Interview mit Franziska van Almsick

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Interview mit Franziska van Almsick
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Ich muss nicht mehr die Beste sein – Interview mit Franziska van Almsick
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Franziska van Almsick über ihr Buch „Paul Plantschnase“, Schwimmunterricht in der Schule und ihre
Ansprüche an sich selbst:
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Franziska van Almsick wurde 1978 in Berlin geboren. Im Alter von fünfzehn Jahren beginnt ihre
Schwimmkarriere im grossen Stil. Zahlreiche internationale Siege machen sie zu Beginn der 90erJahre zum ersten gesamtdeutschen Schwimmstar. Sie wird dreimal zur Sportlerin des Jahres gewählt.
Im Jahr 2004 beendet sie ihre Schwimmkarriere. Heute ist sie stellvertretende Vorsitzende der
Stiftung Deutsche Sporthilfe und setzt sich in zahlreichen Initiativen insbesondere für Kinder ein. Auf
der Leipziger Buchmesse 2009 hat Franziska van Almsick ihr erstes Kinderbuch "Paul Plantschnase"
vorgestellt.
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Frau van Almsick, in Ihrem gerade erschienenen Buch erzählen Sie die Geschichte
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von "Paul Plantschnase am Meer", der seine ersten Schwimmversuche macht. Wie
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kam es zu diesem Kinderbuch?
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van Almsick: Die Geschichte hatte ich schon seit fünf, sechs Jahren im Kopf. Ich war mir
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sicher, dass ich sie irgendwann aufschreiben werde und daraus ein Kinderbuch wird.
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Nachdem viele meiner Freunde mich in diesem Vorhaben bestärkt haben und ich einen
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Verlag dafür gefunden habe, ist nun dieses schöne Buch dabei herausgekommen.
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Sie haben bereits nach dem Abschluss Ihrer Schwimmkarriere ein Buch veröffentlicht:
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"Aufgetaucht". Wie unterschied sich die Arbeit an den beiden Büchern?
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van Almsick: Es sind letztendlich zwei ganz verschiedene Sachen. "Aufgetaucht" ist eine
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Biografie, in der ich versucht habe, die Wahrheit aufzuschreiben, wie für mich die Dinge sind
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oder waren. Bei der Arbeit an meinem Kinderbuch war viel mehr Kreativität vonnöten. Eine
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Figur wie das Treibholz Karl zum Beispiel, die muss ja erst einmal entwickelt werden.
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In diesem Buch geht es vor allen Dingen um das Schwimmen. Steckt dahinter ein
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bestimmtes Anliegen?
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van Almsick: Das Buch soll Lust machen auf das Schwimmen, auf das Plantschen und es
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soll auch zeigen, dass ein Urlaub am Meer viel mehr Spass macht, wenn man richtig
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schwimmen kann. Dafür müssen Kinder natürlich einen Schwimmkurs machen, vom Buch
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alleine werden sie das nicht lernen. Plantschen ist toll, am Wasser spielen auch. All das, was
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Paul Plantschnase erlebt am Meer, ist prima. Aber ein Schwimmkurs ist absolut
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unverzichtbar.
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Nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft kann nur noch jedes
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dritte Kind im Grundschulalter schwimmen. Wie erklären Sie diese Entwicklung?
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van Almsick: Ich denke, viele Eltern nehmen das Schwimmen auf die leichte Schulter. Sie
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geben sich zufrieden, wenn ihr Kind das Seepferdchen hat, was aber nur bedeutet: 25 Meter
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schwimmen - wie, ist unerheblich. Das heisst, Hauptsache, die Kinder halten sich 25 Meter
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über Wasser und ertrinken nicht. Das ist aber nicht schwimmen lernen. Und man sieht
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anhand der Unfälle und der vielen Kinder, die nicht schwimmen können, die Notwendigkeit
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zu handeln. Im letzten Jahr sind elf Kinder ertrunken, weil sie nicht schwimmen konnten, das
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sind definitiv elf zu viel. Aber es gibt nicht genug Öffentlichkeit für dieses Thema. Deshalb
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kann es nicht schaden, wenn jemand wie ich die Türen öffnet und sagt: Wir müssen hier
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etwas tun! Schliesslich geht es hier um lebensrettende Massnahmen. Das ist nicht Fußball
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spielen, weil gerade Fußball irgendwie in ist. Jeder muss schwimmen lernen, weil das im
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Zweifelsfall sein Leben rettet.
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Sie sind die Initiatorin und Schirmherrin des Projektes "Heidelberger Kids auf
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Schwimmkurs". Wie genau sieht denn die Schwimmförderung für Grundschüler im
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Rahmen dieses Projektes aus?
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van Almsick: Wir unterstützen die Lehrer an den Primarschulen. Denn wenn wir die Lehrer
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unterstützen und diese dadurch besseren Unterricht geben, profitieren die Kinder davon. Wir
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haben 18, mittlerweile wahrscheinlich 19 Grundschulen in unserem Projekt und wir
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finanzieren drei Übungsleiter. Sie gehen in die Schulen, machen Seminare mit den Lehrern,
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um ihnen mehr über das Schwimmen beizubringen. Ausserdem unterstützen sie auch den
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Unterricht selbst. Manche Grundschullehrer müssen ja mit 25 Kindern ins Schwimmbad
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gehen, die sind dann ausgesprochen dankbar für Hilfe. Allgemein erleben wir sehr viel
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positive Resonanz mit diesem Projekt, so dass es sich lohnen würde, es deutschlandweit
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umzusetzen. Leider ist das nicht so einfach, da der Erfolg von vielen Faktoren abhängt.
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Sicher ist das Schwimmen auch eine bildungspolitische Fragestellung. 58
van Almsick: Genau. Es ist wichtig, dass man mit den Politikern darüber spricht, so dass
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Schwimmunterricht im Lehrplan manifestiert wird. Da es sich unter Umständen um eine
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lebensrettende Fertigkeit handelt, sollte schwimmen lernen keine freiwillige Aktion sein,
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sondern fest in den Lehrplan integriert sein.
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Unabhängig von bildungspolitischen und finanziellen Fragestellungen, was glauben
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Sie, wie sich Kinder für das Schwimmen begeistern lassen?
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van Almsick: Kinder sind anders zu motivieren als Erwachsene. Bei ihnen geht es darum,
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auch bildliche Motivation zu geben, sie müssen sich etwas vorstellen können. Ausserdem
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muss bei Kindern alles immer ganz schnell funktionieren. Wenn es nicht funktioniert, dann ist
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es doof und dann lässt man auch die Finger davon. Also erklärt man: Mach das mal wie ein
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Motorboot oder wie ein Springbrunnen oder pruste mal das Wasser so aus, wie ein Elefant
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das machen würde, dann können sich Kinder etwas vorstellen.
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Welche Vorzüge geniessen Sie jetzt in Ihrer Arbeit im Vergleich zu der Zeit, als Sie
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Leistungssportlerin waren? Vermissen Sie manchmal Trainer und Trainingsplan?
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van Almsick: Nein, überhaupt nicht. Der grösste Vorteil ist, dass ich nicht mehr die Beste
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sein muss. Heute spreche ich mit Ihnen als Kinderbuchautorin, habe ein Buch gemacht, von
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dem ich sehr überzeugt bin, und ich freue mich, dass es nach der langen Vorbereitungszeit
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jetzt endlich herausgekommen ist. Ich habe das Buch geschrieben, nicht weil ich die Beste
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sein will, sondern einfach, weil es mir wichtig war.
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Die hohen Erwartungen aus Ihrer Zeit im Leistungssport sind also weg. Welchen
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Erwartungen fühlen Sie sich jetzt ausgesetzt?
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van Almsick: Eigentlich nur meinen eigenen. Ich messe mich an meinen Ansprüchen. Das
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heisst, ich frage mich: Sind die Dinge so, wie ich sie mir wünsche? Bei Shootings oder
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Werbefilmen zum Beispiel entscheide ich mich nur für etwas, wenn ich das Gefühl habe, es
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läuft, wie ich mir das vorstelle. Identitäten prallen dabei immer aufeinander, der eine will das,
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der andere will das und manchmal funktioniert es nicht. Wichtig ist, dass ich am Ende des
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Tages sagen kann: Das war cool, dass ich das gemacht habe, ich kann mich damit
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identifizieren.
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Und das klappt immer?
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van Almsick: Ich habe noch nie Dinge in meinem Leben gemacht, über die ich im
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Nachhinein dachte: Na ja, das habe ich jetzt nur gemacht, weil es Kohle gab. Wenn ich mir
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das beibehalten kann, dann wäre das toll.
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Wissen Sie schon, was Sie Ihrem Sohn vorlesen werden oder was er unbedingt später
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lesen soll?
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van Almsick: Gott sei Dank ist er total interessiert und findet Bücher klasse. Manchmal sitzt
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er nur da, blättert so durch und studiert die Bilder. Aber was die Zukunft angeht, bin ich völlig
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entspannt. Kinderbuchangebote hat er in seinem Zimmer genug – und in welche Richtung es
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später lektüremässig gehen soll, das muss er selbst entscheiden.
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Interview: Maren Schuster, Martin Paul