Muslimische Organisationen in Bosnien

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Muslimische Organisationen in Bosnien
Brückenschläge - "Bosnischer Islam" für Europa
Stuttgart-Hohenheim, 20.-22.11.2009
Seibert: Muslimische Organisationen in Bosnien Herzegowina im interreligiösen Dialog
Muslimische Organisationen in Bosnien-Herzegowina im
interreligiösen Dialog
Prof. Dr. Dr. Ina Wunn, Leif H. Seibert M.A., Universität Bielefeld
Die aktuelle Situation der historischen Glaubensgemeinschaften in Bosnien und Herzegowina ist
problematisch, denn in Folge der Perversionen des Krieges sehen weite Teile der lokalen Bevölkerung
in institutionalisierten Religionen eher einen Unruhe- als einen Friedenstifter. Dies zieht heute
erhebliche Probleme für die lokalen Repräsentanten von Religion in Bosnien und Herzegowina nach
sich, die sich zum einen in ihren Möglichkeiten, die jeweils vertretene Botschaft an ihr
Laienpublikumweiterzugeben, stark eingeschränkt sehen. Darunter leiden wiederum Bemühungen zu
interreligiösem und interkonfessionellem Dialog, ebenso wie Programme zur Konsolidierung von
Anstrengungen in verbindlichen Allianz- oder Kooperationsszenarien.
Unbestreitbar können religiöse Organisationen und Initiativen unterschiedlichster Façon in
Krisenzeiten als Multiplikatoren für Eskalation und Deeskalation fungieren; gleichwohl steht jedoch
ebenso außer Frage, dass die Effizienz ihres Engagements von vielen äußeren Faktoren beeinflusst
wird und nicht isoliert von dem gesamtgesellschaftlichen Kontext verurteilt oder gewürdigt werden
darf. Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekts
„Das Ethos religiöser Friedenstifter“ untersuchen wir daher verschiedene religiöse Organisationen –
von klassischen Religionsgemeinschaften bis hin zu noch relativ jungen faith based organizations
(FBOs) – und deren Rolle in der bosnischherzegowinischen Gesellschaft unter Gesichtspunkten
sozialer Ungleichheit.
Im Vortrag werden Resultate aus der Analyse von Haushaltsbefragungen in drei bosnischherzegowinischen Städten (Sarajevo, Banja Luka, Mostar) vorgestellt, die von uns Ende 2008 in
Kooperation mit dem Centar za interdisciplinarne postdiplomske studije der Universität Sarajevo
durchgeführt worden sind. Gegenstand dieser Erhebungen waren vor allem Zuschreibungen im Blick
auf religiöse und soziale Kompetenzen unterschiedlicher religiöser Organisationen in Bosnien und
Herzegowina, die außerdem mit soziodemographischen Daten und Angaben zur religiösen
Einstellung der Befragten in Beziehung gebracht werden.
Dadurch wird vor allem deutlich, dass wir in Bosnien und Herzegowina eine ungeheure Diskrepanz
zwischen persönlicher bzw. privater Religiösität und religiöser Praxis im öffentlichen und politischen
Raum erleben, die es nötig macht, neben bloß religiösen, konfessionellen oder ethischen
Differenzierungen auch andere Faktoren sozialer Ungleichheit – wie etwa Bildung und Einkommen –
differenziert zu beurteilen, um ein adäquates Bild der Rolle religiöser Organisationen in Bosnien und
Herzegowina zu zeichnen.
Weiterführende Informationen
Home: http://www.uni-bielefeld.de/theologie/forschung/religionsforschung/index.html
Schwerpunkt Religionswissenschaft: http://www.uni-bielefeld.de/theologie/forschung/religionsforschung/forschung/wunn/
Projekt: http://www.uni-bielefeld.de/theologie/forschung/religionsforschung/forschung/schaefer/konflikt/projekt_ethos.html
http://downloads.akademie-rs.de/interreligioeser-dialog/091120_wunn-seibert_organisationen.pdf
1
Projekt „Das Ethos religiöser Friedenstifter“
Projektleitung
Prof. Dr. Dr. Heinrich Schäfer, Prof. Heinz Streib PhD (Abt. Theologie, Uni Bielefeld)
P j kt it b it
Projektmitarbeiter
Dr. cand. Zrinka Štimac, Leif H. Seibert Mag. (Abt. Theologie, Uni Bielefeld)
Institutionelle Kooperationen
Center für interdisziplinäre Postgraduiertenstudien, Universität Sarajevo
Statistik Beratungszentrum, Universität Bielefeld
Förderer
Deutsche Forschungsgemeinschaft, Stockmeier-Stiftung, Buhmann Stiftung
Laufzeit
Gesamtlaufzeit:
G
l f i Ende
E d 2006 – Mitte
Mi 2011 (i
(inkl.
kl VorV
und
d Nachbereitung)
N hb i
)
Feldforschung: Sept 2008 – Januar 2009 und Okt 2009 – März 2010
Forschungsfrage
In welcher Wechselwirkung stehen die öffentliche Glaubwürdigkeit religiöser
Friedensstifter, ihre habituellen und biographischen Dispositionen und der religiöse
Organisiertheitsgrad ihrer Initiativen und Allianzen?
Homepage
http://www.uni-bielefeld.de/theologie/forschung/religionsforschung/
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 2
Religiöse Organisationen
Religiöse Organisationen als
Multiplikatoren sozialer Dynamik
(Entscheidungsgeneralisierung)
Leistungsrollen
(Priester, Propheten, Spezialisten,
Funktionäre, „aktive Mitglieder“)
Publikumsrollen
(Laien, Begünstigte, „passive
Mitglieder“)
Objektive Konkurrenz- und
Alli
Allianzbeziehungen
b i h
(Rivalität)
Objektive
j
Tauschverhältnisse
religiöser Dienstleistungen
gegen Macht
(Delegation und Repräsentation)
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Religiöse Organisationen in BiH
Historische Religionsgemeinschaften
Islamische Gemeinschaft
Serbisch-orthodoxe
Serbisch
orthodoxe Kirche
Katholische Kirche
Jüdische Gemeinschaft
(Inter-) religiöse Fokusgruppen
La Benevolencija
Caritas
Centar za međureligijski dijalog / Međunarodni forum Bosna
Č
Čovekoljublje
k l bl
IMIC / Zajedno (Međunarodni Multireligijski i Interkulturalni Centar )
Kewser
Kolo Srpskih Sestara
Kruh Svetog Ante
Merhamet
Međureligijsko Vijece (MRV)
M đ li ij ki Institut
Međureligijski
I i (MRI)
Mladi Muslimani
Novi Most
Oči u Oči / Pontanima
Sumeja
Svetosavska Omladinska Zajednica
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Datenlage
Qualitative Haushaltsbefragungen
z N = 510, jeweils 170 in Sarajevo, Banja Luka, Mostar
z Zufallsstichprobem (random walk, last birthday), non-response rate
11%
z N = >359 complete cases
z Soziodemographische Daten: Geschlecht, Alter, Familienstand,
Ethnizität, Ausbildung, monetäres und Subsistenzeinkommen,
Zukunftsperspektive
z Daten zu religiöser Einstellung: Religions- bzw.
Konfessionszugehörigkeit, Einfluss von Religion auf Privatleben,
öffentliches Leben (Gesellschaft) und den Friedensprozess in BiH
BiH,
Geschlechterrollen
z Daten zur Wahrnehmung religiöser Organisationen: Respekt,
Repräsentativität, Kompetenzbereiche „Zusammenleben
„Zusammenleben“,, „Soziale
Gerechtigkeit“, „Vergangenheitsbewältigung“
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Seite 5
Fragen aus den surveys (Auszug)
G1) Es gibt verschiedene Religionsgemeinschaften, die für die bosnischherzegowinische Gesellschaft von Bedeutung sind. Im Folgenden werde
ich Ihnen vier davon nennen. Bitte sagen Sie mir, ob Sie von den
I tit ti
Institutionen
d
der jjeweiligen
ili
Gemeinschaft
G
i h ft eine
i eher
h gute
t oder
d eher
h
schlechte Meinung haben.
(vier separate Fragen für jede der historischen Religionsgemeinschaften)
Antwortmöglichkeiten: sehr gut – gut – teils, teils – schlecht –
sehr schlecht – weiß nicht, keine Antwort
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Seite 6
Fragen aus den surveys (Auszug)
G2) Bitte markieren Sie die Ihnen bekannten Gruppen und
Organisationen.
(Liste wird vorgelegt)
Antwortmöglichkeiten: bekannt – nicht bekannt
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Seite 7
Fragen aus den surveys (Auszug)
G3) Bitte sagen Sie mir nun, ob Sie über ... eine eher gute oder eher
schlechte Meinung haben.
(separate Fragen für jede der ‚bekannten‘ Gruppen)
Antwortmöglichkeiten: sehr gut – gut – teils, teils – schlecht –
sehr schlecht – weiß nicht, keine Antwort
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Fragen aus den surveys (Auszug)
G4) Für das Wohl wie vieler Menschen in Bosnien-Herzegowina macht
sich ... Ihrer Meinung nach stark?
(separate Fragen für die historischen Religionsgemeinschaften und alle
‚bekannten‘ Gruppen)
Antwortmöglichkeiten: Wohl aller – Wohl vieler – Wohl einiger –
Wohl weniger – nur ihr eigenes Wohl – weiß nicht
nicht, keine Antwort
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Fragen aus den surveys (Auszug)
G5) Kennen Sie noch weitere religiöse bzw. spirituelle Gruppen oder
Organisationen,
g
die sich im Friedensprozess
p
in Bosnien engagieren?
g g
(offene Frage; bei Nennung: Wiederholung der bisherigen Fragen für die
genannte Gruppe)
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Fragen aus den surveys (Auszug)
G6) Welchen der genannten Gruppen trauen Sie es zu, im Rahmen der
aktuellen Situation in Bosnien-Herzegovina das gemeinschaftliche
Zusammenleben positiv zu beeinflussen?
(separate Fragen für die historischen Religionsgemeinschaften und alle
‚bekannten‘
b k
t ‘G
Gruppen))
Antwortmöglichkeiten: völlig kompetent – eher kompetent –
weder kompetent noch inkompetent – eher inkompetent – völlig
inkompetent – weiß nicht, keine Antwort
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Seite 11
Fragen aus den surveys (Auszug)
G7) Welche der genannten Gruppen halten für besonders kompetent,
wenn es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit geht?
(separate Fragen für die historischen Religionsgemeinschaften und alle
‚bekannten‘ Gruppen)
Antwortmöglichkeiten: völlig kompetent – eher kompetent –
weder kompetent noch inkompetent – eher inkompetent – völlig
inkompetent – weiß nicht, keine Antwort
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Seite 12
Fragen aus den surveys (Auszug)
G8) Welche der genannten Gruppen halten Sie für kompetent, wenn es
um eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Fragen wie
Kriegsschuld Aufklärung von Kriegsverbrechen etc.
Kriegsschuld,
etc geht?
(separate Fragen für die historischen Religionsgemeinschaften und alle
‚bekannten‘
b k
t ‘G
Gruppen))
Antwortmöglichkeiten: völlig kompetent – eher kompetent –
weder kompetent noch inkompetent – eher inkompetent – völlig
inkompetent – weiß nicht, keine Antwort
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Seite 13
Religiöse und soziale Kompetenz
Religiöse Kompetenz
Frage G1 oder G3: allgemeines Meinungsbild, Respekt
F
Frage
G4
G4: R
Repräsentativität
ä
i iä
... in Anlehnung an das Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie (psephology)
Soziale Kompetenz
Frage G6: Kompetenzbereich „Zusammenleben“
Frage G7: Kompetenzbereich „Soziale Gerechtigkeit“
Frage G8: Kompetenzbereich „Vergangenheitsbewältigung“
... in Anlehnung an J.P. Lederach (living together, justice, truth)
11.12.2007
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Seite 14
Religiöse und soziale Kompetenz
Religiöse Kompetenz
Soziale Kompetenz
Die beiden Faktoren „Soziale Kompetenz“ (Faktor 1)
g
Kompetenz“
p
((Faktor 2)) erklären
und „„Religiöse
sukzessive einen Großteil der Streuungen in den
Daten, und sie sind wechselseitig unabhängig.
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Seite 15
Einschätzungen zur Muslimischen
Gemeinschaft: religiöse
g
Kompetenz
p
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 16
Einschätzungen zur Muslimischen
Gemeinschaft: soziale Kompetenz
p
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 17
Einschätzungen zu Merhamet:
religiöse
g
Kompetenz
p
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 18
Einschätzungen zu Merhamet:
soziale Kompetenz
p
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 19
Einschätzungen zu Mladi Muslimani:
religiöse
g
Kompetenz
p
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 20
Einschätzungen zu Mladi Muslimani:
soziale Kompetenz
p
6.6.2009
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Seite 21
Der soziale Raum von BiH
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Seite 22
Der soziale Raum von BiH
GKV +
Mladi Muslimani
SK
RK
Merhamet
K+
K-
Ö-
Ö+
SK
GKV 11.12.2007
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Seite 23
Interreligiöser Dialog und ‚religiöser Stil‘
Objektive Tauschverhältnisse religiöser Dienstleistungen
1.) Legitimationsbedürfnis der ‚herrschenden‘
‚herrschenden Klassen (Primat religiöser
Kompetenz)
2.) Erlösungsbedürfnis der ‚beherrschten‘ Klassen (Primat sozialer
Kompetenz)
p
)
Objektive Konkurrenzbeziehungen
1.) ‚Klassenkampf‘
a) Zwischen Organisationen mit unterschiedlicher sozialer Position
und unterschiedlichem Symbolinventar (Irrglaube)
b) Zwischen Organisationen mit unterschiedlicher sozialer Position
und gleichem Symbolinventar (Häresie)
2.) ‚Konkurrenzkampf‘
a)) Zwischen
Z i h O
Organisationen
i ti
mit
it gleicher
l i h sozialer
i l P
Position
iti und
d
unterschiedlichem Symbolinventar (Deutungshoheit)
b) Zwischen Organisationen mit gleicher sozialer Position und
gleichem Symbolinventar (Kannibalismus)
6.6.2009
Das Ethos religiöser Friedenstifter
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Seite 24
Thank you for your attention.
Universität Bielefeld
Fakultät für Geschichtswissenschaft,
Philosophie und Theologie
Abt il
Abteilung
Evangelische
E
li h Theologie
Th l i
Fakultät für Soziologie
www.uni-bielefeld.de/theologie/
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