Grundlagen der Liedbegleitung

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Grundlagen der Liedbegleitung
Grundlagen der Liedbegleitung Einleitung Eine Begleitung basiert wesentlich auf der Akkordfolge eines Liedes. Deshalb muss man mit dem Lesen der verschiedenen Akkordsymbolen und Schreibweisen vertraut sein und diese auf dem Klavier greifen können. Bei einer Begleitung wird die Akkordfolge des jeweiligen Liedes mit einem rhythmischen Grundmodell, welches natürlich auch variiert werden kann und sollte, kombiniert. Die hier aufgeführten Beispiele sind keineswegs vollständig und können nach Belieben weiterentwickelt und kombiniert werden. Neben dem Lesen und Spielen von Akkorden und Rhythmen sind die Ausbildung grundlegender pianistischer Fähigkeiten, das Erlangen eines sicheren musikalischen Stilempfindens und die Fähigkeiten zum eigenen Singen wichtige Grundpfeiler der Liedbegleitung. Die Ziele für den improvisierenden Liedbegleiter (gerade im Hinblick auf die späteren beruflichen Anforderungen an Musiklehrer) sind das stilgerechte, musikalisch ansprechende, spontane Spielen und Singen eines Liedes vom Blatt. Die folgenden Ausführungen können dafür als Hilfestellung und Wegweiser dienen. Die aufgeführten Beispiele basieren zumeist auf einfachen Kadenzen in C-­‐Dur, sodass die spielerische Übertragung in andere Tonarten und die Anwendung auf konkrete Lieder regelmäßig und ausdauernd trainiert werden muss. Singen und Spielen Bei der Liedbegleitung bzw. beim Liedspiel ist das eigene Singen als mindestens gleichwertig zum instrumentalen Part anzusehen. Zwischen Singen und Spielen ist eine ausgewogene Balance anzustreben, wobei die Begleitung immer dem Gesang dienen sollte, nicht umgekehrt. So sollte die Lautstärke der Klavierbegleitung immer den eigenen stimmlichen Möglichkeiten angepasst werden (das linke Pedal kann hier als Hilfe benutzt werden). Weiterhin ist eine angemessene Stilistik in beiden Bereichen wichtig, d.h. nicht alle Lieder sollten mit der gleichen Stimmästhetik (z.B. Soul-­‐Stimme oder Heldentenor) gesungen werden. Das eigene Mitsingen zeigt außerdem an, wann geatmet werden kann/muss und ist vor allem bei Volksliedern oder Balladen eine gute Orientierung für die Gestaltung von Phrasen. 1 Grundregeln Begleitspiel: -­‐
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linke Hand übernimmt besonders in der Jazz/Rock/Popstilistik die Rolle des Bassisten -­‐ die Lage der Bassstimme sollte sich dementsprechend auf dem Klavier ungefähr im Bereich der großen Oktave befinden rechte Hand spielt Akkorde – dabei sollte die Lage der Akkorde nicht zu hoch oder zu tief sein (auch hier gibt es musikalisch bedingte Ausnahmen) -­‐
Variationsmöglichkeit: oft bietet es sich an die Lage des Akkords nach dem Melodieton auszurichten, sodass der Melodieton höchster Ton im Akkord ist (dabei muss allerdings noch nicht die komplette Melodie mitgespielt werden). Dies ist zur Unterstützung der Melodie (und Sänger) sehr hilfreich. Liedspiel: -­‐
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linke Hand spielt Bassstimme und/oder Akkorde rechte Hand spielt Melodie (+ Akkorde -­‐ dabei ist der Melodieton (fast) immer der höchste Ton und die anderen Töne des Akkordes liegen darunter) Stimmführung: Durch die Anwendung von „Stimmführungsregeln“ wird das klangliche Ergebnis stark verbessert. Viele „Regeln“ sind abhängig vom Stil – Zwei Grundregeln beim Wechsel von Akkorden lassen sich aber quasi universell anwenden: 1. gemeinsame Töne bleiben liegen 2. nächster Weg – jede Stimme bewegt sich zum nächstmöglichen Akkordton 2 Diese zwei Regeln sind in der folgenden Kadenz (mit Umkehrung) dargestellt: Bei der Begleitung von Volksliedern und Chorälen kommen folgende „klassische“ Stimmführungsregeln dazu: 3. möglichst Gegenbewegung von Melodie und Bassstimme 4. keine Oktav-­‐ und Quintparallelen 5. keine Terzverdopplung (hier gibt es allerdings einige Ausnahmen!) Vorspiel für Lieder: Ein Vorspiel soll auf das Lied vorbereiten und muss somit den Stil und das Tempo des Liedes deutlich machen. Als Hilfestellung für den Sänger ist es günstig, den Anfangston des Liedes deutlich hörbar vorwegzuspielen oder beim Liedeinsatz mitzuspielen. Auch die richtige Länge (oft 2, 4 oder 8 Takte) des Liedvorspiels ist für den intuitiven und richtigen Einsatz der Sänger wichtig. Einfache Vorspiele lassen sich durch das Spielen einer passenden Kadenz oder den ersten bzw. letzten Takten des Liedes finden. Gebrauch des Pedals: Der richtige Gebrauch des Pedals trägt wesentlich zu einer klanglich ausgewogenen und stilechten Begleitung bei. Spätestens beim Harmoniewechsel sollte das Pedal getreten werden. Wichtig ist, dass die Begleitung nicht „verschwimmt“ und gerade beim Spielen von Grooves sollte das Pedal vorsichtig oder gar nicht verwendet werden. Artikulation: Die richtige Artikulation ist besonders für das stilgerechte und groovige Begleiten entscheidend. Zum Erlernen ist das Hören von Originalaufnahmen des jeweiligen Stils und/oder Liedes unerlässlich. Außerdem ist die Artikulation abhängig vom musikalischen Ausdruck, sodass besonders beim Volkslied gleiche Bausteine mit unterschiedlicher Artikulation gespielt werden können. 3 Timing: Der Hauptunterschied zwischen guter oder schlechter Liedbegleitung ist häufig im Timing zu suchen. Ein quasi „inneres“ Metronomen und rhythmisch exaktes Spiel sind dabei genauso wichtig wie das Vorhandensein eines „Feelings“ für die jeweilige Musik, welches sich am Besten durch das Anhören und Mitspielen und -­‐singen zu Originalaufnahmen erwerben lässt. Hinweise zum Üben Herangehensweise: 1. Melodie singen und spielen 2. Akkorde greifen -­‐ dabei Stimmführung beachten 3. dem Stil entsprechend aus den entsprechenden Bausteinen ein Grundpattern wählen 4. Begleitspiel und Singen 5. Liedspiel und Singen 6. ein Liedvorspiel finden 7. kreativ mit dem Material umgehen: Variationen der Begleitung, Zwischenmelodien, andere Harmonien, ... Transponieren: Das Transponieren in alle Dur-­‐ und Moll-­‐Tonarten ist für das nachhaltige Erlernen und die Fähigkeit des Vom-­‐Blatt-­‐Spielens unerlässlich. Umgang mit der Notenvorlage (Leadsheet): Die Notenvorlage beim Lied zeigt die mit Akkordsymbolen versehene Melodie. Das Leadsheet gibt also Auskunft über die Melodie, den Text, die Taktart, zu welchem Zeitpunkt welcher Begleitakkord gespielt werden kann und in den meisten Fällen auch über den jeweiligen Stil des Liedes. Wichtig ist, dass das Leadsheet nicht – wie beim Spielen von klassischen Stücken – als unveränderbare Vorlage betrachtet wird. Vielmehr bietet es die Grundlage für den kritischen und kreativen Umgang mit dem „Material“. So ist es im Bereich der Melodie häufig so, dass es beispielweise beim Volkslied mehrere gleichgültige Varianten in der Praxis gibt, in der Popmusik sich besonders die rhythmische Schreibweise oftmals vom gesungenen Original unterscheidet und in der Jazzmusik die Ausführung bei vielen Songs ganz in den Händen des kreativen Musikers liegt. Auch der Umgang mit den Akkorden bietet viel Gestaltungsspielraum – wichtig ist auch hier immer der Abgleich mit der Originalaufnahme, denn nicht immer stimmen die Akkorde überein. Bei der Harmonisierung eines Liedes sollte man neben der notierten auch immer andere Varianten ausprobieren, denn das Spielen von Liedern wird dadurch interessanter und abwechslungsreicher. 4 Bausteine I – Ausharmonisieren einer Melodie Anwendung: Choral und Volkslied è
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jeder Melodieton wird mit einem Akkord harmonisiert Melodieton ist höchster Ton des Dreiklangs = Liedspiel Dreiklangsbrechungen werden mit dem entsprechenden Dreiklang harmonisiert Melodieabschnitte mit den Akkorden der Kadenz (siehe Beispiele) aufwärts: mit Parallelklängen: abwärts: Beispiele: Der Mond ist aufgegangen, ... 5 Bausteine II – Begleitung mit Wechselbass Anwendung: Volkslied, Popsong, Musical, Schlager, Chanson und Tänze è im Bass wechselt sich der Grundton mit der Quinte des Akkords ab è Spielanweisung: bei einer schnellen Wechselbassbegleitung sind die Akkorde der rechten Hand kurz und leise zu spielen, die Basstöne der linken Hand breiter Variationsmöglichkeiten im 4/4 Takt: Variationsmöglichkeiten im 3/4 Takt: Möglichkeit der linken Hand für Lied-­‐ und Begleitspiel: 6 Bausteine III – Begleitung auf Achtel-­‐Basis Anwendung: Volkslied und/oder Popballade è Spielweise: Die Artikulation und der Gebrauch des Pedals richten sich hier nach dem gewünschten musikalischen Ausdruck. Variationsmöglichkeiten der rechten Hand: è 4/4 Takt è
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3/4 Takt 6/8 Takt der 12/8 Takt kann als eine Kombination von zwei 6/8 Takten aufgefasst werden 7 Möglichkeiten der linken Hand für Begleit-­‐ und Liedspiel: è
4/4 Takt è
3/4 Takt è
6/8 Takt 8 Bausteine IV -­‐ Begleitung auf Sechzehntel-­‐Basis Anwendung: Volkslied und/oder Popballade Variationsmöglichkeiten der rechten Hand: è
4/4 Takt è
3/4 Takt è
6/8 Takt 9 Möglichkeiten der linken Hand für Begleit-­‐ und Liedspiel: è
4/4 Takt è
3/4 Takt è
6/8 Takt 10 Bausteine V -­‐ Groove Anwendung: Popsong, Funk, ... è
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linke Hand imitiert E-­‐Bass (und Bassdrum) Schwerpunkte auf Schlag 1 und 3 Spielanweisung: ohne Pedal rhythmische Variationsmöglichkeiten auf Achtel-­‐Basis: rhythmische Variationsmöglichkeiten auf Sechzehntel-­‐Basis: è rechte Hand imitiert z.B. den Akzent der Snaredrum auf Schlag 2 und 4, Keyboards oder eine Gitarre Variationsmöglichkeiten auf Viertel-­‐ und Achtel-­‐Basis: 11 Variationsmöglichkeiten auf Sechzehntel-­‐Basis: Variationsmöglichkeiten mit Ghost-­‐Notes: è die Ghost-­‐Notes (häufig auch Dead-­‐Notes genannt) werden sehr kurz und leise gespielt und haben nur eine rhythmische Funktion zur Belebung und rhythmische „Vervollständigung“ des Grooves 12 Bausteine VI – ternäre Spielweise Anwendung: Popsong, Swing, Blues, Boogie Woogie, R&B, Rock è ein ternärer Begleitrhythmus bzw. eine ternäre Spielweise kann in verschiedenen Stilarten vorkommen und nimmt folgende rhythmische Aufteilung der Viertelnote zur Grundlage: è diese Spielweise ist die Grundlage für den Shuffle-­‐Rhythmus (z.B. Boogie-­‐Woogie und Blues) und die rhythmische Auffassung im Swing è prinzipiell kann jeder Rhythmus auch ternär gespielt werden è häufig werden die Rhythmen der besseren Lesbarkeit halber als gerade Achtel notiert und am Anfang des Stückes steht beispielsweise folgender Hinweis: è bestimmte Musikstile (z.B. Swing oder Blues) setzen eine ternäre Spielweise voraus und dies wird oft nicht nochmal explizit angegeben Half-­‐Time-­‐Feel: è bei einem Half-­‐Time-­‐Groove werden die „schweren“ Zählzeiten halb so schnell empfunden Time Half-­‐Time-­‐Feel Half-­‐Time-­‐Shuffle: è die 16tel werden ternär gespielt 13 Bausteine VII – Boogie-­‐Woogie Anwendung: Blues und Boogie-­‐Woogie Begleitmöglichkeiten linke Hand: è Spielanweisung: ohne Pedal, rollende Begleitung, aus dem Handgelenk spielen Begleitmöglichkeiten rechte Hand: è weitere Begleitmöglichkeiten der rechten Hand sind das Spielen von Akkorden (siehe Bausteine Swing) oder das Spielen von Melodieeinwürfen mit der Bluestonleiter: Bluestonleiter: 14 Bausteine VIII -­‐ Swing Anwendung: Jazzstücke è
Spielanweisung: kein Pedal Voicings für die rechte Hand: 2-­‐stimmig Variante a Variante b = Umkehrung 3-­‐stimmig è None oder Quinte (beim D7 die 13) kommt als 3. Ton hinzu Variante a Variante b 4-­‐stimmig è Akkord nun mit None und Quinte (oder beim D7 mit der 13) Variante a Variante b è zusätzliche Töne (z.B. die 9 oder die 13) können gespielt werden, auch wenn diese nicht im Akkordsymbol extra angegeben sind – im Akkordsymbol werden meistens nur die Alterationen (z.B. b9 oder b13) angegeben 15 mögliche Begleitrhythmen für die rechte Hand: è Spielanweisung: zumeist Offbeat betonen, gute Mischung zwischen leise angespielten Akkorden und Akzenten è die rechte Hand kann auch Töne als Ghost-­‐Notes spielen um das Swing-­‐Feel besser hörbar zu machen – dafür eignen sich einzelne Töne, die mit dem Daumen gespielt werden oder auch die zweistimmigen Voicings Walking Bass für die linke Hand: è
Spielanweisung: legato, kein Pedal, energievoll, aber nicht zu laut Walking Bass in Halben è
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Grundton auf die 1 – Quinte auf die 3 die Quinte kann diatonisch oder chromatisch angespielt werden Gesetz des kleinsten Weges (Sekundschritte) zwischen zwei Akkorden è Grundton auf Schlag 1 – auf Schlag 3 die Terz oder den nächsten Akkord chromatisch von oben anspielen 16 Walking Bass in Vierteln è einfache aber wirkungsvolle Variante: Grundton – Quinte -­‐ Grundton – Quinte (bzw. diatonisches oder chromatisches Anspielen des nachfolgenden Grundtones è mit Ghost-­‐Notes (einfachste Variante: immer mit Daumen oder kleinem Finger spielen, dabei kann z.B. der Grundton, die Quinte oder der vorher gespielte Ton verwendet werden) è
Möglichkeiten der Verbindung für einen guten Walking-­‐Bass: 17 è wenn der Akkord über 2 Takte geht, kann man auf dem 1. Schlag des 2. Taktes die Quinte oder die Terz anspielen è
auch Tonwiederholung und Oktavsprünge sind möglich è
anzustreben ist eine abwechslungsreiche Mischung aus den Bausteinen 18 Bausteine IX -­‐ Latin Anwendung: brasilianische Stücke, Jazzstücke Samba Grundrhythmus der linken Hand: è Spielanweisung: Schlag 1 sehr leise (fast als Ghost Note gedacht), Schlag 3 laut mit Akzent, kein Pedal Variationen der linken Hand: rechte Hand spielt als Voicings die gleiche Akkorde wie im Jazz (siehe Bausteine Swing) è rhythmische Variationsmöglichkeiten der rechten Hand: 19 Bossa Nova Grundrhythmus der linken Hand: è Spielanweisung: legato è
Varianten Liedspiel: Basston + Akkorde in der linken Hand Rhythmen der rechten Hand: è Spielanweisung: sehr legato, dicht und weich, ohne Pedal è
Partido Alto ist eine häufig verwendete Figur: è
daneben können auch die bei der Samba aufgeführten Rhythmen verwendet werden 20 Literaturverzeichnis: Abelein, Ralph/Tenni, Jyrki: Liedbegleitung und Klavierimprovisation, Innsbruck 2014 Dunisch, Volker: Song-­‐Playing, Hamburg Frank, Bernd: Rhythm-­‐Styles for Piano, Band 1 und 2, Mainz 1996 Frank, Bernd: Klavierimprovisation – Liedbegleitung vom Choral bis zum Popsong, Band 1 und 2, Mainz 2007 Moehrke, Philipp: Das Groove Piano Buch, 1995 21