtlichen Anbieter) arbeiten in diesem Segment (2 Prozent aller Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft), der Umsatz betrug 2008 etwa 7,9 Mrd. Euro (5,3 Prozent des Gesamtumsatzes in der Kultur- und Kreativwirtschaft). Zum Vergleich: Die Studie der Landesmedienanstalten ermittelte mit Stand 2004 Nettoerträge von rund 6,7 Mrd. Euro beim privaten Rundfunk in Deutschland.15 Ende 2004 waren zudem dieser Studie zufolge in der deutschen Rundfunk11 12 13 14 15 Söndermann u.a. 2009, S. 25. Vgl. Doyle, Gillian/Richard Paterson (2010): Die Produktion unabhängigen Fernsehens in Großbritannien. Öffentliche Politik, Kreativität und Wachstum. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 35-51. Vgl. Söndermann u.a. 2009. Vgl. Söndermann u.a. 2009, S. 92. Vgl. Die Landesmedienanstalten 2006. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 110 wirtschaft 46.004 Erwerbstätige beschäftigt, davon 29.415 im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 12.689 bei privaten Fernsehveranstaltern und 3.900 bei den privaten Hörfunkunternehmen. 1.2 Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als organisationales Feld Von den Kernbranchen oder Teilmärkten der Kultur- und Kreativwirtschaft sind unter dem Gesichtspunkt von Unterhaltung und (Massen-)Medien natürlich die Film- und die Rundfunkwirtschaft von vorrangigem Interesse. In Deutschland haben im Jahr 2006 in der Film- und Fernsehproduktion 676 Unternehmen rund 12.000 Programmstunden produziert, bei weiterhin steigender Konzentration, denn die zehn größten Produktionsgruppen erreichen einen Marktanteil von über 50 Prozent. An den vier großen Standorten Berlin, Hamburg, NRW und Bayern werden 80 Prozent aller Auftragsproduktionen abgewickelt.16 Diese Branchen oder Teilmärkte bestehen aus einem großen Konglomerat an unterschiedlichen Unternehmen, von den Sendern über die Produktionsunternehmen bis hin zu den Zulieferern für Technik. Daher kann die Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als ein organisationales Feld angesehen werden. Felder, und insbesondere organisationale Felder, erfassen gleich zwei Ebenen organisationaler Operationen, die intraorganisationale Ebene der Strukturbildung innerhalb von Organisationen und die interorganisationale Ebene der Strukturbildung durch Organisationen, wobei beide Ebenen miteinander verknüpft sind. Interorganisational sind die relevanten Akteure und Kraftfelder zu untersuchen, die zur Regulierung des Mediensystems beitragen, denn die Organisationen in den relevanten Handlungsfeldern sind es, die gesellschaftliche Erwartungen an Medien kanalisieren, die ihre Interessen einbringen in die Verhandlungsprozesse und ihre Machtformen und -mittel einsetzen, um die Interessen durchzusetzen. Sender, Produktionsunternehmen, Rechtehändler und die Landesmedienanstalten als Regulierungsbehörden beispielsweise konstituieren ein solches interorganisationales Feld. Intraorganisationale Felder dagegen beschreiben die Ordnungsmuster innerhalb von Organisationen, die Konzernintegrationen beispielsweise, eine Form der vertikalen Konzentration, bei der alle Operationen der Wertschöpfungskette (Beschaffung, Produktion, Handel, Vermarktung, Distribution) in den Konzernen zusammengezogen werden.17 Zur Bestimmung der Spezifika und Merkmale organisationaler Handlungsfelder lassen sich mehrere Elemente identifizieren, die diese Felder konstituieren.18 Diese Elemente sind (1) die Sets von Organisationen, die ein anerkanntes Feld konstituieren, (2) Technologien, die von Akteuren im Feld anerkannt und als Werkzeu16 17 18 Vgl. Pätzold/Röper 2008, S. 125ff.; Ernst & Young (2003): Film- und Fernsehbranche: Standorte mit Zukunft? Berlin, Hamburg, Köln und München im Vergleich. München. Vgl. für die RTL Group: Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2009): ALM Jahrbuch 2008. Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland. Berlin, S. 92. Vgl. Altmeppen, Klaus-Dieter/Katja Lantzsch/Andreas Will (2010): Das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion. Sondierungen eines ungeordneten Bereiches. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 1132. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 111 ge, Wissen und Methoden genutzt werden, (3) Regelungen (Rechte und Pflichten wie etwa Eigentums- und Besitzrechte), die von den Feldakteuren in und durch ihr Handeln rekursiv (re-)produziert werden, (4) soziale Praktiken, die die Akteure im Feld als (geregelte) praktische Aktivitäten hervorbringen und gegebenenfalls verändern, (5) Governanceformen, die Feldakteure nutzen, um ihre Aktivitäten und Beziehungen miteinander abzustimmen, (6) soziale Einbettungen organisationaler Felder, die die Akteure durch die Verknüpfung sozialer Praktiken konstituieren, (7) die Orientierungshorizonte, die – in Form von gesellschaftlichen Erwartungen bzw. als Ziele der Organisationen – den Sinn der Handlungen der Akteure prägen, und schließlich sind als weitere feldspezifische Merkmale (8) die Akteure zu ergänzen, deren Leistungserwartungen, Berufsbilder und Berufs- und Arbeitsrollen, deren Positionen im Handlungsfeld und deren Selbstverständnisse als wesentliche Merkmale der organisationalen Handlungsfelder gelten können. Organisationale Felder der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion können demnach insgesamt definiert werden als durch spezifische Strukturen geprägte (und diese Strukturen prägende) soziale, kulturelle und ökonomische Interaktionen und Operationen mit dem Ziel der Kreation, Beschaffung, Produktion, Vermarktung und Distribution (national wie international) von als unterhaltend angesehenen Medieninhalten. Im Folgenden sollen die Strukturen des Formathandels als einem Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion detaillierter dargestellt werden. Die empirischen Ergebnisse (Abschnitt 3) basieren auf einer empirisch fundierten organisationstheoretischen Analyse,19 in deren Rahmen Leitfadeninterviews mit Managern von Sendern, Produktionsunternehmen, Rechtehändlern und anderen Experten in Deutschland, Großbritannien, Belgien und der Schweiz durchgeführt wurden. Vor der Ergebnispräsentation soll jedoch in Abschnitt 2 der internationale Formathandel beschrieben und von anderen Formen der Beschaffung und Produktion von Unterhaltung abgegrenzt werden. 2. Formathandel: Einordnung und Definition Unterhaltende Fernsehinhalte können in mittelfristigen Prozessen geplant und dementsprechend beschafft oder produziert werden, wobei es unterschiedliche Möglichkeiten für die Beschaffung und Produktion gibt. Sie können von den Sendern selbst oder per Auftrag entwickelt und produziert werden, allerdings existieren kaum noch reine Eigenproduktionen, sondern zumeist wird Fernsehinhalt über Auftragsproduktionen von wirtschaftlich unabhängigen oder abhängigen Produzenten erstellt. Eine weitere Möglichkeit des Bezugs stellt der Programmimport („finished made-for-TV programme“) dar. 19 Siehe ausführlich Lantzsch, Katja (2008): Der internationale Fernsehformathandel. Akteure, Strategien, Strukturen, Organisationsformen. Wiesbaden; Altmeppen, Klaus-Dieter/Katja Lantzsch/Andreas Will (2007): Flowing Networks in the Entertainment Business: Organizing International TV Format Trade. In: The International Journal on Media Management, Vol. 9, No. 3, S. 94-104. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 112 Eine Kombination aus Programmimport, genauer einem Formatimport, und Eigen- bzw. Auftragsproduktion ist der internationale Fernsehformathandel, der den Mittelpunkt der folgenden Ausführungen bildet. Beim Formathandel kaufen bzw. verkaufen Lizenznehmer und Lizenzgeber Formatlizenzen, um ein Remake zu produzieren. Inhalte werden im Rahmen der Reproduktion an kulturelle Besonderheiten des jeweiligen Fernsehmarkts angepasst (Adaption). Wichtige Voraussetzung dafür ist der Know-how-Transfer als essenzielles Merkmal des internationalen Fernsehformathandels. 2.1 Fernsehformathandel und Fernsehformate Grundsätzlich kann ein Sender fertige Unterhaltungsinhalte per Programmimport beziehen („finished made-for-TV programme“). Er entscheidet sich dabei innerhalb der Beschaffung aber gegen eine Programminnovation, denn der Kauf von fertiger Programmware schließt die eigene Entwicklung und Produktion von Fernsehunterhaltung aus. Im Falle des Fernsehformathandels handelt es sich häufig um Imitationsstrategien. Zu Imitationen gehören die Weiterentwicklung bestehender Ideen („spin-off“), Anlehnungen („me-too“) und adaptierte Inhalte (Kopien), zu denen auch – zur Umgehung des juristischen Schutzes – modifizierte Inhalte zählen. Sender können sich im Rahmen der Adaption für den Weg des Formateinkaufs (Lizenz), des „Formatklaus“ (Plagiat) oder aber für eine Eigen- bzw. Auftragsentwicklung im Falle einer „me-too-“ oder „spin-off-Strategie“ entscheiden (vgl. Abb. 1). Der überwiegende Teil der Inhalte wird jedoch selbst bzw. im Auftrag entwickelt und produziert.20 Im Rahmen des Programmeinkaufs erwirbt ein Programmveranstalter die zeitlich und räumlich eingeschränkten sowie auf „runs“ festgelegten Nutzungsrechte an einem fertigen Film oder Fernsehprogramm. Lizenzen werden vor allem für Spielfilme, Serien und Dokumentationen erworben. Die Lizenzbedingungen, inklusive der Preise, bestimmen sich durch Angebot und Nachfrage auf dem Inhaltemarkt. Die Preisdifferenzierung erfolgt primär über die geografischen Märkte, wobei vor allem die Größe und/oder die Wirtschaftskraft zählen (vgl. Abb. 2). Im Lizenzmarkt herrscht außerdem ein hohes Maß an vertikaler und horizontaler Konzentration. Üblicherweise handelt es sich beim Einkauf fertiger Programme um einen Verkäufermarkt, eine Marktsituation also, bei der sich der Verkäufer (der die Programmrechte besitzt) in einer verhandlungstaktisch günstigeren Position als der Käufer befindet, denn die Marktmacht liegt beim Verkäufer, der Preise und Vertragskonditionen diktieren kann, jedenfalls bei der enormen Nachfrage nach Programminhalten. Ein Sender kann sich jedoch auch zu einer Programminnovation und damit zur Entwicklung von Unterhaltungsinhalten entschließen, wobei zwischen einer Entwicklung in den Entwicklungsabteilungen von Sendern (Eigenentwicklung) und 20 Vgl. zum Folgenden: Lantzsch, Katja (2010): Organisation des Fernsehformathandels. Interorganisationale Netzwerke als Kooperationsform. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 269-286. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 113 einer Entwicklung per Auftrag durch Produktionsunternehmen (Auftragsentwicklung) zu unterscheiden ist. An diese Entscheidungen schließt sich die Produktion an. Abb. 1 FORMEN DER BESCHAFFUNG UND PRODUKTION VON FERNSEHUNTERHALTUNG AUS SENDERSICHT Beschaffung Innovation Keine Innovation Formateinkauf Eigenentwicklung Imitation Imitation (Adaption) (Me-too/Spin-off) Programmimport 'Formatklau' Auftragsentwicklung Eigenentwicklung Auftragsentwicklung Produktion Eigenproduktion Auftragsproduktion Koproduktion Ausstrahlung durch den Sender DURCHSCHNITTLICHER LIZENZPREIS PRO STUNDE Abb. 2 (in US-Dollar, Free-TV, 2003/04) Großbritannien Deutschland Frankreich Schweden Tschechien Bulgarien Light Entertainment Drama-Serien TV-Movie (pro Stunde) (pro Stunde) (pro Titel) 15.000 – 35.000 22.000 – 30.000 10.000 – 25.000 7.000 – 10.000 1.000 – 2.000 360 – 420 20.000 – 100.000 20.000 – 55.000 10.000 – 50.000 4.000 – 15.000 3.000 – 5.000 450 – 550 35.000 – 150.000 50.000 – 100.000 30.000 – 75.000 12.000 – 16.000 2.000 – 4.000 600 – 900 Der in diesem Beitrag betrachtete Formathandel kann im eigentlichen Sinne des Wortes als Verkauf bzw. Kauf von Lizenzen für Fernsehformate, in aller Regel Un- PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 114 terhaltungsformate, durch einen Lizenzgeber und einen Lizenznehmer verstanden werden. Die Übernahme eines (erfolgreichen) Formats und dessen Adaption im Rahmen der Produktion und Vermarktung an nationale bzw. kulturelle Gegebenheiten erlaubt dabei dem Formatkäufer eine Balance zwischen Standardisierung und Differenzierung. „Während der Lizenznehmer das angebotene Format nutzen und eine Anpassung der Detailausstattung der Sendungen an die besonderen Gegebenheiten des lokalen Marktes vornehmen kann, erhält der Lizenzgeber hierfür eine Lizenzgebühr entrichtet.“21 Ein Lizenzgeber verkauft also ein Format im Rahmen seiner Sales-Aktivitäten und ein Lizenznehmer erwirbt ein Format im Rahmen seines Beschaffungsmanagements, damit er ein Remake eines Programms für ein bestimmtes Ausstrahlungsgebiet und einen bestimmten Zeitraum anfertigen kann. Entscheidend für die Adaption ist folglich nicht nur der Handel der Lizenz bzw. der Remake-Rechte im Rahmen des Vertriebs bzw. der Beschaffung, sondern auch die Reproduktion eines Programms. Zusammengefasst kann der internationale Fernsehformathandel daher als kombinierte Form der Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsformaten definiert werden, bei der Lizenznehmer und Lizenzgeber Formate kaufen bzw. verkaufen, um ein Remake eines schon existierenden Programms in einem anderen Land zu erstellen.22 Gehandelt wird innerhalb des Fernsehformathandels die Ware Fernsehformat, ein schwierig zu definierender Begriff, der in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird. Im Rahmen des Formathandels lassen sich darunter Handelsprodukte verstehen: „A television format is a […] programme concept, with distinct elements that can be exported and licensed to production companies or broadcasters outside its country of origin for local adaption“.23 Der Begriff Format hat sich mit der Kommerzialisierung des Fernsehmarkts durchgesetzt und wurde durch den Lizenzhandel geprägt.24 Ein Format als „globaler Markenartikel” steht für die optimale Vermarktung von Programmformen. Für die Gewährleistung eines international ähnlichen Erscheinungsbilds von Sendungen wurden im Rahmen des Lizenzhandels Vereinbarungen über Inszenierungsstile, Ausstattungsmerkmale, Formen der Präsentation etc. getroffen. Die Formatierung einer Sendung ist also zum einen eine praktikable Form, um mit Sendungskonzepten zu handeln. Zum anderen dient sie aber auch der quotenbezogenen Optimierung der Inhalte, ihrer Präsentationsformen und der Publikumsadressierung. 21 22 23 24 Lobigs, Frank/Dirk Spacek/Gabriele Siegert/Rolf H. Weber (2005): Mehr Rechtsschutz für TVFormate? Eine medienökonomische und medienrechtliche Untersuchung. In: Medien- und Kommunikationswissenschaft, Jg. 53, Heft 1, S. 93-129, hier S. 109. Vgl. Lantzsch 2008, S. 227. Schmitt, D. (2005): Quantifying the Global Trade in Television Formats. Vortrag am 10.6.2005 im Rahmen des Workshops „International Television Format Trade“ des Erich-Pommer-Instituts vom 9.6. bis 12.6.2005, o.S. Vgl. zum Folgenden: Lantzsch 2010. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 115 Ein Format als Produkt setzt sich im Wesentlichen aus vier Bestandteilen zusammen: aus der eigentlichen Idee, die juristisch nicht schützbar ist, dem „paper format“ (Konzeptbeschreibung), dem „TV programme format“ (Sendung) und dem „TV format package“, das das Wissen für die Adaption enthält. Die Leistungen des „TV format package“ „sind der eigentlich vermarktungsfähige Kern von TVFormaten, sie sind marktrelevantes Know-how”.25 Letztlich ist es also das „knowhow-package“, das mittels einer Lizenz weitergegeben wird, auch wenn oft bezogen auf die Idee, das Konzept oder das fertige Programm von einem Format gesprochen wird. Es geht dabei genau genommen um die Vorstufen bzw. im Fall der fertigen Sendung um das Resultat eines Formats, wenn vom letztendlich gehandelten Produkt im Rahmen des Formathandels die Rede ist. Formate sind knapp, stiften einen Nutzen bzw. dienen der Bedürfnisbefriedigung. Es gibt eine Nachfrage und sie werden auf Märkten gehandelt und sind damit marktfähig. Ein Format ist demnach ein ökonomisches Gut. Mit diesem Handelsprodukt sind Dienstleistungen wie der Know-how-Transfer verbunden. Zusammengefasst kann ein Fernsehformat im Rahmen des internationalen Formathandels demzufolge als ein auf Basis eines fertigen Programms entstandenes Leistungsbündel aus Idee, Konzept, Materialien und Know-how definiert werden, das als Kombination von Handelsware und damit verbundenen Dienstleistungen auf dem Inhaltemarkt handelbar ist. 2.2 Entwicklungen des Fernsehformathandels Der Formathandel bzw. die damit verbundenen Adaptionen sind kein neues Phänomen, sondern so alt wie die Fernsehindustrie.26 Doch wurde der Formthandel in den letzten 20 Jahren systematisiert und professionalisiert. Die Entwicklung verlief im Wesentlichen in vier Phasen:27 Erste Vorformen gab es bereits mit der Entstehung nationaler Fernsehsysteme bis hinein in die 80er Jahre. Vor allem US-amerikanische Quizshows wurden mit starken Veränderungen in das deutsche Fernsehen übernommen. Mit der Etablierung kommerzieller Rundfunksender in Westeuropa entstand ein Formathandel, der vor allem Gameshows betraf (zum Beispiel „The Price is Right“). Anfang der 90er Jahre weitete sich der Formathandel auf andere Formattypen aus. Vor allem neue Genres wie Reality-TV und Daily Soaps schoben sich in den Fokus. In der gegenwärtigen vierten Phase vergrößert sich das inhaltliche Spektrum und neue Akteure gewinnen an Bedeutung. Hintergrund für die Entwicklung sind die De- bzw. Re-Regulierung und neue Distributionstechnologien, die für eine massive Angebotsausweitung durch neue, vor allem privat-kommerzielle TV-Sender sorgten und Content zu einem knappen Gut 25 26 27 Lobigs u.a. 2005, S. 109. Vgl. Moran, Albert (1997): Try and try again. The Restless Years and nationalising television drama. In: Australasian Drama Studies 30 (April 1997), S. 57-67. Vgl. Hallenberger, Gerd (2002): Fernsehformate und internationaler Formathandel. In: Hans-BredowInstitut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 130-137, hier S. 135. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 116 werden ließen. Entsprechend stiegen die Preise für attraktive Inhalte auf den Inhaltebeschaffungsmärkten mit einem Trend vom reinen Programmimport hin zu nationalen Produktionen.28 Hinzu kam, dass per Programmimport beschaffte Inhalte wie zum Beispiel US-amerikanische Sitcoms häufig nicht mehr so erfolgreich waren wie nationale Produktionen. Importierte Programme verloren an Marktwert. Außerdem sind ganze Genres vom Programmimport ausgeschlossen, wie zum Beispiel Talkshows. Vor allem der Trend zur lebensweltlichen Orientierung der Programme führte zu einer Forcierung des Formathandels und einer Abkehr vom Programmimport, denn die Orientierung an den Lebenswelten der Zuschauer ist nur in lokalen Kontexten gewährleistet.29 Ein weiterer Grund für den Trend zum Formathandel liegt in der Vernetzung der nationalen Fernsehmärkte infolge der Globalisierung bzw. Internationalisierung. Der durch die Kommerzialisierung des Fernsehens entstandene weltweite Fernsehmarkt ist nicht nur durch internationale Verflechtungen der Medienunternehmen gekennzeichnet, sondern auch durch den weltweiten Handel mit Programmen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Ziele der Sender (und auch Publika) ähnlich sind und mit gleichartigen Programmen bzw. Strategien verwirklicht werden, auch wenn Anpassungen vorgenommen werden und die Aneignung lokal erfolgt. Die kosmopolitische Klasse der Fernsehmacher, die in interpersonalen Netzwerken miteinander verbunden sind, „increasingly share similar concepts and attitudes about ‚what works’ and ‚what doesn’t’ in commercial television”.30 2.3 Motive und Merkmale des Fernsehformathandels Beim Formathandel erhalten Sender oder Produzenten per Lizenzvertrag vom entsprechenden Rechteinhaber die Rechte an einem Format, das bereits in anderen Ländern erfolgreich ausgestrahlt wurde.31 Die Lizenznehmer erwerben Rechte für Produkte mit standardisierten Produktionsmustern für ein bestimmtes Ausstrahlungsgebiet und eine festgelegte Dauer und können gleichzeitig Differenzierungen im Hinblick auf den Zielmarkt und seine nationale Fernsehtradition respektive den 28 29 30 31 Vgl. Lobigs u.a. 2005, S. 93; Hallenberger, Gerd (2004): Fernsehformate und internationaler Formathandel. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden, S. 159-167, hier S. 159; Waisbord, Silvio (2004): McTV: Understanding the Global Popularity of Television Formats. In: Television New Media, Vol. 5, No. 4, S. 359-383, hier S. 360. Vgl. Hallenberger 2004, S. 159, 162; Karstens, Eric/Jörg Schütte (1999): Firma Fernsehen. Wie TVSender arbeiten. Alles über Politik, Recht, Organisation, Markt, Werbung, Programm und Produktion. Reinbek, S. 484; Mikos, Lothar (2002): Lokale Orientierung des globalen Fernsehmarktes am Beispiel „Big Brother“. In: Hepp, Andreas/Martin Löffelholz (Hrsg.): Grundlagentexte zur transkulturellen Kommunikation. Konstanz, S. 436-455, hier S. 453. Waisbord 2004, S. 364. Der Lizenzvertrag behandelt die Wiederverfilmung und die Fernsehauswertung. Im Lizenzvertrag ist auch die Zahlung der Lizenzgebühr geregelt. Die Höhe der Formatlizenzgebühr (= Prozentsatz vom Produktionsbudget) liegt in aller Regel bei fünf bis zehn Prozent pro Folge. Von Lizenzverträgen können Optionsverträge unterschieden werden, die meist auf drei bis sechs Monate angelegt sind (vgl. Lantzsch 2008, S. 204ff., 241f.). PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 117 Programmstrategien des auftraggebenden Senders vornehmen. Neben den Rechten am Produkt selbst geht es beim Formathandel um das damit verbundene Know-how hinsichtlich des Produkts, der Produktion und der Vermarktung und den Transfer dieses Wissens.32 Der Know-how-Transfer ist in den Lizenzverträgen meist explizit festgeschrieben. Für den Lizenzgeber verbinden sich mit dem Formathandel weitere Einnahmen, und zwar aus den Lizenzgebühren, aus Zahlungen bezogen auf den Knowhow-Transfer und aus der Beteiligung an der Nebenrechteauswertung und anderen Einnahmen des Lizenznehmers. In seinem Interesse liegen der weltweite Verkauf und der Erfolg der einzelnen, nationalen Versionen. Für die Formatkäufer wird durch die Übernahme eines erprobten Konzepts bzw. durch den damit verbundenen Know-how-Transfer das Risiko eines Flops minimiert.33 Dies ist vor dem Hintergrund, dass Unterhaltung für die Veranstalter mit großer Unsicherheit hinsichtlich der Erfolgswahrscheinlichkeit und damit einem hohen Risiko besonders angesichts hoher „first copy costs“ verbunden ist, von großer Bedeutung. Die Reduktion des hohen Risikos von Unterhaltungsformaten kann als Motor des Formathandels gesehen werden, wobei der erwarteten höheren Erfolgswahrscheinlichkeit die Annahme zugrunde liegt, „dass Erfolg in einem Markt auch Indikator für Erfolg in einem anderen sein dürfte“.34 Neben den erhöhten Erfolgschancen liegen aus Sendersicht die Vorteile des Formathandels in den geringeren Entwicklungs-/Produktionskosten, der Generierung von quasi einheimischem Programm und damit der Erfüllung möglicher nationaler Programmquoten. Hinzu kommen zusätzliche Erlösquellen durch die in aller Regel kommerzielle Ausrichtung eines Formats, beispielsweise durch die multimediale Content-Verwertung, Product-Placements oder Merchandising.35 Problematisch für den Formathandel ist, dass Formate nicht rechtsverbindlich definiert sind und damit häufig durch andere Sender bzw. Produzenten mit wenigen Änderungen kopiert werden können und nicht gekauft werden müssen. Kritisch 32 33 34 35 Vgl. Göttlich, Udo/Jörg-Uwe Nieland (2001): Know-how-Transfer und vernetzte Content-Produktion. Veränderungen der Fernsehunterhaltungsproduktion auf dem europäischen Fernsehmarkt. In: Karmasin, Matthias/Manfred Knoche/Carsten Winter (Hrsg.): Medienwirtschaft und Gesellschaft 1. Medienunternehmen und die Kommerzialisierung von Öffentlichkeit. Münster, S. 159-181; Lang, Simone (2001): Effekte von „Big Brother“ auf den deutschen Programm- und Produktionsmarkt. In: BöhmeDürr, Karin/Thomas Sudholt (Hrsg.): Hundert Tage Aufmerksamkeit. Das Zusammenspiel von Medien, Menschen und Märkten bei „Big Brother“. Konstanz, S. 253-265, hier S. 259. Vgl. Magder, Ted (2004): The End of TV 101. Reality Programs, Formats, and the New Business of Television. In: Murray, Susan/Laurie Ouellette (Hrsg.): Reality TV. Remaking Television Culture. New York/London, S. 137-156, hier S. 147; Moran, Albert (1998): Copycat TV. Globalisation, Program Formats and Cultural Identity. Luton, S. 20. Price, David (2002): Der Programmrechtemarkt im digitalen Zeitalter. Analyse am Fallbeispiel Großbritannien. In: Media Perspektiven, Heft 7, S. 319-333, hier S. 325. Vgl. Kellison, Cathrine (2006): Producing for TV and Video. A Real-World Approach. Amsterdam u.a., S. 90; Television-Research-Partnership/Tim Colwell/David Price (2005): Rights of Passage. British Television in the Global Market. Commissioned by British Television Distributors' Association and UK Trade & Investment. London, S. 16; Magder 2004, S. 145ff.; Price 2002, S. 325. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 118 anzumerken ist außerdem, dass Formate keine Erfolgsgarantie sind, was sich anhand vieler Gegenbeispiele zeigen lässt.36 Die Erfolgschancen können auch von der Zugehörigkeit eines Formats zu einer Sparte abhängen: So ist das Risiko im Bereich Fiktion höher, da die Inhalte dort oft stark kulturspezifisch sind, was eine hohe Adaptionsleistung erfordert, um den „cultural discount“ zu umgehen.37 Der Markt für Formate ist also, wie andere Medienmärkte auch, geprägt von einer hohen Erfolgsunsicherheit. Diese Unsicherheit führt dazu, dass sich die Branche nach Markttrends ausrichtet. Auf eine erfolgreiche Modewelle springen andere Akteure auf und verstärken damit den Trend. Markttrends sind u.a. beobachtbar auf den großen Programmmessen, auf denen auch Formate gehandelt werden. Ihre Bedeutung als tatsächlicher Marktplatz sinkt allerdings, zumal die meisten Akteure inzwischen ein „non-stop monitoring“ der weltweiten Fernsehmärkte betreiben und die entscheidenden deals vorab ausgehandelt werden. Die Messen spielen jedoch eine große Rolle im Rahmen der Beziehungspflege der Akteure. Vor allem die Beziehungen zu potenziellen Lizenznehmern sind zu pflegen, denn der internationale Formatmarkt ist ein Käufermarkt und allenfalls im Fall von besonders begehrten Formaten ein Verkäufermarkt. Als Käufermarkt wird eine Marktsituation bezeichnet, in der sich der Käufer in einer verhandlungstechnisch günstigeren Position als der Verkäufer befindet. Beim Formathandel sind die Käufer (die Fernsehsender) den Anbietern (Produzenten) gegenüber im Vorteil, denn sie haben eine genügend starke Marktposition, um Preise und Angebotsmengen zu bestimmen. Die Fernsehsender können beispielsweise Preisnachlässe und Vertragsbedingungen diktieren, wie im Sommer 2009 das Beispiel der NDR-Fernsehfilmchefin zeigte, die ihre Machtposition für betrügerische Machenschaften missbrauchte. Genutzt wird der Formathandel als kombinierte Form der Programmbeschaffung und Programmproduktion für massenattraktive, kostengünstig zu produzierende serielle Non-Fiction-Formate wie Game-/Quizshows, Real-Life-Soaps oder Talkshows. Im Fiction-Bereich betrifft diese Form des Programmbezugs vor allem die Daily Soaps. All diese Formate, die eher populären Programmbereichen zuzuordnen sind, zeichnen sich durch relativ geringe Produktionskosten aus, können in hoher Frequenz gesendet werden und haben einen relativ hohen Anteil konstanter Elemente. Fiktionale Formate weisen hingegen mehr variable Elemente auf. Oft entwickeln sie im Laufe der Zeit ein Eigenleben. 36 37 Vgl. Bignell, Jonathan (2004): An Introduction to Television Studies. London/New York, S. 65. Vgl. Zabel, Christian (2004): Risikomanagement bei der Markteinführung neuer TV-Formate. Ergebnisse und Analyse einer Expertenbefragung. In: Medienwirtschaft, Jg. 1, Heft 3, S. 134-142, hier S. 137. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 119 3. Organisation des internationalen Fernsehformathandels: Flowing Networks 3.1 Wertschöpfungskette des Formathandels Unsere empirischen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsformaten entlang mehrerer Netzwerke erfolgt, die wir als „Flowing Networks“ bezeichnet haben.38 Die Grundlage dieser Netzwerke bildet der Wertschöpfungsprozess, also die Möglichkeit, in den unterschiedlichen Stadien von Entwicklung, Produktion und Handel von Unterhaltungsformaten Erlöse zu erzielen. Die Wertschöpfungskette des Formathandels lässt sich in einen nationalen und einen internationalen Teil aufsplitten, in beiden Teilen können die Phasen Entwicklung, Distribution im Sinne von Handel, Produktion und Ausstrahlung unterschieden werden (vgl. Abb. 3). Abb. 3 WERTSCHÖPFUNGSKETTE EINES FORMATS AUF INTERNATIONALEN TV-MÄRKTEN NATIONAL INTERNATIONAL ENTWICKLUNG DISTRIBUTION PRODUKTION AUSSTRAHLUNG DISTRIBUTION REPRODUKTION AUSSTRAHLUNG 'originator' 'distributor' 'producer' 'broadcaster' 'distributor' 'producer' 'broadcaster' Formatentwickler Produzent Sender Produzent Formathändler Sender (Formatentwickler) Produzent Sender Sender Formathändler Produzent Sender (Formatentwickler) Produzent Sender Sender Idee, 'paper format', Pilot 'paper format', Pilot Fertige Sendung Ausgestrahlte Sendung 'TV format package' Adaptierte Sendung Ausgestrahlte Sendung Alle Stufen der Wertkette sind unmittelbar mit bestimmten Funktionen verknüpft, die jeweils von unterschiedlichen Akteuren übernommen werden können. So ist mit der Phase der Produktion die Funktion des Producers verbunden, die sowohl von einem Produktionsunternehmen (Auftragsproduktion) als auch von einem Sender im Falle einer Eigenproduktion wahrgenommen werden kann. Das Spektrum reicht von einem Akteur, der auf allen Wertschöpfungsstufen aktiv ist (ein Produktionsunter38 Vgl. Altmeppen u.a. 2007. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 120 nehmen, das Formate entwickelt, produziert und handelt), bis hin zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Akteuren, die entsprechend ihrer Ressourcen und Kompetenzen ihre Funktion innerhalb der Wertkette erfüllen. Vor allem Sendern stehen alle Stufen der Wertschöpfungskette als Betätigungsfeld zur Verfügung. Sie sind als Financiers der Endprodukte in der Lage, sich auf dem Entwicklungs-, Produktions-, dem eigentlichen Fernseh- und dem Werbemarkt zu engagieren. In der Konsequenz sind für jedes Format und für jeden Markt unterschiedliche Organisationsformen bzw. völlig unterschiedlich ausgeprägte Netzwerke möglich. 3.2 Interorganisationale Netzwerke im internationalen Fernsehformathandel Die vielzähligen, potenziellen Akteure, die innerhalb der Wertkette von Formaten aktiv sind, arbeiten innerhalb von organisationalen Netzwerken zusammen, um Formate zu entwickeln und zu produzieren, zu distribuieren und zu reproduzieren. Netzwerke sind eine Form von Kooperationen, bei der mehr als zwei rechtlich unabhängige Organisationen zwecks Generierung von Wettbewerbsvorteilen zusammenarbeiten. Kooperationen sind wiederum eine hybride – oder je nach Sichtweise eigenständige – Form der Koordination zwischen Markt und Hierarchie. Charakteristisch für kooperative Beziehungen ist die gemeinsame Aufgabenbearbeitung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit aller Beteiligten. Die Zusammenarbeit erfolgt freiwillig, Vereinbarungen werden in aller Regel vertraglich festgehalten, und die Maßnahmen werden bewusst koordiniert.39 Das Netzwerk des Formathandels, hier in einem weiteren Verständnis (kombinierte Form der Beschaffung und Produktion), setzt sich genau genommen aus mehreren Netzwerken zusammen: dem Netzwerk der Produktion (Formatproduktionsnetzwerk) auf dem ursprünglichen Fernsehmarkt (Produzent, Sender, Dienstleister), dem marktnahen Netzwerk des Formathandels (Lizenzgeber, Lizenznehmer, ggf. Rechtehändler oder Anwälte) und dem Netzwerk der Reproduktion (Formatproduktionsnetzwerk) im adaptierenden Land (Produzent, Sender, Dienstleister). Hinzu kommt das Netzwerk des Know-how-Transfers (Lizenzgeber, Lizenznehmer, ggf. Produzenten, Sender, Rechtehändler), das die Beteiligten verbindet und für das die anderen Netzwerke Voraussetzung sind (vgl. Abb. 4). Ein weiteres wesentliches Kennzeichen der Netzwerke liegt darin, dass sie bei der Koordination unterschiedlich stark auf marktliche oder hierarchische Elemente zurückgreifen, quasi oft zwischen Markt und Hierarchie hin- und herschwingen. Als „Flowing Networks“ bezeichnen sie den Umstand, dass keine eindeutige Orientierung auf Hierarchie (also unternehmensinterne Erstellung) und Markt (also externe Beschaffung) vorliegt, sondern dass die Akteure zwischen diesen beiden Polen situa39 Vgl. Picot, Arnold/Ralf Reichwald/Rolf T. Wigand (2001): Die grenzenlose Unternehmung. Information, Organisation und Management. Lehrbuch zur Unternehmensführung im Informationszeitalter. Wiesbaden, S. 304ff.; Windeler, Arnold (2005): Netzwerktheorien. Vor einer relationalen Wende? In: Zentes, Joachim/Bernhard Swoboda/Dirk Morschett (Hrsg.): Kooperationen, Allianzen und Netzwerke. Grundlagen, Ansätze, Perspektiven. Wiesbaden, S. 211-233, hier S. 229. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 121 tionsadäquat die organisationale Form wählen, was häufig eben auch eine Mischform sein kann.40 Abb. 4 NETZWERKE DES FORMATHANDELS Hierarchie Netzwerk des Knowhow-Transfers Produktionsnetzwerk Produzenten Consultants Entwickler Studios Produzent Sender Cutter Know-how Autoren Technische Dienstleister Lizenznehmer Lizenzgeber Lizenzhändler Produktionsnetzwerk Studios (Lizenzgeber) Sender Produzent Cutter Autoren Technische Dienstleister Anwälte Land A Netzwerk des Knowhow-Transfers Land B Lizenz Markt 3.3 Know-how-Transfer innerhalb von organisationalen Netzwerken Innerhalb der Netzwerke werden unterschiedliche Wissensbestände verknüpft und weitergegeben. Erst organisationale Netzwerke als Form der Kooperation ermöglichen den komplexen Know-how-Transfer zwischen den beteiligten Akteuren des Formathandels. In der Medienbranche, die eine wissensintensive Branche bzw. eine Dienstleistungsbranche ist, wird das Konzept der organisationalen Netzwerke zur Standardisierung und Individualisierung wissensintensiver Dienstleistungen genutzt,41 denn eine zentrale Triebkraft für den Trend zu Organisationsformen zwischen Markt und Hierarchie ist die auch weiterhin zunehmende Wissensbasierung der unternehmerischen Aktivitäten.42 Der Know-how-Transfer dient dem gegenseitigen Austausch des Wissens über das Format, das im Lizenzvertrag geregelt ist. Der Lizenzgeber stellt sein Know-how bezüglich Produkt, Produktion und Vermarktung zur Verfügung und profitiert umgekehrt vom Lernprozess infolge der Zusammenarbeit mit dem Lizenznehmer. Er schützt damit sein Format vor einer Beschädigung durch Fehler bei der Adaption. 40 41 42 Vgl. Altmeppen u.a. 2007. Vgl. Well, Bennet van (2001): Standardisierung und Individualisierung von Dienstleistungen. Zur Organisation wissensintensiver Unternehmungsnetzwerke. Wiesbaden; Windeler, Arnold (2001): Unternehmensnetzwerke. Konstitution und Strukturation. Wiesbaden, S. 13. Vgl. Müller-Jentsch, Walther (2003): Organisationssoziologie. Eine Einführung. Frankfurt/M., S. 114f. PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 122 Wie groß dabei der Spielraum der Adaption ist, hängt vom Format, seinem Markterfolg und der Macht des Formatinhabers ab. Der Lizenzgeber hat stets die „final decision“. Wichtige Instrumente des Know-how-Transfers sind die „production bible“ und die sogenannten „flying producers“. Die bible stellt eine Art „Rezeptbuch“ dar und ist die Grundlage für die Reproduktion. Sie wird beständig aktualisiert und dokumentiert die Inhalte, die Produktion sowie bisherige Quoten. Darüber hinaus enthält sie Marktanalysen und Ergebnisse der Marktforschung, Aussagen zu Budgets und möglichen Fehlerquellen sowie Angaben zu Strategien, vor allem für die Markteinführung. Die „flying producers“ (Produzenten oder Produktionsbeobachter des Rechtegebers) werden auch als „consultants“ oder „consultant producers“ bezeichnet. Sie begleiten und kontrollieren vor Ort die Adaptionsprozesse. Schließlich erhöht ein auf mehreren Fernsehmärkten erfolgreiches Format die Wahrscheinlichkeit von weiteren Lizenzverkäufen. Zudem hat der Lizenznehmer eine „consultancy fee“ für die Beratungsleistungen, die meistens während der Vorproduktionsphase und am Ende der Produktion genutzt werden, zu zahlen. 4. Fazit Der internationale Fernsehformathandel kann als kombinierte Form der Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsformaten definiert werden, bei der Lizenznehmer und Lizenzgeber Formate kaufen bzw. verkaufen, um ein Remake eines schon existierenden Programms in einem anderen Land zu erstellen. Gehandelt wird die Ware Fernsehformat im Sinne eines „TV format package“. Typisch für den Fernsehformathandel ist der Know-how-Transfer zwischen den Beteiligten. Das Spektrum der beteiligten Akteure reicht von der „Ein-Mann-Ideenschmiede“ bis zum internationalen Konzern. Beim internationalen Fernsehformathandel geht es genau genommen nicht um ein einzelnes Netzwerk, sondern um mehrere Netzwerke, deren Charakter sich verändert. Sie sind mal mehr, mal weniger marktlich oder hierarchisch dominiert. Die Ausprägung der Netzwerke hängt vor allem davon ab, welche Phase des Formathandels betrachtet wird, welche Akteure in welcher Konstellation beteiligt sind, wer die Lizenzen kauft bzw. verkauft und um welche Rechte es im Detail geht. Das in diesen Netzwerken gemanagte Know-how bezieht sich vor allem auf den Bereich der Produktion bzw. Reproduktion und des Marketings. Zur Sammlung, Weitergabe und adäquaten Anwendung des Know-hows wurden spezifische Instrumente entwickelt: In der „production bible“ werden Teile des Wissens als Grundlage der Reproduktion zusammengefasst. Bei der Weitergabe und Anwendung des Know-hows spielen vor allem „flying poducers“ eine große Rolle, die vor Ort die Adaptionsprozesse begleiten und kontrollieren. Festhalten lässt sich, dass aus dem Blickwinkel einer vernetzten ContentProduktion Lizenzgeber, Lizenznehmer und andere beteiligte Akteure in einem orga- PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION 123 nisationalen Netzwerk zusammenarbeiten, um ein standardisiertes Unterhaltungsformat an kulturelle Besonderheiten auf nationalen Fernsehmärkten anzupassen.43 Der Lizenzgeber kennt „sein“ Unterhaltungsformat und hat bereits Erfahrungen hinsichtlich dessen Produktion und Vermarktung sammeln können. Der Lizenznehmer verfügt über Wissen bezüglich seines Heimatmarkts und dessen Eigenheiten. Die Kombination dieses jeweiligen Know-hows ermöglicht die Transformation eines Formats auf neue Märkte. 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PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 126 Wissenschaft im deutschen Fernsehen Eine vergleichende Analyse spezialisierter Sendungen Markus Lehmkuhl Wissenschaft im deutschen Fernsehen lässt sich keinem bestimmten Genre zuordnen. Das Fernsehen entzieht wissenschaftliche Inhalte dem analytischen Blick durch einen bemerkenswert kreativen Umgang mit der Wissenschaft. Sie verbirgt sich zuweilen hinter einer Expertise vermittelnden Ökotrophologin in Magazinbeiträgen, in denen der angestrengte Verzehr riesiger Würste oder Quadratmeter großer Schnitzel eigentlicher Hauptgegenstand fernsehpublizistischer Inszenierungsbemühungen unter dem Label des Wissens-TV ist. Die Abläufe im Verdauungstrakt und die physischen Grenzen der Nahrungsaufnahme bilden dabei eine Art parallelen Erzählstrang. Ähnlich problematisch sind Inhalte, die ihren wissenschaftlichen Ursprung bewusst zu verschleiern suchen. Ein Beispiel war eine aufwendig gestaltete ARD-Dokumentation über die möglichen Auswirkungen des Klimawandels, in der der Schauspieler Robert Atzorn in der Rolle des sich sorgenden Laien agierte, der beständig an die Vernunft der Regierenden appellierte, und der Romanautor Frank Schätzing (Der Schwarm) in der Rolle des alles wissenden Experten den wissenschaftlichen Part übernahm. Einen Wissenschaftler sah man in dieser Sendung nicht. Wissenschaft ist aber auch ganz offensichtlich anzutreffen in der „Tagesschau“ oder in „heute“. Die Anteile dort mag man als zu niedrig kritisieren,1 das ändert jedoch nichts daran, dass Wissenschaft mehr oder minder regelmäßig, mehr oder minder explizit Gegenstand von Nachrichtensendungen wird oder von Politmagazinen oder Wirtschaftsformaten oder Kulturprogrammen ... Wissenschaft im Fernsehen war und ist ein „Querschnittsfach“, dessen Bedeutung sich im Wesentlichen aus zwei voneinander unabhängigen Faktoren ergibt. Da ist zum einen der gesellschaftliche Bedeutungszuwachs der Wissenschaft, der unter dem Begriff der Verwissenschaftlichung Teil insbesondere soziologischer Beschreibungen gesellschaftlicher Realität geworden ist. Verwissenschaftlichung meint hier den Zuwachs an Bezügen zwischen der Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Teilsystemen, die in dem Maße zunehmen, in dem Wissenschaft anwendungsfähiges und damit gesellschaftlich relevantes Wissen etwa in Form von technischen Artefakten zur Nutzung zur Verfügung stellt. Dieser Prozess wiederum wird wissenschaftlich flankiert in dem Sinne, dass Wissenschaft – reflexiv – mit wissenschaftlichen 1 Vgl. León, Bienvenido (2006): Science news as marginal topic. European television channels compared. In: Willems, Jaap/Winfried Göpfert (Hrsg.): Science and the Power of TV. Amsterdam, S. 101-113; Ders. (2008): Science related information in European television: a study of prime-time news. In: Public Understanding of Science, Vol. 17, S. 443-460. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 127 Methoden die mutmaßlichen Folgen der wissenschaftsgetriebenen gesellschaftlichen Veränderungen reflektiert, ein Prozess, der zum Beispiel in der Technikfolgenabschätzung institutionalisiert worden ist.2 Diese Entwicklung, so lässt sich annehmen, führt zu vermehrten Bezügen zur Wissenschaft, zumindest in Programmteilen, die gesellschaftliche Teilsysteme bezogen auf relevante Ereignisse beobachten. Zum anderen deuten die inhaltlichen Verschiebungen hin zu einer vermehrten Verbreitung von „nicht aktueller Sachpublizistik“ in den Vollprogrammen,3 die vergleichsweise hohe Beliebtheit von wissenschaftsbezogenen Podcasts4 sowie hohe Lesequoten für wissensbezogene Inhalte in Tageszeitungen5 darauf hin, dass es ein nur schwer näher zu qualifizierendes Zuschauerinteresse an „Wissen“ und „Hintergrund“ zu geben scheint, was die Thematisierung von Wissenschaft in allen Publikumsmedien begünstigen dürfte. Ebenso wie bei der zuerst geschilderten Entwicklung ist es nicht plausibel anzunehmen, dass dieses Zuschauerinteresse nur von einzelnen, auf eben die Befriedigung dieses sehr unspezifischen Interesses an „Hintergrund“ oder „Wissen“ zugeschnittenen Sendungsformaten bedient wird. Stattdessen ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Sendungen bemüht ist, auf dieses Zuschauerinteresse durch geeignete Angebote zu reagieren. Dies macht zunächst deutlich, dass man, will man Wissenschaftsbezüge im Fernsehen oder in einem anderen Medium generell analysieren, nicht umhinkommt, das gesamte Programmangebot zu untersuchen, und zwar mindestens auf Beitragsoder Artikelniveau. Die Ergebnisse solcher Analysen sind aber recht schwer zu interpretieren, wie einzelne Beispiele zeigen,6 solange sie, gänzlich wissenschaftszentriert, fixiert bleiben auf den Anteil von Wissenschaft in größeren Einheiten wie Tageszeitungen oder Fernsehprogrammen. Das Hauptproblem solcher Bemühungen besteht darin, dass man über den Nachweis bestimmter Anteile von Wissenschaft hinaus nichts lernt über die Einflüsse, die sie ermöglichen oder wenigstens beeinflussen. Aus diesem Grund wird im Folgenden nicht nach den Anteilen von Wissenschaft im Programm gefragt, sondern nach Ausmaß und Grad der sendungsbezogenen Spezialisierung auf Wissenschaft. Ausgehend von der Einheit „Spezialisierte Sendung“ wird zunächst die spezialisierte Thematisierung von Wissenschaft beschrieben, um im Anschluss daran aus einer internationalen Perspektive zu fragen, 2 3 4 5 6 Vgl. Weingart, Peter (2001): Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft. Weilerswist. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissens- und Wissenschaftsfernsehen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80. Vgl. Martens, Dirk/Rolf Amann (2007): Podcast: Wear-out oder Habitualisierung? Paneluntersuchung zur Podcastnutzung. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 538-551. Vgl. Imboden, Carlo (2008): „Es wäre naiv, nur auf die Quote zu schauen!“. In: WPK-Quarterly, Nr. 1, S. 2-5. URL: http://www.wpk.org. Vgl. Bucchi, Massimo/Renato G. Mazzolini (2003): Big science, little news: science coverage in the Italian daily press, 1946–1997. In: Public Understanding of Science, Vol. 12, S. 7-24; Bauer, Martin W./Kristina Petkova/Pepka Boyadjieva/Galin Gornev (2006): Long-Term Trends in the Public Representation of Science Across the „Iron Curtain“: 1946–1995. In: Social Science Studies, Vol. 36, No. 1, S. 99-131. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 128 welche Charakteristiken des Mediensystems und welche des Mediums Fernsehen für das Verständnis von Grad und Richtung der Spezialisierung erklärungskräftig sind. Die internationale Perspektive wird dadurch ermöglicht, dass die vorgestellten Daten einen Auszug darstellen aus einer auf 13 europäische Länder bezogenen Vollerhebung spezialisierter Sendungen.7 1. Zur Definition von auf Wissenschaft und Technik spezialisierten Sendungen Auf Wissenschaft spezialisierte Sendungen repräsentieren, wie gesagt, kein eigenes Genre. Es handelt sich dabei allenfalls um eine Art Sammelbezeichnung für spezielle Sendungen, die den unterschiedlichsten Genres zuzurechnen sind. Unter ihnen finden sich Magazine („nano“), Ratgeber („Quivive“), Dokumentationen („Terra X“), das Fernsehquiz („Clever“), die Talkshow („Scobel“), selbst die AbendUnterhaltungsshow („Die große Show der Naturwunder“). Im britischen Fernsehen existiert sogar eine Art Reality-Soap mit Wissenschaftlern in den tragenden Rollen. Aus diesem Grund entziehen sich diese Sendungen einem einfachen Zugriff wie etwa dem aus der Filmwissenschaft bekannten, wonach ein Western das ist, was ein Filmexperte zu diesem Genre zählt.8 Solche Definitionen eignen sich für auf Wissenschaft spezialisierte Sendungen allenfalls bedingt, weil anders als beim Western mit großer Sicherheit zwei Experten nicht annähernd dieselben Sendungen diesem Sendungstyp zuordnen würden. Man kommt angesichts dessen nicht umhin, für die Selektion von Sendungen zunächst inhaltsbezogene Merkmale zu nennen, die die Gruppe infrage kommender Sendungen bezogen auf das Erkenntnisinteresse eingrenzt. Hier interessieren Sendungen, in denen - Themen (z.B. Forschungsergebnisse), die den Natur- und/oder Sozial- und/ oder Geisteswissenschaften zuzurechnen sind, ausschließlicher oder hauptsächlicher Sendungsbestandteil sind; hauptsächlich oder ausschließlich gesellschaftliche, politische, ökonomische oder der Lebenswelt von Menschen zuzurechnende Themen verbunden werden mit wissenschaftlicher Expertise bzw. mit wissenschaftlichen Erklärungen. Ergänzt wird dieser inhaltsbezogene Ansatz um vier „Fernsehgenres“, die zusätzlich in das Sample aufgenommen wurden. Diese Sendungen erfüllen zwar in der Regel nicht die oben genannten Bedingungen, wurden aber wegen ihrer mindestens teilweisen Spezialisierung auf Wissenschaft als Genres in die Untersuchung einbezogen. Dazu zählen das Gesundheitsmagazin, das Technik- und Computermagazin sowie das Umweltmagazin. 7 8 Vgl. Lehmkuhl, Markus/Yvonne Cunningham/Christina Karamanidou/Tuomo Mörä/Kristina Petkova/AVSA-Team (2009): Science on TV and Radio in Europe: A comparative Analysis in 13 European Memberstates. Paper präsentiert auf der Jahrestagung der DG PuK, Bremen, Mai 2009. Vgl. Hallenberger, Gerd (2002): Das Konzept „Genre“: Zur Orientierung von Medienhandeln. In: Gendolla, Peter/Peter Ludes/Volker Roloff (Hrsg.): Bildschirm – Medien – Theorien. München, S. 83-110. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 129 Der unmittelbare operationale Zugriff auf diese Sendungen wurde durch Programmzeitschriften und Selbstbeschreibungen der Sendungen im Internet gewährleistet, wobei die Sendungen durch ihre Titel, Untertitel und Themenlisten eine Spezialisierung auf Wissenschaft und Technik, Umwelt oder Gesundheit erwarten lassen mussten, etwa dadurch, dass diese Begriffe oder der Name einer wissenschaftlichen Disziplin genannt wurden. Weiterhin aufgenommen wurden Sendungen, die unter einer entsprechend benannten Rubrik im Internet gelistet waren (Wissen, Technik, Gesundheit, Umwelt). Legt man diese Operationalisierung zugrunde, ergibt sich für das deutsche Fernsehen ein Korpus von 94 Sendungen, die in den Jahren 2007 und 2008 von Sendern verbreitet wurden, deren Marktanteil über einem Prozent lag und die zusammen 85 Prozent der Fernsehzuschauer erreichten.9 2. Erkenntnisinteresse und Analysestrategie Das Erkenntnisinteresse der nachfolgenden Analyse besteht darin, den heterogenen Korpus von Sendungen bezogen auf fünf unterscheidbare redaktionelle Spezialisierungen eingehender zu untersuchen.10 Die Sendungen werden unterschieden hinsichtlich ihres Aktualitätsbezugs und hinsichtlich der Art ihres Wissenschaftsbezugs. Differenziert wird danach, ob Sendungen in der Wissenschaft generierte Ereignisse (z.B Studienergebnisse) aufgreifen und rekonstruieren oder nicht. Diese beiden Kriterien ermöglichen die theoretische Unterscheidung von zunächst drei Sendungstypen in Bezug auf ihre Aufgabe und ihre Spezialisierung: - - 9 10 Informationssendungen, d.h. Sendungen, in denen hauptsächlich wissenschaftliche Ereignisse (z.B. Studienergebnisse) als Neuigkeiten rekonstruiert werden und/oder in denen aktuelle, nicht von der Wissenschaft selbst generierte Ereignisse (z.B. Naturkatastrophen, Unfälle, Havarien) mit wissenschaftlicher Expertise verknüpft werden. Spezialisiert sind diese Sendungen auf die Beobachtung von Wissenschaft, d.h. sie stehen vor dem Kernproblem, wissenschaftliche Ereignisse zu finden, die nicht nur neu sind, sondern auch öffentlich relevant. Und sie stehen vor dem Problem, schnell wissenschaftliche Expertise zu einem aktuellen, öffentlich relevanten Thema bereitzustellen. Popularisierende Sendungen, d.h. Sendungen, in denen wissenschaftliche Ereignisse nicht aktualitätsbezogen ausgewählt werden, sondern bezogen auf ihre massenattraktive „Vermittelbarkeit“. Spezialisiert sind sie nicht auf die Beobachtung von Wissenschaft, vielmehr auf die Vermittlung von an sich nicht neuen wissenschaftlichen Ereignissen, etwa einer abenteuerlichen Reise zu den Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit oder einer Lösung von Rätseln. ARD/Das Erste, ZDF, Dritte Programme der ARD, 3sat, KiKa, RTL, RTL II, Super RTL, VOX, Sat.1, ProSieben, kabel eins. Vgl. Lehmkuhl u.a. 2009; Lublinski, Jan (2004): Wissenschaftsjournalismus im Hörfunk. Redaktionsorganisation und Thematisierungsprozesse. Konstanz. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 130 - Bildende/Erklärende Sendungen, d.h. Sendungen, in denen wissenschaftliche Erklärungen für im weitesten Sinne lebensweltbezogene Phänomene angeboten werden. Das Kernproblem dieser Sendungen besteht darin, aus der Vielzahl möglicher Lebensweltbezüge die interessantesten auszuwählen. Um dieses Problem organisatorisch effizient zu lösen, wird in diesen Sendungen sehr häufig auf Zuschauerfragen zurückgegriffen, die dann beantwortet werden (z.B. „Kopfball“ oder „Wissen vor 8“, beide ARD/Das Erste). Spezialisiert sind diese Sendungen auf die Erklärung lebensweltbezogener Phänomene. Darüber hinaus gibt es zwei weitere Sendungstypen, die sich in die bisher entwickelte Typisierung nicht einordnen lassen, weil sie eine andere, klar zu unterscheidende Spezialisierung haben und andere Aufgaben erfüllen. Dazu zählen: - - Ratgebende Sendungen, wobei die Auswahl hier auf jene Sendungen beschränkt bleibt, deren Rat sich auf die Themenbereiche Gesundheit, Computer und Technik bezieht. Es handelt sich um Sendungen, die aktualitätsorientiert Ereignisse aus ihrem Themenbereich aufgreifen, d.h. um Sendungen, die eine Spezialisierung auf die Beobachtung für ihren Themenbereich relevanter Umwelten aufweisen, zu der auch die Wissenschaft zählt, und auf ihre nutzwertorientierte Vermittlung als Ratschlag. Anwaltschaftlich orientierte Sendungen, womit in diesem Zusammenhang die Umweltmagazine gemeint sind, die ebenfalls spezialisiert sind auf Beobachtung der für diesen Themenbereich relevanten Umwelten (inkl. Wissenschaft). Zu unterscheiden sind diese Sendungen von den Ratgebern und den übrigen Sendungstypen aber nicht vorrangig durch ihre Begrenzung auf ein Themenfeld, sondern durch ihre anwaltschaftliche Orientierung. Umweltmagazine selektieren und rekonstruieren ihre Inhalte immer mit Bezug auf den Schutz der Umwelt. Diese Unterscheidungen sind theoretisch insofern gehaltvoll, als sie auf konzeptionelle Programmentscheidungen verweisen, die die Zahl möglicher medialer Rekonstruktionen von Wissenschaft in spezialisierten Sendungen begrenzen. Erklärende Formate können keine auf die Wissenschaft bezogene Beobachtungsleistungen erbringen, popularisierende Formate können nicht aktualitätsbezogen wissenschaftliche Ereignisse rekonstruieren usw. Mit den oben unterschiedenen konzeptionellen Entscheidungen rahmen Sender den Bereich des Möglichen ein. 3. Die Struktur der Thematisierung von Wissenschaft im deutschen Fernsehen 3.1 Spezialisierung Das deutsche Fernsehen wird eindeutig dominiert von Sendungen, die, unserer Definition folgend, der Kategorie erklärender Sendungen zuzurechnen sind, d.h. sie sind spezialisiert auf die Verbindung lebensweltlich verankerter Phänomene mit wissenschaftlicher Expertise bzw. wissenschaftlicher Erklärung. Mit deutlichem Abstand folgen primär popularisierende Formate (vgl. Abb. 1). PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 131 SPEZIALISIERUNGSTYPEN IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 2007/2008 Abb. 1 (Anzahl der Sendungen, n=88)1 Information Popularisierung und Erklärung Popularisierung Erklärung Ratgeber Anwalt (Umwelt) 0 5 10 15 20 25 30 35 1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden. Die inhaltliche Konzeptionierung von zehn Sendungen konnte nicht eindeutig einer der beiden Gruppen zugeordnet werden, sie erwiesen sich als nicht festgelegt auf Popularisierung oder Erklärung (z.B. „W wie Wissen“). Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte aller identifizierten Sendungen eine Spezialisierung auf Erklärung und/oder Popularisierung aufweisen. Die auf die Themenbereiche Gesundheit, Technik und Computer spezialisierten, primär Rat gebenden Formate folgen mit großem Abstand. Das spezialisierte Segment der Umweltmagazine spielt nur eine untergeordnete Rolle in Deutschland, lediglich drei Sendungen lassen sich dieser Kategorie zurechnen. Elf Sendungen sind primär auf die aktualitätsorientierte Beobachtung von Wissenschaft spezialisiert, journalistische Formate haben in diesem Programmsegment demnach eine eher randständige Position. Der Blick auf die Verteilung der Sendungskonzepte nach Sendergruppen zeigt zunächst, dass solche Sendungen eine Domäne der öffentlich-rechtlichen Sender sind und dort speziell jener Sender, deren Marktanteile vergleichsweise niedrig sind (vgl. Abb. 2). Dies gilt ganz besonders für die Informationssendungen, aber auch für primär popularisierende und Rat gebende Formate, die sich bei den privaten Sendern nicht finden ließen. Wertet man die Präsenz unterschiedlicher Sendungstypen als einen Indikator für Vielfalt, zeigen sich deutliche Differenzen zwischen den öffentlich-rechtlichen, allen voran den Dritten Programmen der ARD, und den privaten Programmen. Die privaten Sender konzentrieren sich auf erklärende Formate, wobei der wissenschaftliche Ursprung dieser Erklärungen insbesondere bei diesen Sendungen häufig implizit bleibt. Sie beschränken sich damit fast ausschließlich auf die lebensweltorientierte Thematisierung und die Verknüpfung mit Erklärungen. Die öffentlich-rechtlichen sind zwar eindeutig vielfältiger als die privaten Programme, allerdings gilt das nicht für jeden öffentlich-rechtlichen Sender in gleicher Weise. Interessant sind die Unterschiede zwischen ZDF und ARD/Das Erste. Die PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 132 beiden großen öffentlich-rechtlichen Programme haben sich deutlich unterschiedlich profiliert. Die ARD hat Vielfältigkeit in diesem Programmsegment offenbar an ihre Dritten Programme delegiert, konzentriert sich selbst aber ähnlich wie die Privaten und anders als das ZDF auf erklärende Sendungen. Hier ist das ZDF mit nur einer Sendung vertreten. Das ZDF setzt demgegenüber stärker auf die Popularisierung von Wissenschaft. Klassische Ratgeber wie im Ersten Programm der ARD („Ratgeber Technik“, „Ratgeber Gesundheit“) finden sich im ZDF dagegen nicht. SPEZIALISIERUNGSTYPEN NACH SENDERGRUPPEN Abb. 2 (Anzahl der Sendungen, n=88)1 Information 50 Popularisierung und Erklärung 40 Popularisierung 30 Erklärung Ratgeber Anwalt (Umwelt) 20 10 0 ARD/ Das Erste ZDF Dritte RTL Group ProSieben Programme Sat.1 Media 3sat KiKa 1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden. Abbildung 2 gibt die tatsächlich verbreiteten Sendungen wieder. Dadurch ergibt sich ein verzerrtes Bild, soweit man Sendung und Produktion gleichsetzt. Insbesondere die Dritten Programme greifen zu einem beträchtlichen Teil auf Sendungen zurück, die von anderen Dritten Programmen, dem Ersten Programm der ARD oder 3sat produziert wurden. Fast die Hälfte der von den Dritten Programmen verbreiteten Sendungen (20 von 44) waren Übernahmen. Eine besonders große Neigung zur Übernahme haben die kleineren öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten RBB und HR, deren Angebot in diesem Bereich mehrheitlich nicht aus Eigenproduktionen besteht. Bei größeren Anstalten wie dem WDR und dem SWR dagegen machen Fremdproduktionen nur einen kleinen Teil aus. 3.2 Programmierung Bisher haben wir uns mit der Verteilung spezialisierter Sendungen beschäftigt, die jedoch noch nichts aussagt über tatsächlich gefüllte Programmflächen. Deshalb geht es nun darum, wie viele Programmminuten auf diese Sendungen entfallen. Als Einheit nutzen wir in Anlehnung an die im ALM Programmbericht übliche Angabe die PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 133 Sendezeit pro Tag in Minuten. Dies ist jedoch mit einigen Anmerkungen zu versehen. In den meisten Fällen (57 Prozent) wurden die hier analysierten Sendungen wöchentlich ausgestrahlt, lediglich 16 der 94 Sendungen (17 Prozent) wurden täglich verbreitet. Der Rest (26 Prozent) wurde seltener, entweder monatlich oder noch seltener gesendet. Wenn also im Folgenden von Sendeminuten pro Tag die Rede ist, handelt es sich um nicht mehr als eine Recheneinheit, die zu veranschaulichen hilft, welche Bedeutung dieses spezialisierte Programmsegment quantitativ hat. Die Minutenzahl wurde berechnet mithilfe der in 2007 und 2008 tatsächlich gesendeten Anzahl der Ausgaben der 94 identifizierten Sendungen, das waren 9.938 Ausgaben. Diese Zahl wurde mit der Länge jeder einzelnen Sendung multipliziert und anschließend entsprechend dividiert. Bei den Sendeminuten handelt es sich also um Durchschnittszahlen, die sich auf einen beliebigen Tag zwischen Januar 2007 und Dezember 2008 beziehen lassen. Ein Beispiel mag das veranschaulichen: Die ARD-Sendung „Kopfball“ wurde 2007 und 2008 insgesamt 48 Mal jeweils sonntags zwischen 11.00 Uhr und 11.30 Uhr ausgestrahlt. Es handelt sich in diesem Fall um ein im etwa zweiwöchentlichen Rhythmus ausgestrahltes, erklärendes Format, das mit knapp zwei Minuten täglicher Sendezeit in die Analyse eingeht. Durchschnittlich entfallen auf jede Sendung etwas mehr als sechs Minuten Sendezeit täglich. Dies trifft für die elf informierenden und 32 erklärenden Formate auch weitgehend zu. Mit zwei Minuten täglich bilden die 16 primär popularisierenden Formate das Schlusslicht. Nur geringfügig mehr Sendezeit entfällt mit gut zweieinhalb Minuten auf die 16 Ratgeber. Die drei Umweltmagazine kommen auf durchschnittlich je knapp vier Minuten. Mit Abstand die meiste Sendezeit füllen die zehn Formate, die sowohl popularisierende als auch erklärende Inhalte aufweisen. Jedes dieser Formate bringt es auf knapp 21 Minuten täglicher Sendezeit. Zusammengenommen ergibt das etwa 9 Stunden und 45 Minuten Programm täglich. Auch die Verteilung der Sendezeit auf die einzelnen Spezialisierungstypen veranschaulicht, dass sich das Fernsehen in spezialisierten Sendungen vorrangig auf die Erklärung und Popularisierung konzentriert (vgl. Abb. 3). Auffällig ist, dass mehr als ein Drittel der gesamten Sendezeit auf lediglich zehn Sendungen entfällt, die keine klare Spezialisierung auf Erklärung und Popularisierung haben. Die 16 popularisierenden Sendungen kommen auf nur 5 Prozent der Sendezeit. Wie Abbildung 4 zeigt, entfällt mit mehr als viereinhalb Stunden täglich der Löwenanteil an Sendungen mit wissenschaftlichen Inhalten auf die sieben Dritten Programme der ARD. Im ZDF und mehr noch im Ersten Programm der ARD spielen diese Sendungen quantitativ keine Rolle. Die deutlichen Verschiebungen verglichen mit der Zahl spezialisierter Sendungen, die die einzelnen Kanäle unterhalten, veranschaulicht die unterschiedliche Programmierung dieser Sendungen. Den Vorsprung vor dem ZDF und ARD/Das Erste verdanken die beiden privaten Anbieter ihren täglich gesendeten Formaten, für die es bei den beiden großen öffentlich-rechtlichen Programmen an einer Entsprechung fehlt. Mit „Wissen vor 8“ hat zwar auch Das Erste ein annähernd täglich erscheinendes Format entwickelt. Das ist mit knapp drei Minuten Sendezeit allerdings extrem kurz. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 134 SENDEMINUTEN PRO TAG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP Abb. 3 (Dauer der Sendungen in Minuten, n=88)1 Information Popularisierung und Erklärung Popularisierung Erklärung Ratgeber Anwalt (Umwelt) 0 50 100 150 200 250 1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden. SENDEMINUTEN PRO TAG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP UND SENDERGRUPPEN Abb. 4 (Anzahl der Sendungen, n=88)1 Information Popularisierung und Erklärung Popularisierung 300 250 200 150 Erklärung 100 Ratgeber 50 Anwalt (Umwelt) 0 ARD/ Das Erste ZDF Dritte RTL Group ProSieben Programme Sat.1 Media 3sat KiKa 1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden. Die privaten Anbieter besetzen mit täglich erscheinenden Formaten wie zum Beispiel „Galileo“ (ProSieben) oder „Wissenshunger“ (VOX, inzwischen eingestellt) ein Segment, für das es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kein Äquivalent gibt. Diskussionswürdig ist sicherlich, ob diese Angebote der Privaten überhaupt in den Kanon der hier analysierten Sendungen gehören. Sie weisen zwar die genannten Spezialisierungen auf, allerdings ist ihr Zugriff auf Wissenschaft und auf wissen- PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 135 schaftliche Expertise in der Regel implizit, was sie von den meisten öffentlichrechtlichen Sendungen unterscheidet. 3.3 Reichweiten Die Reichweiten jeder einzelnen der genannten Sendungen werden im Folgenden beschrieben auf der Basis der GfK-Fernsehdaten. Angegeben wird die durchschnittliche Zahl der Zuschauer, die die Sendungen abhängig von ihrer Spezialisierung im Untersuchungszeitraum 2007/2008 erreicht haben. Es ist davon auszugehen, dass durchschnittliche Reichweiten dann etwas aussagen können über die Präferenz von Zuschauern, wenn die Gruppe von Sendungen, auf die sie sich beziehen, einigermaßen gleichmäßig verteilt ist auf die für die Nutzung relevante Kategorie des Sendeplatzes (privat/öffentlich-rechtlich und Primetime/Nebenzeiten). Bei den Umweltmagazinen ist dies nicht der Fall, weil es zu wenige gibt. Die relativ große Reichweite der beiden Sendungen dieses Typs, über die GfK-Daten vorliegen, lässt sich besser damit erklären, dass eines davon durch das reichweitenstarke ZDF verbreitet wurde und das andere („unkraut“, BR) in der Primetime (18–23 Uhr). Umgekehrt gilt für die Informationssendungen, die praktisch ausschließlich auf reichweitenschwachen Sendern bzw. zu nächtlicher Stunde verbreitet wurden, dass sie allein deshalb weniger Menschen erreichten. Einigermaßen gleich verteilt sind lediglich die erklärenden und/oder popularisierenden Formate. Wie Abbildung 5 zeigt, sind die Unterschiede der durchschnittlichen Reichweiten bei diesen Sendungstypen so gering, dass sie sich nicht bezogen DURCHSCHNITTLICHE NUTZUNG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP Abb. 5 (Zuschauer 14+ in Millionen, n=80)1 Information Popularisierung und Erklärung Popularisierung Erklärung Ratgeber Anwalt (Umwelt) 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden. auf bestimmte, vom Sendungstyp beeinflusste Publikumspräferenzen interpretieren lassen. Sie lassen sich besser durch die unterschiedliche Verteilung auf die Sendeplätze erklären. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 136 Wie stark die Reichweiten in diesem Segment differieren, veranschaulicht die Verteilung der absoluten Reichweiten auf die einzelnen Sender bzw. Sendergruppen (vgl. Abb. 6). Ausnehmend viele Menschen erreichte das kleine Angebot von ARD/Das Erste. Die acht spezialisierten Formate brachten es 2007 und 2008 zusammengenommen auf durchschnittlich gut 11,5 Mio. Zuschauer ab 14 Jahren, wobei allein 4,5 Mio. davon „Die große Show der Naturwunder“ sahen, das mit Abstand reichweitenstärkste Format in diesem Bereich, das allerdings im Untersuchungszeitraum lediglich siebenmal gesendet wurde. REICHWEITE SPEZIALISIERTER SENDUNGEN NACH SENDERGRUPPEN Abb. 6 (Zuschauer 14+ in Millionen, n=80)1 Information 14 12 Popularisierung und Erklärung Popularisierung 10 8 Erklärung 6 Ratgeber 4 2 Anwalt (Umwelt) 0 ARD/ Das Erste ZDF Dritte RTL Group ProSieben Programme Sat.1 Media 3sat KiKa 1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden. Insbesondere mit ihren Ratgebern erreichen die Dritten Programme der ARD die meisten Menschen. Dies ist vorrangig den sehr guten Sendeplätzen zu verdanken, die einzelne der 16 Ratgeber haben. Allein „Visite“ (NDR) fand in der Primetime durchschnittlich ein Millionenpublikum. Das ZDF erzielte sehr große Reichweiten vor allem mit den popularisierenden Dokumentationen in der Reihe „Terra X“, die durchschnittlich mehr als 2,5 Mio. Menschen sahen. Die RTL Group steht deutlich schlechter da als die ProSiebenSat.1 Media AG. Hier macht sich bemerkbar, dass der größte Sender dieser Gruppe, RTL, über kein in der genannten Weise spezialisiertes Format verfügt. Zudem sind die auf VOX, RTL II und Super RTL ausgestrahlten Sendungen anders als bei ProSiebenSat.1 nicht überwiegend Angebote in der Primetime. Namentlich „Planetopia“, „Galileo“, „Galileo Mystery“ und besonders das Quiz „Clever“, dessen 35 Ausgaben durchschnittlich knapp 2 Mio. Menschen schauten, erwiesen sich mit Zuschauerzahlen um die 1,5 Mio. als Quotenbringer in diesem Segment. Demgegenüber war lediglich PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 137 VOX mit dem inzwischen eingestellten Magazin „Wissenshunger“ recht erfolgreich, das allein durchschnittlich 1 Mio. Menschen sahen. Die Reichweiten der auf Wissenschaft spezialisierten Sendungen differieren sehr stark in Bezug auf die Altersgruppen (vgl. Abb. 7). Speziell junge Zuschauer zwischen 14 und 29 Jahren werden mit den genannten Formaten nur schwer erreicht. Eine Ausnahme sind die Sendungen der privaten Anbieter, die sogar ein recht junges Publikum anziehen. Entsprechend unterscheiden sich die Reichweiten, wenn man nur die Gruppe der jungen Zuschauer betrachtet. Hier liegt insbesondere die ProSiebenSat.1 Media AG weit vorne. Besonders erfolgreich in dieser Zuschauergruppe sind „Galileo“, „Wunderwelt Wissen“ und „Galileo Mystery“, die auf einen Anteil an jungen Zuschauern von etwa 25 Prozent kommen. Praktisch der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk hat es mit jüngeren Zuschauern dagegen äußerst schwer. Dies gilt ganz besonders für die Dritten Programme, deren großes Angebot von ihnen augenscheinlich kaum wahrgenommen wird. REICHWEITE SPEZIALISIERTER SENDUNGEN BEI JUNGEN ZIELGRUPPEN NACH SENDERGRUPPEN Abb. 7 (Zuschauer 14–29 in Millionen, n=73)1 Information 1,8 1,6 Popularisierung und Erklärung Popularisierung Erklärung 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 Ratgeber Anwalt (Umwelt) 0,4 0,2 0,0 ARD/ Das Erste ZDF Dritte RTL Group ProSieben Programme Sat.1 Media 3sat KiKa 1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden. 4. Wissenschaft im deutschen Fernsehen Die vorgestellten Daten sind ein Auszug aus einer auf Europa ausgerichteten Strukturanalyse der spezialisierten Wissenschaftsthematisierung durch das Fernsehen und den Hörfunk. Die Daten für Deutschland illustrieren Struktur und Grad eines bestimmten, eng umrissenen Segments von spezialisierten Sendungen, wobei über ihren Bezug zur Wissenschaft besonders bei den privaten Angeboten gestritten werden kann. Über ihre Zugehörigkeit zu einem Kanon der besonders auf die Erklä- PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 138 rung spezialisierten Sendungen kann zwar kein Zweifel bestehen. Inwieweit Wissenschaft explizit oder implizit eine Rolle spielt, müssen aber die beitragsbezogenen Analysen zeigen, die noch nicht beendet sind. Abschließend noch einige Bemerkungen, die als vorläufige Interpretation der Befunde aus einer internationalen Perspektive zu verstehen sind, aus der ihnen ihre Bedeutung überhaupt erst erwächst. Die Zahl der in Deutschland ermittelten spezialisierten Sendungen ist vergleichsweise groß. Es gibt in keinem anderen Land in Europa so viele unterschiedliche Formate, nirgendwo sonst gibt es darüber hinaus so viel Sendezeit für diese Gruppe spezialisierter Sendungen. Eine Erklärung für dieses Strukturmerkmal ist in der vergleichenden Perspektive die Anzahl der öffentlichrechtlichen Sender mit verhältnismäßig guter finanzieller Ausstattung. Diese Feststellung führt zum eigentlichen Anliegen dieser Art von Analyse. Es besteht darin, eine Struktur der Wissenschaftsthematisierung zu entfalten, die geeignet ist, einerseits nationale Spezifika durch den Vergleich unterschiedlicher Nationen mit unterschiedlichen Mediensystemen offenzulegen und andererseits mediale Spezifika durch den Vergleich von Fernsehen und Hörfunk. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern darf für Deutschland als typisch gelten, dass dieses Sendungssegment eine Domäne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Die Anzahl dieser Sendungen hängt direkt zusammen mit der Zahl öffentlich-rechtlicher Kanäle und ihrer finanziellen Ausstattung. Es ist unmittelbar ersichtlich, welche quantitative Bedeutung diesem Programmbereich zukäme, hätte Deutschland die Dritten Programme mit nationaler Verbreitung nicht. Rein quantitativ leistet die Existenz eines gut finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks der genannten Spezialisierung auf Wissenschaft damit Vorschub. Es ist relativ schwer, die quantitative Entwicklung dieses Segments im Zeitverlauf einzuschätzen. Vergleichsdaten sind rar, lediglich eine Studie von Hömberg liefert Anhaltspunkte, wie sich das Angebot entwickelt hat.11 1984 zählte Hömberg 34 spezialisierte Sendungen auf den damals verfügbaren Kanälen. In der vorliegenden Untersuchung wurden für 2007 und 2008 auf denselben Kanälen 32 unterschiedliche Formate ermittelt. Von einer Zunahme der Formate ist deshalb im Zeitverlauf nicht auszugehen, d.h. es ist nicht davon auszugehen, dass ARD/Das Erste, das ZDF oder die Dritten Programme (alte Länder) heute mehr unterschiedliche Formate im Angebot haben als vor 25 Jahren. Die Zahl der Sendeminuten dürfte allerdings gestiegen sein. Grund ist die Erhöhung der Sendefrequenz insbesondere auf den Dritten Programmen. Insgesamt hat die Zahl der Sendungen beträchtlich zugenommen. Diese Entwicklung ist aber im Wesentlichen auf die größere Anzahl der Kanäle zurückzuführen.12 11 12 Vgl. Hömberg, Walter (1989): Das verspätete Ressort. Über den Zustand des Wissenschaftsjournalismus. Konstanz. Vgl. Lehmkuhl, Markus (2009): Boom, Konstanz, Niedergang? Der Markt für freie Wissenschaftsjournalisten bei etablierten Massenmedien. In: WPK-Quarterly, Nr. 1, S. 12-14. URL: http://www.wpk.org. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 139 Nicht typisch und damit eine deutsche Besonderheit ist die relative Stärke der Wissensmagazine, die von privaten Anbietern verbreitet wurden, allen voran von ProSieben. Dafür gibt es in Europa keine Entsprechungen, was erklärt, warum das Format „Galileo“ zu einem Exportartikel geworden ist. Der Erfolg dieser Magazine hat die öffentlich-rechtlichen Programme bisher zwar nicht dazu verleitet, echte Nachahmerformate zu entwickeln. Es ist aber offensichtlich, dass die Präsentationsformen einzelner Formate wie „Galileo Mystery“ von anderen, in diesem Fall von der Reihe „Terra X – Wilder Planet“ (ZDF), aufgegriffen und nachgeahmt werden.13 Der Erfolg der Privaten in diesem Segment, wenngleich inhaltlich häufig lediglich implizit mit Wissenschaft verknüpft, ist durchaus geeignet, die Präsentation von Wissenschaft besonders in den großen öffentlich-rechtlichen Sendern zu beeinflussen, was ein Argument dafür ist, diese Formate in derartige Analysen einzubeziehen. Ebenfalls ein deutsches Spezifikum ist die Präsenz von spezialisierten Informationssendungen, allen voran der vom SWR verantworteten Sendung „nano“ auf 3sat, die wegen der vierfachen Übernahme von anderen Sendern (darunter auch das ZDF) den Löwenanteil der auf Information entfallenden Sendeminuten bestreitet. Diese Ausnahmeerscheinung kann vorrangig auf die bereits angesprochenen Spezifika des deutschen Mediensystems zurückgeführt werden (Kanalvielfalt beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk plus gute Finanzausstattung). Die ansonsten fehlende Präsenz von Informationssendungen im europäischen Fernsehen ist m.E. eine Besonderheit des Mediums Fernsehen. Diese Annahme wird neben der Ausnahmestellung dieses Sendungstyps im internationalen Vergleich genährt durch den deutlichen Kontrast insbesondere zum deutschen Hörfunk, der in seinen Nischensendern sogar eine Konzentration auf informierende Formate in diesem Segment zeigt.14 Das Medium Fernsehen dagegen kann, anders als der Hörfunk, eine Spezialisierung auf Informationssendungen in einem nennenswerten Ausmaß offenbar nicht ausbilden. Auf Wissenschaft bezogene Informationssendungen erscheinen in international vergleichender und in medienvergleichender Perspektive als eine Schwelle, die auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Gegensatz zum Hörfunk allenfalls ausnahmsweise überschreiten kann. Das ist insofern folgenreich, als dass neue wissenschaftliche Resultate im Fernsehen kaum Chancen haben, von spezialisierten Einheiten medial rekonstruiert zu werden. Das Fernsehen dürfte deshalb von neuen wissenschaftlichen Resultaten im Regelfall überrascht werden. 13 14 Vgl. Marel, Renate (2008): Wilder Planet: „Ein Wagnis, das sich gelohnt hat“. In: WPK-Quarterly, Nr. 3, S. 6-7. URL: http://www.wpk.org. Vgl. Lehmkuhl u.a. 2009. PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 140 Literatur Bauer, Martin W./Kristina Petkova/Pepka Boyadjieva/Galin Gornev (2006): LongTerm Trends in the Public Representation of Science Across the „Iron Curtain“: 1946–1995. In: Social Science Studies, Vol. 36, No. 1, S. 99-131. Bucchi, Massimo/Renato G. Mazzolini (2003): Big science, little news: science coverage in the Italian daily press, 1946–1997. In: Public Understanding of Science, Vol. 12, S. 7-24. Hallenberger, Gerd (2002): Das Konzept „Genre“: Zur Orientierung von Medienhandeln. In: Gendolla, Peter/Peter Ludes/Volker Roloff (Hrsg.): Bildschirm – Medien – Theorien. München, S. 83-110. Hömberg, Walter (1989): Das verspätete Ressort. Über den Zustand des Wissenschaftsjournalismus. Konstanz. Imboden, Carlo (2008): „Es wäre naiv, nur auf die Quote zu schauen!“. In: WPKQuarterly, Nr. 1, S. 2-5. URL: http://www.wpk.org. Lehmkuhl, Markus (2009): Boom, Konstanz, Niedergang? Der Markt für freie Wissenschaftsjournalisten bei etablierten Massenmedien. In: WPK-Quarterly, Nr. 1, S. 12-14. URL: http://www.wpk.org. Lehmkuhl, Markus/Yvonne Cunningham/Christina Karamanidou/Tuomo Mörä/ Kristina Petkova/AVSA-Team (2009): Science on TV and Radio in Europe: A comparative Analysis in 13 European Memberstates. Paper präsentiert auf der Jahrestagung der DG PuK, Bremen, Mai 2009. León, Bienvenido (2006): Science news as marginal topic. European television channels compared. In: Willems, Jaap/Winfried Göpfert (Hrsg.): Science and the Power of TV. Amsterdam, S. 101-113. León, Bienvenido (2008): Science related information in European television: a study of prime-time news. In: Public Understanding of Science, Vol. 17, S. 443-460. Lublinski, Jan (2004): Wissenschaftsjournalismus im Hörfunk. Redaktionsorganisation und Thematisierungsprozesse. Konstanz. Marel, Renate (2008): Wilder Planet: „Ein Wagnis, das sich gelohnt hat“. In: WPKQuarterly, Nr. 3, S. 6-7. URL: http://www.wpk.org. Martens, Dirk/Rolf Amann (2007): Podcast: Wear-out oder Habitualisierung? Paneluntersuchung zur Podcastnutzung. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 538-551. Weingart, Peter (2001): Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft. Weilerswist. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissens- und Wissenschaftsfernsehen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80. STREITPUNKTE – STANDPUNKTE PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 145 Kinder als Fernsehobjekte Im Sommer 2009 machte RTL Schlagzeilen: Ende Mai wurden der Presse Ausschnitte aus einer neuen Doku-Soap mit dem Titel „Erwachsen auf Probe“ vorgeführt, die zu einem erheblichen Medienecho, einer emotionalen öffentlichen Diskussion und nicht zuletzt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Ausstrahlung der Serie führten. Das Format, eine Lizenzausgabe der britischen Sendung „The Baby Borrowers“, die Anfang des Jahres 2007 im dritten Programm der öffentlich-rechtlichen BBC ausgestrahlt wurde, zeigt Teenager, die sich nach einer simulierten Blitzschwangerschaft rund um die Uhr und in speziell dafür bereitgestellten Wohnungen um Babys, Klein- und Schulkinder kümmern müssen. In der öffentlichen Diskussion, die in Fernsehtalkshows, Zeitungskommentaren, Pressemitteilungen und Leserbriefen geführt wurde, ging es dabei vor allem um die Legalität und Legitimität der Beteiligung von Kindern an solchen inszenierten Dokumentationsformaten wie „Erwachsen auf Probe“ oder auch „Die Super Nanny“, die seit 2004 und mittlerweile in der achten Staffel im Programm von RTL ausgestrahlt wird. Dabei reichen die Argumentationslinien von juristischen Stellungnahmen (Meinungsfreiheit für die Veranstalter, Jugendarbeitsschutz für die Kinder und Jugendlichen, Programmaufsicht der Landesmedienanstalten) über im weiteren Sinne normative Standpunkte („so etwas macht man nicht / schaut man sich nicht an“) bis hin zu moralischen Bewertungen der Veranstalter, Produzenten und Zuschauer dieser Formate (Voyeurismus, Pornografie vs. pädagogische Ziele). Im Folgenden wird dieser „Fernseh-Streitpunkt“ durch die Zusammenführung und Gegenüberstellung der wichtigsten Standpunkte zum Thema in kompakter Form dokumentiert. Um die Diskussion – trotz aller Kürze – in einen sachgerechten juristischen Kontext zu stellen, insbesondere was den Handlungsspielraum der Landesmedienanstalten betrifft, erläutert im ersten Beitrag Dr. Christine Seehaus, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität Köln, die rechtlichen Regelungen, die bei der Produktion von Fernsehsendungen mit Kindern Anwendung finden. Im Anschluss daran stellt Prof. Dr. Dieter Ring, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) und Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), die Perspektive der Landesmedienanstalten dar. Den Standpunkt des ausstrahlenden Senders vertritt danach Dieter Czaja, Jugendschutzbeauftragter von RTL, gefolgt von der Stellungnahme des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) von Paula HonkanenSchoberth, Bundesgeschäftsführerin, und Johanna Suwelack, Referentin Kommuni- PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 146 kation. Abschließend wird dann Prof. Joachim von Gottberg die Position der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) in dieser Auseinandersetzung darlegen. Joachim Trebbe Rechtliche Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Medienproduktionen Christine Seehaus Im Zusammenhang mit Medieninhalten wie dem TV-Format „Erwachsen auf Probe“ wird häufig ein hartes Durchgreifen zum Schutz der beteiligten Kleinkinder wie auch der Minderjährigen, die die Sendung anschauen, gefordert. Zum Kinder- und Jugendschutz bestehen in Deutschland umfangreiche gesetzliche Vorgaben. Schwierigkeiten und Regelungsinkonsistenzen können sich dennoch daraus ergeben, dass die Gesetze vor allem für die an den Fernsehproduktionen beteiligten Kleinkinder, aber auch für ältere Minderjährige bei Reality-Formaten Regelungslücken enthalten. Anhand eines Überblicks über die einschlägigen jugendschützenden Regelungen und deren Grenzen werden im Folgenden die bestehenden Schwächen im Bereich des Jugendschutzes bei Medienproduktionen aufgezeigt. Der Jugendmedienschutz wird vor allem durch zwei Gesetze gewährleistet: das Jugendschutzgesetz (JuSchG) und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Beide Gesetze greifen an einigen Stellen ineinander über und verknüpfen die Kompetenzen der jeweils zuständigen Stellen, um einen möglichst effektiven Schutz von Kindern unter 14 Jahren und Jugendlichen unter 18 Jahren zu gewährleisten.1 Die für die Einhaltung des Jugendmedienschutzes nach dem Jugendschutzgesetz und damit vor allem für Trägermedien zuständige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) beurteilt Medieninhalte und regelt, gegebenenfalls durch eine Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien, deren öffentliche Verbreitung.2 Für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien, also Rundfunk und Telemedien, gilt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Zuständig für die Aufsicht über dessen Befolgung ist die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Im Bereich der Telemedien wird die KJM von jugendschutz.net unterstützt.3 Die KJM wird als Organ der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt tätig und kann bei nicht 1 2 3 Vgl. Nikles, Bruno/Sigmar Roll/Dieter Spürck/Klaus Umbach: Jugendschutzrecht, 2. Aufl., München 2005, A. Einführung Rdz. 32, 48, 64. §§ 17 ff. JuSchG. § 18 JMStV. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 147 länderübergreifenden Angeboten von den Landesmedienanstalten gutachtlich herangezogen werden.4 Bei Medieninhalten, die jugendgefährdend sind, die gegen die Menschenwürde oder im Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verstoßen, bieten die Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags Sanktionsmöglichkeiten, mit denen privaten Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telemedien Bußgelder von bis zu 500.000 Euro auferlegt werden können.5 Für diese Maßnahmen sind ausschließlich die Landesmedienanstalten zuständig.6 Die Zuständigkeit beschränkt sich allerdings auf bestehende Medieninhalte und das mit deren Angebot verbundene Gefährdungspotenzial. Bevor Sendungen fertiggestellt sind und Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden (sollen), bieten diese Gesetze keine Handhabe. Eine Möglichkeit, mithilfe des Jugendschutzgesetzes auf Produktionen einzuwirken, bei denen Kinder eingesetzt werden, wird allenfalls in Abschnitt 2 des Jugendschutzgesetzes gesehen, der den Jugendschutz in der Öffentlichkeit regelt.7 Der dort verankerte Auffangtatbestand des § 7 JuSchG erlaubt die Anordnung eines Verbots der Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Minderjährigen ausgeht.8 Bei Film- und Fernsehaufnahmen dagegen dürfte es sich jedoch nur in wenigen Fällen um öffentliche Veranstaltungen oder Gewerbebetriebe handeln. Produktionen, bei denen Kinder und Jugendliche gefährdet werden, finden bei massiven Verstößen, wie der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht für unter 16-Jährige, wenn hieraus die Gefahr einer erheblichen Schädigung folgt,9 eine Grenze im Strafgesetzbuch (StGB). Die im Strafgesetzbuch aufgeführten Tatbestände erfassen jedoch Verhaltensweisen, deren Qualität bei Filmaufnahmen üblicherweise nicht erreicht wird. Sofern die Produktionsbedingungen allerdings strafrechtliche Relevanz haben, wird die zuständige Staatsanwaltschaft tätig. Weniger hohe Hürden bestehen für die Anwendung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG), das den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendli- 4 5 6 7 8 9 Vgl. §§ 13, 14 Abs. 2 S. 3 JMStV; Hartstein, Reinhard/Wolf-Dieter Ring/Johannes Kreile/Dieter Dörr/Rupert Stettner: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Kommentar, Stand: 40. AL Juli 2009, Heidelberg u.a. 2009, C3 Überblick zum JMStV Rdz. 13 ff. Vgl. § 24 Abs. 3 JMStV; zu weiteren Sanktionsmöglichkeiten s. die Strafbarkeitsregelung des § 23 JMStV. Vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln, Verhinderung der Ausstrahlung der RTL-Sendung „Erwachsen auf Probe“, VG Köln vom 3.6.2009, Az. 6 L 798/09, in: Jugend Medien Schutz-Report, Heft 3/2009, S. 68. NRW LT-Drs. 14/7060, S. 3. Vgl. Liesching, Marc/Jörg Knupfer: Die Zulässigkeit des Betreibens von Internetcafés nach gewerbeund jugendschutzrechtlichen Bestimmungen, in: Multimedia und Recht (MMR), Heft 7/2003, S. 439447, 445; s. auch Liesching, Marc, in: Erbs, Georg/Max Kohlhaas: Strafrechtliche Nebengesetze, 173. Aufl., München 2009, § 7 JuSchG Rdz. 1 ff. § 171 StGB; vgl. Heuchemer, Michael, in: von Heintschel-Heinegg, Bernd (Hrsg.): Beck’scher OnlineKommentar, Stand: 15.6.2009, Ed. 9, München 2009, § 171 StGB Rdz. 4 ff. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 148 chen zum Ziel hat.10 Zwar gilt grundsätzlich das in Art. 6 Abs. 1 S. 2 GG verankerte elterliche Erziehungsrecht, das von der Annahme ausgeht, dass Erziehungsberechtigte im Sinne des Kindeswohls entscheiden. Aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG ergibt sich im Rahmen des sogenannten staatlichen Wächteramtes jedoch auch die Pflicht des Staates, über die Betätigung der Eltern zu wachen. Ist das Kindeswohl gefährdet, enthält das Kinder- und Jugendhilfegesetz einen Schutzauftrag.11 Vor Eingriffen in das elterliche Erziehungsrecht, die erst das letzte Mittel sind, steht zunächst die Idee, im Rahmen der Jugendhilfe zur Verwirklichung des Erziehungsrechts beizutragen.12 Bei freiwilliger Mitwirkung der Eltern wird in Fällen der Kindeswohlgefährdung das Jugendamt tätig.13 Haben solche Maßnahmen keinen Erfolg, muss das Familiengericht eingreifen, dem auch Zwangsmittel zur Verfügung stehen.14 Ist speziell der Schutz von Kindern und Jugendlichen bei Dreharbeiten betroffen, gilt indes vor allem das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).15 Es regelt die Beschäftigung von Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind, und soll gewährleisten, dass Kinder vor einer zu frühen Arbeitsaufnahme und Jugendliche vor Überforderungen und Gefahren am Arbeitsplatz bewahrt werden.16 In den Ländern der Euro10 11 12 13 14 15 16 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe; Wiesner, Reinhard: Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 12/2008, S. 608-613; zu dem Regelungsbereich des KJHG vgl. Lingelbach, Petra: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz in den neuen Bundesländern, in: Landes- und Kommunalverwaltung (LKV), Heft 1/1992, S. 38-41, 38, dort auch zu den landesrechtlichen Vorbehalten und Ausgestaltungskompetenzen, S. 40. §§ 8a, 42 SGB VIII; s. auch §§ 1666, 1666a BGB; zu Zweifeln an der Erziehungskompetenz von Eltern, die ihre Kinder für das Sendeformat „Erwachsen auf Probe“ „zur Verfügung stellen“ Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kinder in Medienproduktionen besser schützen, NRW LT-Drs. 14/9425 vom 16.6.2009, S. 2. § 1 Abs. 3 SGB VIII; Plewig, Hans-Joachim: Kinder- und Jugendhilfegesetz, in: Bienemann, Georg/ Marianne Hasebrink/Bruno W. Nikles (Hrsg.): Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes, Münster 1995, S. 119-127, 119. §§ 8a, 42 SGB VIII (KJHG); vgl. Münder, Johannes: Kindeswohl als Balance von Eltern- und Kinderrechten, in: Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hrsg.): Kinderschutz, Kinderrechte, Beteiligung, München 2008, S. 8-22, 15 f.; Ders.: Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 11/2007, S. 431-437, 431, 433 f.; zu der Bedeutung des Landesrechts vgl. Lieven, Jan: Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Bundesländer, in: Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes (Fn. 12), S. 133-136, 133. §§ 1666, 1666a BGB; vgl. hierzu Ernst, Rüdiger: Familiengerichtliche Maßnahmen zur Abwendung drohender Kindeswohlgefährdung und ihre Auswirkungen auf die Praxis, in: Kinderschutz, Kinderrechte, Beteiligung (Fn. 13), S. 74-89, 75 ff.; Oberloskamp, Helga: Der Schutz von Kindern nach dem Gewaltschutzgesetz und Kinderrechteverbesserungsgesetz einerseits und den Vorschriften der §§ 1666, 1666a BGB andererseits, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 6/2003, S. 285-290, 286 ff., 289. Vgl. hierzu Dembowsky, Ralf: Neue Entwicklungen im Kinder- und Jugendarbeitsschutz, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Heft 48/1998, S. 3540-3543, dort auch zu den Zuständigkeiten, S. 3542 und Sanktionsmöglichkeiten, S. 3543. Zum Geltungsbereich s. §§ 1-3 JArbSchG; Lorenz, Martin: Kommentar zum Jugendarbeitsschutzgesetz, Heidelberg 1997, § 1 Rdz. 1 ff.; vgl. auch Wlotzke, Otfried, in: Richardi, Reinhard/Otfried Wlotzke (Hrsg.): Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., München 2000, § 207 Rdz. 62, s. dort auch zu weiteren Beschäftigungsverboten für Minderjährige; zu der Frage nach der Zulässigkeit des Abschlusses von Künstlerverträgen für Minderjährige durch deren Eltern s. Fomferek, André: Minderjährige „Superstars“ – Die Probleme des § 1822 Nr. 5 BGB, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Heft 7/2004, S. 410-412. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 149 päischen Gemeinschaft besteht, wie in Art. 7 der Sozialcharta des Europarates verankert, ein grundsätzliches Arbeitsverbot für Kinder unter 14 bzw. 15 Jahren.17 Mit entscheidend ist die Beendigung der Schulpflicht. Das Jugendarbeitsschutzgesetz verbietet dementsprechend die Beschäftigung von Kindern, also unter 15-Jährigen, in § 5 Abs. 1 JArbSchG. Ausnahmen von diesem Verbot sind in § 5 Abs. 2, 3 und in § 6 JArbSchG vorgesehen. Die für mindestens 13 Jahre alte Kinder und voll Schulpflichtige erlaubten Tätigkeiten sind in der Kinderarbeitsschutzverordnung (KArbSchVO) näher aufgeführt.18 3- bis 6-jährige Kinder können, sofern eine behördliche Genehmigung vorliegt,19 bei TV- und Filmproduktionen ausnahmsweise bis zu zwei Stunden täglich mitwirken, Kinder über sechs Jahre bis zu drei Stunden.20 Für Kinder, die jünger sind als drei Jahre, kann nach diesen Vorschriften keine Genehmigung erteilt werden.21 Kleinstkinder unter drei Jahren werden im Jugendarbeitsschutzgesetz nicht genannt. Für sie besteht (eigentlich) ein Beschäftigungsverbot.22 Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat allerdings einen festen Geltungsbereich. Es gilt ausschließlich für weisungsbezogene Tätigkeiten.23 Altersunabhängig erfasst das JArbSchG keine rein passiven Verhaltensweisen. Das Fotografieren oder Filmen von Kindern und Jugendlichen in ihren natürlichen Lebensäußerungen, zum Beispiel beim Gehen, Stehen, Liegen, Essen, Schlafen, Spielen, wird – weil an die gefilmten Minderjährigen Baum, Detlef: Jugendarbeitsschutz, in: Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes (Fn. 12), S. 112-118, 113; vgl. auch Fernandes Fortunato, Sérgio: Internationaler Schutz der Familie am Beispiel der Europäischen Sozialcharta, in: Europarecht (EuR), Heft 1/2008, S. 27-44; s. auch Art. 32 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention); für einen Überblick über Kinderrechte s. Knösel, Peter: Die Rechtsstellung von Kindern/Jugendlichen im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland, in: Graeßner, Gernot/Christiane Mauntel/Elke Püttbach (Hrsg.): Gefährdungen von Kindern, Opladen 1993, S. 147-177; zur Geltung des JArbSchG bei Beschäftigungsorten im Ausland s. Zmarzlik, Johannes, in: Zmarzlik, Johannes/Rudolf Anzinger: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar, 5. Aufl., München 1998, § 1 Rdz. 3. 18 KArbSchVO vom 1.7.1998, BGBl. I S. 1508; vgl. zur Beschäftigung von Jugendlichen § 5 Abs. 4 und §§ 7, 8 ff. JArbSchG. 19 § 6 Abs. 2 JArbSchG; vgl. hierzu ausführlich Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 6; in den einzelnen Bundesländern werden Antragsformulare angeboten, in Nordrhein-Westfalen besteht hierzu eine Richtlinie für die Bewilligung der Mitwirkung von Kindern nach § 6 JArbSchG im Medien- und Kulturbereich, RdErl. des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport vom 20.4.2000 - 215 - 8413.4.3. 20 § 6 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG; s. dort auch zur Beschränkung auf Drehzeiten zwischen 8 bis 17 bzw. 22 Uhr und der Einbeziehung der Probezeiten; zu Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen s. §§ 58 f. JArbSchG. 21 Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 53, § 6 Rdz. 6, 18; Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über Kinderarbeit in Deutschland, zugeleitet mit Schreiben des Bundeskanzlers vom 31.5.2000 gemäß Beschluss vom 5.12.1996 (Drs. 13/6407), BT-Drs. 14/3500, S. 3, 11. 22 Vgl. Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien – Zwischen Schutzanspruch, Interessenwahrung und Selbstverwirklichung, in: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, Heft 1/2009, S. 91-105, 93. 23 Engels, Gerd: Ab wann dürfen Kinder arbeiten – und was?, in: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), abrufbar unter: http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ Fachbeiträge/a_Rechtsfragen/s_982.html [26.11.2009]. 17 PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 150 keine Weisungen erteilt werden – nicht durch das JArbSchG geregelt.24 Für ältere Kinder und Jugendliche wird diese Ausnahme bei sogenannten Reality-Formaten relevant, die neben der zeitlichen Einbindung der Betroffenen häufig in drastischer Weise ihre Persönlichkeitsrechte tangieren, wenn etwa ihre Familienverhältnisse und ihr Freizeitverhalten aufgezeichnet werden. Unabhängig von der Ausrichtung der Produktion handelt es sich bei Film- und Dreharbeiten mit Kleinstkindern im Regelfall nicht um eine Beschäftigung im Sinne des JArbSchG, da sie keine Arbeitsanweisungen befolgen können. Für den Einsatz von Kindern unter drei Jahren besteht daher eine noch weitergehende Regelungslücke.25 Vorschläge zur Schließung dieser Lücke sehen beispielsweise vor, dass der Einsatz von Kleinkindern auf eine weitgehend passive Beobachtung ihrer natürlichen Lebensäußerungen und eine Zeitspanne von maximal zehn Minuten in Anwesenheit mindestens eines Elternteils beschränkt bleiben soll.26 Entsprechende Regelungen wurden jedoch noch nicht geschaffen. Für den Schutz Minderjähriger in Reality-Formaten sowie für Film- und Dreharbeiten mit Kleinstkindern liegen damit, abgesehen von strafrechtlichen Vorgaben und den zivilrechtlichen Regelungen zum Schutz des Kindeswohls, keine gesetzlichen Bestimmungen vor, die anderen Stellen als den Gerichten Verbote ermöglichen würden. Die Perspektive der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Wolf-Dieter Ring Teenager betreuen Babys, Kleinkinder, Schulkinder und fast Gleichaltrige. Vor laufenden Kameras. In verschiedenen inszenierten Situationen. Ein umstrittenes Sendekonzept: Das Format „Erwachsen auf Probe“ lief im Juni /Juli dieses Jahres auf RTL. Es war für die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) 2009 einer der wichtigsten Prüffälle in Bezug auf problematische Inhalte. 24 25 26 Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 7 ff., 20 f., 53; vgl. hierzu sowie zu den Ausnahmen für Reality-Formate im Rahmen journalistischer Arbeiten http://www.info-sozial.de/infocenter/nachricht.php?id=103 [26.11.2009]; Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien (Fn. 22), S. 95 ff., 100. Vgl. Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 6, 9. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2502 vom 8.5.2008 (LT-Drs. 14/6758), Reicht der Schutz von Kindern bei der Mitwirkung von Medienproduktionen aus?, LT-Drs. 14/7060, S. 3; s. auch http://www.bptk.de/aktuelles/news/2528210.html [26.11.2009]; so auch Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien (Fn. 22), S. 93; zur Kritik an den bestehenden Beschränkungen vgl. (tpg), in: epd medien Nr. 5 vom 24.1.1998, S. 20 f.; s. auch http://www.welt.de/print-welt/article570627/Lottchen_ muss_zu_Hause_bleiben.html [26.11.2009]. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 151 Zwar ist die KJM in ihrer rechtlichen Bewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Folgen (mit Ausnahme von Folge 8) keinen Verstoß darstellen. Es ist keine Menschenwürdeverletzung gegeben und angesichts der Sendezeit nach 20 Uhr liegt auch keine Beeinträchtigung von Zuschauern über zwölf Jahren vor. Dieses Ergebnis war vor der Ausstrahlung – gerade aufgrund der Pressearbeit von RTL – nicht unbedingt zu vermuten. Vielmehr war hier anfangs der falsche Eindruck erweckt worden, als seien Babys für vier Tage am Stück fremden Betreuungspersonen überlassen worden – ganz ohne Kontakt zu den echten Eltern. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch noch eines erwähnt: Trotz des großen Wirbels um das Format bereits im Vorfeld der Ausstrahlung lag die Quote mit im Schnitt etwa drei Millionen Zuschauern wohl unter den Erwartungen des Senders. Doch zurück zum Prüfverfahren der KJM: Die KJM hat die RTL-Sendungen gemäß ihres gesetzlichen Auftrags auf die Einhaltung des JugendmedienschutzStaatsvertrags (JMStV) geprüft – also mit Blick auf die Wirkung der Inhalte auf minderjährige Zuschauer. Dabei kann die unabhängige Kommission immer erst nach der Ausstrahlung einer TV-Sendung prüfen. Es ist dagegen Aufgabe der nach dem Jugendschutzgesetz (JuschG) zuständigen Stellen zu beurteilen, ob das Wohl der an der TV-Produktion mitwirkenden Kinder und Jugendlichen verletzt wurde. Ein Antrag eines Vereins vor dem Verwaltungsgericht Köln, mit dem das Kölner Jugendgericht verpflichtet werden sollte, die Ausstrahlung der Sendung einstweilen zu untersagen, blieb allerdings ohne Erfolg. Sinnvoller wäre es in dem Zusammenhang mit Sicherheit, bereits im Vorfeld zu agieren und die Mitwirkung von Babys bei Reality-Formaten zu regeln. Aber das nur am Rande … Trotz und gerade aufgrund ihres rechtlichen Prüfergebnisses hat die KJM deutliche Kritik an dem Format „Erwachsen auf Probe“ – das der Sender im Übrigen vorab der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) vorgelegt hatte – geübt: Der angeblich pädagogische Ansatz diente RTL als Alibi, die Schwierigkeiten unerfahrener jugendlicher Protagonisten im Umgang mit teils weinenden und unglücklichen (Klein)Kindern als dramaturgische Effekte zu nutzen und zu Unterhaltungszwecken einzusetzen. So wurden die jugendlichen Paare gezielt überfordert und dadurch zu Fehleinschätzungen im Umgang mit den Kindern gebracht. Eltern und Erzieher griffen grundsätzlich erst ein, wenn sich die Kinder in einer gefährlichen oder problematischen Situation befanden. Der Maßstab kann aber nicht sein, im letzten Augenblick zu verhindern, dass ein Baby vom Wickeltisch fällt. Kindern geht es nicht deshalb gut, nur weil ihnen – laut Sendung – gerade noch kein massiver Schaden zugefügt wird. Bei all dem wurden die jugendlichen Teilnehmer von vom Sender ernannten Experten beobachtet und kontrolliert. Sie erhielten jedoch keine echte und umfassende Hilfe, sondern lediglich Pseudo-Tipps, die man weder als pädagogisch wertvoll noch als pädagogisch begründet bezeichnen konnte. Wenn man dem Format dennoch etwas Positives abgewinnen möchte, ist es die Tatsache, dass es eine Debatte über mögliche Grenzen von Medieninhalten – beispielsweise wenn Kinder zu Fernsehobjekten werden – ausgelöst hat. Ein Zeichen dafür, wie sehr es die Menschen bewegt hat, ist, dass die KJM dazu bis heute PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 152 mehr als 700 Beschwerden erreicht haben. Forderungen und Versuche, eine solche Sendung zu verbieten, halte ich allerdings für kontraproduktiv. Solche Maßnahmen widersprechen nicht nur unserem Grundgesetz, das aus gutem Grund die Meinungsund Pressefreiheit schützt. Sie verhindern darüber hinaus Diskussionen über die wichtige Frage, in welcher Form sich das Fernsehen brisanten Themen und der Lebenswirklichkeit widmen sollte und wie es seiner Verantwortung gegenüber den Protagonisten und den Zuschauern gerecht wird. Diese Frage diskutieren wir schon seit Beginn und nicht erst seit der Explosion von sogenannten HelptainmentFormaten in den Landesmedienanstalten. Ende der 80er Jahre waren es noch primär die klassischen Themen aus dem Kinobereich – nämlich Sex und Crime in fiktionalen Filmen –, die auch im Fernsehen im Fokus des Jugendschutzes standen. Dann kamen im Lauf der Zeit immer mehr Themen dazu: beispielsweise die Wirkung von Zeichentrick auf Kinder, was bis heute immer wieder ein Jugendschutz-Thema ist. Oder die große Diskussion um die Talkshows, die ab Mitte der 90er im Privatfernsehen aufkamen. Selbstverständlich war die Debatte über diese neue Form von Fernsehen nötig und diente zu dem Zeitpunkt auch der Sache: Ich weiß noch, wie ich damals in Arabella Kiesbauers Talkshow über die Sendung diskutierte, die wir mehrfach beanstandet hatten … Doch ganz ehrlich: Betrachtet man heute die Überreste der Talkshows in den Nachmittagsprogrammen, erscheinen die damaligen Formate eher bieder. Die Messlatte für Beanstandungen im Jugendmedienschutz wurde und wird eben leider immer höher gelegt. Das ist alarmierend – zumal das Fernsehen für Kinder immer noch Leitmedium ist. Heute sind es wieder neue Formate, die den Fernsehmarkt bestimmen: Die Helptainment-Formate setzen den Trend aus den Talkshows, nicht mehr Geschichten fiktiver, sondern Grenzerfahrungen realer Menschen zu erzählen, fort. Der Zuschauer ist längst kein passiver Rezipient mehr, sondern ein aktiver Teilnehmer im Unterhaltungsfernsehen. Er scheut sich nicht davor, intimste Probleme oder vermeintliche Talente zur Schau zu stellen und von den sogenannten Experten der Sender bewerten und kommentieren zu lassen. Nicht nur „Erwachsen auf Probe“ stellt das Intimleben einer Paarbeziehung oder einer Familie auf voyeuristische und aus Jugendschutz-Perspektive fragwürdige Art und Weise dar. Das Konzept der „Super Nanny“, einer Sendung, die bereits seit September 2004 sehr erfolgreich auf RTL läuft und viele Nachahmer hat, ist ganz ähnlich. Nur werden hier keine Kinder ausgeliehen, sondern die Probleme in den eigenen Familien gezeigt. Inzwischen spricht in der Öffentlichkeit keiner mehr über die Kinder, die von der Super Nanny vorgeführt werden. Doch auch sie werden von der „Super Nanny“ zu Unterhaltungszwecken instrumentalisiert – genauso wie ihre überforderten Eltern. Dabei zeigt RTL heftige und lautstarke verbale Auseinandersetzungen innerhalb der Familie oder das psychische Leid von Kindern, die dadurch stigmatisiert werden. Die oft gehörte Argumentation der Sender, die öffentliche Zurschaustellung sei freiwillig, ist dabei kein Freibrief. Denn glücklicherweise darf PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 153 das hohe Gut der Menschenwürde laut Gesetz in unserer Gesellschaft nicht individuell zur Disposition gestellt werden. Zwar hat die KJM bisher in ihrer rechtlichen Bewertung der „Super Nanny“ keinen Verstoß gegen die Menschenwürde festgestellt, aber ein respektloser Umgang mit den Protagonisten wird in vielen Fällen deutlich. Das ist nicht unproblematisch und soll und muss diskutiert werden. Auf der anderen Seite darf solchen Programmen selbstverständlich nicht grundsätzlich die Intention, gesellschaftlich relevante Themen aufzubereiten, abgesprochen werden. Zumal der Zuspruch, den sie finden, den Wunsch von Eltern nach Unterstützung bei ihren Erziehungsaufgaben deutlich macht. Dazu können und müssen die Medien beitragen. Und gerade das Fernsehen mit seinen niedrigschwelligen Angeboten kann viele Menschen erreichen, sie informieren, ihr Problembewusstsein schärfen oder sie auf mögliche Hilfsangebote aufmerksam machen. Doch ein für mediale Beratungssendungen wichtiges Kriterium sollte dabei auf jeden Fall beachtet werden: nämlich, den Protagonisten, Kindern wie Eltern, mit Respekt zu begegnen. Das ist bei Formaten des sogenannten „Affektfernsehens“ aber leider nicht immer der Fall, weil Elementen wie Emotionalisierung, Personalisierung oder vorgebliche Authentizität der Vorrang gegeben wird. Der Drang vieler Menschen, ihr Privatleben öffentlich zu machen, ist nicht nur ein TV-Trend. In extremen Maß beobachten wir das im Internet. In sozialen Netzwerken, aber auch auf Plattformen für selbstgedrehte Videos oder in Foren. Aufgrund der Dynamik und Globalität des Internets gehen die Verstöße im Netz in Quantität und Qualität weit über das hinaus, was im Fernsehen zu sehen ist. Das führt nicht zuletzt manchmal zu unterschiedlichen Prioritäten in der Jugendschutzarbeit der KJM: Im Internet gilt es vor allem, unzulässige Inhalte aus dem Netz zu entfernen, während es im Fernsehen meist „nur“ – das setze ich bewusst in Anführungszeichen – um die Frage der Sendezeit geht. Mit Sicherheit wird es in Zukunft aufgrund der zunehmenden Konvergenz der Medien eine der Herausforderungen sein, in der Praxis möglichst gleich hohe Maßstäbe anzulegen. Um die Herausforderungen für einen besseren Jugendmedienschutz in Deutschland weiter erfolgreich meistern zu können, brauchen wir die Unterstützung der ganzen Gesellschaft. Denn letztlich stehen die rechtlichen Regelungen des Jugendmedienschutzes für das große Ganze: Sie sind nämlich immer Ausdruck eines momentanen Zustands von Gesellschaft, weil sie sich auch aus dem Diskurs über ethische Grenzen ergeben. Restriktiver Jugendschutz kann nur über einen gesellschaftlichen Konsens betrieben werden und muss Hand in Hand mit dem präventiven Jugendschutz gehen. Die KJM wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Themen wie Gewalt, Sexualität und Menschenwürde in der öffentlichen Diskussion Beachtung finden. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 154 Mehr Kinder in die Fernsehprogramme! Dieter Czaja Wir sehen eine Frau vom Typ Gefängniswärterin aus der Serie „Hinter Gittern“ mit strengem, kaltem Blick, der ein zu ihr aufblickendes Kind trifft. Von dem Kind erkennt man nur die Umrisse eines Jungen, dem die „Nanny“ aus einer fernen Zeit die Ohren langzieht. Man könnte meinen, dies sei das Titelbild einer Zeitschrift aus der Kaiserzeit oder der „Titanic“. Nein, es ist die gerade erschienene Ausgabe des FLIMMO, eine Quartalszeitschrift, die maßgeblich von den Landesmedienanstalten, also der Aufsicht über das private Fernsehen, herausgegeben wird. Mich erinnerte diese Titelfigur sofort an Fräulein Rottenmeier aus dem bekannten Kinderbuch „Heidi“. Sie war wohl der Meinung, Heidi sei eine Wilde und müsse gezähmt werden. Aber was will uns der Herausgeber heute mit diesem Titel und dem Heftthema „Erziehungsfernsehen. Zwischen Anregung und Abschreckung“ sagen? Die Verantwortlichen dieser Programmberatung für Eltern beziehen diesen Titel wohl auf Sendungen wie z.B. „Die Super Nanny“, um die es in dem Beitrag geht. Aber dieses „Bild“ von Erziehung hat in der besagten Sendung und auch den anderen dort genannten Programmen nun wirklich keinen Platz. Wie sollten wir sonst mit der „Super Nanny“ oder auch der Sendereihe „Erwachsen auf Probe“ regelmäßig Höchstquoten bei jungen Frau zwischen 14 und 29 Jahren erzielen? „Erwachsen auf Probe“ erreichte bei ihnen einen durchschnittlichen Marktanteil von 31,6 Prozent, in der Spitze 36,7 Prozent. Zum Vergleich: RTL ist im November 2009 Marktführer mit 14 Prozent bei den Zuschauern ab 3 Jahren, mit 18,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und mit 22,8 Prozent in der genannten Zielgruppe der jungen Frauen. Die Sendereihe lag also etwa ein Drittel über dem Senderschnitt in dem Zuschauersegment der jungen Frauen, die für diese Sendungen naturgemäß besonderes Interesse zeigten. ARD und ZDF erreichen hier aktuell 4,5 bzw. 3 Prozent. Bevor ich noch einmal auf den Inhalt des FLIMMO-Heftes und damit auf eines der kritisierten Formate eingehe, einige eher grundsätzliche Anmerkungen zum Thema „Kinder im Fernsehen“. Das Leben mit und für Kinder kennen viele Zeitgenossen schon heute nur noch aus dem Fernsehen. Die Zahl der in unserer Gesellschaft aufwachsenden Kinder ist signifikant zurückgegangen. Während im Jahr 1900 in Deutschland 35 Prozent der Bevölkerung Kinder waren, werden es 2020 nur noch 13 Prozent sein. Das Fernsehen in seiner Gesamtheit hat diese Entwicklung seit den 90er Jahren bedauerlicherweise nachvollzogen. Zwar entstanden auf der einen Seite eine Reihe von Spartenkanälen für Kinder, aber gleichzeitig haben ARD, ZDF und auch die großen privaten Anbieter die Programmschienen mit täglichen und wöchentlichen Kindersendungen durch Angebote für ein erwachsenes Publikum ersetzt. Im privaten Fernsehen, das sich aus Werbung finanzieren muss, war dieser Verlagerungsprozess eine ökonomische Notwendigkeit und gleichzeitig eine Chance für den Ausbau des An- PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 155 gebots für Kinder in eigenen Kanälen wie Super RTL. Für ARD und ZDF aber war die Auslagerung der allermeisten Kindersendungen in den KI.KA aus meiner Sicht eine medien- und gesellschaftspolitische Fehlentwicklung und hätte von den Gremien nicht so hingenommen werden dürfen. Selbst in den USA und Großbritannien wurden die Programmanbieter in den 90er Jahren verpflichtet, pro Woche drei bzw. zehn Stunden „educational and informative children’s programming“ anzubieten. Es reicht wahrscheinlich nicht aus, das beste Kinderprogramm zu produzieren, es muss auch innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Vollprogramms für Groß und Klein sichtbar bleiben. Nun könnte man meinen, dass der Integrationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hinsichtlich der Kinder in unserer Gesellschaft ja auch und gerade dadurch zu leisten wäre, dass die Geschichten, die das Fernsehen in seinen täglichen Serien und Fernsehfilmen zumeist im Vorabendprogramm und in der Primetime erzählt, eben Kinder ganz selbstverständlich mit einbeziehen. Dies ist natürlich auch eine Forderung an die privaten Programmanbieter. Leider muss man aber feststellen, und jeder kann das beim abendlichen Zappen durch die Programmangebote nachprüfen: Kinder kommen zumal im Primetime-Fernsehen so gut wie nicht mehr vor. Wir leben in einer weitgehend kinderfreien Gesellschaft und wir sehen im Fernsehen ebenfalls kaum Kinder. Dies kann und darf aber kein wünschenswerter Zustand sein. Wesentliche Ursache hierfür sind die restriktiven Vorschriften im deutschen Jugendarbeitsschutzrecht, die Dreharbeiten mit Kindern organisatorisch und finanziell extrem erschweren. So dürfen Kinder in Deutschland nur drei Stunden pro Tag für Dreharbeiten eingesetzt werden, und das nur an 30 Tagen im Jahr. Man stelle sich vor, der Gesetzgeber würde ähnliche Regeln für den Bereich des Sports oder der Musik aufstellen. Den Produzenten bleibt daher oft nichts anderes übrig, als im Ausland zu produzieren. Denn in anderen Ländern steht man den darstellenden Künsten weitaus offener gegenüber, weil sie dort richtigerweise als pädagogisch wertvolle Beschäftigung betrachtet werden. Wenn nun der Deutsche Kinderschutzbund derzeit weitere Forderungen hinsichtlich einer „lückenlosen Regelung“ des Jugendarbeitsschutzrechts an den Gesetzgeber richtet (so möchte man auch Dreharbeiten in Familien bzw. mit Kindern für nicht fiktionale Programme oder die Beteiligung von Kindern unter drei Jahren an Film-, TV- und Theaterproduktionen und an Castings streng reglementieren), dann sind wir nur noch einen Schritt von einem entsprechenden Verbot entfernt und der Staat schränkt die Rechte der Eltern und der Produzenten ohne Not ein. Als ob man mit gesetzlichen Vorschriften, die v.a. Bürokratie produzieren, vereinzelte Problemlagen gänzlich ausschließen könnte. Produktionsfirmen, Fernsehsender und Eltern sind durchaus in der Lage, die Interessen der an Dreharbeiten beteiligten Kinder zu schützen. Dazu gibt es bereits eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Produzenten mit den zuständigen Behörden sowie geeignete Strukturen. Kinder erfahren im Zusammenhang mit Fernsehproduktionen positive Impulse für ihre weitere Entwicklung, ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt und ihnen wird auch hinsichtlich schulischer Aufgaben geholfen. Bei unse- PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 156 ren Produktionen erhalten Kinder in aller Regel mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, als dies in ihrem Alltag möglich und üblich ist. Da aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen die regelmäßige Darstellung von gelungenem Leben mit Kindern auf dem Bildschirm zumindest nicht ausreichend stattfindet, entsteht offensichtlich bei manchem Beobachter der falsche Eindruck, dass die problematischen Familienkonstellationen, wie sie in der RTLReihe „Die Super Nanny“ beschrieben werden, nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Schließlich läuft die Sendereihe bereits über fünf Jahre erfolgreich in der Primetime. Wenn es nach dem Deutschen Kinderschutzbund, von dem hier schon die Rede war, gegangen wäre, wäre die erste Folge der „Super Nanny“ am 19. September 2004 auch die letzte gewesen. Das kann man auf der NRW-Homepage des Vereins heute noch nachlesen. Die erfolgreiche Entwicklung des Formats wird, auch nach kritischen Gesprächen mit dem Kinderschutzbund, nicht zur Kenntnis genommen. Das trifft gleichermaßen für die Autoren des FLIMMO zu, die sich auch von den Ergebnissen einer von ihnen selbst initiierten Umfrage unter Kindern nicht beeindrucken lassen: „Drei Viertel der befragten Kinder sind der Meinung, dass man bei den Sendungen des Erziehungsfernsehens etwas lernen kann. Vor allem sind es die konkreten Regeln, die den Kindern im Gedächtnis bleiben. Und die Tatsache, dass angeregt wird, sich an einen Tisch zu setzen und miteinander zu reden. Diese Bereitschaft zur Kommunikation, auch in schwierigen Situationen, ist den Mädchen und Jungen wichtig. Offen über Probleme und Ängste sprechen zu können, das wünschen sich viele Kinder auch für ihren eigenen Familienalltag.“1 So weit, so gut. Die hier befragten Kinder haben offensichtlich schon einige Folgen mit ihren Eltern bzw. Müttern angeschaut. Beim Autor des FLIMMO-Artikels bin ich da skeptisch, wenn es in dem Heft weiter heißt: „Trotz einiger positiver Aspekte wirft das pädagogische Konzept der Sendung Fragen auf.“ Genannt werden dann folgende: - Die Beratung folge Patentrezepten, diese würden den Familien übergestülpt. Eltern werde beigebracht, sich gegenüber dem Nachwuchs durchzusetzen. Kindern werde eingebläut, dass sie zu parieren haben. Es handele sich nur um kurzfristige Eingriffe ohne langfristige Wirkung. Problembelastete Personen würden zur Schau gestellt und dem Hohn und Spott ihrer Umgebung ausgeliefert. Wer die Sendereihe verfolgt, wird leicht erkennen, dass die hier vorgebrachten Kritikpunkte bei einigermaßen vorurteilsfreier Betrachtung der laufenden Staffel überhaupt nichts mit unseren Sendungen zu tun haben. Regelmäßig stehen die Eltern im Mittelpunkt der Arbeit der Nanny, die Kinder erleben wir zumeist als die Leidtragenden überforderter, egoistischer Mütter und Väter. Kinder und Eltern gehen gestärkt aus der Familienarbeit der Nanny hervor, die Zusammenarbeit ist auf nachhal1 FLIMMO, Heft 3/2009, S. 6 PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 157 tige Wirkung ausgerichtet. Darüber hinaus gibt es auch nach der Sendung Kontakte zwischen den Familien und den Mitarbeiterinnen von Katja Saalfrank. Mittlerweile sind auch die Jugendämter für eine Zusammenarbeit aufgeschlossen, da immer wieder auch längerfristige Familienhilfen oder andere Maßnahmen der Ämter nötig sind. Dabei sucht RTL schon frühzeitig den Kontakt zu den Jugendämtern und thematisiert das auch in den Sendungen. Wir wollen die Zuschauer ermuntern, sich vertrauensvoll an die Jugendämter zu wenden. Die Familien, die an uns herantreten, würden nach aller Erfahrung diesen Weg übrigens nicht aus eigener Initiative gehen. Was die angeblich mangelnde Nachhaltigkeit betrifft, so können unsere Zuschauer regelmäßig in sogenannten Recap-Sendungen verfolgen, was sich in den Familien nach sechs bis zwölf Monaten verändert hat. Wenn die Redaktion des ALM Programmberichts „Kinder als Fernsehobjekte“ sieht, dann meint das wohl die oben im letzten Punkt vorgetragene grundsätzliche Kritik an Real-Life-Formaten, da in ihnen die Würde der Beteiligten missachtet werde. Nach mittlerweile 120 Super-Nanny-Sendungen seit dem Jahr 2004 und zahlreichen anderen Formaten sollten auch die Zweifler erkennen, dass die Medienbürger des digitalen Zeitalters anders fühlen, denken und handeln, als es Normsetzungen, die bei einigen immer noch als unverrückbar gelten, verlangen. Der ehemalige Intendant des Deutschlandradios, Professor Ernst Elitz, schreibt in einem Artikel: „Die Tyrannei der Intimität ist keine Provinz im Reich des Bösen. Sie macht die Medien verständlich und menschlich. Sie zwingt zur Wahrhaftigkeit […] Journalisten sind Sachverständige für eine ungeschminkte Darstellung der Wirklichkeit. Sie müssen daher Wahrheitsfanatiker sein. Das visuelle Zeitalter erinnert sich in Bildern und nicht in elaborierten Texten. Im Kern des Kontrakts, den der Kunde täglich neu mit den Medien schließt, stehen die Begriffe Verständlichkeit, Persönlichkeit und Emotion. Der emotionale Eindruck, den Bilder erzeugen, weckt mehr Mitgefühl und Hilfsbereitschaft als jeder noch so gut gemeinte verbale Appell. Aufklärung ist keine Buchstabenfrage.“2 Ich wünschte mir von den Landesmedienanstalten und insbesondere von der Kommission für Jugendmedienschutz, aber auch dem Deutschen Kinderschutzbund Unterstützung hinsichtlich der Einbeziehung von Kindern in unsere Programmentwicklungen. Das sollte uns ein gemeinsames gesellschaftliches Anliegen sein. Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft und ein modernes Fernsehen ist ohne sie nicht denkbar. In einer demokratischen Gesellschaft dürfen partiell unterschiedliche Auffassungen kein Grund sein, nicht konstruktiv miteinander um die für die Gesellschaft besten Lösungen zu ringen. Wie heißt es doch in der oben zitierten SuperNanny-Befragung unter Kindern: „[Die] Bereitschaft zur Kommunikation, auch in schwierigen Situationen, ist den Mädchen und Jungen wichtig.“ 2 Ernst Elitz: Mehr Emotion wagen: Wenn das Private öffentlich wird, hat das durchaus positive Seiten. In: Welt am Sonntag vom 11. Oktober 2009. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 158 Kinder sind keine Objekte – auch nicht für das Fernsehen Paula Honkanen-Schoberth und Johanna Suwelack Das Thema dieses Kapitels zeigt das Problem sehr deutlich. Denn betrachtet man Sendungen wie „Erwachsen auf Probe“ oder „Die Super Nanny“, drängt sich die Frage auf: Worum geht es hier wirklich? Wer oder was steht im Mittelpunkt? Im Kern: Wer ist Subjekt, wer Objekt? Geht es um die Bedürfnisse der beteiligten Kinder, ihre Wünsche, ihre Würde und ihre Rechte? Können andere Eltern tatsächlich lernen, wird Kindern geholfen? Oder geht es vor allem um die Interessen des Senders, der Kinder, Jugendliche und überforderte Eltern vor einem Fernsehpublikum zur Schau stellt, und damit um Einschaltquoten und Werbeeinnahmen? Sendungen mit Kindern als Objekten inszenieren und instrumentalisieren sie. Die beteiligten Kinder sind zweitrangig. Dies kann und will der Deutsche Kinderschutzbund nicht hinnehmen. Denn Kinder sind Subjekte mit eigenen Rechten, ihr Wohl muss an erster Stelle stehen, erst danach kommen die Interessen der Eltern und des Senders. Leider erfüllen viele, u.a. auch oben genannte Sendungen diese Anforderungen nicht. Besonders „Erwachsen auf Probe“ ignorierte die Rechte der Kinder und damit auch ihr Wohl auf eklatante Weise. Die „ausgeliehenen“ Babys und Kinder waren Versuchsobjekte, mit dem einzigen Zweck, ein Experimentierfeld zu bieten und die Sendung zu ermöglichen. Denn ohne Babys keine Eltern „auf Probe“ und keine spektakulären Bilder von aufregenden und belastenden Situationen. Hier wurde auf den Voyeurismus und die Schadenfreude von Zuschauerinnen und Zuschauern gesetzt. Es ging nicht darum, junge Paare beispielhaft auf ihrem Weg zu begleiten und sie zu unterstützen bei ihrer Entscheidung, Eltern zu werden oder nicht. Sondern es ging darum, sie und ihre „geliehenen“ Kinder einem Millionenpublikum in angeblich lebensnahen, in Wirklichkeit aber durch Script und Schnitt künstlich hergestellten Situationen zu präsentieren. Die Öffentlichkeit sollte sie beobachten bei einem Projekt, das nur scheitern konnte, weil es scheitern sollte. Gleichzeitig gibt es viele Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich entsetzt abwenden. Immer wieder erreichen uns Anrufe und Zuschriften von besorgten Menschen, die mit den genannten Sendungen nicht einverstanden sind. Das zeigte auch die große Resonanz auf unsere Unterschriftenaktion (www.stoppt-erwachsen-auf-probe. de). Zusammen mit anderen Aktionen wurden über 20.000 Unterschriften gegen „Erwachsen auf Probe“ gesammelt. Für den Deutschen Kinderschutzbund ist es entscheidend, dass bei der Mitwirkung von Kindern in Medienpräsentationen der Respekt gegenüber den Kindern durchgehend gewahrt wird. Viele der Produktionen lassen dies vermissen. Formate wie die Doku-Soaps zeigen Kinder in privaten und verletzlichen Situationen. Die Kinder berichten über intime Dinge, die sie bewegen. Sie werden gezeigt in ihrer Wut und Verzweiflung, Trauer und Trotz. Wer möchte gerne später solche Bilder von sich sehen, im Bewusstsein, dass damals Millionen Menschen zugeschaut haben? Der Dreh ist stressig, Eltern und Kinder stehen unter Druck und manche lassen sich PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 159 zu Äußerungen und Verhaltensweisen hinreißen, die sie später bedauern. So darf ein problematisches Eltern-Kind-Verhältnis nicht instrumentalisiert, dürfen Eltern und Kinder nicht gezielt gegeneinander ausgespielt werden. Wenn Kinder und Jugendliche als besonders böse, aggressiv oder dumm präsentiert werden, droht eine enorm problematische Stigmatisierung. Denn die Kinder sind nicht nur während der Sendung, sondern auch danach gefährdet. Die Reaktionen des Umfelds sind oft fatal. Kinder und Eltern sind Hänseleien, Mobbing und der Lächerlichkeit ausgesetzt. Sie erfahren Ablehnung und Abwertung in ihrer Nachbarschaft, im Kindergarten und der Schule, am Arbeitsplatz und in der Verwandtschaft. Auch rechtlich sind die Folgen für die Eltern oft nicht absehbar, für die Kinder erst recht nicht. Die Verträge mit den Sendern sind kompliziert, sie müssen inklusive dem Kleingedruckten verstanden werden. Teilweise über Jahre wirkende „Redeverbote“ oder Konventionalstrafen schüchtern Eltern ein. Der Deutsche Kinderschutzbund fordert deshalb generell Verträge, die Eltern und Kindern jederzeit die Möglichkeit des Abbruchs, der Sichtung der Produktion in der Endfassung und ggf. der Verhinderung der Ausstrahlung geben. Das Risiko kann nicht bei den Eltern, es muss beim Sender liegen. Ein weiterer Kritikpunkt des Deutschen Kinderschutzbunds ist, dass in den meisten sogenannten Erziehungsberatungsformaten zu wenig auf bestehende Hilfsangebote außerhalb des Fernsehens hingewiesen wird. Vielen zuschauenden Eltern mit ähnlichen Problemen wäre geholfen, wenn darauf aufmerksam gemacht werden würde, wo sie kompetente Ansprechpartnerinnen und -partner finden: z.B. beim Jugendamt und bei Erziehungsberatungsstellen. Auch werden die Probleme der Eltern in der Sendung nur angeschnitten. Für eine richtige Lösung reicht die Zeit nicht aus. Die Eltern müssten daher motiviert werden, sich auch weiterhin unterstützen zu lassen. Ob dies immer geschieht, ist fraglich. Um die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen in Medienproduktionen zu wahren und besser durchsetzen zu können, fordert der Deutsche Kinderschutzbund, dass medienpädagogische Fachkräfte am Set Standard werden. In Nordrhein-Westfalen sind diese medienpädagogischen Fachkräfte zwar seit dem Jahr 2000 vorgeschrieben, wenn Kinder in Medien- und Kulturproduktionen an mehr als 30 Tagen im Jahr mitwirken. Aber das reicht nicht, sie müssen bei allen Medienproduktionen mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden. Zu den Aufgaben dieser weisungsunabhängigen, medienpädagogisch qualifizierten sozialpädagogischen oder psychologischen Fachkraft gehört, einen individuellen Mitwirkungsplan für das Kind zu erstellen, der unter anderem eine pädagogische Bewertung des Produkts (Drehbuch), die Betreuung des Kindes während der Dreharbeiten und den Blick auf sein familiäres und soziales Umfeld und dessen Kompetenzen beinhaltet. Dem Deutschen Kinderschutzbund ist bewusst, dass die Mitwirkung von Kindern an Film-, Fernseh-, Theater- und Werbeproduktionen nicht ausgeschlossen werden kann und auch nicht sollte. Aber die Bedingungen müssen stimmen. Daher muss das Jugendarbeitsschutzgesetz dringend den modernen Gegebenheiten in den PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 160 Medien angepasst werden. Gesetzlicher Regelungsbedarf besteht bei den sogenannten nonfiktionalen und publizistischen Formaten. Eine Differenzierung zwischen Doku-Soaps und Dokumentarfilmen macht hier Sinn. Wissen wir doch, dass bei der Produktion erstgenannter Formate nicht nur spontane, natürliche Lebensäußerungen filmisch eingefangen werden. Gleiches gilt derzeit auch bei der Mitwirkung von Kindern unter drei Jahren. Von Kleinkindern dürfen nach geltender Gesetzeslage ebenfalls nur spontane, natürliche Lebensäußerungen filmisch eingefangen werden. Es ist nicht realistisch, dass in Produktionen wie „Erwachsen auf Probe“ und „Die Super Nanny“ keine Proben und keinerlei Verhaltensanweisungen an das Kind erfolgen, also weder von Seiten der Regie noch der Eltern Einfluss auf das Verhalten des Kindes genommen wird. Spontane, natürliche Lebensäußerungen der Kinder werden zudem durch Schnitt und Synchronisation bearbeitet. Bei „Erwachsen auf Probe“ wurden die Bilder teilweise mit Babygeschrei unterlegt, obwohl deutlich zu sehen war, dass das Kind nicht schrie. Die gesetzliche Lücke im Jugendarbeitsschutzgesetz muss geschlossen werden, damit die staatliche Aufsicht auch für Produktionen mit Kleinkindern gilt. Sinnvoll wäre daher eine genaue Abgrenzung zwischen Produktionen und Darstellungen natürlicher und spontaner Lebensäußerungen und Produktionen und Darstellungen zum Zwecke der kommerziellen Vermarktung (Werbung, Shows). Weiterhin dürfen die Schutzbestimmungen nicht durch Dreharbeiten im Ausland außer Kraft gesetzt werden. Die Jugendämter am Wohnsitz der Kinder müssen in jedem Fall vor dem Abschluss der Verträge eingeschaltet werden. Die Privatsender haben laut eigenen Angaben keinen pädagogischen Auftrag. Warum eigentlich nicht? Gerade sie erreichen viele junge Menschen und Eltern und sollten sich ihrer pädagogischen Verantwortung besonders bewusst sein. Gerade sie sollten ein Auge auf Kinderschutz, Erziehungsfragen und Aufklärung haben und reflektieren, was sie tun. So gilt es zum Beispiel, die Auswirkungen der Sendungen auf das Publikum schon im Vorfeld zu berücksichtigen. Eine zentrale Botschaft von „Erwachsen auf Probe“ war, dass Kinder einfach ausgeliehen werden dürfen wie Gegenstände, auslieferbar mit Gebrauchsanweisung. Eine fatale Aussage, als ob das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Kindern und Eltern ohne Probleme austauschbar und übertragbar auf andere Personen sei und nicht wesentlich für das Wohlergehen der Kinder. Und diese Sendung war vom Sender als pädagogisch wichtig deklariert worden. Die klare Absage der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) an diesen Anspruch spricht für sich. Für den Deutschen Kinderschutzbund ist unverzichtbar, dass die Botschaft an Zuschauerinnen und Zuschauer immer im Einklang mit den Kinderrechten ist. Ein Umdenken bei den Sendern würde nicht nur den Kindern nützen. Sendungen, die tatsächlich die Bedürfnisse und Interessen der Kinder im Blick hätten, Eltern helfen und unterstützen würden, kämen sicherlich auch bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern gut an. Denn wir alle wissen, und wir sind überzeugt, die Verantwortlichen in den Fernsehsendern sehen das genauso: Kinder sind kostbar, jedes Kind ist wichtig. Eine PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 161 kindgerechte Gesellschaft, Erziehung und Bildung sind Aufgabe aller. Die Medien können daran wesentlich mitarbeiten und sollten sich dazu auch verpflichtet fühlen. Kinder als Teilnehmer von Reality-Formaten – Das schwierige Abwägen zwischen Schaden und Nutzen Joachim von Gottberg Als bei RTL am 19. September 2004 das Erziehungsformat „Die Super Nanny“ startete, machte der Deutsche Kinderschutzbund mobil. Kinder und Familien in solch intimen, für sie äußerst schwierigen und peinlichen Erziehungssituationen zu zeigen, wurde als Verletzung der Persönlichkeitsrechte der beteiligten Personen gebrandmarkt. Wie wird sich ein Kind fühlen, wenn es in den Kindergarten oder in die Schule kommt, nachdem am Abend vorher jedermann erfahren konnte, dass es zu Hause drunter und drüber geht? Kritisiert wurde ebenfalls der autoritäre Erziehungsstil der Nanny, die die Kinder für eine Weile an einen „stillen Ort“ verbannte, wenn diese die von ihr gesetzten Regeln nicht einhielten. Das Format gibt es immer noch, und es erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Völlig umsonst war die Entrüstung der Kinderschützer jedoch nicht. Denn das Erziehungskonzept der Nanny wurde im Laufe der letzten Jahre ständig und systematisch verbessert. Nicht mehr das Kind allein, sondern der gesamte familiäre Kontext wird beleuchtet, die Regeln werden zwischen den Eltern und den betroffenen Kindern gemeinsam ausgehandelt und müssen von allen befolgt werden. Zuweilen kommt es auch vor, dass die Nanny die Erfolglosigkeit ihres Eingreifens erkennt und die Kinder mithilfe des Jugendamts aus der familiären Situation zumindest vorübergehend herausholt. Vieles spricht dafür, dass sich dieses Format auf die Erziehungssituation in Deutschland positiv ausgewirkt hat. Zunächst einmal müssen wir erkennen, dass die Verunsicherung über den richtigen „Erziehungsstil“ enorm hoch ist. Die Beratungsliteratur boomt. Der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff beschreibt in seinem Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“1 den Paradigmenwechsel in der Pädagogik: Während es in früheren Generationen ein klares Unterordnungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern gab, hat sich seit den 1970er-Jahren zunehmend ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Erziehenden und Kindern herausgebildet. Kinder beanspruchen die gesamte Aufmerksamkeit der Eltern und laufen in den Familien nicht mehr nebenbei mit. Da ihnen zu selten Grenzen gesetzt werden, tyrannisieren sie ihre Familien. 1 Vgl. Winterhoff, Michael: Warum unsere Kinder Tyrannen werden. Oder: Die Abschaffung der Kindheit. Gütersloh 2008. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 162 Viel interessanter als die These des Buches ist dessen wirtschaftlicher Erfolg (ca. 400.000 verkaufte Exemplare). Er markiert das Ausmaß und die Tiefe der erzieherischen Verunsicherung, die zum einen nach Beratung, zum anderen aber auch nach der Bestätigung sucht: Ich bin nicht alleine, andere Menschen haben die gleichen Probleme, und es gibt Hoffnung auf Hilfe. Nun ist die Lektüre pädagogischer Fachbücher nicht jedermanns Sache, und genau hier setzt RTL mit seinem Gespür für gesellschaftlich relevante Themen an. Damit soll nicht etwa behauptet werden, dem Sender liege völlig uneigennützig die Verbesserung der Erziehungssituation in Deutschland am Herzen. Aber darauf kommt es auch nicht an. Der Erfolg eines Konzepts hängt oft nicht unmittelbar mit der positiven Absicht zusammen. Tatsache ist, dass es zum wirtschaftlichen Erfolgskonzept eines Senders gehört, Programme anzubieten, die den Nerv der Zuschauer treffen. Das Positive an der Super Nanny ist zunächst, dass sie Menschen, die an ihrer Erziehungsrealität verzweifeln, Zuwendung und Hilfe anbietet. Gleichzeitig gerät die Tatsache, dass alle Erziehungsbemühungen missglücken können, aus der Tabuzone in die Öffentlichkeit und verliert dadurch für die Betroffenen an Peinlichkeit. Darüber hinaus eröffnet die Sendung Einblicke in die Grundprobleme von Eltern und Kindern, die eigentlich beide zusammenkommen wollen und sich trotzdem immer mehr voneinander entfernen. Sie zeigt am konkreten Modell Wege auf, wie man zusammenfinden kann, wie man durch neue Regeln, die beide Seiten einhalten müssen, die Krise überwindet. Anders als die Mitarbeiter von Erziehungsberatungsstellen geht die Nanny in die Familien und durchlebt die Krise – zusammen mit dem Zuschauer – selbst mit. Weil es sich um reale Menschen handelt, erreicht die Nanny Authentizität und Glaubwürdigkeit. Und da aufgrund vorausgegangener Sendungen alle wissen, dass die Nanny häufig auch bei aussichtslosen Fällen erfolgreich ist, genießt sie einen gewissen Vertrauensvorschuss. Letztlich wird so das Vertrauen in den Erfolg professioneller pädagogischer Erziehungsberatung gestärkt. Nach jeder Folge der „Super Nanny“ verzeichnen die Erziehungsberatungsstellen eine signifikant höhere Nachfrage. Trotz dieser grundsätzlich positiven Bilanz bleiben natürlich Fragen. In den Erziehungsformaten handelt es sich meistens um Kinder. Für sie müssen die Eltern entscheiden. Auch ist damit zu rechnen, dass besonders rüde sprachliche Ausrutscher mit hohem Peinlichkeitswert über YouTube dem kollektiven Gedächtnis des Internets erhalten bleiben. Wenn also über negative Erfahrungen von beteiligten Familien, insbesondere aus der Perspektive der Kinder, berichtet wird, so muss dies ernst genommen und gegenüber dem Nutzen solcher Sendungen abgewogen werden. Allerdings sind bisher keine Berichte über negative Folgen bekannt geworden. Sollte es welche geben, so würde der Kinderschutzbund vermutlich dafür sorgen, dass sie schnell öffentlich würden. Ohne diese Frage abschließend klären zu wollen, scheint doch die Bedeutung der öffentlichen Wahrnehmung bei den beteiligten Familien eine andere zu sein, als manche Kritiker dies prognostizieren. Es ist erstaunlich, dass trotz der verbreiteten öffentlichen Fürsorge gegenüber den beteiligten PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 163 Familien bisher nie eine solide Untersuchung über die Folgen von Fernsehauftritten aus der Sicht der Beteiligten durchgeführt wurde. Für den Jugendschutz sind diese Fragen aber sekundär. Der Schutz der Teilnehmer ist nur dann relevant, wenn sie bei der Beurteilung der Wirkung auf den jungen Zuschauer eine Rolle spielen. Würde beispielsweise der Eindruck erweckt, ein Sender könne aus kommerziellen Gründen Menschen beliebig gegen ihren Willen beleidigen oder öffentlich vorführen, könnte man dies in der Folge als Verharmlosung des Mobbings bewerten. Denn bei der Bewertung aus der Perspektive des Jugendmedienschutzes steht die Wirkung auf den Zuschauer im Vordergrund und nicht der Schutz derer, die zur Herstellung einer Sendung beigetragen haben. Abgesehen davon, dass dies nicht der gesetzliche Auftrag des Jugendmedienschutzes ist, können wir beim Ansehen einer Sendung auch nur darüber spekulieren, unter welchen Umständen und Bedingungen für die Beteiligten sie entstanden ist. Die Frage also, ob es generell zulässig sein soll, Kinder in den Mittelpunkt solcher Fernsehformate zu stellen, lässt sich über den Jugendmedienschutz nicht entscheiden. Die Darstellung von Erziehungssituationen, selbst wenn diese jenseits des erzieherischen Normalfalls angesiedelt sind, kann wohl kaum als abträglich für die individuelle oder die gemeinschaftsfähige Persönlichkeitsentwicklung eingestuft werden. Es kann natürlich Grenzfälle geben, zum Beispiel, wenn in solchen Situationen sexueller Missbrauch eine Rolle spielen sollte. Ein weiterer Vorwurf gegenüber solchen Sendungen besteht darin, dass sich die Fälle meistens in Milieus unterhalb des durchschnittlichen gesellschaftlichen Bildungsniveaus abspielen. Dieses Phänomen kennen wir seit den Diskussionen um die Talkshows der 1990er-Jahre. Nach der Theorie des sozialen Vergleichs erhöht die Möglichkeit, auf andere herabzusehen, denen es noch schlechter geht, die eigene Selbstzufriedenheit.2 Bezogen auf Erziehungsformate erleichtert es dieser sogenannte „Downward Comparison“, mit den eigenen Erziehungsproblemen umzugehen, sie zu akzeptieren und auf Lösungen zu hoffen, wenn man sieht, dass bei anderen, denen es noch schlechter geht, Hilfe möglich ist. Der Vergleich mit dem Mittelmaß ist langweilig, niemand würde das sehen, und deshalb würden solche Sendungen auch niemandem helfen, selbst wenn sie in guter Absicht hergestellt würden. Interessant ist immer der Blick nach unten, um sich zu distanzieren, oder der Blick nach oben, um beispielsweise Modelle gelungener Erziehung zu erhalten. Umso mehr könnte man sich nun fragen, ob dadurch die Protagonisten solcher Sendungen nicht vorgeführt werden wie Tiere im Zoo. Nun mag das unser Empfinden sein. Diese Menschen selbst fühlen sich offenbar dadurch aufgewertet, dass sich ihnen jemand zuwendet und ihnen so – im Vergleich zum sozialen Umfeld – eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwird. 2 Vgl. Festinger, Leon: A Theory of Social Comparison Processes. In: Human Relations, No. 7/1954, S. 117; Klein, William M.: Objective standards are not enough: Affective, self-evaluative, and behavioral responses to social comparison information. In: Journal of Personality and Social Psychology, No. 72/ 1997, S. 763-774. PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE 164 Als im Frühjahr 2009 RTL das Format „Erwachsen auf Probe“ zugegebenermaßen etwas ungeschickt ankündigte, nutzte der Kinderschutzbund erneut seine Chance, um gegen ein Erziehungsformat zu Felde zu ziehen und durch die erzeugte Empörung die eigene öffentliche Wahrnehmung zu erhöhen. Auch als der Sender eigens für die Kritiker auf einer Veranstaltung deutlich machte, dass die vorübergehende Trennung von den Eltern mehr inszeniert als real war, ließen sich die emotionalen Wellen nicht mehr glätten. Nun ist es grundsätzlich positiv zu bewerten, dass das Wohl von Kindern als ein so hohes gesellschaftliches Gut angesehen wird, dass Psychologen, Verbände und Politiker auf die Barrikaden gehen, wenn sie es bei einer Fernsehsendung in Gefahr sehen. Damit wird aber auch eine Chance vertan. Denn wer sich ernsthaft mit der Situation von Kindern in Deutschland beschäftigt, erkennt leicht, dass die öffentlich artikulierte Fürsorge in die Realität konkreter Probleme nicht vordringt. Nach dem Bericht der UNICEF zur Lage der Kinder in Deutschland vom Mai 2008 ist hierzulande jedes sechste Kind von Armut betroffen. Das Armutsrisiko in Deutschland steigt eindeutig mit der Anzahl der Kinder in den Familien. Bekannt sind Nachrichten über verwahrloste und verhungerte Kinder. Ohne die Medien wäre es nicht gelungen, Empathie und Sensibilität für diese Kinder in der Gesellschaft herzustellen. Die durch mediale Aufmerksamkeit erzeugte gesellschaftliche Empörung zwingt Politik und Behörden eher zum Handeln als interne Überprüfungen oder Untersuchungsausschüsse. Aber wie will man über verbesserte behördliche Kontrollen hinaus bei den betroffenen Eltern die Bereitschaft erhöhen, trotz Erziehungs- und Beziehungsproblemen einen Weg zu finden, die Kinder in ihr Leben zu integrieren? Faltblätter vom Kinderschutzbund helfen in der Masse wohl kaum weiter. Statt einer Totalverweigerung gegen den Versuch, in einem Fernsehformat Erziehungsprobleme und Lösungsmöglichkeiten darzustellen, wäre es hilfreicher gewesen, durch konstruktive Kritik zu einer Optimierung des Formats beizutragen. Gerade weil das Fernsehen am Massengeschmack orientiert ist, bietet es die Chance, auch die Masse zu erreichen – und das in einer Sprache, die dort verstanden wird –, auch wenn wir Bildungsbürger nach dem Prinzip des „Downward Comparison“ verächtlich mit dem Finger auf diese Sendungen zeigen und uns dadurch besser fühlen. QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 167 Programmintegrierte Werbeformen in der Zuschauerwahrnehmung Ergebnisse einer empirischen Untersuchung Helmut Volpers und Uli Bernhard Empirisch ist mittlerweile gut belegt, dass Werbung und Programm in der deutschen Fernsehpraxis nicht immer getrennte Sphären darstellen. Dagegen blieb bislang weitgehend ungeklärt, wie die Zuschauer auf diese fortschreitende Grenzaufhebung reagieren und ob sie im Verlauf ihrer Fernsehsozialisation eine gewisse Werbekompetenz entwickeln: Erkennen Zuschauer programmintegrierte Werbeformen per se oder benötigen sie hierzu eine Kennzeichnung und, wenn ja, welche? Diese Fragestellung greift die Studie „Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen“1 auf. Die im Frühjahr 2009 vorgelegte Untersuchung begleitete mit ihren Befunden den Umsetzungsprozess der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in deutsches Recht.2 Diese Richtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer rundfunkrechtlichen Regelungen Produktplatzierungen in Fernsehsendungen unter bestimmten Bedingungen zuzulassen. Vor diesem Hintergrund spielen die Fragen, ob programmintegrierte werbliche Erscheinungsformen von den Zuschauern ohne Weiteres erkannt werden oder ob bzw. welche Kennzeichnungen dazu notwendig sind, eine entscheidende Rolle. Die empirischen Befunde der Studie wurden daher aus juristischer Perspektive auf ihre Konsequenzen für die Werberegulierung überprüft. Eine ausführliche Darstellung des rechtswissenschaftlichen Teils der Studie kann an dieser Stelle allerdings nicht erfolgen.3 Der vorliegende Aufsatz richtet seinen Fokus vielmehr auf die Darstellung der Ergebnisse aus den empirischen Erhebungen. 1 2 3 Grundlage dieses Beitrags ist eine Studie, die unter Federführung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) im Auftrag der Medienanstalten der Bundesländer Baden-Württemberg (LfK), Bayern (BLM), Berlin-Brandenburg (mabb), Bremen (brema), Nordrhein-Westfalen (LfM), Niedersachsen (NLM) und Sachsen-Anhalt (MSA) vom Institut für Medienforschung Göttingen & Köln (Im•Gö) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Westfälischen Wilhelms-Universtität Münster erstellt wurde. Vgl. Volpers, Helmut/Bernd Holznagel (2009): Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin (Schriftenreihe der MA HSH; Bd. 2). Vgl. Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit („Audiovisuelle Mediendienste ohne Grenzen“). Veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union (L332/27). Im Folgenden kurz „AV-Richtlinie“. Vgl. hierzu ausführlich das Kapitel „Die rechtliche Einordnung der empirischen Befunde und Regulierungsoptionen“ in Volpers/Holznagel 2009, S. 123-192. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 168 1. Problemstellung Werbung und Programm stellen keine einander ausschließenden Entitäten mehr da. So lautet der zentrale Befund der Studie „Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen“.4 Persuasive Kommunikationsangebote5 beschränken sich schon lange nicht mehr auf die klassischen Werbespots, in deren Gestalt werbliche Botschaft und redaktioneller Inhalt deutlich voneinander getrennt sind. Vielmehr haben sich – dies belegt die im Jahr 2007 durchgeführte Studie anhand zahlreicher Fallbeispiele – weitere Formen persuasiver Kommunikation als Bestandteile des redaktionellen Angebots etabliert. Da Rezipienten die Werbeblöcke häufig umgehen, indem sie das Programm wechseln oder alternativen Tätigkeiten nachgehen, veranlassen sie die Fernsehveranstalter, die Werbung nah an das Programm zu binden oder sogar darin zu integrieren. Dies ist der Hintergrund für die zunehmende Zahl von programmnahen bzw. programmintegrierten Werbeformen, mittels derer eine „Unausweichlichkeit“ erreicht werden soll. Werblichen Botschaften, die via SingleSpot, Splitscreen, Crawler oder in anderen zahlreichen Formaten der sogenannten Sonderwerbeform verbreitet werden, kann der Rezipient kaum gezielt entgehen. Dennoch sind auch diese Formen immer noch als eigenständige werbliche Elemente zu erfassen und für den Zuschauer als solche erkennbar. Die eigentliche Symbiose zwischen Werbung und Programm vollzieht sich erst dann, wenn die werbliche Botschaft ganz mit dem Programm verschmilzt: Bei den zahlreichen Spielarten von Produktplatzierungen, pseudoredaktionell aufbereiteten Beiträgen und Sendungen, die in enger Zusammenarbeit mit einem Werbepartner erstellt und trotz ihres eindeutig persuasiven Inhalts mitunter ohne jede Werbekennzeichnung gesendet werden (Infomercials), oder auch bei unbearbeitet ausgestrahltem PR-Material bleiben Herkunft und Intention dem Publikum in der Regel verborgen. Indem die wahren Absichten dieser Medieninhalte verschleiert werden, kann der Rezipient sie weder umgehen noch auf ihren Wahrheitsgehalt – im Sinne einer journalistisch geprüften Information – vertrauen. Ihren Höhepunkt findet die Kolonisierung des Programms durch die Werbung in Formaten, bei denen das, was dem Zuschauer als redaktionelles Angebot entgegentritt, primär auf die Inszenierung von Markenwelten und Konsumgütern zielt. Diesem aus medienökonomischer Sicht geradezu folgerichtigen Prozess der Grenzaufhebung zwischen Werbung und Programm steht eine traditionelle medienrechtliche Auffassung gegenüber, die eben deren Trennung fordert und als unverzichtbar ansieht. Das Trennungsgebot wird durch das Kennzeichnungsgebot flankiert, das fordert, Werbung müsse als solche gekennzeichnet sein. Diese Vorstellung 4 5 Vgl. Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM Nordrhein-Westfalen; Bd. 61); Dies. (2009): Werbung und Public Relations im redaktionellen Fernsehprogramm. Eine Bestandsaufnahme. In: ALM Programmbericht 2008, S. 99-114. Der Begriff „persuasive Kommunikation“ bezieht sich im Folgenden auf all jene medialen Botschaften, deren Ziel eine vom Kommunikator beabsichtigte Verhaltensänderung beim Publikum ist. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 169 von zwei möglichst trennscharfen Sphären – das redaktionelle Programm auf der einen und die Werbung auf der anderen Seite – ist aus dem Presse- und Wettbewerbsrecht in das Rundfunkrecht übertragen worden. Trennungs- und Kennzeichnungsgebot sollten den „naiven“ Zuschauer davor schützen, werbliche Botschaften und redaktionelles Programm zu verwechseln. Ob dieser Schutzgedanke heute noch seine Berechtigung hat, ist bisher vom Normgeber nicht hinterfragt und empirisch kaum untersucht worden. Ganz offensichtlich kollidieren Programmrealität und medienrechtliche Normvorstellungen tagtäglich. Dies stellt die Medienpolitik und den Gesetzgeber vor Herausforderungen. In der Vergangenheit waren Veränderungen in der medienrechtlichen Regulierung der Rundfunkwerbung stets ein Reflex auf die sich verändernde Werbepraxis. Die Kluft zwischen Rechtsanspruch und Medienwirklichkeit wurde immer wieder dadurch verringert, dass sich die Rechtsnorm der Faktizität angepasst hat. Dabei handelte es sich jedoch stets um Lockerungen der Verhaltensregelung, nicht aber um eine grundsätzlich neue Regulierungskonzeption.6 Das jüngste Beispiel für eine „nachlaufende“ Anpassung der Medienregulierung ist die – in diesem Fall aus dem Europarecht stammende – Legalisierung des ProductPlacements aufgrund der neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste. Die Zulässigkeit von Produktplatzierungen in bestimmten Programmkontexten hat allerdings Konsequenzen für den Trennungsgrundsatz generell: Erstmals wird die Integration werblicher Elemente in das Programm legal, was faktisch zur Erosion des Trennungsgrundsatzes führt. Unweigerlich stellt sich die Frage, welche Legitimation der Trennungsgrundsatz zukünftig hat und was er (noch) leisten soll oder kann. Es zeichnet sich ab, dass der Trennungsbegriff anders als bisher zu definieren sein wird. Die Werbung kann die durch Kennzeichnung vom übrigen Programm abgetrennte und somit gettoisierte Sphäre verlassen, ihr Entfaltungsraum wird auf spezifische Programmstrecken ausgeweitet: - Trennung bedeutet nun eine Aufteilung in Sendungen mit und ohne inhärente Werbebotschaften. Kennzeichnung ist das „Kenntlich-machen“ entsprechender Programmstrecken durch Hinweise wie „Der folgende Beitrag enthält Produktplatzierungen“. Das neu definierte Ziel des Trennungsgrundsatzes ist somit nicht mehr die faktische Abgrenzung von Programm und Werbung, sondern die Transparenz für den Zuschauer, ob und wann er auf Werbung treffen kann. Es ist evident, dass dies mehr ist als nur eine Modifikation oder Lockerung bestehender Regelungen – es ist ein Paradigmenwechsel im Rundfunkrecht! Vor diesem Hintergrund wurde empirisch ermittelt, wie die Zuschauer mit der Integration von werblichen Elementen in das Programm umgehen. Hierbei sollten 6 Vgl. Ladeur, Karl-Heinz (1999): Neue Werbeformen und der Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm. Virtuelle Werbung, Split Screen und Vernetzung von Medien als Herausforderung der Rundfunkregulierung. In: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 10, S. 672-682, hier S. 677. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 170 folgende Fragestellungen beantwortet werden: Welche Einstellung und welches Wissen sind bei Zuschauern im Hinblick auf die Fernsehwerbung generell vorhanden? Und: Sind die Rezipienten in der Lage, programmintegrierte Werbung als solche zu erkennen und inwieweit ist hierbei eine Kennzeichnung notwendig oder hilfreich? Um die vielschichtige Fragestellung angemessen beantworten zu können, wurden zwei methodische Zugänge gewählt: eine bevölkerungsrepräsentative Telefonbefragung sowie Experimente mit ausgewählten Probanden. Während in den Experimenten anhand vorgeführter Fernsehsequenzen die unmittelbaren Reaktionen auf programmintegrierte werbliche Erscheinungsformen und verschiedene Kennzeichnungsvarianten getestet wurden, sollten in der Telefonbefragung Kenntnisse über und Einstellungen zur Fernsehwerbung generell ermittelt werden. 2. Methode und Kernergebnisse der Telefonbefragung Die Fragestellung nach Kenntnissen und Einstellungen in Bezug auf Fernsehwerbung wurde mittels verschiedener Item-Batterien und projektiver Aufforderungen („Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor, wie sie oft im Fernsehen zu sehen ist: …“) operationalisiert. Zusätzlich erfasste der Fragebogen Fernsehgewohnheiten und soziodemographische Merkmale der Interviewten, um differenzierte Aussagen über verschiedene Bevölkerungsgruppen treffen zu können. Prinzipiell ist es auch in Telefonbefragungen möglich, komplexe projektive Fragen zu stellen, sofern die Fragestellung unmittelbar verständlich und sprachlich der Kommunikationssituation angemessen ist. Der für die Untersuchung eingesetzte Fragebogen wurde in mehreren Pretest-Schleifen diesen Anforderungen angepasst und hat sich im Feld bewährt. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5. Mai bis zum 27. Juni 2008 1.013 Interviews mit zufällig ausgewählten Personen realisiert.7 Die Kernergebnisse lassen sich wie folgt darstellen: Welche Einstellung haben die Zuschauer zur Blockwerbung im Fernsehen, und wie ist ihr (selbst beschriebenes) Rezeptionsverhalten? Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Zuschauer die (wirtschaftliche) Notwendigkeit von (Block-)Werbung für die Programmveranstalter anerkennt. Dennoch ist die Einstellung gegenüber Werbespots eher negativ: Sie werden als lästig, störend und langweilig empfunden. Mögliche Gratifikationen wie Informationsgewinn oder Unterhaltung können die Zuschauer aus der Spotwerbung offenbar kaum bekommen. Dementsprechend lässt sich ein ausgeprägtes Werbevermeidungsverhalten 7 Die Telefonnummern wurden nach dem sogenannten Gabler/Häder-Verfahren generiert. Vgl. dazu Gabler, Siegfried/Sabine Häder (1998): Ein neues Stichprobendesign für telefonische Umfragen in Deutschland. In: Gabler, Siegfried/Sabine Häder/Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.): Telefonstichproben in Deutschland. Opladen, S. 69-88; Häder, Sabine (2000): Telefonstichproben, ZUMA How-toReihe, Nr. 6. URL: http://www.gesis.org/Publikationen/berichte/ZUMA_How_to/Dokumente/ pdf/how-to6sh.pdf [1.7.2008]. Die eigentliche Befragungsperson wurde im erreichten Haushalt zufällig nach der „Last-Birthday“-Methode ausgewählt (die Kontaktperson wird dabei gebeten, den Hörer an dasjenige Haushaltsmitglied über 14 Jahre weiterzureichen, das zuletzt Geburtstag hatte). Es wurden nur deutschsprachige Personen berücksichtigt. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 171 konstatieren: Die meisten Zuschauer wenden sich während der Werbeblöcke regelmäßig anderen Tätigkeiten zu (82,6 Prozent) oder wechseln das Programm (64,5 Prozent). Welches Wissen haben Zuschauer von Werberegelungen? Wissen um rechtliche Regelungen für die Fernsehwerbung ist bei den Zuschauern kaum vorhanden. Auf eine offen gestellte Frage, welche Regelungen ihnen bekannt seien, weiß die große Mehrheit (73,4 Prozent) nichts zu antworten. Elementare Grundsätze wie die Trennung von Werbung und Programm, die Kennzeichnungspflicht oder das Schleichwerbeverbot werden nur selten genannt. Am häufigsten wird das Verbot von Tabakwerbung erwähnt. Formal höher Gebildete zeigen mehr Kenntnisse über Werberegelungen als Befragte mit niedrigem Schulabschluss. Bei älteren Interviewten ist deutlich weniger Wissen vorhanden als bei jüngeren. Darüber hinaus kann nur eine äußerst kleine Minderheit (1 Prozent der Befragten) die Instanzen nennen, welche die werberechtlichen Regulierungen überwachen. An welchen Anhaltspunkten orientieren sich Zuschauer, um Werbung von redaktionellem Programm zu unterscheiden? Die Umfrage ergibt, dass über 50 Prozent der Zuschauer redaktionelles Programm und Werbung nicht immer sicher unterscheiden können. Vor allem Ältere meinen, dabei bisweilen unsicher zu sein. Danach gefragt, woher diese Unsicherheit stammt, äußern viele Befragte, dass Werbung und Programm sich häufig sehr ähneln und Werbung zudem in das Programm integriert wird. Um eine Unterscheidung treffen zu können, orientiert sich die Mehrheit weniger an formalen Kriterien (wie Werbehinweisen) als vielmehr an inhaltlichen, etwa dem Grad der persuasiven, einseitigen Darstellung. Wie ausgeprägt ist das Wissen der Rezipienten über Werbeformen außerhalb der Blockwerbung? Ungestützt danach befragt, welche alternativen Werbeformen neben der Blockwerbung sie kennen, kann rund die Hälfte der Befragten keine Antwort geben. Höchst selten werden Formen wie Splitscreen-Werbung (1,5 Prozent), Gewinnspiele (1,1 Prozent) oder Dauerwerbesendungen (6,8 Prozent) genannt. Häufiger führen die Interviewten die weitverbreitete Form des Sponsorings bzw. des Sponsorhinweises (12,6 Prozent) sowie Product-Placement (17 Prozent) und Schleichwerbung (25,4 Prozent) an. Vermutlich ist die vergleichsweise hohe Bekanntheit der beiden zuletzt genannten Formen auf die Medienberichterstattung und die Diskussion im Rahmen der „Skandale“ um illegale Werbepraktiken in den letzten Jahren zurückzuführen. Nachdem den Befragten in einem nächsten Schritt alternative Werbeformen wie Einzelspots, Sponsorhinweise, Gewinnspiele oder Dauerwerbesendungen vorgegeben wurden (gestützte Befragung), konnten diese bis auf Splitscreen-Werbung und Product-Placement jeweils von mindestens 40 Prozent richtig oder zumindest teilweise richtig erklärt werden. Am häufigsten kann der Begriff „Schleichwerbung“ korrekt definiert werden: Über 60 Prozent der Befragten sind in der Lage, diese Form wenigstens teilweise richtig zu erklären. Darüber hinaus ergeben die Antworten auf die projektiven Fragen in Form beispielhafter Situationen, dass der Werbebegriff der Rezipienten nicht nur die klassische Blockwerbung umfasst. Auch For- PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 172 men wie Product-Placement, Gewinnspiele, Sponsorhinweise oder SplitscreenEinblendungen identifizieren die meisten Befragten (jeweils über 90 Prozent) als Varianten von Werbung. Welche persuasiven Kommunikationsangebote werden von den Rezipienten als zulässig eingeschätzt? Der rechtliche Status von Werbeformen außerhalb der Blockwerbung wird von den Befragten häufig richtig eingeschätzt. So weiß die Mehrheit, dass Product-Placement verboten ist (60,2 Prozent)8, während Gewinnspiele (69,9 Prozent), SplitscreenWerbung (48,2 Prozent) oder Sponsorhinweise (74,3 Prozent) korrekt als erlaubte Werbeformen benannt werden. Allerdings zeigt vor allem die Altersgruppe der über 65-Jährigen diesbezüglich Unsicherheiten: Sie schätzt diese Formen deutlich häufiger als verboten ein als jüngere Befragte. Wie ist die Einstellung der Fernsehzuschauer zur Annäherung zwischen Programm und Werbung? Die meisten Zuschauer sehen durchaus die ökonomischen Vorteile, die Sender und Werbetreibende aus einer Vermischung von Programm und Werbung ziehen können. Dennoch wird die Durchdringung des journalistischen Programms mit persuasiven Elementen von einer Mehrheit nicht akzeptiert. Die meisten finden eine solche Praxis „nicht in Ordnung“ (70,7 Prozent) und plädieren für eine deutliche Kennzeichnung (66,8 Prozent). Immerhin knapp 38 Prozent der Befragten sind der Meinung, die Zuschauer könnten programmintegrierte Werbung auch ohne Hinweis erkennen. Wie ist die Einstellung gegenüber der Kennzeichnung von Werbung? Generell will die große Mehrheit der Befragten an der Kennzeichnung von Werbung festhalten (73,7 Prozent). Nur wenige sind der Meinung, die Zuschauer könnten selbst entscheiden, ob es sich um Programm oder Werbung handelt. Vor allem höher Gebildete und Ältere sind der Ansicht, dass ein Hinweis auf Werbung durchaus sinnvoll sei. Knapp die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihrer Meinung nach Werbung im Fernsehen nicht immer ausreichend gekennzeichnet sei. Wie ist die Akzeptanz von werblichen Produktplatzierungen in verschiedenen Programmkontexten, und wie sollen diese gekennzeichnet werden? Ältere und höher Gebildete lehnen Produktplatzierungen grundsätzlich häufiger ab als Jüngere und formal niedriger Gebildete. Es wird deutlich, dass gerade ältere Befragte eher an einem unabhängigen Journalismus festhalten als jüngere, die gegenüber programmnahen bzw. -integrierten Werbeformen offener sind. Es zeigt sich zudem, dass die Zuschauer in der Lage sind, zwischen verschiedenen Programmkontexten zu unterscheiden. Product-Placement wird von vergleichsweise vielen Befragten akzeptiert, solange es in Unterhaltungsformaten wie Fernsehserien stattfindet (48,4 Prozent). Nur rund ein Drittel der Befragten findet dies „nicht in Ordnung“. Eine „harmlose“ Platzierungsvariante, bei der Landschaften in Fernsehserien zur Förderung des Tourismus ansprechend in Szene gesetzt werden, wird sogar von 8 Entsprechend der Rechtslage von 2008. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 173 über 80 Prozent akzeptiert. Dagegen lehnt die große Mehrheit eine persuasive Durchdringung von Informations- und Kindersendungen ab (84 bzw. 79 Prozent). Nur rund 11 bzw. 17 Prozent würden sich daran nicht stören. Es ist zu vermuten, dass die Zuschauer diese Differenzierung aufgrund unterschiedlicher Ansprüche an das jeweilige Programm vornehmen: Während das Unterhaltungserleben durch werbliche Platzierungen kaum beeinträchtigt wird, kann eine journalistisch sachliche, neutrale Informationsleistung, die von den Zuschauern bei Informationssendungen offenbar erwartet wird, bei einer kommerziell-werblichen Zusammenarbeit mit einem Unternehmen kaum mehr aufrechterhalten werden. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse lässt sich konstatieren, dass die AVRichtlinie den Bedürfnissen der Zuschauer weitgehend entspricht, indem sie werbliche Produktplatzierungen ausschließlich in Formaten der „leichten Unterhaltung“ legalisiert und einen Hinweis auf die Platzierung fordert. Dagegen bleibt ProductPlacement u.a. in Informations- und Kindersendungen weiterhin untersagt. Bezüglich der Kennzeichnung spricht sich mit knapp über 60 Prozent die Mehrheit der Befragten dafür aus, Produktplatzierungen in fiktionalen Unterhaltungsformaten durch einen Hinweis im Vorspann kenntlich zu machen. Die alternativen Optionen, während der Sendung bzw. vor und während der Sendung auf den werblichen Hintergrund hinzuweisen, werden bei Unterhaltungssendungen nur von einer Minderheit befürwortet. Immerhin ein knappes Viertel ist dafür, auf eine Kennzeichnung in diesem Fall zu verzichten. Es spricht derzeit einiges dafür, dass die Kennzeichnung in der Praxis tatsächlich durch Hinweise im Vorspann realisiert werden soll. Diese Kennzeichnungsvariante wird von der Mehrheit der Zuschauer befürwortet. 3. Methode und Ergebnisse der Experimente 3.1 Untersuchungsdesign Das geltende Rundfunkrecht will den Zuschauer vor einer Vermischung von Programm und Werbung dadurch „schützen“, dass Werbung als solche gekennzeichnet ist. Allerdings ist es auch durchaus möglich, dass die Werbekompetenz der Zuschauer so weit fortgeschritten ist, dass werbliche Intentionen auch ohne entsprechende Hinweise erkannt werden. Die Ergebnisse der Telefonumfrage deuten jedenfalls darauf hin, dass sich die Zuschauer bei der Unterscheidung nicht nur an formalen Elementen wie Werbetrennern oder Einblendungen orientieren, sondern vor allem auch auf inhaltliche Merkmale wie den Grad der Einseitigkeit oder persuasive Botschaften achten. Unter welchen Umständen Zuschauer welche Angebotsformen als Werbung wahrnehmen und wann nicht, wurde im Rahmen der durchgeführten Experimente näher beleuchtet. Hierbei wurden im Wesentlichen zwei Fragen untersucht: - Erkennt der Zuschauer programmintegrierte werbliche Erscheinungsformen aufgrund einer Kennzeichnung oder erkennt er sie auch ohne eine solche Markierung? Welche Kennzeichnungsvariante ist am besten dafür geeignet, auf die werbliche Intention eines Beitrags hinzuweisen? PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 174 Diese Fragestellung kann am ehesten mit Experimenten beantwortet werden. Indem Probanden in verschiedenen Experimentalgruppen mit jeweils unterschiedlich gekennzeichneten Versionen eines ansonsten identischen werblichen Programminhalts konfrontiert werden, wird die Wirkung fehlender Kennzeichnung sowie verschiedener Kennzeichnungsoptionen auf die Wahrnehmung der Zuschauer untersucht. Dem liegt folgende Experimentallogik zugrunde: Falls sich zwischen den Gruppen Unterschiede in der Einschätzung zeigen, ob es sich bei dem gesehenen Beispiel um ein werbliches oder um ein redaktionelles Angebot handelt, spricht vieles dafür, diese Varianz auf die unterschiedliche Kennzeichnung zurückzuführen. Die Probanden wurden mit insgesamt acht Programmausschnitten werblicher Intention konfrontiert. Dabei handelte es sich um vier Product-Placement-Beispiele, drei Infomercial-Beispiele sowie einen direkt übernommenen, unverändert ausgestrahlten PR-Beitrag des Agrarvermarkters CMA. Bis auf einen Ausschnitt aus einem Kinofilm wurden sämtliche Beispiele ohne entsprechende Kennzeichnung im Jahr 2007 im deutschen Fernsehprogramm ausgestrahlt. In die Originalversion ohne Kennzeichnung wurden für das Forschungsexperiment jeweils drei unterschiedliche Hinweisvarianten eingearbeitet. Die Programmausschnitte lagen also in vier verschiedenen Versionen vor: einmal ohne Werbehinweis und dreimal mit unterschiedlichen Kennzeichnungen. Die Bandbreite der eingearbeiteten Hinweise reichte von Einblendungen im Vorspann (etwa „Die folgende Sendung enthält werbliche Produktplatzierungen“, „Bei der folgenden Sendung handelt es sich um eine Dauerwerbesendung“, „Folgende Sendung entstand in Kooperation mit den AsklepiosKliniken“ oder „Bei der folgenden Sendung handelt es sich um einen PR-Beitrag“) über ähnlich lautende Hinweise im Vor- und Abspann und dauerhafte Einblendungen während des Beitrags („Dauerwerbesendung“, „Promotion“, „Imagefilm“, „Imagewerbung“ „Werbung“, „Business TV“ etc.) bis hin zu akustischen Hinweisen („Der folgende Beitrag enthält Produktplatzierungen“) oder kurzzeitigen Einblendungen während des jeweiligen Beitrags in Form von Logos oder Laufbändern. Für die Experimente wurden insgesamt 80 Probanden nach einem Quotenplan rekrutiert, der gewährleistete, dass verschiedene soziodemographische (Geschlecht, Alter, Bildung) und räumliche (Großstadt, Stadt, Land) Merkmale in der Stichprobe vertreten sind. Die Probanden wurden vier Gruppen mit jeweils rund 20 Versuchspersonen zugeteilt. Die Verteilung soziodemographischer Merkmale war in jeder der vier Gruppen annähernd gleich. Jede Gruppe bekam jeweils eine Kennzeichnungsvariante der Beispiele zu sehen. Neben den eigentlich interessierenden Beiträgen mit werblichem Charakter wurden den Versuchspersonen sieben redaktionelle Beiträge gezeigt, die keinerlei werbliche Aussagen enthielten und von der Forschungsfrage ablenken sollten. Unmittelbar nach der Vorführung jedes Beispiels wurde den Probanden ein Fragebogen vorgelegt. Um die Wirksamkeit der verschiedenen Kennzeichnungsvarianten bestimmen zu können, wurde erfasst, inwieweit die Befragten den werblichen Hintergrund der jeweiligen Beispiele erkannt hatten. Damit die Probanden nicht für das Thema Werbung sensibilisiert waren und die Wahrnehmung nicht auf den Forschungsge- PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 175 genstand gelenkt war, wurde das Erkennen von Werbung indirekt über den Grad der zugeschriebenen persuasiven Beeinflussung operationalisiert.9 Aus verschiedenen entsprechenden Items wurde schließlich ein Index gebildet.10 3.2 Kernergebnisse Erkennen programmintegrierter Werbung Insgesamt zeigt sich, dass die verschiedenen Kennzeichnungsvarianten bei sieben der acht ausgewählten Beispiele die Probanden nicht dabei unterstützt haben, die gezeigten Programmausschnitte als Werbung zu erkennen. Die durchschnittlichen Werte des Werbeindexes, mit dem ermittelt wurde, in welchem Ausmaß die Versuchspersonen einem Beispiel persuasive Intention zuschreiben, unterscheiden sich in den Experimentalgruppen, die den jeweiligen Beitrag mit Werbekennzeichnung sahen, jedenfalls kaum und nicht signifikant von den Werten in der Gruppe mit den ungekennzeichneten Versionen. Einzige Ausnahme bildet die Platzierung der Bierflaschen der Marke „Beck’s“ im Spielfilm „Herr Lehmann“. Diese Befunde deuten darauf hin, dass sich die Probanden weniger an der Kennzeichnung als vielmehr am Inhalt orientieren, um zwischen Werbung und redaktionellen Programmformen zu differenzieren. Diese Interpretation wird dadurch gestützt, dass 59,3 Prozent der Versuchspersonen am Ende der Experimente angeben, dass die Kennzeichnung keinen Einfluss auf ihre Bewertung gehabt habe. Es spricht also – zumindest auf den ersten Blick – einiges dafür, dass die Zuschauer viele werbliche Beiträge als solche erkennen und von redaktionellen Angeboten unterscheiden können, unabhängig davon, ob und wie ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet ist. Dennoch wäre es aus verschiedenen Gründen unzulässig, angesichts dieser unerwarteten Resultate grundsätzlich am Sinn des Kennzeichnungsgebots zu zweifeln. Bei den meisten ausgewählten Beispielen standen Produkte oder Dienstleistungen inhaltlich eindeutig im Vordergrund. Eine werbliche Absicht zu unterstellen, lag aufgrund der Fokussierung auf bestimmte Produkte bzw. Dienstleistungen – die zudem nur positiv dargestellt wurden – nahe. Darüber hinaus war der werbliche Charakter bei der Mehrzahl der Product-Placement-Beispiele deutlich: Die Hinweise auf die Hersteller der Küchenausstattung waren äußerst plakativ angebracht, direkte Zooms auf die Produkte bzw. mehrfache verbale Nennungen waren auffällig und wirkten alles andere als unbeabsichtigt. 9 10 Vgl. dazu auch Woelke, Jens (2004): Durch Rezeption zur Werbung. Kommunikative Abgrenzung von Fernsehgattungen. Köln. Der Grad der zugeschriebenen Beeinflussung wurde mit der Frage „Warum, glauben Sie, war in der Sendung X ein Beitrag über Y zu sehen?“ erfasst. Den Probanden wurden zu dieser Frage mehrere Antworten wie „Um auf Y aufmerksam zu machen“ oder „Um die Zuschauer von der Qualität von Y zu überzeugen“ vorgegeben, denen sie auf einer Skala von 1 („stimme voll und ganz zu“) bis 5 („stimme überhaupt nicht zu“) zustimmen konnten. Um die Befragten vom Forschungsinteresse abzulenken, wurden parallel dazu „neutrale“ Items wie „Um den Zuschauern Gesprächsstoff zu liefern“ oder „Um die Zuschauer zu unterhalten“ vorgelegt, die nicht auf die Messung von Beeinflussungs- bzw. Werbeabsicht schließen ließen. Zusätzlich wurde auf einer fünfstufigen Skala abgefragt, wie kommerziell die Probanden den jeweiligen Beitrag bewerteten und inwieweit er „Werbecharakter“ aufweist. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 176 Das einzige Beispiel, in dem die werbliche Botschaft weniger offensichtlich kommuniziert wurde, war die Platzierung der Bierflaschen der Marke „Beck’s“ in einer Sequenz aus dem Spielfilm „Herr Lehmann“. Hier stand das Bier nie im Vordergrund der Handlung, sondern war immer nur unaufdringlich im Bild zu sehen. Im Unterschied zu den anderen Beispielen erfolgte die Platzierung also dezent. Da das Bier im Kontext der Handlung des Spielfilmausschnitts keine relevante Rolle spielte und an keiner Stelle darauf eingegangen wurde, wirkte seine Präsenz im Bild vergleichsweise absichtslos. Vor diesem Hintergrund wird erklärbar, dass dieses Beispiel das einzige war, dem die Gruppen mit einer Werbekennzeichnung einen deutlich stärkeren Werbecharakter zuschrieben als die Gruppe, die den Filmausschnitt ohne Kennzeichnung sah. Mit anderen Worten: Deutlich und plakativ angebrachte Produktplatzierungen („selbsterklärende Placements“) werden von den meisten Zuschauern in ihrer werblichen Intention registriert, unabhängig davon, ob die Sendung in irgendeiner Art und Weise Werbekennzeichnungen enthält. Auch die Durchdringung eines Beitrags mit stark persuasiven Elementen (PR oder Werbung) in Informations- bzw. Ratgebersendungen wird von einem Großteil der Zuschauer – unabhängig von einer vorhandenen Kennzeichnung – erkannt. Dagegen werden beiläufige Placements, die in eine fiktionale Spielhandlung eingebaut sind, ohne eine Kennzeichnung von den meisten Zuschauern nicht als solche wahrgenommen. Eine Kennzeichnung erhöht in diesem Fall das Erkennen von Placements. Diese Ausnahme schränkt die zunächst naheliegende Generalisierung ein, Zuschauer würden Werbung auch ohne besondere Kennzeichnung von redaktionellem Programm unterscheiden können. Dies ist insofern von besonderem Interesse, als die Mehrzahl der Produktplatzierungen in fiktionalen Produktionen zu finden ist. Auf ebensolche fiktionalen Filme und Fernsehserien, in denen sich Markennamen scheinbar beiläufig einflechten und platzieren lassen, zielt auch die neugefasste AVRichtlinie ab, die Product-Placement in „Kinofilmen, Filmen und Serien für audiovisuelle Mediendienste, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung“11 erlauben will. Generell gilt, dass formal höher gebildete Zuschauer die werbliche Intention eines persuasiven Beitrags – unabhängig von der Kennzeichnung – häufiger erfassen als formal niedrig Gebildete. Einfluss unterschiedlicher Kennzeichnungen Wie beschrieben wurde in der experimentellen Untersuchung verschiedenen Gruppen jeweils ein identischer persuasiver Beitrag gezeigt, der in jeder Versuchsgruppe eine andere Kennzeichnungsvariante hatte. Hinter diesem Experimentaldesign stand die Überlegung, dass unterschiedliche Kennzeichnungen Einfluss auf das Erkennen des werblichen Charakters eines Beitrags haben würden. So sollte ermittelt werden, welche Form der Werbekennzeichnung die Zuschauer besonders darin unterstützt, werbliche Botschaften von redaktionellem Programm abzugrenzen. 11 AV-Richtlinie, S. 41. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 177 Die Ergebnisse zeigten allerdings, dass viele Probanden die meisten Experimentalbeispiele auch ohne Kennzeichnung als persuasiv einstuften. Dies erschwerte die Messbarkeit des Einflusses unterschiedlicher Kennzeichnungen. Aus diesem Grund wurde ein weiteres Experiment durchgeführt, dass sich ausschließlich auf die Wirksamkeit verschiedener Kennzeichnungsoptionen richtete. Entsprechend der lange Zeit zwischen Veranstaltern und Regulierern strittigen Bezeichnungsoption für die Werbeform „Infomercial“ („Dauerwerbesendung“ vs. „Promotion“ etc.) wurde das Experiment auf diese Varianten ausgerichtet.12 Insgesamt 30 Probanden13 wurde jeweils einzeln ein Infomercial-Beispiel vorgeführt. Der Beitrag lag in drei Varianten mit den Kennzeichnungsoptionen „Dauerwerbesendung“, „Imagefilm“ sowie „Promotion“ vor, die während der gesamten Dauer des Werbefilms am oberen Bildschirmrand eingeblendet waren. Jeweils zehn Probanden bekamen eine der beschriebenen Varianten vorgeführt. Es lagen damit drei gleich große Experimentalgruppen vor, die bezüglich Geschlecht, Alter und Bildungsgrad annähernd identisch besetzt waren. Nach der Präsentation wurden die Versuchspersonen in einem mündlichen Interview offen nach ihrem Rezeptionseindruck befragt. Diese eher qualitative Teilstudie ergab, dass die Kennzeichnung „Dauerwerbesendung“ von den Zuschauern am ehesten mit Werbung in Verbindung gebracht wird. Dagegen bestehen zu „Imagefilm“ oder „Promotion“ häufig keine bzw. falsche Assoziationen. Insgesamt ist hervorzuheben, dass sich die Kennzeichnung von Infomercials mit einer klaren, aussagekräftigen Einblendung als sinnvoll und zweckmäßig erwiesen hat. Der Begriff „Dauerwerbesendung“ ist in diesem Zusammenhang als Kennzeichnung – aufgrund seiner stärkeren Begriffsklarheit und größeren Verständlichkeit – deutlich besser geeignet als die Termini „Imagefilm“ oder „Promotion“. Selbst wenn viele Zuschauer angeben, den werblichen Charakter auch anhand inhaltlicher Merkmale erkannt zu haben, erfüllt ein eingeblendeter Hinweis die Funktion, diesen „Werbeverdacht“ zu bestätigen (Validierungsfunktion). Außerdem ist insbesondere der Schriftzug „Dauerwerbesendung“ geeignet, die Zuschauer dahingehend zu sensibilisieren, den Inhalt kritischer wahrzunehmen und aufmerksamer auf persuasive Elemente zu achten. Bei den Einblendungen „Imagefilm“ und „Promotion“ fällt dieser Sensibilisierungseffekt deutlich geringer aus. Auch das spricht dafür, an der Kennzeichnungsvariante „Dauerwerbesendung“ festzuhalten. Anzumerken bleibt (dies zeichnete sich bereits im ersten Teilexperiment ab), dass es eine Minderheit von Zuschauern zu geben scheint (tendenziell mit formal niedriger Bildung), die programmähnliche Werbebeiträge selbst mit eindeutiger Kennzeichnung nicht als solche erkennt. Ob dies daran liegt, dass die Kennzeichnung nicht erkannt oder nicht verstanden wird, kann an dieser Stelle nicht beantwor12 13 Im Mai 2008 entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass die Kennzeichnung der vom Sender ProSieben ausgestrahlten Dauerwerbesendung „Meine Quelle“ mit „Quelle-Promotion“ gegen die Kennzeichnungspflicht verstößt. Der Begriff „Promotion“ stelle keinen hinreichenden Hinweis dar, um den Werbecharakter der Sendung zu verdeutlichen. Vgl. VG Berlin, Az. VG 27 A 37.08. Die Versuchspersonen wurden vollständig neu rekrutiert, sodass an diesem zweiten Experiment kein Proband teilnahm, der bereits am ersten beteiligt war. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 178 tet werden. Sicher scheint jedoch zu sein, dass es eine Teilmenge von Zuschauern gibt, deren Medien- bzw. Werbekompetenz extrem gering ist. Solchen Zuschauern ist allerdings auch nicht mit einer der üblichen Kennzeichnungsvarianten gedient, da ihre Funktion nicht erkannt bzw. ihr Hinweischarakter nicht apperzipiert wird. Der Anteil dieser Zuschauer an der Grundgesamtheit aller Zuschauer konnte im Kontext der bisherigen Untersuchung nicht quantifiziert werden. 4. Konsequenzen für die Werberegulierung 4.1 Die Umsetzung der AV-Richtlinie in deutsches Recht Der deutsche Gesetzgeber ist bei der Ausformulierung der Werberegulierung an europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben gebunden. Aus der AV-Richtlinie erfolgt keine Pflicht der Mitgliedstaaten, Produktplatzierungen in ihrer Rundfunkgesetzgebung zuzulassen. Der deutsche Normgeber hat sich jedoch – wie der vorliegende Entwurf des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags zeigt – entschlossen, die Liberalisierungen der AV-Richtlinie in der deutschen Rundfunkgesetzgebung weitgehend nachzuvollziehen. Demnach werden nach Inkrafttreten des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in Fernsehproduktionen privater Veranstalter Produktplatzierungen gegen Entgelt zulässig sein, wobei eine Kennzeichnung „zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung“14 zu erfolgen hat. Die konkrete Ausgestaltung der Kennzeichnung wird über eine noch zu erlassende Richtlinie geregelt. Die skizzierten empirischen Befunde stützen die Annahmen der Europäischen Kommission, die bei der Entstehung der Richtlinie davon ausging, dass Produktplatzierungen zum Alltag in audiovisuellen Medienproduktionen gehörten und die Zuschauer sie vor allem aus amerikanischen Produktionen gewohnt seien.15 Die in der AV-Richtlinie vorgesehene Kennzeichnung ist insbesondere in Filmen und Serien notwendig, in denen beiläufige, in die Spielhandlung eingebaute Platzierungen ohne Kennzeichnung von den meisten Zuschauern nicht erkannt werden. Da ein Großteil der Zuschauer deutlich und plakativ angebrachte Produktplatzierungen in ihrer werblichen Intention wahrnimmt und in diesem Fall die Kennzeichnung lediglich einer (nichtsdestoweniger vom Rezipienten gewünschten) Validierung dieser Wahrnehmung dient, ist die eher liberal ausgestaltete Pflicht einer Kennzeichnung zu Beginn, am Ende und nach jeder Werbeunterbrechung grundsätzlich angemessen. Konkret gilt es, eine Kennzeichnungsform zu entwickeln, die sicherstellt, dass sie von den Zuschauern auch registriert wird. Dies würde dem Transparenzgebot Rechnung tragen und das Irreführungspotenzial beiläufiger, in eine fiktionale Spielhandlung eingebauter Placements begrenzen. Dazu gehört neben einer angemessenen Länge des optischen Hinweises eine Unterstützung durch ein akusti- 14 15 § 7 Abs. 7 Satz 6 RStV im Entwurf des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages von 2009. Vgl. Erwägungsgrund 61 der AV-Richtlinie. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 179 sches Signal. In Betracht zu ziehen ist darüber hinaus auch ein dauerhafter Hinweis während des Vor- und Abspanns. Für „Dauerwerbesendungen“ eigenen sich im deutschen Sprachraum offenbar keine alternativen Bezeichnungen wie z.B. „Promotion“. Eine eindeutige, für die Mehrheit der Zuschauer klar interpretierbare Kennzeichnung erfolgt allein durch den Begriff „Dauerwerbesendung“. 4.2 Perspektiven zukünftiger Werberegulierung unter den Bedingungen der Medienkonvergenz Die Geschwindigkeit, mit der das digitale Fernsehzeitalter hereinbricht, lässt weder der Branche noch der Medienpolitik und dem Medienrecht viel Zeit, um hierauf angemessen zu reagieren. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend einige Reflexionen über die Perspektiven einer zukünftigen Werberegulierung angestellt. Die Novelle der AV-Richtlinie ist hier insofern richtungsweisend, als sie den Begriff der „audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ als Kategorie einführt und sich somit nicht mehr nur auf den klassischen Rundfunk bezieht. Zugleich dürfte aber die in der Richtlinie vorgenommene unterschiedliche Regelungsdichte für Fernsehsendungen einerseits und auf Abruf bereitgestellte audiovisuelle Mediendienste andererseits nicht lange Bestand haben, denn „the future of television is on demand“16. Zumindest in der Fernsehbranche selbst ist vielen Verantwortlichen klar, dass diese Zukunft bereits begonnen hat.17 Der Fernsehmarkt befindet sich technologisch und strukturell in einem großen Veränderungsprozess, dessen Eigendynamik sich nur schwer einschätzen lässt. Insofern dürften alle Regelungen, die sich gegenwärtig hierauf beziehen, nur eine geringe Halbwertzeit haben. In groben Umrissen lassen sich derzeit drei Faktoren erkennen, die mittelfristig den Fernsehmarkt grundlegend verändern werden: Neue Distributionswege für klassische Fernsehsendungen via IPTV und Web-TV, neue Aggregatformen der Inhalte (z.B. serverbasiertes Time Shifted TV) und branchenfremde Akteure auf Seiten der Anbieter. In dem skizzierten Veränderungsprozess lässt sich jedoch eine Konstante erkennen: Technologisch ist der Backbone dieser Entwicklung das World Wide Web (kurz Web18). Der Innovationsschub und die Verwerfungen, die sich derzeit bei allen traditionellen Massenmedien von der Presse über den Hörfunk bis zum Fernsehen vollziehen, stehen immer im ursächlichen Zusammenhang mit deren Konvergenz im Web. Man kann die völlig neuen medialen Konstellationen, die sich aus der Konver16 17 18 Zitiert nach Schächter, Markus (2006): Die digitale Zukunft des ZDF. Herausforderungen und Strategien. Vorlage an den Fernsehrat FR 1-1/06. URL: http://www.unternehmen.zdf.de/uploads/media/ Die_digitale_Zukunft_des_ZDF_-_Herausforderungen_und_Strategien-_Ergaenzung.pdf [1.12.2008], S.14. Dieses Zitat wird hier und an vielen Stellen dem Generaldirektor der BBC, Mark Thompson, zugeschrieben. Trotz intensiver Recherche konnte er jedoch nicht eindeutig als Urheber ermittelt werden. Vgl. hierzu beispielhaft die Strategiepapiere des ZDF, u.a. Schächter 2006. Das World Wide Web (Web) ist vom Internet klar zu unterscheiden; letzteres bietet lediglich die technische Infrastruktur für das Web. Im allgemeinen Sprachgebrauch und (leider) auch in der Medienpolitik wird jedoch häufig und begriffsunscharf vom Internet gesprochen, wenn das Web gemeint ist. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 180 genz herkömmlicher Medien mit dem Web ergeben, nicht mehr, wie dies häufig geschieht,19 mit dem begrifflichen Instrumentarium aus den Anfängen des vorigen Jahrhunderts fassen. Dies ist vor allem darin begründet, dass dem Web eine Zuordnung als (neuem) Einzelmedium abzusprechen ist: Das Web verfügt vielmehr über Eigenschaften, Strukturen, Inhalte und Organisationsformen, die sich nicht unter das Repertoire der traditionellen Medien subsumieren lassen. Vor allem fehlt ihm als Ganzes eine institutionalisierte Medienorganisation. Andererseits ist das Web auch deutlich mehr als eine rein technische Plattform.20 Aus den hieraus resultierenden weitreichenden Konsequenzen sind alle bisherigen Versuche gescheitert, die klassischen Grundkonstanten medialer Kommunikation (Produktion, Distribution und Rezeption) mutatis mutandis auf das Web zu übertragen. Dieses Scheitern gilt nicht zuletzt für die Medien- und Kommunikationswissenschaft, die begrifflich und methodisch den bislang dominierenden Massenmedien verhaftet ist.21 Wenn sich neuartige Webangebotsformen mit traditionellen Medienangeboten technisch und inhaltlich verschränken, ist eine eindeutige medienspezifische Zuordnung kaum noch möglich. Vor diesem Hintergrund ist der Versuch einer Differenzierung in Rundfunk einerseits und Telemedien andererseits ebenso als Übergangslösung anzusehen wie es diejenige für Teledienste und Mediendienste war.22 Auch die oben angesprochenen Gleichungen: lineares Angebot = Fernsehen, nicht lineares Angebot = kein Fernsehen greifen zu kurz. Ein TV-Beitrag bleibt auch dann ein TV-Beitrag, wenn er zeitversetzt auf den Bildschirm kommt.23 Es muss derzeit offen bleiben, wie die im Konvergenzmedium angebotenen audiovisuellen Kommunikationsinhalte (ob sie nun On-Demand oder per Stream distribuiert werden) zu fassen sind. Hier eröffnet sich ein weites Feld für begriffliche Anstrengungen und Regelungsszenarien. In der damit einhergehenden Diskussion lassen sich zwei Grundpositionen erkennen: diejenige der Rundfunkregulierer, die bemüht sind, möglichst viele Erscheinungsformen unter die Regelungen des Rund19 20 21 22 23 Polemisch haben sich Hachmeister u.a. hierzu folgendermaßen geäußert: „‚Rundfunk‘ wird als medienpolitisches Ordnungsfeld bald so bedeutsam sein wie die Verwaltung der illyrischen Provinzen im 19. Jahrhundert. Mit immer hektischeren Anbauten an den ursprünglichen ‚Rundfunkstaatsvertrag‘ von 1991 ist fast nichts mehr zu regeln.“ Hachmeister, Lutz/Kai Burkhardt/Claudia Huber/Gisela Schmalz/Stephan Weichert (2008): Es rappelt in der Kiste. Thesen zu einer neuen Medienpolitik. In: Süddeutsche Zeitung vom 16.7.2008. Siehe zum Web und seiner Definition als Medium Scherfer, Konrad (2008): Ist das Web ein Medium? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 10-30. Vgl. Neuberger, Christoph (2008): Internet und Journalismusforschung. Theoretische Neujustierung und Forschungsagenda. In: Quandt, Thorsten/Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Journalismus online – Partizipation oder Profession. Wiesbaden, S. 17-42, hier S. 18; insbesondere auch Volpers, Helmut (2008): Warum und zu welchem Zweck benötigen wir eine Webwissenschaft? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 31-51. Zur „unglücklichen“ Aufteilung in Teledienste und Mediendienste vgl. Holznagel, Bernd/Thorsten Ricke (2008): Das Web und das Medienrecht. In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 251-267, hier S. 253. Vgl. Kettering, Emil (2006): Das ZDF unterwegs ins digitale TV-Zeitalter. Herausforderungen und Strategien, S. 5. URL: http://far.wu-wien.ac.at/Das%20ZDF%20unterwegs%20ins%20digitale%20TVZeitalter.pdf [30.11.2008]. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 181 funks zu subsumieren, und diejenige der Content-Produzenten, die ebendies abwehren, um größere Freiräume zu erhalten. Erschwert wird die Zuordnung neuer Angebote durch eine im Web auf allen Ebenen anzutreffende Hybridisierung. Im Web verschwinden die Unterschiede zwischen professionellen und laienhaften Angeboten, Journalismus und Werbung sowie Public Relations und Marketing in bisher nicht gekanntem Maße. Für die breite Palette der audiovisuellen kommerziellen Kommunikationsangebote im Web bestehen bisher kaum medienrechtliche Regelungen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung des Webs für die öffentliche Kommunikation wird mittelfristig kaum zu begründen sein, warum der relativen Werberegelungsdichte im Rundfunk ein nicht geregelter Sektor im Web gegenübersteht. Dieser „Widerspruch“ wird auch durch die neue AV-Richtlinie der EU-Kommission nicht aufgelöst. Perspektivisch wird es in naher Zukunft darum gehen, die neuen Werbeformen im Web und insbesondere ihre Verschränkung mit dem traditionellen Rundfunk empirisch aufzuarbeiten. Sodann wäre zu analysieren, inwiefern das geltende Wirtschaftsrecht in der Lage ist, die Rechte der Mediennutzer angemessen zu schützen. Zudem wäre zu ermitteln, ob und inwiefern sich der Einfluss des Kommerzes auf die medialen Inhalte weiter ausdehnt. Hierbei müsste auch geklärt werden, ob der Veranstalterbegriff in den konvergenten Medien noch ein sinnvoller Anknüpfungspunkt für rechtliche Regelungen sein kann. Literatur Gabler, Siegfried/Sabine Häder (1998): Ein neues Stichprobendesign für telefonische Umfragen in Deutschland. In: Gabler, Siegfried/Sabine Häder/Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.): Telefonstichproben in Deutschland. Opladen, S. 69-88. Hachmeister, Lutz/Kai Burkhardt/Claudia Huber/Gisela Schmalz/Stephan Weichert (2008): Es rappelt in der Kiste. Thesen zu einer neuen Medienpolitik. In: Süddeutsche Zeitung vom 16.7.2008. Häder, Sabine (2000): Telefonstichproben, ZUMA How-to-Reihe, Nr. 6. URL: http://www.gesis.org/Publikationen/berichte/ZUMA_How_to/Dokumente/ pdf/how-to6sh.pdf [1.7.2008]. Holznagel, Bernd/Thorsten Ricke (2008): Das Web und das Medienrecht. In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 251-267. Kettering, Emil (2006): Das ZDF unterwegs ins digitale TV-Zeitalter. Herausforderungen und Strategien. URL: http://far.wu-wien.ac.at/Das%20ZDF%20unter wegs%20ins%20digitale%20TV-Zeitalter.pdf [30.11.2008]. Ladeur, Karl-Heinz (1999): Neue Werbeformen und der Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm. Virtuelle Werbung, Split Screen und Vernetzung von Medien als Herausforderung der Rundfunkregulierung. In: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 10, S. 672-682. PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG 182 Neuberger, Christoph (2008): Internet und Journalismusforschung. Theoretische Neujustierung und Forschungsagenda. In: Quandt, Thorsten/Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Journalismus online – Partizipation oder Profession. Wiesbaden, S. 17-42. Schächter, Markus (2006): Die digitale Zukunft des ZDF. Herausforderungen und Strategien. Vorlage an den Fernsehrat FR 1-1/06. URL: http://www.unter nehmen.zdf.de/uploads/media/Die_digitale_Zukunft_des_ZDF_-_Herausforde rungen_und_Strategien-_Ergaenzung.pdf [1.12.2008]. Scherfer, Konrad (2008): Ist das Web ein Medium? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 10-30. Volpers, Helmut (2008): Warum und zu welchem Zweck benötigen wir eine Webwissenschaft? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 31-51. Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM Nordrhein-Westfalen; Bd. 61). Volpers, Helmut/Bernd Holznagel (2009): Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin (Schriftenreihe der MA HSH; Bd. 2). Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2009): Werbung und Public Relations im redaktionellen Fernsehprogramm. Eine Bestandsaufnahme. In: ALM Programmbericht 2008, S. 99-114. Woelke, Jens (2004): Durch Rezeption zur Werbung. Kommunikative Abgrenzung von Fernsehgattungen. Köln. PROGRAMMAUFSICHT PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG 185 Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung* Die Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) hat – unter dieser Bezeichnung – bis zum 31. August 2008 unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Norbert Schneider (Direktor der LfM) die ihr obliegenden Aufgaben nach der bis zu diesem Datum geltenden Rechtslage wahrgenommen. Seit dem 1. September 2008, dem Inkrafttreten des novellierten Rundfunkstaatsvertrags, ergab sich aus der organisatorischen Neuausrichtung der Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten auch für die frühere Gemeinsame Stelle eine Veränderung. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) setzt sich seit dem 1. September 2008, entsprechend der neuen rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen, aus den gesetzlichen Vertretern (Direktoren, Präsidenten) der 14 Landesmedienanstalten zusammen. Der Direktor der geschäftsführenden Anstalt hat seit diesem Zeitpunkt auch den Vorsitz der ZAK inne. Seit dem 1. September 2008 ist dementsprechend Thomas Langheinrich, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und Präsident der Landesanstalt für Kommunikation BadenWürttemberg (LFK), auch Vorsitzender der ZAK. Die ZAK greift zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen wiederum auf zwei Beauftragte zurück: den Beauftragten für Programm und Werbung und den Beauftragten für Fragen des digitalen Zugangs. Als Beauftragter für die Fragen rund um Zulassungen, Programm und Werbung wurde von der ZAK Prof. Dr. Norbert Schneider gewählt (Geschäftsstelle: c/o Landesanstalt für Medien NRW, Zollhof 2, 40221 Düsseldorf, Tel.: 0211/77007-135, www.programm-werbung.de, programm@ alm-zak.de). Ein wichtiger Aufgabenbereich des Beauftragten der ZAK bzw. ehemals der GSPWM sind die Vorbereitungen im Zusammenhang mit bundesweiten Rundfunkzulassungen. Während die GSPWM und letztlich auch die DLM noch lediglich Empfehlungen über eine Zulassung für die Lizenzanstalten aussprachen, fällt die ZAK hierüber verbindliche Entscheidungen. Dies geschieht durch von ihm eingesetzte Prüfgruppen, die aus Fachreferenten der Medienanstalten bestehen, die die Zulassungs- und Aufsichtsfälle vorprüfen und Empfehlungen für die ZAK-Entscheidung geben. Wie vormals die GSPWM befasst sich auch der Beauftragte mit Fragen der Abgrenzung von Rundfunkangeboten und Telemedien. * ZAK = Kommission für Zulassung und Aufsicht. PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG 186 Im Jahre 2008 hat die GSPWM bzw. in ihrer Nachfolge der Beauftragte für Programm und Werbung 30 neue Anträge für Rundfunkangebote und neun Anträge über Unbedenklichkeitsbescheinigungen für Telemedien bearbeitet (zum Vergleich: Im Jahr 2007 gab es 59 Anträge, davon 31 TV-Programme und 25 Telemedien). Zudem hat sich der ZAK-Beauftragte erstmals mit zwei Fällen der Änderung der Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse bei TV-Sendern beschäftigt. Erst zum zweiten Mal seit Bestehen der Landesmedienanstalten musste einem Rundfunkveranstalter die Zulassung für zwei Programme aberkannt werden. Hierbei handelt es sich um die türkischsprachigen Programme Kanal 7 INT und tvt des Veranstalters Euro 7 Fernseh- und Marketing GmbH. In den vergangenen Jahren zeichnete sich immer deutlicher ein Trend zu Spartenkanälen ab, also zu Rundfunkprogrammen mit insgesamt im Wesentlichen gleichartigen Inhalten. Inhaltliche Schwerpunkte solcher Spartenkanäle sind beispielsweise Unterhaltung oder Information. Die Abgrenzung sog. „Vollprogramme“, die inhaltlich vielfältigeren Anforderungen genügen müssen (z.B. einen gewissen Anteil an Nachrichten bzw. Informationen haben sollen), von diesen Spartenkanälen wird in der Praxis jedoch immer schwieriger. Ebenfalls im Jahre 2008 entwickelte der Beauftragte für Programm und Werbung gemeinsam mit den Fachreferenten der Landesmedienanstalten eine Satzung für Gewinnspiele. Der Bedarf einer entsprechenden Satzung ergab sich nach einer langen Debatte rund um sog. „Call-In-Formate“. Nach weitgehend ergebnislosen Bemühungen um freiwillige Vereinbarungen hatten die Landesmedienanstalten den Gesetzgeber um eine rechtliche Grundlage für eine Satzung zu diesen Fragen ersucht. Mit Inkrafttreten des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrags am 1. September 2008 erhielt die ZAK die rechtliche Grundlage hierzu. Ein wichtiges Problemfeld, das die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahre 2008 zu bearbeiten hatte, waren in diesem Zusammenhang die Gewinnspielsendungen und die Einzelgewinnspiele in Hörfunk und Fernsehen. Immer wieder wurde anhand von Einzelfällen debattiert, dass Gewinnspiele im Fernsehen und im Hörfunk klare, für die Nutzer nachvollziehbare und verständliche Regeln haben müssen und die Transparenz der Durchführung verbessert werden muss. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gewinnspielsatzung wurde seitens des Beauftragten für Programm und Werbung ein Gutachten zu Geschäftsmodellen und technischen Hintergründen von Call-In-Gewinnspielen in Auftrag gegeben. Unmittelbar nach Inkrafttreten der von den Landesmedienanstalten verabschiedeten Gewinnspielsatzung im Februar 2009 wurden zwei Verstöße beanstandet sowie beschlossen, Beanstandungsverfahren gegen fünf Sender wegen zahlreicher Verstöße gegen einzelne Inhalte der Gewinnspielsatzung und der Nichtbeachtung der 50-Cent-Entgeltgrenze bei Teilnahme über die Mobilfunknetze einzuleiten. Dabei wurde auch die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren beschlossen, die dann im Sommer 2009 durchgeführt wurden. Im Herbst 2009 gab es zahlreiche weitere Beanstandungs- und Bußgeldverfahren wegen weiterer Verstöße von Gewinnspielsendern gegen die Satzung. PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG 187 Neben den Gewinnspielen waren ein weiterer Schwerpunkt der Programmaufsicht erneut die Programme sog. „Beratungssender“ – Angebote, die meist im esoterischen Bereich angesiedelt sind und für sich beanspruchen, Hilfestellungen zu vielen Lebenssituationen bieten zu wollen. Als Ergebnis der Diskussionen werden zwischenzeitlich einige der als besonders fragwürdig eingestuften Formate nicht mehr ausgestrahlt. Mit dem größten Veranstalter in diesem Segment, Astro TV, wurde für eine Reihe von kritischen Punkten in der Praxis dieses Anbieters eine Selbstverpflichtung vereinbart, deren Einhaltung demnächst erneut überprüft werden soll. Dem grenzüberschreitenden Beratungsangebot Kanal Telemedial wurde nach Gesprächen der deutschen Landesmedienanstalten mit der österreichischen Medienaufsicht von dieser die Zulassung entzogen. Schließlich hat der Beauftragte für Programm und Werbung im Rahmen der Programmaufsicht auf die Rolle der Landesmedienanstalten hinsichtlich der Programmqualität hingewiesen. Er hat Anfang 2009 eine gesellschaftliche Diskussion darüber angestoßen, auf welche Weise Formaten wie „Frauentausch“ im Programm des Veranstalters RTL II und „Erwachsen auf Probe“ im Programm des Veranstalters RTL begegnet werden könne. Innerhalb dieser Debatte wies der ZAKBeauftragte, Prof. Dr. Norbert Schneider, auf die ethischen Verpflichtungen der Veranstalter und zugleich auf den möglichen Einfluss der Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Programmqualität hin. Dem ZAK-Beauftragten obliegt zudem im Rahmen der Aufsichtsarbeit die Kontrolle der Werbung der privaten Fernsehveranstalter. Dabei war ein leichter Anstieg der problematischen Fälle im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten. So prüfte die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahr 2008 in 73 Fällen, ob Verstöße gegen die Werbe- und Sponsoringregelungen des Rundfunkstaatsvertrags vorlagen. In 52 Fällen (2007: 43 Fälle) wurde der jeweiligen lizenzgebenden Medienanstalt empfohlen, rechtsaufsichtlich tätig zu werden bzw. ein Verfahren einzuleiten. Auch hinsichtlich der Werbeaufsicht setzt der Beauftrage Prüfgruppen ein, die aus Fachreferenten der Medienanstalten zusammengesetzt sind. Deren Empfehlungen bereiten die ZAK-Entscheidungen vor. Sofern gegen Beanstandungsbescheide der Lizenzanstalten durch die Veranstalter geklagt wurde, entschieden die Gerichte zugunsten der Landesmedienanstalten: So wurde die Praxis einiger Veranstalter, Dauerwerbesendungen mit dem Begriff „Promotion“ zu kennzeichnen, von den Gerichten als rechtlich unzulässig bewertet. Sowohl die von ProSieben ausgestrahlte „WOK WM“, bei der zahlreiche Markennamen prominent ins Bild gesetzt wurden, als auch die Sat.1-Show „Jetzt geht’s um die Eier! Die große Promi-Oster-Show“ sahen das Verwaltungsgericht Berlin und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz als nicht vereinbar mit den werberechtlichen Vorgaben an. Schließlich wurden in Form einer Stichprobenuntersuchung zwei Programmanalysen durchgeführt, zu den Themen Sponsoring und Werbeunterbrechungen und zum Schwerpunktthema Formate. Ziel der Programmanalysen war es, einen Überblick über mögliche Werbeverstöße in bundesweit verbreiteten privaten TVProgrammen zu erhalten und auf dieser Grundlage eine einheitliche Auslegung und PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG 188 Anwendung der werberechtlichen Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags und der gemeinsamen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten zu gewährleisten. Während die Untersuchung zum Sponsoring eine quantitative und qualitative Bestandsaufnahme dieser Sonderwerbeform lieferte, standen bei der Formatanalyse solche Sendeformate im Fokus, die aufgrund vorheriger Untersuchungen werberechtlich auffällig oder die aktuell ins Programm aufgenommen worden waren und daher einer Überprüfung unterzogen werden sollten. In Fällen, in denen ein begründeter Anfangsverdacht gegeben war, wurden von den Lizenzanstalten Anhörungen der Veranstalter durchgeführt. Positiv zu vermerken ist, dass die ZAK neben einigen werberechtlichen Hinweisen an die Veranstalter nur in einem Fall eine Beanstandung beschließen musste. Neben ihrer Prüfarbeit führten die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahre 2008 drei Veranstaltungen zu den Themen: „Rundfunk in Zeiten des Netzes“, „Spot & Co. – Welchen Finanzierungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks gehört die Zukunft?“ und „Virtuelle Welten – Reale Produkte: Formen und Möglichkeiten von In-Game Advertising“ durch. Die Resonanz bei Teilnehmern und Öffentlichkeit war erheblich. PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 189 Aus der Prüfpraxis der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Auftrag und Organisation der KJM Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) wurde am 2. April 2003, einen Tag nach Inkrafttreten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), gegründet. Als Organ der Landesmedienanstalten fungiert sie als zentrale Aufsichtsinstitution über den Jugendschutz im privaten Rundfunk und in Telemedien und sorgt für eine einheitliche Umsetzung der Bestimmungen des JMStV. Der KJM gehören zwölf Mitglieder an: Sechs Mitglieder kommen aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, vier Mitglieder werden von den für den Jugendschutz zuständigen Obersten Landesjugendbehörden benannt und zwei von der für den Jugendschutz zuständigen Obersten Bundesbehörde.1 Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Prof. Dr. WolfDieter Ring, ist auch in der zweiten Amtsperiode Vorsitzender der KJM. In München ist die Stabsstelle der KJM eingerichtet. Sie ist für inhaltliche Fragen, die Vorbereitung von Grundsatzangelegenheiten und die Öffentlichkeitsarbeit der KJM zuständig. Die Leiterin der KJM-Stabsstelle ist Verena Weigand. Die Geschäftstelle der KJM ist in Erfurt angesiedelt und übernimmt organisatorische und koordinierende Aufgaben. Leiterin der KJM-Geschäftsstelle ist Sabine KösterHartung.2 Die Prüfverfahren der KJM Den Schwerpunkt der Aufsicht über den privaten Rundfunk und die Telemedien stellen die Prüfverfahren der KJM dar. Dabei werden die einzelnen Angebote zunächst von fünfköpfigen Prüfgruppen, die sich aus Sachverständigen aus den Reihen der Landesmedienanstalten, von jugendschutz.net, der Obersten Landesjugendbehörden, der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und der Bundeszentrale für politische Bildung zusammensetzen, geprüft. Empfiehlt eine Prüfgruppe, ein Angebot als Verstoß gegen den JMStV zu bewerten, führt die zuständige Landesmedienanstalt eine Anhörung des Anbieters durch. Nach dessen Stellungnahme geht der Fall zur Entscheidung sowohl über den inhaltlichen Verstoß als auch über die Maßnahme an einen KJM-Prüfausschuss, der aus drei Mitgliedern der 1 2 Zu den Mitgliedern s. www.kjm-online.de. Zu den Adressen der Stabs- und Geschäftsstelle s. www.kjm-online.de. PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 190 KJM besteht. Das Urteil des Prüfausschusses muss einstimmig erfolgen, andernfalls wird der Fall im zwölfköpfigen KJM-Plenum diskutiert und entschieden. Die KJM befasste sich im Jahr 2009 bis zum 31. Oktober mit insgesamt über 100 Rundfunkfällen. Davon bewerteten die KJM-Prüfausschüsse bzw. das -Plenum mehr als 60 Fälle abschließend. Bei knapp der Hälfte der Fälle lag ein Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV vor. Dabei handelte es sich u.a. um nonfiktionale Angebote aus den Sparten Reality-TV, Boulevard und Dokumentation sowie um fiktionale Angebote wie Werbespots, Trailer, Spielfilme und Serien. Knapp 40 weitere Rundfunkfälle bewerteten die Prüfgruppen der KJM in sechs Sitzungen inhaltlich. Bei annähernd allen Fällen empfahlen sie, diese als Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV zu beurteilen. Auch hier ging es um verschiedene Genres fiktionaler wie auch nonfiktionaler Rundfunkangebote, wobei im nonfiktionalen Bereich fast alle Folgen eines Reality-Formats den Großteil der empfohlenen Verstöße ausmachten. Zum Vergleich: Seit ihrer Gründung im April 2003 hat sich die KJM insgesamt mit ca. 3.320 Fällen aus Rundfunk und Telemedien befasst; im Bereich Rundfunk waren dies rund 680 Fälle. Abschließend bewertete die KJM knapp 550 Fälle, wovon knapp 280 Fälle einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV darstellten. Hierbei handelte es sich zum großen Teil um fiktionale Angebote wie Spielfilme, Trailer, Werbespots und einzelne Episoden von Serien. Den Schwerpunkt im nonfiktionalen Bereich bildeten Nachrichten- und Magazinbeiträge, Reality-Formate, Dokumentationen und Casting-Shows. In der Anfangszeit nach Gründung der KJM waren auch die sogenannten „Ausnahmeanträge“ relevant. Bei ca. 80 Fällen stellten private Fernsehanbieter bei der KJM einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung, um Spielfilme, die bereits von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) geprüft worden waren und eine Alterskennzeichnung erhalten hatten, vor den dafür laut JMStV bestimmten Zeitgrenzen auszustrahlen. In etwa zwei Drittel der Fälle entschied die KJM, den Ausnahmeanträgen stattzugeben, in knapp einem Drittel der Fälle wurde die beantragte Sendezeit abgelehnt. Mit der Anerkennung der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) gemäß § 20 JMStV im August 2003 wurde die Praxis der Ausnahmeanträge obsolet, da die Sender sich seither an die FSF zur Erteilung von Freigaben für das Fernsehen wenden. Die bisherigen Erfahrungen mit dem „System der regulierten Selbstregulierung“ im Rundfunk sind vorwiegend positiv. Jedoch gab es einige Sendungen, die die KJM aufgrund der Sendezeit als Verstoß gegen den JMStV eingestuft hat, die aber von der FSF eine Freigabe für die jeweilige Sendezeit erhalten hatten. Da die FSF aber stets den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum eingehalten hatte, konnte die KJM keine Maßnahmen gegenüber den Anbietern ergreifen. PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 191 Beispiele aus der Praxis: Relevante Prüffälle im Bereich Fernsehen 2009 „Deutschland sucht den Superstar“ Im Januar 2009 ging die Casting-Show, deren Jury-Mitglied Dieter Bohlen die Öffentlichkeit polarisierte, in die sechste Runde. Bei den vergangenen Staffeln hatte die KJM wiederholt verschiedene Folgen als entwicklungsbeeinträchtigend für Kinder unter zwölf Jahren bewertet: Neben dem herabwertenden Verhalten der Jury problematisierte die KJM insbesondere auch die redaktionelle Gestaltung der CastingAuftritte durch RTL, die die Kandidaten gezielt lächerlich machte und damit dem Spott eines Millionenpublikums aussetzte. Dies erfolgte größtenteils durch die Einblendung von Untertiteln und Animationen seitens der Redaktion. Beleidigende Äußerungen und antisoziales Verhalten wurden als Normalität dargestellt und Verhaltensmodelle vorgeführt, die den Erziehungszielen wie Toleranz und Respekt entgegenwirken und eine desorientierende Wirkung auf Kinder haben können. Die KJM stellte bei insgesamt elf Folgen der Staffeln 4 und 5 Verstöße gegen die Bestimmungen des JMStV fest. Sie forderte den Anbieter RTL wiederholt dazu auf, das Format vor Ausstrahlung der FSF zur Prüfung vorzulegen, um einem möglichen Verstoß gegen den JMStV vorzubeugen. Nach Ausstrahlung der ersten Folgen der Staffel 5 zeigte sich, dass RTL die Aufforderungen der KJM abermals nicht umgesetzt hatte: Kandidaten wurden in gewohnter Manier vorgeführt, keine der Folgen wurden bei der FSF zur Prüfung eingereicht. Die KJM hat aufgrund des wiederholten Fehlverhaltens von RTL ein Bußgeld von 100.000 Euro verhängt. Diese Maßnahme zeigte Wirkung: Im Jahr 2009 war bei keiner der ausgestrahlten Folgen der Staffel 6 ein Verstoß gegen den JMStV festzustellen. „Erwachsen auf Probe“ Im Sommer 2009 rief die umstrittene achtteilige Real-Life-Serie „Erwachsen auf Probe“ bereits im Vorfeld der Ausstrahlung ein großes öffentliches Echo hervor. Zahlreiche Politiker und Institutionen äußerten sich kritisch zu diesem TV-Format. RTL strahlte die Sendungen im Juni und Juli 2009 im Hauptabendprogramm aus. Vier jugendliche Paare wurden gezeigt, die sich einen Monat lang um fremde Kinder verschiedener Altersstufen – von sieben Monaten bis 16 Jahren – kümmern sollten. Die Paare wohnten dabei in mit Überwachungskameras ausgestatteten Häusern. Ein Team, bestehend aus zwei Erzieherinnen, einer Ärztin und einer Kinderpsychologin, konnte augenscheinlich das Geschehen beobachten und bei Bedarf eingreifen. Alle Folgen des Formats „Erwachsen auf Probe“ wurden der FSF zur Prüfung vorgelegt. Die Folgen 1 bis 4 gab die FSF für das Hauptabendprogramm frei; die Folgen 7, 8 und 9 gab sie für das Tagesprogramm frei. Die Folgen 5 und 6 erhielten für das Tagesprogramm eine Freigabe mit Schnittauflagen. Der im Eilverfahren einberufene Prüfausschuss der KJM, der am Tag nach der Ausstrahlung der ersten Doppelfolge am 4. Juni 2009 in München zusammentraf, kam aufgrund des hohen Diskussionsbedarfs zu keinem abschließenden Ergebnis. Es wurde die Notwendigkeit gesehen, im zwölfköpfigen KJM-Plenum über das TVFormat zu beraten und zu entscheiden. In den KJM-Sitzungen am 17. Juni 2009 und PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 192 15. Juli 2009 kamen die Mitglieder nach intensiver und kontroverser Diskussion letztlich zu dem Ergebnis, dass bei der Ausstrahlung der Folgen 1 bis 7 weder eine Menschenwürdeverletzung gegeben ist noch angesichts der Sendezeit nach 20 Uhr eine Beeinträchtigung von Zuschauern über zwölf Jahren vorliegt. Bei der achten Folge stellte die KJM zwar eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige fest, die Folge wurde jedoch, da die FSF ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten hatte, nicht beanstandet. Unabhängig davon übte die KJM jedoch massive Kritik an der Anlage und den Produktionsbedingungen der Sendung und stufte sie als ethisch und pädagogisch unverantwortlich ein. Säuglinge wurden für dramaturgische Effekte eingesetzt und die jugendlichen Teilnehmer mit Berufung auf ein oberflächliches und vermeintlich pädagogisches Ziel einem Realitätsschock ausgesetzt. Sie wurden von Erziehern und sogenannten Experten beobachtet und kontrolliert, erhielten jedoch keine echte und umfassende Hilfe, beispielsweise von Vertrauenspersonen aus ihrem familiären Umfeld. Die KJM prüfte die Sendung gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag mit Blick auf die Einhaltung des JMStV und das Wohl der jungen Zuschauer. Es ist dagegen Aufgabe der nach dem Jugendschutzgesetz zuständigen Stellen zu beurteilen, ob das Wohl der an der TV-Produktion mitwirkenden Kinder und Jugendlichen verletzt wurde. Um die Persönlichkeitsrechte von Kleinkindern zukünftig besser zu schützen, hatten die Jugendminister Anfang Juni 2009 gefordert, bei der geplanten Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ein Beteiligungsverbot an TV-Produktionen von Kindern unter drei Jahren zu berücksichtigen. „Extrem schön“ Gleich zwei Prüfgruppen haben sich u.a. in einer eigens dafür einberufenen Sondersitzung am 15. September 2009 mit der achtteiligen Schönheitsoperations-Show „Extrem schön – Endlich ein neues Leben“ befasst. Alle Folgen wurden als Verstöße wegen der Entwicklungsbeeinträchtigung für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren bewertet. Die Sendereihe, in der Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken gezeigt wurden, lief von Ende April bis Mitte Juni 2009 bei RTL II im Hauptabendprogramm. Im Mittelpunkt jeder Folge standen zwei Personen, die mit ihrem Aussehen unzufrieden waren und sich daher kosmetischen Operationen unterziehen wollten. Eine sozialethische Desorientierung sah die Mehrheit der Prüfgruppe dabei vor allem in der Botschaft der Sendung gegeben, dass ein glückliches, selbstbewusstes und selbstbestimmtes Leben nur mittels Schönheitsoperationen möglich sei und dadurch alle Probleme gelöst werden könnten. Die unreflektierte und ausschließlich positive Darstellung von Schönheitsoperationen könne Kindern und Jugendlichen, deren Körperbewusstsein sich noch in der Entwicklung befinde, problematische Vorbilder und Wertvorstellungen vermitteln. Da die Sendungen jedoch vor Ausstrahlung von der FSF geprüft und entsprechend freigegeben worden waren, sind keine Maßnahmen gegen den Anbieter möglich, da eine Überschreitung des Beurtei- PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 193 lungsspielraums der FSF nicht gesehen wurde. Allerdings sind die Verfahren noch nicht abgeschlossen, die abschließende Entscheidung der KJM steht noch aus. Jugendschutzrelevanz von Teletextangeboten Ein neues Feld in ihrer Prüftätigkeit betrat die KJM im Jahr 2009 mit der Bewertung von Telefonsexwerbung in den Teletextangeboten privater Rundfunksender, die tagsüber teilweise stark sexualisierte Inhalte abrufbar machten. Diese Angebote werden zwar über das Medium Rundfunk zugänglich gemacht, sind aber nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) als Telemedium definiert. Bei einer Stichprobe Anfang 2009 zeigte sich, dass sich fast alle privaten Fernsehanbieter nicht an die Vereinbarung mit der KJM vom Januar 2008, entsprechende jugendschutzrelevante Teletextangebote nur noch in der Zeit von 22 bis 6 Uhr anzubieten, gehalten hatten. Auch nachdem der Vorsitzende der KJM in einem Brief an die Veranstalter angekündigt hatte, nach Ablauf einer einwöchigen Frist Prüfverfahren einzuleiten, entfernten die Anbieter die sexualisierten Inhalte im Tagesprogramm nicht. Daraufhin wurden im Rahmen einer Präsenzprüfung im März 2009 insgesamt 15 Teletextangebote geprüft. Bis auf ein Angebot sahen die KJMPrüfgruppen in allen Fällen Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen aufgrund entwicklungsbeeinträchtigender Sexualdarstellungen für unter 16-Jährige: Die sexualisierten Inhalte der Teletexttafeln sind geeignet, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sozialethisch zu desorientieren und somit in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen. Sexuelle Handlungen und Praktiken aus der Erwachsenenperspektive werden in aufdringlichen Texten beworben und teilweise mit entsprechenden PixelGrafiken illustriert, die einen breiten sexuellen Erfahrungsfundus voraussetzen. Diese Darstellungen entsprechen nicht dem Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen und können von ihnen nicht eingeordnet werden. Der sexualisierte, aufdringliche Charakter ist trotz Begriffsverfremdungen oder Verfremdung durch Zeichen noch gegeben und der verwendete Wortschatz ist als anzüglich einzustufen. Die Überprüfung ergab, dass die betreffenden Angebote frei zugänglich in der Zeit von 6 bis 22 Uhr, ohne Einhaltung von Zeitgrenzen oder Verwendung von technischen Mitteln (Zugangssperren), verbreitet wurden. Da die betroffenen Anbieter Mitglieder der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) sind, fand in diesem Zusammenhang erstmals die Bestimmung des § 20 Abs. 5 JMStV Anwendung: Laut Verfahren der regulierten Selbstregulierung muss sich in einem solchen Fall zunächst die Selbstkontrolle mit den behaupteten Verstößen befassen. Die FSM kam hier zu dem Ergebnis, dass keine problematischen Inhalte gegeben seien oder mittlerweile von den Anbietern Abhilfe geschaffen worden sei, sodass kein Handlungsbedarf mehr bestehe. Die Entscheidungen der FSM werden in der KJM derzeit überprüft. Die KJM kann jedoch nur dann Maßnahmen ergreifen, wenn die Entscheidungen der FSM die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreiten. PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 194 Im September 2009 wurden sechs über Satellitenfernsehen verbreitete Erotikangebote geprüft, die frei über Astra zugänglich sind und unverschlüsselt 24 Stunden täglich ausgestrahlt werden. Darin werden verschiedene kostenpflichtige Erotikdienstleistungen angeboten, z.B. die Zusendung von pornografischen bzw. erotischen Bildern oder Videos per SMS oder Anruf. Die Dienstleistungen werden mit wechselnden Standbildgrafiken beworben, die aus Text und Fotografien bestehen. Die Grafiken sind dabei mit Musik unterlegt, Bewegtbilder oder Moderationen sind nicht vorhanden. Die Prüfgruppe sah bei allen sechs Fällen einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 18-Jährige) als gegeben an. Der Anbieter aller geprüften Angebote hat seinen Sitz im Ausland. Es existiert jedoch ein deutscher Ansprechpartner mit Sitz in Niedersachsen. Die Anhörung durch die zuständige Niedersächsische Landemedienanstalt (NLM) wird an diesen deutschen Ansprechpartner erfolgen. Gerichtsverfahren: Spruchpraxis der KJM anerkannt Die Prüfentscheidungen der KJM werden des Öfteren von den privaten Rundfunkanbietern sowohl inhaltlich als auch verfahrenstechnisch angegriffen, wobei langwierige Gerichtsverfahren die Folge sind. Positiv ist jedoch anzumerken, dass die Spruchpraxis der KJM in der Regel anerkannt wird. Im Jahr 2009 wurden zwei Gerichtsurteile gefällt, die sowohl die inhaltliche Bewertung als auch Verfahrensabläufe der KJM (vorwiegend) bestätigten. Im Verfahren ProSieben ./. Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) wegen der Beanstandung von vier Folgen der Serie „Sex and the City“ im Tagesprogramm hatte ProSieben gegen die Beanstandungsverfügungen der mabb Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben. Mit Urteil vom 28. Januar 2009 hat das Verwaltungsgericht Berlin, das sich zunächst mit einer streitgegenständlichen Folge in grundsätzlicher Hinsicht befasst hat, die Klage abgewiesen. Das Urteil ist zwischenzeitlich rechtskräftig. Im Wesentlichen hat das Urteil die gesetzlich geregelte Zusammensetzung der Prüfausschüsse der KJM als verfassungsgemäß erklärt und eine Einbeziehung der Gremienvorsitzenden der Landesmedienanstalten nach § 15 Abs. 1 Satz 2 JMStV bei grundsätzlichen Angelegenheiten als erforderlich festgestellt. In materieller Hinsicht verneint das Verwaltungsgericht Berlin zwar einen Beurteilungsspielraum der KJM für das Vorliegen einer Entwicklungsbeeinträchtigung nach § 5 JMStV, erkennt aber den Beschluss der KJM als Entscheidung eines unabhängigen und sachverständigen Gremiums an. Diese sei nur dann nicht verwertbar, wenn die Begründung unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht plausibel ist oder die Begründung von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht. In seinen Begründungen zu den Urteilen vom 4. Juni 2009, 17. Juni 2009 und 18. Juni 2009 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München das Verfahren sowie die Spruchpraxis der KJM zum Thema Schönheitsoperationen im Fernsehen weitgehend bestätigt. Anlass des Gerichtsverfahrens waren Klagen des Senders MTV PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 195 gegen die Bescheide der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) wegen einer Sendezeitbeschränkung für die Folgen 1 bis 6 des im Juli 2004 ausgestrahlten Formats „MTV – I want a famous face“. Während des Gerichtsverfahrens beauftragte das Gericht eine Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Folgen 1 bis 6. Besonders interessant für die inhaltliche Prüftätigkeit der KJM sind die Urteilsgründe zur Folge 1. So teilt das Gericht in materieller Hinsicht die Auffassung der KJM, dass TV-Formate, in denen Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken angeregt, durchgeführt oder begleitet werden, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigen können und bestätigt nun die Auffassung der KJM, dass diese Folge erst ab 23 Uhr hätte gesendet werden dürfen: „Die Stellungnahme der KJM zu den Folgen 1 bis 6 ist eine solide Grundlage des Formats.“ Die KJM hatte sich bereits im Jahr 2004 intensiv mit solchen Sendungen auseinandergesetzt und die allgemeine Einschätzung abgegeben, dass Fernsehformate, die Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken thematisieren, wegen möglicher Entwicklungsbeeinträchtigung grundsätzlich nicht vor 23 Uhr gezeigt werden dürfen. Begründung: Derlei Sendungen verharmlosen häufig die Gesundheitsrisiken, die Schönheitsoperationen bergen. Vor allem, wenn sie sich direkt an Jugendliche wenden, bei denen die Akzeptanz des eigenen Körpers in einer bestimmten Altersphase zur Identitätsfindung gehört, ist das kritisch zu sehen. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung kann nicht ausgeschlossen werden, wenn Schönheitsoperationen als einzige Lösung zur Steigerung des Selbstwertgefühls dargestellt werden. Insgesamt folgte das Gericht mit seinen bislang vorgelegten Urteilen in materieller Hinsicht dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens. Die Sachverständige stimmte in weiten Teilen mit der Einschätzung der KJM überein und wich lediglich in einigen Folgen geringfügig im Hinblick auf die Sendezeit davon ab. Das Gutachten der Sachverständigen und die sich anschließende Entscheidung des Gerichts bestätigen die Spruchpraxis der KJM, was unter dem Gesichtspunkt besonders begrüßenswert ist, dass sich zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses das TV-Format „Extrem schön – Endlich ein neues Leben“ im Prüfverfahren der KJM befindet (vgl. Beispiele aus der Praxis, „Extrem schön“). Ein weiteres interessantes Gerichtsverfahren, welches in Teilen das duale Rundfunksystem angreift, findet derzeit beim Amtsgericht Ludwigshafen statt. Dort lässt man vom Bundesverfassungsgericht klären, ob es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, dass private Rundfunkveranstalter bei Verstößen gegen den JMStV mit Bußgeld belegt werden können, während öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie ARD und ZDF keine finanziellen Nachteile zu befürchten haben. Hintergrund ist eine Klage von Sat.1 gegen einen Bußgeldbescheid der Landeszentrale für Medien und Kommunikation RheinlandPfalz (LMK), womit diese ein Bußgeld gegen Sat.1 wegen der Ausstrahlung einer Folge der Serie „Niedrig und Kuhnt“ im Tagesprogramm verhängt hat, da von der Folge nach Ansicht der KJM eine Entwicklungsbeeinträchtigung für Kinder und Jugendliche ausgehe. PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM 196 Jugendschutz bei Gewinnspielen im Fernsehen Die Dynamik bei der Konzeption neuer Fernsehformate erfordert auch die Neugestaltung von gesetzlichen Grundlagen. So wurde dieses Jahr z.B. das Thema „Gewinnspiele im Fernsehen“ gesetzlich neu geregelt: Am 23. Februar 2009 ist die Gewinnspielsatzung der Landesmedienanstalten aufgrund § 46 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8a und § 58 Abs. 4 RStV in Kraft getreten. Im Bereich des Jugendschutzes ist danach Minderjährigen die Teilnahme an Gewinnspielsendungen nicht und an Gewinnspielen erst ab 14 Jahren gestattet. Soweit eine Teilnahme untersagt ist, dürfen keine Gewinne an Minderjährige ausgeschüttet werden. Der Anbieter muss auf diese Regelungen wiederholt in seinem Angebot hinweisen, wobei die genaue Ausgestaltung der Erfüllung der Informationspflichten je nach Medium und Art des Angebots differiert. Daneben sind besonders kinder- und jugendaffine Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen, insbesondere die Auslobung von Waren und Produkten als Gewinn, die vor allem auf Minderjährige einen großen Anreiz zur Teilnahme darstellen, sowie Gewinnfragen, die vor allem Kinder und Jugendliche ansprechen, unzulässig. Auch Teilnahmeappelle, die ausschließlich oder ausdrücklich auch an Minderjährige gerichtet sind und deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, sind nach der Satzung unzulässig. Neben den Belangen des Jugendschutzes werden in der Gewinnspielsatzung auch die Transparenz und der Teilnehmerschutz geregelt. Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen dürfen nicht irreführen und den Interessen der Teilnehmer nicht schaden. Insbesondere ist im Programm über die Kosten der Teilnahme, die Teilnahmeberechtigung, die Spielgestaltung sowie über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Die Aufsicht über den privaten Rundfunk ist nur eines der Aufgabengebiete der KJM. Die Zielsetzung, Kinder und Jugendliche vor problematischen Inhalten aus den Medien zu schützen, beinhaltet zahlreiche Handlungsfelder, sowohl auf inhaltlicher Ebene als auch auf technischer Ebene. Einen umfassenden Überblick bietet der erste Band der neuen KJM-Schriftenreihe „Positionen zum Jugendmedienschutz in Deutschland“.3 Verschiedene Autoren schildern hier die Bandbreite der Herausforderungen, die die KJM seit ihrer Einrichtung beschäftigt haben und auch weiterhin beschäftigen. 3 Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (Hrsg.): Positionen zum Jugendmedienschutz in Deutschland. Berlin 2009. DIE ALM-STUDIE DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 201 Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009 Joachim Trebbe und Bertil Schwotzer Die kontinuierliche Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten1 wird im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) durchgeführt. Seit ihrem Start im Jahr 1998 werden die konzeptionellen und methodischen Grundlagen dieser Studie in Publikationen der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) sowie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen dargestellt, diskutiert und dokumentiert.2 Im Folgenden werden die allgemeinen konzeptionellen Grundlagen dieser Forschung zusammengefasst; außerdem werden die spezifischen methodischen Bedingungen der Datenerhebung im Berichterstattungszeitraum des ALM Programmberichts 2009 (Frühjahr 2008 bis Frühjahr 2009) erläutert. 1. Forschungskonzeption Im Rahmen der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten werden seit 1998 die bundesweit verbreiteten Fernsehprogramme analysiert, die die ersten acht Plätze in der Zuschauergunst einnehmen. Untersucht werden - drei Programme der RTL Group (RTL, RTL II und VOX), drei Programme der ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, ProSieben und kabel eins) sowie die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF. Diese Programme werden in der Terminologie des deutschen Rundfunkprogrammrechts als Fernsehvollprogramme bezeichnet; an sie stellt der Gesetzgeber besondere Anforderungen. Diese betreffen zum einen die strukturelle Vielfalt der ausgestrahlten Programmsparten: Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung sollen „einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.3 Zum anderen wird von Fernsehvollprogrammen ein substanzieller inhaltlicher Beitrag zur individuellen und gesellschaftlichen Meinungsbildung erwartet: „Die bedeutsamen, politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in den Vollprogrammen angemessen zu Wort kommen“.4 1 2 3 4 Im Folgenden „ALM-Studie“. Vgl. dazu die Publikationsliste in diesem Beitrag. § 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2009 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Zwölften Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. Juni 2009). § 25 Abs. 1 Satz 2 RStV 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 202 Diese normativen Vorgaben sind der theoretische Ausgangspunkt der ALMStudie, deren praktische Aufgabe es ist, die Landesmedienanstalten in ihrer Aufsichtsfunktion über den privaten Rundfunk zu unterstützen. Aus ihnen wurden drei Qualitätsdimensionen von Fernsehprogrammangeboten abgeleitet, zu denen kontinuierlich empirische Programmdaten im Sinne von Qualitätsindikatoren erhoben werden (vgl. Abb.1): Abb. 1 QUALITÄTSDIMENSIONEN UND QUALITÄTSINDIKATOREN Qualitätsdimensionen Qualitätsindikatoren Strukturelle Programmvielfalt Programmspartenanalyse (Sendungen) Gesamtprogramm Programmgattungen Inhaltliche Programmvielfalt Programminhaltsanalyse (Beiträge) Fernsehpublizistik Themenstruktur Gesellschaftliche Programmrelevanz Programminhaltsanalyse (Beiträge) Politische Fernsehpublizistik Gesellschaftlich relevante und kontroverse Themen 1. Die Analyse der strukturellen Programmvielfalt geht von den Definitionsmerkmalen der Vollprogramme aus und untersucht die Relation zwischen im weitesten Sinne informierenden (d.h. ggf. auch bildenden oder beratenden) Programmangeboten auf der einen und unterhaltenden Programmsparten auf der anderen Seite. 2. Die Analyse der inhaltlichen Programmvielfalt schließt an das Gebot politischer, weltanschaulicher und gesellschaftlicher Meinungsvielfalt an. Sie wird nicht auf alle Programmsparten, sondern ausschließlich auf die informierenden Programmangebote bezogen. Dabei wird insbesondere die Themenstruktur dieser Programmangebote ermittelt. 3. Die Analyse der gesellschaftlichen Relevanz der Programmangebote betrifft ebenfalls den informierenden Programmsektor. Gefragt wird nach dem relativen Anteil der öffentlich bzw. gesellschaftlich relevanten – und hier wiederum der politischen – Informationsangebote in den untersuchten Fernsehprogrammen. 2. Analysekonzept Die auf diese drei Qualitätsindikatoren bezogenen Programmanalysen sind als ein zweistufiges Verfahren konzipiert. Die erste Untersuchungsstufe umfasst das gesamte Aufzeichnungsmaterial. Das Ziel dieser Teilanalyse ist es, einen systematischen Überblick über die jeweilige Gesamtstruktur der acht Fernsehprogramme zu erhalten. Auf der zweiten Untersuchungsstufe wird dann ein Teilsegment des Programmangebots – die fernsehjournalistischen (bzw. in der Begrifflichkeit der ALM-Studie: DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 203 „fernsehpublizistischen“) Sendungen – unter inhaltlichen Gesichtspunkten analysiert. Ermittelt wird vor allem die Themenstruktur der in diesen Programmformaten ausgestrahlten Beiträge (vgl. Abb. 2). Abb. 2 ANALYSEMODELL UND UNTERSUCHUNGSKATEGORIEN Erste Teilerhebung: Sendungsanalyse Zweite Teilerhebung: Beitragsanalyse Spartenanalyse des Gesamtprogramms Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik Öffentlich relevante Themen: Politische Themen Information und Meinungsbildung I Spielhandlungen (=Fiktionale Unterhaltung) II Shows und Spiele (=Nonfiktionale Unterhaltung) IV Fernsehpublizistik (Informations- und/oder Unterhaltungsangebote) III Sportsendungen Sachthemen Information und Bildung Privat relevante Themen: Lebensweltthemen Information und Beratung Human-Touch-Themen Information und Unterhaltung 2.1 Erste Untersuchungsstufe: Spartenanalyse des Gesamtprogramms Die auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführte Programmstrukturanalyse dient der Ermittlung der strukturellen Programmvielfalt der untersuchten Fernsehvollprogramme. Hierzu werden alle in der Stichprobenwoche ausgestrahlten Programmangebote erfasst und kategorisiert. Untersuchungseinheiten sind Sendungen bzw. Sendungsteile, Werbeblöcke, Programmtrailer etc., daher auch die Bezeichnung dieser Untersuchungsstufe als Sendungsanalyse. Abgesehen von der Kategorisierung werblicher Angebote sowie der On-Air-Promotion wird im Grundsatz zwischen vier redaktionellen Programmsparten unterschieden: - Fiktionale Unterhaltung (Filme, Serien etc.), Nonfiktionale Unterhaltung (Shows, Musik, Spiele etc.), Sportsendungen und Sportübertragungen, Fernsehpublizistik (Nachrichten- und Magazinsendungen, Reportagen etc.).5 5 Ebenfalls erfasst werden die nur in geringem Umfang ausgestrahlten religiösen Sendungen, Gottesdienstübertragungen etc. Das Kinderprogramm wird so codiert, dass es sowohl separat ausgewiesen als DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 204 Die Sendungen des Aufzeichnungsmaterials werden diesen Programmsparten zugewiesen und dann im Detail unter inhaltlichen und formalen Gesichtspunkten beschrieben bzw. – im Fachjargon der empirischen Sozialforschung – „codiert“.6 2.2 Zweite Untersuchungsstufe: Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik Im Mittelpunkt der auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführten Teilerhebung stehen Analysen zur inhaltlichen Vielfalt und gesellschaftlichen Relevanz der Fernsehpublizistik, die von den acht Vollprogrammen ausgestrahlt wird. Als Hauptindikatoren für die inhaltliche Vielfalt und gesellschaftliche Relevanz fernsehpublizistischer Programmangebote werden die Themen erfasst, über die in den ausgestrahlten Sendungen berichtet wird. Es handelt sich dabei vor allem um Nachrichten-, Magazin-, Reportage-, Dokumentations- und Talksendungen, d.h. häufig um Sendungen, in denen mehrere, nach formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten unterscheidbare Beiträge ausgestrahlt werden. Eine hierauf bezogene Themenanalyse muss an diesen Beiträgen ansetzen. Als Untersuchungseinheiten für diese Teilerhebung der ALM-Studie wurden daher thematisch unterscheidbare Beiträge festgelegt. Zur Ermittlung der Themenstruktur der fernsehpublizistischen Programmangebote wurde ein Codierschema entwickelt, mit dessen Hilfe diese in vier inhaltlich unterscheidbare Programmsegmente unterteilt werden: - Kontroverse Themen7 (Funktionsbereich: Information und Meinungsbildung), Sachpublizistik (Funktionsbereich: Information und Bildung), Lebensweltpublizistik (Funktionsbereich: Information und Beratung), Unterhaltungspublizistik (Funktionsbereich: Information und Unterhaltung).8 Hinter dieser Systematik steht die Zielsetzung, die empirisch ermittelten Angebote der untersuchten Programme im Bereich der Fernsehpublizistik den normativen Kategorien des Rundfunkprogrammrechts (insbesondere im Hinblick auf im weitesten Sinne informierende Angebote auf der einen und unterhaltende Angebote auf der anderen Seite) zuordnen zu können. In diesem Zusammenhang wurde gerade 6 7 8 auch den Basiskategorien (fiktionale Unterhaltung, nonfiktionale Unterhaltung etc.) zugeordnet werden kann. Zu den Variablen und Codes der Sendungsanalyse vgl. zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2009): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam, Dokumentation Teil V: Codebuch zu den Programmanalysen (abrufbar unter http://www.alm.de → Medienforschung/ Publikationen → TV-Programmforschung). Politische Publizistik ist im Kategoriensystem der ALM-Studie eine Unterkategorie der „Kontroversen Themen“, mit denen im Landesmediengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen der gesellschaftlich und politisch relevante Teilbereich der Fernsehberichterstattung umschrieben wird (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 5 LMG NW 2007). Zur Begründung vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15). Ergänzend dazu werden Sportbeiträge sowie Serviceangebote wie z.B. der Wetterbericht als eigene Themenbereiche kategorisiert. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 205 auch die Kategorie der „Unterhaltungspublizistik“ bewusst gewählt, da sie je nach Analyseperspektive sowohl der Sparte der Fernsehunterhaltung als auch den Informationsleistungen eines Programms zugerechnet werden kann.9 2.3 Aktuelle Themenbezüge Es ist unmittelbar einsichtig, dass die Nachrichtenlage im jeweiligen Untersuchungszeitraum einen – zum Teil erheblichen – Einfluss auf die empirische Verteilung der Beiträge auf die Kategorien der Themensystematik haben kann. Für den Extremfall eines Kriegsausbruchs hat sich dies etwa zu Beginn des zweiten Irakkriegs im Jahre 2003 mehr als deutlich gezeigt.10 Dies ist auf der einen Seite unproblematisch für den Programmvergleich innerhalb einer Stichprobe, da ja alle Programme im Untersuchungszeitraum mit der gleichen Nachrichtenlage konfrontiert werden und somit quasi gleiche „Umweltbedingungen“ herrschen. Auf der anderen Seite ist solch ein extremer Themenschwerpunkt unerwünscht, da es unter Umständen und je nach journalistischer Gewichtung zu Umschichtungen in der Themenrangfolge – etwa in Nachrichtensendungen – und im Extremfall zur absoluten Dominanz einer Themengattung in der aktuellen Berichterstattung führen kann und damit die Möglichkeit für Ausreißer in der Zeitreihe der Stichprobenvergleiche eröffnet. Aus diesem Grund wird in jeder Stichprobe der ALM-Studie für alle fernsehpublizistischen Beiträge geprüft, ob sie ausgewählten Einzelthemen und -ereignissen, die eine dominante Bedeutung für die Nachrichtenlage in der Untersuchungswoche erlangen könnten, zuzuordnen sind. Die Auswahl und Festlegung dieser Einzelthemen erfolgt nach der Aufzeichnung der Programme und vor der Codierung der Beiträge auf der Basis einer parallel zur Fernsehaufzeichnung erhobenen Pressestichprobe. Auf diesem Wege lassen sich dann „quer“ zur konstanten und standardisierten Themensystematik aktuelle Themenbezüge feststellen, die sowohl unter methodischen (Verschiebungen in der Themenverteilung zwischen Programmen/Stichproben) als auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten (Art der Thematisierung eines Einzelthemas) analysiert werden können. Da diese Einzelthemencodierung über mehrere Stichproben beibehalten werden kann, lassen sich so auch längerfristige Themenkarrieren verfolgen und in gesonderten Analysen beschreiben.11 Tabelle 1 zeigt einige ausgewählte Einzelthemen, die in den letzten drei Stichproben (Frühjahr und Herbst 2008, Frühjahr 2009) auf der Ebene der Beiträge erfasst wurden. Man sieht sehr deutlich, dass Einzelthemen wie etwa die öffentliche Debatte um Sicherheitsvorkehrungen und Störungsversuche des Staffellaufs mit dem 9 10 11 Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/ Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71. Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In: ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227. Vgl. dazu auch den Beitrag von Hans-Jürgen Weiß zur Fernsehberichterstattung über die Finanzkrise in diesem Band. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 206 olympischen Feuer im Vorfeld der Spiele in Peking einen ganz erheblichen Anteil an der aktuellen Berichterstattung hatten. Im Ersten Programm der ARD lag dieser Anteil in der Frühjahrsstichprobe 2008 bei 17 Prozent, also fast einem Fünftel der Sendezeit. In der Tendenz zeigt sich außerdem, dass in denjenigen Programmen flexibler und stärker auf solche Einzelthemen eingegangen werden kann, in denen die Zahl der Sendungen für die aktuelle Berichterstattung größer ist. So sind die Anteile für aktuelle Themenbezüge bei den öffentlich-rechtlichen Programmen besonders hoch. BESONDERE THEMENBEZÜGE IN DER AKTUELLEN BERICHTERSTATTUNG Tab. 1 (in Prozent – Mehrfachnennung)1 THEMENBEZUG 2008 I Fackellauf und Diskussion um Olympia in Peking Terrorismus 2008 II Finanzkrise US-Präsidentschaftswahlen Terrorismus 2009 I Finanzkrise Europareise von USPräsident Barack Obama Terrorismus ARD ZDF RTL VOX RTL II Sat.1 Pro- kabel Sieben eins t=6:37 t=7:48 t=2:37 t=0:21 t=0:29 t=1:23 t=1:17 t=0:25 17,4 10,0 6,9 11,1 9,3 5,2 2,8 5,9 3,9 0,9 0,9 0,5 4,1 0,4 0,4 0,2 t=6:21 t=6:56 t=2:23 t=0:21 t=0:32 t=1:10 t=0:49 t=0:22 44,4 6,4 6,4 43,0 2,6 2,8 17,0 2,5 1,4 18,1 3,1 0,3 17,7 4,0 0,3 23,2 3,2 - 11,5 1,5 - 14,6 1,8 - t=6:40 t=8:09 t=3:09 t=0:20 t=0:27 t=1:20 t=0:48 t=0:29 24,4 25,2 10,7 18,3 14,2 10,8 8,9 7,1 14,8 14,5 11,4 12,5 15,8 10,9 3,9 5,0 3,7 2,1 0,3 3,3 3,2 0,4 0,1 0,2 1 Prozentuierungsbasis: jeweiliger Zeitumfang der tages- und wochenaktuellen Berichterstattung. Am Beispiel der Finanzkrise zeigt sich, wie sich die Bedeutung lang- und mittelfristig relevanter Themen zwischen zwei Stichproben verändern kann. So war im Herbst des Jahres 2008 die Bankenkrise auf dem Höhepunkt der öffentlichen Diskussion. Im Frühjahr 2009 war sie zwar immer noch wichtig, büßte jedoch unter quantitativen Gesichtspunkten bis zur Hälfte ihres Raumes in der aktuellen Berichterstattung ein – und das in fast allen untersuchten Programmen (Ausnahme: VOX). Extrem stark von Einzelereignissen abhängig ist die aktuelle Berichterstattung über Terrorismus, Anschläge, politische Gewalttaten und Gegenmaßnahmen. Abgesehen von explizit politischen Thematisierungen auf Konferenzen, durch Gesetzesvorlagen oder internationale Abkommen sind Anschläge im Irak, in Afghanistan und in Europa kaum vorhersehbar, können aber kurzfristig zu starken Verschiebungen der Nachrichtenlage führen. Die Stichprobendaten der letzten drei Erhebungen DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 207 dokumentieren diese Schwankungen sehr gut, wenn auch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. 3. Programmstichproben 2008/2009 3.1 Stichprobenkonzept Die ALM-Studie bezieht sich ausschließlich auf den Markt der in Deutschland ausgestrahlten Fernsehvollprogramme. Formal besteht dieser Markt im Jahr 2009 aus insgesamt 16 Programmen. Für den Wettbewerb auf dem nationalen Zuschauermarkt sind jedoch nur acht Vollprogramme von Bedeutung, die seit Jahren mehr als zwei Drittel des gesamten Fernsehzuschauermarkts in Deutschland auf sich vereinigten: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie ARD/Das Erste und ZDF.12 Diese acht Programme sind die Grundgesamtheit der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Die Stichprobenlogik der ALMStudie wurde im ALM Programmbericht 2005 ausführlich erörtert.13 Sie wird daher an dieser Stelle nur noch einmal zusammenfassend skizziert. Grundlage der Programmbeobachtung sind Stichprobenerhebungen, die seit 1998 zweimal pro Jahr durchgeführt werden (vgl. Abb. 3). Jede Teilstichprobe besteht aus einer bewusst ausgewählten, zusammenhängenden („natürlichen“) Programmwoche. Im Regelfall wird hierfür im Frühjahr und Herbst jedes Jahres eine Kalenderwoche von Montag bis Sonntag aufgezeichnet. Bei der Definition von Sendetagen wird die Konvention der kontinuierlichen Fernsehzuschauerforschung in Deutschland übernommen. Das heißt, die Sendetage der ALM-Studie beginnen jeweils um 3 Uhr und enden um 3 Uhr des Folgetags. Die aufgezeichnete Programmstichprobe wird im Rahmen einer Stichprobenkorrektur an die Standardformate der untersuchten Programme angepasst. Hierzu werden Abweichungen der Programmaufzeichnungen von den Standardformaten durch Ersatzaufzeichnungen (normalerweise vom gleichen Wochentag der Voroder der Folgewoche) ersetzt. Bei diesen zu korrigierenden Abweichungen handelt es sich um solche Sendungen, die in den Programmschemata nicht fest verankert sind. Das sind zumeist Sportübertragungen, aber auch Liveübertragungen von anderen Ereignissen wie der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (Herbst 2008) oder dem Besuch von Präsident Obama in Deutschland (Frühjahr 2009) oder auch besondere Showereignisse wie „Das große TV total Turmspringen 2008“ (Herbst 2008). 12 13 Die restlichen acht Lizenzen wurden für private Fernsehvollprogramme vergeben, die sich bisher auf dem deutschen Fernsehmarkt nicht nachhaltig etabliert haben. Neben drei deutschen Programmen (bw familiy.tv, DMAX und TIMM) handelt es sich dabei um drei Programme für in Deutschland lebende Türken (TGRT EU, TürkShow und Samanyolu TV Avrupa) sowie zwei persischsprachige Programme (MITV und PDF-Channel). Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM, Stichtag: 31. Oktober 2009 (vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank). Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM Programmbericht 2005, S. 213-228 (insbes. S. 218-224). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 208 Abb. 3 STICHPROBEN DER ALM-STUDIE 1998–20091 Laufende Nr. Zeitraum Kalenderwoche Datum 04.05. – 10.05.1998 01 Frühjahr 1998 19. KW 02 Herbst 1998 46. KW 09.11. – 15.11.1998 03 Frühjahr 1999 15. KW 12.04. – 18.04.1999 04 Herbst 1999 42. KW 18.10. – 24.10.1999 05 Frühjahr 2000 11. KW 13.03. – 19.03.2000 06 Herbst 2000 42. KW 16.10. – 22.10.2000 07 Frühjahr 2001 14. KW 02.04. – 08.04.2001 08 Herbst 2001 45. KW 05.11. – 11.11.2001 09 Frühjahr 2002 15. KW 08.04. – 14.04.2002 10 Herbst 2002 42. KW 14.10. – 20.10.2002 11 Frühjahr 2003 13./14. KW 27.03. – 02.04.2003 12 Herbst 2003 43. KW 20.10. – 26.10.2003 13 Frühjahr 2004 12. KW 15.03. – 21.03.2004 14 Herbst 2004 43. KW 18.10. – 24.10.2004 15 Frühjahr 2005 15. KW 11.04. – 17.04.2005 16 Herbst 2005 42. KW 17.10. – 23.10.2005 17 Frühjahr 2006 14. KW 03.04. – 09.04.2006 18 Herbst 2006 41. KW 09.10. – 15.10.2006 19 Frühjahr 2007 13. KW 26.03. – 01.04.2007 20 Herbst 2007 42. KW 15.10. – 21.10.2007 21 Frühjahr 2008 15. KW 07.04. – 13.04.2008 22 Herbst 2008 42. KW 13.10. – 19.10.2008 23 Frühjahr 2009 14. KW 30.03. – 05.04.2009 1 Untersuchte Programme: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins, ARD/Das Erste und ZDF. SPORTSENDUNGEN: JAHRESDURCHSCHNITTSWERTE 2008 Tab. 2 (in Prozent)1 Stichprobe2 Vollerhebung3 Differenz ARD ZDF RTL Sat.1 ProSieben 1,2 7,5 1,3 7,0 1,5 0,6 0,2 –6,3 –5,7 –1,5 –0,6 –0,2 1 Prozentuierungsbasis: 24 Std./Tag; VOX, RTL II und kabel eins haben keine Sportsendungen ausgestrahlt. 2 Daten der ALM-Studie. 3 Daten der AGF/GfK-Fernsehforschung. Aus diesem Stichprobenkonzept resultiert eine „kontrollierte Unterschätzung“ des Sportanteils in denjenigen Programmen, in denen Sportübertragungen einen hohen DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 209 Stellenwert haben (für das Jahr 2008 vgl. Tab. 2). Sie wird allerdings durch ein Gewichtungsverfahren in Analysen aufgehoben, die einen Jahresüberblick über das gesamte Informations- und Unterhaltungsangebot dieser Programme geben.14 3.2 Ereigniskontext Wie in Abschnitt 2.3 angesprochen ist es für die Interpretation der gewonnenen Daten zur Themenstruktur in der Berichterstattung unerlässlich, die Nachrichtenlage in den Zeiten der Stichprobenziehung zu beachten. Deshalb wird der Ergebnisdarstellung der ALM-Studie immer eine Ereignisübersicht vorangestellt.15 An dieser Stelle werden diese Darstellungen nur kurz zusammengefasst. In der Zeit der Programmstichprobe im Frühjahr 2008 richtete sich die Medienaufmerksamkeit auf den Fackellauf zu den Olympischen Spielen in Peking und hierauf bezogene Proteste in der Öffentlichkeit. Damit verbunden waren zumeist kritische Beiträge zur Tibet- und Menschenrechtspolitik Chinas. Weitere wichtige Themen waren die Warnung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank vor einer weltweiten Hungerkrise und die Krawalle in Haiti wegen steigender Lebensmittelpreise. Die Berichterstattung im Herbst 2008 war geprägt von der internationalen Finanzkrise. Unter innenpolitischen Aspekten ging es um das sogenannte „Bankenrettungspaket“. Außenpolitisch standen die Pläne zur Bekämpfung der Finanzkrise auf EU-Ebene im Mittelpunkt und hinsichtlich internationaler Politik die Reaktionen auf die Finanzkrise in einzelnen Ländern sowie die Planungen der EU und der USA zu internationalen Krisengipfeln. Außerdem waren der US-amerikanische Präsidentschaftswahlkampf und der Unfalltod des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider zentrale Medienthemen. Im Frühjahr 2009 war die aktuelle Berichterstattung in der Stichprobenwoche von Geschehnissen im Bereich der internationalen Politik bestimmt: von der Europareise des US-amerikanischen Präsidenten Obama, dem Treffen der G20 in London, dem NATO-Gipfel anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Organisation in Straßburg, Baden-Baden und Kehl sowie dem EU-USA-Gipfel in Prag. Daneben stand weiterhin die Wirtschaftskrise im Mittelpunkt der Berichterstattung, insbesondere die Diskussionen um die Abwrackprämie und um die Rettung von Opel. 14 15 Als Ausgangsparameter für die Gewichtung werden die Programmdaten der AGF/GfK-Fernsehforschung herangezogen. In diese Vollerhebung von Programmprotokollen gehen alle innerhalb eines Jahres ausgestrahlten Sportsendungen ein, auch die Übertragungen. Vgl. die Stichprobenberichte zur ALM-Studie, zuletzt Stichprobenbericht Frühjahr 2009 (abrufbar unter http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 210 4. Programmcodierung 2008/2009 4.1 Praxis der Programmcodierung Die Codierung der aufgezeichneten Fernsehprogramme wird von einer siebenköpfigen Forschungsgruppe durchgeführt, auf die das Untersuchungsmaterial nach Wochentagen aufgeteilt wird. Die Programmaufzeichnungen sind mit einem Datumsund Zeitcode versehen, der eine sekundengenaue Vermessung der untersuchten Sendungen und Beiträge erlaubt. Zusätzlich zu den Programmaufzeichnungen werden den Codierern weitere Materialien zur Unterstützung der Programmauswertung zur Verfügung gestellt. Neben den Programmprotokollen von „Media Control“ und Programmankündigungen der Sender sind das zwei Fernsehprogrammzeitschriften („HÖRZU“, „TV Hören und Sehen“) für die Untersuchungswoche und die Wochen vor und nach diesem Zeitraum. Die Anknüpfung an die Codierung früherer Programmstichproben wird durch eine detaillierte Übersicht über die Codierungsdaten für jede bisher analysierte Sendung sichergestellt. 4.2 Reliabilität der Programmcodierung Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die methodische Qualität einer als Langzeitstudie angelegten Programmanalyse ist es, die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit der Programmcodierung – im Vergleich der Codierer und im Vergleich der Stichproben – zu gewährleisten. Dieser Zielsetzung dienen umfangreiche Schulungen der Codierer zu Beginn der Analyse (pro Stichprobe und Untersuchungsstufe im Umfang von jeweils ca. 14 Tagen) sowie standardisierte Reliabilitätstests zu Beginn und im Verlauf der Programmcodierung. Die Intercoder-Reliabilität wird durch gesonderte Analysen von Programmaufzeichnungen überprüft, die pro Test ca. 50–70 Untersuchungseinheiten umfassen. Es handelt sich dabei um vier unterschiedliche Tests, die getrennt voneinander durchgeführt und ausgewertet werden. Zwei beziehen sich auf die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungs- und der Beitragsanalyse. Die beiden anderen Tests haben die Codierung der Variablen der Sendungs- und der Beitragsanalyse zum Gegenstand. Pro Test werden zwei Werte ausgewiesen: Der Wert für die vollständige Übereinstimmung gibt den Prozentanteil an allen Untersuchungseinheiten an, bei denen alle am Test beteiligten Codierer dasselbe codiert haben. Der Wert der mehrheitlichen Übereinstimmung gibt den Prozentanteil an allen Untersuchungseinheiten an, bei denen die Mehrheit aller beteiligten Codierer zu einer gleichen Entscheidung gekommen ist. Die Ergebnisse dieser Tests sind über die Jahre hinweg relativ konstant. Dies gilt auch für die Reliabilitätswerte, die zu den letzten drei Stichprobenerhebungen im Frühjahr 2008, Herbst 2008 und Frühjahr 2009 ermittelt worden sind (vgl. Tab. 3). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 211 Tab. 3 RELIABILITÄTSKOEFFIZIENTEN DER ALM-STUDIE 2008/2009 Mehrheitliche Übereinstimmung1 Fj. 08 He. 08 Vollständige Übereinstimmung2 Fj. 09 Fj. 08 He. 08 Fj. 09 FESTLEGUNG DER UNTERSUCHUNGSEINHEITEN Sendungsanalyse Beitragsanalyse .98 .89 .98 .90 .96 .88 .91 .79 .93 .86 .75 .84 CODIERUNG DER UNTERSUCHUNGSEINHEITEN Sendungsanalyse Beitragsanalyse .99 .98 1.00 .99 .99 .99 .91 .83 .95 .85 .88 .83 1 Übereinstimmung zwischen mindestens vier der sieben Codiererinnen und Codierer. 2 Übereinstimmung zwischen allen sieben Codiererinnen und Codierern. - - Für die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungsanalyse wurde im Vergleich aller sieben Codierer in den drei Stichproben eine mehrheitliche Übereinstimmung von über .95 ermittelt. Im Fall der Beitragsanalyse lag die Quote mit .88 bis .90 darunter, was aufgrund der komplexeren Entscheidungsstrukturen auf dieser Ebene jedoch nicht überrascht. Für die Codierung der Untersuchungseinheiten wurden im Rahmen der Sendungsanalyse Reliabilitätskoeffizienten ermittelt, die – in Bezug auf die vollständige Übereinstimmung aller sieben Codierer – zwischen .88 und .95 liegen. Auch hier sind die Werte der Beitragsanalyse etwas geringer, die vollständige Übereinstimmung aller Codierer erreicht Werte zwischen 83 und 85 Prozent. Zusätzlich zu den Reliabilitätstests wird für die Programmstrukturanalyse ein Einzelfallabgleich aller codierten Sendungen, die zu den mehrfach pro Woche ausgestrahlten Sendungsformaten (Tagesformate, Serien, Reihen etc.) zählen, vorgenommen. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Sendungen sowohl innerhalb einzelner Stichproben als auch über alle Stichproben hinweg identisch codiert werden. 5. Auswertungsroutinen und Ergebnispräsentation 5.1 Die dynamische Perspektive: Zeitreihendaten Im Mittelpunkt der Datenanalysen der ALM-Studie und der Berichterstattung über ihre Ergebnisse steht eine „dynamische“ Untersuchungsperspektive. In dieser Perspektive werden die Daten der seit 1998 aufgezeichneten Programmstichproben – bis zum Frühjahr 2009 sind das 23 Messzeitpunkte – als Zeitreihe ausgewertet. Typische Darstellungsform für die Ergebnisse dieser Analysen sind Liniendiagramme. Diese finden sich immer in den Stichprobenberichten, die auf der Homepage der ALM veröffentlicht werden. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 212 Eine kurzfristigere Perspektive haben die Tabellen im Anhang zu diesem Beitrag, in denen die aktuelle Programmentwicklung im Berichterstattungszeitraum 2008/2009 dokumentiert wird. Hierzu werden die Daten der Frühjahrsstichprobe 2009 den Durchschnittswerten aus der Frühjahrs- und Herbststichprobe 2008 gegenübergestellt. 5.2 Die statische Perspektive: Integrierte Modellierung von Jahresdaten Zusätzlich zur separaten Darstellung programmstruktureller Entwicklungen auf der einen Seite (= Ergebnisse der Sendungsanalyse) und inhaltlicher Entwicklungen der Fernsehpublizistik auf der anderen Seite (= Ergebnisse der Beitragsanalyse) ist es möglich, die Daten beider Teilanalysen zusammenzuführen und im Rahmen eines integrierten Analysemodells auszuwerten. In diesem Modell werden die Kategorien der Sendungs- und Beitragsanalyse so miteinander verknüpft, dass die jeweiligen Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der untersuchten Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar gemacht werden können. Der zeitliche Bezugsrahmen für die Zusammenführung der Ergebnisse der beiden Teilanalysen der ALM-Studie sind Kalenderjahre. Da sich Programmstatistiken in der Regel auf Kalenderjahre beziehen, werden in diesem Bezugsrahmen, wie in Abschnitt 3.1 dargestellt, externe Daten von Programmvollerhebungen als Gewichtungsparameter zur Korrektur von Stichprobenfehlern im Bereich der Sportübertragungen genutzt. Bezogen auf das Jahr 2008 werden diese Diagramme im Anhang zu diesem Beitrag dokumentiert. 5.3 Die Stichprobenberichte Eine wichtige Plattform für die kontinuierliche Dokumentation der methodischen Grundlagen und Ergebnisse der ALM-Studie sind die Stichprobenberichte, die in den vorstehenden Abschnitten mehrfach erwähnt wurden. Sobald die Auswertung einer Stichprobenerhebung abgeschlossen ist, wird ein Bericht auf die Homepage der ALM gestellt; alle Berichte seit 2003 sind dort gespeichert („Archiv“) und abrufbar.16 Neben der Dokumentation der Untersuchungsergebnisse in Form von Tabellen, Liniendiagrammen und Listen sind den Berichten alle zentralen Informationen zur Methode der ALM-Studie (u.a. zu den Ereigniskontexten der Stichproben und den Ergebnissen der Reliabilitätstests) sowie die Codepläne für die beiden Teilanalysen zu entnehmen. 16 Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 213 Literatur GöfaK Medienforschung GmbH (2009): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam (abrufbar unter http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung). Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In: ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM Programmbericht 2005, S. 213-228. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15). Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 214 Publikationen zur kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten Programmberichte und Jahrbücher der Landesmedienanstalten ALM Programmbericht 2008 Maurer, Torsten/Benjamin Fretwurst/Hans-Jürgen Weiß (2009): Programmprofile. Wie sich Fernsehprogramme voneinander abgrenzen und wie sie sich gleichen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 41-61. Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): Programmstrategien im Schweizer Fernsehen. Ergebnisse einer Pilotstudie zur kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung. In: ALM Programmbericht 2008, S. 81-96. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissensund Wissenschaftsfernsehen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2007/2008. In: ALM Programmbericht 2008, S. 201-257. ALM Programmbericht 2007 Maurer, Torsten (2008): Unterhaltungspublizistik in Fernsehvollprogrammen und ihre Nutzung im Frühjahr 2007. In: ALM Programmbericht 2007, S. 67-83. Schwotzer, Bertil/Jens Vogelgesang (2008): Merchandising und Gewinnspiele in Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2007, S. 84-98. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007. In: ALM Programmbericht 2007, S. 211-263. Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogramme in der Konkurrenz. Programmkonstellationen und Programmstrategien des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich. In: ALM Programmbericht 2007, S. 99-118. ALM Programmbericht 2006 Maurer, Torsten (2007): Das Nachrichtenangebot deutscher Fernsehvollprogramme im Tagesverlauf. In: ALM Programmbericht 2006, S. 60-81. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 215 Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2007): Fernsehen in der Schweiz und in Österreich. Auf dem Weg zu einer ländervergleichenden Programmforschung. In: ALM Programmbericht 2006, S. 82-105. Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht 2006, S. 43-59. Weiß, Hans-Jürgen (2007): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 205-259. ALM Programmbericht 2005 Maurer, Torsten (2005): Marktversagen: Politische Information im privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 62-78. Trebbe, Joachim (2005): Cross-Media Links: Internetverweise im Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 79-89. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem deutschen Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM Programmbericht 2005, S. 213-228. ALM Jahrbuch 2004 Trebbe, Joachim (2005): Programmliche Entwicklung der TV-Vollprogramme. In: ALM Jahrbuch 2004, S. 202-208. ALM Jahrbuch 2003 Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In: ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227. ALM Programmbericht 2000/2001 Weiß, Hans-Jürgen (2001): Programmalltag in Deutschland. Das Informations- und Unterhaltungsangebot der deutschen Fernsehvollprogramme 1999–2001. In: ALM Programmbericht 2000/2001, S. 115-174. ALM Programmbericht 1998/99 Weiß, Hans-Jürgen (1999): Programmalltag in Deutschland. Ein Werkstattbericht aus der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 1998/99, S. 69-126. ALM Programmbericht 1996/97 Weiß, Hans-Jürgen (1997): Programmalltag in Deutschland. Eine Analyse von sieben Fernsehvollprogrammen im April 1997. In: ALM Programmbericht 1996/97, S. 158-204. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 216 Stichprobenberichte auf der Homepage der ALM zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2009): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam (http://www.alm. de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung). Schriftenreihe der Landesmedienanstalten Trebbe, Joachim (2004): Fernsehen in Deutschland 2003–2004. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 31). Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluationsund Machbarkeitsstudie. Berlin (Bd. 12). Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2000): Fernsehen in Deutschland 1998–1999. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 18). Sonstige Publikationen mit Bezug zu den Daten oder dem Instrument der ALM-Studie Baeva, Gergana (2008): Evaluation of the Public Service Broadcasting in Bulgaria. In: Studies in Communication Sciences, Vol. 8, No. 2+3, S. 95-116. Grossenbacher, René/Joachim Trebbe (Hrsg.) (2009): Qualität in Radio und Fernsehen. Die inhaltsanalytische Messung konzessionsrechtlicher Vorgaben für die Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée Suisse. Zürich/Chur. Kust, Harald/Joachim Trebbe (2009): Sport im Schweizer Fernsehen. Programmstrukturelle Positionierung und Programmformate bei SF, TSR und TSI. In: Beck, Daniel/Steffen Kolb (Hrsg.): Sport & Medien. Aktuelle Befunde mit Blick auf die Schweiz. Zürich/Chur, S. 51-70. Maurer, Torsten (2009): Fernsehen – als Quelle politischer Information überschätzt? Eine Bestandsaufnahme des Angebotes und der Nutzung des „politischen Leitmediums“ In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 42. Maurer, Torsten (2005): Fernsehnachrichten und Nachrichtenqualität. Eine Längsschnittstudie zur Nachrichtenentwicklung in Deutschland. München (Schriftenreihe Angewandte Medienforschung; Bd. 32). Maurer, Torsten/Joachim Trebbe (2006): Fernsehqualität aus der Perspektive des Rundfunkprogrammrechts. In: Weischenberg, Siegfried/Wiebke Loosen/Michael Beuthner (Hrsg.): Medien-Qualitäten. Öffentliche Kommunikation zwischen ökonomischem Kalkül und Sozialverantwortung. Konstanz (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; Bd. 33), S. 37-52. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 217 Park, Joo-Yeun (2004): Programm-Promotion im Fernsehen. Konstanz (Medien und Märkte; Bd. 13). Trebbe, Joachim (2008): Unterhaltung im Fernsehen – Operationalisierungsproblem und forschungspraktische Lösung. In: Siegert, Gabriele/ Björn von Rimscha (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 88-101. Trebbe, Joachim (2006): Sponsoring im Schweizer Fernsehen. Ergebnisse einer viersprachigen Programmanalyse. Bern. Trebbe, Joachim (2005): Stichprobenkonzepte der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung in Deutschland. Forschungslogische Probleme und forschungspraktische Lösungen. In: Gehrau, Volker/Benjamin Fretwurst/Birgit Krause/Gregor Daschmann (Hrsg.): Auswahlverfahren der Kommunikationswissenschaft. Köln, S. 117-137. Trebbe, Joachim/Gergana Baeva/Bertil Schwotzer/Steffen Kolb/Harald Kust (2008): Fernsehprogrammanalyse Schweiz. Methode, Durchführung, Ergebnisse. Zürich/Chur. Trebbe, Joachim/Torsten Maurer (2007): „Unterhaltungspublizistik“ – Journalistische Gratwanderungen zwischen Fernsehinformation und Fernsehunterhaltung. In: Scholl, Armin/Rudi Renger/Bernd Blöbaum (Hrsg.): Journalismus und Unterhaltung. Theoretische Ansätze und empirische Befunde. Wiesbaden, S. 211-231. Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): International vergleichende Programmforschung. Ein Erhebungsmodell für Deutschland, Österreich und die Schweiz. In: Schulz, Peter J./Uwe Hartung/Simone Keller (Hrsg.): Identität und Vielfalt in der Kommunikationswissenschaft. Konstanz, S. 197-212. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71. Woelke, Jens (2008): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2007. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2008). Woelke, Jens (2007): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2006. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2007). Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogrammkonkurrenz. Österreichs Programme im internationalen Wettbewerb. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 113-126. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 219 ANHANG Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009 DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 220 ANHANG – Teil 1 Vergleichstabellen zur Entwicklung deutscher Fernsehvollprogramme 2008/2009 ERGEBNISSE DER SENDUNGSANALYSE 2008/2009 Tabelle 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Zeitumfang der Basiselemente der Sendungsanalyse Basiselemente der Sendungsanalyse / Gesamtsendezeit Basiselemente der Sendungsanalyse / Prime Time Anzahl der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter Zeitumfang der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter Lizenzprogramme, Regionalfenster, Programmkooperationen Kurzfristige Programmwiederholungen Zeitformate der Erstsendungen Produktionsformen Produktionsländer Programmstruktur / Gesamtsendezeit Programmstruktur / Prime Time Programmstruktur ohne kurzfristige Wiederholungen Formate des Kinderprogramms Genres des fiktionalen Kinderprogramms Formate der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung Genres der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung Formate der nonfiktionalen Fernsehunterhaltung Formate der Fernsehpublizistik Nachrichtenformate ERGEBNISSE DER BEITRAGSANALYSE 2008/2009 Tabelle 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Zeitumfang der Basiselemente der Beitragsanalyse Basiselemente der Beitragsanalyse / Gesamtsendezeit Basiselemente der Beitragsanalyse / Prime Time Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Gesamtsendezeit Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Prime Time Themenstruktur der Fernsehpublizistik ohne kurzfristige Wiederholungen Themenstruktur der Nachrichtensendungen Themenstruktur der Magazinsendungen und Reportagen Themenstruktur der Interview-, Talkformate Aktualität der Themenbereiche der Fernsehpublizistik DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 221 ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Std.:Min. pro Sendetag)1 Tabelle 1.1 RTL BASISELEMENTE Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 17:52 19:21 19:01 18:50 22:43 22:51 22:53 22:53 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen 1:09 1:09 - 1:22 1:22 - 1:33 1:32 0:01 1:27 1:26 0:01 0:55 0:33 0:22 0:49 0:33 0:16 0:46 0:34 0:12 0:47 0:32 0:15 WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 4:55 3:22 1:33 - 3:13 3:13 - 3:23 3:21 0:01 0:01 3:41 3:41 - 0:19 0:19 - 0:17 0:17 - 0:19 0:19 - 0:18 0:18 - SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 0:04 0:03 0:01 0:04 0:03 0:01 0:03 0:02 0:01 0:02 0:02 - 0:03 0:03 0:00 0:03 0:03 - 0:02 0:02 - 0:02 0:02 - 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 SENDUNGEN 2 GESAMT Tabelle 1.2 ProSieben BASISELEMENTE VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 19:25 19:23 19:16 19:43 17:21 17:22 18:45 18:40 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen 1:21 1:15 0:06 1:17 1:14 0:03 1:01 1:00 0:01 0:57 0:57 0:00 1:02 0:57 0:05 1:17 1:13 0:04 1:26 1:18 0:08 1:14 1:05 0:09 WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 3:12 3:12 0:00 3:18 3:16 0:02 3:41 3:15 0:26 - 3:18 3:18 - 5:34 4:03 1:30 0:01 5:19 3:49 1:30 - 3:47 3:04 0:43 - 4:05 3:22 0:43 - SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 0:02 0:02 0:00 0:02 0:02 - 0:02 0:02 0:00 0:02 0:02 - 0:03 0:03 0:00 0:02 0:02 - 0:02 0:02 0:00 0:01 0:01 - 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 SENDUNGEN 2 GESAMT 1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst. 3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009). 4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet. 5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 222 BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 2.1 RTL BASISELEMENTE SENDUNGEN 2 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring GESAMT Tabelle 2.2 SENDUNGEN 2 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring GESAMT ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 74,5 80,6 79,3 78,5 94,6 95,2 95,4 95,4 4,8 4,8 - 5,7 5,7 - 6,4 6,3 0,1 6,0 5,9 0,1 3,8 2,3 1,5 3,4 2,3 1,1 3,2 2,4 0,8 3,3 2,2 1,1 20,4 14,0 6,4 - 13,4 13,4 - 14,1 13,9 0,1 0,1 15,3 15,3 - 1,4 1,4 - 1,2 1,2 - 1,3 1,3 - 1,2 1,2 - 0,3 0,2 0,1 0,3 0,2 0,1 0,2 0,2 0,0 0,2 0,2 - 0,2 0,2 0,0 0,2 0,2 - 0,1 0,1 - 0,1 0,1 - 100 100 100 100 100 100 100 100 ProSieben BASISELEMENTE WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 Sat.1 VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 80,9 80,8 80,3 82,2 72,3 72,4 78,1 77,8 5,6 5,2 0,4 5,4 5,2 0,2 4,2 4,2 0,0 4,0 4,0 0,0 4,3 4,0 0,3 5,3 5,1 0,2 6,0 5,4 0,6 5,1 4,5 0,6 13,3 13,3 0,0 13,7 13,6 0,1 15,4 13,6 1,8 - 13,7 13,7 - 23,2 16,9 6,3 0,0 22,1 15,9 6,2 - 15,8 12,8 3,0 - 17,0 14,0 3,0 - 0,2 0,2 0,0 0,1 0,1 - 0,1 0,1 0,0 0,1 0,1 - 0,2 0,2 0,0 0,2 0,2 - 0,1 0,1 0,0 0,1 0,1 - 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst. 3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009). 4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet. 5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 223 BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / PRIME TIME Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 3.1 RTL BASISELEMENTE SENDUNGEN 2 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring GESAMT Tabelle 3.2 SENDUNGEN 2 PROGRAMMTRAILER ETC. Programmverbindungen Programmüberbrückungen SPONSORING5 Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring GESAMT ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 77,5 77,5 76,6 75,2 92,1 92,8 91,9 92,2 5,6 5,6 - 7,1 7,1 - 6,1 6,1 - 6,0 6,0 - 2,9 2,9 - 2,9 2,9 - 2,8 2,8 - 2,7 2,7 - 16,6 16,6 - 15,1 15,1 - 17,0 17,0 - 18,6 18,6 - 4,5 4,5 - 3,8 3,8 - 5,0 5,0 - 4,9 4,9 - 0,3 0,2 0,1 0,3 0,3 - 0,3 0,2 0,1 0,2 0,2 - 0,5 0,5 0,0 0,5 0,5 - 0,3 0,3 - 0,2 0,2 - 100 100 100 100 100 100 100 100 ProSieben BASISELEMENTE WERBUNG3 Spotwerbung Teleshopping Dauerwerbesendungen4 Sat.1 VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 77,3 77,1 79,8 82,0 74,0 74,5 75,7 74,5 6,1 6,1 - 6,5 6,5 - 4,5 4,5 - 3,5 3,5 - 5,5 5,5 - 6,9 6,9 - 6,3 6,3 - 5,7 5,7 - 16,2 16,2 0,0 16,0 15,6 0,4 15,5 15,5 - 14,5 14,5 - 20,1 20,1 - 18,4 18,4 - 17,7 17,7 - 19,6 19,6 - 0,4 0,3 0,1 0,4 0,4 - 0,2 0,2 0,0 0,0 0,0 - 0,4 0,4 0,0 0,2 0,2 - 0,3 0,3 0,0 0,2 0,2 - 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst. 3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009). 4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet. 5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 224 ANZAHL DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (Fallzahlen in Prozent)1 Tabelle 4.1 RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 n=3976 n=2012 n=4298 n=1969 n=2125 n=1023 n=1937 n=935 2 30,2 29,7 34,0 33,5 44,2 44,0 44,2 42,7 PROGRAMMTRAILER ETC. Sendungspromotion Senderpromotion Crosspromotion Merchandising Glücksspiele/Lotterien Social Advertising Programmüberbrückungen 37,9 34,4 1,7 1,7 0,1 - 41,6 36,3 4,9 0,4 - 38,9 32,2 4,0 1,3 1,0 0,4 39,5 33,4 2,5 1,6 1,6 0,4 30,6 21,4 6,3 0,5 0,7 0,2 0,2 1,3 29,0 22,1 3,3 0,7 1,2 0,4 1,3 37,9 31,1 3,9 0,7 1,3 0,2 0,7 37,4 31,7 2,5 0,6 1,9 0,7 WERBUNG UND SPONSORING Spotwerbung Teleshopping Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 31,9 20,6 1,4 7,8 2,1 28,7 21,2 6,9 0,6 27,1 19,0 0,4 6,6 1,1 27,0 21,3 5,7 - 25,2 9,7 15,4 0,1 27,0 9,7 17,3 - 17,9 7,0 10,9 - 19,9 8,6 11,3 - GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMELEMENTE SENDUNGEN Tabelle 4.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 n=3719 n=1753 n=3320 n=1585 n=3413 n=1729 n=3418 n=1549 SENDUNGEN2 29,9 29,3 28,7 29,5 29,1 26,4 28,5 32,4 PROGRAMMTRAILER ETC. Sendungspromotion Senderpromotion Crosspromotion Merchandising Glücksspiele/Lotterien Social Advertising Programmüberbrückungen 42,2 31,0 6,7 1,4 2,0 1,1 43,5 32,4 7,1 1,5 1,9 0,6 43,1 36,8 4,2 1,6 0,0 0,5 42,2 32,8 6,8 2,2 0,4 33,4 22,0 4,9 5,8 0,7 40,8 24,3 10,5 5,7 0,3 45,0 31,1 11,0 1,3 0,9 0,7 42,4 33,2 6,1 1,8 0,4 0,9 WERBUNG UND SPONSORING Spotwerbung Teleshopping Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 27,9 20,7 5,7 1,5 27,2 21,5 5,7 - 28,2 21,1 0,3 6,5 0,3 28,3 22,5 5,8 - 37,5 24,3 3,1 9,6 0,5 32,8 20,8 3,9 8,1 - 26,5 20,2 0,8 5,3 0,2 25,2 21,3 0,7 3,2 - GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMELEMENTE 1 Prozentuierungsbasis: Anzahl der in den Stichproben ermittelten Programmelemente. 2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 225 ZEITUMFANG DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 5.1 RTL PROGRAMMELEMENTE Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 74,5 80,6 79,4 78,5 94,6 95,2 95,4 95,4 4,8 4,3 0,4 0,1 0,0 - 5,7 4,9 0,8 0,0 - 6,4 5,3 0,8 0,1 0,1 0,1 6,0 5,2 0,5 0,1 0,1 0,1 3,8 1,9 0,4 0,0 0,0 0,0 0,0 1,5 3,4 2,0 0,2 0,0 0,1 0,0 1,1 3,2 2,1 0,2 0,1 0,0 0,0 0,8 3,3 2,0 0,1 0,0 0,1 1,1 WERBUNG UND SPONSORING Spotwerbung Teleshopping Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 20,7 14,0 6,4 0,2 0,1 13,7 13,4 0,2 0,1 14,2 13,9 0,1 0,2 0,0 15,5 15,3 0,2 - 1,6 1,4 0,2 0,0 1,4 1,2 0,2 - 1,4 1,3 0,1 - 1,3 1,2 0,1 - GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 SENDUNGEN 2 PROGRAMMTRAILER ETC. Sendungspromotion Senderpromotion Crosspromotion Merchandising Glücksspiele/Lotterien Social Advertising Programmüberbrückungen Tabelle 5.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN2 80,9 80,9 80,3 82,2 72,3 72,4 78,1 77,8 5,6 4,2 0,8 0,1 0,1 0,4 5,4 3,8 1,0 0,2 0,2 0,2 4,2 3,6 0,5 0,1 0,0 0,0 4,0 3,1 0,8 0,1 0,0 4,3 3,0 0,7 0,3 0,3 5,3 3,4 1,4 0,3 0,2 6,0 4,4 0,9 0,1 0,0 0,6 5,1 3,8 0,5 0,1 0,1 0,6 WERBUNG UND SPONSORING Spotwerbung Teleshopping Sendungssponsoring Sonstiges Sponsoring 13,5 13,3 0,2 0,0 13,7 13,6 0,1 - 15,5 13,6 1,8 0,1 0,0 13,8 13,7 0,1 - 23,4 16,9 6,3 0,2 0,0 22,3 15,9 6,2 0,2 - 15,9 12,8 3,0 0,1 0,0 17,1 14,0 3,0 0,1 - GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Sendungspromotion Senderpromotion Crosspromotion Merchandising Glücksspiele/Lotterien Social Advertising Programmüberbrückungen 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 226 LIZENZPROGRAMME, REGIONALFENSTER, PROGRAMMKOOPERATIONEN Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 6.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Eigenprogramm Lizenzprogramme2 Regionalfenster3 ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm In Verantwortung der ARD In Verantwortung des ZDF 74,5 70,1 3,2 1,2 - 80,6 76,5 2,9 1,2 - 79,4 76,7 1,6 1,1 - 78,5 75,9 1,5 1,1 - 94,6 80,3 14,3 7,1 7,2 95,2 81,0 14,2 14,2 - 95,4 81,1 14,3 7,1 7,2 95,4 81,2 14,2 14,2 - 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING PROGRAMMTRAILER ETC. 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 6.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Eigenprogramm Lizenzprogramme2 80,9 80,9 - 80,9 80,9 - 80,3 71,4 8,9 82,2 73,3 8,9 72,3 72,3 - 72,4 72,4 - 78,1 78,1 - 77,8 77,8 - PROGRAMMTRAILER ETC. 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Gesondert lizenzierte Programme, die wie z.B. dctp auf den Frequenzen von RTL, Sat.1 und VOX ausgestrahlt werden. 3 Gesondert lizenzierte Regionalfenster auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 (Auseinanderschaltung, werktäglich 30 Minuten). Pro Programm wird eine Fensterversion erfasst. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 227 KURZFRISTIGE PROGRAMMWIEDERHOLUNGEN Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 7.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Erstsendungen Kurzfristige Wiederholungen Wiederholungen im Tagesintervall Wiederholungen im Wochenintervall 74,5 52,3 22,2 16,0 6,2 80,6 55,9 24,7 18,9 5,8 79,4 60,4 19,0 14,5 4,5 78,5 62,3 16,2 10,0 6,2 94,6 81,3 13,3 9,8 3,5 95,2 83,6 11,6 7,7 3,9 95,4 83,6 11,8 8,9 2,9 95,4 82,8 12,6 9,0 3,6 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING PROGRAMMTRAILER ETC. 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 7.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Erstsendungen Kurzfristige Wiederholungen Wiederholungen im Tagesintervall Wiederholungen im Wochenintervall 80,9 59,7 21,2 12,8 8,4 80,9 59,5 21,4 14,1 7,3 80,3 52,7 27,6 20,8 6,8 82,2 52,7 29,5 23,5 6,0 72,3 59,7 12,6 9,4 3,2 72,4 55,1 17,3 14,3 3,0 78,1 63,2 14,9 10,3 4,6 77,8 60,2 17,6 12,7 4,9 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING PROGRAMMTRAILER ETC. 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 228 ZEITFORMATE DER ERSTSENDUNGEN Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 8.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Tagesformat2 Regelmäßige Ausstrahlung Serie Wochenformat3 Regelmäßige Ausstrahlung Serie Andere Zeitformate Einzelsendungen 52,3 30,0 24,5 5,5 17,0 9,7 7,3 0,8 4,5 55,9 33,8 26,3 7,5 18,4 11,0 7,4 3,7 60,4 35,0 16,9 18,1 16,9 10,6 6,3 0,7 7,8 62,3 40,0 21,9 18,1 16,2 9,9 6,3 0,1 6,0 81,3 37,4 29,9 7,5 20,0 14,6 5,4 7,5 16,4 83,6 37,8 29,8 8,0 20,4 16,0 4,4 2,7 22,7 83,6 39,3 35,3 4,0 28,4 16,5 11,9 1,9 14,0 82,8 39,7 35,5 4,2 25,4 15,9 9,5 2,6 15,1 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN 22,2 24,7 19,0 16,2 13,3 11,6 11,8 12,6 PROGRAMMTRAILER ETC. 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 8.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Tagesformat2 Regelmäßige Ausstrahlung Serie Wochenformat3 Regelmäßige Ausstrahlung Serie Andere Zeitformate Einzelsendungen 59,7 36,0 25,0 11,0 10,9 6,4 4,5 12,8 59,5 31,7 22,4 9,3 11,6 6,5 5,1 1,0 15,2 52,7 26,3 15,7 10,6 21,7 15,7 6,0 0,8 3,9 52,7 22,0 11,5 10,5 21,1 15,0 6,1 1,6 8,0 59,7 25,5 10,8 14,7 23,3 13,4 9,9 10,9 55,1 22,6 11,5 11,1 20,7 14,4 6,3 0,4 11,4 63,2 30,7 14,3 16,4 19,0 6,8 12,2 0,5 13,0 60,2 30,3 14,3 16,0 15,7 8,4 7,3 14,2 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN 21,2 21,4 27,6 29,5 12,6 17,3 14,9 17,6 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 In der Regel tägliche oder werktägliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen vier Sendetage pro Woche. 3 In der Regel wöchentliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen zwei oder drei Sendetage pro Woche. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 229 PRODUKTIONSFORMEN Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 9.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen Kaufproduktionen 52,3 45,2 7,1 55,9 47,1 8,8 60,4 51,6 8,8 62,3 56,2 6,1 81,3 66,9 14,4 83,6 71,9 11,7 83,6 69,6 14,0 82,8 72,6 10,2 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen Kaufproduktionen 22,2 18,6 3,6 24,7 19,3 5,4 19,0 15,8 3,2 16,2 12,7 3,5 13,3 13,3 0,0 11,6 11,6 - 11,8 10,8 1,0 12,6 11,2 1,4 PROGRAMMTRAILER ETC. 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 9.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen Kaufproduktionen 59,7 33,5 26,2 59,5 31,8 27,7 52,7 31,1 21,6 52,7 29,0 23,7 59,7 18,3 41,4 55,1 21,1 34,0 63,2 20,0 43,2 60,2 22,1 38,1 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen Kaufproduktionen 21,2 11,7 9,5 21,4 10,3 11,1 27,6 11,3 16,3 29,5 11,0 18,5 12,6 2,3 10,3 17,3 5,7 11,6 14,9 6,9 8,0 17,6 8,8 8,8 PROGRAMMTRAILER ETC. 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 230 PRODUKTIONSLÄNDER Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 10.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Europäische Produktionen Deutschland 2 Sonstige europäische Länder 3 Produktionen außerhalb Europas USA 4 Sonstige Länder 52,3 46,0 45,2 0,8 6,3 6,3 - 55,9 47,3 47,1 0,2 8,6 7,1 1,5 60,4 52,5 52,0 0,5 7,9 7,7 0,2 62,3 56,2 56,2 6,1 5,6 0,5 81,3 76,1 69,3 6,8 5,2 4,9 0,3 83,6 77,4 75,2 2,2 6,2 6,2 - 83,6 75,0 70,7 4,3 8,6 7,9 0,7 82,8 77,6 72,6 5,0 5,2 3,8 1,4 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Europäische Produktionen Produktionen außerhalb Europas 22,2 18,9 3,3 24,7 19,3 5,4 19,0 16,1 2,9 16,2 12,7 3,5 13,3 13,3 0,0 11,6 11,6 - 11,8 11,3 0,5 12,6 11,2 1,4 PROGRAMMTRAILER ETC. 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 10.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Europäische Produktionen Deutschland 2 Sonstige europäische Länder 3 Produktionen außerhalb Europas USA 4 Sonstige Länder 59,7 36,0 35,0 1,0 23,7 23,3 0,4 59,5 35,9 34,6 1,3 23,6 22,5 1,1 52,7 33,9 31,6 2,3 18,8 16,6 2,2 52,7 32,6 30,4 2,2 20,1 16,0 4,1 59,7 22,0 18,4 3,6 37,7 32,0 5,7 55,1 25,4 22,0 3,4 29,7 25,1 4,6 63,2 23,9 20,4 3,5 39,3 38,2 1,1 60,2 25,4 23,1 2,3 34,8 34,6 0,2 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Europäische Produktionen Produktionen außerhalb Europas 21,2 12,8 8,4 21,4 12,2 9,2 27,6 12,3 15,3 29,5 12,2 17,3 12,6 3,0 9,6 17,3 6,2 11,1 14,9 7,9 7,0 17,6 10,1 7,5 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung (inkl. DDR). 3 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung eines europäischen Landes – unter Ausschluss der Produktions- und Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung. 4 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung der USA – unter Ausschluss der Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung Deutschlands oder eines anderen europäischen Landes. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 231 PROGRAMMSTRUKTUR / GESAMTSENDEZEIT Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 11.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Fiktionale Unterhaltung Sonstiges Religiöse Sendungen 74,5 40,9 4,3 13,6 16,8 5,9 0,1 0,2 24,8 7,7 1,1 1,1 - 80,6 44,2 4,3 16,4 18,1 5,4 0,0 25,7 8,9 1,8 1,8 - 79,4 22,0 2,4 12,1 2,9 3,9 0,1 0,6 47,2 10,1 0,1 78,5 22,8 2,2 11,9 6,1 2,6 44,4 10,4 0,9 0,9 0,0 94,6 43,8 9,8 20,5 5,9 4,1 0,3 3,2 37,4 4,1 1,2 8,1 4,3 3,8 0,0 95,2 44,2 9,6 20,3 8,2 3,3 0,4 2,4 37,4 4,9 1,3 7,4 2,7 4,7 0,0 95,4 55,7 9,9 26,0 7,0 5,8 0,7 6,3 28,6 4,6 1,3 4,7 3,4 1,3 0,5 95,4 55,8 10,1 23,9 8,1 6,0 1,8 5,9 28,9 4,1 1,3 4,6 3,3 1,3 0,7 PROGRAMMTRAILER ETC. 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 11.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Fiktionale Unterhaltung Sonstiges Religiöse Sendungen 80,9 24,3 0,9 12,9 10,5 0,0 35,6 18,2 2,8 2,8 - 80,9 21,4 0,8 14,3 6,3 0,0 37,2 19,3 3,0 3,0 - 80,3 36,7 1,3 6,7 28,7 36,4 7,2 - 82,2 34,9 1,3 6,6 27,0 0,0 39,9 7,4 - 72,3 17,0 1,5 3,0 12,1 0,4 36,4 10,2 8,7 8,3 0,4 - 72,4 17,7 1,5 3,7 12,5 33,7 13,6 7,4 7,2 0,2 - 78,1 20,5 0,8 6,6 13,1 44,5 8,1 5,0 5,0 0,0 - 77,8 25,3 0,7 7,2 17,4 42,2 6,1 4,2 4,2 - 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 232 PROGRAMMSTRUKTUR / PRIME TIME Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 12.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Religiöse Sendungen 77,5 34,5 7,2 15,0 9,5 2,0 0,8 28,2 14,8 - 77,5 35,2 7,5 16,9 9,0 1,8 27,7 14,6 - 76,6 19,2 4,3 10,3 4,6 40,7 16,7 - 75,2 19,4 4,0 8,0 7,4 40,7 10,9 4,2 - 92,1 28,3 12,4 6,1 1,0 7,5 0,8 0,5 45,2 12,8 5,7 0,1 92,8 31,3 11,0 7,1 4,2 7,1 1,7 0,2 38,5 17,0 6,0 - 91,9 38,5 15,3 11,7 6,9 2,6 1,7 0,3 44,9 5,7 2,8 - 92,2 40,9 15,9 9,9 6,9 2,9 5,0 0,3 48,8 2,5 - 5,6 7,1 6,1 6,0 2,9 2,9 2,8 2,7 WERBUNG UND SPONSORING 16,9 15,4 17,3 18,8 5,0 4,3 5,3 5,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 12.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 SENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Religiöse Sendungen 77,3 23,9 3,1 15,3 5,5 0,0 31,3 9,1 13,0 - 77,5 21,5 3,1 16,3 2,0 0,1 24,7 16,8 14,5 - 79,8 30,4 14,8 15,6 25,3 24,1 - 82,0 26,9 14,4 12,5 27,7 27,4 - 74,0 16,1 4,4 4,2 7,5 44,7 13,2 - 74,5 25,0 4,5 4,1 16,4 27,5 22,0 - 75,7 29,4 14,3 15,1 34,4 11,9 - 74,5 33,6 11,7 21,9 33,5 7,4 - PROGRAMMTRAILER ETC. 6,1 6,5 4,5 3,5 5,5 6,9 6,3 5,7 WERBUNG UND SPONSORING 16,6 16,0 15,7 14,5 20,5 18,6 18,0 19,8 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 233 PROGRAMMSTRUKTUR OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 13.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Fiktionale Unterhaltung Sonstiges Religiöse Sendungen 52,3 30,9 3,1 11,4 12,7 3,4 0,1 0,2 15,6 4,7 1,1 1,1 - 55,9 33,2 2,9 13,5 13,5 3,3 0,0 16,0 4,9 1,8 1,8 - 60,4 21,5 2,4 12,1 2,6 3,8 0,1 0,5 32,6 6,2 0,1 62,3 22,2 2,2 11,9 5,5 2,6 31,2 8,0 0,9 0,9 0,0 81,3 39,0 9,8 17,8 4,8 3,3 0,2 3,1 30,5 3,6 1,2 7,0 3,9 3,1 0,0 83,6 39,7 9,6 17,5 6,5 3,3 0,4 2,4 30,9 4,9 1,2 6,9 2,7 4,2 0,0 83,6 48,2 9,9 22,4 6,3 3,4 0,5 5,7 24,5 4,6 1,3 4,6 3,4 1,2 0,4 82,8 48,2 10,1 20,9 7,4 3,3 1,2 5,3 24,0 4,1 1,3 4,5 3,3 1,2 0,7 KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN 22,2 24,7 19,0 16,2 13,3 11,6 11,8 12,6 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 13.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 ERSTSENDUNGEN Fernsehpublizistik Nachrichtensendungen Magazinsendungen Reportagen, Dokumentationen Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung Sportsendungen Kindersendungen Fiktionale Unterhaltung Sonstiges Religiöse Sendungen 59,7 19,7 0,9 10,7 8,1 0,0 25,2 12,0 2,8 2,8 - 59,5 18,1 0,8 11,2 6,1 26,0 12,4 3,0 3,0 - 52,7 27,1 1,3 4,3 21,5 20,5 5,1 - 52,7 24,6 1,3 4,5 18,8 0,0 21,8 6,3 - 59,7 15,9 1,5 2,6 11,5 0,3 26,6 8,6 8,6 8,3 0,3 - 55,1 15,1 1,5 2,9 10,7 22,1 10,5 7,4 7,2 0,2 - 63,2 15,1 0,8 4,4 9,9 36,7 6,4 5,0 5,0 0,0 - 60,2 16,5 0,6 5,0 10,9 33,4 6,1 4,2 4,2 - KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN 21,2 21,4 27,6 29,5 12,6 17,3 14,9 17,6 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 234 FORMATE DES KINDERPROGRAMMS Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 14.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 KINDERPROGRAMM Fiktionale Unterhaltung Fernsehfilme, Fernsehserien Zeichentrick-, Animationsformate Nonfiktionale Unterhaltung Information, Infotainment 1,1 1,1 0,4 0,7 - 1,8 1,8 1,1 0,7 - - 0,9 0,9 0,9 - 8,1 4,3 3,0 1,3 0,8 3,0 7,4 2,7 1,6 1,1 0,2 4,5 4,7 3,4 0,7 2,7 0,6 0,7 4,6 3,3 0,7 2,6 0,7 0,6 73,4 78,8 79,4 77,6 86,5 87,8 90,7 90,8 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 14.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 KINDERPROGRAMM Fiktionale Unterhaltung Fernsehfilme, Fernsehserien Zeichentrick-, Animationsformate Nonfiktionale Unterhaltung Information, Infotainment 2,8 2,8 2,8 - 3,0 3,0 3,0 - - - 8,7 8,3 8,3 0,4 7,4 7,2 7,2 0,2 5,0 5,0 0,2 4,8 0,0 4,2 4,2 4,2 - 78,1 77,9 80,3 82,2 63,6 65,0 73,1 73,6 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 235 GENRES DES FIKTIONALEN KINDERPROGRAMMS Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 15.1 PROGRAMMCHARAKTERISTIK RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 1,1 0,7 0,0 0,2 0,2 1,8 0,4 0,3 0,2 0,9 - 0,9 0,9 4,3 1,5 0,1 1,8 0,9 2,7 2,2 0,0 0,5 - 3,4 0,3 0,0 2,3 0,8 3,3 0,5 0,2 1,4 1,2 73,4 78,8 79,4 77,6 90,3 92,5 92,0 92,1 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 FIKTIONALES KINDERPROGRAMM Spannung, Action Spaß, Unterhaltung Kindheit, Jugend, Familie, Alltag Fantasy, Märchen SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 15.2 PROGRAMMCHARAKTERISTIK ProSieben VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2,8 2,8 - 3,0 3,0 - - - 8,3 7,2 0,6 0,5 7,2 6,1 1,1 5,0 2,2 1,2 0,6 1,0 4,2 2,8 1,1 0,2 0,1 78,1 77,9 80,3 82,2 64,0 65,2 73,1 73,6 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 FIKTIONALES KINDERPROGRAMM Spannung, Action Spaß, Unterhaltung Kindheit, Jugend, Familie, Alltag Fantasy, Märchen SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 236 FORMATE DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG1 Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)2 Tabelle 16.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FIKTIONALE UNTERHALTUNG Kinospielfilme Fernsehfilme, TV-Movies Fernsehserien, Sitcoms Zeichentrick-, Animationsserien 25,9 3,3 1,8 20,0 0,8 27,5 4,2 0,5 22,1 0,7 47,2 6,0 5,7 35,5 - 45,3 6,1 4,6 34,6 - 41,7 13,6 9,6 16,9 1,6 40,1 13,8 9,2 16,0 1,1 32,0 8,8 4,1 16,4 2,7 32,2 9,0 5,9 14,7 2,6 SONSTIGE SENDUNGEN 48,6 53,1 32,2 33,2 52,9 55,1 63,4 63,2 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 16.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FIKTIONALE UNTERHALTUNG Kinospielfilme Fernsehfilme, TV-Movies Fernsehserien, Sitcoms Zeichentrick-, Animationsserien 38,4 13,3 5,2 16,4 3,5 40,2 18,5 1,7 16,1 3,9 36,4 6,5 0,5 29,4 - 39,9 7,3 2,4 30,2 - 44,7 11,6 2,2 22,5 8,4 40,9 13,5 3,4 16,8 7,2 49,5 14,2 0,8 29,7 4,8 46,4 13,8 1,8 26,6 4,2 SONSTIGE SENDUNGEN 42,5 40,7 43,9 42,3 27,6 31,5 28,6 31,4 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11). 2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 237 GENRES DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG1 Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)2 Tabelle 17.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FIKTIONALE UNTERHALTUNG Spannungsgenres Komödien Unterhaltungsgenres 25,9 27,5 47,2 45,3 41,7 40,1 32,0 32,2 11,4 4,4 10,1 11,0 4,6 11,9 20,3 2,9 24,0 16,6 8,5 20,2 11,9 5,4 24,4 16,1 1,8 22,2 14,9 1,8 15,3 18,3 2,6 11,3 SONSTIGE SENDUNGEN 48,6 53,1 32,2 33,2 52,9 55,1 63,4 63,2 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 17.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FIKTIONALE UNTERHALTUNG Spannungsgenres Komödien Unterhaltungsgenres 38,4 13,8 22,3 2,3 40,2 17,0 20,0 3,2 36,4 15,8 2,8 17,8 39,9 12,9 7,8 19,2 44,7 24,4 17,2 3,1 40,9 24,8 13,1 3,0 49,5 20,3 25,3 3,9 46,4 18,8 25,9 1,7 SONSTIGE SENDUNGEN 42,5 40,7 43,9 42,3 27,6 31,5 28,6 31,4 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11). 2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 238 FORMATE DER NONFIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 18.1 PROGRAMMCHARAKTERISTIK RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 7,7 4,4 1,8 1,7 0,5 0,2 0,2 3,2 3,2 0,1 0,1 8,9 6,6 0,9 4,0 1,7 2,3 2,3 - 10,1 9,3 2,4 4,9 1,4 0,6 0,8 0,7 0,1 - 10,4 10,2 0,5 4,3 5,4 0,2 0,1 0,1 - 4,1 3,1 2,1 0,6 0,4 0,7 0,6 0,1 0,3 0,3 4,9 4,6 3,6 1,0 0,3 0,3 4,6 3,0 3,0 1,6 1,6 - 4,1 3,2 3,2 0,9 0,9 - 66,8 71,7 69,3 68,1 90,5 90,3 90,8 91,3 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG Shows Quiz-, Unterhaltungs-Shows Call-In-Quiz, Astro-Shows Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows ”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows Reality-Shows Sonstige nonfiktionale Unterhaltung Musiksendungen Musik-Shows Musik-Übertragungen Videoclip-Sendungen Sonstige Wortgenres Kabarett, Satire SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 18.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG Shows Quiz-, Unterhaltungs-Shows Call-In-Quiz, Astro-Shows Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows ”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows Reality-Shows Sonstige nonfiktionale Unterhaltung Musiksendungen Musik-Übertragungen Videoclip-Sendungen Sonstige Wortgenres 18,2 18,2 0,9 2,4 6,0 5,8 3,1 - 19,3 19,1 2,6 2,4 5,1 4,8 4,2 0,2 0,2 - 7,2 7,2 0,8 6,4 - 7,4 7,4 1,7 5,7 - 10,2 10,2 1,2 0,2 7,8 1,0 0,0 0,0 - 13,6 13,1 0,8 11,4 0,9 0,5 0,5 - 8,1 8,1 1,8 3,9 2,4 - 6,1 6,1 0,4 4,2 1,5 - SONSTIGE SENDUNGEN 62,7 61,6 73,1 74,8 62,1 58,8 70,0 71,7 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 239 FORMATE DER FERNSEHPUBLIZISTIK Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 19.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Nachrichtensendungen Universelle Nachrichten Spezifische Nachrichten Tagesmagazine Frühstücksfernsehen Tageszeitmagazine Regionalmagazine Boulevardmagazine Sonstige Tagesmagazine Sonstige Magazine Reportagen, Dokumentationen Tägliche Interview-, Talkformate Sonstige Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate 40,9 4,3 4,1 0,2 12,6 7,8 4,8 1,0 16,8 3,8 2,1 0,1 0,2 44,2 4,3 4,0 0,3 14,4 9,4 5,0 2,0 18,1 3,5 1,9 0,0 - 22,0 2,4 2,1 0,3 11,1 9,3 1,8 1,0 2,9 3,4 0,5 0,1 0,6 22,8 2,2 1,9 0,3 11,1 9,7 1,4 0,8 6,1 2,2 0,4 - 43,8 9,8 9,2 0,6 15,2 9,3 2,8 3,1 0,0 5,3 5,9 4,1 0,3 3,2 44,2 9,6 9,0 0,6 14,9 9,2 2,8 2,8 0,1 5,4 8,2 3,3 0,4 2,4 55,7 9,9 8,3 1,6 18,6 9,3 2,8 2,1 4,4 7,4 7,0 5,8 0,7 6,3 55,8 10,1 8,5 1,6 18,4 9,2 2,8 2,1 4,3 5,5 8,1 6,0 1,8 5,9 SONSTIGE SENDUNGEN 33,6 36,4 57,4 55,7 50,8 51,0 39,7 39,6 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 19.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Nachrichtensendungen Universelle Nachrichten Spezifische Nachrichten Tagesmagazine Boulevardmagazine Sonstige Tagesmagazine Sonstige Magazine Reportagen, Dokumentationen Tägliche Interview-, Talkformate Sonstige Interview-, Talkformate Sondersendungen Sonstige Formate 24,3 0,9 0,8 0,1 12,4 9,3 3,1 0,5 10,5 0,0 21,4 0,8 0,8 0,0 13,6 10,4 3,2 0,7 6,3 0,0 36,7 1,3 1,2 0,1 3,0 3,0 3,7 28,7 - 34,9 1,3 1,2 0,1 3,0 3,0 3,6 27,0 0,0 17,0 1,5 1,5 0,0 3,0 12,1 0,4 17,7 1,5 1,5 3,7 12,5 - 20,5 0,8 0,8 0,0 4,5 4,5 2,1 13,1 - 25,3 0,7 0,7 0,0 4,4 4,4 2,8 17,4 - SONSTIGE SENDUNGEN 56,6 59,5 43,6 47,3 55,3 54,7 57,6 52,5 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 240 NACHRICHTENFORMATE Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 20.1 RTL Sat.1 ARD ZDF PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 NACHRICHTENSENDUNGEN Universelle Nachrichten Nachrichten 2 Nachrichtenmagazine Schlagzeilen/Kurznachrichten 3 Spezifische Nachrichten Wetternachrichten Wirtschaftsnachrichten Sportnachrichten Regionalnachrichten Themenspezifische Nachrichten 4,3 4,1 1,4 2,4 0,3 0,2 0,2 - 4,3 4,0 1,5 2,5 0,0 0,3 0,3 - 2,4 2,1 0,9 1,2 0,3 0,3 - 2,2 1,9 0,8 1,1 0,3 0,3 - 9,8 9,2 4,0 2,7 2,5 0,6 0,5 0,1 - 9,6 9,0 4,0 2,5 2,5 0,6 0,5 0,1 - 9,9 8,3 3,5 2,5 2,3 1,6 0,2 0,7 0,7 10,1 8,5 3,8 2,6 2,1 1,6 0,2 0,7 0,7 70,2 76,3 77,0 76,3 84,8 85,6 85,5 85,3 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 20.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins PROGRAMMCHARAKTERISTIK 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 NACHRICHTENSENDUNGEN Universelle Nachrichten Nachrichten 2 Nachrichtenmagazine Schlagzeilen/Kurznachrichten 3 Spezifische Nachrichten Wetternachrichten Wirtschaftsnachrichten Sportnachrichten Regionalnachrichten Themenspezifische Nachrichten 0,9 0,8 0,7 0,1 0,1 0,1 - 0,8 0,8 0,7 0,1 0,0 0,0 - 1,3 1,2 1,0 0,2 0,1 0,1 - 1,3 1,2 1,0 0,2 0,1 0,1 - 1,5 1,5 1,5 0,0 0,0 - 1,5 1,5 1,5 - 0,8 0,8 0,6 0,2 0,0 0,0 - 0,7 0,7 0,5 0,2 0,0 0,0 - 80,0 80,1 79,0 80,9 70,8 70,9 77,3 77,1 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 SONSTIGE SENDUNGEN PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Sendungsdauer: mindestens 6 Minuten. 3 Sendungsdauer: weniger als 6 Minuten. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 241 ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Std.:Min. pro Sendetag)1 Tabelle 21.1 RTL Sat.1 ARD ZDF BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 9:48 9:19 0:23 0:06 10:37 10:01 0:27 0:09 5:15 4:44 0:20 0:11 5:29 4:57 0:22 0:10 10:30 10:10 0:16 0:04 10:37 10:13 0:18 0:06 13:22 12:54 0:23 0:05 13:24 12:51 0:22 0:11 SONSTIGE SENDUNGEN 8:04 8:44 13:47 13:21 12:13 12:14 9:31 9:29 PROGRAMMTRAILER ETC. 1:09 1:22 1:33 1:27 0:55 0:49 0:46 0:47 WERBUNG UND SPONSORING 4:59 3:17 3:25 3:43 0:22 0:20 0:21 0:20 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 GESAMT Tabelle 21.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 5:50 5:35 0:12 0:03 5:09 4:56 0:10 0:03 8:48 8:32 0:16 0:00 8:23 8:09 0:12 0:02 4:06 3:55 0:10 0:01 4:15 4:03 0:11 0:01 4:56 4:47 0:08 0:01 6:05 5:53 0:10 0:02 SONSTIGE SENDUNGEN 13:35 14:16 10:28 11:20 13:16 13:07 13:49 12:35 PROGRAMMTRAILER ETC. 1:21 1:17 1:01 0:57 1:02 1:17 1:26 1:14 WERBUNG UND SPONSORING 3:14 3:18 3:43 3:20 5:36 5:21 3:49 4:06 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 24:00 GESAMT 1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen. 3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung geben. 4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 242 BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 22.1 RTL Sat.1 ARD ZDF BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 40,9 38,8 1,6 0,5 44,2 41,8 1,8 0,6 22,0 19,8 1,4 0,8 22,8 20,6 1,5 0,7 43,8 42,3 1,2 0,3 44,2 42,6 1,2 0,4 55,7 53,8 1,6 0,3 55,8 53,5 1,5 0,8 SONSTIGE SENDUNGEN 33,6 36,4 57,4 55,7 50,8 51,0 39,7 39,6 4,8 5,7 6,4 6,0 3,8 3,4 3,2 3,3 WERBUNG UND SPONSORING 20,7 13,7 14,2 15,5 1,6 1,4 1,4 1,3 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 22.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 24,3 23,3 0,8 0,2 21,4 20,5 0,7 0,2 36,7 35,6 1,1 0,0 34,9 33,9 0,9 0,1 17,0 16,3 0,7 0,0 17,7 16,9 0,7 0,1 20,5 19,9 0,5 0,1 25,3 24,5 0,7 0,1 SONSTIGE SENDUNGEN 56,6 59,5 43,6 47,3 55,3 54,7 57,6 52,5 5,6 5,4 4,2 4,0 4,3 5,3 6,0 5,1 WERBUNG UND SPONSORING 13,5 13,7 15,5 13,8 23,4 22,3 15,9 17,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen. 3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung geben. 4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 243 BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / PRIME TIME Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 23.1 RTL Sat.1 ARD ZDF BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 34,5 33,0 1,4 0,1 35,2 33,7 1,5 0,0 19,2 18,2 0,6 0,4 19,4 18,9 0,4 0,1 28,3 27,6 0,7 0,0 31,3 30,6 0,7 - 38,5 36,9 1,5 0,1 40,9 39,3 1,5 0,1 SONSTIGE SENDUNGEN 43,0 42,3 57,4 55,8 63,8 61,5 53,4 51,3 5,6 7,1 6,1 6,0 2,9 2,9 2,8 2,7 WERBUNG UND SPONSORING 16,9 15,4 17,3 18,8 5,0 4,3 5,3 5,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. Tabelle 23.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins BASISELEMENTE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Themenbeiträge2 Moderationen, Trailer etc.3 Unterhaltungsbeiträge4 23,9 23,1 0,6 0,2 21,5 20,5 0,7 0,3 30,4 29,5 0,9 - 26,9 25,9 0,5 0,5 16,1 15,2 0,8 0,1 25,0 23,5 1,4 0,1 29,4 28,3 0,9 0,2 33,6 32,3 1,0 0,3 SONSTIGE SENDUNGEN 53,4 56,0 49,4 55,1 57,9 49,5 46,3 40,9 6,1 6,5 4,5 3,5 5,5 6,9 6,3 5,7 WERBUNG UND SPONSORING 16,6 16,0 15,7 14,5 20,5 18,6 18,0 19,8 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 PROGRAMMTRAILER ETC. 1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen. 3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung geben. 4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 244 THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / GESAMTSENDEZEIT Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 24.1 RTL Sat.1 ARD ZDF THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 40,9 3,1 1,6 1,5 6,1 5,7 0,4 26,2 24,4 1,8 2,2 2,0 0,2 0,7 0,5 2,1 44,2 3,8 2,9 0,9 5,6 5,4 0,2 28,6 26,1 2,5 2,4 2,0 0,4 0,8 0,6 2,4 22,0 1,3 0,8 0,5 7,3 7,0 0,3 8,6 7,8 0,8 2,0 1,6 0,4 0,3 0,3 2,2 22,8 1,4 1,3 0,1 7,0 7,0 9,8 9,1 0,7 2,0 1,4 0,6 0,1 0,3 2,2 43,8 19,3 11,3 8,0 12,7 12,1 0,6 3,2 1,8 1,4 3,2 2,8 0,4 2,0 1,9 1,5 44,2 20,0 14,4 5,6 11,6 10,8 0,8 3,3 1,9 1,4 4,0 2,9 1,1 1,8 1,9 1,6 55,7 17,4 10,4 7,0 21,5 20,7 0,8 6,3 4,0 2,3 4,6 4,0 0,6 2,4 1,6 1,9 55,8 20,9 16,7 4,2 15,9 15,4 0,5 7,5 5,6 1,9 5,4 4,3 1,1 2,2 1,6 2,3 RESTLICHES PROGRAMM 59,1 55,8 78,0 77,2 56,2 55,8 44,3 44,2 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 24.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 24,3 0,4 0,2 0,2 8,1 8,1 0,0 13,6 13,4 0,2 1,0 0,8 0,2 0,1 0,1 1,0 21,4 0,3 0,3 0,0 5,0 5,0 0,0 13,6 13,4 0,2 1,5 1,2 0,3 0,0 0,1 0,9 36,7 0,4 0,2 0,2 26,0 25,4 0,6 7,3 6,4 0,9 1,8 1,5 0,3 0,0 0,1 1,1 34,9 0,6 0,5 0,1 24,6 24,5 0,1 5,0 3,9 1,1 3,6 3,5 0,1 0,0 0,1 1,0 17,0 0,8 0,3 0,5 6,6 4,2 2,4 7,5 5,1 2,4 1,2 1,0 0,2 0,1 0,1 0,7 17,7 0,7 0,6 0,1 9,1 8,2 0,9 6,0 4,3 1,7 0,9 0,7 0,2 0,1 0,1 0,8 20,5 0,4 0,2 0,2 16,6 16,4 0,2 1,5 1,0 0,5 1,3 1,3 0,0 0,0 0,1 0,6 25,3 0,3 0,3 0,0 18,3 18,3 3,6 3,1 0,5 2,2 2,1 0,1 0,1 0,8 RESTLICHES PROGRAMM 75,7 78,6 63,3 65,1 83,0 82,3 79,5 74,7 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009. 2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkungen 3 und 4). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 245 THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / PRIME TIME Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 25.1 RTL Sat.1 ARD ZDF THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 34,5 4,0 1,9 2,1 5,0 4,9 0,1 21,4 19,5 1,9 0,8 0,6 0,2 1,2 0,6 1,5 35,2 5,9 3,5 2,4 5,4 5,4 0,0 18,0 16,8 1,2 2,5 2,5 0,0 1,4 0,5 1,5 19,2 2,1 1,4 0,7 7,4 7,3 0,1 6,3 5,4 0,9 1,9 1,8 0,1 0,3 0,2 1,0 19,4 2,1 1,7 0,4 9,0 9,0 6,3 5,7 0,6 1,1 1,0 0,1 0,3 0,1 0,5 28,3 21,5 12,6 8,9 3,1 3,0 0,1 0,3 0,1 0,2 0,4 0,4 0,6 1,7 0,7 31,3 21,4 9,7 11,7 6,6 4,5 2,1 0,6 0,6 0,2 0,2 0,4 1,4 0,7 38,5 18,8 13,0 5,8 12,6 12,6 0,0 2,5 1,9 0,6 0,9 0,9 0,7 1,4 1,6 40,9 25,5 21,1 4,4 6,4 6,4 4,5 3,7 0,8 0,9 0,8 0,1 0,8 1,2 1,6 RESTLICHES PROGRAMM 65,5 64,8 80,8 80,6 71,7 68,7 61,5 59,1 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 25.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBLIZISTIK Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 23,9 0,8 0,4 0,4 13,0 12,9 0,1 6,3 5,5 0,8 2,5 2,3 0,2 0,3 0,2 0,8 21,5 1,0 0,8 0,2 11,2 11,1 0,1 2,1 1,3 0,8 5,9 4,9 1,0 0,2 0,1 1,0 30,4 17,0 16,7 0,3 8,9 8,9 3,6 2,4 1,2 0,0 0,9 26,9 16,1 15,8 0,3 4,2 4,2 5,6 4,9 0,7 1,0 16,1 2,1 0,6 1,5 4,4 4,4 0,0 7,5 6,8 0,7 0,9 0,8 0,1 0,2 0,1 0,9 25,0 1,4 1,2 0,2 12,2 12,2 0,0 6,9 6,1 0,8 2,6 2,0 0,6 0,2 0,2 1,5 29,4 0,4 0,2 0,2 22,9 22,9 2,4 2,4 2,6 2,6 0,0 0,0 1,1 33,6 20,5 20,5 6,5 6,5 5,3 5,3 1,3 RESTLICHES PROGRAMM 76,1 78,5 69,6 73,1 83,9 75,0 70,6 66,4 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009. 2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 23, Anmerkungen 3 und 4). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 246 THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBL. OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 26.1 RTL Sat.1 ARD ZDF THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBL.: ERSTSENDUNGEN Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 30,9 2,4 1,2 1,2 4,5 4,3 0,2 19,4 17,9 1,5 1,8 1,6 0,2 0,6 0,5 1,7 33,2 3,0 2,2 0,8 3,7 3,6 0,1 21,6 19,8 1,8 1,7 1,4 0,3 0,7 0,5 2,0 21,5 1,3 0,8 0,5 7,1 6,8 0,3 8,5 7,7 0,8 1,9 1,5 0,4 0,2 0,3 2,2 22,2 1,4 1,3 0,1 6,4 6,4 9,8 9,1 0,7 2,0 1,4 0,6 0,1 0,3 2,2 39,0 17,2 10,4 6,8 11,3 10,7 0,6 2,5 1,3 1,2 2,8 2,4 0,4 2,0 1,9 1,3 39,7 18,1 13,4 4,7 10,1 9,3 0,8 2,8 1,7 1,1 3,5 2,5 1,0 1,8 1,9 1,5 48,2 16,1 9,4 6,7 18,1 17,4 0,7 4,7 3,0 1,7 3,6 3,1 0,5 2,4 1,6 1,7 48,2 18,2 14,9 3,3 14,0 13,5 0,5 5,8 4,4 1,4 4,5 3,4 1,1 2,2 1,6 1,9 FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN 10,0 11,0 0,5 0,6 4,8 4,5 7,5 7,6 RESTLICHES PROGRAMM 59,1 55,8 78,0 77,2 56,2 55,8 44,3 44,2 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 26.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins THEMENBEREICHE 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 FERNSEHPUBL.: ERSTSENDUNGEN Kontroverse Themen Politik Wirtschaft und Gesellschaft Nichtpolitische Sachthemen Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt Human-Touch-Themen Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) Lebensweltthemen Verbraucherthemen Gesundheitsthemen Sport Servicethemen (Wetter etc.) Thematisch nicht klassifizierbar2 19,7 0,3 0,2 0,1 6,3 6,3 0,0 11,2 11,0 0,2 0,9 0,7 0,2 0,1 0,1 0,8 18,1 0,3 0,3 0,0 4,0 4,0 0,0 11,4 11,2 0,2 1,5 1,2 0,3 0,1 0,1 0,7 27,1 0,4 0,2 0,2 19,9 19,4 0,5 4,7 4,1 0,6 1,2 1,0 0,2 0,0 0,1 0,8 24,6 0,6 0,5 0,1 17,4 17,3 0,1 3,1 2,4 0,7 2,7 2,6 0,1 0,0 0,1 0,7 15,9 0,8 0,3 0,5 6,4 4,0 2,4 6,9 5,1 1,8 0,9 0,7 0,2 0,1 0,1 0,7 15,1 0,7 0,6 0,1 6,9 6,0 0,9 6,0 4,3 1,7 0,6 0,5 0,1 0,1 0,1 0,7 15,1 0,4 0,2 0,2 11,9 11,7 0,2 1,5 1,0 0,5 0,7 0,7 0,0 0,0 0,1 0,5 16,5 0,3 0,3 0,0 11,7 11,7 2,3 1,8 0,5 1,6 1,6 0,0 0,1 0,5 4,6 3,3 9,6 10,3 1,1 2,6 5,4 8,8 RESTLICHES PROGRAMM 75,7 78,6 63,3 65,1 83,0 82,3 79,5 74,7 GESAMT 100 100 100 100 100 100 100 100 FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN 1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009. 2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkung 3 und 4). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 247 THEMENSTRUKTUR DER NACHRICHTENSENDUNGEN Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 27.1 RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=1:02 t=1:02 t=0:35 t=0:31 t=2:21 t=2:19 t=2:23 t=2:26 KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft 37,3 25,3 12,0 42,9 38,8 4,1 48,2 30,3 17,9 51,7 46,4 5,3 67,7 45,4 22,3 71,6 63,0 8,6 62,8 41,1 21,7 68,5 62,1 6,4 NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt 12,3 10,3 2,0 11,9 11,8 0,1 7,3 6,0 1,3 6,3 6,3 - 13,0 11,9 1,1 9,9 9,5 0,4 15,0 14,1 0,9 11,3 11,1 0,2 HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) 24,6 8,0 16,6 17,9 4,3 13,6 18,2 2,8 15,4 22,5 3,8 18,7 3,9 1,1 2,8 3,7 0,0 3,7 7,1 1,7 5,4 4,2 0,5 3,7 3,2 2,9 0,3 2,2 0,6 1,6 1,4 1,1 0,3 0,8 0,8 0,4 0,1 0,3 0,7 0,5 0,2 0,3 0,2 0,1 1,0 0,2 0,8 THEMENBEREICHE LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen 11,3 13,0 9,9 6,3 3,9 3,9 6,2 7,3 SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) 6,2 6,2 13,5 12,4 8,8 8,9 5,3 4,8 MODERATIONEN, TRAILER ETC. 4,7 5,9 1,5 - 2,2 1,3 3,3 2,7 UNTERHALTUNGSBEITRÄGE 0,4 - - - 0,1 - - 0,2 100 100 100 100 100 100 100 SPORT GESAMT Tabelle 27.2 100 ProSieben VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=0:13 t=0:12 t=0:18 t=0:18 t=0:22 t=0:22 t=0:12 t=0:10 KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft 31,7 19,3 12,4 38,4 33,3 5,1 35,1 20,1 15,0 45,6 38,8 6,8 33,5 15,1 18,4 34,6 29,6 5,0 40,8 24,3 16,5 42,5 37,6 4,9 NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt 18,9 17,8 1,1 11,5 11,5 - 21,7 17,2 4,5 13,3 12,7 0,6 22,3 21,5 0,8 21,7 21,5 0,2 13,9 12,7 1,2 16,7 16,7 - HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) 28,1 7,2 20,9 28,5 5,9 22,6 30,3 6,1 24,2 24,2 6,9 17,3 29,4 13,7 15,7 26,7 8,0 18,7 22,1 8,6 13,5 22,5 6,2 16,3 LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen 2,8 2,8 - 3,7 1,8 1,9 3,0 2,3 0,7 5,0 4,7 0,3 4,0 3,4 0,6 2,5 2,5 - 2,9 2,9 - 2,1 2,1 THEMENBEREICHE SPORT 6,6 5,7 0,7 2,9 4,0 5,2 5,2 - SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) 7,9 7,4 4,8 4,5 3,2 4,5 9,6 9,0 MODERATIONEN, TRAILER ETC. 4,0 4,8 4,4 4,5 3,6 4,8 5,5 7,2 UNTERHALTUNGSBEITRÄGE - - - - - - - - 100 100 100 100 100 100 100 100 GESAMT 1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Nachrichtensendungen klassifizierten Sendungen in Std.:Min. pro Sendetag. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 248 THEMENSTRUKTUR DER MAGAZINSENDUNGEN UND REPORTAGEN Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 28.1 RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=7:17 t=8:17 t=3:37 t=4:20 t=6:20 t=6:50 t=7:54 t=7:40 4,0 1,1 2,9 3,9 1,7 2,2 0,6 0,3 0,3 1,1 1,1 - 30,6 13,0 17,6 36,2 24,9 11,3 25,3 13,4 11,9 28,3 20,9 7,4 NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt 13,8 13,6 0,2 12,8 12,8 - 42,6 42,2 0,4 36,1 36,1 - 40,5 38,9 1,6 35,0 32,5 2,5 47,9 45,8 2,1 37,5 36,3 1,2 HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) 68,9 65,1 3,8 70,5 65,1 5,4 32,2 29,1 3,1 40,0 38,2 1,8 9,8 5,6 4,2 10,0 6,4 3,6 10,9 5,9 5,0 17,1 12,8 4,3 LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen 6,6 6,0 0,6 5,9 5,0 0,9 12,0 10,1 1,9 10,9 7,9 3,0 6,1 5,5 0,6 7,1 4,8 2,3 4,0 3,4 0,6 5,7 3,5 2,2 SPORT 0,7 0,7 0,0 0,1 6,2 4,9 5,1 4,5 SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) 0,8 0,9 0,1 0,0 3,4 3,4 3,0 3,1 MODERATIONEN, TRAILER ETC. 3,9 4,2 7,9 8,0 2,7 3,1 2,8 2,9 UNTERHALTUNGSBEITRÄGE 1,3 1,1 4,6 3,8 0,7 0,3 1,0 0,9 100 100 100 100 100 100 100 100 THEMENBEREICHE KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft GESAMT Tabelle 28.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=5:37 t=4:56 t=8:30 t=6:05 t=3:39 t=3:52 t=4:44 t=5:54 0,4 0,1 0,3 0,0 0,0 - - - 2,2 0,7 1,5 1,2 1,1 0,1 0,4 0,2 0,2 0,0 0,0 - NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt 34,1 34,1 0,0 23,8 23,6 0,2 72,6 71,1 1,5 72,6 72,3 0,3 41,3 25,6 15,7 54,2 48,6 5,6 83,8 82,9 0,9 73,8 73,8 - HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) 57,3 57,1 0,2 64,9 64,8 0,1 19,4 17,8 1,6 14,0 11,3 2,7 46,7 32,4 14,3 34,6 25,8 8,8 6,5 4,4 2,1 14,2 12,7 1,5 4,0 3,0 1,0 7,1 5,6 1,5 5,1 4,2 0,9 10,6 10,2 0,4 5,2 3,9 1,3 5,3 4,3 1,0 6,3 6,3 0,0 8,9 8,5 0,4 SPORT - - - - - 0,2 - - SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) 0,0 - 0,0 0,0 0,1 0,0 0,0 - MODERATIONEN, TRAILER ETC. 3,4 3,2 2,9 2,4 4,3 4,2 2,6 2,5 UNTERHALTUNGSBEITRÄGE 0,8 1,0 0,0 0,4 0,2 0,3 0,4 0,6 100 100 100 100 100 100 100 100 THEMENBEREICHE KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen GESAMT 1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Magazinsendungen und als Reportagen und Dokumentationen klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro Sendetag. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 249 THEMENSTRUKTUR DER INTERVIEW-, TALKFORMATE Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 29.1 RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=1:24 t=1:18 t=0:56 t=0:38 t=1:00 t=0:47 t=1:23 t=1:27 2,2 1,2 1,0 10,5 10,5 - - 1,9 1,9 - 93,4 66,4 27,0 73,9 27,5 46,4 34,9 26,8 8,1 51,7 35,4 16,3 NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt 23,3 19,4 3,9 13,6 10,3 3,3 11,0 5,4 5,6 14,6 14,6 - 2,3 2,3 - 13,0 13,0 - 38,2 38,2 - 14,2 14,2 - HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) 68,9 68,9 - 64,6 64,6 - 83,1 83,1 - 81,2 81,2 - 2,9 2,9 - 1,0 1,0 18,0 16,0 2,0 14,6 11,9 2,7 1,6 1,6 - 4,3 4,3 - - - - 9,4 9,4 4,8 1,7 3,1 10,7 9,1 1,6 - THEMENBEREICHE KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen SPORT - - - - - - 2,2 SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) 0,2 0,5 - - - - 0,0 - MODERATIONEN, TRAILER ETC. 3,3 2,4 3,8 2,3 1,4 2,3 1,9 2,1 UNTERHALTUNGSBEITRÄGE 0,5 4,1 2,1 - - 0,4 - 6,7 100 100 100 100 100 100 100 100 GESAMT Tabelle 29.2 ProSieben VOX RTL II kabel eins 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=0:00 t=0:00 t=0:00 t=0:00 t=0:00 t=0:00 t=0:00 t=0:00 KONTROVERSE THEMEN Politik Wirtschaft und Gesellschaft - - - - - - - - NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Gesellschaft Natur, Mensch, Umwelt - - - - - - - - HUMAN-TOUCH-THEMEN Zerstreuungsthemen (Personality etc.) Angstthemen (Kriminalität etc.) - - - - - - - - LEBENSWELTTHEMEN Verbraucherthemen Gesundheitsthemen - - - - - - - - SPORT - - - - - - - - SERVICETHEMEN (WETTER ETC.) - - - - - - - - MODERATIONEN, TRAILER ETC. - - - - - - - - UNTERHALTUNGSBEITRÄGE - - - - - - - - GESAMT - - - - - - - - THEMENBEREICHE 1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Interview-, Talkformate klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro Sendetag. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 250 AKTUALITÄT DER THEMENBEREICHE DER FERNSEHPUBLIZISTIK Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1 Tabelle 30.1 KONTROVERSE THEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT HUMAN-TOUCH-THEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT LEBENSWELTTHEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT ALLE VIER THEMENBEREICHE Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT RTL Sat.1 ARD ZDF 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=0:44 t=0:55 t=0:19 t=0:20 t=4:39 t=4:48 t=4:10 t=5:02 69,5 6,6 23,9 81,4 2,1 16,5 99,4 0,6 91,5 8,5 69,1 8,7 22,2 72,6 4,5 22,9 73,6 6,7 19,7 84,4 3,7 11,9 100 100 100 100 100 100 100 100 t=1:28 t=1:21 t=1:45 t=1:41 t=3:03 t=2:48 t=5:10 t=3:49 21,9 0,1 78,0 26,8 0,2 73,0 15,4 6,9 77,7 11,6 2,4 86,0 32,9 4,7 62,4 32,6 1,0 66,4 30,0 6,5 63,5 28,8 2,2 69,0 100 100 100 100 100 100 100 100 t=6:18 t=6:51 t=2:03 t=2:22 t=0:46 t=0:48 t=1:30 t=1:48 17,3 3,0 79,7 19,6 3,1 77,3 13,9 3,3 82,8 20,2 3,5 76,3 80,5 19,5 68,1 0,9 31,0 57,5 4,5 38,0 51,1 5,6 43,3 100 100 100 100 100 100 100 100 t=0:32 t=0:34 t=0:29 t=0:29 t=0:47 t=0:57 t=1:06 t=1:18 7,5 1,7 90,8 23,4 76,6 7,5 8,3 84,2 28,3 71,7 21,7 1,8 76,5 64,0 0,3 35,7 21,4 0,0 78,6 40,4 6,8 52,8 100 100 100 100 100 100 100 100 t=9:02 t=9:41 t=4:36 t=4:52 t=9:15 21,7 2,7 75,6 26,6 2,4 71,0 19,6 5,0 75,4 22,8 2,5 74,7 54,1 6,1 39,8 59,4 2,7 37,9 47,9 5,7 46,4 56,8 3,9 39,3 100 100 100 100 100 100 100 100 t=9:21 t=11:56 t=11:57 1 Prozentuierungsbasis: Zeitumfang der Beiträge pro Sendetag, die dem jeweiligen Themenbereich zuzurechnen sind (ohne Service, Sport, Moderations- und Unterhaltungsbeiträge). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 251 Tabelle 30.2 KONTROVERSE THEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT HUMAN-TOUCH-THEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT LEBENSWELTTHEMEN Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT ALLE VIER THEMENBEREICHE Tagesaktuell Wochenaktuell Nicht aktuell GESAMT ProSieben 2008 Fj. 09 t=0:05 t=0:05 99,3 0,7 98,4 1,6 100 100 t=1:57 10,0 13,7 76,3 VOX 2008 RTL II kabel eins Fj. 09 2008 Fj. 09 2008 Fj. 09 t=0:06 t=0:08 t=0:12 t=0:10 t=0:06 t=0:05 100,0 - 100,0 - 57,6 21,2 21,2 73,7 26,3 - 77,7 22,3 99,0 1,0 100 100 100 100 100 100 t=1:12 t=6:14 t=5:55 t=1:35 t=2:11 t=4:00 t=4:23 9,1 11,4 79,5 0,9 0,3 98,8 0,5 0,6 98,9 4,1 6,6 89,3 2,9 2,0 95,1 0,6 5,1 94,3 1,9 4,5 93,6 100 100 100 100 100 100 100 100 t=3:17 t=3:16 t=1:44 t=1:12 t=1:49 t=1:26 t=0:21 t=0:53 11,5 2,3 86,2 11,7 1,8 86,5 7,2 0,8 92,0 8,5 91,5 5,7 1,8 92,5 6,4 2,0 91,6 12,9 87,1 4,5 5,1 90,4 100 100 100 100 100 100 100 100 t=0:14 t=0:22 t=0:26 t=0:52 t=0:17 t=0:13 t=0:18 t=0:32 5,0 1,0 94,0 2,0 98,0 2,1 97,9 0,7 0,3 99,0 3,6 2,5 93,9 4,4 95,6 1,3 98,7 1,0 4,3 94,7 100 100 100 100 100 100 100 100 t=5:33 t=4:55 t=8:30 t=8:07 t=3:53 t=4:00 t=4:45 t=5:53 12,1 6,2 81,7 11,7 4,0 84,3 3,5 0,4 96,1 3,4 0,5 96,1 7,5 4,8 87,7 7,3 3,0 89,7 3,3 4,2 92,5 3,5 4,5 92,0 100 100 100 100 100 100 100 100 DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 252 ANHANG – Teil 2 Kuchendiagramme zum Spektrum der Unterhaltungs- und Informationsangebote deutscher Fernsehvollprogramme 2008 BASISDATEN 2008 Tabelle 1 Fernsehunterhaltung und Fernsehinformation 2008 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 Abbildung 1 ARD/Das Erste 2 ZDF 3 RTL 4 Sat.1 5 VOX 6 RTL II 7 ProSieben 8 kabel eins Die Abbildungen in diesem Teil des Anhangs beruhen auf den fusionierten Daten der beiden im Kalenderjahr 2008 aufgezeichneten und ausgewerteten Programmstichproben, die zum Teil – wie in Abschnitt 3.1 dieses Beitrags dargestellt – anhand externer Gewichtungsparameter korrigiert wurden. Durch die Verknüpfung der Kategorien der Sendungs- und der Beitragsanalyse werden die jeweiligen Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der sechs privaten und zwei öffentlich-rechtlichen Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar gemacht. Den Abbildungen wird eine Vergleichstabelle mit den Basisdaten für die grafische Einzeldarstellung der acht Programme vorangestellt. DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 253 FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION 2008 Tab. 1 (Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang pro Tag in Prozent, gewichtet)1 PROGRAMMCHARAKTERISTIK ARD ZDF RTL Sat.1 VOX RTL II Pro- kabel Sieben eins UNTERHALTUNG 44 35 32 57 43 55 56 57 Fiktionale Unterhaltung Nonfiktionale Unterhaltung 39 5 30 5 25 7 47 10 36 7 45 10 38 18 49 8 INFORMATION UND UNTERHALTUNG 12 15 28 10 7 8 14 2 7 2 3 7 2 6 1 1 26 1 0 9 0 7 0 8 0 0 14 0 2 37 43 12 11 29 9 9 18 19 27 9 10 28 8 9 18 18 16 3 1 1 1 0 0 Sportsendungen Sportpublizistik Unterhaltungspublizistik INFORMATION Sach-, Lebensweltpublizistik / Service Politische Publizistik / Kontroverse Themen SONSTIGES 5 5 7 8 5 5 7 7 Restliches Programm Programmtrailer etc. 1 4 2 3 2 5 2 6 1 4 1 4 1 6 1 6 WERBUNG, SPONSORING 2 2 21 14 16 23 14 16 100 100 100 100 100 100 100 100 GESAMT 1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen). DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 254 Abb. 1 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 ARD/Das Erste 5% 2% 44% 37% Unterhaltung 39% Fiktionale Unterhaltung 5% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 7% Sportsendungen 3% Zusätzliche Sportpublizistik 2% Unterhaltungspublizistik Information 19% Sach-, Lebensweltpubl./Service 18% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 4% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 12% Abb. 2 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 ZDF 5% 2% 35% 43% 15% Unterhaltung 30% Fiktionale Unterhaltung 5% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 7% Sportsendungen 2% Zusätzliche Sportpublizistik 6% Unterhaltungspublizistik Information 27% Sach-, Lebensweltpubl./Service 16% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 3% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 255 Abb. 3 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 RTL 21% Unterhaltung 25% Fiktionale Unterhaltung 7% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 1% Sportsendungen 1% Zusätzliche Sportpublizistik 26% Unterhaltungspublizistik Information 9% Sach-, Lebensweltpubl./Service 3% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 5% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring Abb. 4 32% 7% 12% 28% UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 Sat.1 14% Unterhaltung 47% Fiktionale Unterhaltung 10% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 1% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 9% Unterhaltungspublizistik Information 10% Sach-, Lebensweltpubl./Service 1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 2% Restliches Programm 6% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 8% 11% 57% 10% DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 256 Abb. 5 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 VOX 16% 5% 43% 29% 7% Abb. 6 Unterhaltung 36% Fiktionale Unterhaltung 7% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 7% Unterhaltungspublizistik Information 28% Sach-, Lebensweltpubl./Service 1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 4% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 RTL II 23% 5% 55% 9% 8% Unterhaltung 45% Fiktionale Unterhaltung 10% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 8% Unterhaltungspublizistik Information 8% Sach-, Lebensweltpubl./Service 1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 4% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE 257 Abb. 7 UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 ProSieben 14% Unterhaltung 38% Fiktionale Unterhaltung 18% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung 0% Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 14% Unterhaltungspublizistik Information 9% Sach-, Lebensweltpubl./Service 0% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 6% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring Abb. 8 7% 9% 56% 14% UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008 kabel eins 16% Unterhaltung 49% Fiktionale Unterhaltung 8% Nonfiktionale Unterhaltung Information und Unterhaltung - Sportsendungen 0% Zusätzliche Sportpublizistik 2% Unterhaltungspublizistik Information 18% Sach-, Lebensweltpubl./Service 0% Polit. Publizistik/Kontr. Themen Sonstiges 1% Restliches Programm 6% Programmtrailer/-überbrückungen Werbung, Teleshopping, Sponsoring 7% 57% 18% 2% FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 259 Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2008/2009 Annett Heft Mit der vorliegenden Forschungsbibliographie 2008/2009 wird systematisch und chronologisch an die Bibliographien angeschlossen, die für die ALM Programmberichte der Jahre 2005 bis 2008 erstellt wurden. Die Bibliographie dokumentiert in drei Abschnitten Arbeiten zur aktuellen Fernsehprogrammforschung. Der erste Abschnitt informiert über die aktuelle Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Hier werden Studien vorgestellt, die 2008/2009 im Auftrag der Landesmedienanstalten durchgeführt wurden. Quellenbasis dieser Dokumentation ist die Forschungsdatenbank der Landesmedienanstalten, auf die über die Homepage der ALM zugegriffen werden kann.1 Ausgewiesen werden alle Forschungsprojekte, die sich ausschließlich oder partiell, direkt oder indirekt mit den Fernsehprogrammangeboten in Deutschland befassen – sofern sie (1) in den Jahren 2008/2009 abgeschlossen oder (2) zwischen 2008 und der letzten Aktualisierung der Forschungsdatenbank in Auftrag gegeben wurden. Im zweiten Abschnitt werden aktuelle Publikationen der akademischen Fernsehprogrammforschung in Deutschland vorgestellt. Der Fokus liegt hier auf kommunikationsund sozialwissenschaftlichen Studien, die sich mit dem aktuell in Deutschland empfangbaren Fernsehprogramm auseinandersetzen und in den Jahren 2008/2009 als Beiträge in Fachzeitschriften und Sammelbänden sowie Monographien publiziert worden sind.2 Die Bibliographie dieser Studien ist in zwei Teilabschnitte untergliedert. Im ersten Teilabschnitt werden Studien erfasst und ausführlich annotiert, die sich mit dem fernsehpublizistischen Programmangebot und hier insbesondere mit der politischen Fernsehpublizistik befassen (Abschnitt 2.1). Im Einzelnen handelt es sich dabei um Studien zur Wahlberichterstattung, zum Nachrichtenangebot der deutschen Fernsehprogramme und zum Programmangebot einzelner Sender. Im zweiten Teilabschnitt werden ergänzend dazu Studien bibliographisch ausgewiesen, 1 2 Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → Forschungsprojekte. Der Beitrag basiert auf der Aktualisierung der Forschungsdatenbank zum 30. Juni 2009. Für die Recherchen wurde folgendes Quellenmaterial herangezogen: (1) einschlägige wissenschaftliche Fachzeitschriften (Medien & Kommunikationswissenschaft, Publizistik, Media Perspektiven usw.), (2) „Literaturdatenbank Massenkommunikation“ der Fachinformationsstelle Publizistik (IPM) an der Freien Universität Berlin, (3) überregionaler Online-Bibliothekskatalog des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK), (4) Online-Verzeichnisse kommunikationswissenschaftlicher Fachverlage (VS-Verlag, Nomos, Halem, UVK, Vistas, R. Fischer, KoPäd usw.) sowie (5) LexisNexis®-Datenbank „Wirtschaft“. Die Dokumentation wurde im Juli 2009 abgeschlossen. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 260 die im Berichterstattungszeitraum zu weiteren Aspekten des Fernsehprogrammangebots in Deutschland publiziert worden sind (Abschnitt 2.2). Schließlich werden im dritten Abschnitt der Forschungsdokumentation aktuelle Publikationen zu Programmstrukturanalysen, die sich auf das Fernsehen im deutschsprachigen Raum beziehen, bibliographisch dokumentiert. Es werden Projekte der ARD/ZDFMedienkommission und der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) vorgestellt sowie Studien, die methodisch an die Konzeption der ALM-Studie3 anschließen und für die Medienaufsichtsbehörden in Österreich (RTR) und der Schweiz (BAKOM) durchgeführt werden. Die Gliederung des ersten Abschnitts der Forschungsdokumentation ist an der Terminierung der Projekte der Landesmedienanstalten orientiert. Vorangestellt werden zwei Projekte mit kontinuierlicher Datenerhebung. Darauf folgen, beginnend mit den aktuellsten Studien, die Einzelprojekte. Abschnitt 2.1 ist nach inhaltlichen Schwerpunkten sortiert. In den weiteren Abschnitten der Dokumentation sind die bibliographischen Hinweise alphabetisch nach Autoren geordnet. 1. Studien der Landesmedienanstalten zur Fernsehprogrammforschung 2008/2009 Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen von acht bundesweit ausgestrahlten Fernsehvollprogrammen: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie ARD/Das Erste und ZDF. Methode: Quantitative Programmstruktur- und Programminhaltsanalysen. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien NordrheinWestfalen (LfM). Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Trebbe, Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß, GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam. Laufzeit: seit 1998 fortlaufend. Publikationen: Vgl. dazu die Publikationsliste auf der Homepage der ALM.4 Inhaltsanalyse landesweit ausgestrahlter Regionalfenster im Programm privater Fernsehveranstalter Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen der auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlten regionalen Programmfenster. Es wird untersucht, ob die Programmveranstalter das Gebot der vielfältigen Berichterstattung aus den jeweiligen Ländern angemessen umsetzen und mit welcher publizistischen und journalistischen Qualität die Regionalberichterstattung erfolgt. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM). Projektleitung: Prof. Dr. Helmut Volpers, Institut für Medienforschung Göttingen & Köln GmbH 3 4 Zur Konzeption und Methode der ALM-Programmforschung vgl. aktuell den Beitrag von Joachim Trebbe und Bertil Schwotzer in diesem Band. URL: http://www.alm.de/fileadmin/Medienforschung/Programmbericht2009/Publikationen_8-2009.pdf [11.8.2009]. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 261 (IMGÖ). Laufzeit: seit 2005 fortlaufend. Publikation: vgl. dazu den Beitrag von Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard in diesem Band. Publizistischer Mehrwert von Ballungsraumfernsehen Forschungsziel: Analyse der Funktion des Ballungsraumfernsehens für die Information und Meinungsbildung sowie die öffentliche Diskussion der Bürger im regionalen und lokalen Raum. Methode: Programmanalyse, Zuschauerbefragung. Auftraggeber: Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Donsbach, Technische Universität Dresden. Laufzeit: Oktober 2008 bis September 2009. Der Beitrag von Lokalfernsehen zur publizistischen Vielfalt in Thüringen Forschungsziel: Untersuchung der Programmleistungen lokaler kommerzieller Fernsehsender in Jena, Stadtroda und dem Altenburger Land. Im Vergleich mit anderen lokalen Informations- und Unterhaltungsmedien soll ihr Beitrag zur lokalpublizistischen Gesamtleistung lokaler Medienangebote erfasst werden. Zusätzlich soll die Nutzung lokaler Medienangebote analysiert werden. Methode: Quantitative und qualitative Inhaltsanalyse, Rezipientenbefragung, Experteninterviews. Auftraggeber: Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Höflich, Universität Erfurt. Laufzeit: Dezember 2008 bis Juni 2009. 15 Jahre privater Rundfunk in Mecklenburg-Vorpommern – Entwicklung, Stand und Perspektiven Forschungsziel: Untersuchung der Programme und Programmqualitäten der in Mecklenburg-Vorpommern zugelassenen privaten Hörfunk- und Fernsehveranstalter. Darstellung der historischen und aktuellen Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen (Rundfunkgesetz Mecklenburg-Vorpommern), Überprüfung der Einhaltung der rundfunkrechtlichen Vorgaben und Erfassung aller zum Zeitpunkt der Erhebung lizenzierten Hörfunk- und TV-Veranstalter. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse der einzelnen und der gemeinsamen Programme, Fortschreibung bisheriger Untersuchungen der Hörfunk- und TV-Veranstalter, Analyse der technischen Potenziale und deren Ausnutzung sowie des Umgangs der Veranstalter mit den neuen technischen Herausforderungen. Auftraggeber: Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (LRZ). Projektleitung: Dr. Klaus Goldhammer, Dr. André Wiegand, GoldMedia GmbH, Berlin; Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Universität Rostock; Stefan Förster, Berlin. Laufzeit: November 2008 bis April 2009. Publikation: Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.) (2009): 15 Jahre privater Rundfunk in Mecklenburg-Vorpommern. Bestandsaufnahme und Programmanalyse. Berlin. Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen: Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen Forschungsziel: Untersuchung der Wahrnehmung und Bewertung von Fernsehwerbung, Evaluation der Wirksamkeit möglicher Kennzeichnungs- bzw. Trennungsund Transparenzmaßnahmen, Diskussion geltender Werberegelungen und laufender Änderungsdiskussionen auf europäischer und nationaler Ebene sowie Ableitung von DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 262 Optionen zur Sicherung des Trennungsgrundsatzes. Methode: Repräsentativbefragung, experimentelle Untersuchungen, Rechtsgutachten. Auftraggeber: Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH, federführend), Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM), Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), Bremische Landesmedienanstalt (brema), Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM), Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA). Projektleitung: Prof. Dr. Helmut Volpers, Institut für Medienforschung Göttingen & Köln GmbH (IMGÖ). Laufzeit: Dezember 2007 bis Dezember 2008. Publikation: Volpers, Helmut/Bernd Holznagel (2009): Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin (Schriftenreihe der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH); Bd. 2). Vgl. dazu auch den Beitrag von Helmut Volpers und Uli Bernhard in diesem Band. Programmanalyse der regionalen und lokalen Fernsehsender in Berlin und Brandenburg Forschungsziel: Untersuchung der redaktionellen/journalistischen Leistungen der regionalen und lokalen Fernsehsender in Berlin und Brandenburg (Programmumfang, Aktualität, Meinungsbildungsrelevanz) sowie Prüfung der Einhaltung der Kennzeichnungspflicht für Werbung. Methode: Programmstrukturanalyse. Auftraggeber: Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb). Projektleitung: Dr. André Wiegand, GoldMedia GmbH, Berlin. Laufzeit: März bis August 2008. Publikation: Kerkau, Florian/Christine Link/André Wiegand (2009): Programmanalyse. Regional- und Lokal-TV Berlin und Brandenburg. Berlin (Schriftenreihe der mabb; Bd. 24). Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen – Fortsetzungsstudie 2007 Forschungsziel: Untersuchung der Veränderungen der Themenstrukturen und -hierarchien verschiedener Nachrichtensendungen im Vergleich zu der im Jahr 2003 veröffentlichten gleichnamigen Studie und der Folgestudie im Jahr 2004. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien NordrheinWestfalen (LfM). Projektleitung: Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Universität Jena. Laufzeit: Oktober 2007 bis Juli 2008. Publikation: Maier, Michaela/Georg Ruhrmann/Karin Stengel (2009): Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen. Inhaltsanalyse von TV-Nachrichten im Jahr 2007. Düsseldorf.5 Gegenwart und Zukunft des lokalen und regionalen Fernsehens in Ostdeutschland Forschungsziel: Analyse der programmlichen Leistungen und der wirtschaftlichen Lage des lokalen Fernsehens in Ostdeutschland, Einordnung in den bundesweiten Kontext des lokalen und regionalen Fernsehens und Untersuchung der Möglichkeiten, lokale und regionale Vielfalt privater Veranstalter zu fördern. Methode: Programmanalyse, Reichweitenstudie, Experteninterviews. Auftraggeber: Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (LRZ, federführend), Medienanstalt Berlin-Brandenburg 5 Vgl. http://www.lfm-nrw.de/downloads/nachrichtenanalyse_1992-2007.pdf [20.7.2009]. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 263 (mabb), Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA), Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM), Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Seufert, Universität Jena. Laufzeit: Januar bis Juni 2008. Publikation: Seufert, Wolfgang/Wolfgang Schulz/Inka Brunn (2008): Gegenwart und Zukunft des lokalen und regionalen Fernsehens in Ostdeutschland. Berlin. Privater Rundfunk in Sachsen – Eine Übersicht Forschungsziel: Analyse des sächsischen privaten Hörfunks und Fernsehens, Erstellung einer Chronik zur Entwicklung beider Medienbereiche. Methode: Dokumentation, Erstellung von Frequenzkarten. Auftraggeber: Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Projektleitung: Stefan Förster, Berlin. Laufzeit: November 2007 bis Januar 2008. Publikation: Förster, Stefan (2008): Privater Rundfunk in Sachsen. Programme und ihre Anbieter von Hörfunk und Fernsehen. Berlin (Schriftenreihe der SLM; Bd. 16). 2. Publikationen zur Fernsehprogrammforschung 2008/2009 2.1 Information – Politik – Nachrichten Maurer, Marcus (2009): Wissensvermittlung in der Mediendemokratie. Wie Medien und politische Akteure die Inhalte von Wahlprogrammen kommunizieren. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS – Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden, S. 151-173. Fragestellung: Untersucht wird, wie sich die Wissensvermittlung von Massenmedien und politischen Akteuren unterscheidet. Diese Frage soll durch einen Vergleich der Vermittlung von Informationen über die Ziele der Parteien im Bundestagswahlkampf 2005 in der tagesaktuellen Politikberichterstattung der Massenmedien (Tageszeitungen, Fernsehnachrichten) und in Kommunikationskanälen, in denen sich Politiker weitgehend direkt an die Wähler wenden können (Auftritte in Talkshows und Wahlsondersendungen, Wahlkampfreden als direkte Parteiquellen), beantwortet werden. Methode: Die quantitative Input-Output-Analyse umfasst einen Teilzeitraum des Bundestagswahlkampfes 2005 von zwölf Wochen. Die Parteiziele der fünf Bundestagsparteien zu den Themen Arbeit und Steuern werden aus ihren Wahlprogrammen ermittelt. Für die Output-Analyse erfolgt eine Vollerhebung der Fernsehnachrichtensendungen „Tagesschau“, „Tagesthemen“, „heute“ und „heute-journal“ sowie von fünf politischen Talkshows und Wahlsondersendungen.6 Daneben werden vier Tageszeitungen und 14 Wahlkampfreden analysiert.7 Ergebnisse: Die Politikeraussagen in den Fernsehnachrichten unterscheiden sich deutlich von denen in Talkshows und Wahlkampfreden. In den Fernsehnachrichten wird überwiegend über die Ziele der Parteien berichtet (84 Prozent der Aussagen), in den Talkshows 6 7 Analysiert werden „Sabine Christiansen“, „Berlin Mitte“, „Hart aber fair“, „Wahlcheck“ und „Nachtduell“. Bei den Tageszeitungen handelt es sich um „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Bild“ und „Mainzer Allgemeine Zeitung“. Auf die diesbezüglichen Ergebnisse wird hier nicht eingegangen. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 264 und Wahlkampfreden werden dagegen in fast der Hälfte der Aussagen Behauptungen über die Kompetenz von Politikern/Parteien gemacht. Diese kompetenzbezogenen Aussagen beschäftigen sich mehrheitlich mit den Kompetenzen anderer Parteien und sind überwiegend negativ. Die Fernsehnachrichten vermitteln deutlich häufiger konkrete Ziele als Talkshows und Politikerreden. Zudem wird über die Parteiziele verkürzt und stark ereignisabhängig berichtet. Die Ergebnisse verweisen nach Maurer auf zwei unterschiedliche Kommunikationslogiken: eine politische Kommunikationslogik, die zum Tragen kommt, wenn politische Akteure Inhalte und Kommunikationsstrategien überwiegend selbst bestimmen können, und eine mediale Kommunikationslogik, bei der Journalisten Inhalte und Darstellungsweisen kontrollieren. Im Vergleich der untersuchten Formate erbringen die Medien dabei eine deutlich substanziellere Vermittlungsleistung – ein Befund, der nach Maurer einigen Grundannahmen der Medialisierungshypothese widerspricht. Plasser, Fritz/Günther Lengauer (2009): Wie „amerikanisch“ sind europäische Fernsehwahlkämpfe? In: Kaspar, Hanna/Harald Schoen/Siegfried Schumann/Jürgen R. Winkler (Hrsg.): Politik – Wissenschaft – Medien. Festschrift für Jürgen W. Falter zum 65. Geburtstag. Wiesbaden, S. 323-346. Plasser, Fritz/Günther Pallaver/Günther Lengauer (2009): Die (trans-)nationale Nachrichtenlogik in Mediendemokratien – Politischer TV-Journalismus im Wahlkampf zwischen transatlantischer Konvergenz und nationaler Divergenz. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS – Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden, S. 174-202. Fragestellung: Im ersten Beitrag analysieren Plasser und Lengauer, wie sich die redaktionelle Berichterstattung im Vorfeld von Wahlen in amerikanischen und europäischen Fernsehnachrichten hinsichtlich der Faktoren „Horse Race“ (bzw. in der Sprache der Autoren „Game-Zentrierung“), Personalisierung, konfrontativer Negativismus und journalistischer Interpretativität unterscheidet. Die Bestimmung der Divergenz bzw. Konvergenz der Frame-Strukturen der Fernsehnachrichten in den verschiedenen Ländern soll Aussagen über das Vorliegen von Amerikanisierungsbzw. Transnationalisierungstendenzen ermöglichen. Im zweiten Beitrag konzentrieren sich die Autoren Plasser, Pallaver und Lengauer hinsichtlich der genannten Faktoren nicht nur auf Länderunterschiede, sondern nehmen zusätzlich Differenzen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtensendungen in den Blick. Geprüft werden soll auch hier, ob transnationale Konvergenz-Phänomene erkennbar sind und inwiefern sich die systemischen Kontextfaktoren im Medienoutput manifestieren. Methode: Beide Studien beruhen auf einer Vollerhebung der jeweiligen nationalen Politikberichterstattung der reichweitenstärksten nationalen öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Abendnachrichten in den letzten sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl 2004 in den USA, der Bundestagswahl 2005 in Deutschland, der österreichischen Nationalratswahl 2006 und den italienischen Parlamentswahlen 2006. In die quantitative Inhalts- und Frame-Analyse gehen insgesamt 1.358 Beiträge der Sendungen „Tagesschau“ (ARD/Das Erste), „aktuell“ (RTL), „Zeit im Bild“ (ORF), DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 265 (NBC)8, „aktuell“ (ATV), „Nightly News“ „Telegiornale 1“ (RAI) und „Telegiornale 5“ (Canale 5) ein. Ergebnisse: In der ersten Studie zeigen Plasser und Lengauer, dass in der Berichterstattung in den USA, in Deutschland und Italien die Sachpolitik überwiegt, während die Hälfte der österreichischen Beiträge eine „Game-Zentrierung“ aufweist. Das höchste Personalisierungsniveau findet sich erwartungsgemäß in der amerikanischen Berichterstattung, wo in mehr als jedem dritten Beitrag eine Person im Mittelpunkt steht. Dies trifft in Italien und Österreich nur auf jeden vierten Beitrag und in Deutschland auf etwa jeden sechsten Beitrag zu. Dagegen sind sich die Nachrichten aller vier Länder in ihrer negativen Grundtendenz gleich: In jedem zweiten Bericht aller Länder wird eindeutig Negatives berichtet, es dominieren konfliktzentrierte Politikvermittlungsstile über konsensorientierte Darstellungen und in ca. jedem sechsten Bericht aller vier Länder werden politische Inkompetenz, Versäumnisse und Fehlverhalten vermittelt. Unterschiede zeigen sich im Ausmaß einer „interpretativen, spekulativen und analytischen Perspektive“ (S. 339) des Journalismus auf die Politik. Diese ist in den amerikanischen Nachrichten am stärksten ausgeprägt, die deutschen Nachrichten sind im Gegensatz dazu vor allem deskriptiv-faktenorientiert und verzichten auf inhaltlich-interpretative Darstellungen. In der Gesamtschau folgern die Autoren, dass sich die Berichterstattung an einer „transnationalen Nachrichtenlogik“ (S. 341) orientiert, die eine Homogenisierung der Wahlkampfberichterstattung mit sich bringe. In der zweiten Studie zeigt sich ein Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendungen in einem deutlich höheren Anteil unpolitischer, ereignis- und service-orientierter Nachrichten bei den privat-kommerziellen Sendungen in Italien, Deutschland und Österreich. Dies gilt – entgegen der Ursprungsthese – jedoch nicht für die „Nightly News“ als Vertreter des liberalen Modells. Hinsichtlich der „Game-Zentrierung“ registrieren die Autoren eine „tendenzielle Konvergenz öffentlich-rechtlicher und privater Nachrichtenlogiken“ (S. 189) für Österreich und Italien. In den Nachrichtenbeiträgen der ARD überwiegt hingegen mit 65 Prozent der Beiträge deutlich die sachpolitische Berichterstattung (RTL: 43 Prozent). Die privaten Sender aller Länder berichten deutlich personenzentrierter und interpretativer als die öffentlich-rechtlichen. Für die öffentlich-rechtlichen Sender gilt allerdings, dass sie ähnlich negativ wie die Privaten berichten – die negative Konfrontativität wird deshalb als universelles Muster der Nachrichtenberichterstattung verstanden. Während sich also die Grundmuster der Berichterstattung in den Wahlkampfendphasen im transnationalen Vergleich ähneln, konstatieren die Autoren divergierende Darstellungslogiken in öffentlich-rechtlichen und privaten Formaten. Die Autoren folgern aus ihrer Untersuchung, dass „die inter-nationale Übereinstimmung als höher einzustufen ist, als die intra-nationale Konvergenz vor demselben kontextuellen und nationalen Hintergrund“ (S. 197, Herv. i. O.). 8 Für die amerikanischen Nachrichten wird aufgrund geringer Reichweite neben den „Nightly News“ von NBC kein weiteres öffentliches Nachrichtenprogramm berücksichtigt. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 266 Krüger, Udo Michael (2009): InfoMonitor 2008: Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und Sat.1. Themen, Ereignisse und Akteure in der Nachrichtenberichterstattung. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 73-94. Fragestellung: Mit dem „InfoMonitor 2008“ legt Udo Michael Krüger zum vierten Mal in Folge die Ergebnisse der vom IFEM Institut für empirische Medienforschung, Köln, durchgeführten kontinuierlichen Beobachtung deutscher Fernsehnachrichtensendungen für das Jahr 2008 vor. Der Schwerpunkt der Analysen liegt wie im vorausgehenden „InfoMonitor 2007“ auf der Darstellung des Angebotsumfangs, der Themenstrukturen und Ereignisse, der Länderpräsenz und der Präsenz deutscher Politiker und Parteien in den öffentlich-rechtlichen und in den privaten Nachrichtensendungen. Zusätzlich wird untersucht, wie sich die Neupositionierung der Hauptnachrichten von Sat.1 ab März 2008 auf das Nachrichtenangebot auswirkt. Methode: Untersuchungsgegenstand der mehrstufigen quantitativen Inhaltsanalyse sind die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ (ARD/Das Erste), „heute“ und „heute-journal“ (ZDF) sowie die privaten Nachrichtensendungen „RTL aktuell“ (RTL) und „Sat.1 News“ bzw. seit 17. März 2008 „Sat.1 Nachrichten“. Alle Sendungen werden im Berichtszeitraum vollständig erfasst. Die Codierung erfolgt auf Sendungs-, Beitrags- und Akteursebene, wobei jeder formal und thematisch eigenständige Themenbeitrag eine Codiereinheit bildet. Ergebnisse: Die Hauptnachrichten von Sat.1 erreichten auf dem neuen Sendeplatz um 20 Uhr noch eine durchschnittliche Sendungslänge von ca. 13 Minuten (2007: ca. 16 Minuten). Insgesamt erweisen sich jedoch Krüger zufolge die Nachrichtenprofile der Sender als stabil, wobei sich auch 2008 die typischen Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Angeboten zeigen. So findet sich bei ARD und ZDF das umfangreichste Politikangebot, während bei „RTL aktuell“ dem Sport ebenso viel Sendezeit gegeben wird wie der Politik im engeren Sinne. Bei den „Sat.1 Nachrichten“ hat sich durch die Kürzung der Sendezeit der relative Politikanteil erhöht, ohne dass mehr Sendezeit für Politikthemen aufgewendet werden würde. Sie rücken damit, so Krüger, „mit ihrem Themenprofil näher an die öffentlich-rechtlichen Hauptnachrichten heran“ (S. 92). Vor dem Hintergrund der Finanzkrise erlangte im Jahr 2008 die Wirtschaftsberichterstattung besondere Bedeutung. Wirtschaftsthemen bildeten zum einen den Schwerpunkt der Berichterstattung über Ressortpolitik, zum anderen nahm die Sendezeit für Wirtschaft als eigenständige Themenkategorie deutlich zu (2008: 5010 Minuten, 2007: 3740 Minuten). Entsprechend war die Finanzkrise mit Abstand das Topthema des Jahres, gefolgt von der US-Präsidentschaftswahl und den Olympischen Spielen. Auch 2008 hatte Angela Merkel als Bundeskanzlerin den Spitzenplatz in der Rangliste der Nennung deutscher Politiker in den Nachrichten inne. Dabei dominierte sie nicht nur die deutsche, sondern mit 437 Auftritten auch die internationale Politik vor dem Vizekanzler und Außenminister FrankWalter Steinmeier (196 Auftritte). Nach Parteien betrachtet, entfielen allerdings 2008 mehr Politikerauftritte auf die SPD (40 Prozent) als auf die CDU (33 Prozent), ein Umstand, der vor allem auf innerparteiliche Konflikte der SPD zurückzuführen ist. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 267 Maurer, Torsten (2009): Fernsehen – als Quelle politischer Information überschätzt? Eine Bestandsaufnahme des Angebotes und der Nutzung des „politischen Leitmediums“. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS – Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden, S. 129-150. Fragestellung: Ziel der Studie ist eine empirische Bestandsaufnahme der politischen Informationsleistungen des Fernsehens in Deutschland und dessen Nutzung. Durch die Verknüpfung der inhaltsanalytisch ermittelten Politikberichterstattung mit der durchschnittlichen Sehbeteiligung der konkreten Angebote soll eine fundierte Einschätzung der politischen Informationsfunktion des Fernsehens ermöglicht werden. Methode: Die Analysen basieren zu einem wesentlichen Teil auf den Daten der kontinuierlichen ALM-Programmforschung, die für die Frühjahrsstichprobe 2007 in der Kalenderwoche vom 26. März bis 1. April erhoben wurden.9 Für die Nutzungsanalyse werden die Angebotsdaten der ALM-Studie mit Zuschauerdaten der AGF/GfKFernsehforschung fusioniert. Ergebnisse: Die Daten zum Umfang des politischen Programmangebots belegen deutlich den Systemunterschied zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Programmen und schreiben insofern einen lang anhaltenden Trend fort: Während das Erste Programm der ARD und das ZDF an einem durchschnittlichen Tag in jeweils deutlich über zwei Stunden Sendezeit über politische Themen berichten, kommen RTL und Sat.1 auf weniger als 30 Minuten. Bei den restlichen Vollprogrammen, RTL II, ProSieben, kabel eins und VOX, kommt Politik kaum vor. Der Blick auf die Formate und die Sendungsvielfalt macht deutlich, dass die politische Berichterstattung weitestgehend auf die tages- und wochenaktuellen Ereignisse ausgerichtet ist und Ereignisse jenseits der Aktualität stark vernachlässigt werden. Von fast sechs Stunden politischer Berichterstattung entfällt nur wenig mehr als eine Stunde auf nicht aktuelle Beiträge. Damit einher geht eine Konzentration auf die Formate der Nachrichten- und Magazinsendungen, in denen der Hauptteil der Politikberichterstattung stattfindet. Auch hier zeigen sich die benannten Systemunterschiede. Nur in den Angeboten von ARD und ZDF wird in nennenswertem Umfang auf politische Themen ohne aktuellen Bezug eingegangen und findet Politik auch in Talk- und sonstigen Formaten statt. Wie die Nutzungsanalyse ergibt, erreichen bei RTL und Sat.1 nur die Nachrichtensendungen „RTL aktuell“, „Sat.1 News“, „RTL-Nachtjournal“ und die Magazinsendung „Spiegel TV“ als Sendungen mit nennenswerten Politikanteilen eine Sehbeteiligung von mindestens einer Million Zuschauer. Bei den Politikangeboten von ARD und ZDF sind es insgesamt 25 Sendungen, die jeweils mehr als eine Million Zuschauer erreichen. Dies sind vor allem die Nachrichtensendungen, die abendlichen politischen Magazinformate und die Talksendungen „Sabine Christiansen“ und „Maybrit Illner“. Die Nutzungsanalysen zeigen, dass die politischen Angebote eher gemieden als gesucht werden. Ein Befund, der Maurer zu einer eher pessimistischen Einschätzung führt: 9 In die vorliegende Analyse gehen alle bei der inhaltlich-thematischen Codierung als „politische Information“ (Funktionsbereich: Information und Meinungsbildung) klassifizierten Beiträge ein. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 268 „Der umfassenden politischen Informationsfunktion des Fernsehens sind daher klare Grenzen gesetzt“ (S. 147). Fretwurst, Benjamin (2008): Nachrichten im Interesse der Zuschauer. Eine konzeptionelle und empirische Neubestimmung der Nachrichtenwerttheorie. Konstanz. Fragestellung: In der Studie wird untersucht, ob die Fernsehnachrichten als Ergebnis des journalistischen Selektionsprozesses den Interessen und Relevanzzuschreibungen ihrer Zuschauer entsprechen. Dazu werden Nachrichtenfaktoren in den Fernsehnachrichten und weitere Selektionsmerkmale (Platzierung, Dauer etc.) erhoben und der Beachtung (selektive Erinnerung) und Relevanzzuweisung durch die Rezipienten gegenübergestellt.10 Methode: Untersuchungsgegenstand der quantitativen Inhaltsanalyse sind die Hauptnachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen und privaten Vollprogramme ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1, ProSieben und RTL II im Zeitraum vom 29. November bis 8. Dezember 2005. Die Analyse erfolgt auf Beitrags- und Segmentebene und umfasst 677 Beiträge mit 1.211 Segmenten. Die Onlinebefragung mit 1.584 Befragten wurde mittels des „Omninet-Panel“ der Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen FORSA parallel zur Inhaltsanalyse vom 6. bis 8. Dezember 2005 realisiert. Ergebnisse: In den Fernsehnachrichten werden häufig die Nachrichtenfaktoren „Einfluss“ (in 62 Prozent der Segmente), „Reichweite“ (85 Prozent), „Personalisierung“ (74 Prozent) und „Überraschung“ gemessen. „Glück“ und „Tragik“ kommen dagegen ebenso wie kuriose und emotionale Faktoren sowie „Sexualität/Erotik“ selten vor. In fast der Hälfte aller Beitragssegmente wird über Kontroversen berichtet, zwei Drittel beinhalten Schaden/ Misserfolg und in 30 Prozent der Berichterstattung wird Aggression und Gewalt angesprochen. Die Inlandsberichterstattung nimmt in den Fernsehnachrichten den größten Stellenwert ein. In der Auslandsberichterstattung wird am häufigsten über die USA berichtet. Die aktuellen Ereignisse werden in der Hälfte der Fälle durch zusätzliche Hintergrundinformationen eingeordnet. Ein Vergleich der untersuchten Nachrichtensendungen zeigt, dass die Topmeldungen eines Tages in nahezu allen Sendungen erscheinen. Ein Drittel aller Beiträge sind exklusive Meldungen, die nur in einer Nachrichtensendung vorkommen. Insgesamt zeigen die Nachrichtenjournale der öffentlich-rechtlichen Sender deutlich längere Beiträge als die Hauptnachrichten der privaten Sender. Kriterien des Einflusses und der Ereignishaftigkeit (Einfluss, Dynamik, Prominenz, Gewalt/Konflikt, Länder-Status, Kontinuität) erwiesen sich nach Fretwurst als beste Indikatoren für die journalistische Nachrichtenauswahl. Die selektive Erinnerung der Rezipienten an die Nachrichtenmeldungen unterscheidet sich jedoch von den Auswahlentscheidungen der Journalisten, sie entspricht eher den individuellen Interessen der Rezipienten. Die Wichtigkeit, die die Befragten den Meldungen zuweisen, ist wesentlich durch das Vorkommen und die Intensität der Kontroverse beeinflusst – kontrovers diskutierte Themen der Zeit werden sowohl von Journalisten als auch von Rezipienten als wichtig erachtet. Bei den Nachrichten10 Im vorliegenden Kontext wird vor allem auf die Ergebnisse der Inhaltsanalyse der Fernsehnachrichten eingegangen. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 269 faktoren Personalisierung, Gewalt und Konflikt unterscheiden sich jedoch die Relevanzbewertungen der Rezipienten signifikant von denen der Journalisten. Beck, Klaus/Rolf Amann (2008): "Investoren handeln auf eigenes Risiko. Aktienkurse können steigen oder fallen." Zur Qualität der Finanzberatung in der Wirtschaftsberichterstattung privater Spartenkanäle. In: Zeitschrift für Kommunikationsökologie, Jg. 10, Heft 1, S. 57-72. Fragestellung: Der Studie liegen die forschungsleitenden Fragen zugrunde, ob und ggf. wie Werbetreibende und Sponsoren Einfluss auf das redaktionelle Programm und die Ratgeberfunktion des Fernsehens nehmen und welche Rolle Journalisten und Analysten als externe Experten dabei spielen. Neben der formalen und inhaltlichen Beschreibung der Wirtschaftsberichterstattung generell und der Börsen- und Kapitalmarktberichterstattung im Besonderen liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Analyse von Kriterien der publizistischen Qualität von Beratungsleistungen (Einhaltung des Trennungsgebots, Verbot von Schleichwerbung, Kennzeichnungsund Sorgfaltspflichten etc.). Methode: Die mehrstufige quantitative Programmstruktur- und Inhaltsanalyse umfasst das von n-tv, N24 und Bloomberg TV in der Woche vom 12. bis 18. Juli 2006 zwischen 6 und 24 Uhr ausgestrahlte Fernsehprogramm. Es wird die formale und inhaltliche Struktur der drei Programme auf Sendungsebene erhoben. Die identifizierte Börsen-, Kapitalmarkt- und Finanzdienstleistungsberichterstattung sowie die diesbezügliche Verbraucherberatung werden anschließend auf Beitrags- und Akteursebene analysiert. Ergänzend werden eine qualitative Inhaltsanalyse von sieben aufgrund der Korrespondenz von Werbekunden/Sponsoren und Aussageträgern/Kommunikationsobjekten als fragwürdig eingeschätzten Fällen durchgeführt und Hintergrundinformationen zu den beteiligten Akteuren recherchiert. Ergebnisse: Nur Bloomberg TV erweist sich als ausgesprochener Wirtschaftssender (82 Prozent der Berichterstattung), die Wirtschaftsanteile bei n-tv (16 Prozent) und N24 (rund 6 Prozent) fallen dagegen deutlich niedriger aus. Dialogische Präsentationsformen sind insbesondere bei Bloomberg TV weit verbreitet, n-tv und N24 setzen dagegen stärker auf Nachrichtenfilme. Die Gesprächsführung ist insgesamt neutral, teilweise affirmativ und fast nie kritisch. Dabei stammt rund ein Drittel der Gesprächspartner aus der Wirtschaft, ein Viertel dieser Gruppe wiederum vertritt Banken und Finanzdienstleister. Ein systematischer Einfluss der Werbe- und Sponsorkunden auf die Auswahl der Experten und die Berichterstattung lässt sich, so die Autoren, nicht nachweisen. Allerdings habe die Analyse generelle Qualitätsprobleme aufgezeigt: Die Börsen- und Investmenttipps werden überwiegend von externen Analysten, die selbst bei Banken und Finanzdienstleistern beschäftigt sind, gegeben und selten von neutralen oder wissenschaftlichen Experten. Zudem wird der größte Teil der Anlageprodukte positiv bewertet, negative Produktbewertungen sind extrem selten. Dadurch entstehe, so die Autoren, „ein unkritisches und investitionsfreundliches Klima“ (S. 71). Zwar wird in Einzelfällen auf potenzielle Interessenkonflikte hingewiesen, die Fallstudien geben jedoch auch klare Hinweise auf das Fehlen entsprechender Offenlegungen. Beck und Amann konstatieren, dass die mediale Anlageberatung sowohl eine kritische Auswahl und Distanz zu Experten als DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 270 auch Gegenrecherche, das Hören einer zweiten Expertenmeinung und eine kritische Gesprächsführung vermissen lasse. Vor diesem Hintergrund fordern die Autoren deutlich mehr Transparenz. Eckhardt, Martin (2008): Politischer Alltag in den Nachrichten. Eine Analyse deutscher Fernsehnachrichten. Marburg. Fragestellung: Die Politikberichterstattung in deutschen Fernsehnachrichtensendungen wird daraufhin untersucht, in welchem Umfang über politische Strukturen (Polity), politische Prozesse (Politics) und politische Inhalte (Policy) informiert wird. Zusätzlich analysiert der Autor Unterschiede zwischen den Sendersystemen und den einzelnen Sendungen. Methode: In die quantitative Inhaltsanalyse gehen 50 Ausgaben von „Tagesschau“, „Tagesthemen“ und „Nachtmagazin“ (ARD), „heute“, „heutejournal“ und „Heute Nacht“ (ZDF) sowie „RTL aktuell“, „RTL Nachtjournal“, „Sat.1 News 18.30“ und „Sat.1 News Die Nacht“ ein. Die Stichprobe umfasst eine natürliche Woche vom 5. bis 9. März 2007. Alle Beiträge mit Bezug zur nationalen Politik werden auf Beitragsebene und auf der Ebene von Sinneinheiten hinsichtlich verbaler und visueller Elemente codiert. Ergebnisse: Zwischen 40 und 60 Prozent der Politikberichterstattung aller Nachrichtensendungen bestehen aus Policy-Themen. Dabei stehen Ergebnisse, anstehende Aufgaben und Problemdefinitionen im Mittelpunkt. Für strukturelle Aspekte von Politik (Polity) werden zwischen 15 Prozent und einem Drittel der Sendezeit verwendet. Über Politics-Themen wird dagegen in allen Nachrichten nur in geringem Umfang berichtet. Wenn Informationen über politische Prozesse vermittelt werden, geht es zudem meist um Konflikte. Es zeigen sich klare Unterschiede zwischen den Sendersystemen und einzelnen Sendungen. So wird in den öffentlich-rechtlichen Sendungen dem Bereich Politik insgesamt mehr Sendezeit eingeräumt als in den Sendungen privater Veranstalter. Bei den „Tagesthemen“ und dem „heute-journal“ macht die Politikberichterstattung fast die Hälfte der Sendezeit aus, bei „RTL aktuell“ dagegen nur rund ein Fünftel. Auch die Anteile an Polity-, Politics- und Policy-Berichterstattung sind in den Sendungen der öffentlichrechtlichen Nachrichtenanbieter höher, während in den privaten Nachrichten stärker über politikferne Inhalte berichtet wird. Petzold, Thomas (2008): Gewalt in internationalen Fernsehnachrichten. Eine komparative Analyse medialer Gewaltpräsentation in Deutschland, Großbritannien und Russland. Wiesbaden. Fragestellung: Petzold untersucht, wie sich Gewaltdarstellungen in deutschen, britischen und russischen Nachrichtensendungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht unterscheiden. Zentrale Untersuchungskategorien sind die präsentierten Inhalte von Gewalt, die Visualisierung von Gewalt und die Gewaltintensität. Methode: Die Stichprobe der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse umfasst die Woche vom 26. Februar bis 4. März 2007. In die Untersuchung gehen insgesamt 21 Sendungen der deutschen „Tagesschau“ (ARD/Das Erste), der russischen „Vremja“ (Erster Kanal) und der britischen „Ten O’Clock News“ (BBC 1) ein. Die zentrale Analyseeinheit bilden zeitliche Beitragssequenzen mit einer Dauer von 20 Sekunden. Ergeb- DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 271 nisse: In allen drei Nachrichtensendungen wird vornehmlich über Gewalt im Ausland berichtet: In der „Tagesschau“ findet sie ausschließlich, in der „Vremja“ zu mehr als zwei Drittel und in den britischen Nachrichten zu 55 Prozent im Ausland statt. Dabei muten die britischen Nachrichten ihren Zuschauern am häufigsten Gewalt zu: Jeder fünfte Beitrag der britischen Nachrichten enthielt Gewalt, in der russischen „Vremja“ trifft dies nur für jeden neunten, in der „Tagesschau“ für jeden zwölften Nachrichtenbeitrag zu. Der geringere Gewaltanteil in den deutschen Nachrichten geht allerdings mit einem höheren Grad an Intensität der präsentierten Gewalt einher. Die Detailanalyse zeigt zudem, dass fast die Hälfte der in den britischen Nachrichten gezeigten Gewalt ihren Ursprung in Naturkatastrophen und Unfällen hat. In der „Tagesschau“ wird dagegen häufiger über Aggressionen gegen Menschen berichtet. In allen drei Ländern steht der physische Schaden infolge von Gewaltakten im Mittelpunkt, in den deutschen Beiträgen wird zusätzlich über drohende Gefährdungen berichtet. In den britischen und russischen Beiträgen erhält dagegen materieller Schaden eine größere Aufmerksamkeit. Die Kontextanalyse zeigt nach Petzold, dass die Gewaltagenden der drei Untersuchungsländer sehr unterschiedlich gestaltet sind: Während in der „Tagesschau“ am häufigsten im Kontext von Krieg und zivilem Aufruhr/Kampf über Gewalt berichtet wird, erfolgt dies in der russischen Sendung vor allem im Zusammenhang mit Kriminalität und Unfällen. Die britischen Nachrichten berichten am häufigsten in Verbindung mit Kriminalität, Krieg und Unfällen über Gewalt. In der Konzentration auf die Darstellung menschlicher Opfer gibt es jedoch zwischen den drei untersuchten Nachrichtensendungen keine Unterschiede. Holthusen, Annegret (2008): Fenster zur Vielfalt. Unabhängige Dritte im Privatfernsehen – Alibi der Rundfunkpolitik? Marburg. Fragestellung: Holthusen untersucht, ob die Programmfenster unabhängiger dritter Anbieter zu größerer formaler und inhaltlicher Vielfalt in den Fernsehprogrammen von RTL und Sat.1 beitragen. Methode: Die Stichprobe der quantitativen und qualitativen Form- und Themenanalyse umfasst alle 40 Drittsendungen der Lizenznehmer News and Pictures, AZ Media TV und DCTP, die im Zeitraum vom 7. Mai bis 3. Juni 2006 in RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurden. Die auf Sendungs- und Beitragsebene durchgeführte Analyse lehnt sich an das Kategoriensystem der ALMProgrammforschung an. Die erhobenen Daten werden den Ergebnissen der Frühjahrsstichprobe 2006 der ALM-Programmforschung gegenübergestellt. Ergebnisse: In den Drittsendungen überwiegen die Gattungen Magazin, Interview-/Talksendung und Reportage, welche auch das fernsehpublizistische Gesamtprogramm von RTL und Sat.1 dominieren. In den Themenprofilen der Hauptprogrammanbieter und der Drittsendungen stellt die Autorin ebenfalls große Ähnlichkeiten fest. So nehmen die Themenbereiche „Gesellschaftliche Subsysteme“ und „Zerstreuungsthemen“ nicht nur bei RTL und Sat.1, sondern auch in den Drittsendungen den größten Anteil an Sendezeit ein. Eine Behandlung von Themen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird auch in den Drittsendungen nicht in nennenswertem Umfang geboten, die Kernbereiche Kultur und Bildung sind ebenso unterrepräsentiert. Die DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 272 Drittsendungen werden mehrheitlich im Abend- und Nachtprogramm der Sender auf eher unattraktiven Programmplätzen ausgestrahlt. Sie fügen sich – mit Ausnahme der drei von DCTP produzierten Sendungen „Prime Time Spätausgabe“, „10 vor 11“ und „News & Stories“ – formal und thematisch ohne größere Brüche ins Gesamtprogramm ein. Zum Teil wird durch Cross-Promotion oder die Themenwahl sogar direkt an das vorhergehende oder nachfolgende Hauptprogramm angeschlossen. Einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt durch die Drittsendungen sieht die Autorin daher nicht gegeben: „Die Themenpraxis der Drittsendungen wird der zentralen Rolle der Gegenstandsvielfalt, die der Drittsenderegelung durch die explizite rundfunkstaatsvertragliche Erwähnung dreier Kernthemenbereiche zugeschrieben wird, nicht gerecht“ (S. 105). Herrmann, Sabrina (2008): Schlüsselszenen des Protests. Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der TV-Nachrichten. In: Rucht, Dieter/Simon Teune (Hrsg.): Nur Clowns und Chaoten? Die G8-Proteste in Heiligendamm im Spiegel der Massenmedien. Frankfurt/New York, S. 97-118. Fragestellung: Die Autorin untersucht die bildliche Darstellung von Protestakteuren und Protestformen in der Fernsehberichterstattung über Proteste im Umfeld des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. Neben der Präsenz verschiedener Akteure und Protestformen im Wochenverlauf werden eingesetzte Schlüsselbilder analysiert. Methode: Basis der quantitativen und qualitativen Bildanalyse sind 33 Nachrichtenbeiträge mit thematischem Protestbezug, die zwischen dem 2. und 8. Juni 2007 in den Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste, ZDF, Sat.1 und RTL ausgestrahlt wurden. Untersuchungseinheit ist die Bildsequenz. Ergebnisse: Aus der Analyse von Schlüsselbildern schließt die Autorin auf ein „Dreiecksverhältnis“ von Polizei, radikalen Demonstrierenden und friedlichen Demonstranten, wobei die Akteure fortwährend miteinander kontrastiert werden würden und „Gewalt zum Fixpunkt der medialen Darstellung des Protests“ (S. 110) werde. Die quantitative Analyse zeigt jedoch, dass die Bilder gewalttätiger Demonstranten im Wochenverlauf durch Bilder friedlicher Demonstranten zurückgedrängt werden. Dabei dominieren an allen Tagen Bilder der Polizei mit Anteilen zwischen 40 und 65 Prozent der für die Protestereignisse aufgewendeten Sendezeit. Insgesamt wird die Polizei in gemäßigter Perspektive dargestellt, in den Beiträgen von Sat.1 und RTL kommt sie jedoch häufiger im Zusammenhang mit Gewalt vor als bei den öffentlich-rechtlichen Programmen. Auch bei den gezeigten Protestformen unterscheiden sich öffentlich-rechtliche und private Nachrichtensendungen: Während in ARD und ZDF ab dem dritten Tag der Protestwoche auf die Darstellung von Sachbeschädigungen durch Demonstranten verzichtet wird, greifen Sat.1 und insbesondere RTL das gewalthaltige Leitbild bis zum Ende der Woche immer wieder auf. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 273 Renner, Karl N. (2009): Expansion der Ratgeber- und Lebenshilfeformate im Fernsehen. Quantitative und qualitative Untersuchung zu Sendungen im deutschen TVProgramm. In: Communicatio Socialis, Jg. 42, Heft 1, S. 21-43. Fragestellung: Der Autor untersucht, wie sich die Ratgeberangebote im Fernsehen zwischen 1979 und 2008 in quantitativer Hinsicht (Anzahl der Formate und Sendungen, Sendevolumen) entwickelt haben. Zusätzlich werden qualitative Veränderungen beschrieben. Methode: Die Stichprobe der quantitativen Inhaltsanalyse der Programmzeitschrift „rtv“ umfasst die natürliche Woche vom 30. August bis 5. September 2008. In diesem Zeitraum werden alle Ratgebersendungen (ohne Morgenmagazine und Sondersendungen) von ARD/Das Erste, ZDF, den dritten Programmen der ARD (ohne RBB), RTL und VOX sowie Sat.1 und ProSieben ermittelt. Ergebnisse: Nach Renner hat das Programmangebot an Ratgeber- und Lebenshilfesendungen in 2008 im Vergleich zu vorliegenden Daten aus 1979 hinsichtlich Sendungsanzahl und Sendevolumen um das Viereinhalbfache zugenommen. Mit diesem Zuwachs geht jedoch keine entsprechende Ausdifferenzierung der Formate einher. Hinsichtlich der thematischen Vielfalt konstatiert Renner sogar eine Verengung, da 2008 keine Sendungen zu den Themengebieten Schule, Bildung und Beruf mehr angeboten werden. Ausdifferenzierungen sieht der Autor in der Entwicklung neuer Infotainment-Magazine des Frühstücksfernsehens, die sich von den klassischen themenspezifischen und am Modell der „Aktivinformation“ orientierten Ratgebersendungen der öffentlich-rechtlichen Programme dadurch unterscheiden, dass sie themenübergreifend angelegt sind und eher dem Modell der „Abrufinformation“ (S. 36) folgen. Eine weitere Neuerung findet sich in den Coaching-Reportagen („Einsatz in 4 Wänden“, „Die Super Nanny“). Diese machen nach Renner nahezu die Hälfte des Ratgeberangebots der privaten Programmanbieter aus. 2.2 Sonstige Publikationen Armbruster, Stefanie/Lothar Mikos (2009): Innovation im Fernsehen am Beispiel von Quizshow-Formaten. Konstanz (Reihe Alltag, Medien und Kultur; Bd. 3). Bertling, Christoph (2009): Sportainment. Konzeption, Produktion und Verwertung von Sport als Unterhaltungsangebot in den Medien. Köln. Bohrmann, Thomas (2008): Religion und Moral im Unterhaltungsprogramm des Fernsehens. In: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, Jg. 12, Heft 2, S. 60-65. Buck, Matthias (2008): Ritual und Drama der Fernsehköche. In: Fahlenbrach, Kathrin/Ingrid Brück/Anne Bartsch (Hrsg.): Medienrituale. Rituelle Performanz in Film, Fernsehen und neuen Medien. Wiesbaden, S. 125-136. Hallenberger, Gerd (2008): Formate und Genres der Unterhaltung. In: Siegert, Gabriele/Bjørn von Rimscha (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 64-87. Hallenberger, Gerd/Nicola Hochkeppel/Stefan Krüger/Alexandra Pfeil-Schneider (2008): Programmstrukturen in BRD und DDR. In: Mühl-Benninghaus, Wolfgang (Hrsg.): Zwei Mal zur Wende. Fernsehunterhaltung in Deutschland. Berlin, S. 57-65. Hepp, Andreas/Veronika Krönert (2009): Medien – Event – Religion. Die Mediatisierung des Religiösen. Wiesbaden. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 274 Ihle, Holger (2008): Die Tour de France in den deutschen Medien. Strukturen, Themen und Beispiele der Berichterstattung in Fernsehen und Presse. Saarbrücken. Karnowski, Veronika (2008): Das Mobiltelefon im Spiegel fiktionaler Fernsehserien. Symbolische Modelle der Handyaneignung. Wiesbaden. Keilbach, Judith (2008): Geschichtsbilder und Zeitzeugen. Zur Darstellung des Nationalsozialismus im bundesdeutschen Fernsehen. Münster (Reihe Medienwelten; Bd. 7). Mikos, Lothar (2009): Imitation und Adaption statt Experiment. „Innovation“ im deutschen Unterhaltungsfernsehen. In: Grisko, Michael/Stefan Münker (Hrsg.): Fernsehexperimente. Stationen eines Mediums. Berlin, S. 93-103. Nieland, Jörg-Uwe/Ingrid Lovric (2008): „Ein Kreuz für Deutschland.“ Chancen und Grenzen unterhaltender Politikvermittlung. In: Thomas, Tanja (Hrsg.): Medienkultur und soziales Handeln. Wiesbaden, S. 277-297. Reich, Sabine/Franziska Spitzner (2009): Veränderung stereotyper Wahrnehmung durch Ethno-Soaps. Eine Untersuchung am Beispiel der Serie Türkisch für Anfänger. In: Petersen, Thomas/Clemens Schwender (Hrsg.): Visuelle Stereotype. Köln, S. 44-57. Rothenberger, Liane (2008): Von elitär zu populär? Die Programmentwicklung im deutsch-französischen Kulturkanal arte. Konstanz. Schwender, Clemens (2009): Alter als audio-visuelles Argument in der Werbung. In: Petersen, Thomas/Clemens Schwender (Hrsg.): Visuelle Stereotype. Köln, S. 79-94. Steinbrecher, Michael (2009): Olympische Spiele und Fernsehen. Programmgestalter im Netz olympischer Abhängigkeiten? Konstanz. Trebbe, Joachim (2008): Unterhaltung im Fernsehen – Operationalisierungsproblem und forschungspraktische Lösung. In: Siegert, Gabriele/Bjørn von Rimscha (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 88-101. Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM; Bd. 61). Wellgraf, Stefan (2008): Migration und Medien. Wie Fernsehen, Radio und Print auf die Anderen blicken. Münster. 3. Publikationen zu Programmstrukturanalysen in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2008/2009 Gerhards, Maria/Walter Klingler (2008): Fernseh- bzw. Bewegtbildnutzung 2007. Programmangebote, Spartennutzung und Formattrends. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 550-567. Grossenbacher, René/Joachim Trebbe (Hrsg.) (2009): Qualität in Radio und Fernsehen. Die inhaltsanalytische Messung konzessionsrechtlicher Vorgaben für die Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée suisse. Zürich/Chur. Krüger, Udo Michael/Thomas Zapf-Schramm (2009): Politikthematisierung und Alltagskultivierung im Infoangebot. Programmanalyse 2008 von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 und ProSieben. In: Media Perspektiven, Heft 4, S. 201-222. Kust, Harald/Joachim Trebbe (2009): Sport im Schweizer Fernsehen. Programmstrukturelle Positionierung und Programmformate bei SF, TSR und TSI. In: Beck, Daniel/Steffen Kolb (Hrsg.): Sport und Medien. Aktuelle Befunde mit Blick auf die Schweiz. Zürich/Chur, S. 51-70. DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009 275 Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): International vergleichende Programmforschung. Ein Erhebungsmodell für Deutschland, Österreich und die Schweiz. In: Schulz, Peter J./Uwe Hartung/Simone Keller (Hrsg.): Identität und Vielfalt in der Kommunikationswissenschaft. Konstanz, S. 197-212. Woelke, Jens (2008): Fernsehen in Österreich. Basisdaten und Programmprofile der Fernsehvollprogramme ORF 1, ORF 2 und ATV. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 13-63. Woelke, Jens/Christian Steininger/Andrea Dürager (2008): ORF 2-Regional. Eine Analyse der Regionalnachrichten Bundesland Heute. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 65-98. AUTORENVERZEICHNIS AUTORENVERZEICHNIS 278 Prof. Dr. Klaus-Dieter Altmeppen Professor an der School of Journalism der Katholischen Universität EichstättIngolstadt Uli Bernhard, M.A. Freiberuflicher Kommunikationswissenschaftler, u.a. Projektleiter am Institut für Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ) Dieter Czaja Jugendschutzbeauftragter bei RTL Television, Köln Prof. Joachim von Gottberg Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF), Berlin Annett Heft, M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin Paula Honkanen-Schoberth Bundesgeschäftsführerin Deutscher Kinderschutzbund e.V., Berlin Dr. Katja Lantzsch Consultant für Organisationsentwicklung; ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Medienmanagement des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau Markus Lehmkuhl Koordinator des EU-Forschungsprojekts „Audio Visual Sciences Audiences“ am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), München; Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Prof. Dr. Norbert Schneider Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), Düsseldorf; Beauftragter für Programm und Werbung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) Detlef Schnier, Dipl.-Sozialwirt Freiberuflicher Kommunikationswissenschaftler, u.a. Projektleiter am Institut für Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ) Bertil Schwotzer, M.A. Senior Projektleiter bei der GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam AUTORENVERZEICHNIS 279 Dr. Christine Seehaus Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln Johanna Suwelack Referentin Kommunikation, Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V., Berlin Prof. Dr. Joachim Trebbe Professor am Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Freiburg/Schweiz Prof. Dr. Helmut Volpers Professor am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln; Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ) Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß Wissenschaftlicher Leiter der GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam Prof. Dr. Andreas Will Professor für Medienmanagement am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau Dr. Jens Woelke Akademischer Rat am Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster