Aus dem Zentrum für Operative Medizin der Universität zu Köln

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Aus dem Zentrum für Operative Medizin der Universität zu Köln
Aus dem Zentrum für Operative Medizin der Universität zu Köln
Klinik und Poliklinik für Herz- und Thoraxchirurgie
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. Th. Wahlers
Retrospektive Untersuchung zum Vergleich von transapikalem
Aortenklappenersatz und konventionellem Aortenklappenersatz als
Reoperation
Inaugural- Dissertation zur Erlangung des Doktorwürde der Medizin
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Elisabeth Stöger
aus Ried/Österreich
promoviert am 27.November 2013
Dekanin/Dekan:
Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h.c. Th. Krieg
1.
Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. Th. Wahlers
2.
Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. J. S. Brunkwall
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe
Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die
aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskripts
habe ich keine Unterstützungsleistungen erhalten.
Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines Promotionsberaters
in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte
Leistungen für die Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorliegenden
Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher
oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Köln, 25.04.2013
Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden unter Anleitung von Privatdozent Dr.
med. N. Madershahian von mir selbst in einer Datenbank gesammelt.
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit freundlicher Unterstützung von
Privatdozent Dr. med. P. Rahmanian, sowie das Instituts für Medizinische Statistik,
Informatik und Epidemiologie der Uniklinik Köln.
Danksagung
Ich möchte mich beim Universitätsprofessor Dr. med. Wahlers (Direktor der Abteilung für
Herz- und Thoraxchirurgie der Uniklinik zu Köln) für die Bereitstellung des Themas bedanken.
Für meine Doktorarbeit möchte ich mich besonders bei meinem Doktorvater, Herrn
Privatdozent Dr. med. N. Madershahian ganz herzlich bedanken, der mich auf das Thema
aufmerksam gemacht und in allen Phasen meiner Doktorarbeit mit struktureller Kritik
unterstützt hat.
Ganz herzlich bedanke ich mich bei Herrn Universitätsprofessor Dr. med. Th. Wahlers für
seine Unterstützung und der Möglichkeit der wissenschaftlichen und klinischen Arbeit in der
Universitätsklinik zu Köln.
Ich möchte mich desweiteren bei Herrn Privatdozent Dr. R. Rahmanian für die Unterstützung
in der medizinischen Statistik und der Korrekturlesung bedanken. Ebenfalls möchte ich mich
bei Privatdozent Dr. rer. medic. M. Hellmich für die Unterstützung in der medizinischen
Statistik und die Überprüfung der statistischen Methoden bedanken.
Desweiteren möchte ich mich beim Kollegen Dr. med. M. Scherner für die wertvollen
Anregungen beim Durchsehen des Manuskriptes bedanken.
Ein ganz herzliches Dankeschön geht an meine Eltern für die stetige Unterstützung während
des Studiums, die mir auch in jeder Lebenslage mit Rat und Tat zur Seite standen.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
1.
Einleitung ......................................................................................................................................... 1
1.1.
Der chirurgische Aortenklappenersatz- historischer Überblick .............................................. 1
1.2.
Das Krankheitsbild der (erworbenen) Aortenklappenstenose ................................................ 1
1.2.1.
Anatomie und Ätiologie................................................................................................... 2
1.2.2.
Pathologie........................................................................................................................ 3
1.2.3.
Pathophysiologie ............................................................................................................. 5
1.3.
Klinik ........................................................................................................................................ 6
1.4.
Diagnostik ................................................................................................................................ 6
1.4.1.
Echokardiographie........................................................................................................... 7
1.4.2.
Invasive Diagnostik .......................................................................................................... 9
1.5.
Der chirurgische Aortenklappenersatz .................................................................................. 10
1.5.1.
Operationsindikation zum konventionellen Aortenklappenersatz und Wahl des
Interventionszeitpunktes .............................................................................................................. 10
1.5.2.
Präoperative Erwägungen zum prothetischen Aortenklappenersatz ............................ 11
1.5.3.
Präoperative Risikostratifizierung ................................................................................. 12
1.5.4.
Der Aortenklappenersatz unter der Verwendung der Herz-Lungen-Maschine ............ 14
1.5.5.
Katheter gestützter Aortenklappenersatz ohne Herz-Lungen-Maschine ..................... 17
1.5.6.
Besonderheiten zur Indikation und Kontraindikation zum konventionellen
Aortenklappenersatz und das aktuelle Indikationsgebiet für den kathetergestützten
Klappenersatz ................................................................................................................................ 18
2.
1.6.
Die herzchirurgische Re-Operation als wesentlicher perioperativer Risikofaktor ................ 20
1.7.
Fragestellung ......................................................................................................................... 21
Methoden ...................................................................................................................................... 22
2.1.
Studiendesign ........................................................................................................................ 22
2.2.
Patientenkollektiv.................................................................................................................. 22
2.3.
Datenerfassung ..................................................................................................................... 22
2.3.1.
2.4.
Operationstechnik ................................................................................................................. 24
2.4.1.
Technik des konventionellen Aortenklappenersatzes.................................................. 24
2.4.2.
Technik der transapikalen Aortenklappenimplantation (TAVI)..................................... 25
2.5.
3.
Postoperative Daten ...................................................................................................... 23
Statistische Verfahren ........................................................................................................... 26
Ergebnisse ..................................................................................................................................... 27
3.1.
Das Patientenkollektiv und präoperative Daten ................................................................... 27
3.1.1
Körperliche Charakteristika der Patientengruppen ...................................................... 27
3.1.2.
Zusätzliche kardiovaskuläre Erkrankungen ................................................................... 29
3.1.3.
Herzrhythmusstörungen ............................................................................................... 30
3.1.4.
Kardiale Belastbarkeit nach NYHA Klassifikation........................................................... 31
3.1.5.
Frühere herzchirurgische und interventionelle Eingriffe .............................................. 32
3.1.6.
Ergebnisse der präoperativen transthorakalen Echokardiographie ............................. 33
3.1.7.
Echokardiographische Charakteristika präoperativ ...................................................... 34
3.1.8.
Präoperative Risikostratifizierung mittels EuroSCORE und STS-Score .......................... 35
3.2.
Operationsdaten ................................................................................................................... 37
3.2.1.
Operationszeiten ........................................................................................................... 37
3.2.2.
Klappenprothesen ......................................................................................................... 38
3.2.3.
Intraoperative Komplikationen ..................................................................................... 40
3.3.
Mortalität .............................................................................................................................. 41
3.3.1.
Krankenhausmortalität.................................................................................................. 41
3.3.2.
Langzeit- und Gesamt-Mortalität .................................................................................. 41
3.4.
Durchführung von Überlebenszeitanalysen .......................................................................... 45
3.5.
Morbidität ............................................................................................................................. 47
3.5.1.
Klappenbedingte Re-Operationen................................................................................. 47
3.5.2.
Blutungskomplikationen und blutungsbedingte Re-Operation .................................... 47
3.5.3.
Thrombembolische und hämorrhagische Komplikationen ........................................... 49
3.5.4.
Infektionen und Re-Operationen .................................................................................. 49
3.5.5.
Kardiale Komplikationen ............................................................................................... 50
3.5.6.
Pulmonale Komplikationen ........................................................................................... 52
3.5.7.
Nephrologische Komplikationen ................................................................................... 53
3.5.8.
Neurologische Komplikationen ..................................................................................... 54
3.5.9.
Sonstige Komplikationen ............................................................................................... 54
3.6.
Stationärer Aufenthalt........................................................................................................... 55
3.7.
Hämodynamik postoperativ .................................................................................................. 55
4.
Diskussion ...................................................................................................................................... 57
5.
Limitationen .................................................................................................................................. 66
6.
Zusammenfassung......................................................................................................................... 67
7.
Anhang .......................................................................................................................................... 69
7.1
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 69
7.2.
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... 70
8.
Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 71
9.
Lebenslauf ..................................................................................................................................... 78
Abkürzungsverzeichnis
AATS: American Association of Thoracic Surgeons
Abb. : Abbildung
ACC: American College of Cardiology
ACT: Activated Clotting Time
ACVB: Aortokoronarer Bypass
AHA: American Heart Assosiation
AI: Aorteninsuffizienz
AKE: Aortenklappenersatz
KÖF: Klappenöffnungsfläche
LDL: Low Density Lipoproteins
AP: Angina Pectoris
ASE: American Society of Echocardiography
BMI: Body-Mass-Index
bzw. beziehungsweise
CK Kreatinin- Kinase
CK-MB Kreatinin- Kinase Isoenzym MB
cm: Zentimeter
cm2 Quadratzentimeter
COPD: Chronisch obstructive Pulmonary Disease
 P : Druckgradient (delta p)
EACTS: European Association for Cardiothoracic Surgery
ECMO: Extrakorporale Membranoxygenierung
EF Ejektionsfraktion
EK: Erythrozytenkonzentrat
 Viskosität
FFP: Fresh frozen plasma
I : Strom-Zeit-Volumen
IABP: Intraaortale Ballonpumpe
IVSD: interventrikuläre Septumdicke
IL: Interleukin
kg Kilogramm
KHK: Koronare Herzkrankheit
LCOS: Low cardiac output syndrome
LV: Linker Ventrikel
LVEDD Linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser
m2 Quadratmeter
mm: Millimeter
mmHg: Millimeter Quecksilbersäule
NYHA: New York Heart Assosiation, Dyspnoe Klassifikation
OP: Operation
pAVK: peripher arterielle Verschlusskrankheit
pmax: Maximaler Druckgradient
pmean: Mittlerer Druckgradient
SD Standardabweichung
TGF: Tumor Growth Factor
TIA: Transistorische ischämische Attacke
TT: Thrombozytenkonzentrat
UKHVR: United Kingdom Heart Valve Registry
V: Velocity = Geschwindigkeit
Vmax: Maximale Flussgeschwindigkeit
z.B. Zum Beispiel
z.T.: zum Teil
Tabelle 1: Evidenzklassifikation
Evidenzklassifikation
Empfehlungen
Ia
Ib
IIa
IIb
III
IV
Evidenzgrad
A
B
C
Definition
Evidenz durch Meta-Analysen von mehreren randomisierten,
kontrollierten Studien.
Evidenz aufgrund von mindestens einer randomisierten,
kontrollierten Studie.
Evidenz aufgrund von mindestens einer gut angelegten, jedoch
nicht randomisierten und kontrollierten Studie.
Evidenz aufgrund von mindestens einer gut angelegten quasiexperimentellen Studie.
Evidenz aufgrund gut angelegter, nicht-experimenteller
deskriptiver
Studien
wie
etwa
Vergleichsstudien,
Korrelationsstudien oder Fall-Kontroll-Studien.
Evidenz aufgrund von Berichten der Experten-Ausschüsse oder
Expertenmeinungen bzw. klinischer Erfahrung anerkannter
Autoritäten.
Daten aus mehreren ausreichend großen, randomisierten
Studien oder Metaanalysen.
Daten aus einer randomisierten Studie oder mehreren großen
nicht-randomisierten Studien oder Registern.
Konsensus- Meinung der Expertengruppe, aus Fallberichten
oder klinischer Erfahrung
1.
Einleitung
1.1.
Der chirurgische Aortenklappenersatz- historischer Überblick
Patienten mit Klappenvitien wiesen wegen fehlender Interventionsmöglichkeiten bis in den
50er Jahren eine schlechte Prognose mit sehr geringer Überlebensrate auf (85). Anfängliche
operative Therapieverfahren waren die Aortenklappensprengung, erstmalig durch Tuffier im
Jahre 1912 durchgeführt, und die Mitralklappensprengung durch Cutler im Jahre 1923. Die
Kommissurotomie setzte sich erst 20 Jahre später durch, hierbei sind Bailey (4) im Jahre
1946, Harken (47) im Jahre 1948 und Brock (16) im Jahre 1948 zu nennen. Erst mit Einsatz
der Herzlungenmaschine durch Gibbon im Jahre 1954 wurde die intrakardiale Herzchirurgie
möglich (40).
1.2.
Das Krankheitsbild der (erworbenen) Aortenklappenstenose
Bei der degenerativen Aortenklappenstenose handelt es sich um die häufigste valvuläre
Herzerkrankung im höheren Patientenalter. Hierbei kommt es durch Kalkablagerungen der
trikuspiden oder einer kongenital angelegten bikuspiden Aortenklappe zu einer
Bewegungseinschränkung der Klappensegel und zur Reduktion der Klappenöffnungsfläche
(KÖF). Es handelt sich hierbei um eine chronisch progrediente Erkrankung (34). Nach einem
teils über Jahrzehnte währenden symptomfreien Intervall treten die Symptome der
Aortenklappenstenose wie Herzinsuffizienz, Angina pectoris, Schwindel und Synkope auf. Die
Prävalenz der hochgradigen Aortenklappenstenose liegt bei über 65-Jährigen bei 1,3%, steigt
bei über 75-Jährigen auf 2,4% und liegt bei über 85-Jährigen bei 4% (104). Hochrechnungen
zufolge könnte die Prävalenz der symptomatischen Aortenklappenstenose bei den über 65jährigen Patienten im Jahre 2025 auf 3% ansteigen (104).
Die durchschnittliche Lebenserwartung einer symptomatischen Aortenklappenstenose unter
medikamentöser Therapie beträgt ab diesem Zeitpunkt nur noch zwei bis vier Jahre (53,83).
Das mittlere Überleben der Patienten nach Diagnosestellung beträgt 23 ± 5 Monate, das 1-
1
Jahres-Überleben liegt bei 80% (111). Die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit wird
hingegen nur noch mit 18% ± 7% angegeben (53).
Aufgrund dieser schlechten Prognose ist der Goldstandard in der Behandlung der
hochgradigen Aortenklappenstenose der chirurgische Aortenklappenersatz. Die Bedeutung
der operativen Behandlung der degenerativen Aortenklappenstenose wird in den folgenden
Jahren zunehmen, da nicht nur die Inzidenz der Aortenklappenstenose ab dem 75.
Lebensjahr stark ansteigt (73), sondern auch die durchschnittliche Lebenserwartung der
Bevölkerung der westlichen Industrienationen zunimmt (10,102-103).
Nicht nur die Prognose der Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose ist schlecht,
sondern auch die Lebensqualität dieser Patienten ist deutlich eingeschränkt. Aufgrund der
bestehenden und voraussichtlich noch zunehmenden Bedeutung dieses Krankheitsbildes
werden die Bemühungen zur Optimierung der bestehenden Therapie sowie von
konservativen Verfahren, als auch von operativen/interventionellen Verfahren ständig
vorangetrieben.
1.2.1. Anatomie und Ätiologie
Die Aortenklappe besteht aus drei Segeln, den valvula semilunaris, und befindet sich am
Übergang des linken Ventrikels zur Aorta ascendens (96). Die gefäßfreien und mit feinen
Nervenfasern durchzogene Aortenklappe weist beim Gesunden eine Klappenöffnungsfläche
von 2,6 - 3,5 cm² auf (34). Die Funktion dieser Klappe besteht darin, das Blut in antegrader
Richtung zu lenken. In ca. 2% der Bevölkerung ist die Aortenklappe bikuspid angelegt.
Folglich ist das Gewebe einer höheren mechanischen Belastung ausgesetzt, was zu einer
höheren Komplikationsrate im Alter im Sinne einer frühzeitig entstehenden Verkalkung
(kalzifizierende Aortenklappenstenose) und Degeneration führt (38).
Die
erworbene
Aortenklappenstenose
tritt
praktisch
ausschließlich
als
valvuläre
Aortenklappenstenose auf und verengt den linksventrikulären Ausflusstrakt im Bereich der
Klappe. Hierbei wird die rheumatische Aortenklappenstenose von der degenerativ
verkalkenden Aortenklappenstenose unterschieden. In Bezug auf die Genese der
Aortenklappenstenose vollzog sich in den letzten Jahrzehnten ein Wandel. Während in den
2
fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts die rheumatische Genese als Hauptursache der
verkalkenden valvulären Aortenklappenstenose angenommen wurde (90), zeigen neuere
pathologisch-histologische Untersuchungen, dass in 75% der Fälle angeborene oder nicht
rheumatische degenerative Formen der Aortenklappenstenose zugrunde liegen (113).
1.2.2. Pathologie
Die kalzifizierende Aortenklappenstenose ist eine aktive Erkrankung mit einem jahre- bis
jahrzehntelangen Verlauf, die in vielfacher Hinsicht mit der Atherosklerose verglichen
werden kann. Sie ist durch Lipidablagerungen, chronische Entzündungen und aktive
Kalzifizierung der Segelklappen (38) charakterisiert. Genetische Faktoren, Scherkräfte und
auch eine bikuspid angelegte Aortenklappe begünstigen die Entwicklung einer
Aortenklappensklerose.
Bereits fokale subendotheliale Läsionen auf der Aortenseite der Segelklappe weisen eine
Ansammlung von atheromatösen Lipoproteinen, einschließlich Low Density Lipoproteins
(LDL) und Lipoprotein(a) auf. Oxidation von LDL führt zur inflammatorischen Zellinfiltration
mit mikroskopischen Kalzifikationen. Diese subendothelialen Läsionen werden unter
anderem durch Scherkräfte im Bereich der Klappe hervorgerufen. Untersuchungen ergaben,
dass Scherkräfte im Bereich des akoronaren Segels höher sind, als im Bereich der koronaren
Segel. Der Scherrstress im Bereich der koronaren Segel ist niedriger aufgrund des Blutflusses
über die Koronargefäße in der Diastole. Daher ergeben sich die ersten Affektionen der
Aortenklappensklerose am akoronaren Segel (38). Diese These wird unter anderem durch
den Vergleich von tri- und bikuspid angelegten Klappen unterstützt, da sich die
symptomatische Aortenklappenstenose bei bikuspid angelegten Klappen fast zwei Dekaden
früher manifestiert (9,80).
3
Abbildung 1: Pathogenese der Aortenklappenstenose: Bei einer Läsion des
Klappenendothels kommt es zur Einwanderung von T-Zellen, Monozyten und LDL in das
subendotheliale Gewebe. Angiotensin II und die vorliegenden Zytokine IL 1ß und TGF 1ß
lösen eine Transformation von Fibroblasten in Osteoblasten aus. Die Osteoblasten und das
durch die Makrophagen ausgeschüttete Kalzium führen zu Kalkablagerungen in das
subendotheliale Gewebe (38,76).
Risikofaktoren, die den Progress der Aortenklappensklerose zur Aortenklappenstenose
fördern, sind das Alter, das männliche Geschlecht, Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie,
Diabetes mellitus, das metabolische Syndrom und Nikotinabusus (83,104).
4
1.2.3. Pathophysiologie
Die Kalzifikation der Aortenklappenstenose führt zur eingeschränkten Mobilität und die
zusätzlichen
Verklebungen
der
Segel
führen
zur
Verkleinerung
der
Aortenklappenöffnungsfläche. Die Reduktion der Aortenklappenöffnungsfläche hat eine
Steigerung der Druckgradienten zur Folge, der wiederum von der Herzfrequenz, dem
Schlagvolumen und somit von der LV-Funktion abhängig ist (34). Die Reduktion der KÖF führt
zu einer Druckbelastung des linken Ventrikels (LV), der mit einer linksventrikulären
Hypertrophie reagiert. Diese kompensatorische Reaktion des linken Ventrikels dient primär
dazu, den höheren Druckgradienten über die Aortenklappe zu überwinden und damit der
Aufrechterhaltung
des
notwendigen
Herzzeitvolumens.
Bei
länger
anhaltender
Kompensation der linksventrikulären Funktion kommt es zuerst zu einer diastolischen
Funktionsstörung des linken Ventrikels, mit linksventrikulärer Compliance-Störung, bedingt
durch die überproportionale intrakardiale Bindegewebsvermehrung, die durch disseminierte
Vernarbungen entstehen (50). Der dadurch entstehende Rückstau in den Lungenkreislauf
mit anschließender Lungenstauung, führt zur Leistungsminderung und Dyspnoe.
Kann die linksventrikuläre Hypertrophie die chronische Druckbelastung nicht mehr
kompensieren, führt dies zu einer linksventrikulären Dilatation und zu einer Abnahme der
systolischen Funktion. Durch die linksventrikuläre Hypertrophie besteht bereits ein erhöhter
Sauerstoff-Bedarf. Zusätzlich führt die erhöhte Wandspannung zu einer Beeinträchtigung des
subendokardialen Blutflusses, so dass eine Angina pectoris auch ohne Koronarstenose
besteht. Dies wird auch die relative Koronarinsuffizienz genannt.
Nicht nur durch eine Fehlantwort linksventrikulärer Barorezeptoren, die eine periphere
Vasodilatation bewirkt, sondern auch durch die Veränderungen im linken Ventrikel wird eine
Fixierung
des
Herzzeitvolumens
(HZV)
hervorgerufen,
Minderperfusion mit Synkopen und Schwindel entsteht (34).
5
so
dass
eine
zerebrale
1.3.
Klinik
Das Spektrum der klinischen Symptomatik reicht von der Aortensklerose ohne
hämodynamische Relevanz bis zu einer hämodynamisch wirksamen Aortenklappenstenose.
In der Regel werden Patienten bei einer Klappenöffnungsfläche < 1,0 cm² symptomatisch
(51).
Die klassische Symptomentrias, die meist im späten Stadium des Krankheitsbildes auftritt,
besteht aus Dyspnoe, Angina pectoris und Synkopen. Die anfangs symptomfreie
degenerative Aortenklappenstenose weist eine gute Prognose auf. Im Verlauf eines Jahres
kommt es zu einer Reduktion der Klappenöffnungsfläche von durchschnittlich 0,1 cm² (35)
oder einer Zunahme des mittleren Druckgradienten über die Klappe um 7 mmHg (18,79).
Teils
weisen
Patienten
aufgrund
körperlicher
Schonung
trotz
hochgradiger
Aortenklappenstenose keinerlei Symptome auf. Jedoch liegt das Risiko in den folgenden 2
Jahren schwere kardiale Komplikationen zu entwickeln und eines plötzlichen Herztodes zu
versterben bei 25%. Dies zeigt die rasche Progredienz der Aortenklappenstenose mit einem
nur kurz andauernden symptomfreien Intervall im Stadium der hochgradiogen
Aortenklappenstenose (50).
1.4.
Diagnostik
Die Diagnostik zur Erfassung einer hochgradigen Aortenklappenstenose umfasst neben einer
differenzierten klinischen Untersuchung mit Inspektion, Palpation und Auskultation die
Durchführung eines 12-Kanal-EKGs und evtl. einer Thorax-Röntgenaufnahme. Für die
präoperative Evaluation sind insbesondere die Echokardiographie und (nicht zuletzt zum
Ausschluss
einer
begleitend
Linksherzkatheterdiagnostik
von
vorliegenden
koronaren
Bedeutung. Im
Folgenden
Untersuchungsmodalitäten eingegangen.
6
Herzkrankheit)
wird
näher
auf
die
die
1.4.1. Echokardiographie
Die transthorakale (TTE) oder transoesophageale Echokardiographie (TEE) sind wichtige
diagnostische Hilfsmittel zur Beurteilung kardialer Vitien. Es erfolgt die morphologische
Beurteilung von Verdickung, Kalzifikation und Mobilität der Klappensegel, die Beurteilung
der systolischen Funktion und einer eventuell bestehenden linksventrikulären Hypertrophie
und erlaubt eine Bestimmung der Volumina des linken Ventrikels gemäß den Guidelines der
AHA (19) und der American Society of Echokardiography (52). International gebräuchliche
Parameter zur Klassifikation der Aortenklappenstenose sind die Spitzengeschwindigkeit der
Blutströmung über die Aortenklappe (Vmax), der maximale und mittlere Druckgradient über
die Aortenklappe (pmax und pmean) und die Klappenöffnungsfläche (KÖF) (49),(61).
Die Aortenklappenöffnungsfläche wird durch die Kontinuitätsgleichung errechnet:
A2 = A1 x V1
V2
Hierbei gilt: A2:Aortenklappenöffnungsfläche, A1: Diameter des linksventrikulären
Ausflusstrakts, V1: prästenotisches Geschwindigkeitsintegral, V2: intrastenotisches
Geschwindigkeitsintegral
Der mittlere transvalvuläre Druckgradient wird durch die vereinfachte Bernoulli-Gleichung
berechnet:
2
pmean =V max
Hierbei gilt: Pmean der mittlere Druckgradient
Maximalgeschwindigkeit über die Klappe.
über
die
Klappe,
Vmax:
Die
Die Höhe der Druckgradienten ist somit von der Geschwindigkeit der Blutströmung über die
Klappe,
aber
auch
von
der
linksventrikulären
Funktion
abhängig.
Erniedrigte
Druckgradienten liegen vor, wenn das Herzzeitvolumen infolge der myokardialen Insuffizienz
erniedrigt ist (34). Die Ermittlung des Stenosegrades bei Patienten mit erniedrigter
linksventrikulärer Funktion stellt sich als besondere diagnostische Herausforderung dar, weil
hier falsch erniedrigte Gradienten gemessen werden können (27).
7
Die Klappenöffnungsfläche kann mittels TEE aufgrund des höheren Auflösungsvermögen und
der besseren Bildqualität optimal ermittelt werden. Eine hochgradige Aortenklappenstenose
liegt vor, wenn die Klappenöffnungsfläche < 1,0 cm² beträgt, der mittlere Druckgradient > 44
mmHg liegt und/oder die Spitzengeschwindigkeit des Blutflusses über der Aortenklappe > 4
m/s ist. Bei Vorliegen einer asymptomatischen Aortenklappenstenose kann man oftmals
echokardiographisch eine inadäquate Adaptation des Myokards nachweisen, welche durch
Abfall der Ejektionsfraktion oder des Schlagvolumens unter Belastung begründet ist. Damit
besteht
in
der
Echokardiographie
der
Goldstandard
in
der
Diagnostik
einer
Aortenklappenstenose, wobei die im Folgenden erläuterte Links-Herz-Katheter-Diagnostik
insbesondere präoperativ einen erheblichen Stellenwert besitzt.
Tabelle 2: Grad der Aortenklappenstenose nach ACC/AHA Guidelines zum Management der
Patienten mit valvulärer Herzerkrankung, 2006
Grad der Aortenklappenstenose
Klappenöffnungsfläche in cm²
Leichte
Stenose
>1,5cm²
Mittlerer Druckgradient pmean
< 25 mmHg
Spitzengeschwindigkeit des Blutstroms in m/s < 3m/s
Mittelschwere Schwere
Stenose
Stenose
1,0-1,5 cm²
<1,0 cm²
25-40 mmHg
3,0 - 4,0 m/s
> 40 mmHg
>4,0 m/s
Quelle: nach ACC/AHA 2006 guidelines for the management of patients with valvular heart
disease: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task
Force on Practice Guidelines (writing committee to revise the 1998 Guidelines for the
Management of Patients With Valvular Heart Disease): developed in collaboration with the
Society of Cardiovascular Anesthesiologists: endorsed by the Society for Cardiovascular
Angiography and Interventions and the Society of Thoracic Surgeons. (12)
8
1.4.2. Invasive Diagnostik
Sobald sich klinische Symptome einstellen und eine operative Therapie geplant ist, wird eine
Links-Herz-Katheter-Untersuchung (LHK) durchgeführt, die primär dem Ausschluss einer
begleitenden koronaren Herzerkrankung dient.
Zudem kann in speziellen Fällen eine Lävokardiographie durchgeführt werden, wenn die
nicht-invasive Untersuchung kein eindeutiges Ergebnis liefert oder zu hohe Diskrepanzen
vorliegen. Dabei ist die unter Umständen erschwerte Passage des Katheters durch die
kalzifizierte Aortenklappe zu bedenken. In der Lävokardiographie sind drei Parameter der
Gradienten- Bestimmung gebräuchlich:

Spitzengradient

Peak-to-peak Gradient

Mittlerer Gradient
Beim Spitzendruck handelt es sich um den momentanen Druckunterschied zwischen linkem
Ventrikel und Aorta aszendens. Der peak-to-peak Gradient ist die Differenz zwischen dem
maximalen systolischen Druck des linken Ventrikels und der Aorta aszendens. Der mittlere
Druckgradient ist das Flächenintegral zwischen dem linksventrikulären Druck und dem Druck
in der Aorta aszendens; dieser ist auch der wichtigste hämodynamische Parameter (34).
Zudem kann die angiographische Bestimmung der LV-Volumina, der Austreibungsfraktion,
des Verkalkungsgrades, die Erkennung von begleitenden Klappenvitien und die Ermittlung
der KÖF mittels Gorlin-Formel (42) erfolgen. In die Gorlin-Formel fließen der mittlere
Druckgradient, die systolische Ejektionsdauer und das Herz-Zeit-Volumen (HZV) ein.
KÖF(cm²)=
Herzzeitvolumen (ml/min)____________________
Herzfrequenz (1/min) x systolische Ejektionsdauer (s) x 44,3 x pmean (mmHg)
Hierbei gilt: KÖF: Klappenöffnungsfläche, Pmean: der mittlere Druckgradient über die Klappe
9
1.5.
Der chirurgische Aortenklappenersatz
1.5.1. Operationsindikation zum konventionellen Aortenklappenersatz und Wahl des
Interventionszeitpunktes
Die Operationsindikation ist von mehreren Faktoren abhängig, hierzu gehören das
Patientenalter, das Operationsrisiko, die linksventrikuläre Funktion, und die klinische
Symptomatik des Patienten. Bei erworbenen Aortenklappenstenosen orientiert sich die
Operationsindikation an den aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften (Deutschen
Gesellschaft für Kardiologie(25), European Society of Cardiology (ESC) (110) und American
College of Cardiology/ American Heart Association (AHA/ACC) (12))
Demnach ist ein operativer Aortenklappenersatz unter folgenden Voraussetzungen indiziert:

Bei
symptomatischen
Patienten
mit
schwerer
Aortenklappenstenose,
einer
Klappenöffnungsfläche < 1,0 cm², pmean >40 mmHg, Vmax 4 m/s (Evidenzgrad IB).

Bei symptomatischen Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose, und gleichzeitiger
Operation an den Koronararterien, an einer anderen Herzklappe oder an der Aorta
(Evidenzgrad IC).

Bei asymptomatischen Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose oder mäßiger
Aortenklappenstenose mit einer Klappenöffnungsfläche von 1,0-1,5 cm², pmean 25-40
mmHg, Vmax 3-4 m/s, und gleichzeitiger Operation an den Koronararterien, an einer
anderen Herzklappe oder an der Aorta (Evidenzgrad IIa B).

Asymptomatische Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose und linksventrikulärer
Dysfunktion ( EF <50 %) (Evidenzgrad I C), abnormer Belastungsreaktion (verifiziert durch
EKG Veränderungen, z.B. komplexe ventrikuläre Rhythmusstörungen (Evidenzgrad IIb C)
oder
Hypotension
(Evidenzgrad
IIb
C),
progrediente
linksventrikulären Pumpfunktion (Evidenzgrad IIb C).
10
Verschlechterung
der

Asymptomatische
Patienten
mit
schwerer
Aortenklappenstenose
mit
rascher
Progredienz der Aortenklappenverkalkung (Evidenzgrad IIb C) oder der koronaren
Herzerkrankung.

Asymptomatische
Patienten
mit
schwerer
Aortenklappenstenose,
mit
einer
Klappenöffnungsfläche <0,6 cm², pmean >60 mmHg, Vmax >5 m/s (Evidenzgrad IIb C).
Für die Prognose des Patienten ist es entscheidend, eine beginnende Dekompensation
frühzeitig zu erkennen. Dabei ist auch die voraussichtliche Progredienz des Vitiums und die
geringe Krankenhausletalität von 1,5-2,5 % (70,86)
nach einem konventionellen
Aortenklappenersatz
berücksichtigen.
bei
Aortenklappenersatz noch
elektiven
Patienten
zu
vor der beginnenden Dekompensation
des
Kann
ein
Patienten
durchgeführt werden, führt ein Aortenklappenersatz und somit die Beseitigung der Nachlast
zu einem Anstieg des linksventrikulären Volumens und der myokardialen Masse und damit
zu einer Regression der myokardialen Hypertrophie und einer Abnahme des fibrösen
Bindegewebes im Verlauf von 1bis 2 Jahren (77,93). Ein Interventionszeitpunkt im Stadium
der
akuten oder chronischen Dekompensation führt demgegenüber zu einer deutlich
schlechteren Prognose, sowohl hinsichtlich des unmittelbaren postoperativen Outcomes, als
auch in Bezug auf die erwünschte Rekompensation und Regression der Fibrose.
1.5.2.
Präoperative Erwägungen zum prothetischen Aortenklappenersatz
Für den Aortenklappenersatz stehen mechanische und biologische Prothesen zur Verfügung
(84). Aufgrund der guten Hämodynamik und der hohen Zuverlässigkeit dominiert bei den
mechanischen Klappen die 2-Flügelklappe; weitere Vorteile bei der Verwendung der
mechanischen Prothese sind die fehlenden degenerativen Veränderungen (65) und die hohe
mechanische Lebensdauer (68), die über das Lebensalter der Patienten hinausgeht (46).
Durch die verbesserte Technik treten Materialermüdung und Fertigungsfehler nicht mehr
auf. Nachteilig ist wegen der erhöhten Thrombogenität die lebenslange Notwendigkeit der
oralen Antikoagulation (97) und die daraus folgende erhöhte Mortalität durch
Blutungskomplikationen (57).
11
Bei der biologischen Aortenklappe unterscheidet man Xenografts von Allografts. Xenografts
werden aus porcinen Herzklappen oder bovinem Rinderperikard hergestellt. Bei Allografts
handelt es sich um menschliche Aortenklappen von Organspendern. Wegen der geringen
Verfügbarkeit werden Allografts zum Aortenklappenersatz nur gering verwendet, so wurden
in Jahr 2007 in Deutschland 42 Aortenklappenersätze durch Allografts durchgeführt (45).
Diese Zahl fiel im Jahre 2009 bereits auf 27 (44).
Hauptvorteile des biologischen Aortenklappenersatzes gegenüber dem mechanischen
Aortenklappenersatzes sind die guten hämodynamischen Eigenschaften vor allem der
stentless-Prothesen (14), die hohe Bioverfügbarkeit in Bezug auf Xenografts und das niedrige
Thromboembolierisiko, so dass auf eine langfristige orale Antikoagulation verzichtet werden
kann (21). Nachteilig sind die möglichen degenerativen Kalzifikationen (28,56) der
Prothesenklappe, die zu einer Re-Stenose der Bioprothese führen können und somit im
Verlauf
eine
erneute
Operation
erforderlich
sein
kann
(41,75).
Spezielle
Konservierungsverfahren wurden entwickelt, um die Kalzifizierung zu verzögern oder im
besten Fall zu hindern (75).
Eine alternative zum prothetischen Aortenklappenersatz ist die Ross-Operation, bei der die
native Pulmonalarterienklappe in die Aortenklappenposition und ein Xenograft in
Pulmonalarterienposition implantiert wird (94). Diese Operation wird vor allem bei jungen
Adoleszenten, Frauen mit Kinderwunsch und Erwachsenen vor dem 65. Lebensjahr
durchgeführt, insbesondere, wenn bei diesen Patienten eine orale Antikoagulation mit
einem aus medizinischer Sicht deutlich erhöhten Langzeitrisiko verbunden ist (98).
1.5.3. Präoperative Risikostratifizierung
Zur Beurteilung des perioperativen Risikos für Morbidität und Mortalität wurden
verschiedene Risikostratifizierungsmodelle entworfen. Im Jahre 1995 erfolgte mit der
EuroSCORE-Studie (European System for Cardiac Operative Risk Evaluation) die Analyse von
19030 Patienten mit verschiedenen Risikofaktoren auf die Signifikanz hinsichtlich der 30Tage-Mortalität (89).
12
Diese Studie Euroscore, die an Patienten durchgeführt worden ist, die einer Bypassoperation
unterzogen wurden, war Grundlage für die Entwicklung dieses Risikostratifizierungsmodels.
Im internationalen Gebrauch sind der numerische EuroSCORE (EuroSCORE num) und der
logistische EuroSCORE (Euroscore log). Der numerische EuroSCORE (72) ist ein einfaches
Punktesystem mit objektiven Risikofaktoren. Es wurden 17 Risikofaktoren identifiziert,
welche die 30-Tage-Mortalität nach einer herzchirurgischen Operation signifikant
beeinflussen.
Hierzu
zählen
unter
anderem
das
Alter,
Geschlecht,
vorliegende
Lungenerkrankungen, der Gefäßstatus des Patienten, neurologische Defizite, die
präoperative Nierenfunktion, die Behandlung eines Diabetes mellitus, die Beurteilung der
linksventrikulären Funktion und kardiale Vitien, stattgehabte Myokardinfarkte, die
Belastbarkeit des Patienten und früher durchgeführte herzchirurgische Operationen. Ein
niedriger Punktewert verdeutlicht ein geringes Risiko (0-2 Punkt niedriges Risiko, 3-5 Punkt
mittleres Risiko, ab 6 Punkte hohes Risiko). Wegen einer potentiellen Unterschätzung der
Mortalität bei Verwendung des numerischen EuroSCOREs bei Hochrisikopatienten steht der
logistische EuroSCORE (71,88) zur Verfügung, der auf einer multivarianten Analyse der oben
aufgeführten Risikofaktoren beruht und der das vorausgesagte Mortalitätsrisiko in Prozent
angibt. Im Jahre 2011 wurde bei dem EACTS das EuroSCORE II eingeführt.
Ein weiteres Risikostratifizierungsmodell ist der STS-Score, der von der Society of thoracic
surgery entwickelt wurde. Die Abschätzung der 30-Tage Mortalität erfolgt anhand von
demographischen Parametern und Risikofaktoren. Des Weiteren existieren Unterformen
des STS-Score-Systems zur differenzierteren Abschätzung der Auftretenswahrscheinlichkeit
von postoperativen Morbiditäten. In diesen wird beispielsweise die Wahrscheinlichkeit
eines postoperativ neuaufgetretenen neurologischen Defizits, oder eines akuten
dialysepflichtigen Nierenversagens, einer verlängerten Intubationszeit oder einer sternalen
Wundinfektion angegeben. Der STS-Score zu Morbidität und Mortalität ergibt sich aus der
Zusammenfassung der genannten Unterpunkte zur Abschätzung des Gesamtrisikoprofils
eines Patienten vor einer Herzoperation und damit auch vor einem Aortenklappenersatz
(78).
13
1.5.4. Der Aortenklappenersatz unter der Verwendung der Herz-Lungen-Maschine
Der konventionelle Aortenklappenersatz als Goldstandard der Therapie der hochgradigen
Aortenklappenstenose erfolgt im Kreislaufstillstand mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine
(HLM). Während der herzchirurgischen Operation gewährleistet die HLM die Pumpfunktion
des Herzens durch mechanische Pumpen (Rollen- und Zentrifugalpumpen) und die Funktion
der Lunge durch Versorgung des Kreislaufes mit oxygeniertem Blut und Elimination des
anfallenden
Kohledioxids.
Außerdem
kann
die
Bluttemperatur
und
somit
die
Patiententemperatur mit der Herzlungenmaschine geregelt werden.
Nachdem durch Anlage der Herzlungenmaschine die Herz- und Lungen-Funktion
gewährleistet ist, wird mittels Klemmen der Aorta die Aortotomie durchgeführt, die
degenerative
Aortenklappe
reseziert
und
ein
prothetischer
Aortenklappenersatz
durchgeführt.
Die
Geburtsstunde
der
Aortenklappenchirurgie
wurde
durch
die
erste
offene
Mitralkommissurotomie und Anuloplastik durch Lillehei (63) im Jahre 1956 eingeläutet.
Bereits im Jahre 1960 wurde der erste erfolgreiche mechanische Aortenklappenersatz von
Harken (48) durchgeführt, es folgte der mechanische Mitralklappenersatz durch Starr und
Edwards (101). Hierbei handelte es sich um eine Käfigklappen-Prothese, die eine strukturelle
Stabilität aufwies. Nachteilig war die Größe der Klappe mit Obstruktion des
linksventrikulären Ausflusstraktes (6). Zudem wies die Klappe eine erhöhte Thrombogenität
und Hämolyse auf. Eine klappenbedingte erhöhte Sterblichkeit konnte ebenfalls
nachgewiesen werden (1).
Abbildung 2: Starr-EdwardsTM Herzklappe- die Kugelkäfig- Klappe, mit freundlicher
Genehmigung von Creative Commons (117)
14
Durch die Weiterentwicklung der mechanischen Klappenprothese wurde erstmalig im Jahre
1969 die Björk-Shiley-Prothese (11) implantiert. Es handelt sich hierbei um eine
Kippscheiben-Prothese und zeichnet sich durch eine höhere Klappenöffnungsfläche, eine
geringere Thrombogenität und geringere Hämolyse aus.
Abbildung 3: Björk-Shiley KlappeTM, Kippscheibenprothese mit pyrolisiertem Carbon
beschichtet, mit freundlicher Genehmigung von Lawyers and Settlements (108)
Die
Björk-Shiley-Klappenprothese
wies
jedoch
auch
Strut-Frakturen
und
Diskus-
Embolisationen auf (3,60), sodass durch weitere Innovationen im Bereich der mechanischen
Aortenklappen die erste Zwei-Flügelklappe im Jahre 1977 eingesetzt werden konnte und die
Björk-Shiley-Klappe langsam ablöste. Die Zwei-Flügelklappe wird noch heute eingesetzt.
Abbildung 4: St. Jude Mechanical Aortenklappenprothese (heute gebräuchlichste 2-FlügelKlappe), mit pyrolisiertem Carbon beschichtet, mit freundlicher Genehmigung von St. Jude
Medical (107)
Im gleichen Maße wie die Entwicklung der mechanischen Aortenklappenprothesen
vorangetrieben wurde, so schritt die Weiterentwicklung auch bei den biologischen
15
Prothesenklappen voran. Nachdem die ersten Homografts bereits 1962 durch Ross (91-92)
und
Barratt-Boyes
(7)
implantiert
wurden,
war
der
nächste
Meilenstein
der
Klappenimplantation durch Ross mit der autologen Homograft Implantation bereits im Jahre
1967 erreicht worden. Zeitgleich wurde im Jahre 1965 die Ära der biologischen
Aortenklappen-Implantation mittels Xenograft-Klappen durch Carpentier (17) eingeläutet.
Diese biologischen Klappen sind auf einem Drahtgerüst aufgespannt und werden daher auch
gestentete Prothesen genannt. Seither befinden sich Xenografts aus porcinem, equinem
oder bovinem Material in klinischen Gebrauch. Die am häufigsten verwendete bovine
Herzklappe besteht aus Rinderperikard.
Abbildung 5: Carpentier EdwardsTM Perimount Herzklappenprothese aus Rinderperikard, mit
freundlicher Genehmigung von Edwards Lifesciences® (20)
Nach einer über fast 20 Jahre währenden Entwicklungsphase wurden die ersten stentless
Bioprothesen (112) in den Markt eingeführt. Diese zeichnen sich durch das Fehlen des
Drahtgerüstes aus und weisen somit im Vergleich zu anderen Klappenprothesen eine
größere Klappenöffnungsfläche auf.
Abbildung 6: Sorin freestyleTM mono- gerüstlose Bioprothese, mit freundlicher Genehmigung
von Sorin®(100)
16
1.5.5. Katheter gestützter Aortenklappenersatz ohne Herz-Lungen-Maschine
Mit dem Ziel, die perioperative Morbidität (78) und Mortalität bei Patienten mit höherem
Patientenalter zu verringern, entwickelten in den letzten Jahrzehnten mehrere
Arbeitsgruppen eine Methode zum kathetergestützten
Aortenklappenersatz (2).
Grundlegendes Prinzip ist der kathetergestützte Ersatz durch das Einbringen der (initial
gefalteten) Klappenprothese über das Gefäßsystem oder über die Herzspitze ohne die
Notwendigkeit zur medianen Sternotomie oder die Verwendung der Herz-Lungen Maschine
(näheres zur OP-Technik siehe unter 2.3.2). Die Klappe wird unter Durchleuchtung und
Applikation
von
Röntgenkontrastmittel
positioniert
und
nach
vorangegangener
Ballonvalvuloplastie implantiert.
Alain Cribier war der Vorreiter der interventionellen Therapie der Aortenklappenstenose,
der bereits 1986 die ersten Aortenklappen-Valvuloplastien durchführte (23). Im Jahre 2001
schritt Cribier in die nächste Instanz, als er mit einer Neuentwicklung bei Versuchstieren
einen perkutanen Aortenklappenersatz erfolgreich durchführte. Bereits im Folgejahr erfolgte
die erste Implantation im Menschen (22). Die Entwicklung verschiedener Zugangswege
schritt schnell voran, so dass es zum jetzigen Zeitpunkt verschiedene Prototypen existieren.
Derzeit existieren die längste Erfahrung mit den interventionellen Aortenklappen der Firma
Edwards (Edwards Lifesciences Irvine, CA, USA; Klappentyp: SapienTM THV) und der Firma
Medtronic (Medtronic, Fridley, MI, USA; Klappentyp: CorevalveTM) mit dem zugehörigen
ReValving System (120). Als etablierte Zugangswege zum interventionellen Klappenersatz
existieren neben der retrograden Klappenimplantation über die Leistengefäße (A. femoralis
communis) auch die Möglichkeit zur antegraden Klappenimplantation über die Herzspitze
(transapikal). Dieser Zugang ist insbesondere dann die Methode der Wahl, wenn Patientin
mit fortgeschrittener pAVK mit exzessiver Verkalkung der Femoralgefäße oder Patienten mit
einem geringen Durchmesser der Gefäße dieser Therapie zugeführt werden sollen. Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt existieren beide Verfahren gleichberechtigt nebeneinander und die
Entscheidung über die Wahl des Zugangs wird in Abhängigkeit vom individuellen
Patientenprofil getroffen (62,119).
17
Abbildung 7: Edwards Sapien THVTM transapikale Aortenklappen, mit freundlicher
Genehmigung von European Society of Cardiology (33)
1.5.6. Besonderheiten zur Indikation und Kontraindikation zum konventionellen
Aortenklappenersatz und das aktuelle Indikationsgebiet für den kathetergestützten
Klappenersatz
Noch im Jahr 1999 wurden als Kontraindikation zur Operation das Endstadium der
Erkrankung, eine begleitende koronare Herzerkrankung, früherer Infarkt oder die Reduktion
der linksventrikulären Funktion, aber auch ein zu hohes Lebensalter der Patienten, eine
chronisch obstruktive Lungenerkrankung, eine chronische Niereninsuffizienz und eine zu
kurze Lebenserwartung gesehen (15). Heute ergeben sich die Kontraindikation zum
konventionellen Aortenklappenersatz (AKE) vor allem aus den bei den Patienten
vorliegenden Komorbiditäten, aufgrund derer davon ausgegangen wird, dass sich die
Prognose des Patienten bei der Durchführung eines konventionellen Aortenklappenersatz im
Vergleich zur medikamentösen Therapie nicht verbessert, sondern eher verschlechtert (55).
Für
dieses
Patientenkollektiv
steht
seit
einigen
Jahren
der
kathetergestützte
Aortenklappenersatz (TAVI) zur Verfügung (s.a. 1.5.5 und zur Operationstechnik 2.3.2).
Aufgrund der Tatsache, dass der konventionelle Aortenklappenersatz standardisiert und mit
guten Ergebnissen durchgeführt werden kann, kommt dieses neue Therapieprinzip nach
dem gegenwärtigen Kenntnisstand nur für Patienten in Frage, bei denen eine konventionelle
Herzoperation wenn überhaupt, dann nur mit sehr hohem Risiko durchgeführt werden kann.
Voraussetzungen hierfür sind der Nachweis der hochgradigen Aortenklappenstenose, die
Risikostratifizierung
nach
Euroscore
und
18
STS-Score
und
die
Überprüfung
der
Durchführbarkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Indikationsstellung gemeinsam von
erfahrenen interventionellen Kardiologen und Herzchirurgen in einem Team getroffen
werden sollte, da sich die Indikationsstellung hier in einem besonderen Maß auf den
individuellen Patienten und sein Risikoprofil bezieht und mit dem konventionellen
Aortenklappenersatz eine bewährte Operationsmethode zur Verfügung steht. Zum
Aotenklappenersatz liegen folgende Empfehlungen der deutschen Fachgesellschaften vor:

Empfehlungsgrad IIa zur TAVI bei einem STS Score über 10 oder einem log EuroSCORE
über 20.
Ein Empfehlungsgrad C liegt bei Patienten mit:

einer schweren Malformation des Thorax (36)

Porzellanaorta (36),

vorangegangener Herzoperation, die eine bedeutsame Komorbidität aufweisen (36),

starken Adhäsionen im Thorax nach Radiatio oder

alte und sehr alte Patienten mit degenerativer Bioprothese (64) vor.
Zurückhaltend wird die Indikation bei Patienten gestellt, deren Lebenserwartung aufgrund
von Multimorbidität niedriger als 1 Jahr ist (36,110).
19
1.6. Die herzchirurgische Re-Operation als wesentlicher perioperativer
Risikofaktor
Das perioperative Risiko ist nicht nur bei Patienten mit höherem Lebensalter erhöht, mit
vorangeschrittenem Lebensalter nimmt auch die Komorbidität zu. In dieser Kombination mit
einer vorangegangener Herzoperation ist bei einer herzchirurgischen Re-Operation eine
deutlich höhere perioperative Morbidität und Mortalität zu erwarten, als bei der InitialOperation (54). Beispielsweise liegt allein das Risiko einer nicht beherrschbaren Blutung bei
der Thoraxeröffnung durch einen konventionellen sternalen Zugang für jede Art von
herzchirurgischer Operation bei 0,5-1% mit einer dadurch beeinflussten erheblich erhöhten
Mortalität von 21% (39).
Adhäsionen stellen den Operateur vor erhöhte technische Herausforderungen, da einerseits
die thorakale Anatomie durch die vorangegangene Operation verändert wurde und
andererseits die Strukturen sich nur schwer voneinander trennen lassen. So kann es leicht zu
Verletzungen von großen Gefäßen und dem Herzen selbst kommen. Das Vorliegen eines
koronaren Bypasses erhöht beispielsweise das Risiko einer Blutung um das 2,5-fache (37). Da
zu jedem OP- Zeitpunkt Verletzungen an den vorliegenden Bypässen auftreten können (74),
sind diese zudem auch durch das mögliche Auftreten einer Dissektion oder durch eine
temporäre Okklusion gefährdet. Die Häufigkeit des Auftretens dieser Komplikationen liegt
zwischen 3,5 und 38% (39). Der Herzchirurg steht zudem bei vorliegenden Bypass-Grafts vor
zusätzlichen hohen Anforderungen an eine ausreichende Myokardprotektion, so dass
oftmals zusätzlich eine moderate Hypothermie eingeleitet werden muss. Mit Einsatz der
Herz-Lungenmaschine und der Durchführung der Operation in Hypothermie steigt nicht nur
die Blutungsneigung wegen des hohen Einflusses auf die Gerinnung, sondern auch die
Operationszeit.
Eine Reoperation an der Aortenklappe führt zu einer erhöhten Inzidenz von postoperativen
Komplikationen wie AV-Überleitungsstörungen und folgender Schrittmacher-Implantation,
neurologischen Defizit, akuter Niereninsuffizienz und prolongierter Klinikaufenthaltsdauer
(82).
20
1.7.
Fragestellung
Mit den
kathetergestützten
Aortenklappenimplantationen
ergibt sich
eine neue
Therapieoption für Hochrisikopatienten mit interventionsbedürftiger Aortenklappenstenose.
Diese Methode zeichnet sich durch die Verwendung neuer Zugangswege und den Verzicht
auf die Anwendung einer Herzlungenmaschine (HLM) aus. Im herzchirurgischen Zentrum der
Universität zu Köln wird der transapikale Zugangsweg zum kathetergestützten Verfahren bei
entsprechender Indikation eingesetzt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, retrospektiv die Daten derjenigen Patienten zu erfassen
und zu analysieren, die sich vor dem transapikalen Aortenklappenersatz schon einmal einer
Herzoperation unterzogen haben (TAVI als Re-Operation; im Folgenden Re-TAVI genannt)
und mit den Ergebnissen der Patienten zu vergleichen, die im gleichen Zeitraum eine
konventionelle Re-Operation zum Aortenklappenersatz erhalten haben (im Folgenden ReAKE genannt).
Im Speziellen soll das Augenmerk gelegt werden auf:
 das präoperative Risikoprofil
 die intraoperativen Operationsdaten
 die postoperative Morbidität
 die 30-Tage-Letalität und die Ein-Jahres-Letalität
21
2.
Methoden
2.1.
Studiendesign
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine klinische retrospektive Studie. Zur
Datenerhebung wurden die Patientenakten, sowie die Operationsberichte, die prä- und
postoperativen Echokardiographiebefunde und die im Rahmen des stationären Aufenthaltes
durchgeführten Laboranalysen mit einbezogen. Zur Erhebung des postoperativen
Überlebens wurden Telefoninterviews durchgeführt.
2.2.
Patientenkollektiv
Das Gesamtkollektiv bestand aus 91 Patienten. Im Zeitraum von Januar 2006 bis Februar
2011 wurden alle Patienten erfasst, die sich einer der folgenden Operationen unterzogen:

Konventioneller Aortenklappenersatz mit Herz-Lungenmaschine nach vorangegangener
Herzoperation.

Transapikaler Aortenklappenersatz nach vorangegangen Herzoperationen.
Die Patienten wurden in Abhängigkeit von der operativen Technik der Reoperation
(konventioneller AKE oder TAVI) in 2 Gruppen eingeteilt. Patienten mit folgenden Kriterien
wurden ausgeschlossen:
-
Klappenendokarditis
-
Präoperative Katecholaminpflichtigkeit
-
Hämodynamische Instabilität
2.3.
Datenerfassung
Es wurde ein Protokoll erstellt, welches standardisiert alle zu erfassenden Daten enthielt. Die
retrospektiv gesammelten Daten wurden mittels einer Excel ® (Microsoft Office Version
2007) Datenbank tabellarisch erfasst. Folgende Parameter wurden erhoben:
22
Präoperative und biometrische Daten:

Alter und Geschlecht der Patienten

Erhebung der kardiovaskulären und nicht kardiovaskulären Erkrankungen

Daten zu den früheren herzchirurgischen Eingriffen

Vorerkrankungen und Medikation

Risikostratifizierung mittels numerischen und logistischen EuroSCORE, STS-Score, NYHAKlassifikation

EKG in Ruhe am Vortag der Operation

Lungenfunktionstest (nicht älter als 2 Wochen)

Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (nicht älter als 4 Wochen)

CT-Thorax (nicht älter als 4 Wochen)

Farbkodierte Duplexsonographie der Karotiden (nicht älter als 6 Monate)

Echokardiographie ( nicht älter als 4 Wochen)

Koronarangiographie (nicht älter als 6 Monate)
Laborparameter präoperativ

Elektrolyte,

Herzenzyme, Nierenparameter, Leberparameter, Gerinnung, Schilddrüsenparameter,

kleines Blutbild, CRP,

Virusserologie,

Blutgruppenbestimmung
Operative Daten:

Operationsart,

OP-Zeit bei Einsatz der HLM, Bypass-Zeit und Ischämie-Zeit,
2.3.1. Postoperative Daten

Transfusionsbedarf

Intensivaufenthalt mit aufgetretenen Morbiditäten, perioperative Komplikationen

Postoperative Laborkontrolle

EKG und Echokardiographie zum Zeitpunkt der Entlassung

Ermittlung des Überlebens nach 30 Tagen, 6 Monaten und 12 Monaten
23
2.4.
Operationstechnik
2.4.1. Technik des konventionellen Aortenklappenersatzes
Der chirurgische Aortenklappenersatz mit Verwendung der Herz-Lungen-Maschine (HLM) ist
die Therapie der Wahl bei Patienten mit symptomatischer Aortenklappenstenose.
Im Folgenden wird das operative Vorgehen beim konventionellen AKE unter Verwendung
der HLM beschrieben.
Die Eingriffe werden in Intubationsnarkose durchgeführt. Nach sorgfältiger Lagerung der
Patienten in Rückenlage und nach dem sterilen Abdecken erfolgt der Anschluss der HLM
über die A. femoralis oder A subclavia. Die mediane Sternotomie erfolgt mit der
oszillierenden Säge. Die retrosternalen Verwachsungen werden sorgfältig gelöst. Nach
Trennung der Aorta von der A. pulmonalis erfolgt unter CO2-Insufflation die en-bloc
Abklemmung von Aorta aszendens. Die Aorta aszendens wird oberhalb der Kommissuren
quer eröffnet. Nach Gabe der kardioplegen Lösung über die Koronarostien und moderater
Hypothermie erfolgt die Evaluation, Exzision der nativen degenerativ veränderten Klappe,
Entfernung der Verkalkungen aus dem Aortenklappenring und Ausmessung des
Klappenanulus. Nach Vorlegen der teflonüberzogenen Klappennähte entlang des
Aortenklappenanulus wird die prothetische Klappe eingeknüpft. Die Dichtigkeit der
Klappenprothese im Bereich des Klappenrandes und die Klappenfunktion werden getestet.
Bei problemloser Sondierung der Koronarostien wird der Verschluss der Aortotomie
durchgeführt, nach antegrader Entlüftung der Herzbinnenräumen und die Freigabe der
Koronarperfusion erfolgt anschließend die Reperfusion zur Erholung des Myokards. Nach
Reperfusion und Wiedererwärmung des Patienten erfolgt der Abgang von der HLM. Ein
temporärer Schrittmacher wird im Bereich des rechten Vorhofohrs und des rechten
Ventrikels
epikardial
angenäht.
Nach
ausgiebiger
Blutstillung
und
Anlage
von
Thoraxdrainagen erfolgen Thoraxverschluss mittels Sternalcerclagen und Wundverschluss.
Anschließend wird der Patient auf die Intensivstation verlegt.
24
2.4.2. Technik der transapikalen Aortenklappenimplantation (TAVI)
Grundvoraussetzung für den transkatheter Eingriff ist ein Hybrid-Operationssaal, der auch
mit einer Röntgendurchleuchtungsanlage ausgestattet ist. Zusätzlich werden die
Teildisziplinen Kardiologie, Herzchirurgie und Gefäßchirurgie und ein in der Herzchirurgie
ausgewiesener Anästhesist benötigt. Zum Ausmessen der Aortenklappenstenose haben sich
die TEE, gefolgt von CT und MRT als beste Methode erwiesen.
Die Implantation der transapikalen Aortenklappe erfolgt ohne Einsatz der HLM. Im
Folgenden
wird
die
Operationstechnik
des
transapikalen
Aortenklappenersatzes
beschrieben. Nach echokardiographischer Darstellung der Herzspitze, wird eine kleine
anterolaterale mini-Thorakotomie meist in Höhe des 5. oder 6. Interkostalraumes links
durchgeführt. Nach Identifikation des Perikards und Eröffnung werden im Folgenden an der
Herzspitze die teflonarmierten Tabaksbeutelnähte vorgelegt und die epikardialen
Schrittmacher- Sonden aufgebracht.
Zeitgleich wird nach Leistenpunktion ein sogenannter pigtail-Katheter retrograd über die A.
femoralis bis
unmittelbar vor die Aortenklappe gebracht. Es folgt die Punktion der
Herzspitze und die Einbringung des Führungsdrahtes über die Herzspitze bis in die
deszendierende Aorta. Unter Einleitung eines schnellen ventrikulären pacings (Rapid
ventricular pacing) mit einer Frequenz zwischen 180-220/min wird dann mittels eines
eingebrachten Ballonkatheters eine Ballonvalvuloplastie initiiert. Danach erfolgt das
Einbringen des Führungsbestecks mit der prothetischen Herzklappe über den noch liegenden
Führungsdraht. Nach Positionierung der Klappe im Aortenanulus unter Durchleuchtung wird
wiederum unter schnellem ventrikulärem Pacing die Entfaltung der Klappe initiiert.
Die beschriebenen Phasen des rapid ventricular pacings dienen einer Reduktion des
transvalvulären Flusses, sowie zur Stabilisierung der Aortenklappenebene. Damit soll eine
optimale Positionierung des Valvuloplastie-Ballons gewährleistet, die Implantation der
prothetischen Klappe ermöglicht und die Dislokation der neuen Klappe während der
Implantationsphase vermieden werden. Nach Kontrolle der Klappenpositionierung mittels
Durchleuchtung und Angiographie erfolgt die Entfernung des Einführungsbesteckes durch
die Herzspitze und der Herzspitzenverschluss. Nach Einlegen einer Thoraxdrainage erfolgt
25
der Verschluss der anterolateralen Minithorakotomie mittels Approximieren der Rippen mit
Vicryl-Nähten. Im Weiteren erfolgt der schichtweise Wundverschluss.
2.5.
Statistische Verfahren
Nach Datenerhebung in das Tabellenkalkulationsprogramm Excel 2007, Version 12.0 für
Windows (MircosoftTM, Redmond, WA, USA) wurde für die statistischen Berechnungen das
Programm IBM SPSS Version 19.0 für Windows (IBMTM, Armonk, NY, USA) angewandt.
Die deskriptive Darstellung der Ergebnisse erfolgte tabellarisch mit der Darstellung des
arithmetischen Mittelwertes, der Standardabweichung und der Signifikanz. Nach
Überprüfung der Normalverteilung erfolgte weiterhin die Durchführung eines Fischer-t-Tests
für
ungepaarte
Patientengruppen
Stichproben
mit
zur
Ermittlung
konventionellem
von
Unterschieden
Aortenklappenersatz
und
zwischen
den
transapikalem
Aortenklappenersatz. Um signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zu
ermitteln, wurde die univariate Analyse mittels ANOVA verwendet. Um den Einfluss des
Klappentypes auf die Sterblichkeit zu untersuchen, wurde eine mehrfaktorielle multivariate
Varianzanalyse mittels COX-Regression durchgeführt. Zur Überlebenszeit-Analyse wurde die
Kaplan-Meier- Überlebensanalyse verwendet. Die Differenz zwischen den Gruppen wurde
mit dem log-rank Test überprüft. Ein p-Wert <0,05 wurde als statistisch signifikant
angesehen.
26
3.
Ergebnisse
3.1.
Das Patientenkollektiv und präoperative Daten
3.1.1 Körperliche Charakteristika der Patientengruppen
Insgesamt wurde im Zeitraum von 2006 bis 2011 bei 91 Patienten ein Aortenklappenersatz
als Re-Operation als konventionelle Operation oder in minimalinvasiver Technik über einen
transapikalen Zugang durchgeführt. Die Gesamtzahl der Operationen (n=91) teilte sich in ein
Patienten-Klientel von 59 Patienten, bei denen ein Aortenklappenersatz als Re-Operation
nach konventionellem Verfahren durchgeführt wurde (Re-AKE) und ein Patienten-Klientel
aus 32 Patienten bestehend, die einen transapikalen Aortenklappenersatz als Re-Operation
erhielten (Re-TAVI).
Das mittlere Lebensalter der Patienten mit Re-AKE betrug 67,2 ± 17,0 Jahre (16 Jahre-83
Jahre). Im Vergleich dazu betrug das mittlere Lebensalter der Patienten mit Re-TAVI 78,5 ±
7,3 Jahre (52-90 Jahre) p<0,001. Zur Altersverteilung der Patienten in den verschiedenen
Gruppen siehe Abbildung 8.
Abbildung 8: Altersverteilung der Patienten in Abhängigkeit vom Operationstyp. Die Gruppe
der Patienten mit konventionellem Re-AKE ist in blau dargestellt, die Patienten mit Re-TAVI
in rot.
27
Der Anteil der Frauen lag bei den Patienten mit Re-AKE mit 20 Patienten bei 33,9%. Die
Anzahl der Männer betrug 39 mit einem Anteil von 66,1%. Das mittlere Lebensalter der
Männer betrug 65,4 ± 18,2 Jahre. Das mittlere Alter der Frauen betrug 70.9 ± 13.9 Jahre.
Der Anteil der Frauen lag bei den Patienten mit Re-TAVI mit 9 Patienten bei 28,1%, die der
Männer mit 23 Patienten bei 71,9%. Das mittlere Alter der Männer betrug 77,5 ± 7,2 Jahre,
das der Frauen 81,2 ± 7,1 Jahre (siehe auch Abb. 9). Hinsichtlich der Faktoren Körpergröße,
Körpergewicht und Body-Mass-Index unterschieden sich die beiden Gruppen statistisch nicht
(siehe auch Tabelle 3).
Abbildung 9: Boxplott-Diagramm der Altersverteilung in Abhängigkeit von Geschlecht in
beiden Gruppen
28
Tabelle 3: Charakterisierung des Patientengutes hinsichtlich Alter, Körpergröße und
Körpergewicht
Variable
Re-AKE (n=59)
Alter
67,2 ± 17,0
männlich
39 (66,1%)
Weiblich
20 (33,9%)
Größe in cm
169,3 ± 9,1
Gewicht in kg
77,3 ± 16,1
Body-Mass-Index in m²/kg
26,9 ± 4,5
Übergewicht mit BMI > 29,9kg/m² 14 (23,7%)
Re-TAVI (n =32)
78,5 ± 7,3
23 (71,9%)
9 (28,1%)
169,0 ± 6,6
77,3 ± 15,4
26,9 ± 4,5
8 (25,0%)
p
<0,001
0,642
0,642
0,880
0,996
0,930
1,000
3.1.2. Zusätzliche kardiovaskuläre Erkrankungen
Von allen 91 Patienten konnten die Daten hinsichtlich vorbestehender kardiovaskulärer
Erkrankungen ausgewertet werden. Patienten mit einem transapikalen Aortenklappenersatz
wiesen signifikant häufiger eine koronare Herzerkrankung auf (84,4% im Vergleich zu 55,9%
bei den Re-AKE-Patienten; p<0,01). 68,8% der Re-TAVI Patienten zeigten eine bekannte
koronare Dreigefäßerkrankung im Vergleich zu 27,1% bei Patienten mit Re-AKE (p<0,001).
Eine Carotisstenose lag bei den Re-TAVI-Patienten mit 25% im Vergleich zu 6,8% bei den
Patienten mit Re-AKE Patienten signifikant häufiger vor. Beide Patienten-Gruppen wiesen in
Bezug auf arterielle Hypertonie, pulmonale Hypertonie, zerebrovaskulären Ereignissen
(TIA/Apoplex), pAVK, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz und COPD keine
signifikanten Unterschiede auf (siehe auch Tabelle 4).
29
Tabelle 4: präoperatives kardiovaskuläres Risikoprofil und Vorerkrankungen bei Patienten
mit Re-AKE und Re-TAVI
Kardiovaskuläre Erkrankungen Re-AKE (59)
n
%
Koronare Herzkrankheit, davon 33 (55,9%)
1-Gefäßerkrankung
11 (18,6%)
2-Gefäßerkrankung
6 (10,2%)
3-Gefäßerkrankung
16 (27,1%)
Re-TAVI (32)
n
%
27 (84,4%)
3 ( 9,4%)
2 ( 6,2%)
22 (68,8%)
p
0,010
0,363
0,707
< 0,001
Arterielle Hypertonie
Pulmonale Hypertonie
pAVK
Carotisstenose
TIA/Apoplex
Hyperlipidämie
50
20
9
4
8
42
(84,7%)
(33,9%)
(15,2%)
( 6,8%)
(13,6%)
(71,2%)
30
16
11
8
6
20
(93,8%)
(50,0%)
(34,4%)
(25,0%)
(18,8%)
(62,5%)
0,316
0,178
0,061
0,021
0,551
0,481
Diabetes mellitus
Typ I
Typ II
17
5
12
(28,8%)
( 8,5%)
(20,3%)
12
4
8
(37,5%)
(12,5%)
(25,0%)
0,481
0,714
0,791
Niereninsuffizienz
mit Kreatinin > 1,1 präoperativ
Dialysepflichtigkeit
29
(49,2%)
18
(56,3%)
0,660
2
( 3,4%)
1
( 3,1%)
1,000
5
6
( 8,4%)
(10,2%)
4
5
(12,5%)
(15,6%)
0,714
0,508
Nikotinabusus
COPD
3.1.3. Herzrhythmusstörungen
Von allen Patienten lagen Daten zum präoperativen Rhythmus vor. Die Patienten vor Re-AKE
wiesen mit 48 Patienten (81,4%) signifikant häufiger einen Sinusrhythmus auf im Vergleich
zu 18 Patienten (56,3%) vor einem Re-TAVI (p=0,014).
Umgekehrt verhielt sich dies bei einem Schrittmacherrhythmus. 3 Patienten (5,1%) mit ReAKE zeigten präoperativ einen Schrittmacherrhythmus im Verglich zu 8 Patienten (25,0%) in
der Gruppe der Re-TAVI- Patienten (p=0,008).
Tabelle 5: präoperativer Rhythmus getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI
Rhythmus
Sinusrhythmus
Vorhofflimmern
Schrittmacher
Gesamt
Re-AKE
48 (81,4%)
8 (13,5%)
3 ( 5,1%)
59
Re-TAVI
18 (56,3%)
6 (18,8%)
8 (25,0%)
32
30
p
0,014
0,551
0,008
3.1.4. Kardiale Belastbarkeit nach NYHA Klassifikation
Die Daten von allen Patienten lagen präoperativ vor. In der Gruppe des konventionellen
Aortenklappenersatzes lag bei einem Patienten gemäß NYHA Klassifikation die
Herzinsuffizienz Grad I vor, bei 13 Patienten ein Grad II, 37 Patienten Grad III und 8 Patienten
Grad IV.
Bei transapikalen Aortenklappenersatz zeigten 6 Patienten eine Herzinsuffizienz Grad II
gemäß NYHA Klassifikation, 23 Patienten NYHA III und 3 Patienten NYHA IV. Hierbei zeigte
sich bei den Patienten mit Re-AKE ein durchschnittlicher Wert von 2,9 ± 0,6 im Vergleich zu
den Patienten mit Re-TAVI mit einer kardialen Belastbarkeit im Sinne der NYHA-Klassifikation
von 2,9 ± 0,5 (p=0,852).
Abbildung 10: Verteilung der Patienten nach NYHA Klassifikation präoperativ (Angaben in
%). P=0,852
31
3.1.5. Frühere herzchirurgische und interventionelle Eingriffe
Hinsichtlich der früheren herzchirurgischen Operationen und interventionellen Eingriffe
lagen Daten von allen Patienten vor. Das durchschnittliche Zeitintervall von PrimärOperation zur Re-Operation lag bei Patienten mit Re-AKE bei 10,7 ± 7,0 Jahren. Bei den
Patienten mit Re-TAVI betrug das Zeitintervall 10,4 ± 5,9 Jahre (p=0,805).
Bei 30 Re-TAVI-Patienten (93,8%) war in der Vergangenheit ein isolierter herzchirurgischer
Eingriff durchgeführt worden. 78,1% (n=25) der Patienten hatten sich in der Vergangenheit
einer Bypassoperation unterzogen. Im Vergleich dazu war der Prozentsatz der Patienten
mit Re-AKE, die sich einem isolierten herzchirurgischen Eingriff unterzogen hatten mit 66,1%
(n=39) signifikant geringer (p=0,004) mit einem Anteil von 39% (n=23) mit vorangegangener
singulärer ACVB-Operation (p<0,001). Zudem war in der Vorgeschichte bei 18,6% der ReAKE-Patienten (n=11) häufiger ein vorangegangener Aortenklappenersatz erfolgt im
Vergleich zu 6,2 % in der Re-TAVI-Gruppe(n=2). 8 Patienten (25,0%) mit Re-TAVI im Vergleich
zu 5 Patienten (8,5%) mit Re-AKE wurden aufgrund einer signifikanten Koronarstenose
präoperativ mittels einer PTCA versorgt (zur Häufigkeitsverteilung siehe auch Tabelle 6).
32
Tabelle 6: Vorangegangene herzchirurgische Operationen und interventionelle Eingriffe im
Patientenkollektiv
Operationen
Isolierter Eingriff, davon
Aortenklappenersatz (AKE)
AKE biologisch
AKE mechanisch
ACVB
Mitralklappenersatz (MKE)
Kombinierter Eingriff, davon
ACVB/AKE
ACVB/MKE
ACVB-sonstige Klappe
AKE/MKE
Re-AKE
n
(%)
39 (66,1%)
11 (18,6%)
6 (10,2%)
5 ( 8,5%)
23 (39,0%)
5 ( 8,5%)
P
0,004
0,128
0,707
0,157
<0,001
1,000
12
6
3
1
2
(20,3%)
(10,2%)
( 5,1%)
( 1,7%)
( 3,4%)
2
1
1
0
0
( 6,2%)
( 3,1%)
( 3,1%)
(-)
(-)
0,126
0,414
1,000
1,000
0,538
8
(13,6%)
0
(-)
0,046
(25,0%)
0,056
Sonstiger herzchirurgischer Eingriff:
Aortenisthmusstenose (n=2),
kongenital (n=3): Aortoventrikuloplastik,
Shone-Komplex, PFO-Verschluss,
AKE/Aortenreduktionsplastik (n=1),
Tumorresektion an Klappe (n=1),
Homograft-Implantation (n=1)
Interventioneller Eingriff
PTCA präoperativ
Gesamt
Re-TAVI
n
(%)
30 (93,8%)
2 ( 6,3%)
2 ( 6,3%)
0 (-)
25 (78,1%)
3 ( 9,4%)
5 ( 8,5%)
59
8
32
3.1.6. Ergebnisse der präoperativen transthorakalen Echokardiographie
Präoperative echokardiographische Daten standen bei allen Patienten zur Verfügung.
Insgesamt 46 Patienten (78,0%) mit Re-AKE wiesen eine hochgradige Aortenklappenstenose
auf, 13 Patienten hatten eine Aortenklappeninsuffizienz III bis IV°. Insgesamt bei 39
Patienten lag ein kombiniertes Aortenklappenvitium vor. Alle Patienten des transapikalen
Aortenklappenersatzes wiesen eine hochgradige Aortenklappenstenose auf, nur ein Patient
zeigte zusätzlich eine höhergradige Aortenklappeninsuffizienz. Insgesamt lag bei 23
Patienten (71,8 %) ein kombiniertes Aortenklappenvitium vor. 27 Patienten (45,8 %) mit ReAKE hatten im Vergleich zu 6 Patienten (18,7 %) mit Re-TAVI eine Mitralklappeninsuffizienz I°
(p<0,05). 32 Patienten (54,2 %) mit Re-AKE hatten im Vergleich zu 10 Patienten (31,3 %) mit
33
Re-TAVI eine Trikuspidalklappeninsuffizienz (p<0,05). Hinsichtlich der übrigen Parameter
zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (siehe auch Tabelle 7).
Tabelle 7: Präoperativ diagnostizierte Vitien der Aortenklappe, sowie Verteilung
begleitender Vitien der Mitral- und Trikuspidalklappe
Variable
Aortenklappenstenose
I°
II°
III°
n.a.
Re-AKE
Re-TAVI
p
0
1
46
11
(-)
( 1,7%)
(78,0%)
(18,6%)
0
1
31
0
(-)
( 3,1%)
(96,9%)
(-)
(-)
1,000
0,029
0,013
Aortenklappeninsuffizienz
0
I°
II°
III°
IV°
8
32
6
7
6
(13,6%)
(54,2%)
(10,2%)
(11,9%)
(10,2%)
9
22
0
1
0
(28,1%)
(68,8%)
(-)
(3,1%)
(-)
0,159
0,190
0,086
0,252
0,086
Kombiniertes Aortenklappenvitium
39
(66,1%)
23
(71,8%)
0,642
MI insgesamt
MI I°
MI II° und größer
38
27
11
(64,4%)
(45,8%)
(18,6%)
17
6
11
(53,1%)
(18,7%)
(34,4%)
0,370
0,012
0,124
TI insgesamt
TI I°
TI II° und größer
Pulmonale Hypertonie
39
32
7
20
(66,1%)
(54,2%)
(11,9%)
(33,9%)
16
10
6
16
(50,0%)
(31,3%)
(18,8%)
(50,0%)
0,178
0,047
0,531
0,178
3.1.7. Echokardiographische Charakteristika präoperativ
Daten
echokardiographischer
Charakteristika
wie
Klappenöffnungsfläche
(KÖF),
Ejektionsfraktion (EF), Maximalgeschwindigkeit über die Aortenklappe (Vmax), maximaler
(pmax) und mittlerer (pmean) Druckgradient, interventrikuläre Septumdicke (IVS) und Diameter
des linken Atriums (LVEDD) wiesen zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten
Unterschiede auf. Das linke Atrium (LA) war mit 44,4 ± 11,8 mm bei den Patienten mit ReAKE signifikant kleiner als mit 49,7 ± 7,0 mm bei Patienten mit Re-TAVI (p=0,049).
34
Tabelle 8: Präoperative hämodynamische Daten zur Aortenklappenstenose
Variable
KÖF in cm2
EF in % präoperativ
Vmax in m/s
pmax in mmHg
pmean in mmHg
IVS in mm
LA in mm
LVEDD in mm
Re-AKE
0,59 ±
53,7 ±
4,04 ±
69,9 ±
44,7 ±
13,7 ±
44,4 ±
55,1 ±
Re-TAVI
0,59 ±
51,2 ±
4,28 ±
75,4 ±
46,5 ±
14,6 ±
49,7 ±
54,2 ±
0,2
13,4
0,84
25,9
18,5
2,1
11,8
6,2
0,2
10,3
0,75
26,7
18,1
2,6
7,0
7,9
p
0,982
0,365
0,209
0,364
0,684
0,081
0,049
0,547
Anmerkung: KÖF: Klappenöffnungsfläche, EF: Ejektionsfraktion, V max: Maximalgeschwindigkeit über die
Aortenklappe, pmax und pmean: Maximal- und mittlere Geschwindigkeit über die Aortenklappe, IVS:
Interventrikuläre Septumdicke, LA: Diameter des linken Vorhofes, LVEDD: Linksventrikulärer enddiastolischer
Durchmesser
3.1.8. Präoperative Risikostratifizierung mittels EuroSCORE und STS-Score
Anhand der vorliegenden Daten wurde die Risikostratifizierung der Patienten mittels
EuroSCORE und STS Score durchgeführt. Der Euroscore zur Abschätzung der zu erwartenden
postoperativen Frühmortalität (30 Tage-Mortalität) lag bei Patienten mit einem Re-AKE
durchschnittlich bei 10,5 ± 2,9 Punkten (numerisch) bzw. 20,7 ± 7,5 % (logistisch) verglichen
mit 11,3 ± 2,9 Punkten und 24,3 ± 10,2 % bei Patienten mit Re-TAVI. Damit zeigte sich kein
Unterschied im Hinblick auf die präoperative Risikoeinschätzung.
Im Gegensatz dazu zeigte sich bei der Abschätzung der zu erwartenden 30 Tage-Mortalität
unter Verwendung des STS-Scores bei den Patienten mit Re-AKE eine geschätzte
Frühmortalität von 17,9 ± 9,9% verglichen mit 20,7 ± 8,1 für Patienten mit Re-TAVI (p=0,241).
Des Weiteren wurden anhand der Unterkategorien des STS-Scores weitere präoperative
Risikoabschätzungen vorgenommen. So lag das Risiko eines verlängerten Aufenthaltes bei
Patienten mit Re-AKE bei 34,2 ± 12,1% im Vergleich zu 39,8 ± 11,1% bei Patienten mit ReTAVI (p<0,05). Das berechnete Risiko periinterventionell einen Schlaganfall zu erleiden war
bei Patienten mit Re-AKE mit 5,9 ± 2,4 signifikant niedriger im Vergleich zu den Patienten mit
Re-TAVI mit 8,0 ± 3,3% (p<0,001).
35
Das Risiko postoperativ ein akutes Nierenversagen zu entwickeln war bei den Patienten mit
Re-AKE mit 45,5 ± 11,8 % signifikant niedriger als bei Patienten mit Re-TAVI mit 53,8 ± 9,9%
(p=0,013). Eine Übersicht über die präoperative Risikoadjustierung mittels STS- und
EuroSCORE zeigt die Tabelle 9. Zusammenfassend zeigt sich ein erheblich höheres
präoperatives Risikoprofil der Patienten in der Re-TAVI-Gruppe im Vergleich zu den Patienten
mit konventioneller Re-Operation.
Tabelle 9: Risikostratifizierung nach numerischen und logistischen Euroscore und STS Score
Variable
Euroscore
Euroscore numerisch
Euroscore logistisch in %
STS Score- Risikoabschätzung für in %
Mortalität
Gesamt- Morbidität/Mortalität
prolongierte Krankenhausverweildauer
Verkürzte Krankenhausverweildauer
neurologischen Defizit
Prolongierte Respiratorabhängigkeit
Wundheilungsstörungen
Akutes Nierenversagen
Reoperation
Re-AKE
Re-TAVI
p
10,5 ± 2,9
20,7 ± 7,5
11,3 ± 2,9
24,3 ± 10,2
17,9
63,9
34,2
8,5
5,9
59,6
0,2
45,5
19,0
20,7
67,9
39,8
5,7
8,0
53,8
0,2
51,6
20,2
±
±
±
±
±
±
±
±
±
9,9
8,9
12,1
4,2
2,4
12,2
0,1
11,8
4,5
Anmerkung: Angaben in logistischen Euroscore und STS-Score in Prozent
36
±
±
±
±
±
±
±
±
±
8,1
7,5
11,1
2,5
3,3
9,9
0,1
8,4
4,0
0,341
0,279
0,241
0,038
0,032
0,001
<0,001
0,102
0,850
0,013
0,193
3.2.
Operationsdaten
Alle
Patienten
wurden
elektiv
operiert,
eine
notfallmäßige
oder
dringliche
Operationsindikation bestand nicht.
3.2.1. Operationszeiten
Die Operationszeit betrug bei Re-AKE 216,2 ± 53 Minuten. Die Ischämiezeit betrug 60,7 ±
15,9 Minuten bei einer Dauer der extrakorporalen Zirkulation (Bypasszeit) von 106,8 ± 32,8
Minuten und einer Reperfusionszeit 28,2 ± 13,0 Minuten. Die Operationszeit bei Re-TAVI
betrug 106,5 ± 38,6 Minuten und war damit signifikant kürzer, als die Operationszeit bei ReAKE (p<0,001). Da der Einsatz einer Herzlungen-Maschine nicht erforderlich war entfielen die
Zeitangaben in Minuten
Zeiten für Ischämie, Bypasszeit und Reperfusion (siehe dazu auch Abbildung 12).
300
250
200
150
**
Re-AKE
100
Re-TAVI
50
0
OP-Zeit
Bypass-Zeit
Operationszeiten
Abbildung 11: Operationszeiten in Minuten getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI. Aufgrund der unterschiedlichen
Methoden entfallen beim transapikalen Aortenklappenersatz die Zeiten für Ischämie, Bypass-Zeit und die
Reperfusionszeit.** = p<0,001
37
3.2.2. Klappenprothesen
Die durchschnittliche Größe der Klappenprothese bei Patienten mit Re-AKE lag bei 22,8 ± 1,9
mm im Vergleich zu 25,8 ± 1,7 mm bei den Patienten mit Re-TAVI. Bei den Patienten mit ReAKE wurden 20 mechanische und 39 biologische Klappenprothesen implantiert. Die
durchschnittliche Prothesengröße bei mechanischen Klappenprothesen lag bei 22,8 ±
2,1mm, bei den biologischen Klappenprothesen 22,8 ± 1,8mm (p=0,992).
Tabelle 10: Prothesengröße in mm für die jeweils implantierten Aortenklappenprothesen
Prothesengröße in mm
AKE mechanisch
(n=20)
20
2
21
5
23
9
25
3
26
27
29
2
Durchschnittsgröße in mm 22,8 ± 2,1
AKE biologisch
(n=39)
16
13
8
2
22,8 ±1,8
AKE transapikal
(n=32)
6
23
3
25,8 ± 1,7
25
Anzahl der Patienten
20
23
23
22
15
Re-AKE bio und mech
10
11
5
0
6
0
20 und 21
23
Re-TAVI
3 3
25 und 26
27 und 29
Größe der Klappenprothese in mm
Abbildung 12: Anzahl der Patienten zu den jeweiligen Größen der Klappenprothesen
38
Das mittlere Lebensalter der Patienten mit mechanischem Aortenklappenersatz betrug 56,1
± 19,6 Jahre (17-80,7 Jahre). Im Gegensatz dazu betrug das mittlere Lebensalter der
Patienten mit biologischem Aortenklappenersatz 72,9 ± 12,3 Jahre (24-83 Jahre) (p <0,001).
Ein biologischer AKE wurde bei einem 24 jährigen männlichen Patienten durchgeführt, da
aufgrund einer vorliegenden Schizophrenie Zweifel bezüglich der Compliance einer
regelhaften Marcumar-Einnahme bestand. Eine 24 jährige weibliche Patientin erhielt einen
biologischen Aortenklappenersatz aufgrund eines bestehenden Kinderwunsches. Ein 80,6
jähriger Patient erhielt einen mechanischen Aortenklappenersatz bei bereits vorhandener
mechanischer Mitralklappenprothese und daher fortbestehender Indikation zur dauerhaften
Antikoagulation.
Tabelle 11: Charakterisierung des Patientengutes anhand der unterschiedlichen
Klappenprothesen, mechanisch= mech, biologisch = bio und transapikal =TAVI
Aortenklappen
Gesamt
Alter
- jüngster Patient (in Jahre)
- ältester Patient (in Jahre)
männlich
weiblich
Patienten < 60 Jahre
Patienten 60-70 Jahre
Patienten 70-80 Jahre
Patienten > 80 Jahre
mech
20
56,1
17
80,6
16
4
Re-AKE
10
6
4
0
(50,0%)
(30,0%)
(20,0%)
(-)
± 19,6
(80,0%)
(20,0%)
39
bio Re-AKE
39
72,9 ± 12,3
24
83
23 (59,0%)
16 (41,0%)
2
5
25
7
( 5,1%)
(12,8%)
(64,1%)
(17,9%)
TAVI
32
78,5 ± 7,3
52,5
90,2
23 (71,9%)
9 (28,1%)
1
2
13
16
( 3,1%)
( 6,2%)
(40,6%)
(50,0%)
3.2.3. Intraoperative Komplikationen
In Bezug auf die (eingangserwähnten, typischen) intraoperativen Komplikationen bei der
konventionellen Re-Operation zeigten sich in dem untersuchten Patientenkollektiv weder
eine Verletzung des Ventrikels im Rahmen der der Sternotomie oder der Präparation, noch
kam es im Falle von bestehenden Bypassgrafts zu einer Verletzung derselben.
Im Rahmen des transapikalen Aortenklappenersatzes konnte die Klappe in allen Fällen
regelrecht implantiert werden, ohne dass es zu einer Dislokation oder einer Verlegung der
Koronarostien kam.
In Bezug auf die hämodynamische Stabilisierung mußte bei 3 Patienten (5,1%) mit
konventionellem
Re-AKE
intraoperativ eine intraaortale Ballonpumpe (IABP) zur
Verbesserung der Koronarperfusion und Verringerung der Nachlast implantiert werden. Ein
Patient (1,7%) konnte auch mit IABP nicht suffizient von der Herz-Lungen-Maschine
entwöhnt werden, so dass zum temporären Ersatz von Herz und Lunge die Verwendung
eines extrakorporalen Membranoxygenators (ECMO) erforderlich wurde.
In der Gruppe der Re-TAVI Patienten kam es bei 2 Patienten ( 6,3% ) zu keiner adäquaten
Erholung nach den Rapid pacing Phasen nach der Klappenimplantation, so dass bei einem
Patienten (3,1%) eine IABP implantiert werden mußte, bei einem zweiten Patienten (3,1%)
die Kombination aus IABP und ECMO zur Kreislaufstabilisierung zur Anwendung kam.
Tabelle 12: Intraoperative Implantation einer IABP oder Verwendung einer extrakorporalen
Zirkulation (ECMO)
Variable
Unterstützungssysteme
IABP
IABP+ ECMO
Katecholamine >24 Std
Re-AKE
n
(%)
3
(5,1%)
2
(3,4%)
1
(1,7%)
24 (40,7%)
Re-TAVI
n
(%)
2
(6,3%)
1
(3,1%)
1
(3,1%)
9
(28,1%)
40
P
1,000
1,000
1,000
0,262
3.3.
Mortalität
3.3.1. Krankenhausmortalität
In der Gruppe mit Re-AKE verstarben zwei Patienten während des Krankenhausaufenthaltes,
somit lag die Frühmortalität bei 3,4%. Es handelte sich hierbei jeweils einmal um eine
kardiale und eine nicht kardiale Ursache. Ein männlicher Patient entwickelte im
postoperativen Verlauf ein LCOS und verstarb im Multiorganversagen am 15. postoperativen
Tag. Eine Patientin verstarb im Rahmen einer Sepsis am 13. postoperativen Tag. Ursache
dieser Sepsis war ein Abszess im Bereich der linken Ellenbeuge.
In der Gruppe mit Re-TAVI verstarben während des Krankenhausaufenthaltes vier Patienten,
damit lag die Frühmortalität bei 12,5%. Es handelte sich in allen Fällen um eine nichtkardiale
Ursache. Eine Patientin verstarb am 2. postoperativen Tag aufgrund eines hämorrhagischen
Volumenmangels aufgrund einer retroperitonealen Einblutung nach Entfernung der
arteriellen Schleuse im Bereich der Leiste. Ein männlicher Patient verstarb nach Hämoptoe
und Aspiration am 17. postoperativen Tag.
Nach einem Ileus kam es bei einem
weiteren männlichen Patienten im stationären
Aufenthalt zu einer Aspiration. Dieser Patient verstarb aufgrund eines Multiorganversagens
am 9. postoperativen Tag. Eine Patientin verstarb am 20. postoperativen Tag; die TodesUrsache in diesem Fall konnte nicht ermittelt werden.
Damit zeigte sich im Hinblick auf die Krankenhausmortalität mit 2 Patienten (3,4%) in der ReAKE-Gruppe und 4 Patienten (12,5%) in der Re-TAVI-Gruppe kein signifikanter Unterschied.
3.3.2. Langzeit- und Gesamt-Mortalität
Die Analyse der Langzeitmortalität wurde mittels einer direkten telefonischen Befragung der
Patienten oder des Hausarztes durchgeführt. Das Follow-up war zu 97% in der Re-AKE
Gruppe und zu 95% in der Re-TAVI Gruppe vollständig. Die Gesamt-Mortalität lag bei den
Patienten mit Re-AKE im Nachverfolgungszeitraum von bis zu 36 Monate mit 13 Patienten
bei 22,0 %. Im Vergleich dazu lag die Gesamtmortalität bei Re-TAVI Patienten mit 12
41
Patienten bei 37,5 % bis zu 18 Monate. Das ergab einen nicht signifikanten Unterschied mit
einem p-Wert von 0,092. Das mittlere Lebensalter der Verstorbenen lag bei den Patienten
mit Re-AKE bei 76,7 ± 5,9 Jahre, bei den Patienten mit Re-TAVI bei 79,1 ± 6,8 Jahre (p=0,350).
Das mittlere Überleben bei Patienten mit Re-AKE betrug 25,3 ± 17,4 Monate im Vergleich zu
11,2 ± 10,3 Monaten bei Patienten mit Re-TAVI. Die Gesamtmortalität errechnete sich aus
Früh- und Spätmortalität, hierbei wurde die Frühmortalität als Tod innerhalb von 30 Tagen
definiert.
Die Spätmortalität bei den Patienten mit Re-AKE lag bei 18,6 %. Bei dem Patienten mit ReTAVI lag die Spätmortalität bei 25,0 %.
Bei den Patienten mit Re-AKE verstarb/en im Einzelnen:

ein männlicher Patient aufgrund einer Sepsis nach Re-Re-AKE wegen einer
Kunstklappenendokarditis am 52. postoperativen Tag.

vier Patienten aufgrund eines natürlichen Todes im Intervall von 9 bis zu 39 Monate

drei Patienten nach einem prolongierten Aufenthalt in Krankenhäusern im Zeitintervall
zwischen 1,3 und 1,7 Monaten

ein Patient aufgrund eines Prostata-Karzinoms im Intervall von 13 Monaten

zwei Patienten im Intervall von 1,1 und 1,6 Monaten. Die Todesursache konnte in diesen
Fällen nicht ermittelt werden.
Bei den Patienten mit Re-TAVI verstarb/en

ein Patient aufgrund eines Herzinfarktes nach 3,7 Monaten

zwei Patienten aufgrund einer dekompensierten Herzinsuffizienz zwischen 10,9 und 12,4
Monaten

ein Patient aufgrund eines Rhythmusereignisses bei bekanntem long-QT-Syndrom nach
8,5 Monaten.

ein männlicher Patient aufgrund eines Schlaganfalls im Zeitintervall von 13,6 Monaten

zwei Patienten aufgrund eines natürlichen Todes im Zeitintervall von 4,8 und 15,3
Monaten.

ein Patient nach einem prolongierte Krankenhausaufenthalt nach 4 Monaten
42
Eine detaillierte Aufstellung der erhobenen Daten zur Analyse von Früh-und Spätmortalität,
des Überlebens und der Überlebenskurven sind den Tabellen 13 und 14, sowie der
Abbildung 14 zu entnehmen.
Tabelle 13: Gesamt-Mortalität der Patienten
Mortalität
Re-AKE
n
(%)
Re-TAVI
n
%
p
Frühmortalität
Verstorben
davon männlich
2 (3,4%)
1 (1,7%)
4 (12,5%)
2 ( 6,3%)
0,179
Spätmortalität
verstorben
davon männlich
11 (18,6%)
8 (13,6%)
8 (25,0%)
8 (25,0%)
0,590
13 (22,0%)
9 (69,2%)
76,7 ± 5,9
12 (34,5%)
10 (83,3%)
79,1 ±6,8
0,142
0,644
0,350
8,8 ±12,1
6,6 ± 6,5
0,601
Gesamtmortalität
davon männlich
Mittleres Lebensalter
In Jahre
Mittleres Überleben
der Verstorbenen in Monate
Zustand nach
ACVB-OP
AKE
MKE
ACVB +AKE
ACVB +MKE
PFO
5
1
2
2
2
1
10
1
1
0
0
0
0,041
1,000
1,000
0,480
0,480
1,000
Tabelle 14: Survival-Analyse: Angabe des Überlebens der Patienten in Prozent % zu den
jeweiligen Zeitangaben
Survival
30 Tage
60 Tage
90 Tage
6 Monate
12 Monate
18 Monate
24 Monate
36 Monate
Re-AKE (%)
94,8 ± 2,9
86,0 ± 4,6
84,1 ± 4,9
82,2 ± 5,1
80,0 ± 5,4
77,2 ± 5,9
72,6 ± 7,1
Re-TAVI (%)
90,0 ± 5,5
85,9 ± 6,6
77,7 ± 8,1
67,2 ± 9,9
47,5 ± 11,9
-
43
P=0,053
Abbildung 13: Kaplan-Meier-Kurve getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI (p=0,053)
44
3.4.
Durchführung von Überlebenszeitanalysen
In der Überlebenszeitanalyse zur Ermittlung von Variablen, welche das Langzeitüberleben
beeinflussen,
wurden
die
Gruppen
Re-AKE
und
Re-TAVI
bezüglich
ihrer
Überlebenszeitverteilung mittels univariater Cox-Regression verglichen. Um prognostische
Faktoren für das Langzeitüberleben zu untersuchen wurde eine Cox-Regressionsanalyse
durchgeführt. Um diejenigen Variablen zu erkennen, die einen signifikanten Einfluss auf das
Langzeitüberleben hatten, wurde eine univariate Analyse durchgeführt. Die Variablen, die als
Risikofaktoren untersucht wurden, sind in der Tabelle 15 dargestellt. Bei einem
Signifikanzniveau von p<0,05 wurde die Variable in die multivariate Analyse mit
eingeschlossen.
Diese univariat in der Überlebensanalyse als signifikant hervorgetretenen Einflussgrößen
wurden mittels multivariater Cox-Regression daraufhin überprüft, ob ihr signifikanter
Einfluss auch unter Einbeziehung (Adjustierung) weiterer klinischer Faktoren (Risikofaktoren)
aufrechterhalten ließ. Die Einschätzung des unterschiedlichen Risikos der einbezogenen
Kategorien erfolgte mittels der Hazard ratio einschließlich des 95%-Konfidenz-Intervalls (95%
CI). Ein p< 0,05 wurde als signifikant erachtet. Tabellen 15 und 16 zeigen die Ergebnisse der
univariaten und multivariaten Analyse auf. Im Hinblick auf Re-TAVI-Patienten hatten diese
Patienten ein um den Faktor x erhöhtes Risiko zu versterben. Weitere präoperative
Faktoren, die das Letalitätsrisiko erhöhten waren präoperatives Vorhofflimmern (Hazard
ratio 2,58; CI 95% 1,14-5,8%), ein präoperativer Kreatinin-Wert über 1,1 mg/dl (HR 3,65;CI
95% 1,44- 9,20). Postoperativ aufgetretene Faktoren, die das Langzeitüberleben negativ
beeinflusst haben, waren eine respiratorische Insuffizienz über 72 Stunden (HR 2,89; CI 95%
1,19-7,0), ein postoperativer Kreatinin-Wert über 1,6 mg/dl (HR 6,16; CI 95% 2,10-18,0).
45
Tabelle 15: Univariate Überlebenszeitanalyse mittels Cox- Regression
Risikofaktor
Hazard ratio
Präoperativ
TAVI
0,258
Alter in Jahren
1,070
Hb in mg/dl präoperativ
0,778
VHF präoperativ
2,583
Vmax
0,481
Euroscore num
1,248
Euroscore log
1,031
STS-Score
1,034
pAVK
2,182
Kreatinin-Wert > 1,1 mg/dl präoperativ
3,646
Kreatinin-Wert präoperativ
2,013
Glomeruläre Filtrationsrate präoperativ
0,970
Zerebrovaskuläre Erkrankungen
2,558
Postoperative Faktoren
Respiratorisch > 72 Std
Re-Intubation
Tracheotomie
renal Kreatinin >1,6mg/dl
renal Kreatinin 2-fach erhöht
Dialyse mittels CVVH
Verminderung der GFR
Lactaterhöhung 2. postoperativer Tag
2,898
4,843
25,447
6,164
2,636
9,836
0,939
2,056
95% Confidenz-Interval
p-Wert
1,117-5,935
1,070-1,009
0,778-0,629
1,146-5,823
0,332-0,697
1,088-1,433
1,011-1,051
0,999-1,071
1,021-4,662
1,444-9,204
1,102-3,676
0,951-0,990
1,012-0,468
0,026
0,025
0,021
0,022
<0,001
0,002
0,002
0,060
0,044
0,006
0,023
0,004
0,047
1,192-7,049
1,904-12,318
7,017-92,282
2,106-18,046
1,042-6,671
4,195-23,060
0,912-0,967
1,493-2,830
0,019
0,001
<0,001
0,001
0,041
<0,001
<0,001
<0,001
(pAVK: peripher arteirlle verschlusskrankheit , CVVH: kontinuierliche venovenöse Hämodialyse, GFR:
glomeruläre Filtrationsrate,)
Tabelle 16: Überlebenzeitanalyse mittels multivariate Cox-Regression
Variable
TAVI
Alter in Jahren
Vorhofflimmern präoperativ
Kreatinin-Wert >1,1 mg/dl
Postoperative Komplikationen
Kreatinin-Wert verdoppelt
innerhalb 48 Std
Pulmonale Komplikationen
innerhalb 72 Std
Pacer notwendig postoperativ
Hazard ratio
4,368
1,022
3,122
3,255
95% Confidenz-Interval
1,417-13,466
0,972-1,076
1,189-8,198
1,209-8,767
p-Wert
0,010
0,389
0,021
0,020
4,648
1,509-14,316
0,007
4,508
1,605-12,658
0,004
4,300
1,251-14,784
0,021
46
3.5.
Morbidität
Die postoperativen Komplikationen lassen sich in
- kardiale und
- nicht kardiale Komplikationen einteilen.
Zu den nicht kardialen Komplikationen sind respiratorische, nephrologische, neurologische,
infektiöse und sonstige Komplikationen zu gliedern.
3.5.1. Klappenbedingte Re-Operationen
Komplikationen in Zusammenhang mit der Klappenprothese traten zweimalig auf, die eine
Re-Re-Operation erforderlich machten. Nach Re-AKE erfolgte bei einer Patientin während
des stationären Aufenthaltes aufgrund einer Ausflusstraktobstruktion mit einem erhöhten
transvalvulären Druck
von 70 mmHg über der Aortenklappe in der postoperativen
echokardiographischen Untersuchung eine Re-Re-Operation mit Aortenwurzel-Ersatz im
Zeitintervall von acht Tagen.
Bei einer Patientin mit Re-TAVI kam es im postoperativen Verlauf zu einer akuten
Aortenklappeninsuffizienz infolge eines unzureichenden Klappenschlusses der neuen
Prothese. Dies führte zu einer notfallmäßig durchgeführten Re-Re-Operation mit Valve- in
Valve- Implantation. Wegen eines LCOS wurden dieser Patientin eine IABP und eine ECMO
implantiert.
3.5.2. Blutungskomplikationen und blutungsbedingte Re-Operation
Zur Datenevaluation lagen bei den Patienten mit Re-AKE 45 von 59 Akten vor, bei den
Patienten mit Re-TAVI lagen 27 von 32 Akten vor.
Im postoperativen Verlauf wiesen 8 der Patienten mit Re-AKE eine erhöhte Blutungsneigung
definiert als Drainagenblutungsmenge >500 ml nach 24 Stunden auf. Die durchschnittliche
47
Drainagenfördermenge lag bei 814,1 ± 830,3 ml. Die geringste Drainagenfördermenge lag
bei 150 ml, das Maximum bei 4000 ml. Im Vergleich dazu lag bei 4 der Patienten mit Re-TAVI
eine erhöhte Blutungsneigung auf. Die Drainagenfördermenge am ersten Tag lag bei diesen
Patienten bei 410,9 ± 236,3 ml, mit einem Minimum von 85 ml und einem Maximum von
1010,0ml. Dieser Unterschied zwischen den beiden Gruppen war signifikant.
Bei nicht sistierender Blutung nach Re-AKE musste bei 7 Patienten (11,9%) eine ReThorakotomie mit Hämatomausräumung durchgeführt werden. In der Gruppe der Re-TAVI
wurde keine Re-Thorakotomie zur Blutstillung notwendig.
In Bezug auf den Transfusionsbedarf lagen bei den Patienten mit Re-AKE 55 von 59 Daten
komplett vor, bei den Patienten mit Re-TAVI lagen 30 von 32 Daten komplett vor. Ein
Transfusionsbedarf war bei den Patienten mit Re-AKE mit 6,6 ± 6,1 Erythrozytenkonzentrate
(EKs), 4,8 ±5,1 Fresh Frozen Plasmas (FFPs) und 1,1 ± 1,3 Thrombozytenkonzentrate (TTs)
höher als bei den Patienten mit Re-TAVI mit durchschnittlich 2,6 ± 2,8 EKs, 0,6 ± 1,3 FFPs und
0,01 ± 0,2 TTs. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war in Bezug auf alle oben
aufgeführten Parameter signifikant (siehe Tabelle 17).
Tabelle 17: Blutungskomplikationen und Transfusionsbedarf in der perioperativen Phase
Blutungskomplikationen
Drainagenmenge 1. Tag
Blutung postoperativ
Rethorakotomie
EKs
FFP
TT
Re-AKE
814,1 ± 830,25
8 (13,6%)
7 (11,9%)
6,6 ± 6,1
4,8 ± 5,1
1,1 ± 1,3
Re-TAVI
410,9 ± 236,3
4
(12,5%)
0
2,6
± 2,8
0,55 ± 1,3
0,04 ± 0,2
48
p
0,016
1,000
0,091
0,001
<0,001
<0,001
Abbildung 14: Transfusionsbedarf im perioperativen Verlauf, EKs: Erythrozytenkonzentrate,
FFPs: Fresh frozen Plasma, TTs: Thrombozytenkonzentrate
3.5.3. Thrombembolische und hämorrhagische Komplikationen
Bei einer Patientin (1,7%) mit Re-AKE trat postoperativ ein akuter thrombembolischer
Verschluss des linken Beines auf, so dass eine Embolektomie durchgeführt wurde. Diese
Patientin wies ebenfalls eine TIA im postoperativen Verlauf auf.
Bei einer Patientin (3,1%) mit Re-TAVI kam es nach Entfernung der arteriellen Schleuse im
Bereich der Leiste zu einer retroperitonealen Einblutung mit hämorrhagischem
Volumenmangel. Diese Patientin verstarb am 2. postoperativen Tag.
3.5.4. Infektionen und Re-Operationen
Infektionen traten insgesamt bei 4 (6,7%) von 59 Patienten mit Re-AKE auf. Hierbei handelte
es sich bei zwei Patienten um eine Kunstprothesen-Endokarditis und bei einem Patienten um
eine Wundheilungsstörung. Eine Patientin wies einen septischen Schock bei einem Abszess
49
im Bereich der Ellbeuge auf. 2 männliche Patienten
(3,4%) mit Re- AKE wiesen im
postoperativen Verlauf eine Endokarditis auf. Ein Patient wies bei einer mechanischen
Klappenprothese ein paravalvuläres Leck auf, so dass eine Re-Re-AKE innerhalb von 51 Tagen
nach Re-AKE durchgeführt wurde. Dieser Patient verstarb innerhalb von zwei Tagen
aufgrund einer Sepsis. Ein weiterer Patient mit Endokarditis der mechanischen
Klappenprothese erhielt eine Re-Re-AKE nach 17 Monaten. Ein Patient (1,7%) wies im
postoperativen Verlauf eine Wundheilungsstörung auf, so dass eine Wundrevision im
Zeitintervall von 14 Tagen durchgeführt wurde. Eine Patientin (1,7%) wies im postoperativen
Verlauf eine septiforme Kreislaufreaktion auf. In der Armbeuge lag bereits präoperativ ein
Abszess vor. Diese Patientin verstarb unter Einsatz von hochdosierten Katecholaminen im
Multiorganversagen am 13. postoperativen Tag. Bei den Patienten mit Re-TAVI trat weder
eine Klappenendokarditis noch eine revisionspflichtige Wundheilungsstörung auf (p=0,170).
3.5.5. Kardiale Komplikationen
Rhythmusstörungen:
Bei den Patienten mit Re-AKE wurden zwei (3,4%) Patienten im perioperativen Verlauf
reanimiert, ein männlicher Patient (1,7%) wegen eines sinuatrialen Blockes und Sick-SinusSyndrom. Bei diesem Patienten wurde während des stationären Aufenthaltes eine
Schrittmacher-Implantation durchgeführt. Eine weibliche Patientin (1,7%) wies im
postoperativen Verlauf einmalig Kammerflimmern auf. Nach medikamentöser Therapie mit
Amiodaron wies die Patientin vereinzelte ventrikuläre Extrasystolen (VES) mit Bradykardien
bis zu 30/min auf. Aus diesem Grund wurde noch während des stationären Aufenthaltes bei
der Patientin eine Schrittmacher-Implantation durchgeführt.
Bei den Patienten mit Re-TAVI wurden 3 Patienten (9,4%) aufgrund von Kammerflimmern
reanimiert. Ein männlicher Patient aufgrund einer plötzlich aufgetretenen Hyperkaliämie,
eine weibliche Patientin wurde im Rahmen der Klappenimplantation intraoperativ zweimalig
reanimiert bei persistierendem Kammerflimmern nach schneller Ventrikelstimulation. Bei
einer Patientin trat eine hochgradige Aorteninsuffizienz auf, sodass diese notfallmäßig eine
Re-Re-Operation mit Valve-in-valve Implantation erhielt, wegen eines anschließenden low
50
cardiac output-Syndroms (LCOS) wurden dieser Patientin eine ECMO und eine IABP
implantiert.
Im postoperativen Verlauf trat bei 6 (10,2%) Patienten mit Re-AKE eine Tachyarrhythmia
absoluta (TAA) bei Vorhofflimmern auf. In zwei dieser Fälle konnte der Rhythmus wieder in
einen stabilen Sinusrhythmus konvertiert werden. Bei einem Patienten nach Re-TAVI trat
eine persistierende TAA auf.
Bei den Patienten mit Re-AKE trat bei neun Patienten (15,3%) ein atrioventrikulärer Block
(AV-Block) III° auf. Aufgrund dieser Rhythmusstörung wurde bei 4 dieser Patienten (6,8%)
eine Schrittmacher-Implantation durchgeführt. Bei den Patienten mit Re-TAVI trat nur bei
einer Patientin (3,1%) ein AV-Block III° auf. Dieser Patientin wurde im Verlauf ebenfalls ein
Herzschrittmacher implantiert. Damit zeigten sich zwischen den Gruppen weder relevante
noch signifikante Unterschiede.
Zum Zeitpunkt der Entlassung lag bei 35 Patienten (59,3%) mit Re-AKE ein Sinusrhythmus
vor, bei acht Patienten (13,6%) eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Bei 9
Patienten (15,2%) ein Schrittmacher-Rhythmus, bei einem Patienten (1,7%) lag ein AV- Block
I° vor. Nach Re-TAVI lag bei 17 Patienten (53,1%) ein Sinusrhythmus, bei sechs Patienten
(18,8%) eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, bei vier Patienten (12,5%) ein
Schrittmacher-Rhythmus vor und bei zwei Patienten (6,3%) war ein AV I° zu verzeichnen.
Hinsichtlich aller aufgeführten Parameter lag zwischen den beiden Gruppen kein
signifikanter Unterschied vor (siehe Tabelle 18).
Tabelle 18: Postoperative Rhythmusstörungen
Reanimation
TAA bei VHF
AV III°
SM-Implantation
EKG postoperativ
SR
VHF
SM
sonstiges
AV I
Re-AKE
n
(%)
2 ( 3,4%)
6 (10,2%)
9 (15,3%)
6 (10,2%)
Re-TAVI
n
(%)
3 ( 9,4%)
1 ( 3,1%)
1 ( 3,1%)
1 ( 3,1%)
p
35
8
9
3
1
17
6
4
0
2
0,658
0,551
0,767
0,308
0,549
(59,3%)
(13,6%)
(15,2%)
( 5,1%)
( 1,7%)
51
(53,1%)
(18,8%)
(12,5%)
(0%)
(6,3%)
0,340
0,414
0,092
0,414
3.5.6. Pulmonale Komplikationen
Insgesamt 11 von 59 Patienten nach Re-AKE wiesen im postoperativen Verlauf
respiratorische Probleme über mehr als drei Tage auf. Respiratorische Probleme wurden
definiert als insuffiziente Oxygenierung oder eine Pneumonie, sodass eine verlängerte
Beatmung postoperativ notwendig war. Bei 8 Patienten (13,5%) zeigte sich eine insuffiziente
Oxygenierung, bei drei Patienten (5,1%) lag eine Pneumonie vor. Insgesamt sieben Patienten
wurden im Verlauf reintubiert. Von den reintubierten Patienten wurden aufgrund der
prolongierten Beatmungsphase fünf Tracheotomien durchgeführt. Bei einer Patientin
erfolgte die Re-Intubation bei einer Blutung aus dem Nasopharynx-Bereich. Diese Patientin
wurde im weiteren Verlauf tracheotomiert. Eine weibliche Patientin wies ein erschwertes
Weaning auf, so dass diese nach prolongierter Beatmungsphase direkt tracheotomiert
wurde. Eine weitere Patientin wies eine deutlich verlangsamte neurologische Reaktion auf,
sodass diese bei respiratorischer Erschöpfung reintubiert und tracheotomiert wurde. Bei
einem männlichen Patienten erfolgte die Tracheotomie nach Langzeitbeatmung mit
schlechter Oxygenierung. Ein weiterer männlicher Patient wurde wegen einer Sepsis
reintubiert und in der Folge tracheotomiert. - Im Vergleich dazu wiesen 5 von 32 Patienten
(15,6%) nach Re-TAVI pulmonale Probleme über mehr als drei Tage auf. Eine Reintubation
erfolgte bei zwei Patienten. Eine Tracheotomie war in keinem Fall erforderlich. Vier dieser
Patienten weisen eine schlechte Oxygenierung auf. Wegen eines bestehenden Assist-Devices
erfolgte bei einer Patientin eine längere Beatmungsphase. Bei einem männlichen Patienten
erfolgte wegen einer Hämoptoe mit Aspiration die notfallmäßige erschwerte Reintubation.
Ein weiterer männlicher Patient wurde notfallmäßig aufgrund einer Aspiration von
Mageninhalt reintubiert. Kein Patient hatte im postoperativen Verlauf eine Pneumonie. In
Bezug auf die aufgeführten Parameter lag zwischen den Gruppen kein signifikanter
Unterschied vor (siehe Tabelle 19).
Tabelle 19: Pulmonale Komplikationen im postoperativen Verlauf
Pulmonale Komplikationen Re-AKE
n
(%)
Pulmonale Komplikationen 11 ( 18,6%)
über mehr als 3 Tage
Reintubation
7 (11,9%)
Tracheotomie
5 (8,5%)
52
Re-TAVI
n
(%)
5
(15,6%)
p
2
0
0,485
0,157
(6,25%)
(-)
0,781
3.5.7. Nephrologische Komplikationen
Im postoperativen Verlauf entwickelten 29 von 59 Patienten (49,2%) mit Re-AKE ein akutes
Nierenversagen mit einem Kreatinin-Wert über 1,6. Bei 10 Patienten (16,9%) kam es zu einer
Verdoppelung des Kreatinin-Wertes bis zu 48 Stunden postoperativ und damit
definitionsgemäß zu einem akuten Nierenversagen. Bei neun dieser Patienten wurde im
postoperativen Verlauf eine Dialyse durchgeführt. Da bei zwei Patienten bereits präoperativ
eine terminale Niereninsuffizienz mit Dialysepflichtigkeit vorlag, trat bei 7 (11,9%) Patienten
ein akutes Nierenversagen auf. Bei Patienten mit akutem Nierenversagen erfolgte die
Dialyse durchschnittlich bis zu 5,7 ±3,7 Tage.
Insgesamt 15 von 32 Patienten (46,9%) mit Re-TAVI entwickelten im postoperativen Verlauf
einen Kreatinin-Wert über 1,6, bei vier Patienten kam es zu einer Verdoppelung des
Kreatinin-Wertes. Insgesamt vier Patienten wurden im postoperativen Verlauf dialysiert. Da
bereits ein Patient präoperativ eine terminale Niereninsuffizienz vorwies, lag bei drei
Patienten ein akutes Nierenversagen vor. Die durchschnittliche Dialysedauer betrug bei
diesen Patienten 5,0 ± 2,2 Tage. Die Ergebnisse zwischen den beiden Gruppen ergaben
keinen signifikanten Unterschied.
Tabelle 20: Niereninsuffizienz im postoperativen Verlauf
Niereninsuffizienz
Re-AKE
n
(%)
29
(49,2%)
Re-TAVI
n
(%)
15
(46,9%)
p
Kreatinin verdoppelt
(bis zu 48 Std postoperativ )
10
4
(12,5%)
0,763
Dialyse auf Intensivstation
Dialysepflichtig bereits präoperativ
Dialyse neu auf Intensivstation
Dialyse über Tage
9
(15,3%)
2
( 3,4%)
7
(11,9%)
5,7 ± 3,7 (1;11*)
4
(12,5%)
1
( 3,1%)
3
( 9,4%)
5,0 ± 2,2 (3;8*)
0,767
1,000
0,747
0,74
Niereninsuffizienz mit
Kreatinin über 1,6
(16,9%)
Anmerkung: *Mindest- und Maximaldauer der Dialyse
53
1,000
3.5.8. Neurologische Komplikationen
Bei 17 von 59 Patienten (28,8%) mit Re-AKE traten neurologische Komplikationen auf. Bei
zwei Patienten (3,4%) trat eine transitorische ischämische Attacke (TIA) auf, die
neurologischen Defizite entwickelten sich jeweils innerhalb von 24 Stunden zurück. Bei
einem Patienten (1,7%) trat im postoperativen Verlauf einmalig ein Krampfanfall auf. 14
Patienten (23,7%) wiesen ein postoperatives Delir auf.
Insgesamt sieben von 32 Patienten (21,9%) mit Re-TAVI wiesen im postoperativen Verlauf
neurologische Komplikationen auf. Ein Patient (3,1%) hatte im postoperativen Verlauf eine
TIA. Ein Patient (3,1%) erlitt postoperativ einen Schlaganfall mit armbetonter rechtsseitiger
Hemiparese und Aphasie. Fünf weitere Patienten (15,6%) wiesen ein postoperatives Delir
auf. Die aufgeführten Parameter zwischen den beiden Gruppen ergaben keinen signifikanten
Unterschied.
Tabelle 21: Neurologische Komplikationen im postoperativen Verlauf
Neurologische Komplikationen Re-AKE
n
(%)
TIA
2 ( 3,4%)
Schlaganfall
(-)
Krampfanfall
1 ( 1,7%)
Durchgangssyndrom
14 (23,7%)
Gesamt
17
Re-TAVI
n
(%)
1 ( 3,1%)
1 ( 3,1%)
(-)
5 (15,6%)
7
p
1,000
0,351
1,000
0,428
3.5.9. Sonstige Komplikationen
Gastrointestinale Komplikationen.
Ein Patient mit Re-TAVI wies im postoperativen Verlauf einen Ileus auf. Aufgrund einer
Aspiration erfolgte bei diesem Patienten die notfallmäßige Re-Intubation. Dieser Patient
verstarb am 9. postoperativen Tag.
54
3.6.
Stationärer Aufenthalt
Bei den Patienten mit Re-AKE betrug die mittlere Intensivdauer 4,7 ± 4,8 Tage im Vergleich zu
3,6 ± 2,6 Tage nach Re-TAVI (p=0,210). Die Intubationszeit war mit 39,7 ± 57,6 Stunden bei
den Patienten mit Re-AKE im Vergleich zu den Patienten mit Re-TAVI mit 14,3 ± 8,5 Stunden
mit einem p-Wert von 0,01 signifikant verlängert. Die Krankenhausaufenthaltsdauer war mit
14,1 ± 5,1 Tagen bei den Patienten mit Re-AKE im Vergleich zu den Patienten mit Re-TAVI mit
11,8 ± 6,0 Tagen ebenfalls verlängert (p<0,05)
Tabelle 22: Stationärer Aufenthalt bei den Patienten mit Re-AKE und Re-TAVI
Stationärer Aufenthalt
Intensivdauer in Tage
Intubationszeit in Std
KH-Aufenthalt in Tage
3.7.
Re-AKE
4,7 ± 4,8
39,7 ± 57,6
14,1 ± 5,1
Re-TAVI
3,5
± 2,6
14,3 ± 8,5
11,8 ± 6,0
p
0,21
0,01
<0,05
Hämodynamik postoperativ
Zur postoperativen Hämodynamik, die zwischen dem 5. und 7. postoperativen Tag erhoben
wurde, lagen 44 von 59 Daten bei den Patienten nach Re-AKE vor. Bei den Patienten mit ReTAVI lagen 27 von 32 Daten vor. In beiden Gruppen konnte eine Steigerung der
Ejektionsfraktion verzeichnet werden. Postoperativ wiesen die Patienten mit Re-AKE eine
Ejektionsfraktion von 54,4 ± 10,4% auf. Die Maximalgeschwindigkeit über die Aortenklappen
betrug durchschnittlich 2,3 ± 0,6 m/s, der durchschnittliche maximale Druckgradient über die
Aortenklappe betrug 23,8 ± 14,1 mmHg und der mittlere Druckgradient 13,2 ± 8,8 mmHg. Im
Vergleich dazu wiesen die Patienten mit Re-TAVI eine durchschnittliche Ejektionsfraktion von
52,3 ± 9,6 %, Die durchschnittliche Maximalgeschwindigkeit betrug 2,2 ± 0,5 m/s, und die
Druckgradienten über die Klappe betrugen 21,6 ± 11,2 mmHg und 11,3 ± 6,7 mmHg.
55
Tabelle 23: Postoperative Hämodynamik
Hämodynamik
5.-7. Tag postoperativ
EF postoperativ in %
Vmax postoperativ in m/s
pmax in mmHg
pmean in mmHg
Re-AKE
54,4
2,31
23,8
13,2
±
±
±
±
10,4
0,60
14,1
8,8
Re-TAVI
p
52,3 ± 9,6
2,2 ± 0,5
21,6 ± 11,2
11,3 ± 6,7
0,362
0,610
0,501
0,342
Abbildung 15: Reduktion der Druckgradienten pmax und pmean bei den Patienten mit Re-AKE
und Re-TAVI
56
4.
Diskussion
Der chirurgische konventionelle Aortenklappenersatz gilt als Therapie der Wahl bei
Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose (110). Die Prognose der hochgradigen
Aortenklappenstenose
ist
ohne
eine
chirurgische
Therapie
mit
einer
3-Jahres-
Überlebensrate von unter 30 % äußerst schlecht. Demgegenüber steht ein vergleichbar
geringes Operationsrisiko beim erstmaligen konventionellen Aortenklappenersatz zwischen
1 und 5%. Im Jahr 2010 wurden mehr als 25.000 isolierte Klappeneingriffe in der
Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Hierbei wurde mehr als 11.000 mal die
Aortenklappe über einen konventionellen chirurgischen Eingriff mit einer durchschnittlichen
30-Tage-Mortalität von 3% ersetzt (45). Gemäß einer Stichprobenanalyse von 4.109
Operationen auf der Basis der Leitungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herzund Gefäßchirurgie (DGTHG) zeigt das Risiko des chirurgischen Aortenklappenersatzes dabei
eine Altersabhängigkeit; erst in der Altersgruppe der über 90-Jährigen war eine Letalität von
mehr als 30% zu verzeichnen. In der Altersgruppe der 85- bis 89-jährigen zeigte sich eine
Letalität von noch 6,9%, in allen anderen Alterskategorien betrug die Letalität 0,9 bis 3,5%.
Auf der Basis dieser guten Ergebnisse wurden in ersten Studien bei Hochrisikopatienten
(definiert u.a. durch einen logistischen EuroSCORE >20% und einen STS-Score >10% und
damit einer zu erwartenden Operationsletalität von mehr als 10%) der kathetergestützte
Aortenklappenersatz (TAVI) zur Anwendung gebracht. Die Einschränkung auf dieses
Risikokollektiv ergibt sich aus der Tatsache, dass alle bis dato publizierten klinischen Studien
zum TAVI-Verfahren eine Letalität von ca. 10% in dieser Patientenpopulation gezeigt haben
(36).
Im Rahmen dieser Arbeit wurden retrospektiv die Ergebnisse von Hochrisikopatienten
verglichen, die nach einer vorangegangenen Herzoperation nun einen Aortenklappenersatz
als zweite Herzoperation entweder auf konventionelle Art, oder mittels TAVI erhalten haben.
Dabei wurde das präoperative Risikoprofil, die perioperativen Daten, die postoperative
Morbidität und die 30-Tage Letalität und die 1-Jahres-Letalität der beiden Gruppen
analysiert.
57
Die Hauptergebnisse der hier durchgeführten Untersuchung können unter Berücksichtigung
der unten aufgeführten Limitationen folgendermaßen zusammengefasst werden:
1) der
konventionelle
Aortenklappenersatz
als Reoperation
kann
mit
guten
postoperativen Ergebnissen durchgeführt werden
2) Die derzeit in der Literatur und auch der klinischen Routine angewendeten Scoring
Systeme (EuroSCORE und STS Score) überschätzen die tatsächlich zu erwartende
Mortalität.
3) Die transapikale Aortenklappenimplantation kann mit vergleichbar guten Ergebnissen
durchgeführt werden.
Der konventionelle Aortenklappenersatz als Reoperation
Reoperationen sind insbesondere im Fachgebiet der Herzchirurgie mit einem erhöhten
Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko im Vergleich zur Primäroperation assoziiert. Allerdings
differieren insbesondere die Mortalitätsraten in der vorliegenden Untersuchungen erheblich
und liegen zwischen 2,3% bis hin zu 18% (58). Die Gründe für das erhöhte perioperative
Risiko bei kardialen Reoperationen ist vielschichtig und liegt zum Einen in der veränderten
kardialen und thorakalen Anatomie begründet, zum Anderen unterliegen diese Patienten
meist (nicht zuletzt aufgrund des fortgeschrittenen Alters) einer größeren Anzahl kardialer
und nicht-kardialer Komorbiditäten (104,116). In unserer single-center Analyse zeigte sich
eine 30-Tage Mortalität von 3,4% bei einem 1 Jahres- bzw. 2-Jahres-Überleben von 82,2%
und 77%. Nach 3 Jahren zeigte sich eine Überlebensrate von 72%. Diese Ergebnisse stimmen
mit den Analysen anderer Arbeitsgruppen überein. Beispielsweise berichten Dobrilovic et al.
in ihrer retrospektiven Analyse zum Aortenklappenersatz nach vorangegangener
Bypassoperation eine 30 Tage Mortalität von 3,8% bei einem 1 Jahres-Überleben von 86%
und einem 3 Jahres-Überleben von 74% (30). Ähnliche Ergebnisse zeigen auch andere
Untersuchungen zum Aortenklappenersatz nach vorangegangener Bypassoperation, wie in
mehreren Studien gezeigt werden konnte (59,74,87,105-106). Beim Vergleich der genannten
Daten zu der vorliegenden Analyse ist allerdings zu beachten, dass es sich ausschließlich um
Patienten mit vorangegangener Bypassoperation handelt und die Patienten der genannten
Studien im Vergleich ein höheres Alter (> 70 Jahre) aufwiesen. Ein negativer Einfluss eines
58
höheren Patientenalters zum Operationszeitpunkt auf die Frühmortalität als auch auf das
Langzeitüberleben nach herzchirurgischen Reoperationen konnte von Lytle et al. in einer
retrospektiven Analyse von 1000 Patienten und auch von Akins et al. gezeigt werden (66). In
diesem Kontext beobachteten Jones et al. in ihrer Analyse von 671 Patienten mit einem
mittleren Alter von 55 Jahren, die sich einem Klappenersatz als Reoperation unterzogen,
eine 30-Tage Mortalität von 6,4% für den Aortenklappenersatz (58). Im Unterschied dazu lag
die Krankenhausmortalität in der Studie von Balsam et al. mit einem Fokus auf den
Aortenklappenersatz als Reoperation bei älteren Patienten mit einem Durchschnittsalter von
80,5 Jahren bei 12,8% (5). In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass das
hier untersuchte Patientenkollektiv der konservativ operierten Patienten in Bezug auf die
vorangegangene (erste) Herzoperation ein heterogenes Erscheinungsbild aufweist. Damit in
Zusammenhang
steht
die
Frage,
inwieweit
die
Unterschiede
hinsichtlich
der
vorangegangenen, ersten Operation die postoperativen Ergebnisse beeinflussen. Die aktuell
verfügbare Literatur kann diese Fragestellung bisher nicht eindeutig beantworten. Obwohl
sich die perioperative Mortalität nach vorangegangener Bypassoperation nicht relevant von
den beschriebenen Ergebnissen nach vorangegangener Klappenimplantation unterscheidet
(wie in den vorangehenden Absätzen dargelegt), besteht ein Dissens, inwieweit beim
vorangegangenen Klappenersatz der erstmals implantierte Klappentypus (mechanisch oder
biologisch) die perioperative Mortalität beeinflusst. Einige Studien kommen zu dem
Ergebnis, daß die perioperative Mortalität bei Patienten, die zuvor einen mechanischen
Klappenersatz erhalten haben, signifikant höher ist, als bei Patienten mit biologischem
Klappenersatz (13,58,67,109). Im Gegensatz dazu konnten die Analysen von Lytle et al und
McGrath et al diesen Zusammenhang nicht finden (66,69). Ein möglicher Erklärungsansatz
besteht in der zugrundeliegenden Pathophysiologie: Bei Patienten mit mechanischem
Klappenersatz
kommt
es
häufiger
zu
abrupt
einsetzender
Klappendysfunktion
(beispielsweise durch eine akute Thrombose), welche dann zu einer akuten Dekompensation
mit zumindest dringlicher Operationsindikation führt. Zudem sind die mechanischen Klappen
durch eine zur Endokarditis führende Erregerbesiedlung weitaus mehr gefährdet als
biologische Klappen. In der vorliegenden Analyse wurden Patienten mit Endokarditis oder
dringlicher/Notfall-Indikation nicht in das Patientenkollektiv eingeschlossen. Damit ist eine
Verfälschung der Ergebnisse durch diesen Erklärungsansatz in dieser Studie nicht gegeben. In
der Zusammenschau stehen die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse nach einem
59
konventionellen Aortenklappenersatz als Reoperation im Einklang mit den Ergebnissen der
publizierten
Ergebnisse
anderer
Autoren
und
zeigen,
dass
der
konventionelle
Aortenklappenersatz als Reoperation ein sicheres operatives Verfahren darstellt, welches
gegenwärtig als der Goldstandard angesehen werden muss.
Risikostratifizierung mittels EuroSCORE und STS Score
Die in dieser Arbeit verglichenen Patientenkollektive (Patienten nach konventioneller
Aortenklappen-Reoperation und Patientin mit TAVI als zweite kardiale Operation) zeichnen
sich beide durch ihr schon präoperativ deutlich erhöhtes Risikoprofil aus. Dies zeigt sich
durch die vorliegenden Komorbiditäten, in denen sich (mit Ausnahme einer erhöhten Rate
an vorliegender koronarer Dreigefäßerkrankung im Kollektiv der TAVI-Patienten) keine
statistisch signifikanten Unterschiede zeigen. Daraus ergeben sich (unter Einbeziehung
weiterer Faktoren) die präoperativ bestimmten Werte von EuroSCORE und STS-Score. Bei
dieser Art der Risikostratifizierung zeigt sich ein signifikanter Unterschied in Bezug auf das
berechnete Mortalitätsrisiko zwischen den beiden Scores (STS Score 9% bei Re-AKE, 11% bei
TA-AVI gegenüber logistischer EuroSCORE 20.7% bei Re-AKE und 23.1% bei TAVI). Die
bezeichneten
Unterschiede
ergeben
sich
zwar
aus
den
verschiedenen
Berechnungsalgorithmen der Scores, zeigen aber dennoch, dass das reine Heranziehen
dieser Scores zur Abschätzung des perioperativen Risikos allein keine adäquate
Patientenklassifizierung erbringen kann. Setzt man die Ergebnisse des präoperativen
Mortalitätsrisikos ins Verhältnis zur tatsächlichen Mortalität der Patienten (Re-AKE 3,4%;
TAVI 12,5%), so zeigt sich zudem, daß beide Scores die tatsächliche Mortalität deutlich
überschätzen. Dies ist insbesondere von Bedeutung, als dass die präoperative Abschätzung
des Operationsrisikos sich zu einem großen Teil auf die Berechnung der beiden Scores
bezieht und die gegenwärtigen Empfehlungen der Fachgesellschaften für Kardiologie
(Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Herz- und Kreislaufforschung; DGK) und Herzchirurgie
(Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz-, und Gefäßchirurgie; DGTHG) diese Art der
präoperativen
Abschätzung
als
einen
Hauptpunkt
kathetergestützten Klappenersatz nennen (36,95).
60
zur
Indikationsstellung
zum
Verschiedene Veröffentlichungen haben in Übereinstimmung mit den hier vorliegenden
Ergebnissen die Ungenauigkeiten der aktuell verwendeten Scores in Bezug ihrer
Verlässlichkeit hinsichtlich der Aussagekraft bei Patienten, die einen kathetergestützten
Aortenklappenersatz erhielten, bestätigt (43,59,115). Dies ist zum Teil schon dadurch zu
erklären, dass diese Scoring-Systeme zur Risikostratifizierung für Koronarerkrankte
konzipiert wurden und damit nicht immer für klappenerkrankte Patienten zutreffend sind
(59). Obwohl Piazza et al. und Ben-Dor et al. eine moderate Korrelation zwischen den von
beiden Scores angegeben Risiken beschreiben (r=0,58; p<0,001 und r=0,61; p<0,001),
verweisen beide Autoren auf die Abweichungen der tatsächlich beobachteten Mortalität im
Vergleich zu der vorher per Score berechneten (8),(81). Desweiteren zeigten die genannten
Studien eine im Verhältnis größere Abweichung der erwarteten Mortalität durch den
EuroSCORE im Vergleich zum STS Score.
Nicht nur bezüglich der kathetergestützten
Verfahren zum Aortenklappenersatz wurde die Akkuratheit der beiden Scores untersucht. In
einer Studie mit 652 Patienten konnten Wendt et al. zeigen, dass der EuroSCORE auch bei
Hochrisikopatienten, die sich einem konventionellen Aortenklappenersatz unterzogen, die
Mortalität deutlich überschätzt (118). Damit zeigen die Ergebnisse der hier vorliegenden
Analyse in Übereinstimmung mit anderen aktuellen Studien die Ungenauigkeiten der beiden
etablierten Risikoscores zur Abschätzung der erwarteten Mortalität bei Hochrisikopatienten,
die sich einem konventionellen oder einem transapikalen Aortenklappenersatz unterziehen.
Diese Analysen unterstreichen die Wichtigkeit der klinischen Abschätzung durch erfahrene
Ärzte vor geplanter operativer Korrektur einer Aortenklappenstenose und zeigen zudem die
Relevanz einer Entwicklung eines speziellen Scores für das besondere Patientenkollektiv der
sogenannten „Hochrisikopatienten“. Augenblicklich gründen sich die Indikationskriterien
derzeit auf die Empfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften. Diese stimmen
dahingehend überein, dass das Verfahren TAVI nur bei Patienten mit hochgradiger
Aortenklappenstenose und Kontraindikationen für eine konventionelle Operation, oder sehr
hohem perioperativen Risiko in Betracht gezogen werden soll. Trotz der teils noch
unbestimmten Empfehlungen und den bestehenden Unterschieden der verschiedenen
internationalen Fachgesellschaften besteht weitestgehend ein
Konsens, dass als
Mindestanforderung unter anderem ein STS-SCORE > 10% oder ein logistischer EuroSCORE >
20% vorliegen sollte (29). Andererseits wurde in einem kürzlich veröffentlichten
Expertengespräch mit Vertreten der DGK und der DGTHG noch einmal explizit darauf
61
hingewiesen, dass auch die Erfüllung dieser Scores nicht automatisch als TAVI-Indikation
angesehen werden können (31,95).
Daher kommt zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Indikationsstellung dem
interdisziplinären individuellen Entscheidungsprozess entscheidende Bedeutung zu. Diese
Beurteilung trägt maßgeblich zur Zuordnung eines Patienten zur Gruppe der
„Hochrisikopatienten“ bei. Dieses Faktum ist für die Interpretation der hier vorgestellten
Ergebnisse von Mortalität und Morbidität der verglichenen Patientenkollektive zu beachten.
Die Patienten, die mittels TAVI operiert wurden, wurden zusätzlich zu der Abschätzung der
Scoring-Systeme präoperativ durch ein Team aus spezialisierten Kardiologen und
Herzchirurgen als „Hochrisikopatienten“ eingestuft. Dadurch liegt per se eine Verzerrung
(bias) durch diese klinische Einschätzung vor, da dieser Prozess bei den konventionell
operierten Patienten nicht stattgefunden hat.
Vergleich zwischen dem konventionellen Verfahren und TAVI
Die Entwicklung der kathetergestützten Verfahren zur Aortenklappenimplantation bietet
seit
2008
eine
alternative
Therapieoption
für
Patienten
mit
hochgradiger
Aortenklappenstenose. Um den Nutzen einer solchen, neu eingeführten medizinischen
Intervention zu beurteilen, muss per definitionem der kausal begründete positive Effekt
dieser Intervention auf patientenrelevante Endpunkte evaluiert werden und in Analogie das
potentielle Schadenspotential mit berücksichtigt werden (29). Die wissenschaftliche
Datenlage zur Anwendung der kathetergestützten Verfahren zur Aortenklappenimplantation
(TAVI) stützt sich bisher fast ausschließlich auf Registerdaten und retrospektive
Untersuchungen. Studien zum Vergleich von TA-AVI und konventioneller Operation nach
vorangegangener Herzoperation existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Als einzige
Primärstudie zum prinzipiellen Vergleich der konventionellen Operation mit dem
kathetergestützten Verfahren zum Aortenklappenersatz finden sich die Daten aus der
Kohorte der PARTNER-Studie (99). In diese randomisiert-kontrollierten Studie wurden
Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose eingeschlossen, deren
„Hochrisikoprofil“ durch einen STS-SCORE > 10%, bzw. durch die individuelle Abschätzung
von Kardiologen und Herzchirurgen definiert wurde. Diese Patienten wurden randomisiert
62
entweder über eine TAVI (sowohl TF-AVI, als auch TA-AVI) oder einen konventionellen
Aortenklappenersatz (AKE) therapiert. Der primäre Endpunkt wurde als „Tod jeglicher
Ursache nach einem Jahr“ definiert und die Studie als Non-Inferioritätsstudie angelegt. Für
den primären Endpunkt zeigte sich ein Nicht-Unterlegenheit der TAVI gegenüber dem
konventionellen AKE (TAVI 24,2% gegenüber AKE 26,8%. Die 30-Tage Letalität lag in der
TAVI-Gruppe bei 3,4 % im Vergleich zu 6,5 % beim konventionellen AKE (p=0,07). Allerdings
traten neurologische Komplikationen wie Schlaganfälle sowie Gefäßkomplikationen
signifikant häufiger in der TAVI Gruppe auf. Obwohl diese Arbeit einen Meilenstein in der
Beurteilung dieser relativ jungen Operationsmethode darstellt, können die Ergebnisse nicht
prinzipiell in Beziehung zu den in dieser Arbeit vorgestellten Daten gesetzt werden. Zum
Einen handelt es sich in dieser Arbeit um Patienten, die sich einer zweiten Herzoperation
unterzogen haben, zum Anderen wurden in der PARTNER-Studie mehr als zwei Drittel der
Patienten über eine transfemoralen Zugang versorgt (99). Die Datenlage zur Analyse der
Ergebnisse nach TAVI als Reoperation beschränkt sich derzeit auf retrospektive Studien.
Drews et al. verglichen die Ergebnisse nach transapikalem Aortenklappenersatz und
vorangegangener Herzoperation mit den Ergebnissen von Patienten, die sich zuvor keiner
Herzoperation unterzogen hatten (32). Dabei beobachteten die Autoren exzellente
Ergebnisse bei TA-AVI nach vorangegangener Herzoperation mit einer 30-Tage Mortalität
von 5% (im Vergleich zu 6,9% nach TA-AVI ohne Voroperation). Das 1-Jahres Überleben lag
bei 77% in der Gruppe der voroperierten Patienten. In der vorliegenden Arbeit zeigte sich
eine vergleichsweise 30-Tage Mortalität von 12,5% bei einer 1-Jahres Überlebensrate von
67,5%. Diese Ergebnisse entsprechen den von Walther et. al veröffentlichen Ergebnissen in
Patienten nach TA-AVI als Reoperation (114). In ihrer Studie beobachteten die Autoren eine
30-Tage Mortalität von 12% bei einem 1-Jahres Überleben von 72%. Die einzige bis dato
publizierte Registeranalyse zur Untersuchung des Einflusses einer vorangegangener
Herzoperation auf die Ergebnisse nach TA-AVI zeigt Ergebnisse des italienischen Registers für
den transapikalen Aortenklappenersatz (I-TA) (24). Von den 566 eingeschlossenen Patienten
wiesen 110 Patienten in der Vorgeschichte eine Herzoperation auf. Die beobachtete
Krankenhausmortalität lag bei 7,2% und unterschied sich nicht signifikant von der
beobachteten Mortalität der Patienten nach TA-AVI als erste Herzoperation (7,9%; p=0,8).
Das 1-Jahres- und 2-Jahres Überleben lag bei 83,6% bzw. 75,4% und zeigte keinen relevanten
oder signifikanten Unterschied zur Vergleichsgruppe (24).
63
Im Bezug auf die postoperative Morbidität nach TAVI liegt der Fokus der wissenschaftlichen
Diskussion insbesondere auf den neurologischen Komplikationen. Dies liegt darin begründet,
dass sich in der oben erwähnten PARTNER-Studie eine signifikant höherer Anzahl
neurologischer Komplikationen in der Gruppe der TAVI-Patienten im Vergleich zur
konventionellen Operation gezeigt hatte (99). Auch wenn diese Ergebnisse in der einzigen
randomisiert kontrollierten prospektiven Studie aufgetreten sind, so bleibt zu bemerken,
dass der Stichprobenumfang der PARTNER-Studie ausschließlich für den Endpunkt des EinJahres-Überlebens
berechnet
wurde.
Daher
sind
belastbare
Aussagen
zum
Komplikationsprofil und zu Subgruppenergebnissen aufgrund der PARTNER Daten nicht
möglich. Ein weiterer relevanter Punkt hinsichtlich der vorliegenden Arbeit besteht in der
Analyse der Blutungskomplikationen, da für die transapikale Implantation erneut eine (wenn
auch laterale) Thorakotomie erforderlich ist. Somit besteht sowohl bei der konventionellen
Re-Operation, als auch bei der TA-AVI die potentielle Gefährdung durch Verwachsungen
oder Verletzungen bestehender koronarer Bypässe. In der vorliegenden Analyse zeigte sich
bei einem Patienten ein postoperativer Apoplex (3,1%), wohingegen in der Gruppe der
konventionell operierten Patienten kein postoperativer Schlaganfall, allerdings 2 Episoden
einer transitorisch ischämischen Attacke (TIA) zu beobachten war. Aufgrund der geringen
Fallzahl war dieser Unterschied statistisch nicht signifikant. Diese Ergebnisse stehen im
Einklang mit den Ergebnissen des I-TA (Apoplexrate in der Reoperationsgruppe: 5,5%) und
der Publikation von Walther et al. (kein Apoplex innerhalb der Gruppe von 25 untersuchten
Patienten) (24),(114). Ähnliches gilt für die Blutungskomplikationen nach TA-AVI als
Reoperation. Diese Daten nach TA-AVI sind mit den Ergebnissen nach konventionellem AKE
als Reoperation vergleichbar. Davierwala et al. beobachteten eine Schlaganfallrate von 4,6%
nach AKE als Reoperation (26), Jones et al. erreichten eine Apoplexrate von 1,7% (58).
Hinsichtlich der Blutungskomplikationen zeigt sich in der vorliegenden Arbeit eine signifikant
geringere Rate der postoperativen Blutungsmenge, der Anzahl an postoperativen Blutungen,
der notwendigen Rethorakotomie sowie des Transfusionsbedarfs in der Gruppe der
Patienten nach TA-AVI im Vergleich zu den konventionell operierten Patienten. In der I-TA
Registeranalyse zeigten sich übereinstimmend eine Rate von 0,9% an relevanten
Blutungskomplikationen nach TA-AVI ohne Angabe eine Rethorakotomierate (24). Im
Vergleich dazu nimmt die postoperative Blutung als Komplikation nach konventioneller
Reoperation einen deutlich höheren Stellenwert ein. Jones et al. berichten, dass Blutungen
64
in über 15% der Fälle ursächlich zur perioperativen Mortalität beigetragen habe (58). Balsam
et al. beschreiben eine Rethorakotomierate aufgrund aufgetretener Nachblutung nach
Aortenklappenersatz als Reoperation von 5,2% (5). Die vorgestellten Daten weisen darauf
hin, dass beim Einsatz von TA-AVI ein erheblich geringeres Risiko für das Auftreten einer
relevanten postoperativen Blutungskomplikation im Vergleich zur konventionellen
Operation besteht.
65
5.
Limitationen
Bei der Interpretation der in dieser Arbeit vorgestellten Daten müssen verschiedene
Limitationen in Betracht gezogen werden. Es handelt sich hier um eine retrospektive
Analyse. Daher kann ein Einfluss von in der Datenerhebung unberücksichtigt gebliebenen
Störfaktoren nicht ausgeschlossen werden. Zudem handelt es sich um eine geringe
Patientenzahl, welche insbesondere bei der Interpretation der Risikofaktorenanalyse in
Betracht gezogen werden muss. Desweiteren unterscheiden sich (wie oben erwähnt) die
beiden Gruppen hinsichtlich der Verteilung des Typus der ersten Herzoperation
voneinander. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass durch die Indikation zur TA-AVI
per se ein Einflussfaktor besteht. Diese Patienten wurden präoperativ zusätzlich durch ein
Herzteam aus Kardiologen und Herzchirurgen als „Hochrisikopatienten“ eingestuft.
Allerdings besteht in Bezug auf die erhobenen Daten zum präoperativen Risikoprofil kein
relevanter Unterschied in den verglichenen Gruppen. Beide Gruppen zeichnen sich damit
durch ein hohes Risikoprofil aus.
Trotz der genannten Limitationen liefert diese Arbeit relevante Daten hinsichtlich der
prinzipiellen guten Durchführbarkeit der transapikalen Aortenklappenimplantation auch
nach vorangegangener Herzoperation. Die im Vergleich zur konventionellen Operation
verkürzten Operationszeiten, sowie der geringere Transfusionsbedarf und der kürzere
Krankenhausaufenthalt unterstützen die These, dass TA-AVI als Re-Operation für
Hochrisikopatienten eine Alternative zur konventionellen Operation darstellt. Eine generelle
Empfehlung für TA-AVI als Methode der Wahl zum Aortenklappenersatz als Reoperation zu
geben, lässt sich auch unter Einbeziehung der zu diesem Thema zur Verfügung stehenden
Literatur nicht ableiten. Zur weiteren Evaluation der TAVI (und der damit in Zusammenhang
stehenden verschiedenen Zugangswege) sind weitere Studien mit prospektivem
Studiendesign unabdingbar. Der konventionelle Aortenklappenersatz ist auch im Falle einer
Reoperation bis auf weiteres als der therapeutische Goldstandard anzusehen.
66
6.
Zusammenfassung
Einleitung: Degenerative AK-Vitien treten im höheren Lebensalter auf, jedoch weist dieses
Patientenklientel aufgrund der zunehmenden Komorbidität ein erhöhtes perioperatives
Risiko auf. Teilweise werden diese Patienten zur Operation abgelehnt. Aufgrund der
demographischen Veränderungen ist eine zunehmende Relevanz zu sehen, während im
Jahre 1969/78 das mittlere Alter herzchirurgischer Patienten bei 46 Jahren lag, so liegt diese
im Jahr 1989-1998 bei 60 Jahren. Um älteren Patienten mit erhöhter Komorbidität ein
Operationsverfahren anzubieten, wurde der transapikale Aortenklappenersatz als
minimalinvasive Technik entwickelt.
Fragestellung: In dieser Arbeit wurden die beiden Operationsverfahren konventioneller
Aortenklappenersatz mittels medianer Sternotomie und minimal invasive Therapie mittels
Transapikalen Aortenklappenersatz miteinander hinsichtlich der perioperativen Ergebnisse
verglichen. Hierbei wurden standardisierte Laborparameter, klinische und hämodynamische
Parameter verwendet.
Methoden: Es wurden die Patientendaten bis zu fünf Jahre in Bezug auf Morbidität und
Mortalität und Hämodynamik untersucht. Vom Januar 2006- bis 2011 wurden 91 Patienten
mit isoliertem Aortenklappenersatz als Re-Operation gesammelt. Das Patientenkollektiv wies
keine Endokarditis auf. Im Zeitraum von November 2010 bis Februar 2011 wurde eine
aktengestützte Datenanalyse des prä-, peri- und postoperativen Verlaufs erhoben.
Ergebnisse: Das Patientenalter betrug 67,2 ± 17,0 Jahre für den konventionellen
Aortenklappenersatz und für TAVI 78,5 ± 7,3 Jahre (p<0,001). 66,1% der Patienten mit ReAKE und 71,9% der Patienten mit Re-TAVI waren männlich (p=0,642). Die meisten Patienten
waren NYHA Klasse III und IV. In Hinblick auf die präoperative Risikostratifizierung durch den
additiven und logistischen Euroscore zeigte sich kein signifikanter Unterschied (p=0,341 und
p=0,279). Als Voroperation wiesen 39 % der Patienten mit Re-AKE eine ACVB-OP verglichen
mit 78,1% der Patienten bei Re-TAVI (p=0,004). Bei 20,3% der Patienten mit Re-AKE lag als
Voroperation ein kombinierter herzchirurgischer Eingriff vor, verglichen mit 6,2 % bei ReTAVI (p=0,126). Die Operationszeit betrug nach Re-AKE 216,2 ± 53 min verglichen mit 106,8 ±
32,8 min nach Re-TAVI (p<0,001). Die Aortenabklemmzeit betrug 60,7 ± 15,9 min und die
extrakorporale Zirkulation 106,8 ± 32,8 min. Diese fehlten für Re-TAVI. Der
67
Transfusionsbedarf war bei den Patienten mit Re-AKE signifikant höher als bei Re-TAVI
(p=0,001). Die Dauer der Intubation (p=0,01) waren mit 39,7 ± 57,6 Std und die KHAufenthaltsdauer (p<0,05) mit 14,1 ± 5,1 Tage für Re-AKE signifikant länger verglichen mit
14,3 ± 8,5 Std und mit 11,8 ± 6,0 Tagen bei Re-TAVI. Die Gesamt-Mortalität im
Nachverfolgungszeitraum war nicht signifikant (p=0,142).
Schlussfolgerung: Durch die Entwicklung von unterschiedlichen Prothesentypen und
innovativen Operationstechniken ist eine patientenadaptierte Therapie möglich geworden.
Auch die Patienten mit erhöhter Komorbidität jenseits des 70. Lebensjahres profitieren von
dem Aortenklappenersatz. Der Aortenklappenersatz ist ein Eingriff mit vertretbarer
Mortalität und Morbidität. Es handelt sich um einen kurativen Therapieansatz und
verbessert nicht nur die operative Lebensqualität sondern auch das Langzeit-Überleben der
Patienten. Letztlich sind zur weiteren Evaluation der TAVI Langzeitstudien erforderlich.
68
7.
Anhang
7.1
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Pathogenese der Aortenklappenstenose: Bei einer Läsion des Klappenendothels kommt
es zur Einwanderung von T-Zellen, Monozyten und LDL in das subendotheliale Gewebe. Angiotensin
II und die vorliegenden Zytokine IL 1ß und TGF 1ß lösen eine Transformation von Fibroblasten in
Osteoblasten aus. Die Osteoblasten und das durch die Makrophagen ausgeschüttete Kalzium führen
zu Kalkablagerungen in das subendotheliale Gewebe (38,76). .............................................................. 4
Abbildung 2: Starr-EdwardsTM Herzklappe- die Kugelkäfig- Klappe, mit freundlicher Genehmigung von
Creative Commons (117) ....................................................................................................................... 14
Abbildung 3: Björk-Shiley KlappeTM, Kippscheibenprothese mit pyrolisiertem Carbon beschichtet, mit
freundlicher Genehmigung von Lawyers and Settlements (108) .......................................................... 15
Abbildung 4: St. Jude Mechanical Aortenklappenprothese (heute gebräuchlichste 2-Flügel-Klappe),
mit pyrolisiertem Carbon beschichtet, mit freundlicher Genehmigung von St. Jude Medical (107) ... 15
Abbildung 5: Carpentier EdwardsTM Perimount Herzklappenprothese aus Rinderperikard, mit
freundlicher Genehmigung von Edwards Lifesciences® (20) ................................................................ 16
Abbildung 6: Sorin freestyleTM mono- gerüstlose Bioprothese, mit freundlicher Genehmigung von
Sorin®(100) ............................................................................................................................................ 16
Abbildung 7: Edwards Sapien THVTM transapikale Aortenklappen, mit freundlicher Genehmigung von
European Society of Cardiology (33) ..................................................................................................... 18
Abbildung 8: Altersverteilung der Patienten in Abhängigkeit vom Operationstyp. Die Gruppe der
Patienten mit konventionellem Re-AKE ist in blau dargestellt, die Patienten mit Re-TAVI in rot. ....... 27
Abbildung 9: Boxplott-Diagramm der Altersverteilung in Abhängigkeit von Geschlecht in beiden
Gruppen................................................................................................................................................. 28
Abbildung 11: Verteilung der Patienten nach NYHA Klassifikation präoperativ (Angaben in %).
P=0,852 .................................................................................................................................................. 31
Abbildung 12: Operationszeiten in Minuten getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI. Aufgrund der
unterschiedlichen Methoden entfallen beim transapikalen Aortenklappenersatz die Zeiten für
Ischämie, Bypass-Zeit und die Reperfusionszeit.** = p<0,001 ............................................................. 37
Abbildung 13: Anzahl der Patienten zu den jeweiligen Größen der Klappenprothesen ...................... 38
Abbildung 14: Kaplan-Meier-Kurve getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI (p=0,053) ............................. 44
Abbildung 15: Transfusionsbedarf im perioperativen Verlauf, EKs: Erythrozytenkonzentrate, FFPs:
Fresh frozen Plasma, TTs: Thrombozytenkonzentrate .......................................................................... 49
Abbildung 16: Reduktion der Druckgradienten pmax und pmean bei den Patienten mit Re-AKE und ReTAVI ....................................................................................................................................................... 56
69
7.2.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Evidenzklassifikation ............................................................................................................... 8
Tabelle 2: Grad der Aortenklappenstenose nach ACC/AHA Guidelines zum Management der
Patienten mit valvulärer Herzerkrankung, 2006 ..................................................................................... 8
Tabelle 3: Charakterisierung des Patientengutes hinsichtlich Alter, Körpergröße und Körpergewicht 29
Tabelle 4: präoperatives kardiovaskuläres Risikoprofil und Vorerkrankungen bei Patienten mit Re-AKE
und Re-TAVI ........................................................................................................................................... 30
Tabelle 5: präoperativer Rhythmus getrennt nach Re-AKE und Re-TAVI ............................................. 30
Tabelle 6: Vorangegangene herzchirurgische Operationen und interventionelle Eingriffe im
Patientenkollektiv.................................................................................................................................. 33
Tabelle 7: Präoperativ diagnostizierte Vitien der Aortenklappe, sowie Verteilung begleitender Vitien
der Mitral- und Trikuspidalklappe ......................................................................................................... 34
Tabelle 8: Präoperative hämodynamische Daten zur Aortenklappenstenose...................................... 35
Tabelle 9: Risikostratifizierung nach numerischen und logistischen Euroscore und STS Score ............ 36
Tabelle 10: Prothesengröße in mm für die jeweils implantierten Aortenklappenprothesen ............... 38
Tabelle 11: Charakterisierung des Patientengutes anhand der unterschiedlichen Klappenprothesen,
mechanisch= mech, biologisch = bio und transapikal =TAVI ................................................................ 39
Tabelle 12: Intraoperative Implantation einer IABP oder Verwendung einer extrakorporalen
Zirkulation (ECMO) ................................................................................................................................ 40
Tabelle 13: Gesamt-Mortalität der Patienten ....................................................................................... 43
Tabelle 14: Survival-Analyse: Angabe des Überlebens der Patienten in Prozent % zu den jeweiligen
Zeitangaben ........................................................................................................................................... 43
Tabelle 15: Univariate Überlebenszeitanalyse mittels Cox- Regression ............................................... 46
Tabelle 16: Überlebenzeitanalyse mittels multivariate Cox-Regression ............................................... 46
Tabelle 17: Blutungskomplikationen und Transfusionsbedarf in der perioperativen Phase ................ 48
Tabelle 18: Postoperative Rhythmusstörungen .................................................................................... 51
Tabelle 19: Pulmonale Komplikationen im postoperativen Verlauf ..................................................... 52
Tabelle 20: Niereninsuffizienz im postoperativen Verlauf .................................................................... 53
Tabelle 21: Neurologische Komplikationen im postoperativen Verlauf ............................................... 54
Tabelle 22: Stationärer Aufenthalt bei den Patienten mit Re-AKE und Re-TAVI .................................. 55
Tabelle 23: Postoperative Hämodynamik ............................................................................................. 56
70
8.
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77
9.
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name:
Stöger
Vorname:
Elisabeth
Geburtsdatum:
19.Februar 1978
Geburtsort:
Ried im Innkreis ( Österreich)
Staatsangehörigkeit:
Österreichisch
Familienstand:
ledig
Schulische Ausbildung:
1984- 1986:
Avondale Infant and Junior School/ Zimbabwe
1986- 1987:
Volksschule Pram/ Österreich
1987- 1988:
Grundschule Erdmannhausen
1988- 1989:
Grundschule Obergimpern
1989- 1998:
Adolf- Schmitthenner Gymnasium Neckarbischofsheim
Berufsausbildung:
4/1999-4/2001:
Ausbildung zur Rettungsassistentin im Heilbronner Fachinstitut
für notfallmedizinische Aus- und Fortbildung
78
Hochschulausbildung:
4/2001-6/2007:
Studium der Humanmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe
Universität Frankfurt/ Main
4/2007-5/2007:
Das Staatsexamen
6/2007:
Approbation als Arzt
Berufstätigkeit:
7/2007-12/2007:
Assistenzärztin in der Abteilung für Thorax-, Herz- und
Gefäßchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. F. Schöndube ) in der
Universitätsklinik Georg August Göttingen
1/2008-3/2008:
Assistenzärztin in der Abteilung für Allgemein-, Tumor – und
Kinderchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. E. Hagmüller)
im
Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn
4/2008-6/2011:
Assistenzärztin in der Abteilung für Herz- und Thoraxchirurgie
(Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. T. Wahlers) im Herzzentrum der
Universitätsklinik zu Köln
7/2011-2/2012:
Assistenzärztin in der Abteilung für Geriatrie (Direktor: Univ.Prof. Dr. med. R.J. Schulz) im St. Marienhospital in Köln
3/2012-1/2013:
Assistenzärztin in der Abteilung für Innere Medizin (Dr. med. R.
Tönissen) im St. Martinus Krankenhaus Langenfeld
2/2013:
Assistenzärztin in der hausärztlichen Praxis Dr. med. H-U. Malik
in Köln Blumenberg
3/2013 bis jetzt:
Assistenzärztin in der hausärztlichen Praxis Dr. med. M.
Holzporz in Köln Bickendorf
79