Jahresbericht - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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Jahresbericht - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Jahresbericht
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Zahlen und Bilder aus den Jahren 2004/2005
EKHN-Jahresbericht 2004/2005
Inhalt
Kirche auf dem Land
Der Gesellschaft sind wir
unseren Glauben schuldig
Vorwort von Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker
4
Auf einem harten und
steinigen Weg
Heinz Thomas Striegler,
Finanzdezernent der EKHN,
zur finanziellen Lage
6
Für eine Kirche der Offenheit
und Vielfalt
Ein Gespräch mit Cordelia Kopsch,
der neugewählten Stellvertreterin
des Kirchenpräsidenten
8
Stiften tut gut
Stiftungsinitiative der EKHN
10
Eine Gemeinschaft
für Menschen auf dem Land,
in der Stadt und im Ballungsgebiet
Die EKHN im Profil
11
Wo Pendler, Alteingesessene
und Neubürger leben
Treffpunkt für Alt- und Neubürgerinnen
Krabbelstube in Framersheim
[Landkreis Alzey]
Kirche in der Stadt
14
16
EKHN macht Schule
Das evangelische Oberstufengymnasium Laubach-Kolleg
[Landkreis Gießen]
18
»Aus der Freiheit
des Evangeliums lernen«
Kirchenpräsident Steinacker
über evangelische Pädagogik
20
Pilgerweg durch die EKHN
Die Bonifatius-Route
in Lißberg [Wetteraukreis]
22
Zu Fuß die Nähe Gottes suchen
Ein Gespräch mit Pfarrer
Paul Martin Clotz,
Referent für geistliches Leben
23
Erlebnis-Liturgie
Ungewöhnliche Gottesdienste
in Dautphetal
[Kreis Marburg-Biedenkopf]
und Miehlen [Rhein-Lahn-Kreis]
25
Erste Hilfe für die Seele
Ökumenische Notfallseelsorge
im Westerwald und
im Rhein-Lahn-Kreis
28
Gerechtigkeit kann wehtun
Zuckerkonflikt in Rheinhessen
30
Kirche in der Großstadt
Kirche im Ballungsraum
Wo Tradition und Bürgersinn
gepflegt werden
32
Wo Toleranz und Abgrenzung
geübt werden
44
Wo alles eng beieinander liegt
58
34
MENSCH zwischen Banken,
46
Das öffentliche Leben mitgestalten
Friedensgemeinde MühlheimDietesheim [Kreis Offenbach]
60
Unüberhörbar evangelisch
Landesposaunentag
in Gießen-Kleinlinden
37
Mittendrin im Lebensraum Schule
Schulseelsorge an der
integrierten Gesamtschule
in Taunusstein
[Rheingau-Taunus-Kreis]
62
Hilfe für Unerwünschte
Seelsorge in der AbschiebeHaftanstalt Ingelheim
[Landkreis Mainz-Bingen]
Kirchlich-diakonisches
Engagement für Flüchtlinge
Beispiele aus den Regionen
39
64
Bunte Allianz
gegen braunen Aufmarsch
Front gegen Neonazis
in Gladenbach [Landkreis
Marburg-Biedenkopf]
40
Exakt geplant, hart kalkuliert
und marktgerecht platziert
Die Diakoniestation Bensheim/
Zwingenberg [Kreis Bergstraße]
bewährt sich auf dem Pflegemarkt
Gemeinschaft zum Mitmachen
Konfirmanden-Freizeiten
des Dekanats Rüsselsheim
[Kreis Groß-Gerau]
66
Fünf Männer gegen die Not
in der Welt
Arbeitskreis Brot für die Welt
in Bad Nauheim [Wetteraukreis]
42
Frisches Design, mehr Leserinnen
und Leser
Aus der Evangelischen Kirchenzeitung
wird die Evangelische Sonntags-Zeitung
68
Bahnhof und Bordellen
Weißfrauen-Diakoniekirche Frankfurt
Kultur-Austausch zwischen
Kochtöpfen
Interkulturelles Essen in der
Andreasgemeinde Darmstadt
48
EKHN-Engagement zwischen
den Kulturen
Eine Auswahl interkultureller Projekte
49
Integration als roter Faden
Evangelische Kindertagesstätte
Wiesbaden-Klarenthal
50
In der Stadt der Kontraste
Soziale Projekte in Offenbach
53
Ein Netzwerk über die ganze Stadt
Evangelisches Dekanat Mainz
56
2
Gut geplant, aber Sparziel
noch nicht ganz erreicht
70
Jahresergebnis 2004
Einnahmen und Ausgaben
der EKHN im Jahr 2004
72
Verwendung des Haushalts 2004
Ausgaben für kirchliche Arbeit
74
Glossar
78
Adressen
80
Impressum
80
Fakten und Zahlen
Kirchensteuereinnahmen
Brisante gesellschaftspolitische Themen
Die EKHN mischt sich ein
Kirche und Finanzen
31
7
Kindertaufen
32
Posaunenmusik
35
Kirchenmusik
36
Mitglieder-Entwicklung
in der langfristigen Betrachtung
7
Kirchen-Ein- und -Austritte
in der langfristigen Betrachtung
7
Seelsorgedienste
39
Die EKHN in Zahlen
11
Brot für die Welt
43
Kirchengebiet
12
Kirchen-Eintritte
44
Gebäude-Statistik
13
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau (DWHN)
47
Trauungen
14
Tageseinrichtungen für Kinder in der EKHN
52
Angebote für Kinder in Kirchengemeinden
16
EKHN-Mitarbeiter/-innen
57
Angebote für Frauen
17
Kirchen-Austritte
58
EKHN-Schulen
21
Ehrenamtliches Engagement
61
Tipps zum Pilgern
24
Pfarrer/-innen im Religionsunterricht
62
Angebote für geistliches Leben
24
Schulseelsorge
63
Thomasmesse
25
Diakoniestationen
65
Gottesdienst-Teilnahme
26
Konfirmationen
67
Kleine Gottesdienstkunde
27
Medienhaus
69
Notfallseelsorge
29
Mitglieder-Entwicklung in der Zukunft
70
3
Vorwort von Kirchenpräsident Prof. Dr. Peter Steinacker
Der Gesellschaft
sind wir unseren Glauben
schuldig
Sehr geehrte Leserin,
orientierungen spüren viele: Das offen zu Tage Liegende,
sehr geehrter Leser,
das Materielle und das wissenschaftlich Messbare allein
können unsere Lebensprobleme nicht lösen.
Religion – das war für viele bis vor kurzem ein Auslauf-
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Kirche
modell. Besonders während der letzten Jahrzehnte
und als einzelne Christen den Menschen nicht in erster
glaubten nicht wenige, Religion werde in der säkularen
Linie ethische Werte schuldig sind, sondern Auskunft
Gesellschaft allmählich verschwinden oder zumindest in
über die Lebensbewegung, die uns vom Innersten her an-
die Privatsphäre abgedrängt werden. Doch nun ist die
treibt, nämlich unseren Glauben, aus dem dann Normen
Religion in das öffentliche Bewusstsein zurückgekehrt.
für die Lebensführung folgen, die durchaus unterschied-
Beispielsweise die Bilder und Nachrichten vom öffent-
lich sein können. Die weltweite Aufmerksamkeit, die
lichen Sterben des Papstes Johannes Paul II. sowie von
Papst Johannes II. zuteil wurde, entsprang nicht seiner
der Wahl Joseph Kardinal Ratzingers zum neuen Papst
Ethik. Die hat kaum jemand befolgt. Er überzeugte mit
haben nahezu die ganze Welt bewegt.
seiner authentischen Art, seinen Glauben zu leben.
Die Rückkehr der Religion ist eine Herausforderung,
einer menschlichen Anstrengung oder Leistung. Gott
auch zur Selbstkritik
weiß, dass wir nicht in jeder Situation so handeln, wie
Diese Rückkehr der Religion in das öffentliche Bewusst-
wir das gerne möchten. Der Glaube ist ein Geschenk
sein ist eine große Chance und eine Herausforderung,
Gottes, das besonders dann seine Kraft entfaltet, wenn
der wir uns stellen. Aber sie hat auch bittere Seiten.
wir angesichts unseres beschädigten Lebens Schwäche
Erscheint sie doch oftmals in Verbindung mit politischer
zeigen. Gerade dann ist uns Gott nah, nicht um uns quasi
Macht und dient zur Legitimation von Gewalt und
übermenschliche Kräfte einzuhauchen, sondern um uns
Terrorismus. Religion eignet sich offenbar dazu, für
an schönen und an schweren Tagen mit seiner Liebe zu
politische Zwecke missbraucht zu werden. Religion ist der
umhüllen.
Dieser Glaube entspringt gerade nicht irgend-
Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-291
E-Mail kirchenpraesident
@ekhn.de
innere Antrieb für Ehrenmorde und Unterdrückung vor
Davon erzählen wir in Worten und Taten. Die
an. Die Grenzen sind f ließend und jeder Mensch folgt
allem von Frauen. Der 60. Jahrestag des Kriegsendes
Liturgien unserer Gottesdienste sind, so gesehen, in Form
darin seinem ganz persönlichen Lebensentwurf. Eine heile
lässt gerade uns, die evangelischen Christen in Deutsch-
gebrachter Glaube. Die diakonischen Aktivitäten sind
Welt gibt es darin nirgendwo.
land, selbstkritisch bekennen, dass die quasireligiöse
Glaube, der sich zu seiner gesellschaftlichen Verant-
Aura von »Führer, Volk und Vaterland« damals auch viele
wortung bekennt. Unsere Bildungsangebote zielen darauf,
Glauben muss sich an der Realität formen
evangelische Christen faszinierte und verführte. Wir
Menschen für den Glauben zu öffnen, denn der Glaube ist
Gerade deshalb: Wirkliche Geborgenheit im Glauben kann
werden deshalb auch angesichts der Rückkehr der
als Herzensbildung selbst ein Akt der Bildung. Unsere
der Lebenserfahrung nur dann standhalten, wenn sie das
und wie wir zur Ehre Gottes musizieren. All das wird mög-
Religion in die öffentliche Wahrnehmung nicht aufhören,
Seelsorge lebt aus der heilsamen Kraft des Glaubens und
Resultat eines Prozesses ist. Der Glaube gewinnt seine
lich durch das engagierte Wirken aller Mitarbeitenden,
religions- und selbstkritisch zu sein und Missbrauch von
weist auf sie hin.
Zuversicht, indem er sich immer neu den Widersprüchen
aller Ehrenamtlichen und all derer, die unsere Kirche
des Lebens und dem Wirken des Heiligen Geistes aus-
unterstützen.
Religion zu enttarnen. Aber wir freuen uns auch darüber,
dass die Zahl der Kirchen-Austritte im vergangenen Jahr
Dorf, (Groß-)Stadt und Ballungsgebiet
setzt. In diesem Sinne haben wir uns der Realität des
so niedrig war wie schon lange nicht mehr.
Unsere Arbeit ist auf die Menschen von heute in ihren
Jahres 2004 ausgesetzt. Hier legen wir Ihnen darüber
Dank für Geld, Rat, Tat und Gebet
alltäglichen Lebensbezügen abgestimmt. Und die sind
Rechenschaft ab. Sie finden in diesem Jahresbericht
Wir danken allen, die uns dabei unterstützt haben, sei es
Es geht um den Glauben hinter den Werten
sehr verschieden. Entsprechend vielschichtig sind unsere
Beispiele aus den vielfältigen Arbeitsbereichen in
durch ihre Kirchensteuer, ihre Spenden, ihre Ideen, ihren
Viele säkulare Menschen sind in unbefangener Weise nach-
Angebote. Darüber gibt der »Jahresbericht 2004/2005«
unserer Kirche. Exemplarisch erzählen die Geschichten
Rat und ihre Tat und nicht zuletzt ihre Gebete.
denklich geworden. Gerade junge Menschen fragen neu-
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Auskunft.
davon, wie wir das Evangelium kreativ und sorgsam ver-
gierig nach dem Christentum. Ihnen und der ganzen
Er gliedert sich nach kirchlichem Handeln im ländlichen
kündigen, wie wir alte Kirchentraditionen bewahren und
Gesellschaft sind wir unseren Glauben schuldig.
Raum, in der Stadt, in der Großstadt und im Ballungs-
beleben, wie wir Menschen in Not begleiten, wie wir
gebiet. Uns ist bewusst, dass diese Unterteilung sowohl
Schule und Medien machen, wie wir Menschen aus ver-
ein Stück Realität widerspiegelt als auch einem Klischee
schiedenen Kulturen miteinander ins Gespräch bringen
Angesichts der Krisen unserer Sozialsysteme
und der Irritation unserer gesellschaftlichen Basis-
4
Kirchenpräsident Peter Steinacker
im Hintergrund, von links
■ Johannes Dittmer, persönlicher Referent
■ Martin Reinel, Koordinator der regionalen Öffentlichkeitsarbeit
■ Anita Neubeck, Sekretärin
■ Stephan Krebs, Pressesprecher
■ Sigrid Bernhardt-Müller, Leiterin der Kirchenverwaltung
■ Cordelia Kopsch, Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten
■
folgt. Das Leben in Dorf und Stadt nähert sich einander
Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Steinacker, Kirchenpräsident
5
450 Mio. Euro
Heinz Thomas Striegler, Finanzdezernent der EKHN, zur finanziellen Lage
Auf einem steinigen Weg
400
■
Die Steuereinnahmen 2004 haben sich erwartungsgemäß weiter nach unten entwickelt.
Die Steuerprognose von 345 Mio. Euro wurde im Ergebnis mit 347 Mio. Euro fast punktgenau erreicht. Dies sind rund 20 Mio. Euro weniger als im Vorjahr und liegt mit 52 Mio. Euro
unter dem Ergebnis des Jahres 2000. Das entspricht in diesem Zeitraum einem Rückgang
von rund 13 Prozent. Die seit drei Jahren rückläufigen Einnahmen der EKHN konnten in
den Haushalten nur durch Rücklagenentnahmen ausgeglichen werden.
Erwartete
Kirchensteuereinnahmen
350
lange vorhandenen strukturellen Schwächen auf Seiten
der Kirche nur schonungslos aufgedeckt.
■
Tatsächliche
Kirchensteuereinnahmen
300
Die Sparbeschlüsse zeigen Wirkung
Nach den Sofortmaßnahmen ab 2002, wie Haushalts-
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sperren, Stellenbesetzungsstopp und andere Maßnahmen
mehr, haben vor allem die Sparbeschlüsse der Synoden
Kirchensteuereinnahmen
Seit 2000 bleiben die Einnahmen hinter den Erwartungen und damit
auch dem Haushaltsansatz zurück. Entnahmen aus Rücklagen müssen
das Defizit ausgleichen.
vom Herbst 2003 und Februar 2004 den Weg dafür
geebnet, die Ausgabenseite wieder der Einnahmenseite
anzupassen. Insgesamt hat die umfangreiche Sparliste
ein Einsparvolumen von knapp 49 Mio. Euro im Vergleich
der Jahre 2006 und 2003. Das entspricht einer durchschnittlichen Ausgabenkürzung von über 10 Prozent in
allen Handlungsfeldern und Gliederungen der EKHN.
Dabei wurden knapp 30 Projekte initiiert, die sich derzeit
2,1 Mio. EKHN-Mitglieder
in der Bearbeitung und Umsetzung befinden. Erste
2,0
Wirkungen sind bereits im Jahresabschluss 2004 erkenn-
1,9
bar. Das erwartete strukturelle Haushaltsdefizit von
1,8
23,23 Mio. Euro ist um 6 Mio. Euro unterschritten
worden. Auch das Haushaltsvolumen 2005 wurde ent-
1,7
sprechend den Vorgaben des Sparpakets deutlich reduziert.
1,6
Einen Großteil der Einsparungen haben wir bereits
umgesetzt. Die weiter fortgeschriebene mittelfristige
95
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98
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00
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Finanzplanung zeigt aber auch: Die angestrebte Einsparvorgabe von 49 Mio. Euro wird bis zum Jahr 2006 nicht
Mitglieder-Entwicklung in der langfristigen Betrachtung
Die Zahl der Mitglieder ist seit Jahrzehnten rückläufig.
Die Einnahmen der EKHN standen bislang in keinem direkten
Verhältnis dazu, denn die geringere Mitgliederzahl wurde durch das
Wirtschaftswachstum und die Gehaltszuwächse mehr als kompensiert.
Das hat sich mit der derzeitigen Wirtschaftsschwäche geändert.
Der Mitglieder-Verlust ist etwa zur Hälfte durch Austritte und zur
Hälfte durch die negative demografische Entwicklung bedingt.
ganz erreicht. Um der Zukunftsfähigkeit der EKHN willen
müssen die Sparbeschlüsse der Synode ergänzt durch
zusätzliche Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.
Ergänzende Finanzierungsmodelle entwickeln
Die zukünftige Arbeit der EKHN kann nicht allein durch
Finanzdezernent Striegler
im Planungsgespräch
mit den Fachleuten
für Steuerfragen Bernd Karn
und Peter Lemke sowie
Ulrike Gaube-Franke
aus dem Referat Controlling
(von rechts nach links)
die massive Kürzung der Ausgaben gesichert werden.
Selbst wenn man positiv denkend unterstellt, dass uns
25.000
■
20.000
bleibt, machen die Prognosen deutlich: Jeder Schritt zu
15.000
Einnahmen, die von der Kirchensteuer unabhängig sind,
10.000
ist ein richtiger, zukunftsorientierter Schritt. Fund■
5.000
D
6
ie Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen
Grund für den rasanten Rückgang der Kirchensteuer ist
ist vornehmlich durch externe Faktoren ge-
weder – wie weithin angenommen – eine besondere
prägt. In erster Linie haben die verschiedenen
Austrittswelle noch eine besondere Verschärfung der
Steuerreformschritte zu einem deutlichen
demografischen Entwicklung. Anders als noch in den
Absenken des Einnahmeniveaus geführt. Des
70er- und 90er-Jahren werden diese nicht bestreitbaren,
Weiteren sind aber auch die schlechte Konjunktur und
aber schon lange vorhandenen strukturellen Schwächen
besonders die nach wie vor schwierige Situation am
aktuell nicht mehr durch ein entsprechendes wirtschaft-
Arbeitsmarkt zu nennen. Denn die Kirchensteuer kann im
liches Wachstum überkompensiert. Vielmehr hat die
Kern als Spiegelbild des Arbeitsmarktes gesehen werden.
wirtschaftliche Stagnation in Deutschland die schon
eine steuerfinanzierte Kirche im Grundsatz erhalten
Austritte
raising und Sponsoring werden an Bedeutung gewinnen
Eintritte
und von der EKHN gefördert.
0
Weitere Details des Haushalts 2004 und die
Zukunftsplanung finden Sie auf den Seiten 70 bis 77.
65
70
75
80
85
90
95
00
04
Kirchen-Ein- und -Austritte in der langfristigen Betrachtung
Während die Kirchen-Eintritte relativ linear steigen, gibt es bei den
Austritten große Schwankungen. Anfang der 70er-Jahre gab es im
Zuge der 68er-Revolte so genannte Austrittswellen. Auch Anfang der
90er-Jahre sind die Austrittszahlen hochgeschnellt, als in der Folge
der deutschen Vereinigung der Solidaritätszuschlag eingeführt und
über das Verhältnis von Staat und Kirche diskutiert wurde. Auch die
damals schon hohe Arbeitslosigkeit hat dazu beigetragen.
Heinz Thomas Striegler,
Leiter des Dezernats Finanzen, Bau und Liegenschaften
7
Ein Gespräch mit Cordelia Kopsch, der neugewählten Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten
vom Glauben. Das können wir wieder lernen. Und das gilt
Das wäre dann eine Reaktion auf den Vorwurf, der
Für eine Kirche der Offenheit
und Vielfalt
durchaus auch für Leute in der Kirche.«
Protestantismus spreche so wenig vom Glauben und
Pfarrerin und Oberkirchenrätin Cordelia Kopsch, Jahrgang 1953, wurde im November 2004
von der Synode in das zweithöchste Amt der EKHN gewählt. Sie ist darin die erste Frau.
Im Februar 2005 übernahm sie das Amt von ihrem Vorgänger Hans-Helmut Köke.
Kopsch war bis dahin Referentin für Mission und Ökumene und Friedenspfarrerin der EKHN.
zu viel über soziale und politische Fragen?
Jetzt sind Sie Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten.
KOPSCH:
Welche Aufgaben haben Sie nun?
evangelischen Kirchen in der Öffentlichkeit verzerrt,
KOPSCH:
»Ich habe den Kirchenpräsidenten zu ver-
»Ja und nein. Einerseits erscheint das Bild der
denn die Medien zitieren oft nur die politischen Bot-
treten, wenn er nicht da ist. Aber hauptsächlich bin ich
schaften, aber ohne deren theologische Begründung.
so etwas wie eine Argumente-Trägerin zwischen den ver-
Andererseits haben wir gelegentlich auch selbst dazu
schiedenen Gremien. Ich habe die Kontinuität in den
beigetragen. Wir müssen öffentlich deutlicher sagen, aus
Leitungsgremien zu gewährleisten. Dazu gehören das
welchen theologischen Gründen wir uns äußern. Und das
Kollegium der Kirchenverwaltung, die geschäftsführende
müssen wir so klar tun, dass es auch für Menschen ver-
Kirchenleitung, die Kirchenleitung und das Leitende
ständlich ist, die sich eher am Rande oder auch außer-
Geistliche Amt (LGA). Zudem gehöre ich noch dem
halb der Kirchen befinden.«
gesamtkirchlichen Ausschuss für Religionsunterricht
und dem Hauptausschuss des Diakonischen Werkes an.
Versuchen Sie es bitte einmal ganz konkret und
Ich bringe die anstehenden Themen in den Gremien mit
persönlich. Was bedeutet Ihnen der christliche
voran und achte darauf, dass die Beschlüsse in sich
Glaube?
stimmig sind. Gelegentlich muss ich die Gremien auch an
KOPSCH:
ihre Beschlüsse erinnern.«
allein nicht zutrauen könnte. Mein neues Amt etwa, es
»Gott ermöglicht mir Dinge, die ich mir selber
hat sehr komplexe Anforderungen. Ich kann es nur ausDas klingt nach vielen Sitzungen ...
üben, weil ich mich darauf verlassen kann, dass Gott
mich trägt. Gott hilft mir, eigene Grenzen zu erkennen,
KOPSCH:
»Das war noch nicht alles. Ich führe die Hälfte
aber auch, sie zu überschreiten. Mein Glaube sagt mir:
der Dienstgespräche mit Dekaninnen und Dekanen – das
›Auf ihn kann ich mich verlassen.‹ Deshalb kann ich
sind 25 – und ich berufe die Dekanekonferenz ein. Ich
Verantwortung übernehmen.«
stecke viel Arbeit in die innere Struktur unserer Kirche,
damit sie auch nach außen gut wirken kann. Auch dabei
Im Protestantismus gibt es zu vielen Fragen keine
bin ich mitbeteiligt, und zwar bei Gottesdiensten, Jubiläen,
eindeutigen Antworten. Manche Leute vermissen die
Gesprächen in Dekanatssynoden oder beim Hessentag.
klare Linie. Wie sehen Sie das?
Ein breites Spektrum, zu dem auch die theologische Grund-
KOPSCH:
satzarbeit gehört.«
unserer Kirche sind mir wichtig. Es gehört zu unserem
»Wie gesagt: Die Offenheit und die Vielfalt
Grundverständnis, dass der Mensch in der Freiheit seines
Dafür ist der richtige Ort das Leitende Geistliche
Gewissens direkt vor Gott steht. Dazu passen weder von
Amt, für das Sie die Geschäftsführung machen.
oben verkündete Wahrheiten noch Beliebigkeit. Jedoch
Welche Aufgaben sehen Sie für dieses geistliche Leitungs-
bedeutet das eben auch, dass wir immer neu um die
gremium?
Wahrheit ringen und immer wieder versuchen, gemein-
K O P S C H : » Die
Pröpstinnen und Pröpste, die mit dem
same Klarheit zu finden.«
Kirchenpräsidenten und mir das Leitende Geistliche Amt
bilden, repräsentieren die sechs Visitationsbezirke
Die EKHN im Jahre 2010 – wohin möchten Sie sie
unserer Kirche. Sie vermitteln der Kirchenleitung
gerne begleiten und – soweit es denn geht – auch
Frau Kopsch, als Verantwortliche für die weltweiten
Bei welchen Themen könnte sich die EKHN etwas
wichtige Informationen, damit sie Trends und drängende
mitführen?
ökumenischen Kontakte der EKHN haben Sie viele
von anderen Kirchen abgucken?
Probleme möglichst frühzeitig erkennt. Die Pröpste
KOPSCH:
»Viele unserer Partnerkirchen sind sehr viel
Kirchen in der Welt besucht. Was haben Sie dabei an Ihrer
KOPSCH:
ordinieren die Nachwuchspfarrerinnen und -pfarrer und
änderungen hoffentlich mit Leben gefüllt. Und wir
eigenen Kirche, der EKHN, schätzen gelernt?
selbstbewusster. Wir nehmen uns eher zurück, auch in
sie visitieren die Gemeinden. Im LGA ist also eine sehr
können wieder mit aller Kraft und auf allen Ebenen für
»Da gibt es vieles. Zuerst die Vielfalt und
der Öffentlichkeit. Unsere Partnerkirchen leben oft in
große Personalkenntnis versammelt. Es kann wichtige
unsere frohe Botschaft eintreten und sie in die Welt
Offenheit, die in unserer Kirche existieren und die auch
einer Minderheitensituation, haben aber, gemessen
Personalentscheidungen unserer Kirche kompetent vor-
tragen. Dazu möchte ich die vertrauensvolle Zusammen-
erwünscht sind. Dann schätze ich sehr das gute Zusam-
daran, eine sehr viel stärkere Wirkung.«
bereiten.«
arbeit der Haupt- und Ehrenamtlichen in den Gemeinden
KOPSCH:
menwirken von Männern und Frauen auf allen Ebenen.
8
Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten
Oberkirchenrätin Cordelia Kopsch
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-297
E-Mail cordelia.kopsch@ekhn-kv.de
»2010 – dann sind die strukturellen Ver-
und Dekanaten, in der Synode sowie in der Kirchen-
Dazu gehört auch, dass die Frauenordination bei uns gar
Woran liegt es, dass die deutschen hessischen
kein Diskussionsthema mehr ist. Die Wertschätzung der
Kirchen defensiver sind?
»Religion ist bei uns durch stillschweigenden
Wollen Sie daran etwas verändern?
verwaltung fördern. Ich möchte, dass wir eine Kirche
bleiben, in der unterschiedliche Menschen eine geist-
»Verstärken möchte ich die theologische
ehrenamtlichen Arbeit auf allen Ebenen ist etwas Beson-
KOPSCH:
deres. Und natürlich – auch nicht selbstverständlich –,
Konsens der Gesellschaft fast zur persönlichen Privat-
Arbeit des LGA. Wir wollen für unsere Kirche zu wichtigen
Fragen, die öffentlich umstritten sind. Ich möchte 2010
dass Glaube und Weltverantwortung, auch politische Ver-
sache geworden. Selten bekennt sich jemand öffentlich
Fragen Stellungnahmen vorbereiten und Diskussions-
mehr von der Freude spüren, die es macht, gemeinsam
antwortung, für uns zusammengehören.«
positiv zu seiner Kirche oder spricht klar und deutlich
prozesse anstoßen.«
Kirche Jesu Christi zu sein.«
KOPSCH:
liche Heimat und in der sie Orientierung finden, auch bei
■
9
M
it einem Startkapital von 5 Mio. Euro hat
errichten wollen, kann die EKHN eine verlässliche
nun auch die EKHN eine eigene Stiftung
Partnerin sein, die die Einhaltung des Stifterwillens auf
gegründet – und hofft für die Zukunft auf
Dauer sicherstellt. Die Aufsicht liegt bei der Kirchen-
möglichst viele und großzügige Personen,
leitung. Bei neuen Stiftungen überwacht sie deren
die deren Möglichkeiten durch Zustiftungen
korrektes Zustandekommen, bei bestehenden prüft sie
Die EKHN im Profil
erweitern. In guter EKHN-Tradition soll die Stiftung dem
deren Geschäftsführung. Allerdings sind eigene rechts-
Dialog dienen: zwischen Kirche und Theologie einerseits,
fähige Stiftungen nur bei großen Stiftungsvermögen
sowie Wissenschaft, Bildung, Technik, Wirtschaft, Kunst
wirklich sinnvoll. Sonst sind die Erträge zu klein und der
und Politik andererseits. Ein so weit gefasster Dialog er-
unvermeidliche Verwaltungsaufwand im Verhältnis zu
scheint dringend nötig: Denn während die Möglichkeiten
hoch. Zustiftungen zu bestehenden Stiftungen – durch-
von Wissenschaft und Technik in atemberaubendem
aus auch mit eigener Zweckbestimmung – haben dieses
Tempo wachsen, wächst in gleichem Maße die allgemeine
Problem nicht. Auch sie sind herzlich willkommen. Für
Unsicherheit über gültige menschliche Maßstäbe und
Stiftungsfragen steht in der Kirchenverwaltung eine
ethische Kriterien. Das erfordert interdisziplinäre und
Beraterin bereit.
Eine Gemeinschaft
für Menschen
auf dem Land, in der Stadt
und im Ballungsgebiet
Land
Seite 14
Stadt
Seite 32
Großstadt
Seite 44
Ballungsraum
Seite 58
Die EKHN in Zahlen
Alte Grenzen
ethisch ref lektierte Debatten. Kirche und Theologie, aber
Kirchengebiet der EKHN
Bevölkerung im Kirchengebiet
vor allem Persönlichkeiten mit einer evangelischen Grund-
Wanderausstellung über Stiftungen
Geografisch umfasst die EKHN einen großen Teil von
davon EKHN-Mitglieder [entspricht 37 %]
orientierung haben hier wichtige Impulse einzubringen.
Im Juni 2005 hat die EKHN die Wanderausstellung
Mittel- und Südhessen. Etwas mehr als ein Drittel des
Dekanate
Solches Engagement will die Stiftung fördern.
»stiften tut gut« öffentlich vorgestellt. Sie soll zwei
Kirchengebiets liegt in Rheinland-Pfalz: Rheinhessen,
Gemeinden
Jahre lang im Kirchengebiet der EKHN über bestehende
der Westerwaldkreis und der Rhein-Lahn-Kreis. Die
ein zwölfköpfiges ehrenamtliches Kuratorium. Alle Mit-
Stiftungen informieren und zugleich Einzelpersonen wie
Städte Wetzlar und Braunfels mit ihrem Umland bilden
Eintritte
glieder gehören der EKHN an, drei davon wurden von den
Gemeinden zu eigenen Stiftungen ermutigen. Denn
eine Enklave und gehören zur Evangelischen Kirche im
Kindertaufen
Leitungsorganen der Kirche entsandt. Neun vertreten
Stiftungen bieten eine großartige Chance, langfristig
Rheinland. Die Grenzen stammen aus der Feudalzeit und
Erwachsenentaufen
Über die Vergabe der Stiftungserträge entscheidet
Austritte
Trauungen
andere wichtige gesellschaftliche Bereiche. Den Vorsitz
Gutes zu tun – weit über das eigene Leben hinaus.
hat Kirchenpräsident Peter Steinacker, Silvia von Metzler
■
bilden im Wesentlichen die Territorien alter Fürsten-
Bestattungen von EKHN-Mitgliedern
tümer ab.
Bestattungen anderer
13.358,77 km
2
4,9 Mio.
1,839 Mio.
50
1.178
10.129
3.044
14.725
1.234
4.310
21.858
749
und Andreas de Maizière vertreten ihn.
Junge Geschichte
Verlässliche Partnerin für Stifterinnen und Stifter
Neben der EKHN-Stiftung stehen weitere 18 rechtsfähige
kirchliche Stiftungen des bürgerlichen Rechts und drei
öffentlich-rechtliche Stiftungen unter Aufsicht der
EKHN. Die älteste stammt aus dem Jahr 1417. Weitere
können und werden hinzukommen. Das Grundgesetz
gewährt den Kirchen das Recht einer eigenen Stiftungsaufsicht. Im April 2005 verabschiedete die Synode der
EKHN ein eigenes Stiftungsgesetz, das die Rechtssicherheit für kirchliche Stiftungen erhöht. Für Personen, die
eine eigene kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts
Stiftungsinitiative der EKHN
Stiften tut gut
Stiftungen gibt es seit vielen Jahrhunderten. Zunächst
wurden sie von Adligen eingerichtet. In der Neuzeit
entdeckten auch Bürgerinnen und Bürger Stiftungen
als Chance, noch zu Lebzeiten, aber weit über den
eigenen Tod hinaus die Gesellschaft im eigenen Sinne
positiv zu verändern.
10
Die EKHN ist eine der jüngsten Landeskirchen in Deutsch-
Allen gemeinsam ist die Verpflichtung auf die wichtigsten
Mitglieder des Kuratoriums der EKHN-Stiftung
■ Prof. Dr. Albrecht Beutelsbacher,
Professor für Mathematik, Universität Gießen
■ Dieter Buroch,
Intendant und Geschäftsführer, Künstlerhaus Mousonturm
Frankfurt GmbH
■ Prof. Hans Drewanz,
Generalmusikdirektor a.D., Darmstadt
■ Gundula Gause,
Journalistin und Moderatorin, ZDF-Heute-Journal, Mainz
■ Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kluge,
Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI), Darmstadt
■ Dr. Thomas Kreuzer,
Akademieleiter, Fundraising Akademie, Frankfurt
■ Frank Lehmann,
Leiter der ARD-Börse (T V), Frankfurt
■ Andreas de Maizière
■ Silvia von Metzler,
Bankhaus Metzler, Frankfurt
■ Cornelia Richter,
Bereichsleiterin Planung und Entwicklung, Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ), Eschborn
■ Prof. Dr. Peter Steinacker,
Kirchenpräsident
■ Dore Struckmeier-Schubert,
Journalistin, Frankfurt, Mitglied der Kirchenleitung
land. Sie entstand 1947 durch den Zusammenschluss
Bekenntnisschriften der Reformation, die im Grund-
der ehemals selbstständigen Kirchen von Hessen-Darm-
artikel der Kirchenordnung von 1947 festgelegt ist. So
stadt, Nassau und Frankfurt. Bereits 1934 hatten die
bezeugen alle Gemeinden in der EKHN auf der Basis ihrer
Nationalsozialisten eine Vereinigung dieser Kirchen zur
Tradition und im speziellen Kontext ihrer Lebenssituation
Evangelischen Kirche von Nassau-Hessen erzwungen. Mit
das Evangelium von Jesus Christus.
Ansprechpartnerin für Fragen über Zustiftungen
oder Stiftungsgründungen:
Kirchenrätin Sabine Langmaack
Kirchenverwaltung Darmstadt
Telefon (06151) 405-485
E-Mail sabine.langmaack@ekhn-kv.de
Kriegsende hatte die sich aber wieder aufgelöst. Zwei
Jahre später wurde dann die Evangelische Kirche in
Was Mitglieder von der Kirche erwarten
Hessen und Nassau auf freiwilliger Basis neu gebildet.
Die Ansprüche der Mitglieder sind im Prinzip überall
gleich. Allerdings unterscheiden sie sich je nach Lebens-
Unterschiedliche religiöse Traditionen neben-
umständen in ihrer Ausprägung und Intensität erheblich.
einander
Kirchenmitglieder erwarten von ihrer Kirche Hilfe bei der
Die meisten Gebiete haben seit der Reformation, also seit
geistlichen Orientierung und in Notsituationen. Sie
über 450 Jahren, eine evangelische Tradition. Doch sind
wollen in wichtigen Lebensstationen wie Geburt, Hoch-
die Protestanten in manchen Gebieten, zum Beispiel im
zeit und Trauer begleitet werden. Und sie möchten die
Rodgau und an der Bergstraße, in der Diaspora. Konfes-
Kirche als Gemeinschaft erleben, die auch im Zusammen-
sionell ist die EKHN ein bunter Flickenteppich. Dazu ge-
spiel mit Vereinen die örtliche Geselligkeit stärkt und das
hören Gemeinden, die sich an der Wittenberger Reformation
Gefühl von Heimat prägt. Erwartet werden auch geist-
von Martin Luther und Philipp Melanchthon orientiert
liche, kulturelle und Bildungsangebote. Die Mitglied-
haben, sowie Gemeinden, die eher der schweizerischen
schaft wird aber nicht davon abhängig gemacht, ob diese
und niederländischen Reformation nach Ulrich Zwingli
Ansprüche erfüllt werden. Hier spielen vielmehr persön-
und Johannes Calvin gefolgt sind. Diese unterschied-
liche Kontakte zu glaubwürdigen und engagierten
lichen Traditionen blieben bei den Kirchenunionen im
Personen in der jeweiligen Gemeinde eine wichtige Rolle.
19. Jahrhundert erhalten. Bis heute hat in der EKHN jede
Ansprechpartner für die Wanderausstellung:
Pfarrer Rüdiger Bieber
Kirchenverwaltung Darmstadt
Telefon (06151) 405-213
E-Mail ruediger.bieber@ekhn-kv.de
einzelne Gemeinde ihr Bekenntnis behalten. Damals war
Unterschiedliche Lebensstile in Dorf, Stadt und
das für manche Theologen nur schwer zu ertragen, heute
Ballungsgebiet nebeneinander
ist gerade das die Grundlage einer großen Vielfalt von
In der EKHN findet sich die ganze Bandbreite heutiger
Glaubenstraditionen und Arbeitsschwerpunkten.
Lebenssituationen und -stile wieder. Weite Teile Rhein-
11
Kirchengebiet
Auf der Karte des Kirchengebietes der EKHN sind zur
geografischen Orientierung Landesgrenzen, Flüsse und
Bundesstraßen eingezeichnet.
Mit einem Quadrat sind alle Städte markiert, die zwischen
15.000 und 100.000 Einwohner haben.
Die Großstädte erscheinen mit ihrer Fläche.
In den ländlichen Gebieten, die auf der Karte weiß erscheinen,
leben zirka 2,2 Millionen Menschen.
Kassel ■
Korbach
■
hessens sowie von Taunus, Westerwald, Vogelsberg und
netzen, verbreitern und für spezielle Zielgruppen besser
Odenwald sind ländlich geprägt. Dazwischen gibt es eine
zugänglich machen. Dabei sind die Arbeitsbereiche
große Zahl von kleineren Städten, zumeist mit einer
Bildung, gesellschaftliche Verantwortung, Ökumene und
langen Tradition und einer historisch gewachsenen
Öffentlichkeitsarbeit personell ausgebaut worden.
Identität. Mit Mainz, Wiesbaden, Darmstadt, Frankfurt und
Offenbach gehören fünf Großstädte dazu. Sie bilden den
Kirche vor Ort
Ballungsraum Rhein-Main, in dem knapp 2,2 Millionen
Den heterogenen Lebensbedingungen ihrer Mitglieder
Menschen leben.
stellt die EKHN jedoch weiterhin zuallererst ein Netz von
So einleuchtend diese Einteilung auf den ersten
Nordrhein-Westfalen
Hessen
■
■ Siegen
Bad Hersfeld
Gemeinden an die Seite. Sie bieten ein Basisprogramm
Blick scheint, so unscharf ist ihre Abgrenzung bei
an, zu dem regelmäßige Gottesdienste, Taufen, Trauungen
näherem Hinsehen. Man kann sie territorial ziehen, also
und Bestattungen sowie Konfirmanden-Unterricht und
entlang der Gemarkungsgrenzen. Man kann sich an den
Besuche gehören. Wie die jeweilige Gemeinde vor Ort
politischen Einheiten orientieren. Oder man kann die
darüber hinaus auf ihre Mitglieder zugehen will, darüber
wirtschaftliche Verf lechtung als Kriterium wählen oder
entscheidet das Geschick ihrer Aktiven. Sie müssen ein
auch kulturelle und historische Traditionen zugrunde
auf die jeweilige Tradition ihres Ortes abgestimmtes
legen. Am Beispiel der Stadt Mainz zeigt sich die
Konzept erstellen.
Komplexität: Politisch gehört sie zu Rheinland-Pfalz,
Marburg
■
■
■
■
Dillenburg
■
Haiger
Alsfeld
Homberg
■
Schwalmtal
Herborn ■
historisch und kulturell hat sie eine ganz eigene Tradition.
Wachsende Ansprüche
Ihre wirtschaftliche Verf lechtung und die Pendlerströme
Angesichts der unterschiedlichen Ansprüche an das
legen aber nahe, sie als Teil des eigentlich hessischen
Leben und an die Kirche ist es außerordentlich schwer,
Rhein-Main-Gebiets zu sehen.
Gemeinde konsensfähig zu gestalten. Gemeinden werden
mit ihrem Programm immer Zustimmung und Ablehnung
Individuelle Lebensgefühle
■
Gießen
■
Wetzlar ■
■
oblenz ■
■
Butzbach
Limburg
■
■
Lahnstein
Nidda
Bad Nauheim
Friedberg
Neu-Anspach
Büdingen ■
■ Friedrichsdorf
Bad Homburg ■
Karben ■
Oberursel ■
■ Idstein
Königstein ■ ■ Kronberg
Bad Vilbel ■
Kelkheim ■
■ Bad Soden
■ Hanau
Eschborn ■
Taunusstein ■
Mühlheim ■
Hofheim ■
■ Hattersheim
Hainburg ■
Obertshausen ■
■ Heusenstamm
Eltville ■
Neu-Isenburg ■
Seligenstadt ■
■ Flörsheim
■ Dietzenbach
■ Hochheim
■ Rodgau
■ Rüsselsheim
■ Mörfelden
■ Dreieich Babenhausen ■
■ Ingelheim
■ Ginsheim-Gustavsburg
■ Rödermark
■
Frankfurt
Mainz
■
Bingen
Groß-Gerau
■ Weiterstadt
■
Bad Kreuznach ■
■
■
■
■
■
Bildungssektor, sowie Medienangebote.
Dieburg
■
Das ländliche oder eben (groß-)städtische Lebens-
In gewachsenen Quartieren der Großstädte können
umfeld erlaubt keine generellen Aussagen über die
durchaus dörf liche Strukturen herrschen. Im Ballungs-
Lebensgefühle Einzelner und über ihr Verhältnis zur
gebiet sind Mehrfachidentitäten die Regel. Wer zum
Kirche. Allerdings lassen sich statistische Tendenzen fest-
Beispiel in Egelsbach lebt, fühlt sich zugleich als Dorf-
stellen. Lesen Sie dazu die einleitenden Seiten unserer
bewohner und als Teil des Ballungsgebiets.
Kapitel:
Kirche auf dem Land
Seite 14
verändern das Gefüge nachhaltig. So sind Limburg und
Kirche in der Stadt
Seite 32
Montabaur durch den Bau der ICE-Trasse nach Köln für
Kirche in der Großstadt
Seite 44
Kirche im Ballungsraum
Seite 58
Gebäude-Statistik
Aschaffenburg
Mobilität verändert die Bindung an die Kirche
Bayern
Mobilität hat einen nachhaltigen Einf luss auf die
Kirchenbindung. Wo die Einheit von Leben und Arbeiten
Ober-Ramstadt
Pfungstadt
Alzey
städtisches Lebensgefühl haben, während deren altein-
Alltag der Menschen und die Identität der Städte.
■
Groß-Umstadt ■
Riedstadt ■
Angebote, vor allem im Bereich der Diakonie und im
Bewohnerinnen und Bewohner an und verändert den
Darmstadt
Griesheim ■
der EKHN wahrnehmen will, für den gibt es überregionale
Pendler noch interessanter geworden. Das zieht neue
Wiesbaden
Wer nicht die lokalen oder regionalen Angebote
lichen Neubaugebiet am Rande des Taunus durchaus ein
Schnellstraßen und schnelle Eisenbahnlinien
Offenbach
erfahren.
sich sehen will. So können Zugezogene in einem dörf-
gesessene Nachbarn ihre dörfliche Herkunft aktiv pflegen.
■
■
Fulda
Jeder einzelne Mensch entscheidet selbst, wie er oder sie
Reinheim
Seeheim-Jugenheim
Gebäude im Eigentum der Kirchengemeinden,
Dekanate und Gemeindeverbände
Kirchen
Gemeindehäuser
Rheinland-Pfalz
■
Worms ■
Bürstadt
■
■
Michelstadt ■
Pfarrhäuser
974
an die Kirche und ihre Gemeinde massiv. Pendlerinnen
Kindergärten
310
und Pendler haben weniger Zeit und schlechtere Zu-
Sonstige Gebäude (etwa Jugendheime,
Wohnhäuser, Büros, Nebengebäude)
auch zur Kirche. Parallel zur Mobilisierung der Gesellschaft haben die Kirchen in den vergangenen Jahrzehnten
Heppenheim
an Akzeptanz verloren.
Lampertheim
■
Ludwigshafen ■
Bensheim
Als Reaktion auf die wachsende Individualität
Viernheim
und die steigende Mobilität in der Gesellschaft hat die
EKHN ihre regionale Struktur verbessert. Die Dekanate
■ Mannheim
Baden-Württemberg
12
Heidelberg ■
965
am Heimatort zerbricht, lockert sich auch die Bindung
gangschancen für Kontakte am Heimatort und damit
■
1.279
können nun das kirchliche Angebot in ihrem Gebiet ver-
593
4.121
Gebäude im Eigentum der Gesamtkirche
Gesamter Gebäudebestand
64
4.185
Nach der Umstellung auf einen elektronischen Gebäudestrukturplan sind in dieser Übersicht erstmalig auch die Gebäude des
Evangelischen Regionalverbands Frankfurt erfasst, der seine
Immobilien selbstständig verwaltet.
Die Angaben sind deshalb nicht mit den Vorjahreszahlen
vergleichbar. Sie umfassen nun alle Gebäude, die Eigentum der
EKHN und ihrer Einrichtungen sind.
13
Der Unterschied zwischen Stadt und Land hat
wirtschaftlichen Betriebe seit 1958 von 183.610 auf
Starker Heimatbezug – große Vielfalt
Trennung von Arbeit und Familie
aufgehört zu existieren.« – Unter diesem
25.529 und damit auf ein Siebtel zurückgegangen. Im
Das Leben auf dem Land ist ein eigenständiger Bestandteil
Mobilität ist ein wichtiges Stichwort für das Leben auf dem
Motto wurde vor einigen Jahren der massive
Rhein-Main-Gebiet ist ein gewaltiger Wirtschaftsraum
des modernen Lebens. Die Menschen dort haben einen
Land. Es gibt dort preisgünstigen Wohnraum, aber nicht
Wandel kommentiert, der sich in den
entstanden, der eng mit den Dörfern und Städten des
eigenen Weg gefunden, ihr Leben mit den modernen
genug Arbeitsplätze. Junge Leute ziehen auf das Land.
Landregionen, und dort vor allem im ökonomischen
Umlandes verflochten ist und in den regelmäßig über
Rahmenbedingungen der Gesellschaft zu verbinden. So
Wie die Alteingesessenen müssen sie von dort zum
Bereich, vollzogen hat. So ist etwa nach den Angaben des
700.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein-
unterstreicht nach einer Mitgliedererhebung, die die EKHN
Arbeitsplatz pendeln. Oft werden dabei weite Strecken
Statistischen Landesamtes in Hessen die Zahl der land-
pendeln. Die Einpendlerzahl allein für die Stadt Frankfurt
im letzten Jahr durchgeführt hat, fast die Hälfte der Land-
zurückgelegt. Das hat große Auswirkungen auf die Kirchen-
beträgt 309.518 Personen (Quelle: Hessische Gemeinde-
bewohner, sie fühle sich an ihrem Wohnort stark ver-
bindung der Betroffenen. Von den Pendlern stimmt nicht
statistik 2004).
wurzelt. In der Großstadt sind dies lediglich halb so viele.
einmal jeder Fünfte dem Satz zu: »In einer Gemeinde
Von den Mitgliedern, die auf dem Land leben, berichtet
suche ich die Gemeinschaft mit anderen Christen.« Unter
Landregionen. Hier überragen meistens die Kirchtürme
fast die Hälfte, dass die Familienangehörigen und Be-
den Berufstätigen am Wohnort oder zumindest in seiner
noch alle anderen Gebäude und sind damit weithin sicht-
kannten im selben Ort leben, in der Großstadt sagt dies
Nähe pflichtet dem Satz dagegen jeder Dritte bei.
bar. Nach dem Rückzug vieler oder aller öffentlichen
nicht einmal jeder Fünfte. Die starke Beziehung zum
Einrichtungen wie Schulen, Postämter und Geschäfte
Wohnort und den Menschen am Ort als einem Zentrum
gut in die lokale Gemeinschaft und auch in die Kirchen-
sind die Kirchengemeinden häufig die letzten sozialen
des Lebens kennzeichnet das Leben auf dem Land.
gemeinden integriert. Die Integration wird angesichts
Einrichtungen. Für viele Familien ist es vielerorts nach wie
Andererseits orientieren sich die Menschen auf dem Land,
steigender Mobilität eine immer größere Aufgabe.
vor Ehrensache, dass zumindest ein Familienmitglied aktiv
ähnlich wie in der Großstadt, an ganz unterschiedlichen
zur Kirche Kontakt hält.
kulturellen Traditionen und haben in ihren Lebensstilen
Die Zahl der Trauungen ist in allen Regionen rückläufig. Sie zeigt:
Gesellschaftliche Entwicklungen greifen überall, wenn auch manchmal mit zeitlicher Verzögerung und unterschiedlich stark.
Die Zahl der Trauungen geht massiv zurück, weil viele junge Menschen,
jenseits der Ehe, ein anderes Verständnis vom Zusammenleben
entwickelt haben. Dazu gehört auch, dass viele Paare zwar heiraten,
dies aber nicht mehr durch eine Trauung im öffentlichen Gottesdienst
bekräftigen.
Trauungen
15
[Zahl pro 1.000 Mitglieder]
Trotzdem gibt es noch soziale Eigenarten in den
Die Bevölkerung auf dem Land ist nicht automatisch
■
Überblick
Seite 11
Stadt
Seite 32
Großstadt
Seite 44
Ballungsraum
Seite 58
eine große Vielfalt ausgeprägt. Das gilt auch für die Zugänge zur Kirche.
10
Großstadt :
Land :
■ Stadt :
■ Mittelwert :
■ Ballungsraum :
■
5
■
0
1951
2004
2,9
2,6
2,4
2,4
1,7
Kirche auf dem Land
Wo Pendler, Alteingesessene und Neubürger leben
14
15
Krabbelstube in Framersheim [Landkreis Alzey]
»Ich würde auch gerne wieder arbeiten gehen«, erzählt
entwickeln und umzusetzen helfen. Pfarrer Kurt Kalt-
Treffpunkt für Alt- und Neubürgerinnen
die Sachbearbeiterin, »dafür müsste ich aber ebenfalls
wasser, selbst Vater von drei Kindern, ist davon angetan.
pendeln und das ist zeitlich kaum noch machbar.« Teil-
Ihm liegt an sinnvollen Initiativen für Familien, die er
zeitstellen für Fachkräfte sind in der Gegend nämlich rar.
weiter stärken und in die Dorfgemeinschaft integrieren
will.
Viele Menschen, die in Neubaugebiete auf dem Land ziehen, fühlen sich isoliert. Für Hausfrauen und Mütter ist die Situation besonders schwierig: Während der Mann zur Arbeit
fährt, bleiben sie meist den ganzen Tag mit den Kindern zu Hause. Mit einer Krabbel- und
Gymnastikgruppe hat die evangelische Kirchengemeinde in Framersheim eine wichtige
Anlaufstelle geschaffen.
denn sie weiß aus eigener Erfahrung, wie
wichtig der Austausch unter den Frauen ist: »Wenn man
nicht mehr arbeiten geht, fühlt man sich schnell von der
Welt abgeschnitten.« Ein Problem, unter dem besonders
die Frauen aus den Neubaugebieten leiden. Neun Frauen
treffen sich mit ihren Kindern in der Gruppe, Alt- und
Schulgottesdienste
1.652
Kinderbibelwochen
641
Teilnehmer/-innen
20.934
Neubürgerinnen finden dabei zusammen, knüpfen soziale
Kontakte. Alle 14 Tage wird der Spieleteppich zur
Gymnastikmatte umfunktioniert und unter der ehrenamt-
Eltern-Kind-Kreise
1.586
Teilnehmer/-innen
11.507
lichen Leitung von Physiotherapeutin Rebecca Löff ler
trainiert.
Täglich 160 Kilometer
Seit über zehn Jahren zieht das günstige Bauland und
Kinderkreise
Teilnehmer/-innen
1.663
ein Gespräch mit zwei Mitgliedern des Kirchenvorstands
einkaufen oder zum Arzt gehen, vielleicht ein Buch
soll ihnen den Kontakt erleichtern. Die Konfirmanden-
lesen? – Das wäre schon schön. Astrid Maier hat eine
Gruppe, der Kirchenchor, der Kirchgang – all das bietet
Idee: Als Mitglied des Kirchenvorstands könnte sie für
zwanglose Anknüpfungspunkte, wenn man sich einge-
die Gemeinde ein weiter gehendes Betreuungskonzept
laden fühlt.
■
Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V.
Seit 1. Juni 2005 gibt es die Evangelischen Frauen in Hessen und
Nassau e.V. Die Mitgliederversammlung der Frauenhilfe hatte im
April einer Namens- und Satzungsänderung zugestimmt, um den Weg
frei zu machen für einen gemeinsamen Fach- und Dachverband aller
Frauenverbände in der EKHN. Er setzt theologische, spirituelle,
diakonische und politische Impulse in der Arbeit mit Frauen.
Im Verlauf des Jahres 2005 werden sich 14 Frauenverbände dem
Verband mit neuem Namen anschließen. Zu ihnen gehören die
Pfarrerinnen- und Pfarrfrauenvertretungen, der Verein zur Förderung
der Feministischen Theologie, die Schwesternschaften, das
Evangelische Frauenbegegnungszentrum in Frankfurt, der Verein
Frauenrecht ist Menschenrecht und andere.
Für die Serviceleistungen des Verbands ist die Geschäftsstelle
zuständig. Ihr Herzstück bildet die Abteilung FrauenBildungSpiritualität. Sie unterstützt die zahlreichen ehrenamtlich
arbeitenden Frauengruppen durch Seminare, Fortbildungen, Gottesdienstwerkstätten, Projektarbeit und Beratung. In jeder Propstei
steht dafür eine eigene Ansprechpartnerin zur Verfügung. Sie
erreichen jährlich 11.000 Frauen.
Sie gründete die Gruppe vor zwei Jahren,
28.195
zogenen besuchen. Ein Faltblatt mit Informationen und
wünschen sich fast alle Teilnehmerinnen. Mal in Ruhe
Framersheim gehört mit 24 weiteren Gemeinden zur Verbandsgemeinde Alzey Land und hat 1.620 Einwohner/-innen.
Pfarrer Kaltwasser betreut die Gemeinden Framersheim mit
zirka 1.000 Gemeindemitgliedern und Gau-Heppenheim mit
etwa 400 Gemeindemitgliedern und an die 100 Kindern unter
11 Jahren.
die ehrenamtliche Leiterin Astrid Maier.
Kindergottesdienste
Eine kurze Pause vom äußerst aktiven Nachwuchs
Angebote für Frauen
typische Probleme von Müttern«, erklärt
[Zahl]
Ab Herbst will die Kirchengemeinde alle Zuge-
Gemeinde Framersheim
Unsere Gespräche drehen sich meist um
Angebote für Kinder in Kirchengemeinden
Zeit für die Kinder
der nahe gelegene Autobahnanschluss Alzey, der zu den
Geschäftsstelle: Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V.
Vorsitzende: Christiane Drewello-Merkel
Geschäftsführerin: Pfarrerin Sylvia Puchert
Erbacher Straße 17
64287 Darmstadt
Telefon (06151) 6690-150
E-Mail info@EvangelischeFrauen.de
www.evangelischefrauen.de
Die Referentin für Frauenbildung in der Erwachsenenbildung
im Zentrum Bildung ist zuständig für die konzeptionelle
und strategische Beratung, Begleitung und Unterstützung von
Frauenbildungsarbeit:
Dr. Christiane Wessels
Erbacher Straße 17
64287 Darmstadt
Telefon (06151) 6690-187
E-Mail christiane.wessels@erwachsenenbildung-ekhn.de
15.074
Großstädten Wiesbaden, Mainz, Ludwigshafen oder
Kinderchöre
204
Mannheim führt, Pendlerfamilien nach Framersheim und
in die Nachbargemeinden. Auch Familie Maier erfüllte
Angebote für Kinder sind ein zentrales kirchliches Anliegen.
Die Zahl der Angebote ist seit 1980 leicht gesunken.
Die Zahl der Teilnehmenden hat sich auf etwas mehr als die
Hälfte reduziert – den sinkenden Geburtenraten entsprechend.
sich hier vor vier Jahren ihren Traum vom Eigenheim. Der
Mann, der in Frankfurt arbeitet, bewältigt jeden Tag eine
Strecke von rund 160 Kilometern. Das kostet viel Zeit.
»Wir können gerade noch abends zusammen essen und
die Kinder ins Bett bringen«, erzählt Astrid Maier. Um
miteinander zu reden, auch über Probleme, sind sie dann
meist zu müde. Eine Situation, die auch Andrea AtzingerReitzle kennt. Ihr Mann arbeitet bei Opel im 45 Kilometer
entfernten Rüsselsheim. Für das Familienleben mit
Familien-Bildungsstätten
Die Angebote der 8 Familien-Bildungsstätten in der EKHN werden
jährlich von ca. 65.000 Frauen, Männern und Kindern wahrgenommen.
Die Familien-Bildungsstätten in Gießen, Offenbach, Wiesbaden und
Wetterau trägt der Frauenverband (die Adresse finden Sie weiter
oben). Die Familien-Bildungsstätten in Mainz, Frankfurt, Kronberg
und Dreieich-Rodgau sind über ihre Träger, die Dekanate, zu
erreichen.
Stabsbereich Gleichstellung
Der Stabsbereich ist zuständig für alle Fragen der Gleichstellung von
Frauen und Männern. In vielen Dekanaten gibt es zudem Dekanatsgleichstellungsbeauftragte.
Sabine Hübner
Paulusplatz 1
64295 Darmstadt
Telefon (06151) 405-434
E-Mail sabine.huebner@ekhn-kv.de
Tochter Danica bleibt ihm fast nur am Wochenende Zeit.
16
17
N
ach wie vor einzigartig am Laubach-Kolleg
Wie sehr diese Schule mit ihrem klaren evangelischen
Die Campus-Atmosphäre
ist: Hier werden Schüler im Alter von 16 bis
Profil von den Eltern in der Region geschätzt wird, zeigt
Auf dem Campus ist die Atmosphäre geprägt von gegen-
18 gemeinsam mit jungen Erwachsenen
sich daran: Es gibt seit vielen Jahren Wartelisten, also
seitiger Rücksichtnahme. In diesem überschaubaren
zwischen 22 und 35 unterrichtet, die aus der
mehr Interessenten als Plätze. Von den derzeit 264 Schülern
Umfeld werden auch Schüler, die Schwächen gezeigt oder
Berufstätigkeit heraus ihr Abitur auf dem
leben 38 im Wohnheim.
»Die evangelische Kirche in Hessen-Nassau weiß,
zweiten Bildungsweg nachmachen wollen – ein Angebot
Laubach-Kolleg
Schüler/-innen
264
■
davon Erwachsene
194
■
davon Jugendliche
65
versagt haben, angenommen. Darin konkretisiert sich die
■
davon männlich
97
Botschaft des Evangeliums in der Schule.
■
davon weiblich
167
■
davon evangelisch
191
■
davon katholisch
32
übrigens, das seit etwa drei Jahren wieder mehr Zulauf
welchen Schatz sie mit dem Laubach-Kolleg hat.« – Worte
erfährt. Das Laubach-Kolleg ist die einzige evangelische
von Kirchenpräsident Peter Steinacker zum 40. Geburts-
Leben und Lernen im Wohnheim
■
davon muslimisch
unter den 14 kirchlichen Kollegschulen. Das 1962 ge-
tag. Doch die Wurzeln reichen viel weiter zurück. Im Mai
»Im Wohnheim geht es ruhig und konzentriert zu. Alle
■
davon andere oder ohne Religion
gründete Kolleg ist fest in das Bildungskonzept der
2005 zeigten Schüler und Lehrerschaft mit eindrucks-
kennen sich und am Küchentisch findet man besonders
Region verankert. Seit 1970 ist es die Oberstufe der Gesamt-
vollen Veranstaltungen, wie das Kolleg die Tradition von
vor Klausuren auch spätabends noch Lernende, alleine
schule in Laubach und für andere Schulen der Region.
450 Jahren Bildung in Verantwortung der öffentlichen
oder in Gruppen.« So skizziert Pfarrerin Daniela Creutz-
Lehrer/-innen
28
Stellen
24
Etat
Finanzvolumen
Hand, des gräf lichen Hauses Solms-Laubach und der
berg, die das Wohnheim leitet, dort auch wohnt und in
■
davon staatliche Refinanzierung
evangelischen Kirche fortführt. Der Ursprung liegt in der
der Schule Religion unterrichtet, die Atmosphäre.
■
davon EKHN-Zuschüsse
Lateinschule, die Friedrich Graf Magnus mit Hilfe
Abendliche Stützkurse in Mathematik, Englisch und
■
davon Spenden und Ferienvermietung
■
davon Schulgeld
Melanchthons im Mai 1555 eröffnete, nachdem er 1544
Latein gehören ebenso zum Betreuungsangebot wie Sport
die Reformation eingeführt hatte. Schon 1700 gründete
und Informatik sowie die Anleitung zum geistlichen
das Grafenhaus auch eine allgemeine Volksschule.
Leben. In der kleinen Kapelle, die von Schülern eigenständig gestaltet wurde, werden Schulandachten vor-
Verantwortungsethik als Grundnahrung oder lernen,
bereitet. Der Psalm wird auch lateinisch gelesen. Die
das Leben als Geschenk zu nehmen
enge Verzahnung zwischen Wohnen und Lernen sowie
Die lange Geschichte der Laubacher Schule war voller
zwischen Kirche und Schule drückt sich auch darin aus,
Brüche. Geblieben sind als roter Faden der alten Schul-
dass Pfarrerin Creutzberg der Schulleitung angehört.
6
35
[Euro]
2.036.182
1.735.129
301.053
22.500
30 – 45/Monat
Besondere Angebote der Schule:
■ ökologisches Projekt (von der EU prämiert)
■ Sozialpraktika in Jahrgangsstufe 11
■ jährliche Projektwochen
■ Comenius-Projekt mit Frankreich, Litauen und Italien
■ Partnerschaft mit Indien
■ AGs für Theater, Film, Schülerzeitung, Kunst
■ Schafprojekt
■ jährliche Rüstzeit der Lehrerinnen und Lehrer
tradition das Leben, Lernen und Wohnen unter einem
Dach und die christliche Prägung. »Was wir anstreben,
ist gelebte Bildung als Grundnahrung und als gelebter
Ausdruck der Botschaft des Evangeliums, die im jeweiligen geschichtlichen Alltag der Menschen zu bewahrheiten ist.« So sagt es Ellen Reuther, die seit 1999 und
als erste Frau das Laubach-Kolleg leitet. Das Bildungsverständnis erläutert sie weiter so: Gleich welche
besonderen Neigungen junge Menschen haben, ob im
musischen, künstlerischen, philosophischen oder auch
naturwissenschaftlichen Rahmen: Immer und überall
kommt es darauf an, sie miteinander kommunikationsfähig zu machen. Der Lehr- und Lernprozess soll eine
Haltung prägen, die fragt: »Welches ethische Empfinden,
welches Menschenbild vertrete ich in der Begegnung mit
Anderen?« Die Schüler sollen sich zu selbstständigen
kritischen Menschen entwickeln, »fähig, das Leben als
Geschenk zu nehmen«.
Das evangelische Oberstufengymnasium Laubach-Kolleg [Landkreis Gießen]
EKHN macht Schule
Leben, Lernen und Wohnen unter einem Dach: Nicht nur wegen dieser Kombination ist
das Laubach-Kolleg einmalig in Deutschland. Das hochmoderne Oberstufengymnasium
im Vogelsberg wurzelt in einer 450-jährigen Tradition christlicher Bildung. Zum Jubiläum
gab es ein Festprogramm mit Theater, Gottesdienst und vielen anderen Aktivitäten.
18
19
Kirchenpräsident Steinacker über evangelische Pädagogik
»Aus der Freiheit des Evangeliums lernen«
Wenn sich die Kirche nicht nur durch die Pflege des
sich beispielsweise nicht darin aus, dass – wie in
Religionsunterrichts auf dem Bildungssektor engagiert,
Bildungskonzepten amerikanischer Fundamentalisten –
sondern auch durch eigene Schulen, so muss sie diesen
die biblischen Schöpfungsberichte in Konkurrenz zur
Beitrag zur allgemeinen Bildungsdiskussion mit einem
Evolutionstheorie vorgestellt werden. Das Lernziel ist
besonderen Profil versehen. In diesem Profil muss sich der
noch nicht mit dem Verstehen der biologischen Zusammen-
Glaube spiegeln, den sie der Gesellschaft schuldet.
hänge erreicht, sondern erst, wenn sie als Teilmoment ver-
Evangelische Schulen beziehungsweise Schulen in
antwortlicher Weltgestaltung begriffen werden.
evangelischer Verantwortung werden in Konkurrenz zu
Natürlich sind die Segenswünsche wichtig, mit
staatlichen Schulen darin ihr Profil zeigen, dass sie aus
denen in unseren Schulen der Tag begonnen wird. Natür-
der Freiheit des Evangeliums Lehren und Lernen gestalten,
lich prägen gemeinsam gestaltete Gottesdienste das
für alle, auch die gesellschaftlich Schwachen, offen sind
Schulleben und die Orientierung am kirchlichen Jahres-
und in Unterricht und Schulleben der Kommunikation des
kreis ist wichtig. Aber allein durch diese Dinge verwirk-
Evangeliums Raum geben. Genau dieses Profil zeichnet
licht keine Schule ihr speziell evangelisches Profil. Denn
alle Schulen der EKHN aus.
im didaktisch prägnanten Sinn lassen sich nur die Themen
In Laubach arbeiten wir schon seit Jahrzehnten
EKHN-Schulen
■
■
■
■
Grundschule Weitengesäß/Odenwald
Grundschule Freienseen/Vogelsberg
Laubach-Kolleg
Evangelisches Gymnasium in Bad Marienberg
(soeben gegründet, arbeitet seit August 2005)
des Glaubens vermitteln, nie der Glaube selbst. Deshalb
mit großem Erfolg und sind dankbar für die Anerkennung
müssen Schüler in die Lage versetzt werden, selber Ver-
in der Region. Die Resonanz auf die beiden neu gegründeten
trauen zu Gott zu fassen. Dazu gehört auch, sich mit den
Grundschulen ist nach wie vor überaus positiv. Die staat-
Zweideutigkeiten der Welt auseinander zu setzen. Wirk-
Die Schule: Was alles anders ist
Kulturträger für die Region
liche Schulaufsicht nimmt beide Schulen als Modell-
liche Geborgenheit im Glauben kann nur dann der Lebens-
Tagsüber in der Schule: Keine Klingel, kein Gong stört
Nicht nur als Schule, sondern auch als sozialer und
schulen für die Weiterentwicklung des öffentlichen
erfahrung standhalten, wenn sie als Prozessresultat
den Unterricht. Alle achten selbst auf die Zeit. Kein
diakonischer Akteur und noch mehr als Kulturträger ist
Schulsystems wahr: Jahrgangsübergreifende Lern-
verstanden wird, das seine Zuversicht immer neu den
Gedränge auf dem Pausenhof, die Schüler gehen ins
das Laubach-Kolleg fester Bestandteil des Netzwerkes für
gruppen, Projektorientierung, Integration behinderter
Widersprüchen des Lebens und dem Wirken des Heiligen
Grüne, wo Schafe weiden, ziehen sich lesend alleine in
kirchliches Handeln in der Region. Aus Orten, die nur
Kinder und Begabtenförderung werden konsequent um-
Geistes aussetzt.
Nischen zurück oder plaudern, debattieren in Gruppen
schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen
oder in Sitzecken. Auch sonst ist hier vieles anders als an
sind, werden viele Schüler mit dem schuleigenen Fahr-
öffentlichen Schulen: Religion ist Pf lichtfach für alle
dienst geholt und wieder nach Hause gebracht. Seit den
und Prüfungsfach im Abitur. Es gibt keine 45-Minuten-
70er-Jahren schon gibt es den Schulverbund, in erster
Stunden, nur Doppelstunden. Das Fach Politik und
Linie mit der Gesamtschule Laubach. Dazu gehören die
Wirtschaft wird auch bilingual, in Deutsch und Englisch,
Schulseelsorge und der rege Lehreraustausch zwischen
unterrichtet. In der Klasse 11 fällt kein Unterricht aus,
beiden Schulen. Auch die Schulleitungen tagen gemein-
selbst wenn die Lehrkraft krank ist. In Deutsch und
sam. Das Mittagessen wird in der Küche des Laubach-
Mathematik gibt es – statt drei – vier Wochenstunden
Kollegs für beide Schulen gekocht. Ebenfalls seit den
schon ab der Klasse 11. »Wir müssen auf Defizite
70er-Jahren sitzt das Laubach-Kolleg an einem »Runden
reagieren, die Schüler brauchen diese Zuwendung, damit
Tisch« der Jugendbetreuung, den der Gießener Psycho-
sie mit Anstand lernen und üben können«, sagt Schul-
analytiker Horst-Eberhard Richter initiiert hat.
gesetzt. Der religiöse Aspekt der anderen Fächer drückt
[Aus der Rede zur Lage von Kirche und Gesellschaft
vor der Synode im April 2005]
leiterin Reuther. Unterricht ist von 7.50 bis 16.30 Uhr.
Leistungskursklausuren werden prinzipiell samstags
Vielfältige Ganzheitlichkeit
geschrieben, frei von Störungen des Schulalltags.
Kulturell wirkt das Laubach-Kolleg vielfältig in die
Für die Selbstorganisation gibt es eine schlanke
Lösung, nur ein Konferenzgremium, in dem Lehrer,
städtische Zivilgesellschaft hinein, mit Theater, Musik,
Literatur, Politik, Umweltengagement, Austausch mit
Schülervertreter und Elternbeirat zusammenwirken. Im
Partnerstädten und Schulen sowie Friedensarbeit in der
Alltag reicht ein monatlicher Jour fixe für den kritischen
Stadt. Viele sind beteiligt. Die vielfältige Ganzheitlich-
Dialog zwischen Schülern und Lehrern. Dieses Polis-
keit zeigt sich auch bei der Aufführung eines Schauspiels
Forum ist auch atmosphärisch wichtig, sagt Schulleiterin
während der Festwoche. Neben der Theatergruppe agiert
Ellen Reuther, »weil sich nichts anstauen muss«. Kein
der Sport mit Tanz, das Fach Musik mit Orchester und
Thema sei zu banal, »und die Schüler lernen, öffentlich
Chor, der Kunst-Unterricht mit dem Bühnenbild. Weitere
zu reden, auch, etwas Unangenehmes zu sagen, an die
Teams betreuen die Requisiten und sorgen für die Technik.
Adresse von Lehrern, von deren Beurteilung sie abhängig
sind«.
Für Schulleiterin Reuther geht es darum, »die
Freude an Bildung zu vernetzen und in die Zukunft zu
tragen«.
20
■
21
D
er Weg ehrt eine große Gestalt der mitteleuro-
Bonifatius-Weg und Bonifatius-Route
päischen Geschichte, der den Ehrennamen
Auch in der Arbeitsgemeinschaft Schafskirche arbeiten
»Apostel der Deutschen« trägt. Und er gibt der
Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen.
Renaissance des Pilgerns, also der geistlich
Ein Archivar ist dabei, eine Archäologin, Lißberger Bürger
inspirierten Reise, mitten in Hessen neuen
engagieren sich. Es entsteht die Idee, zur Erinnerung an
Ein Gespräch mit Pfarrer Paul Martin Clotz,
Referent für geistliches Leben
Zu Fuß die Nähe Gottes suchen
Auftrieb. Eine Station ist das am Rand des Vogelsberges
Bonifatius auch eine Route für Wanderer zu erschließen.
gelegene Lißberg, wo Kurt Racky Pfarrer ist.
Dafür kann Racky auch Christian Vogel motivieren. Der
Welche Pilgerwege empfehlen Sie Interessenten aus
einstige Jesuit kann f ließend Latein und verfügt über ein
unserem Kirchengebiet?
Dort steht die alte Schafskirche. Witterung und
eine wuchernde Natur drohten die oberhalb von Lißberg
fotografisches Gedächtnis. Durch intensives Quellen-
CLOTZ:
gelegene Kapellen-Ruine zu zerbröseln. Traurig, weil
studium, aber auch indem er unermüdlich mit dem Fahr-
den ›Elisabethpfad‹ von Frankfurt nach Marburg. Mir als
dort der Zug mit der Bonifatius-Leiche im Jahr 754 Rast
rad die Landschaft erkundet, rekonstruiert Vogel den
Evangelischen ist die heilige Elisabeth besonders nahe.
gemacht haben soll. Schmerzlich auch, weil die Kapelle
Weg, auf dem die Leiche des Bonifatius nach Fulda
Sie versuchte als eine der ersten Franziskanerinnen in
den Einheimischen viel bedeutet: »Dort haben wir immer
getragen wurde. Diesem historischen Weg soll die Pilger-
Deutschland Nachfolge Jesu in Armut und Demut, in
als Kinder gespielt.« Kurt Racky fühlte sich von der Idee,
Route jedoch nicht immer folgen, da sie sonst oft neben
Dienen und einfachem Leben zu praktizieren. Ihre
die Ruine vor dem Ruin zu retten, angesprochen. Örtliche
Autostraßen verliefe. Die Route soll ein Landschafts-
Geschichten sind eine Herausforderung in unserer Zeit!
Kräfte zu bündeln und ihnen Gestalt zu geben, das haben
erlebnis bieten, Sehenswürdigkeiten und natürlich auch
Deswegen freue ich mich auch sehr auf das Jahr 2007, in
evangelische Pfarrer schon oft gemacht. 1998 bildete
passende Übernachtungsmöglichkeiten. Fritz Laue,
dem der 800. Geburtstag dieser Frau zu feiern ist. Ihr
sich um ihn die »Arbeitsgemeinschaft Schafskirche«, aus
inzwischen verstorbenes Kirchenvorstandsmitglied aus
Pilgerweg entstand im Jahr 2000 als Erweiterung eines
der 2003 der Bonifatiusverein wurde. Erste Vorsitzende
dem Nachbarort Hirzenhain, erfasst beinahe die gesamte
vorhandenen Wanderweges zwischen dem Kloster Alten-
wird Vera Rupp, die Archäologin des Wetteraukreises, die
Strecke.
berg bei Wetzlar und der Elisabethkirche in Marburg. Die
bis heute alles koordiniert.
»Neben der Bonifatius-Route empfehle ich zuerst
Initiative dafür ging von der EKHN aus. Sie wollte eine
Bonifatius – eine überkonfessionelle Figur
gut markierte Route mit viel Naturerlebnis für Leute
Kirchliche Arbeit vernetzt
Das Projekt weitet sich aus, auch die betroffenen Land-
anbieten, die Erfahrungen mit einer geistlichen
Den Lißbergern zu einer kräftigen Stimme zu verhelfen,
kreise steigen mit ein. Manchmal gibt es Ärger mit Orten
Wanderung suchen, ohne sich dafür einer Gruppe an-
sieht der Pfarrer als Aufgabe der Kirche an. Er hatte bereits
oder Geschichtsvereinen, deren Wünsche bei der Routen-
schließen zu müssen. Jetzt gibt es für den 150 Kilometer
hauptberuf lich als Chorleiter und Organist gearbeitet,
planung zu wenig berücksichtigt wurden. Gelegentlich
langen Weg einen ausführlichen Pilgerführer mit Weg-
bevor er 1988 in Lißberg Pfarrer wurde. Rasch baut er den
sind evangelische und katholische Kollegen von Rackys
beschreibung und allen praktischen Informationen.
inzwischen überregional bekannten Lißberger Singkreis
Arbeit überrascht. Wieso beschäftigt ein evangelischer
Pilgern ist sozusagen ›vor der Haustür‹ möglich – mitten
auf. Es entstehen auch die Lißberger Leier-Leut, eine
Pfarrer sich so intensiv mit Bonifatius? Schließlich wird
in unserem schönen Hessenland. Man muss gar nicht
Gruppe, die auf nachgebauten historischen Instrumenten
der Bischof traditionell innerhalb der katholischen Kirche
einen der unzähligen Jakobswege bis ans Ende der Welt
spielt. Auch das in Lißberg beheimatete Instrumenten-
als Märtyrer und Apostel verehrt. Zweifellos war er ein
in Spanien gehen!«
Museum kann sich der Unterstützung des Pfarrers sicher
Rom-treuer Kirchenmann, der mit den Herrschern des
sein. Durch seine Vermittlung singen oft auswärtige
Frankenreiches paktierte und gleichzeitig gegen sie die
Was unterscheidet Pilgern vom Wandern?
Chöre im Gottesdienst, die den Auftritt zugleich als
Interessen der Kirche vertrat. Aber er gehört auch zum
CLOTZ:
Chorausf lug nutzen. »Ein Gewinn für alle. Wir haben
gemeinsamen Teil der Kirchengeschichte, zu der sich auch
vielen biblischen Weg-Geschichten zu ›begehen‹. Wo
schöne Musik – das Gasthaus und das Museum bekommen
die evangelische Kirche bekennt. Und bei Bonifatius
berührt sich zum Beispiel der Weg des Abraham mit
viele Gäste.«
finden sich Ansichten, die in der evangelischen Frömmig-
meinem Lebensweg? Er hörte von Gott: ›Brich auf! Ver-
keit gut aufgehoben sind. Da ist etwa sein stetes, intensives
lasse deine Heimat! Gehe einen unbekannten Weg! Dann
Studium der Bibel. Auch konnte er scharfe Kritik üben an
will ich dich segnen und du sollst ein Segen sein!‹ Ähn-
»Beim Pilgern versuche ich, eine der
liches gilt für die Geschichten von Josef, Mose und Jesus.
Etwa die Geschichte vom verlorenen Sohn, vom barmherzigen Samariter und viele mehr. Immer geht es um die
Die Bonifatius-Route in Lißberg [Wetteraukreis]
Frage: ›Ist mein Lebensweg mit seinen Höhen und Tiefen,
Pilgerweg durch die EKHN
mit seinen Umwegen und Gipfelerfahrungen ein Weg mit
Gott?‹ Beim Pilgern wird das Wandern vertieft durch die
verschiedenen Andachten des Tages, durch Geschichten,
Gebete, Lieder, durch Abendmahlsfeiern, durch Weg-
Zum Bonifatius-Jahr 2004 ist die Bonifatius-Route eröffnet worden – maßgeblich mitentwickelt von einem evangelischen Pfarrer. Die Route führt von Mainz, wo Bonifatius
Bischof war, nach Fulda, wo er seinem Wunsch gemäß begraben wurde: Auf diesem Weg
wurde Bonifatius’ Leichnam getragen, nachdem der über 80-Jährige 754 in Friesland
ermordet worden war.
22
gemeinschaft und erlebte Gastfreundschaft. Das kann
diesen Weg zu einer hilfreichen und heilsamen Ref lexion
des eigenen Lebensweges werden lassen. Nach elf Jahren
Pilgererfahrung kenne ich unzählige bewegende Geschichten von Menschen, die beim Pilgern für den Alltag
gestärkt wurden und die von seelischen und geistigen
Verletzungen geheilt wurden.«
23
Muss Pilgern Laufen sein?
CLOTZ:
»Laufen ist die dem Menschen eigentüm-
liche Fortbewegung. Nur so kann ich diesen elementaren
Kontakt zur ›Mutter Erde‹ haben, wie Franziskus sagte.
Nur so kann ich die in unserer gehetzten Zeit notwendige
Verlangsamung erleben und einüben. Das gleichmäßige
Pfarrer Paul Martin Clotz
war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im April 2005 Referent
für geistliches Leben im Zentrum Verkündigung. Zuständig war er
für Beratung, Organisation und Leitung von Pilgerveranstaltungen
sowie für die Entwicklung einer Praxis von »Geistlicher Begleitung«,
Durchführung von Exerzitien und Ausbildung für die gemeindebezogenen Exerzitien im Alltag. Seine Nachfolgerin ist Pfarrerin
Dorothea Hillingshäuser.
Ungewöhnliche Gottesdienste in Dautphetal [Kreis Marburg-Biedenkopf]
und Miehlen [Rhein-Lahn-Kreis]
Erlebnis-Liturgie
Besonders gestaltete Gottesdienste wirken über die Kirchenmauern hinaus.
Sie sind Gesprächsthema im Ort. Und sie sprechen Menschen an, die der Kirche bislang
fern standen – zumeist Menschen der mittleren Generation.
und sanfte Bewegen des ganzen Körpers beim Gehen löst
seelische und geistige Spannungen und Verkrampfungen,
und die sind ja immer auch körperlich. Außerdem sind
die vielen tiefen Gespräche wichtig, die beim Pilgern zu
zweit oder zu dritt geführt werden.«
Amtsmissbrauch und ungeistlichen Fürstbischöfen. Seinen
Gibt es ein evangelisches Pilgern?
CLOTZ:
»Mir war immer wichtig, dass alle unsere
charismatischen Predigten und seinem Organisations-
Pilgerwanderungen ökumenisch waren – organisiert
talent ist zu verdanken, dass weite Teile Mitteleuropas
und durchgeführt zusammen mit katholischen Geist-
nach römischem Muster christlich wurden. Parallel dazu
lichen. Wir Protestanten können dankbar sein, dass die
weitete sich das Frankenreich aus. Bonifatius, der
biblische Tradition der geistlichen Wanderung von der
eigentlich aus Wessex (Südwestengland) stammte, war
katholischen Kirche so gut aufbewahrt wurde. Doch
von Friesland bis in die heutige Schweiz unterwegs, sein
sollten unsere Pilgerwanderungen vielleicht nicht zu
Hauptaugenmerk aber lag auf dem heutigen Hessen und
Wallfahrten werden, die einen heiligen Ort als Ziel in den
Thüringen.
Vordergrund stellen. Für uns ist die Wegerfahrung sehr
wichtig. Allerdings liebe ich nicht das platte Wort, ›der
Erste Pilger auf der Bonifatius-Route
Weg ist das Ziel‹. Weder das Pilgern noch das Leben ist
Die Eröffnung der Pilger-Route im Juli 2004 stößt auf
das Ziel an sich, beides hat ein Ziel. Es kann hilfreich
ein enormes öffentliches Interesse. Kardinal Lehmann
sein, um dieses endgültige Ziel bei Gott in den Blick zu
und weitere Bischöfe, der EKD-Ratsvorsitzende Bischof
bekommen, wenn man auf der Pilgerreise einen besonderen
Wolfgang Huber aus Berlin und die Ministerpräsidenten
Zielort vor Augen hat. Etwa, weil er in herausragender
Kurt Beck und Roland Koch sind dabei. Mittendrin
Weise von der Erfahrung Gottes und von seiner gnädigen
Kurt Racky und der Lißberger Singkreis. Die Website
Güte erzählt. Aber das muss nicht immer das Grab eines
www.bonifatius-route.de wird im Monat nach der Eröff-
Märtyrers sein. Auch ein Haus der Stille oder eine ein-
nung 100.000-mal angeklickt. Viele Feste begleiten die
fache Pilgerherberge kann zum Ziel der Nähe Gottes
erste Pilgergruppe auf der Route. Das für die Lißberger
werden. Vielleicht liebe ich auch deswegen die Elisabeth-
Entscheidende aber ist: Der Weg führt an der Schafskirche
kirche in Marburg so sehr, weil dort seit der Reformation
entlang, die inzwischen vor dem Verfall gerettet ist.
nichts mehr vom Leichnam der Elisabeth aufbewahrt
Ausgrabungen haben ihren Grundriss zu Tage gefördert,
wird. So ist sie noch stärker ein Hinweis auf Gott selbst.«
der gut sichtbar gemacht wurde. Die Region ist um eine
Thomasmesse
Besonderheit reicher und hat ein Kapitel ihrer christlichen
Warum erlebt das Pilgern in unserer Zeit eine
Geschichte neu entdeckt.
Renaissance?
CLOTZ:
»Menschen suchen nach persönlicher GottesAngebote für geistliches Leben
erfahrung, gleichzeitig suchen sie nach körperlicher
Bewegung und nach elementarer Begegnung mit der
Schöpfung.«
■
■
■
Tipps zum Pilgern
■
Den Pilgerführer sowie eine spezielle Pilgerkarte
für den Elisabethpfad erhalten Sie für je 6 Euro
beim Zentrum Verkündigung.
Websites mit Informationen – auch über geführte GruppenPilgerwege auf dem Elisabethpfad und anderswo in Hessen:
www.zentrum-verkuendigung-ekhn.de
www.elisabethpfad.de
www.bonifatius-route.de
www.kloster-germerode.de
24
Zentrum Verkündigung
Tage für Kirchenvorsteher/-innen unter dem Thema
»Leben im Kirchenjahr«
Weiterbildung für geistliche Begleitung und Begleitung von
Exerzitien im Alltag
(Die Adresse finden Sie auf Seite 80.)
Haus der Stille
Einkehrtage, Kurse und Tagungen für Kontemplation,
Meditation, Stille, Bibliodrama
Haus der Stille
Waldhof Elgershausen
35753 Greifenstein
Telefon (06449) 6798
E-Mail hausderstille@t-online.de
www.hausderstille.net
■
T
Bei einer Umfrage der Evangelischen Sonntags-Zeitung
haben zirka 100 Gemeinden in der EKHN und damit
nahezu jede zehnte mindestens ein Gottesdienstprojekt
mit offenen liturgischen Formen angegeben.
Die Liste wird ständig aktualisiert und ist im Internet
einzusehen unter www.evangelische-sonntagszeitung.de
mit dem Link »alternative Gottesdienste«.
homasmessen lösen keinen Massenandrang auf
die Gemeinden aus. Aber hier und da tritt ein
Gottesdienst-Besucher wieder in die Kirche ein
oder ein bislang passives Mitglied beginnt sich
ehrenamtlich zu engagieren. Es ist ein Stück
Profil, das weitere Angebote nach sich zieht. In Miehlen
etwa folgten einer Thomasmesse ein Elternseminar mit
Gesicht«, lautet das Thema der Thomasmesse an diesem
dem Thema »Kinder stark machen« und eine »Persönlich-
frühen Sonntagabend. »Das ist doch ein offenes Geheim-
keitsanalyse mit Humor«. Solche Impulse verändern das
nis: Der normale Gottesdienst ist eher starr, meist sind
Image der Kirche und bringen Schwung in die Gemeinde.
Ältere da«, sagt Christian Weigel vom Mitarbeiterteam.
»Bei uns ist es farbenfroh.« Das Keyboard klingt jazzig.
Masken in Mornshausen
Etwa 70 Besucher, darunter viele Jugendliche, sind
Die Kirche ist verwandelt. An den Wänden des Kirchen-
gekommen. »Begrüßung an der Tür, Infoteil, Abendmahl-
raums in Dautphetal-Mornshausen hängen Masken aus
Austeilen«, zählt Florian Weigel seine Aufgaben auf. »Bin
Pappmaschee, einige aus dem venezianischen Karneval.
ein bisschen nervös.« Aus zwölf Mitarbeitern besteht das
Auch Gasmaske und Schweißerbrille sind zu sehen.
Team, zu dem auch Judith Bamberger gehört. »Wir sind
Und jeder Besucher hat eine Maske aus weißem Karton
gleichberechtigt. Selbst die Predigt wird nicht immer
bekommen. »Wir tragen viele Masken und haben kein
vom Pfarrer gehalten.«
25
»Ich bin gespannt, wer als Erster aufsteht«
Talar über die Existenz Gottes. Ihn zu beweisen sei un-
Sigrun Birker. Die Ergänzung aber spricht ein besonderes
Die Idee der Thomasmesse stammt aus Helsinki. Namens-
möglich, begegnen könne man ihm schon. Was der
Publikum an, was sich aus dem üppigen Feedback in
patron ist der Jünger Thomas, auch »Zweif ler« genannt.
Pfarrer sagt, muss niemand kommentarlos schlucken. Die
Miehlen und Mornshausen gleichermaßen schließen
Skeptiker sind in dem evangelischen Gottesdienst will-
Besucher notieren Fragen, die der Prediger später beant-
lässt. Es sind oft Menschen, deren Kontakt zur Kirche ab-
kommen. Herzstück aller Thomasmessen ist der offene
worten soll.
gebrochen ist, die aber bereit sind, neue Glaubenswege
Beim Skyline-Gottesdienst ist die Atmosphäre
Teil, in dem die Besucher selbst aktiv werden können.
Dazu gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ver-
wichtig. »Die Besucher sollen sich wie gern gesehene
schiedenen Stationen, die bei jeder Thomasmesse in der
Gäste fühlen«, sagt Sigrun Birker, die für das Ambiente
Pfarrer im Kreuzverhör
Kirche angeboten werden: die Klagemauer aus Ziegel-
zuständig ist. Dazu gehört das Essen im Anschluss. Auch
»Wir wissen selbst nicht 100-prozentig, wie der Gottes-
steinen etwa – in ihre Ritzen lassen sich auf Papier ge-
das Auge müsse sich wohl fühlen.
dienst ausgeht«, hatte Moderator Klaus Steinbeck am
schriebene Gebete stecken. Meditation ist möglich oder
Gottesdienst-Teilnahme
Gegen die offizielle Gottesdienstpflicht in der katholischen Kirche
hat die Reformation die Teilnahme am Gottesdienst freigestellt.
Schon früh haben viele Protestanten davon ausgiebig Gebrauch
gemacht.
Während einer kurzen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gingen
deutlich mehr zur Kirche. Danach sanken die Zahlen wieder und
halten sich seitdem auf einem weitgehend stabilen Niveau von
zirka 4 % der Mitglieder.
Auf dem Land und in den kleinen Städten sind Gottesdienste
traditionell besser besucht, fast doppelt so hoch. Jedoch gleichen
sich auch hier die Lebensgewohnheiten allmählich an.
Anfang des Skyline-Gottesdienstes gesagt. Das könnte
eine persönliche Segnung am Altar. Schuld kann auf
»Wir sind Raumausstatter Gottes«
als Motto für alternative Gottesdienste insgesamt, aber
einen laminierten Zettel geschrieben werden, ein stilles
Die Sinne sollen auch bei der Thomasmesse in Morns-
auch für den Glauben taugen, der dort zur Sprache
Beichtgebet ist vorgeschlagen, Bibelworte auf der Zettel-
hausen ihre Freude haben. »Riechen Sie mal an meinen
kommen darf. »Zweifel ist oft schwer auszuhalten«, sagt
Rückseite sprechen Vergebung zu, die symbolisch sicht-
Händen: Rosenöl«, sagt Pfarrer Reiner Braun im Café
Manuela Gücker-Braun vom Mitarbeiter-Team der Thomas-
bar werden kann: Ins Taufbecken gehalten verschwindet
Downstairs nach dem Gottesdienst. Mit dem duftenden Öl
messe. »Aber er führt in ein reiferes Leben, ins Zwiege-
die Schrift auf den Zetteln. Abgewaschen.
hat er Menschen, die gesegnet werden wollten, die Stirn
spräch mit Gott.« Den Glauben skeptisch und zugleich
berührt und ihnen ein Kreuz als schützende Maske ge-
mit der Lust am Experiment zu feiern heißt nicht, bei
ein Spiegelkabinett aufgebaut. »Ich bin gespannt, wer
zeichnet. Für ihn spielt auch die Gestaltung des Kirchen-
einem »Gottesdienst light« anzugelangen. Das ist in
als Erster aufsteht«, sagt ein Junge, als die offene Zeit
raumes eine wichtige Rolle. Sich selbst und das Team
Miehlen zu erleben, wenn der Pfarrer nach der Predigt ins
beginnt. Rasch ist Bewegung in der Kirche. Die »Kre-aktiv-
sieht er als »Raumausstatter Gottes«, die mit Fantasie
Kreuzverhör genommen wird. Er wird mehrfach nach
Station« ist ständig besetzt, Besucher gestalten ihre
und großer Sorgfalt fünf Mal im Jahr die Thomasmesse
tiefem Leid gefragt. Nur eine Minute hat er Zeit pro Ant-
weißen Masken und sinnen über deren schützende oder
vorbereiten.
wort – trotzdem wartet er manchmal einige Sekunden,
Zum Masken-Thema passend ist in Mornshausen
belastende Wirkung nach. Mitmachzwang besteht nicht.
Zahl der Gottesdienste im Jahr 2004
76.301
Zahl der Besucher/-innen pro Sonntag
ca. 72.000
Zahl der Besucher/-innen an Heiligabend
555.887
Teilnahme am Gottesdienst in unterschiedlichen Regionen
zu gehen.
Der hohe Aufwand lässt alternative Gottesdienste
atmet tief durch, bevor er spricht, ganz ohne Show. »Es
»Man darf auch einfach sitzen bleiben«, so hatte Judith
an Grenzen stoßen. »Küster, Pfarrer, Organist – mehr ist
Bamberger die offene Phase angekündigt. Geredet wird
nicht nötig«, erkennt Thomasmessen-Mitarbeiter Christian
nicht, allenfalls gef lüstert. »Im normalen Gottesdienst
Weigel neidlos an, mit welch verhältnismäßig überschau-
hat, ist angetan. »Nicht von oben herab«, sei der Gottes-
kann ich mich nicht immer konzentrieren, hier finde ich
barem Aufwand ein klassischer Gottesdienst Woche für
dienst gewesen. Eben stand er selber auf der Bühne, als
zu mir selbst«, sagt ein Besucher.
Woche gefeiert werden kann.
Mitglied des Gemeinderats, der mehr als 15 Miehlener
gibt Leiden, für die habe ich keine kluge Erklärung parat.«
Ein Besucher, der »keinerlei Beziehung zur Kirche«
Wirtshaussitzer überzeugte, ihr warmes Essen stehen zu
7 % der EKHN-Mitglieder
6
5
■
Land :
■ Stadt :
4
4,7
4,0
»Wir bieten eine Show«
»Neue Glaubenswege«
lassen. Das Publikum jubelte, als der Spontan-Chor die
Ortswechsel. Etwa 100 Kilometer südwestlich von Morns-
Und der Skyline-Gottesdienst? Zunächst wurde er fünf
Bühne ansteuerte. »Ein feste Burg ist unser Gott«, klang
hausen, im Skyline-Gottesdienst in Miehlen, nicht weit
Mal im Jahr angeboten, nun ist man in Miehlen bei zwei
es von der Bühne. Im Publikum war es still. Andächtig
von der Loreley, geht es überhaupt nicht leise zu. Auf
Terminen angelangt. »Wir sind keine Konkurrenz, sondern
still.
der Bühne Schlagzeug, Keyboard, Gitarre, Sängerinnen
eine Ergänzung zum klassischen Gottesdienst«, sagt
■
und Sänger. Das Eröffnungslied stammt von den Söhnen
■
3
■
2
Großstadt :
3,1
Ballungsraum : 3,1
Mannheims. Die über 100 Besucher singen oft laut mit,
spenden Applaus. Auf der Bühne des Gemeindehauses
Kleine Gottesdienstkunde
sind ein Bistrotisch, ein blaues Sofa und als Kulisse ein
1990
1995
2000
2004
Tuch zu sehen, auf dem fernsehecht kopiert steht:
»Wetten dass …«. Das Gottesdienst-Thema an diesem
■
Sonntagnachmittag: »Wetten, dass es Gott gibt!?« »Wir
bieten schon eine Show«, sagt Moderator Klaus Steinbeck
aus dem Skyline-Team, das sich als Freundeskreis vor drei
■
■
Jahren entschloss, eine Alternative zu den klassischen,
eher »bedächtig-andächtigen« Gottesdiensten zu
■
entwickeln.
»Topp, die Wette gilt!«, sagt er auf der Bühne ins
Mikrofon. Und der Bürgermeister, einer der Wettpaten,
hastet samt seinem Gemeinderat aus dem Saal, um die
Ortswette zu gewinnen: Zwölf Gäste müssen aus
Miehlener Wirtshäusern herausgelockt werden, um auf
der Bühne »Ein feste Burg ist unser Gott« zu singen.
■
■
Unverzichtbare Elemente eines
evangelischen Gottesdienstes sind:
eine trinitarische Eingangsformel,
welche die Versammlung als Gottesdienst
kennzeichnet und eröffnet
die Rückbesinnung auf die Bibel durch
eine Lesung
die Auslegung der Heiligen Schrift in die
aktuelle Zeit durch eine Ansprache oder
Predigt
Gebete, dabei auch das Vaterunser
als gemeinsames Gebet der ganzen
Christenheit
der Segen
Musik und Gesang als gemeinschaftliches
Element des Gotteslobes
Vielfalt
Während die katholische Messe auf der
ganzen Welt einem festen Ablauf folgt, gibt
es in der evangelischen Tradition unterschiedliche Formen. Der Reformator Martin
Luther befreite die katholische Liturgie nur
behutsam von theologisch fragwürdigen
Elementen und behielt sie in weiten Teilen
bei. Die reformierte Tradition hat einen
Gegenentwurf entwickelt, bei dem sinnliche
Elemente wie Bilder, Musik und auch das
Abendmahl zugunsten des gesprochenen
Wortes zurücktreten. Kernstück ist dabei
eine ausführliche Predigt.
Wiedererkennbarkeit und Innovation
Bei der Liturgie haben sowohl Wiedererkennbarkeit als auch kreative
Innovationen ihren Wert. Die EKHN ist daher
bestrebt, die Wiedererkennbarkeit zu
fördern. Gemeinden, die ihre Liturgie
überarbeiten, sollen sie auf eine von zwei
vorgegebenen Kernformen hin entwickeln.
Eine davon ist gemäßigt lutherisch und die
andere gemäßigt reformiert. Gleichzeitig
ermutigt die EKHN ihre Gemeinden, neue
Formen auszuprobieren, die Menschen ohne
gottesdienstliche Vorbildung besser
erreichen.
Alle Sinne
Evangelische Gottesdienste setzen
traditionell besonders auf die Wirkung des
gesprochenen Worts. Allerdings sind viele
Menschen längeres Zuhören nicht mehr
gewohnt. Die Medien haben mit ihren vielen
Bildern und kurzen Worteinheiten andere
Gewohnheiten geprägt. Dem kommen viele
moderne Gottesdienstformen entgegen, indem sie alle Sinne ansprechen und Erlebnismomente einbeziehen.
Unterdessen predigt Pfarrer Harald Peter Fischer ohne
27
26
27
Ökumenische Notfallseelsorge im Westerwald und im Rhein-Lahn-Kreis
Erste Hilfe für die Seele
Unfälle und andere schreckliche Ereignisse sind schwer zu verkraften – für Betroffene,
Angehörige und die Rettungsdienste. Die ökumenischen Notfallseelsorge-Dienste
Rhein-Lahn und Westerwald nehmen sich seit rund fünf Jahren dieser Situation an.
Die Arbeit ist nicht auf dramatische Unfallstellen beschränkt. Notfallseelsorge betreut
Betroffene auch zu Hause. Seelische Heilung braucht Zeit.
ein Handy und sofort weiß es jeder. Dann stehen
Schlangen von Eltern da, die ihre Kinder rausholen
wollen.« Die dreifache Mutter kann das gut verstehen,
trotzdem müsse gewartet, jedes Kind ordentlich abgemeldet werden, sonst gelte es als vermisst. Schließlich
belastet ein solcher Unfall auch die Helfer der Rettungsdienste. Auch sie brauchen jemanden, der für sie da ist,
der mit ihnen die schrecklichen Ereignisse verarbeitet.
»Fünf Notfallseelsorger waren das Minimum, das ich dort
Notfallseelsorge
haben wollte.«
Notfallseelsorge entwickelt sich in der EKHN seit 13 Jahren.
Seit 4 Jahren weist die EKHN dafür Stellenanteile aus.
Derzeit arbeiten 15 Personen auf insgesamt 9 Stellen.
Beitrag zur Menschlichkeit
»Menschen brauchen Menschen«, resümiert BraunSteinebach. Das sei der Part der Notfallseelsorge. Auf die
E
s kam frühmorgens halb acht und ohne Vor-
Rettungskräfte wirke das beruhigend. – »Wir nehmen
am Einsatzort angesprochen: »Die Rettungsdienste
warnung: Blitzeis. Kurz darauf ein Notruf – ein
ihnen diese Bürde ab und das wissen sie auch«, bestätigt
haben gemerkt, wie wichtig Stressverarbeitung ist, wenn
Kleinwagen war auf einen Schulbus geprallt. Es
Seelsorgerin Andrea Kuhl. Das war nicht immer so:
sie ihre jungen Kräfte nicht nach ein paar Jahren wieder
gab Tote und Verletzte. Die Rettungsleitstelle im
»Früher hat man uns erst gerufen, wenn alles vorbei
verlieren wollen.« Ergebnis steter Vertrauensbildung.
Westerwaldkreis verständigte sofort Feuerwehr,
war.« Erst wenn Polizei oder Notarzt merkten, sie
Dazu zählen Vorträge bei der Jugendfeuerwehr, Teil-
Johanniter-Unfallhilfe – und auch die Notfallseelsorge.
mussten eigentlich weg, konnten aber die Angehörigen
nahme an Feiern, Pressearbeit und stete Präsenz vor Ort.
Zusätzlich wurde Pfarrerin Ulrike Braun-Steinebach, die
nicht sich selbst überlassen, fiel das Stichwort Notfall-
Leiterin der Notfallseelsorge-Systeme in Westerwald und
seelsorge. Seit drei Jahren gehört Kuhl mit Leib und
Schutzwall aus Mitgefühl
Rhein-Lahn, per Handy alarmiert. Zwei Familien würde
Seele zur Notfallseelsorge, im Westerwaldkreis ist sie die
Andere fragten sich, wozu überhaupt Notfallseelsorge?
die Todesnachricht überbracht werden müssen und
einzige Ehrenamtliche. Ihren beiden Kindern, 14 und
Wo doch die Nachbarschaft da sei und die große Familie ...
24 Kinder, womöglich auch deren Eltern, waren zu be-
16 Jahre alt, hat die allein Erziehende gesagt, »dass ihr
»Auch so ein Landklischee«, meint die Pfarrerin, dabei
treuen. Die Koordinatorin weiß: »Wir sind auf dem Land –
mich unterstützt, ist euer Beitrag zur Menschlichkeit«.
gebe es beides: »Städter, die allein aufs Land ziehen, und
Wenn sie aus einem Einsatz zurückkommt, braucht sie
Familien, die seit Generationen im selben Haus leben.«
erst mal Ruhe. Anfangs gab es Diskussionen: Bereit-
Und Andrea Kuhl sagt dazu mit großer Bestimmtheit:
schaft bedeutete für die Kinder, die Mutter konnte sie
»Wir sind nie fehl am Platz.« Das wurde ihr nach einem
nicht zu irgendwelchen Veranstaltungen fahren. »Heute
Einsatz klar, bei dem sie ein junges Elternpaar betreute,
haben sie das akzeptiert und wollen auch wissen, was los
dessen Kind gerade überfahren worden war. Oft bietet sie
war. Wobei ich nicht alle Einzelheiten erzähle, aber ich
an, ein Gebet zu sprechen, und auch »Menschen, die mit
merke, das bringt sie zum Nachdenken.«
Kirche nichts am Hut haben, sagen mir hinterher, das hat
Ökumenische Notfallseelsorge ...
... Rhein-Lahn (seit 2001):
32 katholische und evangelische Notfallseelsorger,
darunter fünf Laien, 24 Einsätze im Jahr 2004
... Westerwaldkreis (seit 2000):
23 katholische und evangelische Notfallseelsorger,
60 Einsätze im Jahr 2004
Die Einsätze haben sich in den letzten beiden Jahren
verdreifacht. Die Unfallzahlen sind zwar gesunken,
aber der Bekanntheitsgrad ist gestiegen.
Evangelisches Pfarramt für Notfallseelsorge
in Westerwald und Rhein-Lahn
Pfarrerin Ulrike Braun-Steinebach
Ruhrstraße 8, 65410 Montabaur
Telefon (02602) 950459, E-Mail nfs.ww@t-online.de
28
gut getan«. Doch an jenem Tag war es anders. »Wir saßen
Stressverarbeitung für Rettungskräfte
lange zusammen, ohne ein Wort zu sagen. Dabei kam ich
Die Sorge um das Wohlergehen der Seele ist bei den
mir wie ein Damm vor, der die Gefühle eingrenzt.« Zwei
Rettungsdiensten traditionell nicht sehr ausgeprägt.
Wochen später sprach eine Tante des toten Kindes sie
Doch in den letzten Jahren hat die Skepsis gegenüber
beim Einkaufen an: »Das war so gut, dass Sie da waren.
den »Psychos«, wie sie manchmal genannt wurden, ab-
Dass Sie einfach dabeigesessen haben, das hätte in dem
genommen. Mittlerweile werde sie aber oft schon direkt
Augenblick niemand von uns gekonnt.«
Projekte
Notfallseelsorge und Krisenintervention sind in der EKHN
flächendeckend ausgebaut, außer in den Landkreisen
Offenbach, Main-Taunus und Mainz-Bingen. Die meisten der 23
Projekte werden ökumenisch getragen, einzelne von Vereinen
oder Hilfsorganisationen.
Ehrenamtliche Mitarbeit
Es sind jeweils 15 bis 50 Personen engagiert, insgesamt zirka
600 Ehrenamtliche. Neben der Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft
nehmen sie sich Zeit für Aus- und Fortbildung, Dienstbesprechungen, Supervisionen, Studien- und Kirchentage,
Kongresse, Übungen sowie Sponsoring-Maßnahmen.
Einsätze
Die genaue Einsatzzahl wurde noch nicht ermittelt. Systeme im
ländlichen Raum haben 50 bis 80 Einsätze im Jahr, städtische
Notfallseelsorgen leisten 90 bis 150.
Finanzielle Ressourcen
Die jeweilige Finanzierung ist unterschiedlich.
EKHN-Dekanate, die sich in der Notfallseelsorge engagieren,
erhalten 1.500 Euro im Jahr und weitere 1.500 Euro, sofern
eine halbe Pfarrstelle in das Projekt eingebunden ist.
Meist leistet das jeweilige katholische Bistum einen ähnlichen
Beitrag.
Die weitaus höheren Kosten müssen durch Sponsoring ergänzt
werden. Notfallseelsorge-Einsätze werden nicht refinanziert.
Beauftragter für Notfallseelsorge der EKHN
Pfarrer Andreas Mann
Lutherstraße 11
65203 Wiesbaden
Telefon (0611) 422673
Mobil (0170) 3292932
E-Mail notfallseelsorge@ekhn.de
www.notfallseelsorge-ekhn.de
www.notfallseelsorge.de.
■
29
D
ie Angst ist den Landwirten ins Gesicht ge-
viele andere. Deren Engagement zielt auch auf fairere
nachteiligten Zuckerrohrbauern benennt. Diese sind
schrieben. Wenn die EU tatsächlich das tut,
Handelsbedingungen auf den Weltagrarmärkten. Die gibt
allerdings durchaus unterschiedlich, je nach Länder-
was sie vorhat, nämlich die Preise und die
es aber nur, wenn bisherige Privilegien der Industrie-
situation. Die Materie ist global und sehr komplex.
Produktionsquoten für Zuckerrüben drastisch
staaten reduziert werden.
Heincke bezieht sich auch auf biblische Prinzipien.
Das Dilemma ist heikel – und die Aufgabe für Maren
Gerechtigkeit ist eines davon. Dazu gehört auch Markt-
1.300 Zuckerrübenbauern in Rheinhessen ihre Existenz-
Heincke schwierig. Die promovierte Agraringenieurin ist
gerechtigkeit. Was zählt dieses Prinzip, wenn es um die
grundlage. Doch nicht nur die Sorge treibt die etwa
seit Oktober 2003 Referentin für den ländlichen Raum im
eigene wirtschaftliche Existenz geht? Entschieden wird
150 Landwirte zu den drei Veranstaltungen, welche die
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN. Im
darüber in Brüssel und Berlin. Die EKHN ist lediglich eine
EHKN über das Thema »Zwischen Zuckerrübe und Zucker-
Gespräch mit den aufgebrachten Landwirten versucht sie
von vielen mitverantwortlichen und mitgestaltenden
rohr« in den rheinhessischen Orten Albig, Dalheim und
die Gratwanderung, sich gleichzeitig für sozial und öko-
gesellschaftspolitischen Partnerinnen und Partnern. Sie
Flörsheim anbietet. Auch der Ärger über die evangelische
logisch verträgliche Produktionsbedingungen und ange-
kann aber ihre Stimme für einen Ausgleich der Interessen
Kirche. Viele sind Mitglied der EKHN und fühlen sich
messene Zuckerpreise in Nord wie in Süd einzusetzen. Es
und nachhaltige Entwicklungsprozesse erheben. Alle
von ihr schlecht vertreten. Denn die EKHN unterstützt
ist leicht, Gerechtigkeit im Allgemeinen zu fordern. Schwer
betroffenen Landwirte ist Walter Roth, der im Gespräch
Menschen haben ein Recht, in Würde zu leben. Das muss
seit Jahrzehnten Organisationen, die für bessere Lebens-
ist das erst, wenn es konkret wird.
mit Maren Heincke und Falk Rödelsperger, geschäfts-
Ziel von Politik und Wirtschaft sein. Darauf können sich
zu senken, dann verlieren viele der rund
Mit Rheinhessen, der Wetterau und Südhessen
führendes Vorstandsmitglied des Verbands der Hessen-
auch in Rheinhessen alle einigen, die aufgewühlten Land-
ländern eintreten. Dazu gehören Brot für die Welt, der
liegen gleich drei große Zentren des Zuckerrübenanbaus
Nassauischen Zuckerrübenanbauer e.V., darlegt, wie sich
wirte und die Leute von der Kirche.
Evangelische Entwicklungsdienst, Eine-Welt-Läden und
in der EKHN: Über 3.100 Betriebe leben davon. Einer der
die verschiedenen Seiten des Konf likts in seiner Familie
bedingungen der Menschen in den Entwicklungs-
■
spiegeln. Der Landwirt hat seinen Hof in Trebur und ist
Mitglied im dortigen Kirchenvorstand. Sein erster Sohn
übernahm den Familienbetrieb. Sein zweiter Sohn ist
Entwicklungshelfer in Kuba, wo das Zuckerrohr wächst.
Brisante gesellschaftspolitische Themen
Die EKHN mischt sich ein
Seine Tochter ist Entwicklungshelferin in Togo.
Für einen Ausgleich der Interessen
An allen Abenden ist auch der Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer
e.V., Christian Lang, anwesend. Der Verband und die
EKHN stellen sich dem Problem und den betroffenen
Menschen. Die EKHN folgt damit ihrem Anspruch, Glaube,
Seelsorge und gesellschaftliche Mitverantwortung miteinander zu verbinden. So verweist Heincke nicht nur auf
das kirchliche agrarpolitische Engagement, sondern
auch auf die konkreten Hilfsangebote, welche die EKHN
den betroffenen Bauern machen kann. Da gibt es die
»Landwirtschaftliche Familienberatung«, die Schuldnerberatung der Diakonie sowie Seelsorgegespräche bei den
Ortspfarrerinnen und -pfarrern. Die Veranstaltungen
bieten den Landwirten die Gelegenheit, Dampf abzulassen. Heincke und die anderen Veranstalter, die rheinhessischen Dekanate und die Öffentlichkeitsarbeit der
EKHN in Rheinhessen, hören zu. Wem gilt ihre Solidarität?
Die EKHN ist organisatorisch gesehen zwar eine
regionale Landeskirche, die sich vor allem um die Mitglieder, aber auch generell um die Menschen in ihrem
Gebiet kümmert. Sie kann jedoch nicht als rein regionale
Zuckerkonflikt in Rheinhessen
Lobby auftreten. Denn theologisch gesehen steht sie in
Gerechtigkeit kann wehtun
der Nachfolge von Jesus Christus und ist damit Teil des
weltweiten Gottesvolkes, zu dem auch die Zuckerrohranbauer auf der anderen Seite der Erdkugel zählen. Das
ist die Grundlage ihres ökumenischen und ihres ent-
In Rheinhessen hat sich die EKHN mitten in einen Konflikt um die notwendige Reform
der EU-Zuckermarktordnung begeben. Dabei stehen die Solidarität mit ihren Mitgliedern
und ihre entwicklungspolitischen Überzeugungen teilweise im Konflikt zueinander.
30
wicklungspolitischen Engagements.
Deshalb gehört es zu Maren Heinckes evangelischer
Redlichkeit gegenüber den rheinhessischen Landwirten,
Bei Konsultationen über den Armuts- und Reichtumsbericht, den
die EKHN im Jahr 2002 vorgelegt hat, bringt sie Entscheidungsträger aus Politik, Kirche und Wirtschaft ins Gespräch. Sie
beteiligt sich durch ihre Zentren und das DWHN am neuen
»Jahrbuch Gerechtigkeit. Kirchlicher Reichtums- und Armutsbericht«, zu dessen Herausgabe sich bis jetzt 27 Kirchen, Werke
und kirchliche Einrichtungen zusammengefunden haben.
Das »Jahrbuch Gerechtigkeit« wird erstmals voraussichtlich im
September 2005 erscheinen und sich mit der Thema »Öffentliche
Armut und privater Reichtum in Deutschland« beschäftigen.
Ziel: der auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich
entgegenzuwirken und dadurch einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft zu leisten.
Vor dem Hintergrund wachsender öffentlicher Armut bei gleichzeitig steigendem privatem Reichtum setzt sich die EKHN für ein
Steuersystem ein, das ausreichende Mittel für die Finanzierung
der Staatsaufgaben und der erforderlichen Infrastruktur bereitstellt und die damit verbundene Belastung nach dem Grundsatz
der Leistungsfähigkeit sozial gerecht verteilt.
Ziel: einen handlungsfähigen, demokratischen Sozialstaat zu
erhalten.
Der Forderung nach Öffnung der Geschäfte am Sonntag wirkt
die EKHN entgegen. Der Handel drängt immer stärker darauf und
versucht mit kleinen Schritten, etwa bei Videotheken und
Waschanlagen, zum Erfolg zu kommen.
Die EKHN hält an einem freien Tag für die Gesellschaft fest.
Dem Schutz der verkaufsfreien Adventssonntage dient die Aktion
»Advent ist im Dezember«.
Bei der Diskussion um den Ausbau des Frankfurter Flughafens
hat die EKHN ein regionales Dialogforum eingerichtet, auf dem
die unterschiedlichen regionalen Positionen gebündelt und ausgetauscht werden.
Ziel: ein friedlicher gesellschaftlicher Dialog, in dem alle
Betroffenen vorkommen.
An der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit wirken
Einrichtungen der EKHN auf verschiedenen Ebenen mit, indem sie
sich in lokalen Bündnissen für Familie vor allem für die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und ihren Müttern und
Vätern einsetzen.
Ziel: eine zukunftsfähige Gesellschaft, die die gesellschaftliche
Leistung von Familien anerkennt und Wertschöpfung nicht nur in
betriebswirtschaftlichen Kategorien misst.
dass sie auch die Interessen der nicht anwesenden, be-
31
S
tädte haben in der Definition dieses Jahres-
Jahr 765 in Urkunden erwähnt und war seit 1225 freie
Engagement für das Gemeinwohl
Zwischen Tradition und Moderne
berichts zwischen 15.000 und 100.000 Einwohner.
Reichsstadt. Diez wurde schon 790 urkundlich erwähnt
In den Städten hat ein ausgeprägtes soziales Engagement
Traditionell leben in den mittleren Städten besonders viele
Außerhalb der wirtschaftlichen Ballungsgebiete
und besitzt seit 1329 Stadtrechte. Weilburg wird seit 906,
Tradition. Nach den Mitgliederstudien der EKD berichtet
mittelständisch geprägte Menschen. Allerdings gehen die
bilden sie keinen eigenen Raum, sondern sind
Herborn seit 1048 in Urkunden erwähnt. Gießen erhielt
mehr als die Hälfte über eine ehrenamtliche Tätigkeit. In
gesellschaftlichen Veränderungen auch an ihnen nicht
1248, Herborn 1251 die Stadtrechte.
den Großstädten sind dies deutlich weniger als die Hälfte.
spurlos vorüber. Der Erhalt der regionalen Arbeitsplätze
Die Akzeptanz des Motivs, etwas Nützliches für das Gemein-
wird zunehmend schwieriger. Die Zahl der Pendler nimmt
vielmehr Knotenpunkte in einem Netz wirtschaftlicher und
sozialer Beziehungen. Viele haben eine lange und bedeut-
Auch wenn einzelne Städte regional miteinander
same Tradition als Stadt, deren historische Bedeutung den
verflochten sind, so haben sie doch jeweils eine eigene
wohl zu tun, ist in den Städten am höchsten. Ein Drittel
zu. Damit wird auch die wirtschaftliche, bürgerschaft-
heutigen Großstädten nicht nachsteht oder ihnen gar
Tradition ausgebildet und sind individuelle Zentren des
der Befragten stimmt hier am stärksten zu.
liche und kirchliche Situation der Städte nicht gerade
überlegen ist. So wird etwa Oppenheim bereits seit dem
lokalen engagierten Bürgersinns. Das belegen empirische
Die überall rückläufige Zahl der Kindertaufen ist ein Spiegelbild
der insgesamt deutlich gesunkenen Geburtenrate und weniger der
Ausdruck einer gestiegenen Distanz gegenüber der Kirche.
Am stabilsten ist die Zahl in den Kleinstädten, in denen besonders
viele Familien leben.
Kindertaufen
leichter. So stehen die Städte, ihre Einwohner und ihre
Untersuchungen: So führt ein Viertel der EKHN-Mitglieder
Vernachlässigte Städte
Kirchengemeinden heute in einer Spannung: Auf der einen
in den Städten einen »bürgerlich-traditionalen« Lebens-
Die starke Anziehungskraft des Ballungsraums Rhein-Main
Seite gibt es oft eine lange und große Tradition, die sie
Überblick
Seite 11
stil. In den Großstädten tut dies kaum jeder Zehnte. Genau
verstellt leicht den Blick auf die vorherrschende plurale
bewahren wollen. Auf der anderen Seite verändern die
Land
Seite 14
umgekehrt verhält es sich mit dem »karriereorientierten«
Raumstruktur mit ihren vielen kleinen Mittelpunktstädten,
modernen Rahmenbedingungen der mobilen und zunehmend
Großstadt
Seite 44
Lebensstil, dem sich jeder vierte Großstädter und nur
die das Kirchengebiet der EKHN in weiten Teilen prägt.
ökonomisch dominierten Gesellschaft die Lebenssituation
Ballungsraum
Seite 58
jeder zehnte Kleinstädter zurechnet. Als Teil der Jugend-
Es gibt also kein eigentliches Zentrum, dem ökonomisch
massiv.
kultur begreift sich in der Großstadt jeder Fünfte. In den
wie sozial eine Vorreiterrolle eingeräumt wird und auf das
kleineren Städten tut dies nur jeder Zehnte.
sich dann der Rest des Territoriums bezieht. Zu betonen
■
ist die Pluralität des Gebiets, mit seinen je eigenen
30
[Zahl pro 1.000 Mitglieder]
Lebensentwürfen. Die relative Autonomie der einzelnen
Städte macht diese Vielfalt im Raum besonders sichtbar.
20
Stadt :
Land :
■ Mittelwert :
■ Großstadt :
■ Ballungsraum :
■
10
■
0
1951
2004
10,4
8,4
7,9
6,7
5,7
Kirche in der Stadt
Wo Tradition und Bürgersinn gepflegt werden
32
33
Landesposaunentag in Gießen-Kleinlinden
Unüberhörbar evangelisch
Trompeten- und Posaunenmusik sind ein Markenzeichen der evangelischen Kirche. In der
EKHN wird sie mit einem eigenen Netzwerk gefördert. Von manchen als traditionell angesehen, kommt die evangelische Trompetenmusik heute frisch und jung daher, und
mit starkem Nachwuchs. Über 800 Musikerinnen und Musiker aus dem gesamten Kirchengebiet kamen am 9. und 10. Oktober 2004 zum ersten Landesposaunentag seit zwölf
Jahren zusammen. Schauplatz war Gießen-Kleinlinden, denn der gastgebende Posaunenchor feierte seine 150-jährige erfolgreiche Arbeit.
Kunkel an und mit einem Mal swingt der Kirchplatz.
Die Zuhörer wippen mit zu jazzigen Rhythmen, einige
schnipsen mit den Fingern. Kunkel, einer von drei
Landesposaunenwarten der EKHN, hat im Laufe der Jahre
seine Liebe für den Jazz entdeckt und sieht viele Gemeinsamkeiten mit der alten Musik: »Ein fünfstimmiges
Monteverdi-Chorstück kann ebenso mit Groove musiziert
werden wie die Transkription einer Bach’schen Fuge.«
Posaunenmusik
Hierarchien zählen nicht
34
300
takt zu einem Wochenende mit einem bunten Programm:
hervorragend für die Kirche begeistern könne. »Die
Workshops von Jazz bis Klassik gehören ebenso dazu wie
Gottesdienste werden auf diese Weise jünger«, hat der
davon Christlicher Verein junger Menschen,
Bund Christlicher Posaunenchöre Deutschlands e.V.
(freikirchlich), Gnadauer Verband
ein Konzert mit dem renommierten Ensemble German
Ingenieur aus Friedberg festgestellt.
Mitglieder
ca. 4.500
davon weiblich
ca. 1.500
präsident Prof. Dr. Peter Steinacker. Vor allem aber gibt
Jugend spielt
es ein ganz besonderes Jubiläum zu feiern: Der gast-
Das belegen nicht zuletzt die vielen jungen Musikerinnen
gebende Posaunenchor Kleinlinden hat 150. Geburtstag.
und Musiker, die dabei sind. Der neunjährige Micha ist
m frühen Samstagnachmittag ist der Platz
Horst Schopbach, Vorsitzender des Posaunenwerkes der
einer von ihnen. Er freut sich darauf, beim Abschluss-
vor der Kirche in Kleinlinden normalerweise
EKHN, würdigt den Chor als »aktives und mittragendes
gottesdienst das erste Mal in der Kirche musizieren zu
ein ruhiger, beschaulicher Ort. Heute ist es
Element in der Gemeindearbeit im Bezirk Oberhessen«. Es
dürfen. Dafür ist er bereit, »richtig zu üben«. Mit seinen
anders. Menschen mit schwarzen Koffern
sei hier hervorragend gelungen, ein vor 150 Jahren aus-
Freunden Nico, Niclas, Maximilian und Kevin ist er aus
suchen sich Standorte und schon bald ist
gebrachtes Pf länzchen zu pf legen und zu bewahren.
Lauterbach-Wallenrod nach Kleinlinden gekommen.
der Platz mit Notenständern voll gestellt. Immer mehr
350
davon im Posaunenwerk der EKHN organisiert
wie Jugendliche, die man durch die Posaunenarbeit
Brass und ein festlicher Bläsergottesdienst mit Kirchen-
A
Posaunenchöre insgesamt
Für die Hobbymusiker ist das Open-Air-Konzert der Auf-
Die 20-jährige Eva Lorenz ist stolz darauf, dass
Gespannt fiebern die Jungs dem Jungbläser-Workshop
50
Die Teilnahme an den Nachwuchslehrgängen
ist seit 1997 auf das 2,5 bis 4-fache gestiegen.
Drei Ensembles bieten musikalisch besonders anspruchsvolle
Musik: Blech Pur, Brass On, BiHuN (Bläserkreis in Hessen und
Nassau).
Die Chöre sind zum Posaunenwerk der Evangelischen Kirche in
Hessen und Nassau (EPHN) zusammengeschlossen, das sie
untereinander vernetzt sowie durch Aus- und Fortbildung
fördert und unterstützt. Das EKHN-Gebiet ist in 6
Posaunenbezirke eingeteilt, die im Wesentlichen den
Propsteigrenzen entsprechen.
Je 2 davon werden von den 3 hauptamtlichen Landesposaunenwarten betreut.
Die meisten Chöre vor Ort werden ehrenamtlich geleitet.
Dem Posaunenwerk steht der Landesposaunenrat vor.
Es ist Mitglied im Evangelischen Posaunendienst in
Deutschland e.V. (EPiD).
Posaunen, Trompeten, Hörner und Tuben funkeln in der
ihr Chor »der allererste in Hessen war«. »Heute sind viele
entgegen, der kurzerhand in vier Gruppen aufgeteilt
Herbstsonne. Dann ist es soweit: »Allein Gott in der Höh’
junge Gesichter unter den Mitgliedern«, weiß ihre
werden musste, da sich 110 Kinder angemeldet hatten –
sei Ehr’«, tönt es aus hunderten von Instrumenten und
Mitstreiterin Birte Lenz. Sie ist seit über 25 Jahren dabei
weitaus mehr als erhofft. Und das ist kein Zufall, sondern
aus vielen Fenstern gucken verdutzt die Anwohner. Ein
und auch ihr Vater machte hier Musik. Eine offene Art ist
Trend. »Posaunenarbeit ist ein wichtiger Teil der Jugend-
passender Auftakt für ein Bläsertreffen, denn Musizieren
für die 36-Jährige das Markenzeichen von Posaunen-
arbeit«, erklärt Volker Truschel, »in den letzten fünf
zum Lobe Gottes ist Tradition der Posaunenchöre. Der
bläsern. Volker Truschel aus Büdingen kann das nur be-
Jahren haben sich die Jungbläser-Anmeldungen verdrei-
hohe Stellenwert der Kirchenmusik reicht zurück bis an
stätigen: »Man ist sofort in der Gruppe drin, Positionen
facht.« Für die Kirchenmusik sei der Bereich bereits seit
Zuschuss EKHN 2004
33.000
den Anfang der Reformation. Damals waren Kirchenlieder
und Berufe spielen keine Rolle, die Hierarchien sind
langem der größte Zuwachsbringer.
Sonderzuschuss für Landesposaunentag
22.540
Die imposante Kinderschar bekommen die
nicht nur Ausdruck persönlicher Frömmigkeit, sondern
aufgehoben und alles konzentriert sich auf die Musik«,
auch geistliche Parolen. In dieser Tradition haben große
erklärt der stellvertretende Vorsitzende des Posaunen-
Organisatoren dank der vielen Ehrenamtlichen in den
Komponisten wie Paul Gerhardt, Johann Sebastian Bach
werks. Thilo Schulz (35) imponiert »die Gemeinschaft
Griff. Einer von ihnen ist Thomas Lach. Der 27-jährige
und Felix Mendelssohn-Bartholdy geistliche Musik für
von allen Altersgruppen, die man so sonst kaum irgend-
Referendar empfindet das Trompete-Blasen als eine
ihre Zeit komponiert. In Gießen stimmt Dirigent Johannes
wo findet.« 70- bis 80-Jährige seien ebenso bei der Sache
»besonders schöne Form von Gemeindearbeit«. In Klein-
Finanzen
Chorbeitrag der Aktiven
[Euro]
30 (je zur Hälfte an EPHN und EPiD)
sowie Personalmittel im Zentrum Verkündigung
www.posaunenwerk-ekhn.de
www.blech-pur.de
www.epid.de
www.diedreiposaunen.de
Posaunenwerk der EKHN im Zentrum Verkündigung
Markgrafenstraße 10
60487 Frankfurt
Telefon (069) 71379-0
35
Seelsorge in der Abschiebe-Haftanstalt Ingelheim [Landkreis Mainz-Bingen]
Hilfe für Unerwünschte
Sie sitzen mehrere Monate in Haft, bevor sie abgeschoben werden.
Pfarrer Friedrich Vetter kümmert sich um die Häftlinge in der Abschiebehaft in Ingelheim. Seelsorge heißt für ihn, Menschen in Not zu begleiten.
D
Kirchenmusik
er ägyptische Gefangene spricht über
Telefonkarten und über David aus der Bibel,
der zu Gott wie zu einem Freund redet. Er ist
aus seiner Zelle ins Zimmer von Seelsorger
Friedrich Vetter gekommen, um mit ihm zu
sprechen. Vor zehn Jahren f loh er aus Ägypten, weil ihm
Kirchenmusik ist ein wichtiger Teil der evangelischen Tradition
schon seit der Reformationszeit. Dazu gehören vor allem die
Orgel-, Chor- und Posaunenchormusik in den Gemeinden.
Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem die Mitwirkung im
Gottesdienst und bei Gemeindeveranstaltungen, missionarische
und diakonische Einsätze in Krankenhäusern oder Altenheimen
und die Mithilfe bei der Einführung neuen Liedguts.
Das Gesamtkonzept umfasst zum einen flächendeckende
Angebote im Rahmen der Gemeindearbeit und zum anderen
einige Zentren für konzertante, hoch qualifizierte Musik.
vorgeworfen wurde, als Christ zu missionieren, worauf
die Todesstrafe steht. Mit Visum floh er nach Deutschland.
Als es abgelaufen war, beantragte er Asyl. – Abgelehnt.
Nur miteinander klingt’s
Nun soll er nach Ägypten zurück. Doch erst wenn die
Im Nebenraum des Gemeindehauses gibt Miriam Appel aus
ägyptische Botschaft Papiere ausstellt, kann er abge-
Alsfeld ihre Erfahrungen weiter. Zusammen zu spielen
schoben werden. Die Situation ist in der Schwebe, der
symbolisiert für sie, »dass wir in der Kirche keine Einzel-
Gefangene hofft, bleiben zu können. »So etwas kann zer-
kämpfer sind«. Die 23-Jährige möchte das auch die
mürben«, sagt Friedrich Vetter. »Ich persönlich bin
Erwachsenenchöre
580
Kinder spüren lassen, denn: »Wenn man gegeneinander
gegen Abschiebehaft. Mit einer guten Beratung und
Kinder- und Jugendchöre
204
spielt, kommt nur Chaos raus, hört man aber aufeinander,
Förderung zur Rückkehr wäre sie meist entbehrlich. Aber
Posaunenchöre
298
klingt es harmonisch.« Events wie der Landesposaunen-
da die Abschiebehaft existiert, muss es Menschen geben,
tag vermitteln allen das Gefühl, zu einer großen Gemein-
die den Häftlingen helfen.«
Mitglieder
Konzerte
Teilnehmer/-innen
ca. 4.000
3.961
360.451
schaft zu gehören.
Jeden Tag fast 22 Stunden in der Zelle
In der alten Kirche geht es derweil um einen
Kirchenmusiker/-innen
Vollstellen für Kirchenmusiker/-innen gesamt
118,5
davon
A-Stellen (abgeschlossenes Musikstudium)
B-Stellen (mindestens Fachhochschulabschluss)
30
88,5
»wunderbaren Komponisten geistlicher Musik«, wie Work-
Nach Meinung staatlicher Stellen besteht bei den Häft-
shop-Leiter Jan Eich einleitet. Über 50 Musikerinnen und
lingen die Gefahr des Untertauchens, was Pfarrer Fried-
Musiker lauschen gespannt seinen Ausführungen zu
rich Vetter allerdings in vielen Fällen bezweifelt. Inder
Leben und Werk von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dann
etwa bekommen fast nie Papiere, nach sechs Monaten
nebenberufliche Kirchenmusiker/-innen
ca. 2.000
wird es ernst: Bläserversionen aus dem bekannten
seien sie wieder frei und würden geduldet. »Warum
davon Organist(inn)en
ca. 1.200
Oratorium »Elias« sollen eingeübt werden. Eich, von
müssen sie bis dahin im Gefängnis leben?« Zu zweit
Beruf Solotrompeter an der Oper Hagen, teilt Noten aus
befinden sich die Gefangenen in den Zellen, viele von
und dirigiert mit dem Taktstock ein Orchester, das heute
ihnen 21 bis 22 Stunden am Tag. Unterbrochen nur von
zum allerersten Mal zusammenspielt. Mit Gelassenheit
Hofgang, Tischfußball oder Tischtennis. Auch kleinere
und einer großen Portion norddeutschem Humor nimmt’s
Arbeiten sind manchmal möglich. Am Samstag kommt
der Profi, wenn’s bei den Laien zunächst mal schräg
knapp die Hälfte der Insassen zum Gottesdienst, Menschen
klingt. Doch dann, nach einer erstaunlich kurzen Zeit,
aus vielen Nationen beten miteinander. »Gott ist nicht
linden sitzen nun knapp 30 Kinder um ihn herum. Er gibt
schallt die Musik Mendelssohns von einem mehr-
nur Vater der Deutschen, sondern aller Menschen«, sagt
Anweisungen und die Mädchen und Jungen lernen, wie
stimmigen Bläserchor so kraftvoll und harmonisch durch
der Pfarrer. Die Gefangenen lesen aus der Bibel in ihrer
die gleiche Tonfolge völlig verschieden klingen kann, je
die Kirche, dass so mancher Zuhörer verblüfft ist ob der
jeweiligen Sprache. Manche rezitieren Koranverse. Im
nachdem, wie man sie auf dem Instrument bläst. »Nicht
Lernfähigkeit dieser Freizeitmusiker. Bläserin Cecilia
christlichen Gottesdienst? Friedrich Vetter sagt einen
so abgehackt, sondern f ließend« – immer wieder macht
Reiner (50) aus Staufenberg bringt auf den Punkt, was
Satz, der in dieser computergesteuerten, hochmodernen
es Lach selbst auf der Trompete vor. Die neuen Lieder
viele hier verspüren: »Bei dieser Musik zum Lobe Gottes
Schließanlage mit 150 Plätzen, hinter Stacheldraht und
sollen die Kinder dann zu Hause weiterüben können.
bekomme ich ein absolutes Gänsehaut-Gefühl ...«
davon Chorleiter/-innen
ca. 800
■
Betonmauern nicht eine Spur naiv klingt: »Wir sind für
alle offen.«
36
37
Kirchlich-diakonisches Engagement für Flüchtlinge
Beispiele aus den Regionen
Abschiebehaft kann die
Ausländerbehörde beim
Amtsgericht beantragen,
wenn die betreffende Person
ausreisepflichtig ist und ein
begründeter Verdacht auf
Nichtbefolgung besteht.
Dagegen kann beim Amtsgericht und danach beim
Landgericht Beschwerde
eingelegt werden.
Kirchengemeinden öffnen sich für Flüchtlinge
In der Abschiebe-Haftanstalt in Ingelheim werden Personen
Viele Flüchtlinge, auch solche, deren Asylgesuch abgelehnt
aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland untergebracht, die
wurde, leben schon lange in den Gemeinden. Sie haben
sich nicht nach unseren Strafgesetzen strafbar gemacht
Kontakte zu evangelischen Kindergärten, zu Angeboten
haben, sondern lediglich der Aufforderung zur Ausreise
der Jugendarbeit und besuchen die Gottesdienste. So
nicht nachgekommen sind. Der Caritas-Verband für die
gehören in Roßdorf bei Darmstadt Iraner, die als Flücht-
Diözese Mainz und das Diakonische Werk in Hessen und
linge hierhergekommen sind, zum aktiven Gemeindeleben.
Nassau (DWHN) engagieren sich dort seit drei Jahren, in-
Für sie gibt es dort einen Bibelkreis in ihrer Sprache.
dem sie eine unabhängige Beratungsstelle über Kollekten-
Andere Gemeinden haben Flüchtlingshilfen gegründet, in
mittel finanzieren, kostenlose Rechtsberatung anbieten
denen Flüchtlinge betreut und zum Teil auch untergebracht
und einen Fonds zur Verfügung stellen, um Klagen gegen
werden.
die Inhaftierung zu ermöglichen.
Projekt »Illegalität in Frankfurt«
Wohnheim in Grävenwiesbach
In Frankfurt hat der Evangelische Regionalverband zu-
Die Gesellschaft für Diakonische Einrichtungen, Mitglied
sammen mit dem DWHN eine wissenschaftliche Unter-
im DWHN, bietet in Grävenwiesbach Wohnraum für Flücht-
suchung »Zur Situation von Menschen ohne aufenthalts-
linge und Aussiedler an. Eine Sozialarbeiterin und der
rechtlichen Status« in Auftrag gegeben und koordiniert
ehrenamtliche »Freundeskreis« helfen bei der Integration.
ein Netzwerk von Beratungsstellen und Hilfesystemen
Seelsorge umfasst viele Nöte
voll hält. »Wenn wir Menschen am gesellschaftlichen
Seit 1990 ist Vetter in der Asyl- und Flüchtlingsarbeit
Rand nicht helfen, verraten wir unseren Glauben.« Ihm
Dekanat Kronberg
aufwändige Sicherung der EU-Außengrenzen haben die
tätig, 2001 wurde er Seelsorger in der neu errichteten
seien die Jesus-Worte wichtig: »Was ihr einem unter den
In Anbindung an die Kirchengemeinde in Kelkheim und an
offiziellen Flüchtlingszahlen auf das Niveau von 1988
Abschiebehaft in Ingelheim. Seelsorge versteht er als
Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.« »So
das Kreis-Sozialbüro berät ein Sozialarbeiter Flüchtlinge
gedrückt. Zugleich nimmt die Zahl derjenigen zu, die
eine sehr umfassende Hilfe. »Alle Nöte gehören dazu.« Er
etwas kann ich nicht laut im Gottesdienst lesen, ohne
und Migrantinnen und Migranten in sozial- und ausländer-
ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland leben. Ihnen
prüft, wo Aussicht auf Freilassung besteht. Hat jemand
auch danach leben zu wollen.« In Kirchengemeinden
rechtlichen Fragen. Er organisiert »Runde Tische« und regel-
werden grundlegende Menschenrechte vorenthalten:
ein deutsches Kind, stehen die Chancen gut. Die meisten
stößt er manchmal auf »große Informationslücken«. Er
mäßige Absprachen mit Behörden, um eine Vertrauens-
etwa gesundheitliche Versorgung, Schulbesuch und ein
Häftlinge allerdings werden abgeschoben. Leid ver-
fühlt sich dennoch gut eingebunden. Er wird zu Vorträgen
basis für gegenseitigen Respekt zu schaffen und Lösungen
gerechter Lohn.
ringern könne man trotzdem. Auch dank seines Ein-
eingeladen, um zu informieren, ehrenamtliche Seel-
für Einzelfälle zu erleichtern.
tretens wurde erreicht, dass auf manchen Fluren die
sorgerhelfer musizieren in Gottesdiensten. Zu Ostern
Zellentüren geöffnet werden. »Da ist man nicht mehr
basteln Menschen aus umliegenden Gemeinden Nester für
für »Illegale«. Die verschärften Asylgesetze und die
Kirche als Anwalt für Flüchtlinge
Ein ganzheitliches Verständnis der Seelsorge an FlüchtSeelsorgedienste
lingen umfasst neben der individuellen Zuwendung auch
ganz so eingesperrt.« Es gibt auch Freudenbotschaften.
die Gefangenen, in denen Zigarettenpäckchen und Telefon-
Wenn jemand mit Angst vor Folter ausreist, diese dann
karten liegen. »Die Kirche stützt mich, ich fühle mich
aber nicht zur Realität wird. »Ich atme tief auf, wenn
nicht abgeschoben«, sagt der Seelsorger für Abschiebe-
jemand anruft und sagt: ›Ich bin gut angekommen.
häftlinge.
Altenheime
Pfarrstellen
Gemeindepädagogenstellen
»Segne mich, erweitere mein Gebiet«
Asylbewerber/-innen
Pfarrstellen
Gemeindepädagogenstellen
1,0
1,75
Behinderte
Pfarrstellen
Gemeindepädagogenstellen
4,5
1,0
1,0
beachteten Bericht »Verantwortung für traumatisierte
5,16
Flüchtlinge« vorgelegt, der beim Interkulturellen Beauf-
Spezialseelsorge-Dienste für ...
Niemand hat mich in den Kontrollen aufgehalten‹.«
Die Angst vor Folter treibt in Ingelheim viele um.
[Stellen]
Manchmal sind es auch die Gefangenen selbst, die ihm
sagt Friedrich Vetter. Nur lasse sich nicht beweisen, dass
Kraft geben für seine Arbeit. Von ihnen könne eine
genau dieser bestimmte Gefangene gefoltert werden
besondere Stärke ausgehen – wie von jenem ägyptischen
Flughafenpersonal und -gäste
Pfarrstellen
wird. Also wird abgeschoben. Wie verkraftet man persön-
Gefangenen, der zu ihm zur Beratung gekommen ist.
Sprach- und Gehörgeschädigte
Pfarrstellen
lich die ständige Begegnung mit solchen Schicksalen?
Friedrich Vetter hört einfach nur zu, gibt auch gezielte,
»Ohne professionelle Distanz könnte ich nicht arbeiten.«
praktische Tipps. Der Gefangene lacht zwischendurch,
Krankenhäuser, Kur, Hospiz
Pfarrstellen
Gemeindepädagogenstellen
Regelmäßige Supervision hilft ihm. Wenn die Verzweif-
spricht kurz darauf von seinen Ängsten, hat Tränen in
Notfallseelsorge
Pfarrstellen
8,98
lung Gefangene in den Hungerstreik treibt oder sich
den Augen. Gebeugt sitzt er auf seinem Stuhl, richtet
jemand die Pulsadern aufschneidet, ist auch Friedrich
sich mit einem Mal auf und sagt: Nichts gebe ihm so sehr
Polizei
Pfarrstellen
2,5
Vetter an seinen Grenzen angelangt.
Kraft wie das Gebet. »Wann hilfst du mir? Warum bist du
Schausteller/-innen und Marktleute
Pfarrstellen
1,0
0,75
1,0
so weit weg?« Dieses Gebet von David habe er am Morgen
Schwerhörige
Gemeindepädagogenstellen
»Ich fühle mich nicht abgeschoben«
in der Bibel gelesen. Und Gott habe David geholfen. Die
Sehbehinderte und Blinde
Gemeindepädagogenstellen
Er wird dennoch immer wieder in das Abschiebegefängnis
Fenster des Beratungszimmers des Seelsorgers sind ver-
gehen, das am Rand von Ingelheim, direkt neben der
gittert. An der Wand hängt ein Plakat, darauf ein Gebets-
weil er seine Arbeit christlich gesehen für höchst ehren-
Strafgefangene und Gefängnisbedienstete
Pfarrstellen
Telefonseelsorge
Pfarrstellen
Ruf aus der Bibel: »Segne mich, erweitere mein Gebiet.«
■
die sozialpolitische Anwaltschaft. Sie ist dort wahrzunehmen, wo Strukturen und gesetzliche Vorgaben zu uner-
15,0
7,5
»Dass in manchen Ländern gefoltert wird, ist bewiesen«,
Autobahn, gebaut worden ist. Er will es auch nicht anders,
38
Ökumenisches Projekt in Ingelheim
träglichen Härten für Flüchtlinge führen. Ein Beispiel hierfür ist die Arbeit der vom DWHN eingesetzten Kommission
»Abschiebung kranker Flüchtlinge und ethische Verantwortung« unter dem Vorsitz des ehemaligen hessischen
Innenministers Gerhard Bökel. Im Juni hat sie ihren viel
tragten kostenlos bestellt werden kann.
64,0
19,25
12,5
4,5
Interkultureller Beauftragter
der EKHN und des DWHN
Pfarrer Andreas Lipsch
Ederstraße 12
60486 Frankfurt
Telefon (069) 7947226
E-Mail andreas.lipsch@dwhn.de
39
E
in Mann, der täglich seine Frau im Rollstuhl
frömmigkeit haben zueinander gefunden. Da ist was ge-
durch die Stadt schiebt, steht ganz vorne,
wachsen in den Kirchengemeinden. Es waren gerade die
direkt hinter der Polizeikette. »Gehen Sie doch
Frommen, die aktiv dabei waren.«
besser nach hinten, das ist zu gefährlich hier«,
gibt ihm Pfarrer Matthias Ullrich zu bedenken.
Alt und Jung kamen zusammen
Er aber sagt, mit Tränen in den Augen: »Die wollen doch
Über 80 Prozent der Bevölkerung sind evangelisch. Die
auch meine Frau weghaben, deswegen stehe ich hier.«
Gottesdienste sind gut besucht. Die Frömmigkeit in
Die, das sind rund 450 Neonazis, allesamt von außerhalb,
Gladenbach beruht auf dem Pietismus und auf evangelikalen
kein Einziger ist in Gladenbach zu Hause. Sie hatten
Wurzeln, die der Politik eher fern stehen. Gleichwohl gab
angenommen, Gladenbach wäre ein günstiges Pf laster für
es nur wenig Irritation über das politische Engagement.
eine Demonstration gegen die Verurteilung einer rechts-
Von Anfang an wirkte die Kirche »meinungsbildend«,
radikalen Musikgruppe in Berlin. Die Bürgerinnen und
findet Ullrich. Eindeutig und geschlossen bekundeten
Bürger würden es hinnehmen oder gar begrüßen. Doch
Dekanatssynodalvorstand, Pfarrkonvent und Kirchen-
da hatten sie sich geirrt. Beim ersten Aufmarsch der Neo-
vorstände ihre Haltung: Bei einem Neonazi-Marsch im
nazis stellten sich ihnen überwiegend linke Autonome
April läuten in den Kirchen der Region die Glocken und
von außerhalb entgegen und sorgten für die übliche
rufen zu Friedensgebeten. Der Bürgeraufruf wurde ein-
Konfrontation. Ab dem zweiten Mal übernahmen die
stimmig unterstützt. Es wird intensiv diskutiert. Alt und
Bürgerinnen und Bürger auf ihre Weise den Widerstand.
Jung kamen zusammen zu Gesprächen über Fragen wie:
Sie folgten dem Bürgeraufruf »Gladenbach ist bunt –
»Wie war das in den 30er-Jahren?« »Warum habt ihr
nicht braun!«, der im Frühjahr 2004 für Toleranz, Demo-
damals alle ›Sieg Heil!‹ gerufen?« 70- bis 80-jährige
kratie und Menschenwürde warb und zu dem sich 2.400
Christen, die vorher noch nie demonstriert, aber die NS-
Bürgerinnen und Bürger öffentlich bekannt haben. Ver-
Zeit noch erlebt hatten, vor allem Frauen, erinnerten
antwortlich für diesen Aufruf zeichnet Pfarrer Ullrich,
sich an Parolen wie »Die Straßen frei den braunen
der die nachhaltige Wirkung des Aufrufs so zusammen-
Bataillonen« und sagten: »Das wollen wir nicht wieder
Bürgerbewegung von unten
Der Himmel öffnete sich
fasst: »Bürgerschaftliches Engagement und tiefe Herzens-
erleben.«
Erfolg hatte die Bürgerinitiative, weil sie nicht aus dem
Am 17. Juli 2004 waren rund 100 Neonazis aus ganz
Bauch heraus ins Blaue hinein plante, sondern strategisch
Deutschland auf dem Weg nach Gladenbach. Seit 11 Uhr
Schüler, Politiker, Geschäftsleute und Gewerkschafter aus
ref lektiert, was zu tun ist. Auf der institutionellen Ebene
hielten die Gladenbacher mit einem Fest dagegen: Rock-
der ver.di-Bundesschule am Ort, nahmen die Bedrohung
arbeiteten die Stadt, Ordnungsbehörden, Kirchen,
bands, eine volkstümliche Combo, Kinderchöre traten
zum Anlass, grundsätzlich zu ref lektieren: »Welche
Schulen und der Gewerbeverein zusammen. Parallel
auf, bei strahlendem Sonnenschein. Kurz vor zwei, als
öffentliche Kultur, welches Klima wollen wir in dieser
wirkte eine Bürgerbewegung von unten. Ihr Treffpunkt
der einschlägig bekannte Neonazi Christian Worch rief:
Stadt? Wie leben wir hier zusammen? Ausländer und
war der Welt-Laden, den evangelische und katholische
»Wir marschieren los«, verdüsterte sich der Himmel und
Deutsche? Junge und Alte? Behinderte und Nicht-
Kirche gemeinsam betreiben. Immer wurde alles stark
nach einem gewaltigen Donnerschlag ging ein Wolken-
behinderte?« Behinderte gehören zum Stadtbild, denn
vernetzt. Das Spektrum der Aktiven reichte über alle
bruch wie selten hernieder, begleitet von einem krachenden
ein Zentrum junger Körperbehinderter hat hier seinen
Lager hinweg und die Kirche erfuhr neue Wertschätzung:
Gewitter. Niemand hörte auf die Neonazis, die wurden
Ort. Das Gymnasium ist Europa-Schule mit Partner-
Der Alt-68er und humanistische Atheist lernt Pfarrer und
alle triefnass. So im Regen stehen gelassen, hatten sie
schaften auch zu Israel und Tansania. 15 von hundert
Kirche neu schätzen und linksalternative Intellektuelle
die Nase voll. Der Wolkenbruch dauerte eine Dreiviertel-
Kindern sind ausländischer Herkunft. Jetzt bezieht es
aus einem Ökodorf waren plötzlich alle im Gottesdienst,
stunde, dann schien wieder die Sonne. Ein Rundfunk-
die Themen in den Unterricht ein.
als ein Bischof aus Tansania predigte.
reporter schloss seinen Bericht mit den Worten: »In Gladen-
Die Träger der Bürgerinitiative, Pfarrer, Lehrer,
bach wird eben viel gebetet.«
Die Doppelstrategie griff
Um nicht in taktische Fallen zu stolpern, nahm die Initiative
» Wir arbeiten weiter«
Front gegen Neonazis in Gladenbach [Landkreis Marburg-Biedenkopf]
Kontakt zu Städten mit einschlägigen Erfahrungen auf.
Die Neonazis haben Gladenbach inzwischen aufgegeben,
Bunte Allianz
gegen braunen Aufmarsch
Erfolgreich war eine Doppelstrategie: den Rechten die
hier aber legt man die Hände nicht wieder in den Schoß,
kalte Schulter zeigen und gleichzeitig ein buntes Fest
wie Pfarrer Ullrich kundtut. »Wir wollen Aufklärung und
feiern. – So zogen im April etwa 450 Neonazis durch
Wertebildung als andauernden Prozess. Wir arbeiten
menschenleere Straßen, in denen an den Häusern alle
weiter, hin zu einer offenen Zivilgesellschaft.« Eine Holo-
Rollos geschlossen waren. Derweil hielten Bürger feiernd
caust-Ausstellung, die Schule und Kirche organisieren,
den Markt besetzt. Die Kirche war mit Gebeten und Musik
eine Diskussion mit Aussteigern aus der Neonazi-Szene
präsent, die Menschen hier bildeten einen Ring und
und die Einladung dreier ehemaliger Zwangsarbeiter aus
sangen einen Friedenskanon, die ganze Zeit, immer
Polen und Ungarn gehören dazu. Dafür wird ein Teil des
wieder, während die Neonazis demonstrierten, und diese
Geldes aus dem Preis verwendet, mit dem die Bundes-
Zeit dauerte zwei Stunden. Eine Bürgerin schwärmte:
stiftung für Toleranz und Demokratie die Gladenbacher
»Kirchenmusik ist ja was Wunderbares, sogar hier auf
Initiative ausgezeichnet hat.
Fünf Mal binnen eines halben Jahres wollten Neonazis das mittelhessische Gladenbach
zur »braunen Stadt« machen. Doch wann immer sie kamen, und jedes Mal mit mehr
Anhängern, standen die Bürgerinnen und Bürger erfolgreich gegen sie auf. Eine treibende
und verbindende Kraft dieses Widerstands war die evangelische Kirche in der Region.
40
dem Marktplatz.«
■
41
Arbeitskreis Brot für die Welt in Bad Nauheim [Wetteraukreis]
und Deutsch, »und da konnte man was tun.« Das dachte
puter-Modell die Tulpen auch in diesem Jahr zum Schrift-
Fünf Männer gegen die Not
in der Welt
sich auch Pfarrer Dieter Ruhland. Aller guten Dinge sind
zug Brot für die Welt gedeihen lässt, zieht leise und vor-
drei – und ihr Engagement steckte an.
sichtig ein »nur ganz persönliches« Resümee. Skeptisch
Seit über 40 Jahren sammelt der Arbeitskreis Brot für die Welt in
Bad Nauheim Spenden. Jahr für Jahr und mit immer neuen Ideen,
bei denen nicht nur Herbert Wehners Pfeife und der größte
Streuselkuchen der Welt eine Rolle spielen. Und unter dem Strich
sind dabei fast 350.000 Euro zusammengekommen.
sei er, ob ihre Arbeit nachzumachen, ob ein Transfer
Raus auf die Gasse
möglich sei. Denn hier hätten sich in wunderbarer Weise
»In den Schulen haben wir Kollegen gewonnen, Eltern
eine Handvoll Männer zu diesen »individuellen Aktionen
haben mitgemacht, Leute und Einrichtungen aus der
zusammengefunden«. Es sind immer konkrete Menschen,
Gemeinde und bis zu 120 Schüler und Kinder und mehr.«
die der Kirche ihr Gesicht geben.
Die waren nötig, denn ihre Begeisterung trug noch so
Und auch Günter Simon und Rainer Kreutz ver-
manche verrückte Idee fürs Geldeintreiben aus. So, als
leihen ihrer Nachdenklichkeit Ausdruck. Das Elend, der
1982 über 400 Zentner Äpfel gesammelt und zu 17.000
Tod und die Verzweif lung, die sie einst ihren Schülern
Flaschen versaftet wurden. Erlös mit anderen Aktionen in
mit Anteilnahme und sensibel nahe gebracht hätten, seien
diesem Jahr: rund 26.000 Mark. »Die Schüler hatten
heute durch Gewohnheit längst Medienalltag. So gewöhn-
einen solchen Spaß an der Aktion, dass man sie selbst bei
lich wie die Lieblingssendung am Vorabend. »Wer fühlt
Regen nicht mehr von der Gasse bekam.« Und auf die
sich da noch wachgerüttelt und angestoßen, was zu tun?«
Gasse musste man, wenn man gute Ideen unters Volk
bringen wollte: Selbstgemachtes von Erbsensuppe bis
Zum Nachmachen
Kirchenpostkarten, indische Engel aus Bananenfasern
Die Projekte des Arbeitskreises sind – zur Nachahmung
oder den mit 45 Quadratmetern größten Streuselkuchen
empfohlen – in einer Broschüre zusammengefasst worden.
der Welt.
Unter dem Titel »Im Pfarrhaus riecht’s nach Äppelwoi«
kann sie zum Preis von 1,50 Euro im Zentrum Ökumene
Fritz Walter stiftet Schlappen
Unter den Versteigerungshammer kam von Prominenten
bestellt werden.
Wer die Ideen aufgreifen möchte, findet in Rainer
Gestiftetes – unter anderem eine von Herbert Wehner
Kreutz einen erfahrenen Berater, der hilft, manche Fehler
angeknabberte Pfeife, Fußballschuhe von Fritz Walter,
zu vermeiden und zu einem guten Erfolg zu kommen.
■
Schenkungen von Giscard d’Estaing und Präsident Sadat,
ein Fächer aus Hiroshima oder die Federzeichnung aus
Jerusalem. Eine der letzten Aktionen: 2004 erblühten die
Brot für die Welt
vorjahrs gepf lanzten Blumen. 4.500 Tulpen ergaben den
[Euro]
rot-gelben Schriftzug Brot für die Welt auf dem Gelände
Gesamtspendenaufkommen Deutschland
vor der Dankeskirche. Er dokumentierte unübersehbar
davon in der EKHN
Einsatz wie Verbundenheit der Männer des Arbeitskreises
EKHN-Anteil am Gesamtergebnis
Anteil pro Kirchenmitglied in Hessen und Nassau
54.065.076
2.931.715
5,4 %
1,59
und ungezählter Mitstreiter mit ihrer Hilfsorganisation.
Auch die themenbezogenen Gottesdienste am ersten
Adventssonntag und der Kontakt von Kurgästen mit der
Kirchengemeinde lässt das Eintreten des Arbeitskreises
gegen Hunger und Not als Vorbild über Nauheim hinaus
bekannt werden.
Schauen, was bleibt
Alle, die bislang von Jung bis Alt mitgestaltet haben, erhalten seit 1979 vom Arbeitskreis eine – von manchen
wohl und mit Stolz gehütete – Anerkennungsurkunde.
Es waren 175 Mark«, sagt der 66-jährige
ehemalige Lehrer Rainer Kreutz, »mit
175 Mark Spenden haben wir 1964 unsere
erste Sammelaktion abgeschlossen.«
Eltern seiner Schüler hatten damals
Arbeitskreis
Brot für die Welt
Bad Nauheim
Rainer Kreutz
Frankfurter Straße 56
61231 Bad Nauheim
Telefon (06032) 81372
Brot für die Welt besitzt das Spendensiegel
des Deutschen Instituts für soziale Fragen (dzi)
Die bundesweite Hilfsaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist im Diakonischen Werk der EKD in Stuttgart angesiedelt. Sie hatte 2004 Mittel in Höhe von 43,5 Mio. Euro zur
Verfügung. Davon wurden 82,3 % direkt in Hilfsprojekte investiert
und 4,8 % in die Begleitung der Projekte.
4,3 % flossen in die Öffentlichkeitsarbeit, 3,4 % in Werbung und
5,2 % in die Verwaltung. Die Verwaltungskosten sind gemäß dem
Deutschen Institut für soziale Fragen (dzi) sehr niedrig.
Allen, die namhaft spendeten, überreichen die Nauheimer
ein persönliches Dankschreiben mit Spendenquittung,
eine Liste der Projekte, die Brot für die Welt aktuell durchführt, und einen Rechenschaftsbericht. »Denn das gehört
Bankverbindung:
EKHN – Stichwort »Brot für die Welt«
Konto 4 100 000
EKK Evangelische Kreditgenossenschaft in Kassel
BLZ 500 605 00
sich so.«
kleine Reisbeutel gestiftet und die wurden am Straßen-
42
Die EKHN liegt mit ihrem Spendenaufkommen pro Mitglied im
Mittelfeld der EKD-Kirchen. Etwa die Hälfte der Summe stammt
aus den Kollekten der Gottesdienste an Heiligabend und
Erntedank, die traditionell für diesen Zweck bestimmt sind.
rand für die jährliche Spendenaktion von Brot für die
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel?
Welt verkauft. »Dass das dann so viele Jahre weiter-
Aber was nun, wo die Mitglieder des Arbeitskreises qua
geht, konnte damals keiner ahnen. Wir saßen da und
Alter genau zu Bad Nauheim passen, das statistisch die
klagten und jammerten über die Welt«, erinnert sich
meisten Senioren bundesweit aufweist? Der emeritierte
Günter Simon, der einstige Gymnasiallehrer für Religion
Informatik-Professor Karl Ruckelshaußen, dessen Com-
www.zentrum-oekumene-ekhn.de
www.brot-fuer-die-welt.de
www.dzi.de
Brot für die Welt im Zentrum Ökumene
Ute Greifenstein
Praunheimer Landstraße 206
60488 Frankfurt
Telefon (069) 97651835
E-Mail ute.greifenstein@zoe-ekhn.de
43
S
chon das Straßenbild zeigt es: In der Großstadt
städte sind keine autonomen Gebilde, sondern vielfältig
Doch die Stadt ist auch Lebensraum für Familien. Annähernd
einer Gemeinde suche ich Gemeinschaft mit anderen
kommen unterschiedliche Lebensstile und Welt-
mit dem Umland vernetzt. Etwa bei der Debatte um
gleich ist die Zahl der Personen in der Stadt und auf dem
Christen.« Deshalb gibt es zwischen Stadt und Land auch
sichten zusammen. Pluralität ist daher ein erstes
Beiträge des Umlands zum kulturellen Angebot der Stadt
Land, die in Familien mit mindestens zwei Kindern leben.
nur minimale Unterschiede im Gemeindeverständnis. Dazu
Stichwort, mit dem sich städtisches Leben
Frankfurt wird deutlich, dass das Maß von Zusammen-
In den Großstädten sind das etwas weniger als ein Fünftel
gehört auf der einen Seite, Toleranz gegenüber dem
gehörigkeit und Solidarität unklar ist.
der EKHN-Mitglieder und damit unwesentlich weniger als
Fremden zu üben, aber auf der anderen Seite, in gleicher
auf dem Land.
Weise die Distanz zu den anders geprägten Mitmenschen
beschreiben lässt. Die Großstadt ist als Marktplatz der Ort
des wirtschaftlichen Tauschs und der sozialen Kommunikation. Als Kulturzentrum beherbergt sie Einrichtungen
Arm und Reich, Singles und Familien
wie Theater, Opern und Museen. Deren Einzugsgebiete
Privater Reichtum und private Armut, die freilich mit
Toleranz und Distanz
machen aber nicht an den Stadtgrenzen Halt. Auch Groß-
öffentlichen Geldern aufgefangen werden muss, gehen
In der Großstadt werden dicht nebeneinander ganz unter-
in den Gemeinden suchen, bildet sich in den Großstädten
weit auseinander. Frankfurt, Offenbach und Kassel haben
schiedliche Vorstellungen gelebt. Dies führt aber nicht
jedoch weniger aus der territorialen Einheit des Stadtteils
Ausgaben für die Sozialhilfe aufzubringen, die – bezogen
zum Zusammenbruch der sozialen Verhältnisse. Vielmehr
als vielmehr aus der Zugehörigkeit zu einem Milieu. Die
auf die Einwohnerzahlen – fast ein Drittel über dem
stellt das die Beteiligten vor die dauerhafte Aufgabe, ihr
Kirchengemeinden sind allerdings territorial verfasst und
Landesdurchschnitt liegen. Auf der anderen Seite liegt in
Leben bewusst und individuell zu gestalten und es mit
umfassen somit Menschen verschiedener Milieus. Damit
Frankfurt auch die Zahl der Personen, die über ein Ein-
Gleichgesinnten aus dem Großraum der Stadt zu ver-
kommt den Gemeinden eine wichtige integrative Funktion
Überblick
Seite 11
kommen von 125.000 Euro und mehr verfügen, um ein
netzen. Jeder Mensch in der Großstadt sucht sich das zu
zu, die aber gleichzeitig nur sehr schwer einzulösen ist,
Land
Seite 14
Drittel über dem Durchschnitt (Quelle: Hessisches
seinem Lebensstil passende Milieu. Gleichzeitig gilt es
denn die Milieus prägen sich immer weiter aus und schotten
Stadt
Seite 32
sich zunehmend gegeneinander ab.
Ballungsraum
Seite 58
Mit dem Ende des Dritten Reiches sind viele Menschen wieder
in die Kirche eingetreten. Von diesem hohen Niveau aus sank die
Zahl der Kirchen-Eintritte bis zur Akzeptanzkrise der Kirche Anfang
der 70er-Jahre ab. Seitdem steigt sie wieder an.
Die Veränderungen sind im großstädtischen Bereich am größten,
da hier die Suche nach geistlicher Orientierung schwieriger ist.
Das schließt auch das neuerlich wieder steigende Interesse an
Religion ein.
Statistisches Landesamt, 2003 und 2004).
In den Großstädten der EKHN ist der Anteil der
Kirchen-Eintritte
Mitglieder in Einpersonenhaushalten besonders hoch. Fast
4
[Zahl pro 1.000 Mitglieder]
3
Großstadt :
Stadt :
■ Ballungsraum :
■ Mittelwert :
■ Land :
■
2
■
1
0
1951
1970
2004
2,1
1,9
1,8
1,8
1,2
zu wahren.
auszuhalten und zu akzeptieren, dass in nächster Nähe
Die oben genannte Gemeinschaft, die Mitglieder
■
ganz andere Lebenskonzepte umgesetzt werden.
In einem Thema sind sich EKHN-Mitglieder in der
jeder Dritte der über 14-Jährigen wohnt alleine, das sind
Stadt und auf dem Land einig. In beiden Lebensbereichen
zweieinhalb Mal so viele wie in den ländlichen Regionen.
stimmen etwa die Hälfte der folgenden Aussage zu: »In
Kirche in der Großstadt
Wo Toleranz und Abgrenzung geübt werden
44
45
Weißfrauen-Diakoniekirche Frankfurt
»Neben der materiellen gibt es auch eine innere Armut«,
MENSCH zwischen Banken, Bahnhof
ergänzt Michael Frase, »und die betrifft keinesfalls nur
und Bordellen
die Besitzlosen.« Auch darauf soll die Kirche eine Antwort sein.
Weißfrauen-Diakoniekirche
Gerald Hintze
Weserstraße 5
60329 Frankfurt
Telefon (069) 271358125
E-Mail hintze@weser5.de
www.weser5.de
Menschen zueinander bringen
120 Menschen feierten an Heiligabend beim »Hirten-
Die Weißfrauen-Diakoniekirche liegt im Frankfurter Bahnhofsviertel. Hier leben Bänker,
Junkys, Obdachlose, Prostituierte und viele andere nebeneinander. Mittendrin steht die
Diakoniekirche. Sie ist ein Ort, an dem sich Arme und Reiche begegnen und wo sich
diakonische Arbeit und Spiritualität miteinander verbinden. Und sie zeigt, wie Kirchengebäude, die von Gemeinden nicht mehr genutzt werden, eine neue Funktion erhalten
können.
feuer« zusammen Gottesdienst, aßen und tranken, verbrachten die Nacht miteinander. »Es war eine Zeit der
Freude in einer Gegend, wo es oftmals bleiern zugeht«,
erinnert sich Frase. »Menschen saßen zusammen, die
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau (DWHN)
sonst nie in Kontakt kommen würden.« Das ist die Kernidee: Menschen zueinander bringen.
Mitglieder
Akzente setzte die Kirche auch in der Passions-
183 Rechtsträger mit 336 Einrichtungen und 21.324 Betten/Plätzen
zeit. Bei der Veranstaltungsreihe »Leiden und Leiden-
14 Vereine für Jugend- und Erwachsenenhilfe/Betreuungsvereine
schaft« legte der bekannte Frankfurter Radio-DJ Klaus
50 Dekanate der EKHN
247 Mitglieder des DWHN
Walter in der Kirche Soulmusik auf und neben vielen
M
Wohnsitzlosen erschienen so gut wie alle, die in der
Mitarbeiter/-innen
insgesamt rund 16.290 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter
ENSC H – der Schriftzug leuchtet von der
Anfang des Jahres an das Diakonische Werk Frankfurt
Frankfurter Club-Szene wichtig sind. In der Karwoche gab
Weißfrauenkirche hinein ins abendliche
(DW F ) übergeben. Es schuf mit der Weißfrauen-Diakonie-
es Mittagsgebete. Teilnehmer eines Alphabetisierungs-
Bahnhofsviertel. Die sechs Buchstaben
kirche ein gemeinsames Dach für Sozialarbeit und geist-
kurses sprachen darüber, was es für sie bedeutet, lesen
sind Überbleibsel aus dem Schriftzug
liches Leben, für Glaube und soziale Fragen. Dessen
zu können. Ein 40-Jähriger, der noch nie öffentlich vor-
[Arbeitsbereich]
[Einrichtungen]
»M. S C H NE IDE R «, der ein Frankfurter
Kurator ist nun Gerald Hintze, der bereits vorher im
gelesen hatte, trug einen Text vor und es machte nichts,
Krankenhilfe
15 Krankenhäuser
3.275
benachbarten Hilfezentrum W E S E R 5 tätig war. Dazu
dass es wie bei einem Erstklässler klang: »Das zeigt die
Jugendhilfe
36 stationäre Einrichtungen
1.157
Kaufhaus bis zu dessen Konkurs im Dezember 1998 zierte.
Der polnische Künstler Mirek Macke setzte die Neonbuch-
zählt auch seit fast zehn Jahren der Tagestreff des DWF
staben neu zusammen. »Es ist ein Orientierungspunkt,
für Wohnsitzlose im Untergeschoss der Kirche. »Nun trägt
der zeigt, wer bei uns im Mittelpunkt steht«, erklärt der
der Tagestreff im Untergeschoss im wahrsten Sinne des
Leiter des Diakonischen Werks Frankfurt, Dr. Michael Frase.
Wortes die Kirche im Obergeschoss«, empfindet Hintze.
»Mit der Umwandlung in eine Diakoniekirche
Einrichtungen
der Mitglieder des Diakonischen Werks
in Hessen und Nassau
vertrauensvolle Atmosphäre, die in der Kirche schon jetzt
herrscht«, betont Kurator Hintze.
[Betten/Plätze]
26 Tageseinrichtungen
967
1 Selbsthilfegruppe
30
21 Beratungsstellen
Unter dem Titel »last supper« (Abendmahl)
Familienhilfe
16 stationäre Einrichtungen
10
884
1 Tageseinrichtung
speisten dann am Gründonnerstag Wohnsitzlose sowie
23 Beratungsstellen
Vertreter von Wirtschaft, Banken und Kultur. Zwischen
Altenhilfe
Gemeinsames Dach für soziale und Glaubensfragen
konnten wir zwei Ziele gleichzeitig realisieren«, erklärt
den Menu-Gängen sprach jeder zehn Minuten über das,
Als sich die Gemeinde am Hauptbahnhof und die
die Vorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes
was ihm zum Thema Auferstehung einfiel. »Es war beein-
Matthäusgemeinde zur Hoffnungsgemeinde verbanden,
Esther Gebhardt: eine neue, sinnvolle Nutzung der Kirche
druckend, wie persönlich und offen alle von Scheitern
wurde die Weißfrauenkirche nicht mehr benötigt und
und eine für dieses spezielle Viertel angemessene Präsenz.
und Neuanfang sprachen«, erklärt Michael Frase. Unter-
23 stationäre Einrichtungen
2.085
15 Tageseinrichtungen
1.865
3 Beratungsstellen
Behindertenhilfe
24
24 stationäre Einrichtungen
2.075
16 Tageseinrichtungen
1.813
3 Beratungsstellen
nehmensberater Helmut von der Lahr erlebte »das
Hilfen für Personen
in besonderen sozialen
Schwierigkeiten
Abendmahl als immer noch Einheit stiftende Kultur-
16 stationäre Einrichtungen
Chiffre, Symbol für Gemeinschaft und Transzendenz«.
5 Tageseinrichtungen
Michael Heidler, der ohne Wohnung lebt, brachte den
2 Beratungsstellen
Ausbildung
Sinn des Abends auf den Punkt mit seiner Anregung,
Sonstige Einrichtungen
jeder solle abwechselnd Gast und Bedienung sein. Der
11 Ausbildungsstätten
24
432
20
1.347
6 stationäre Einrichtungen
387
1 Tageseinrichtung
75
10 weitere Einrichtungen
Funke hat gezündet. Das »last supper« möchte nun eine
von Bänkern gegründete Kulturinitiative als feste Reihe
Gesamt
336
81
21.324
etablieren.
Die Frage nach der Gerechtigkeit stellen
Immer steht die Frage nach sozialer Gerechtigkeit im
Raum. »Wenn wir gemeinsam Brot brechen, müssen wir
uns die Frage stellen, was in der heutigen Zeit teilen und
Finanziert werden die Angebote des DWHN durch Zuweisungen
der EKHN, Zuschüsse und Leistungsentgelte aus öffentlichen
Kassen sowie durch Erträge aus Sammlungen, Spenden und
Kollekten.
Für das Jahr 2004 betrug der Etat 50 Mio. Euro,
für das Jahr 2005 beträgt er 49 Mio. Euro.
satt werden bedeutet«, betont Michael Frase. Einen
Das DWHN gibt einen eigenen Jahresbericht heraus,
den Sie direkt anfordern können:
weiten Horizont dafür schafft das Seminar zur »Kultur
des Helfens in den Weltreligionen«, das die Diakonie in
Frankfurt mit dem Fachbereich Religionswissenschaft der
Universität veranstaltet. Dafür ist die Kirche, die mitten
im Leben steht, der richtige Ort.
■
46
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau e.V.
Ederstraße 12
60486 Frankfurt,
Telefon (069) 7947-0
E-Mail kontakt@dwhn.de
www.dwhn.de
47
Schnell, schnell!«, ruft Alena Soucková:
Was den Magen lächeln lässt
sofort in das Land reisen«, sagt Gisela Reichelt aus der
»Wo sind die Gabeln?« Aus dem Kochtopf
Seit 2002 wird einmal im Monat in der Darmstädter
Kochgruppe über die entstehende »sinnliche Neugier«,
hat sie eine ellenbogenlange Semmel-
Andreasgemeinde ein Essen aus einem anderen Land zu-
die sich aber auch in der Nachbarschaft befriedigen
knödel-Rolle gefischt, in die sie jetzt mit
bereitet. Original polnisch, iranisch, indisch, brasilianisch
lasse. Viele der Köche sehe man wieder, man unterhalte
der ihr gereichten Gabel immer wieder
und ghanaisch etwa wurde schon gegessen. »Wir wollen
sich auf der Straße oder in Geschäften. »Das schlägt
sticht. Dazu wippt sie mit den Füßen im raschen Takt,
bei uns lebende Menschen aus anderen Kulturkreisen
Wurzeln.«
was aussieht wie ein leichter Tanz. Seit dem frühen Morgen
besser kennen lernen«, sagt Pfarrerin Andrea Bauer, die
kocht sie zusammen mit Tochter Markéta tschechische
das Konzept ersonnen hat. Ihr war aufgefallen: In der
Ohren für die Tiefe eines Landes
Semmelknödel und Rindf leisch in Gemüsesahnesoße.
Kindertagesstätte laufen Mütter aus vielen Nationen an-
Knödel werden in den Saal getragen, nur gibt sie Köchin
einander vorbei. Sie wollte sie mit dem Essen besser
Markéta Soucková nicht frei, sondern zählt alle Be-
miteinander ins Gespräch bringen. Dies sei zwar nur teil-
schwerden auf, die in Karlsbad (Karlovy Vary) geheilt
weise gelungen, resümiert sie. Dafür haben aber viele
werden können. Aber jetzt: »Gesegneten Appetit!« Nach
andere die Chance zu internationalen Kontakten und
Knödelgenuss und vor dem alttschechischen
Erfahrungen genutzt. Mittlerweile kommen Gäste aus
Blechkuchen steht eine Frau auf und bringt die
dem ganzen Stadtgebiet. Zubereitet wird das Essen von
poetische Seite Tschechiens zum Vorschein. Aus dem
einer festen Gruppe, angeleitet von Menschen aus den
Kopf zitiert sie den Lyriker Jan Skácel: »Alles schmerzt
jeweiligen Herkunftsländern. Ein Kultur-Austausch, der
sich einmal durch bis auf den eignen Grund.« Die
zwischen Töpfen gelingt und dem Magen schmeichelt.
lautlose Aufmerksamkeit im Saal fühlt sich an wie ein
»Wir verzichten auf den moralischen Zeigefinger«, sagt
Beleg: Wer genießt, hat auch Ohren für die Tiefe eines
Mitstreiterin Christel Werner-Yeboah, die einen allein
Landes. »Und Angst vergeht«, klingt das Gedicht weiter.
problemorientierten Ansatz interkultureller Arbeit für
»Schön, die Scheune, die nach längst vergangenen
schwierig hält. »Der Funke muss überspringen.«
Ernten leer am Wegrand steht.«
■
Das gelingt nicht nur, wenn die Kochtöpfe brodeln.
Afrikanische Christen feiern in der Andreasgemeinde
regelmäßig Gottesdienste, ein kurdischer Kulturverein
trifft sich und Migrantenfamilien können in den Räumen
des Gemeindehauses Familienfeste feiern. Auch die Kindertagesstätte der Gemeinde hat sich auf etwa 30 Prozent
Eine Auswahl interkultureller Projekte
EKHN -Engagement zwischen den Kulturen
Kinder ausländischer Herkunft eingestellt und fördert sie.
Bewusst gelebte Nachbarschaft.
Der Interkulturelle Beauftragte der EKHN, Pfarrer Andreas
gemeinsamen Fortbildungsprojekt »Polizei und Fremde«,
Lipsch, vertritt die EKHN in Migrations- und Flüchtlings-
mit dem die interkulturelle Kompetenz der Grenzschutz-
Üppige Speisen
fragen bei Behörden, Ministerien und in zahlreichen
beamten am Frankfurter Flughafen gefördert wird.
Durch den Kirchsaal spielt sich sinfonisch »Die Moldau«
Gremien. Er koordiniert Flüchtlingsseelsorge sowie soziale
von Bedřich Smetana. »O, sind da viele Eier drin!«, staunt
Arbeit mit Migrantinnen und Migranten im Diakonischen
Treff in Mainz-Finthen unterstützt in einem Stadtteil mit
ein erster Gast über das Rezept, das auf den Tischen
Werk und fördert die interkulturelle Öffnung kirchlicher
engen Wohnverhältnissen und kinderreichen Familien mit
ausliegt. Doch selbst üppige Speisen lassen die bis zu
und diakonischer Einrichtungen. Ab November 2006
Migrationshintergrund Menschen bei Integration und
60 Besucher, die jeden Monat kommen, kaum träge
bietet er die Weiterbildungsreihe »Kompetenzen in der
Alltagsbewältigung.
werden. Denn zu jedem landestypischen Essen werden
Einwanderungsgesellschaft« an.
auch Musik, Lichtbilder, Geschichten oder Einblicke in
die politische Situation gereicht. »Am liebsten würde ich
Der Evangelische Regionalverband Frankfurt
bietet Beratung für Migrantinnen und Migranten an.
Dietmar Will, Pfarrer für Ökumene im Evange-
Das Interkulturelle Bürgerzentrum Katzenberg-
Zahlreiche Kirchengemeinden engagieren sich in
der Interkulturellen Woche, die sich 2005 zum 30. Mal
jährt.
In vielen Gemeindehäusern sind interkulturelle
lischen Dekanat Frankfurt Mitte-Ost, schlägt Brücken zu
Gruppen zu Hause. Der aus Kollektenmitteln finanzierte
Interkulturelles Essen in der Andreasgemeinde Darmstadt
den Gemeinden anderer Sprachen und Herkunft, weil auch
Fonds zur Überwindung von Fremdenfeindlichkeit fördert
Kultur-Austausch zwischen
Kochtöpfen
eine evangelische Kirche in der Einwanderungsgesell-
Projekte im Kirchengebiet, die das interkulturelle
schaft eine multikulturelle Kirche sein wird, zu der auch
Zusammenleben fördern.
Migranten gehören.
Das Evangelische Stadtjugendpfarramt in Frankfurt realisiert das Projekt »jugend-kultur-kirche sankt
peter«. Ab 2006 wird sie zur Vermittlung zwischen
In der Darmstädter Andreasgemeinde wird regelmäßig ein interkulturelles Mittagessen angeboten. Ehrenamtliche Köche bereiten
es zu und informieren dabei über ihr Land.
48
Kirchenkultur und Jugendkulturen, zu denen immer
stärker auch Migrationserfahrungen zählen, beitragen.
Jean-Félix Belinga Belinga, Beauftragter für
ökumenische Bildungsarbeit im Zentrum Ökumene der
EKHN, kooperiert mit dem Bundesgrenzschutz in dem
Weitere Informationen:
Interkultureller Beauftragter der EKHN und des DWHN
Pfarrer Andreas Lipsch
Ederstraße 12
60486 Frankfurt
Telefon (069) 7947226
E-Mail andreas.lipsch@dwhn.de
49
Evangelische Kindertagesstätte Wiesbaden-Klarenthal
Integration als roter Faden
Wie eine mächtige Betonwand steht der Wiesbadener Stadtteil Klarenthal vor den
grünen Taunusbergen. Hier in der Trabantenstadt hat sich die Evangelische Kirchengemeinde seit über 35 Jahren Integration auf ihre Fahnen geschrieben. Den Grundstein dafür legt die Kindertagesstätte.
ihre Gottesdienste damals in der katholischen »Notkirche«, einer Bretterbaracke, bevor 1972 der erste Bauabschnitt des Gemeindezentrums bezugsfertig war.
»Pionierzeit«, nennt Gemeindepfarrer Martin Fromme das
und ist beeindruckt, wie beherzt seine Vorgänger sich
den Herausforderungen stellten: Konf likte zwischen
Nationalitäten, gewaltbereite Jugendliche, Anonymität.
Schnell entwickelte sich eine engagierte Gemeinwesen-
Kindertagesstätte Wiesbaden-Klarenthal
arbeit, in der die beiden Kirchen zu treibenden Kräften
wurden: »Da waren zur rechten Zeit die rechten Leute
da«, sagt Fromme. Und das ist bis heute so geblieben.
Gemeindesekretärin Elisabeth Gensheimer verweist auf
den Dachverband Klarenthaler Vereinigungen, den
evangelische und katholische Kirche ins Leben riefen
und in dem alle Vereine zusammenarbeiten, etwa bei
gemeinsamen Sommerfesten oder internationalen
Kinder
Kita-Gruppen
Krippe
Erzieherinnen
■ davon Planstellen
■ davon gemäß Bedarf befristete
Projektstellen aus Landesmitteln ...
■ für Krippe
■ für Behindertenintegration
■ für Förderung von Migrationskindern
Hauswirtschaft und Reinigung
72
3
1
11 (8,706 Stellen)
5,856
2,2
0,35
0,3
3 (0,844 Stellen)
Kulturtagen. Oder die Stadtteilkonferenz, in der sich die
Sozialverbände vor Ort abstimmen. Sie sind aus der
knapp 10.000 Einwohner zählenden Siedlung seither
Was könnte denn da drin sein?« Claudia
Herbrecht-Franke holt ein Säckchen her-
nicht mehr wegzudenken.
Mit viel Einsatz machte man sich vor sechs Jahren
Leiterin und Kirchenvorstandsvorsitzende Dr. Sabine
vor und die Kinder tasten. »Eine Banane«,
auch an den Ausbau der evangelischen Kita. Heute gibt
Totsche und erläutert: »Das bedeutet gerade nicht, dass
ruft ein Mädchen sofort. Bei der Kiwi ist
es einen lichtdurchf luteten, freundlichen Rundbau,
wir uns abschotten, sondern uns dem Stadtteil und seinen
dann mehr Konzentration angesagt. »Ich
Ganztagsbetrieb und Mittagessen. Drei Elementar- sowie
Besonderheiten öffnen.« Monatlich besucht Pfarrer
glaube, es ist ein Obst, das hat eine braune Schale.« Die
eine Krippengruppe bietet die Einrichtung, in der 13
Fromme jede Gruppe und feiert mit den Kindern
Kinder sollen umschreiben, was sie vermuten. Denn wie
Mitarbeiterinnen insgesamt 72 Jungen und Mädchen
Gottesdienst. Im Gemeindeleben ist die Kita stark
mehrmals in der Woche steht Sprachförderung auf dem
betreuen. Watermann lobt den Kirchenvorstand, der mit
präsent, zum Beispiel beim Erntedank-Gottesdienst oder
Programm. »Das schafft die Grundlage, auch alles andere
seinem Engagement einen deutlichen Akzent für eine
bei Festen. Biblische Geschichten erarbeiten die
besser zu lernen«, sagt die Sprachheilpädagogin und
offene, auf den Stadtteil bezogene Gemeindearbeit
Erzieherinnen mit den Kindern durch Malen, Basteln
macht sich akribisch Notizen über die Fortschritte der
gesetzt habe: In einer Zeit, in der die Landeskirche aus
oder Schattenspiel. »Wir beten auch miteinander«, sagt
einzelnen Kinder bei Satzbildung und Begriffsverständnis.
finanziellen Gründen keine neuen Bauvorhaben förderte,
Watermann, »die Kinder erleben im Alltag mit, was
schaffte es die Gemeinde, die finanziellen Mittel für den
Christ-Sein bedeutet und welche Werte damit
Zur rechten Zeit am rechten Ort
Eigenanteil aus eigener Kraft aufzubringen. Und hatte
zusammenhängen.« Der besondere Umgang miteinander
Fast zwei Drittel aller Mädchen und Jungen in der Kinder-
schließlich einen weiteren Erfolg: Eine Krippengruppe
schließlich präge eine Atmosphäre, die auch Eltern
tagesstätte (Kita) haben einen Migrationshintergrund.
entstand durch Mittel aus der »Offensive für Familien«
anderer Religionszugehörigkeit schätzten.
Die meisten stammen aus Osteuropa und der Türkei: Ins-
des Landes Hessen.
gesamt treffen neun Nationalitäten aufeinander. »Ein
50
den Eltern schon im Aufnahmegespräch klar«, betont die
Und um die aktiv zu beteiligen, lassen sich die
Klarenthaler einiges einfallen. Zum Beispiel inter-
ziemlich exaktes Abbild der Bevölkerung im Stadtteil«,
Evangelisches Profil prägt Atmosphäre
nationale Backtage, bei denen Mütter ihre Spezialitäten
weiß Leiterin Astrid Watermann. Mitte der 60er-Jahre
Kindertagesstätte, Gemeindezentrum und Kirchenraum
kreieren und sie anschließend zugunsten der Kita ver-
entstanden hier die ersten Hochhäuser mit vielen Sozial-
sind ein Baukomplex. Und das ist kein Zufall: »Wir haben
kaufen. »Da kommen viele, die sich sonst nie auf einem
wohnungen. Die evangelische Kirchengemeinde feierte
ganz bewusst ein evangelisches Profil – das mache ich
Elternabend sehen lassen«, weiß Erzieherin Elvira Kromer,
51
die viel zur sozialen Bindung beiträgt. Sie selbst stammt
Soziale Projekte in Offenbach
aus Kasachstan und nimmt vielen russischen Eltern mit
In der Stadt der Kontraste
Sprachproblemen die Schwellenangst.
Die Mischung macht’s
Das Gemeindehaus der französisch-reformierten Kirche in der Offenbacher Innenstadt ist
ein barockes Kleinod. In der kalten Jahreszeit wird aus dem protestantischen Kirchengebäude für zwei Wochen eine Kantine für alle, die es bitter nötig haben. Seit über einem
Dutzend Jahren ist das so – von Anfang an finanziert allein durch Spenden und organisiert
von ehrenamtlich Engagierten.
Eine Herausforderung für alle Erzieherinnen ist die bunte
Mischung der Kinder. Da sich um die Hochhäuser immer
mehr Reihenhäuser angesiedelt haben, treffen Kinder
aus Problemfamilien auf typische Mittelschichtkinder.
»Unsere besondere Aufgabe ist es, die verschiedenen
Voraussetzungen zu berücksichtigen, kein Kind zu überfordern, aber auch keines zu langweilen«, betont Watermann. Diesen Spagat schaffe man nur durch intensive
Tageseinrichtungen für Kinder in der EKHN
Zuwendung und persönliches Engagement. Ein teiloffenes Konzept hilft dabei: Nach einem kurzen Treffen
Kindertagesstätten
Kindergartengruppen
Kindergartenplätze
ca. 620
ca. 1.800
ca. 40.000
in den jeweiligen Gruppen können sich die Kinder am
an den Lippen der Vorleserin und blickt interessiert auf
I
die Illustrationen. In den letzten Jahren hat die Kita
schon Zeiten erlebt, in denen er aus purer Not Zahnpasta
zahlreiche zweisprachige Bücher angeschafft. »Wir wollen
auf blanke Brotscheiben schmierte. Frühstück mit
jetzt mehr Eltern gewinnen, die den Kindern auf Türkisch
Marmelade, ein warmes Mittagessen oder Wurst am
oder Arabisch vorlesen«, erklärt Herbrecht-Franke. Die
Abend: »Das war Luxus.« Doch dem Arbeitssuchenden
Erzieherinnen stellen immer wieder fest, dass es in
geht es nicht nur darum, sich den Magen für den
manchen Familien so gut wie kein Buch gibt. Gerne leihen
obligatorischen Unkostenbeitrag von einem Euro voll zu
sie daher auch nach Hause aus. Einmal in der Woche
schlagen. Er sagt: »Hier kann ich auch mal meine Sorgen
kommt zudem eine Leseoma ins Haus. Für Fromme ein
loswerden.«
Vormittag frei in den Räumen bewegen und verschiedene
Angebote nutzen. Jeweils betreut von einer Erzieherin
Beschäftigte in Kindertagesstätten
Vollzeit
ca. 2.400
gibt es zum Beispiel einen Turnraum, einen Kreativ-,
Teilzeit
ca. 3.300
Sinnes-, Bau- und Spielraum oder einen Rollenspielbereich.
insgesamt
ca. 5.700
Evangelische Kindertagesstätten stehen allen Kindern offen.
Der Bedarf an längeren Betreuungszeiten einschließlich Mittagessen steigt seit Jahren an. Deshalb wird in Absprache mit den
Kommunen das Angebot erweitert.
Finanzierung der Kindertagesstätten ...
... in Rheinland-Pfalz ist die Finanzierung der Kindertagesstätten
gesetzlich geregelt. Von den Personalkosten (ca. 85 % der Gesamtkosten) tragen
Gemeinden angeschlossen und öffnen von
November bis März ihre Pforten reihum für
spezielle Gäste. Mike S. ist einer von ihnen und
heilfroh, dass es die Initiative der Kirchen gibt.
Der Offenbacher, der wieder einmal auf Jobsuche ist, hat
■
der Träger (Zuweisung der EKHN)
■
die Eltern
17,5 %
wichtiger Schnittpunkt mit einem anderen Teil der
■
das Land
27,5 %
Gemeindearbeit: »Wir haben hier drei Altenwohnanlagen
Wärme« ist Programm. Natürlich gibt es Essen, das von
mit Menschen, die noch sehr aktiv sind und nicht bloß
Bäckerbetrieben weitgehend kostenlos geliefert wird
Kaffeetrinken wollen.« Der Pfarrer möchte in Zukunft
oder von einem nahe gelegenen Luxushotel schon einmal
noch mehr junge Alte motivieren, sich in der Gemeinde
gegen eine schliche Spendenquittung zubereitet wird.
das Jugendamt des Kreises
(zusammen mit der jeweiligen Kommunalgemeinde
und je nach deren Finanzkraft)
oder der kreisfreien Stadt
10,0 %
In der Leseecke hängt eine Schar Kinder gebannt
nzwischen haben sich zehn weitere christliche
■
45,0 %
Die Sachkosten einschließlich Verwaltung trägt die EKHN.
Große Maßnahmen der Bauunterhaltung werden jeweils mit den
Kommunen verhandelt.
... in Hessen gibt es keine klare gesetzliche Regelung.
Der Zuschuss des Landes ist seit 1994 eingefroren und damit auf
3 – 4 % der durchschnittlichen laufenden Betriebskosten
gesunken.
Die EKHN hat sich auf die Übernahme von 15 % der laufenden
Kosten festgelegt. Die Kommunen tragen hiervon 50 – 60 %.
Sie legen, nach Möglichkeit im Einvernehmen mit der EKHN, den
Elternanteil fest, in der Regel 20 – 25 %.
Die Kosten für die Fachberatung werden überwiegend noch von der
Kirche allein getragen.
Maßnahmen zur Integration behinderter Kinder fördern das Land
mit 1.534 Euro und der Kreis über den Landeswohlfahrtsverband
mit 15.339 Euro pro Jahr. Das deckt in der Regel die Personalkosten einer jüngeren Mitarbeiterin.
In einer Verordnung hat das Land Hessen den Mindestpersonalschlüssel auf 1,5 Stellen pro Gruppe inklusive Nebenzeiten wie
Vorbereitung und Leitungsaufgaben festgelegt.
Die EKHN beharrt darauf, die Nebenzeiten additiv zu berechnen.
Das führt zu einem Personalschlüssel von bis zu 1,75 Stellen pro
Gruppe.
Die Gesamtausgaben ohne Baumaßnahmen betragen
ca. 170 Mio. Euro – davon 29,7 Mio. Euro aus dem Haushalt der
EKHN.
52
Der Name der kirchlichen Hilfsaktion »Essen und
zu engagieren. »Öffnung für den Stadtteil ist Teil unseres
theologischen Auftrages, die Kita legt den Grundstein
dafür und sie reicht bis zu offenen Angeboten für
Senioren verschiedener Herkunft«, resümiert er. Und so
setzt sich das, was bei den Jüngsten beginnt, in anderen
Bereichen der 2.600 Mitglieder zählenden Gemeinde fort.
Evangelische Kirchengemeinde Klarenthal
Graf-von-Galen-Straße 32
65197 Wiesbaden
Telefon (0611) 465662
E-Mail ev.wieklar@web.de
www.evangelische-kircheklarenthal.de
Und natürlich sind die Räume im Winter wohlig warm.
»Aber uns geht es eben nicht nur um Heizkörper, sondern
auch um psychische Wärme«, sagt Pfarrer und Mitinitiator Günther Krämer. Für ihn gehört die Betreuung
Bedürftiger ganz selbstverständlich zu den kirchlichen
Dass die christlichen Gemeinden der Stadt am Main mehr
Aufgaben: »Wir können doch nicht nur Nächstenliebe
denn je gefordert sind, ist ihnen spätestens im ver-
predigen, sondern müssen auch etwas tun.«
gangenen Winter klar geworden, denn da hatten sie so
Entscheidende Lebensbegleitung
viele Gäste wie nie zuvor. Zum einen sind sie stolz darauf,
Zum Beispiel im KU4, einer Art Vorkonfirmanden-Unter-
dass die ehrenamtlich Engagierten an 133 Tagen über
richt, bei dem die Klarenthaler die Kinder der vierten
10.000 Mittagessen ausgegeben, 40.000 Brotscheiben
Klassen vor dem Schulwechsel einladen, sich ein Jahr
geschmiert und 5.000 Liter Kaffee gekocht haben. Doch
lang regelmäßig zu treffen. Sabine Sari, die ehrenamtlich
die steigende Zahl bedrückt sie auch, bilanziert Franz-
mitarbeitet, erklärt: »Wir möchten die Mädchen und
Josef Koch von der beteiligten altkatholischen Kirche
Jungen an entscheidenden Punkten ihres Lebens be-
nachdenklich. Und Maria Bedel von der Gemeinde Sankt
gleiten.« Bei Events wie Lesenacht, Bowling oder einem
Paul ergänzt: »Mir ist aufgefallen, wie viele Alte und
Besuch des Frankfurter Flughafens soll Gemeinschaft
Alleinerziehende mit Kindern an den Tischen saßen.« Die
wachsen. »Das ist oft nicht einfach, aber genau hier setzen
Hilfsinitiative ist auch ein Spiegel der Gesellschaft, die
wir das Konzept unserer Kita fort.«
sich derzeit rasant wandelt.
■
53
Das Kreuz der Arbeitslosigkeit
zu Betrieb, Klinken putzen«. Und siehe da: Handwerks-
erinnert sich Harzke. In Zusammenarbeit mit der Stadt
Die Arbeitslosigkeit in Offenbach erhöhte sich in kaum
betriebe mit türkischen Geschäftsinhabern und große
wurden verschiedene Gespräche zwischen deutschen
vier Jahren um fast ein Drittel; die Quote pendelte sich in
Unternehmen bis zur Deutschen Bank öffnen sich
Anwohnern und muslimischen Gläubigen initiiert sowie
der City bei über 14 Prozent ein. Von den rund 120.000
plötzlich den vermeintlich Chancenlosen. Für Aufsehen
Infoabende veranstaltet. Ziel und Hoffnung ist es, dass
Einwohnern sind kaum mehr als ein Viertel evangelisch –
sorgte Harzke mit einer weiteren Aktion, dem »Kreuz der
die Alteingesessenen Vorurteile abbauen und die Neu-
Tendenz fallend. Dagegen sind 30 Prozent der Männer
Arbeitslosigkeit«. Ein soziales Bündnis unter Beteiligung
bürger mehr Verständnis für die Befürchtungen der
und Frauen Migranten – Tendenz steigend. Und auch
der Kirchen wollte Betroffenen ein Ventil für ihren Unmut
Nachbarn entwickeln. Derzeit träumt Harzke davon, dass
sonst verändert sich die Stadt dramatisch, verdichten sich
bieten. Das über zwei Meter große Holzkreuz stand vor
Vertreter aller Religionen der Stadt – von A wie Aleviten
in ihr soziale, kulturelle und religiöse Herausforderungen
der Stadtkirche. Jeder und jede konnte dort auf einem
bis Z wie Zen-Buddhisten – ein »Manifest des guten
wie kaum sonst in Hessen. Anja Harzke ist überzeugt:
Zettel sein Anliegen, seine Sorge und seine Wut ans Kreuz
Willens« unterzeichnen und damit ihre Bereitschaft zum
»Die kirchliche Arbeit hier ist ein Experimentierfeld für
heften, die später in einem Gottesdienst aufgegriffen
friedlichen Miteinander bekennen. Doch bis es so weit
die Zukunft.« Was der Pfarrerin mit einem Spezialauftrag
wurden. Und viele taten das. »Auf so ein Zeichen der
ist, wartet auf Anja Harzke und ihre halbe Stelle noch
für Ökumene und gesellschaftliche Verantwortung in
Kirchen hatten viele gewartet«, erinnert sich die Theologin.
jede Menge Arbeit.
Für den langjährigen Bürgermeister der Stadt,
Offenbach gelingt, hat auch anderswo Perspektiven. Zum
Beispiel das Eintreten für Ausbildungs- und Arbeits-
Deutsche und Muslime an einem Tisch
Gerhard Grandke, sind die Aktivitäten der evangelischen
plätze. Zusammen mit der kommunalen Jugendhilfe hat
Zeichen setzt die evangelische Expertin für Soziales und
Kirche eine »tragende Säule des gemeinnützigen Engage-
sie ein Patenprojekt zur Lehrstellensuche initiiert. Der
Multikulturelles auch in der Zusammenarbeit mit anderen
ments«. Sein Resümee: Ohne die Kirchen wäre Offenbach
Auslöser ist die Erfahrung, dass es derzeit komplette
Religionen. Als im Osten der Stadt eine neue Moschee
ärmer dran. Das gelte für die Aktion »Essen und Wärme«,
Hauptschulklassen gibt, »in denen nicht ein Einziger
gebaut werden sollte, zwischen Wohnhäusern und
einen Ausbildungsplatz sicher hat«, so Harzke. Berufs-
Industriegebiet, brachte sie die Idee des Runden Tisches
tätige mit jahrzehntelanger Erfahrung im Job oder
auf den Weg. »Da schlugen die Wellen schon sehr hoch«,
quirlige Pensionäre nehmen dabei Schulabgänger mit
düsteren Berufsaussichten bei der Hand, geben ihnen
Bewerbungstipps oder gehen »ganz einfach von Betrieb
die schon vor über einem Jahrzehnt die höchste städtische
Dekanat Offenbach
Schwerpunkte
■ Profil der evangelischen Kirche in der Stadt
■ interreligiöser/interkultureller Dialog
Projekte der Dekanatssynode
■ Kinder- und Jugendkirche
■ Kirchenladen/-café mit Eintrittsstelle
Auszeichnung für soziales Engagement erhielt. Dies sei
aber auch bei der Arbeit von Anja Harzke der Fall: »In
einer Stadt wie Offenbach, wo viele Ethnien und Glaubensrichtungen zu Hause sind, ist das ein besonders wichtiger
Beitrag für das friedvolle Zusammenleben in gegenseitiger Akzeptanz«, sagt Grandke. Und das gelte nicht
zuletzt auch für die Kultur, in der die evangelische Kirche
Menschen und Aufgaben
■ Dekanat:
15 Gemeinden
1 Dekanin
1 Verwaltungsangestellte (50 %)
Enge Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen
Kirchengemeindeverband mit 14 Gemeinden, Träger der Kitas,
eines Altenheims und der Diakoniestation
■ Kirchenmusik:
1 Dekanatskirchenmusiker mit A-Stelle (Schwerpunkte:
Kinderchor, Offenbacher Kammerchor, Orgel-Ausbildung)
2 Kirchenmusiker (je 50 % auf einer B-Stelle)
■ Dekanatsjugend:
2 Pädagogen (je 50 %)
1 Verwaltungsangestellte (50 %)
■ Altenheimseelsorge:
1 Pfarrer
2 pädagogische Mitarbeitende (je 50 %)
■ Krankenhausseelsorge:
3 Pfarrer/-innen (auf 2 Stellen)
1 Gemeindepädagogin
■ Geistig-Behinderten-Seelsorge:
1 Pfarrer
1 Verwaltungsangestellte (25 %)
■ Gehörlosenseelsorge:
1 Pfarrer
1 Verwaltungsangestellte (25 %)
■ Gemeindepädagogischer Dienst:
4 Pädagog(inn)en (gesamt 275 %)
(Vernetzung der Kinder- und Jugendprojekte in den Gemeinden,
Kooperation mit Schulen)
■ Profilstelle Mission und Ökumene und Gesellschaftliche
Verantwortung:
1 Pfarrerin (50 %)
■ Fachstelle Erwachsenenbildung und Diakonisches Werk:
in Kooperation mit den Dekanaten Rodgau und Dreieich
■ Offene Stadtkirchenarbeit an der Stadtkirchengemeinde
angebunden:
derzeit vakant (50 %)
angesichts schmelzender städtischer Budgets neue Akzente
setze.
Hort der Kultur
Tatsächlich bringt Dekanatskantor Tobias Koriath das
kleine Kunststück fertig, die oft spärlich besetzten
Kirchenbänke mit Besuchern gut zu füllen. Bei mitunter
hochkarätigen Auftritten von Offenbachs oberstem
Kirchenmusiker mit Chören, Orchestern oder Orgelstücken wandelt sich das Kirchenschiff zum Konzertsaal.
»Spätestens seitdem hier das Stadttheater geschlossen
ist, zieht es auch sonst viele in die Kirchen«, ist die
Erfahrung des 27 Jahre alten Musikers. Die Kirchen
werden zum Hort der Kultur. Was die Stadt unterstützt –
nicht nur mit warmen Worten, sondern auch mit dem
einen oder anderen warmen Geldsegen. Dennoch »bleibt
Offenbach ein bodenständiges Pf laster«, ist Koriath
überzeugt: »Das ganze Künstlergehabe interessiert hier
niemanden.« Was zählt, ist solide Qualität. Der Einkauf
von teuren Solisten oder gar Opernstars zur Verstärkung
des eigenen Ensembles verbietet sich von selbst. Und so
setzt Koriath lieber auf kleinere Werke, die er mit Niveau
aufführen kann. Für Koriath spielt die Musik ohnehin vor
allem im Gottesdienst.
■
54
55
Evangelisches Dekanat Mainz
Kirchenmitglieder zählt. Doppelstrukturen verschwanden
hochwertige Pf lege geleistet werden kann, ist den
Ein Netzwerk über die ganze Stadt
und in der Dekanatssynode setzte ein Generationen-
engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ver-
wechsel ein.
danken, die unter den schwierigen Bedingungen heutiger
Krankenpf lege unter immensem Kostendruck großen
Kirche mittendrin
Wo der Dom unumstrittenes Wahrzeichen ist, kann die evangelische Kirche immerhin auf
über 200 Jahre Tradition zurückblicken. Zum heutigen Profil der evangelischen Kirche
in Mainz gehören nicht nur die 22 Kirchengemeinden, sondern auch vielfältige regionale
Dienste, die das Dekanat koordiniert – Vielfalt der evangelischen Kirche in der Stadt.
persönlichen Einsatz zeigen.
»Eine unserer traditionellen Besonderheiten ist die gute
Verzahnung von Gemeindearbeit und anderen kirchlichen
Profil weiter schärfen
Diensten«, betont Jens Böhm, seit einem Jahr hauptamt-
Birgit Pfeiffer liegt eine weitere »Stärkung in spiritueller
licher Dekan. Das Dekanat hat 31 übergemeindliche
Hinsicht« am Herzen. Gute Zusammenarbeit mit den
Pfarrstellen, darunter 14 Schulpfarrer, mehr als jedes
Gemeinden sei dafür unabdingbar. Zum Beispiel mit der
andere Dekanat in Hessen-Nassau. »Das hat mit unserer
Christuskirche, die durch ihre gewaltige Kuppel die
besonderen Situation zu tun«, erklärt Dekan Jens Böhm.
Silhouette der Stadt neben dem Dom mitprägt. Hier
Bereits in den 70er-Jahren habe eine Vielzahl von kirch-
finden die monatlichen Universitätsgottesdienste statt,
lichen Einrichtungen außerhalb der Gemeinden die
die oftmals um die 400 Menschen anziehen. Sie ist auch
Arbeit aufgenommen, um auf gesellschaftliche Probleme
der Ort für regelmäßige Kultur-Events. Zum Beispiel fand
und Herausforderungen zu reagieren.
eine Ausstellung von Werken des weltberühmten
»Die Menschen in Mainz nehmen das Dekanat als
Künstlers Ernst Barlach statt. »Wir möchten, dass die
etwas Konkretes und Lebendiges wahr und nicht bloß als
Kirchengemeinden das Besondere ihrer jeweiligen Bau-
Verwaltungseinheit«, freut sich Gregor Ziorkewicz von
werke und Orte herausstellen und so das eigene Profil
der Evangelischen Öffentlichkeitsarbeit Rheinhessen.
schärfen«, erklärt Böhm und nennt weitere Beispiele:
Das liegt nicht zuletzt an der günstigen Lage des Hauses
St. Johannis in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom
der Kirche im Zentrum der Stadt. In der Kaiserstraße
hat einen kirchenmusikalischen Schwerpunkt mit Orgel-
beherbergt es neben den Geschäftsräumen des Dekanats
musik und Konzerten der Kantorei. Eine offene Kirche
verschiedene Angebote unter einem Dach und ist Anlauf-
lädt darüber hinaus zur Einkehr ein. Und in der Alt-
stelle für eine Vielzahl von Menschen. Etwa für Jugend-
münstergemeinde, in der 1802 der erste evangelische
liche der umliegenden Schulen, die im Café Pause des
Gottesdienst in Mainz stattfand, möchte der Dekan in
Stadtjugendpfarramts Freistunden verbringen und dort
Kooperation mit der Johannes-Gutenberg-Universität
kompetente Ansprechpartner finden. Oder für Eltern, die
einen regelmäßigen Festgottesdienst zum Reformations-
Hilfe und Rat bei der Evangelischen Erziehungsberatungs-
tag etablieren. »All das prägt ein eigenes evangelisches
stelle suchen. Kunstfreunde kommen in der Kleinst-
Profil in Mainz.« Dazu gehört auch »dass von unserer
Galerie K35 auf ihre Kosten. »Was heute als ›Citykirchen-
Seite bei offiziellen Anlässen neben den Ordinierten
arbeit‹ in vielen Städten zu wachsen beginnt, ist hier bereits
immer auch Ehrenamtliche als Amtsinhaber auftreten.
selbstverständlich«, weiß Böhm.
Das nimmt die Öffentlichkeit sehr bewusst wahr.«
■
Evangelisches Dekanat Mainz
Kaiserstraße 37
55116 Mainz
Telefon (06131) 96004-0
www.dike.de/rheinhessen/
dekanate/mainz
Evangelisches Dekanat Mainz
A
ls im Jahre 1802 beherzte Bürger im
katholischen Mainz die erste evangelische
Gemeinde gründeten, war das der Startschuss für eine neue Kirche von unten, die
sich rasant entwickelte. »Heute sind wir
schon wieder im Aufbruch«, erklärt Dr. Birgit Pfeiffer,
seit 2004 neue Vorsitzende der Synode, und meint
damit die gewichtigen Umstrukturierungen, die 2004
im evangelischen Mainz stattfanden. Dabei wurden die
Dekanatsstrukturreform umgesetzt und die Verwaltung
der Mainzer Gesamtgemeinde von der Regionalverwaltung
Rheinhessen übernommen. Gesamtgemeindliche
Immobilien und die Trägerschaft von evangelischen
Einrichtungen in Mainz gingen in die Verantwortung des
Dekanats über, das heute rund 50.000 evangelische
56
Zum evangelischen Dekanat Mainz gehören rund
■ 50.000 Gemeindemitglieder
■ 22 Kirchengemeinden
■ 13 Kindergärten
■ 33 Pfarrer/-innen in Gemeinden
■ 31 Pfarrer/-innen in Sonderpfarrämtern
■ 240 hauptamtliche Mitarbeiter/-innen
■ 170 nebenamtliche Mitarbeiter/-innen
■ 28 Honorarkräfte – Organist(inn)en,
Leiter(inn)en von Gemeindechören
■ 1.700 ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen
Zu den Einrichtungen im Dekanat zählen unter anderem:
Altenheim Martinsstift
■ Café Pause: Treffpunkt für Schüler/-innen
■ Erwachsenen- und Familienbildung
■ psychologische Lebensberatung
■ Flüchtlingshilfe
■ Heinrich-Egli-Haus für Nichtsesshafte
■ Johanniter-Unfall-Hilfe
■ Katzenbergtreff/Stadtteilinitiative
mit Migrantenberatung des Diakonischen Werks
■ Nichtsesshaftenhilfe
■ Öffentlichkeitsarbeit
■ Schwangerenberatung des DW
■ Sozialstation
■ Stadtkirchenarbeit
■ Stadtjugendpfarramt
■ Wohnstätte für Schwerstbehinderte
■
Selbstbewusst-gelassen
Die Tatsache, dass der Dom für die Katholiken eine
besondere Ausstrahlung besitzt, habe mit dafür gesorgt,
dass »erkennbare kirchliche Orte in der City« auch für
evangelische Christen wichtig seien, erklärt der Kirchen-
EKHN-Mitarbeiter/-innen
mann und rückt die Verhältnisse gerade: »Wir leben hier
keinesfalls in einer Diaspora. Den 36 Prozent Katholiken
Beschäftigte außer Pfarrdienst
18.732
davon mit mehr als einer halben Stelle
10.016
stehen immerhin 28 Prozent evangelische Gemeinde-
davon
mitglieder gegenüber.« Das Klima zwischen den beiden
Erzieher/-innen
4.564
großen Kirchen bezeichnet Gregor Ziorkewicz als »äußerst
Sekretariat/Sachbearbeitung
1.423
entspannt und freundlich«. Allgemein herrsche in der
Krankenpflegeberufe
695
Gemeinde-/Sozialpädagogik, Sozialarbeit
746
Stadt eine »selbstbewusst-gelassene« Mentalität von
Hauswirtschaft
425
»Leben und Leben lassen«, die während der französischen
Reinigungskräfte
463
Besatzungszeit entstanden sei. Kirchlichen Anliegen
Küster/-innen und Hausmeister/-innen
278
Kirchenmusiker/-innen
166
wird in Mainz traditionell eine große Aufmerksamkeit
andere Berufe
1.256
entgegengebracht.
Große Bedeutung gerade für die älteren Bewohner
der City hat die evangelische Sozialstation. Zwischen
120 und 150 Patienten versorgt das Team aus 30 Kranken-
Pfarrdienst
Pfarrstellen insgesamt
davon Gemeinde-Pfarrstellen
1.579,63
1.145
und Altenpf legekräften ambulant. Dass eine qualitativ
57
Z
um Ballungsraum Rhein-Main werden weit über
Mit der Wanderungsbewegung wandelten sich auch Sozial-
Überall nahezu gleich ist das Interesse an einem Gespräch
zwei Millionen Menschen gezählt. Sie leben in
struktur und Raumnutzung. So stieg allein zwischen 1961
über religiöse Themen und mit der Kirche. Ob dieses aber
Überblick
Seite 11
Großstädten, Kleinstädten und Dörfern. Hier ver-
und 1970 der Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungs-
zustande kommt, hängt insbesondere im Umland der
Land
Seite 14
mischen sich alle Lebensentwürfe. Jeder Einzelne
sektor im Main-Taunus-Kreis und im Landkreis Offenbach
Großstädte in hohem Maße davon ab, ob man jemanden
Stadt
Seite 32
kennt, der in der Kirche engagiert ist. Dies ist ein ent-
Großstadt
Seite 44
ist permanent genötigt, sich neu zu überdenken und seine
Die Zahl der Austritte zeigt zu den drei gewählten Zeitpunkten
einen kontinuierlichen Anstieg für die Großstadt und den
Ballungsraum.
Demgegenüber ist sie im ländlich-kleinstädtischen Bereich deutlich
niedriger und hat einen anderen Verlauf. Sie ist dort zunächst bis zur
68er-Revolte sogar rückläufig und steigt erst Anfang der 70er-Jahre
auf wesentlich niedrigerem Niveau als in Großstadt und
Ballungsraum an. Darin spiegelt sich der negative Einfluss der Verstädterung auf die Kirchenbindung wider.
Die Reduzierung auf die drei Zeitpunkte zeigt zwar die Langfristwirkung, sie verdeckt allerdings die erheblichen Schwankungen der
Austrittszahlen. Anfang der 70er- und Anfang der 90er-Jahre stiegen
die Austrittszahlen jeweils stark, um dann wieder deutlich abzusinken.
entsteht aus der Abgrenzung zu benachbarten Lebens-
Persönliche Ansprechpartner schaffen den Kirchen-
und dort einen weit verzweigten Bekanntenkreis hat, ver-
entwürfen und im Suchen nach dem persönlichen Milieu.
kontakt
fügt also über sehr viel bessere Zugangschancen zur
Der Ballungsraum ist erst durch die wirtschaft-
Die unterschiedlichen Lebensweisen haben erhebliche
Kirche als Mitglieder, die nicht gut integriert sind, etwa
Auswirkungen auf Alltagsorientierungen und Kirchen-
weil sie neu zugezogen oder selten zu Hause sind.
Krieg entstanden, als sich die Stadtregion in das Umland
bindung der Bewohner. So gibt nach einer Umfrage unter
ausgedehnt hat. Zwischen den Volkszählungen der Jahre
den Mitgliedern der EKHN nur jeder Dritte der Berufs-
also, kommunikative Netzwerke aufzubauen und möglichst
1961 und 1970 erhöhte sich die Zahl der Einwohner im
tätigen mit längerem Arbeitsweg an, eine überdurch-
viele ihrer Mitglieder in diese zu integrieren. Eine Schlüssel-
Bundesland Hessen nur um 11,8 Prozent, im Main-Taunus-
schnittliche Kirchenbindung zu haben. Unter den Nicht-
kompetenz haben dabei Laien, die in überzeugender Weise
Kreis jedoch um 45,7 Prozent und im Landkreis Offenbach
berufstätigen sagen das fast zwei Drittel und damit fast
ihre Zugehörigkeit zur Kirche öffentlich machen.
um 66,1 Prozent. Das damalige Dekanat Offenbach sah
doppelt so viele. Entsprechend groß sind in den Umland-
das als Chance zur Expansion der evangelischen Kirche im
gemeinden die Unterschiede in der Austrittsbereitschaft.
katholisch geprägten Rodgau. So heißt es im Dekanats-
Unter den in ihrem Wohnort integrierten Mitgliedern gibt
[Zahl pro 1.000 Mitglieder]
bericht des Jahres 1964: »Es wird nicht lange dauern
nur jeder Zehnte an, schon mehrfach daran gedacht zu
Ballungsraum : 12,2
und die einstigen katholischen Dörfer mit zusammen
haben, die EKHN zu verlassen. Unter den übrigen Mit-
5.000 Einwohnern werden alles andere als eine evangelische
gliedern sagt dies jeder Vierte. Bemerkenswert unter-
Diaspora sein. Das heißt für uns, daß in jedem Ort ein neues
schiedlich sind auch die persönlichen Zugänge zur Kirche.
■
10
Großstadt :
■ Mittelwert :
■
8,6
7,4
5
Aufgabe und Chance der Kirchengemeinden ist es
■
kirchliches Zentrum geplant werden muß.«
■
0
1951
scheidender Faktor. Wer an seinem Wohnort integriert ist
lichen und gesellschaftlichen Veränderungen nach dem
Kirchen-Austritte
15
um zwei Drittel.
gesellschaftliche Zugehörigkeit zu klären. Individualität
■
1970
2004
Land :
Stadt :
2,7
2,5
Kirche im Ballungsraum
Wo alles eng beieinander liegt
58
59
Ehrenamtliches Engagement
Friedensgemeinde Mühlheim-Dietesheim [Kreis Offenbach]
Das öffentliche Leben mitgestalten
Die Friedensgemeinde Mühlheim-Dietesheim steht für ein offenes Gemeindekonzept, in dem Kunst, Kommunikation und Computer eine entscheidende Rolle spielen.
Ganz gezielt möchte Pfarrer Hans Rumpeltes das öffentliche Leben mitgestalten.
grüner Frosch mit einem roten Shirt, den die einhei2000
2004
Ehrenamtlich Engagierte insgesamt
63.390
62.281
gestaltet haben. Die Mauer auf dem Hof veredelte ein
davon weiblich
68,9 %
69,0 %
anderer Mühlheimer Künstler: Klaus Puth, der durch
davon männlich
31,1 %
31,0 %
seine Cartoons mit Gänsen bekannt wurde. Und die
Kalligrafin Ingeborg Herold illustriert regelmäßig die
Schwerpunkte ehrenamtlicher Tätigkeit
in den Gemeinden der EKHN
Arbeitsbereich
2004
13.366
13.209
vor, die in der Kirche ausgestellt werden. Im April 2004
Gottesdienst und Kirchenmusik
37.513
37.176
etwa erstrahlte die Kirche eine Woche lang in farbigem
darunter:
Kirchenchor, Posaunenchor,
Instrumentalgruppen
25.228
24.729
6.186
5.912
Licht. »Kunst gehört zum öffentlichen Raum und macht
Angebote Erwachsenenbildung
4.838
4.529
gemeindliche Diakonie
9.593
9.379
Gerechte Kommunikation schaffen
seit 30 Jahren an multipler Sklerose erkrankt. Eindringlich
gemeindlicher Besuchsdienst
5.243
5.376
Mit einem »Zukunftsprojekt« machte Rumpeltes bereits
schildert er seine Erfahrungen als Rollstuhlfahrer und
Öffentlichkeitsarbeit und Gemeindebrief (einschließlich Verteilung)
17.381
17.434
vor zehn Jahren Furore, als er mit seinem jugendlichen
wirbt für offenes und aktives Verhalten von Behinderten
Dritte-Welt-Arbeit in Gemeinden
2.561
2.166
17.957
17.752
3.990
3.384
118.628
115.976
»Offenheit ist unser Konzept, wir mischen uns
Gemeindefeste/Basare
andere Felder
Summe der Funktionen
Pfarrer Rumpeltes, der zusammen mit einem Pfarrersehepaar für 1.700 Gemeindemitglieder im Ortsteil Dietesheim
und 1.900 Gemeindemitglieder in Mühlheim zuständig
ist. Eine Diasporagemeinde in einem katholisch geprägten
Umfeld. »Die ›Kerngemeinde‹ darf sich nicht abschotten.«
E-Lotsen – ein Modellprojekt in Hessen
Dass in der Stadt am Main Beteiligung groß geschrieben
Team den Internet-Server DIKE (Digitales Informationsund Kommunikationssystem in der EKHN) entwickelte.
Er ist damit der Internet-Pionier in der EKHN. DIKE bietet
Mitgliedern der Evangelischen Kirche in Hessen und
ein und gestalten den öffentlichen Raum mit«, erklärt
Viele Ehrenamtliche haben mehrere Aufgaben in den Gemeinden
übernommen. Deshalb erscheinen fast doppelt so viele Funktionen
wie Personen.
Wie fast überall wird ehrenamtliche Arbeit in der Kirche überwiegend von Frauen übernommen. Mit über 80 % ist ihr Anteil
dort besonders hoch, wo das Ehrenamt Elemente traditioneller
Frauenrollen aufgreift, also einen Bezug zu Kindern und
Jugendlichen sowie zum diakonischen Handeln hat, wie zum
Beispiel Kindergottesdiensthelferinnen mit 85,7 % sowie
Krankenhausbesuche.
In den Leitungsgremien sind Männer und Frauen annähernd gleich
stark vertreten.
Nassau sowie anderen Interessierten eine Plattform für
Information und Kommunikation. Nach einer unkomplizierten Anmeldung kann man eine eigene Homepage
einrichten und weitere Leistungen nutzen, wie etwa Veranstaltungskalender oder Schwarzes Brett. »Jeder soll
selbst zum aktiven Teilnehmer werden«, erklärt Rumpeltes.
Das DIKE-Zentrum heißt nicht umsonst Haus Petrus:
»Auch Fischer Petrus war ja ein Meister der Netze«,
wird, davon zeugen neun »Engagement-Lotsen«, die im
schmunzelt der Pfarrer und schlägt damit die sprichwört-
Februar 2005 ihre Arbeit aufgenommen haben. »Ehren-
liche Brücke zum weltweiten Internet. An den zehn PCs
amtsagenturen auf zwei Beinen«, nennt Rumpeltes die
im Haus veranstaltet die Friedensgemeinde regelmäßig
Männer und Frauen, die dazu ausgebildet wurden,
Seminare von der »Einführung ins Internet« bis zu »Ge-
Bürgerinnen und Bürger, Vereine und die Kommune zu
meindebriefe gestalten«.
ehrenamtlichem Engagement zu motivieren, sie dabei zu
»Kommunikationsgerechtigkeit« nennt der
begleiten und zu vernetzen. Die Kirchengemeinde ist
Pfarrer das und sieht darin nicht zuletzt eine moderne
einer von sieben Standorten eines Modellprojekts des
Konsequenz aus dem »Priestertum aller Gläubigen«.
gängern eine Erholungspause bei selbst gekeltertem
Nach ähnlichen Prinzipien hat DIKE auch die Website der
Stadt konzeptionell und technisch gestaltet.
im Bereich Kunst
15
Landes Hessen. Auf dem Lehrplan standen zum Beispiel
im Bereich Musik
10
Qualifizierung und Personalentwicklung, Gesprächs-
Apfelwein. Im Winter gibt es einmal im Monat Suppe nach
bei DIKE
12
führung, Vereinsrecht, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Gottesdienstschluss.
im Bereich Sozialprojekte
10
im Bereich Begegnung/Brot/Apfelwein/Rast
20
oder Fundraising. Erste Tat der neuen E-Lotsen: eine
Frauen und Senioren
15
Ehrung von stillen Helfern in der Stadt. Menschen, die
Räume für Kunst
Joachim Kanthaks Sohn Sebastian gehört zu den Mit-
Kerb/Ökumene
60
hinter den Kulissen arbeiten, andere pf legen oder be-
Ein besonderer Blickfang ist das Kinderhaus neben der
begründern von DIKE. »Es ist auch ein wichtiger Teil der
Kinder- und Jugendarbeit
25
treuen und nur selten Anerkennung in der Öffentlichkeit
245 Jahre alten Barockkirche. Die Fassade des alten Fach-
kirchengemeindlichen Jugendarbeit: Mädchen- und
erfahren. Auch Kanthak hat sich zum E-Lotsen ausbilden
werkgebäudes, in dem die Gemeinde Musiktherapie an-
Jungengruppen treffen sich und werden durch ältere
lassen.
bietet, zieren bunte Mosaike: Augen, Wasser, ein Fisch
Jugendliche angeleitet«, erklärt er. Viele junge Leute
und versteckt ein Bibelspruch, den zu entziffern einem
hätten so zur Gemeinde gefunden. Was jedoch seit
kleinen Rätsel gleichkommt. Vor dem Gebäude sitzt ein
einiger Zeit fehlt, ist eine Gemeindepädagogin, die sich
I
Eigeninitiative ist Trumpf
Evangelische Friedensgemeinde
Mühlheim-Dietesheim
Pfarrer Hans Rumpeltes
Bert-Brecht-Straße 4
63165 Mühlheim
Telefon (06108) 75424
E-Mail dietesheim
@ev-friedensgemeinde.de
www.ev-friedensgemeinde.de
www.dike.de
n der barocken Gustav-Adolf-Kirche predigt nicht
Kirchlicher Marktplatz
nur Gemeindepfarrer Hans Rumpeltes. Seit zwei-
In der Dietesheimer Untermainstraße ist um die alte
um die Kinder- und Jugendarbeit kümmert. Die Stelle fiel
einhalb Jahren findet in der Regel monatlich die
Kirche ein Gelände entstanden, das nicht nur von
den Sparmaßnahmen der Landeskirche zum Opfer.
offene Kanzel statt: ein Gottesdienst, in dem
Gemeindemitgliedern als beliebter Treffpunkt genutzt
Doch die Mühlheimer wollen sich damit nicht abfinden.
Menschen aus dem öffentlichen Leben über ihre
wird. Hier finden Feste, Informationsveranstaltungen
Gerade ist eine groß angelegte Spendenaktion ange-
und Open-Air-Gottesdienste statt. An jedem ungeraden
laufen, die Joachim Kanthak optimistisch stimmt: »Wir
Samstag kann Jung und Alt an einem alten Holzofen
werden den Sockelbetrag für eine Stiftung zusammen-
nicht auf der Kanzel, sondern sitzt in einem Rollstuhl vor
selbst Brot backen. Und unter dem Motto »Rast für Leib
bekommen, aus der wir dann eine Pädagogin teilweise
dem Altar: Joachim Kanthak, Diplom-Pädagoge und
und Seele« bietet die Gemeinde Radfahrern und Spazier-
finanzieren können.«
Themen sprechen.
Beim 20. Mal, im März 2005, steht der Prediger
60
Plätze attraktiv«, lautet das Credo des Gemeindepfarrers.
Suchttherapeut, ist Kirchenvorstandsvorsitzender und
in der Gesellschaft.
Ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen in den Projekten ...
Jahreslosungen und legt eine Auswahl von Entwürfen
2000
Kirchenvorstand, Gemeindeausschüsse
Angebote für Kinder und Jugendliche
Friedensgemeinde Mühlheim-Dietesheim
mischen Künstler Michael Tresser und Hagen Bonifer
■
61
Schulseelsorge an der integrierten Gesamtschule in Taunusstein [Rheingau-Taunus-Kreis]
Mittendrin im Lebensraum Schule
Schulseelsorge
Schulseelsorger/-innen
mit insgesamt 11,87 vollen Stellen
[Schulform]
Astrid Diedrich ist Schulseelsorgerin. Damit betreut sie ein sehr junges Arbeitsgebiet,
in dem die EKHN unter den Kirchen in Deutschland führend ist. Neben dem Religionsunterricht hat Astrid Dietrich Zeit, auch als Seelsorgerin ansprechbar zu sein. Das geschieht
zwar in der Schule, aber außerhalb der Schulstunden. Ihr Anlaufpunkt ist dabei in der
Regel das Schüler-Café Mandela.
[Wochenstunden]
3,13
75
Gymnasium
5,41
130
Additive Gesamtschule
1,83
44
Integrierte Gesamtschule
1,50
36
10,12
243
Summe
Kosten für die EKHN (keine Refinanzierung)
932.862 Euro
Alle Schulseelsorgerinnen und -seelsorger unterrichten hauptberuflich Religion. In der Regel ist ein Viertel ihrer Stelle für
Seelsorge bestimmt.
sind Stichworte. Hier setzen sie an, das seit über zehn
erwachsener Ansprechpartner zugegen: der Zivi vom
Das sagt Norbert Müller, der stellver-
Jahren gemeinsam von evangelischer und katholischer
evangelischen Dekanat, die katholische Sozialpädagogin
tretende Leiter der integrierten Gesamt-
Kirche betriebene Café Mandela, die kommunale Schul-
Beate Ringwald, die das Café faktisch leitet, oder Pfarrerin
schule Taunusstein mit 1.500 Schülern
sozialarbeit und die Hausaufgabenhilfe, die eng verzahnt
Diedrich – sie vor allem in der »Blauen Stunde« am Mitt-
und 100 Lehrkräften, über die Pfarrerin,
arbeiten.
woch ab 7 Uhr früh. »Da sind immer einige, die etwas zu
diskutieren haben.« Die praktische Arbeit leistet ein
»Ich fühle mich zuständig für alle, die mit Schule
Viertelstelle als Schulseelsorgerin wirkt: Haltestellen von
zu tun haben, auch für Lehrerinnen und Lehrer, Eltern,
wechselndes Schülerteam, eine Arbeit, die mehr machen
acht Buslinien zeigen den weiten Einzugsbereich an.
Sekretärinnen oder die Hausmeister«, erklärt Astrid
wollen, als angenommen werden können. Erlebnis-
Diedrich. »Wichtig ist, dass die Leute selbst entscheiden
pädagogische Betriebsausflüge und Treffen zum Trainieren
Ȇber das Vermitteln von Fachwissen hinaus haben wir
können, ob und wie sie Kontakt mit mir aufnehmen.«
von Thekendienst sind attraktiv und fördern den besonderen
die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, Kinder zu
Deshalb sagt sie: »Schulseelsorge arbeitet im Grenz-
Café-Team-Geist.
erziehen und dieser Auftrag ist größer geworden«, sagt
raum«, für Jugendliche, die »Kirche doch nur durch
Wenn Sicherheiten wegbrechen
Müller. Schulverweigerung, Verwahrlosung, Misshandlung
Mittler wie mich erleben«, durch »eine zum Anfassen«,
Eher scheinbar gewöhnliche Nöte sind Krisen in Freund-
Orte des Gedenkens
von der sie sagen können: »Die ist ja ganz normal wie wir.«
schaften: »Du liebst mich oder du liebst mich nicht!
Das Café Mandela wird auch zum Ort der Gemeinschaft.
Es geht immer um das Ganze.« Andere haben Familien-
Gemeinsam werden »Orte des Gedenkens« gestaltet: so
Freiräume lebendigen Daseins
probleme: etwa die Trennung der Eltern oder der Tod
nach dem Amoklauf in Erfurt, nach dem 11. September
Ihr ständiges Bestreben geht dahin, dass die Jugend-
eines Elternteils. »Was wird aus mir? Auf wen kann ich
2001 von New York. Nach dem Tsunami kam der Wunsch
lichen im »Lebensraum Schule« auch mit ihren Sorgen
mich eigentlich noch verlassen?« Auch Wurzellosigkeit.
nach einer konkreten Schulpartnerschaft auf. Astrid
und Nöten »zu ihrem Recht kommen«. Sie will Freiräume
Die 5. und 6. Klasse verzeichnen eine hohe Fluktuation: Da
Diedrich zu alledem: »Man muss aber immer wieder
»Schule« wird in Taunusstein sehr weit gefasst:
Pfarrer/-innen im Religionsunterricht
Hauptberuflich
[Schulform]
[volle Stellen]
Berufsschule
Frau Diedrich hat eine Magnetwirkung.«
die dort seit 2001 Religion unterrichtet und mit einer
■
49 Pfarrstellen
[Volle Stellen]
[Wochenstunden]
Berufsschule
60,43
1.450
Gymnasium
50,69
1.217
lebendigen Daseins schaffen, Zeiten des Luftholens
gibt es Kinder, die schon fünf, sechs Mal umgezogen
Impulse setzen, sich etwas einfallen lassen, die Jugend-
Additive Gesamtschule
9,30
223
bieten, in der Jugendliche im Sinne von »lebendiger
sind. Immer stärker schlägt eine zweiseitige Bedrohung
lichen kommen nicht und sagen von sich aus, das war so
Integrierte Gesamtschule
8,38
201
Gemeinde« erfahren, wie das Miteinander- und Fürein-
durch: Sicherheiten, die wegbrechen, wenn Vater oder
schön, das möchten wir gerne mal wieder machen.«
Sonstige Schulen
3,83
92
132,63
3.183
ander-Dasein Freude machen kann, wie es das Vertrauen
Mutter oder gar beide die Arbeit verlieren, was in-
zu sich selbst und zu anderen stärkt.
zwischen auch in der gut qualifizierten Mittelschicht
Schutzraum mit eigenen Regeln
Alltag ist, gepaart mit eigenen Zukunftsängsten: »Ich
Das Café Mandela ist auch eine Art Schutzraum, in dem
Zwischen Tür und Angel
weiß ja eigentlich, was ich werden will, aber wir rödeln
eigene, andere Regeln gelten als sonst in der Schule.
»Das funktioniert nicht mit Sprechzeiten, die wirken
und rödeln und wissen doch, nach der Schule will uns
Eines Tages waren Hakenkreuze in Tische geritzt. Das
eher abschreckend.« Der Unterricht ist der Kontaktraum.
eigentlich niemand haben.« Hier ist Diedrichs seel-
Team reagierte schnell: Zettel auf den Tischen mit der
Oder die Klassenfahrt. Oder eine Schlägerei – »ich gehe
sorgerliche Kompetenz gefragt: Einfühlungsvermögen,
Mahnung: »Das wollen wir hier nicht, dies ist ein Raum
dazwischen«. Oft beginnen die Gespräche zwischen Tür
breite Lebenserfahrung und ein klares theologisches
für alle.« Statt Sanktionen zu verhängen, nahmen die
und Angel. Wer etwa anfängt: »Ich habe da einen Freund,
Fundament. Meist führt sie Gespräche, manchmal – etwa
Schüler selbst die Mühe auf sich, das Gespräch zu suchen.
eine Freundin, können Sie nicht mal …«, meint meist
beim Tod eines Schülers – liegt der Trost im Gestalten
Ein Ort also auch zum Einüben von Respekt und Toleranz.
sich selbst. Auch große ethische Fragen kommen da auf:
eines Gedenkortes und in der Liturgie eines Trauergottes-
Wem es im Café zu laut ist, zieht sich in den Raum der
»Ist Abtreibung Mord?« »Warum bin ich so rechts?« Oder
dienstes.
Schulseelsorge, das Relax, zurück. Astrid Diedrich hat
Summe
Refinanzierung durch das Land
8.510.231 Euro
Bei der EKHN verbleibende Personalkosten
1.001.609 Euro
■
Nebenberuflich
Pfarrer/-innen
Stunden unentgeltlich/wöchentlich
(von EKHN finanziert)
970
2.195
Stunden entgeltlich/wöchentlich
(vom Land nach nebenberuflichen
Stundensätzen refinanziert)
1.609
Summe
3.804
Refinanzierung durch das Land Hessen
857.093,33 Euro
Refinanzierung durch das Land Rheinland-Pfalz
112.983,28 Euro
Astrid Diedrich geht von sich aus auf Schüler zu, wenn
Die von der EKHN für den evangelischen Religionsunterricht
erbrachten Leistungen (nicht refinanzierter Anteil) entsprechen
einem Finanzvolumen von ca. 7,5 Mio. Euro.
62
ihn nach Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler
sie den Eindruck hat, jemand bedürfe der Hilfe. »Die
Das Café Mandela
gestaltet: mit Lavalampe, dicken Liegeteppichen und
meisten Jugendlichen meinen nicht, dass sie Probleme
Ein wichtiger Ort der Begegnung und des Erstkontakts ist
großen Dinkelkissen.
haben. Sie denken, das Leben ist eben so: Dass der Vater
das Café Mandela, in dem sich oft um die 50 Schüler vor
schlägt oder dass man sich allein Frühstück machen muss.«
allem aus der 5. und 6. Klasse aufhalten. Immer ist ein
■
63
Die Diakoniestation Bensheim/Zwingenberg [Kreis Bergstraße] bewährt sich auf dem Pflegemarkt
ordnete Dr. Michael Meister betont die Vorbildfunktion
Exakt geplant, hart kalkuliert
und marktgerecht platziert
der Diakoniestation. »Wir tun viele Dinge, die wir
nicht abrechnen können: Anträge ausfüllen, beraten,
organisieren, und halten nicht gleich bei allem die Hand
auf«, bekräftigt die Pf legedienstleiterin.
Besonders gefordert sieht Luci Müller Kirche und
Diakoniestationen
Diakonie bei der Diskussion um ungelernte Pf legekräfte
Seit die Diakoniestation Bensheim/Zwingenberg 1978 als Zweckverband evangelischer
Kirchengemeinden gegründet wurde, hat sich ihr Aufgabenbereich dramatisch verändert.
Nach Einführung der Pflegeversicherung muss die Station genau kalkulieren, um sich
gegen Konkurrenz behaupten und auch weiterhin ihren diakonischen Auftrag erfüllen zu
können: Pflege als Ausdruck christlicher Nächstenliebe.
aus Osteuropa. Während geschulte Krankenpf legehelfe-
In der EKHN gibt es 59 Diakoniestationen.
Sie betreuen ca. 19.000 Pflegebedürftige.
Dabei ist der Bereich Hauswirtschaft deutlich rückläufig,
da diese Arbeiten von den meist aus Osteuropa stammenden
Laienhelferinnen billiger gemacht werden können.
Weitere 19 Diakoniestationen und ambulante Pflegedienste
sind Mitglied im Diakonischen Werk Hessen und Nassau.
Sie betreuen ca. 3.7oo Patientinnen und Patienten.
rinnen nicht einmal eine Spritze verabreichen dürfen,
machen ungelernte Hilfskräfte alles, wenn sie bei der
Familie einen Wohnsitz angemeldet haben und so als
Angehörige gelten. Die Legalisierung dieser privaten
Pf legekräfte kann die Qualität der Pf lege verschlechtern.
Porzellan- statt Plastikteller
Als ein Ergebnis des QM-Prozesses will die Station durch
noch mehr Wertschätzung für die Patienten noch attraktiver
werden. So bietet sie jetzt zusammen mit einem ortsansässigen Caterer einen Menü-Service an. Auf Wunsch
können die Senioren das Essen einfach mal unverbindlich
werden Senioren für 5,90 Euro einem Drei-Gänge-Menü
testen. Eine gute Vernetzung führt schließlich zu kon-
aus frischen Zutaten beliefert, das nicht in Plastikschalen,
kreten Erfolgen: So gründeten Kirchengemeinden den
sondern auf Porzellantellern serviert wird.
Förderverein der Diakoniestation mit dem Ziel, jedes Jahr
Die eigene Leitung für den Hauswirtschaftsbereich
aus Spenden, Kollekten oder Erlösen 15.000 Euro aufzu-
wurde aufgegeben, als die Pf legeversicherung kam. Die
bringen. In diesem Jahr waren es gar 18.000 Euro, mit
Kassen hatten die Zahlungen für Leistungen im hauswirt-
denen die Diakoniestation eine halbe Pf legekraft
schaftlichen Bereich zunächst drastisch reduziert und
finanzieren konnte. Sehr rege setzt sich Luci Müller auch
die Verträge über Haus- und Familienpf lege mit der
beim Amtsgericht dafür ein, dass Bußgelder, die für
Station aufgekündigt. »Wir wollten die Menschen nicht
soziale Zwecke verhängt werden, der Diakoniestation
im Stich lassen, haben weitergemacht und dabei sehr
zugute kommen. Zudem betreibt sie Fundraising bei orts-
viel draufgelegt«, sagt Luci Müller. Parallel dazu führte sie
ansässigen Firmen.
zähe und aufwändige Verhandlungen mit den Kassen –
F
mit Erfolg. Mittlerweile zahlen bis auf eine große Kasse
Ideen für die Zukunft
wieder alle den Satz von 29,90 Euro für hauswirtschaft-
Eine neue Herausforderung schaff t die Gesundheits-
liche Betreuung.
reform, die die Verweildauer in den Krankenhäusern
ür die Zukunft zeigt sich die Station gut gerüstet.
nehmen EQ-Zert im März 2005 das Diakonie-Siegel Pflege.
Ausgestattet mit einem System für Qualitäts-
Die Station erfüllt damit gesetzliche Anforderungen,
Gemeinden, Kommunen, Förderverein und Fundraising
die häusliche Anschlusspf lege sein. Luci Müller denkt
management und dem Diakonie-Siegel Pf lege
nimmt Wünsche von Ärzten und Patienten nach aner-
Engelbrecht erinnert daran, dass die Mitarbeiterinnen
dabei an Pf legetrainings für Familien, Urlaubs- oder
bietet sie das gesamte Spektrum mobiler Pf lege
kannten Qualitätsstandards auf, macht ihre Leistungen
der Diakoniestation »den biblischen Grundgedanken der
Tagesfahrten für pf legebedürftige Senioren oder eine
an. »Die Diakoniestation leistet einen entschei-
senkt. Da möchte die Station ein attraktiver Partner für
transparent und erhält so ihre Konkurrenzfähigkeit.
Alltagsdiakonie im Auftrag der Gemeinden umsetzen«.
noch intensivere Kooperation mit Krankenhäusern. »Nur
denden Beitrag zur Aufrechterhaltung von Lebens-
Nach einer Marktbereinigung gibt es heute drei große
Dafür will er noch mehr Bewusstsein schaffen. An seiner
als starkes Netzwerk können wir konkurrenzfähig sein
qualität«, sagt Pfarrer Karl-Michael Engelbrecht, der
private Pf legedienste als Mitbewerber. Mit der Caritas
eigenen Gemeinde hat er einen Mittagstisch für Senioren
und dabei die gewohnt hohe Qualität garantieren.«
Vorsitzende des geschäftsführenden Vorstands der
kooperiert die Station.
organisiert. Das Essen liefert der »Menü-Service«. So
Diakonisches Engagement bewährt sich auf dem Markt. ■
Diakoniestation
Bensheim/Zwingenberg
Fehlheimer Straße 62
64625 Bensheim
Telefon (06251) 66654
E-Mail diakoniestation.
bsh-zwbg@t-online.de
www.diakoniestationen.com
Diakoniestation. Doch den diakonischen Anspruch unter
dem steigenden Druck der Kostenträger aufrechtzu-
Zeit gewinnen für persönliche Zuwendung
erhalten, ist mehr und mehr zu einer Gratwanderung
Als besonderes Plus gegenüber der Konkurrenz sieht Müller
geworden. »Das funktioniert nur mit einer perfekten
die außergewöhnlich hohe persönliche Zuwendung,
Organisation«, betont Pf legedienstleiterin Luci Müller.
welche die insgesamt 51 Mitarbeiterinnen und Mit-
Angestellte Mitarbeiter/-innen
Und dazu gehört eine exakte Tourenplanung ebenso wie
arbeiter aus persönlicher Motivation für die Patientinnen
Patient(inn)en in der Pflege
und Patienten aufbringen und die von der Pf legedienst-
Geleistete Pflegestunden
klare Absprachen, eindeutige Ziele und Vorgaben.
Statistik
Pflegegutachten/Jahr
leitung bei der Zeitplanung gefördert wird. Sie schafft
64
Diakoniestation Bensheim/Zwingenberg
Zertifizierte Qualität
neben der medizinischen eine besondere, emotionale
Um die eigenen Dienstleistungen weiter zu optimieren,
Qualität. Ein deutliches »Mehr an Zeit für die Patienten«
durchlief die Station einen Qualitätsmanagementprozess
attestiert auch der Bensheimer Bürgermeister Thorsten
(QM) und bekam vom bundesweit anerkannten Unter-
Herrmann der Einrichtung. Und der Bundestagsabge-
Dienstfahrzeuge
[Zahl]
Ausgaben
[Euro]
Einnahmen
[Euro]
Einnahmen
[Euro]
176
Sachausgaben
234.000
Pflegekassen
370.000
Kommunen
Bensheim und
Zwingenberg
ca. 28.200
Investitionen
33.000
Selbstzahler
306.500
EKHN
360
Menü-Service
62.000
Sozialamt
11.500
Förderverein
15.500
Menü-Service
62.000
Sonstige
18.500
51
13
Personal
854.000
Krankenkassen
1.183.000
323.500
1.073.500
25.500
50.000
109.500
Besondere Leistungen:
Intensivpflege, Schwerstpflege, Kinderkrankenpflege, onkologische
Pflege, Haus- und Familienpflege, hauswirtschaftliche Versorgung,
Pflegekurse für Angehörige, Menü-Service
65
Konfirmanden-Freizeiten des Dekanats Rüsselsheim [Kreis Groß-Gerau]
Gemeinschaft zum Mitmachen
Der Konfirmanden-Unterricht genießt nach wie vor große Akzeptanz.
Das spornt das Dekanat Rüsselsheim an, ihn mit neuen Konzepten auch
zukünftig für junge Leute interessant zu machen. Eines davon ist das
Konfirmanden-Projekt, das sich in neun Jahren zum wahren Kult-Event
entwickelt hat. Auch im März 2005 fuhren wieder fast dreihundert
Jungen und Mädchen auf den Eisenberg bei Bad Hersfeld. Mit dabei
waren neben Dekanatsjugendreferent Günter Eiserfey auch Pfarrer aus
15 Gemeinden, eine Musik-Band und zahlreiche Ehrenamtliche.
E
isenberg – in Rüsselsheim steht dieser Name für
Workshop »Foto-Love-Story«. Sie zeigen, wie frei das
ein ganz besonderes Konzept der gemeindlichen
Thema ausgelegt werden darf. Schließlich sollen die
Konfirmanden-Freizeiten. Ihr Kernpunkt heißt
Jugendlichen über das sprechen können, was ihnen auf
Ermutigung. Und die findet einen solchen An-
der Seele brennt.
klang, dass Dekanatsjugendpfarrer Ulrich Kuhl
Günter Eiserfey sieht die Kirche hier in der Pflicht.
und Günter Eiserfey die Gruppe teilen müssen und direkt
Sie müsse Lebensbegleitung in einer für die Jugendlichen
hintereinander zwei Freizeiten à fünf Tage auf dem Berg
prägenden und schwierigen Phase leisten. Gefragt, was
bei Bad Hersfeld veranstalten.
sie mit nach Hause nähmen, berichten die Konfirmanden
Konfirmationen
Die Jugendlichen sagen Ja zur Konfirmation:
Nahezu alle getauften Jugendlichen lassen sich
auch konfirmieren.
2004
von persönlichen Aha-Erlebnissen. Robin etwa ist noch
Der Bogen zum Thema Liebe wird weit gespannt von
Lebensbegleitung und »brennende Themen«
immer von dem Gespräch über Freundschaft beeindruckt:
»Henna-Tattoo« über »Foto-Love-Story« und »Meditation«
Vor zwei Jahren erweiterten die Organisatoren das Konzept
»Wenn man allein ist, denkt man gar nicht so viel darüber
hin zum christlichen Glauben. Zur »Nächstenliebe«
um die themenorientierte Arbeit. »Zehn Gebote« hieß
nach.« Marie-Theis zieht als Resümee der letzten vier
beispielsweise gibt es die Geschichte von einem körper-
sei. Teamer Oliver Rinkenbach meint: »Das ist eine große
der Schwerpunkt im letzten Jahr, dieses Mal ist es die
Tage: »Ich hab mich getraut, auf die Bühne zu gehen und
lich entstellten Mann in der S-Bahn: Die anderen im
Leistung der Helfer – sie geben die Motivation an die
»Liebe«. Das Leitmotiv ist Thema in Andachten, Arbeits-
zu singen – ich bin mutiger geworden.« Zusammen mit
Abteil rücken von ihm ab, meiden ihn, nur ein junger
Konfis weiter und ziehen sie mit.« Einig sind sich alle,
kreisen oder Workshops. Werkstücke wie Bilder, Gedichte
ihrer Freundin Jacqueline war sie außerdem beim Tattoo-
Mann reagiert anders. Er setzt sich neben den Entstellten
dass auch die Helfer profitieren, weil sie Verantwortung
oder Musikstücke präsentieren die Konfis am letzten
Workshop. Stolz zeigen die beiden ihre Handgelenk- und
und beginnt sogar ein lockeres Gespräch. So wird die
übernehmen und die Jüngeren umsorgen. Die 16-jährige
Abend bei der »Abschlussgala«. Moderatorentalent Willi
Nackenmalereien.
biblische Geschichte vom Samariter in die heutige Zeit
Sabrina Watrin formuliert es so: »Es war eine tolle
verlegt und damit für die Jugendlichen ein direkter
Erfahrung, so einen Workshop zu leiten – ich war schon
Realitätsbezug hergestellt.
bei anderen Fahrten, aber da musste man immer nur
eröffnet sie heute passenderweise mit Bildern aus dem
Dabei sein
Dabei hatte Jacqueline zunächst nicht viel von der Frei-
kochen und aufpassen.«
zeit erwartet. Doch jetzt freut sie sich, denn sie hat »den
Mehr als nur »Spaßveranstaltung«
einen oder anderen mal ganz anders kennen gelernt«.
Normalerweise arbeitet die 29-jährige Anika Stork am
an dem die Konfirmanden im Mittelpunkt stehen. Für die
Und die Konfirmation kommt ihr »wegen meinem
Frankfurter Flughafen. Schon seit ein paar Jahren nimmt
19-jährige Lorena Silvestre, deren Stimme nach der
Glauben und weil ich mal in Weiß heiraten will« gerade
sie als ehrenamtliche Teamerin an den Freizeiten teil, sie
langen, anstrengenden Woche kratzig und heiser klingt,
recht. Alle drei möchten nächstes Jahr unbedingt als
empfindet sie als »kleines Highlight, eine komplett
steht das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund. Diesen
Helfer wieder auf den Eisenberg.
andere Welt«. Auch wenn sie sagt, es sei anstrengend und
Zusammenhalt hat sie selbst als Konfirmandin sehr
viel Arbeit, weiß sie jetzt schon: »Es hat sich wieder ge-
positiv erlebt – das will sie weitergeben.
Und das ist, wie Dekanatsjugendpfarrer Kuhl er-
66
19.711 Konfirmand(inn)en
Der Eisenberg wird als geschützter Ort inszeniert,
klärt, durchaus erwünscht: »Oft ist es schwierig, denn
lohnt.« Natürlich gebe es auch Konfirmanden, die schwer
die Jungen und Mädchen verschwinden direkt nach der
zu motivieren seien, »die haben diese coole und Null-
dass die Konfirmanden Kirche, Glaube und Gott für sich
Konfirmation wieder aus den Gemeinden. Hier dagegen
Bock-Phase, aber die meisten kriegen wir einfach nach
neu entdecken. Geschafft hätten sie es, wenn die Konfis
wollen viele beim nächsten Mal sofort wieder dabei sein.
ein paar Tagen«. Günter Eiserfey hat das anfängliche
die Konfirmation nicht als Schlusspunkt ihrer Geschichte
Für uns ist das die Chance, sie als auch längerfristig für
Fremdeln schon oft erlebt und grinst: »Wenn man 14 ist
mit dem Glauben und der Kirche sehen, sondern als
eine Mitarbeit zu gewinnen.«
und groß und stark, wer will dann sagen, dass Kirche toll
Durchgang zu einem anhaltenden Kontakt. So ist es ja
ist?« Doch diese Gruppenhaltung kippe nach ein oder
auch gemeint. Konfirmation – das heißt: Befestigung im
zwei Tagen, obwohl das hier »keine Spaßveranstaltung«
Glauben.
Alle wollen mit ihrem Engagement erreichen,
■
67
Z
Die Evangelische Sonntags-Zeitung
um Selbstverständnis des Protestantismus
Medienhaus wechselte. »Ich wollte eine sinnvolle Auf-
gehört traditionell die besondere Betonung
gabe im Bereich Verkündigung übernehmen«, begründet
der Gemeinden als Basisgemeinschaft der
Birgit Arndt ihren Wechsel in die weniger gut dotierte
Gläubigen vor Ort. Initiativen jenseits des
Position im Medienhaus. »Mir ging es nicht um Status
Probe-Abo für 2 Wochen
kostenlos
lokalen Horizonts haben es da mitunter
und Gehalt.«
Schnupper-Abo für 3 Monate
7,50 Euro
schwer, auf Interesse zu stoßen. Dabei bietet ein Blick
Nach der Neugestaltung des Blatts, dem so ge-
über den Tellerrand hinaus interessante Anregungen und
nannten Relaunch, präsentiert sich die ESZ aktueller und
inhaltliche Impulse aus anderen Gemeinden, Regionen
übersichtlicher, in besserer Druckqualität, durchgehend
und Kirchen. Und ein über die jeweilige Gemeinde hinaus
in Farbe und in größerem Format. Farbige Titel, ein
erkennbares evangelisches Profil kann es nur geben,
luftiges Schriftbild und Bilder, die zentral und größer auf
wenn sich Christen vor Ort als Teil eines großen Netzes
den Seiten platziert sind, runden das neue Erscheinungs-
verstehen. Anregungen und Informationen dafür bietet
bild ab.
Einzelpreis
1,20 Euro
Jahres-Abonnement
Sammel-Abos (über die Kirchenvorstände)
3 – 5 Abos
mehr als 6 Abos
52 Euro
30 % Rabatt
40 % Rabatt
Redaktion Evangelische Sonntags-Zeitung
Chefredakteur: Wolfgang Weissgerber
Evangelisches Medienhaus
Rechneigrabenstraße 10
60311 Frankfurt
Telefon (069) 92107-442
E-Mail w.weissgerber@ev-medienhaus.de
die Evangelische Sonntags-Zeitung (ESZ), die Wochenzeitung in der EKHN, die mit einer Abonnentenzahl von
Kostenlose Konkurrenz
15.000 bislang allerdings nur einen kleinen Teil der Mit-
Die kostenpf lichtige ESZ muss sich neben kostenlosen
glieder und Aktiven erreicht.
Publikationen behaupten. Tageszeitungen wie der Frank-
Zu Ostern 2004 wagte der Verlag des Frankfurter
furter Rundschau liegt jeden Monat das Monatsmagazin
Medienhauses, in dem die 1946 gegründete christliche
Chrismon bei, das aus dem Deutschen Evangelischen
Wochenzeitung erscheint, ein frisches Zeitungsdesign
Sonntagsblatt hervorgegangen ist und von der Evange-
Damit steht die ESZ in der Tradition evangelischer Publi-
scheidend ist die Akzeptanz der Zeitung bei den Lese-
und den Abschied vom alten Namen. Aus der Evangelischen
lischen Kirche in Deutschland (EKD) getragen wird. Die
zistik, die es sich nach dem Ende der NS-Diktatur und
rinnen und Lesern. »Um die Interessierten zu erreichen«,
Kirchenzeitung wurde die Evangelische Sonntags-Zeitung.
EKHN gibt viermal im Jahr die Zeitschrift »echt« heraus,
deren gleichgeschalteten Medien zur Aufgabe gemacht
sagt Birgit Arndt, »sind wir auch sehr auf eine Kooperation
Mit dem Namen will die Redaktion den besonderen
die alle Mitglieder erhalten. Und beim Frankfurter
hat, am Aufbau unabhängiger Medien mitzuwirken und
mit den Gemeinden angewiesen. Sie können beim An-
Charakter des Sonntags als Tag der Ruhe und der Be-
Regionalverband erscheint für die Protestanten in der
damit einen Beitrag für das Entstehen einer stabilen
sprechen neuer Abonnenten entscheidend helfen.«
sinnung aufgreifen und dafür einen Akzent anbieten.
Stadt mehrfach im Jahr das Evangelische Frankfurt. Für
Demokratie zu leisten. Dem ist auch der Evangelische
Voraussetzung dafür ist, dass die Verantwortlichen in den
Das neue Design kommt an – um 15,7 Prozent auf
Online-Interessenten bietet der EKHN-eigene Internet-
Pressedienst (epd), Deutschlands älteste Presseagentur,
örtlichen Gemeinden den Wert der Zeitung erkennen und
15.000 Exemplare stieg seither die Zahl der Abonne-
Newsletter wöchentliche Informationen und die
verpf lichtet. Er arbeitet mit der ESZ eng zusammen.
über die eigene Gemeinde hinaus interessiert sind.
ments. »In Deutschland ist das die stärkste Steigerung
Gemeinden verschicken regelmäßig Gemeindebriefe. In
bei der konfessionellen Presse«, sagt Chefredakteur
diesem umfangreichen Angebot hat die ESZ ihren Platz.
geistliche Texte, sozial- und gesellschaftspolitische
Druck nachlassender Einnahmen auch künftig zu er-
Wolfgang Weissgerber. Das ist auch der rührigen neuen
»Aus kritisch-loyaler Distanz berichtet die ESZ«, betont
Themen, eine Medienseite, beispielhafte Gemeinde-
halten, ist ungewiss. Die EKHN kann allerdings nicht auf
Vertriebschefin Birgit Arndt zu verdanken, die von einem
Weissgerber. »Nirgends sonst kann man sich umfassend,
porträts, Buch- und Ausstellungsbesprechungen und
eine zentrale Publikation verzichten, die ihren Mit-
großen Computer-Unternehmen in das Evangelische
aktuell und über das Leben in der Kirche auf allen Ebenen
manchmal – mit einem Augenzwinkern – auch ein bunter
gliedern, Mitarbeitenden, Gemeinden und Einrichtungen
und in allen Regionen informieren.«
Bericht, zum Beispiel über bügelnde Pfarrer. Mit Regional-
Informationen bietet. Sie würde sonst viel von ihrer
Zum breiten Themenmix der Zeitung gehören
Ob die Anstrengungen reichen, die ESZ unter dem
seiten geht das Blatt auf die sehr unterschiedlichen
öffentlichen Kraft einbüßen und zu einem losen Bund
Breiter Themenmix aus journalistischer Distanz
Gebiete der EKHN ein. Diese Sparte soll noch ausgebaut
selbstständiger Gemeinden werden.
Zum besonderen Profil der ESZ gehört auch: Sie ist kein
werden.
■
offizielles Mitteilungsorgan der Kirche. Die Redaktion
arbeitet unabhängig und nach journalistischen Kriterien.
Zeitung muss Geld verdienen
»Die Kirchenleitung ist durchaus nicht immer einer
Die Zeitung wird von der EKHN zwar finanziell unterstützt,
Meinung mit der Redaktion«, sagt der Chefredakteur.
sie muss sich aber über Verkaufserlöse zu erheblichen
Teilen refinanzieren. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin Arndt weiß, dass dazu eine Auf lagensteigerung nicht reicht. Sie setzt deshalb – sehr erfolg-
Aus der Evangelischen Kirchenzeitung wird die Evangelische Sonntags-Zeitung
reich – auch auf die Anzeigenakquisition. Um 163 Prozent
Frisches Design, mehr Leserinnen
und Leser
stieg die Zahl der Inserate von Reiseanbietern, Bauunternehmen oder christlichen Verlagen, seit die 41Jährige bei der ESZ arbeitet. Kritik an den Anzeigen hat
es im speziellen kirchlichen Umfeld nicht gegeben.
Daran, meint Weissgerber, seien die Leserinnen und Leser
aus anderen Publikationen gewöhnt. Tageszeitungen er-
Die Evangelische Sonntags-Zeitung der EKHN konnte ihre Auflage kräftig erhöhen.
Sie ist derzeit die einzige regelmäßig erscheinende kirchliche Publikation in Deutschland,
die Zuwächse hat. Dafür sorgen das neue Design und ein dynamisches Marketingkonzept.
68
zielten etwa 60 Prozent ihrer Einkünfte aus dem Anzeigengeschäft. Bei der ESZ sind es derzeit nur 10 Prozent. Die
Redaktion geht dabei behutsam vor. Werbung für Alkohol
(Ausnahme: der Wein des EKHN-Weinguts), Zigaretten
oder Anzeigen mit sexuellen Inhalten lehnt sie ab. Ent-
Medienhaus
Das Medienhaus in Frankfurt, gegründet 1996/97,
ist das Zentrum für evangelische Publizistik und Medienarbeit in
Hessen und Nassau.
Unter einem Dach sind zu finden:
■ Evangelische Sonntags-Zeitung
■ Evangelischer Pressedienst (epd), Landesdienst Hessen:
Nachrichtenagentur für Tageszeitungs- und Funk-Redaktionen
■ Privatfunkarbeitsstelle der EKHN: etwa 400 evangelische Radiosendungen pro Jahr für RPR, KlassikRadio und andere, vor allem
aber für Hit Radio FFH
■ öffentlich-rechtliche Rundfunkarbeit beim Hessischen Rundfunk: knapp 500 Verkündigungssendungen pro Jahr für die
verschiedenen Wellen des Hessischen Rundfunks
■ Arbeitsbereich Medienprojekte/Internet: initiiert Medienprojekte, bietet Fortbildung an, koordiniert und steht für das
Internet-Engagement der EKHN
Im Medienhaus sind 35 Mitarbeiter/-innen sowie weitere Honorarkräfte beschäftigt.
Die Aufwendungen des Medienhauses in Höhe von 3,49 Mio. Euro
im Jahr 2004 deckten EKHN-Zuschüsse in Höhe von 1,9 Mio. Euro
und Umsatzerlöse in Höhe von 1,59 Mio. Euro.
69
D
ie Steuerprognose für das Jahr 2004 in Höhe von
halt zu haben, wird voraussichtlich nicht ganz erreicht, da
Ausblick auf viele Unwägbarkeiten
Fundraising und Sponsoring an Bedeutung gewinnen. Ein
345 Mio. Euro wurde mit einem Ergebnis von
sich die angestrebte Einsparung von 49 Mio. Euro nicht in
In der zukünftigen Entwicklung der Finanzen gibt es große
Beispiel dafür ist die neu gegründete Stiftung der EKHN
347 Mio. Euro fast punktgenau erreicht. Doch die
allen Bereichen bis zum Jahr 2006 umsetzen lässt. So
Unwägbarkeiten. Neue steuerliche Rahmenbedingungen,
und die Ausstellung »stiften tut gut«, die seit Juni 2005
gute Planung ändert nichts daran, dass im Jahr
haben sich die Ausgaben für Kindertagesstätten deutlich
wie die Zinsabgeltungssteuer und neue Steuerreform-
durch die EKHN wandert (bitte beachten Sie den Beitrag
2004 der Haushalt zum dritten Mal in Folge durch Rück-
gegenüber den Annahmen erhöht. Und angesichts des
modelle, sind von uns kaum beeinflussbar. Hinzu treten
auf Seite 10). Sie soll dazu anregen, sich mit alternativen
lagenentnahmen ausgeglichen werden musste. Das ehr-
niedrigen Zinsniveaus an den Kapitalmärkten müssen die
die strukturellen Schwächen, die zukünftig wohl kein
Finanzierungsmodellen zu befassen, und möglichst viele
geizige Ziel, bis 2006 wieder einen ausgeglichenen Haus-
Erträge aus Vermögensanlagen niedriger eingeplant
entsprechendes Wirtschaftswachstum kompensieren wird:
Stifterinnen und Stifter mobilisieren. Auch die 2004
werden. Die kumulierten Spareffekte werden voraussicht-
Wir werden immer weniger. EKD-weit wird damit ge-
begonnene Bonifizierung von eingeworbenen Drittmitteln
lich auf rund 40 Mio. Euro bis zum Jahr 2006 anwachsen.
rechnet, dass die Mitgliederzahl bis zum Jahr 2030 um ein
wird 2006 fortgesetzt. Dabei gibt die EKHN für bis zu drei
Insgesamt ist das eine recht positive Umsetzungsquote.
Drittel sinken und sich die finanzielle Leistungsfähigkeit
Euro, die für Fördervereine und Stiftungen eingeworben
bis dahin halbieren wird. Für die EKHN wird dies, allerdings
werden, einen Euro dazu. Das schafft in allen Bereichen
in abgeschwächter Form, auch zutreffen.
der Kirche einen Anreiz, Fundraising als festen Bestand-
Wir werden immer weniger. Auf Grund der geringen Geburtenraten,
besonders in der protestantischen Bevölkerungsgruppe, geht die
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) davon aus, dass bis zum
Jahr 2030 die Mitgliederzahl um ein Drittel sinken und sich die
finanzielle Leistungsfähigkeit halbieren wird.
Das wird nach etwas detaillierten Prognoseüberlegungen auch für die
EKHN zutreffen, allerdings in abgeschwächter Form.
Nur durch weitere Maßnahmen ist es möglich,
das noch verbleibende strukturelle Defizit 2006 deutlich
zu minimieren und 2007 wieder einen strukturell aus-
Neue Finanzierungsideen nötig
während der ersten Aktion im Jahr 2004 zeigen das deut-
meidlich sein, bereits geführte Prioritätendiskussionen
Wenn die Kirchen ihre Arbeit in möglichst großem Umfang
liche Interesse daran.
partiell erneut aufzugreifen.
erhalten wollen, müssen sie sich neben der Kirchensteuer
Mitglieder-Entwicklung in der Zukunft
2,0
teil des Aufgabenspektrums zu sehen. Die 229 Anträge
geglichenen Haushalt zu erreichen. Dabei wird es unver-
■
weitere Einnahmequellen erschließen. Deshalb werden
Mitglieder [Mio.]
Überbrückungsfonds hilft
Alter [Jahre]
1,5
Mit dem Haushalt 2005 wurde ein Überbrückungsfonds von
3 Mio. Euro bereitgestellt, weitere 3 Mio. sind für 2006
■
0,94
über 65
0,87
1,0
geplant. Der Fonds soll Kirchengemeinden, Dekanate
und gesamtkirchliche Organisationseinheiten in die Lage
0,78
■
25 – 65
0,5
versetzen, die Kostenreduzierungsvorgaben, vor allem im
Personalbereich, möglichst zügig umzusetzen.
0
2005e
2015e
2025e
■
15 – 24
■
unter 15
Kirche und Finanzen
Gut geplant, aber Sparziel noch nicht ganz erreicht
70
71
Einnahmen und Ausgaben der EKHN im Jahr 2004
Jahresergebnis 2004
Einnahmen
2003
2004
2004
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
2005
Planzahlen
[T Euro]
2004
Anteil an
den Gesamteinnahmen
[%]
[T Euro]
2003
2004
[T Euro]
[T Euro]
367.569,42
347.425,29
62,7
– 5,5
338.000,00
138.793,53
132.153,81
122.587,67
Erlöse, Kostenerstattungen
17.159,53
22.943,91
4,1
+ 33,7
24.599,23
Gebäudeinvestitionen und -unterhaltung
54.099,08
46.288,59
40.035,62
Staatsleistungen und -erstattungen
14.143,07
14.680,31
2,7
+ 3,8
14.956,52
Dekanate, regionale Verwaltung
20.026,32
21.805,73
28.721,00
Zuführungen an kirchengemeindliche
Rückstellungen und -lagen
2.796,82
2.755,48
2.600,00
215.715,75
203.003,62
16.408,07
15.822,27
15.248,92
5.035,37
4.630,90
4.638,74
38.727,99
32.835,00
119.535,12
203.515,48
111.859,08
10.462,80
9.710,47
9.784,54
109.072,32
193.805,01
102.074,54
[T Euro]
[1] [2]
Zins- und Vermögenserträge
21.074,96
15.190,11
2,7
– 27,9
14.402,66
Sonstige laufende Einnahmen
13.872,81
21.240,12
3,8
+ 53,1
19.230,75
433.819,79
421.479,75
76,1
– 2,8
411.189,16
Überschuss aus Vorjahren
Veräußerungen
0,00
0,00
0,0
– 100,0
0,00
1.137,57
982,47
0,2
– 13,6
2.000,00
Kreditaufnahmen
[3]
0,00
97.119,88
17,5
± 0,0
0,00
Rücklagenentnahmen
[4]
53.648,52
34.282,14
6,2
– 36,1
38.362,86
67,61
60,66
0,0
– 10,3
1,40
– 40.226,32
– 25.132.90
54.853,69
132.445,15
23,9
+ 141,5
40.364,26
488.673,48
553.924,89
100,0
+ 13,4
451.553,42
Sonstige vermögenswirksame Einnahmen
Kirchengemeinden
[5]
z.B. Diakonisches Werk
z.B. kirchlicher Entwicklungsdienst/
»Bekämpfung der Not in der Welt«
– 25.900,23
davon Schulpfarrer (das jeweilige Bundesland
übernimmt 80 % der Personalkosten)
davon Pfarrer im EKHN-Pfarrdienst
[2]
[3]
[4]
[3]
2004 übersteigt das Ergebnis der Kirchensteuereinnahmen
die Planzahl um 2,2 Mio. Euro.
Für die Planung 2005 wird auf Grund
der konjunkturellen Rahmenbedingungen
von deutlich niedrigeren Einnahmen ausgegangen.
Bedingt durch den BfA-Ausstieg erhöhte sich die Summe
der Einnahmen um rund 97 Mio. Euro, die durch Kreditaufnahmen gedeckt wurden.
Bislang hatte die EKHN ein Drittel der Altersversorgung
ihrer 2.000 Kirchenbeamten, darunter auch die Pfarrerinnen
und Pfarrer, über die Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) organisiert. Im November 2003
beschloss die Synode, diese Zusammenarbeit
allmählich auslaufen zu lassen (»BfA-Ausstieg«) und
stattdessen die Altersversorgung über eine kapitalgedeckte private Rentenkasse abzudecken. Mit dieser
Maßnahme werden knapp 7 Mio. Euro pro Jahr
eingespart. Die EKHN war, zusammen mit der Evangelischen
Kirche in Bayern, die einzige evangelische Landeskirche,
die sich vor einigen Jahrzehnten in die BfA eingekauf t hatte.
gemeinsam für Gesamtkirche und Kirchengemeinden
2003 Erwartete Einnahmen
Tatsächliche Einnahmen
385,0 Mio. Euro
367,7 Mio. Euro
2004 Erwartete Einnahmen
Tatsächliche Einnahmen
345,0 Mio. Euro
347,2 Mio. Euro
Beamte
Angestellte und Arbeiter
nebenamtlich Beschäftigte
Personalnebenkosten
[6]
Laufende Sachausgaben
[T Euro]
36,6
– 5,9
193.944,30
5,9
– 15,2
30.721,35
6.834,35
5.587,45
5.986,83
20.708,67
21.485,59
20.862,23
905,54
833,71
864,81
12.906,42
13.013,66
14.363,83
160.890,10
244.435,90
44,1
+ 51,9
153.936,78
19.338,95
26.431,16
4,8
+ 36,7
24.760,95
12.471,49
9.595,90
7.642,54 [7]
13.422,19
9.149,24
12.462,63
25.893,69
18.745,15
7.525,55
7.614,76
7.627,79
17.169,87
18.145,85
18.110,92
2.573,36
1.900,93
1.701,93
28.107,01
28.474,07
5,1
+ 1,3
28.084,87
488.673,48
553.924,89
100,0
+ 13,4
451.553,42
Vermögenswirksame Ausgaben
Investitionen und Instandhaltung
[7]
Zuführungen an Rückstellungen und -lagen
der Gesamtkirche
[8]
3,4
– 27,6
20.105,17
EKD-Umlagen
■
davon allgemeine Umlage
■
davon Finanzausgleich an östliche Landeskirchen
■
davon Ostpfarrerversorgung
Summe aller Ausgaben
72
2005
Planzahlen
Gesamtkirchliche Personalausgaben
Pfarrdienst (inkl. Altersvorsorge und -versorgung)
nachrichtlich: Saldo Rücklagenzuführungen
minus Rücklagenentnahmen
[1]
2004
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
Zuweisungen an kirchliche Einrichtungen
Vermögenswirksame Einnahmen
Summe aller Einnahmen
2004
Anteil an
den Gesamtausgaben
[%]
Zuweisungen an Kirchengemeinden und Dekanate
Laufende Einnahmen (Kirchensteueraufkommen brutto)
Kirchensteuer netto
Ausgaben
[5] Reduktion bedingt durch Verringerung der Bauvolumina
und beschlossene Kürzungen
[6] Einmalige Erhöhung der Personalkosten durch den BfA-Ausstieg –
in Folgejahren hohe Einsparung (siehe auch [9])
[7] deutliche Verringerung beim Planansatz 2005
durch Abschluss der Bauprojekte
[8] Einrichtung des Überbrückungsfonds zur Vermeidung unvertretbarer
Härten auf Grund des Synodenbeschlusses zum Stellenabbau
[9] Die Summe der Ausgaben erhöhte sich durch den BfA-Ausstieg
um 97 Mio. Euro.
[9]
73
Ausgaben für kirchliche Arbeit
Verwendung des Haushalts 2004
Ausgaben
[T Euro]
Anteil an
den Gesamtausgaben
[%]
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
Kirchengemeinden und Dekanate
Ausgaben
[T Euro]
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
Seelsorge
Kirchengemeinden
132.153,81
– 4,8
Krankenhausseelsorge
[2]
3.288,65
– 25,9
■ davon
Kindertagesstätten
29.703,95
+ 3,0
Altenheimseelsorge
[2]
835,30
– 20,6
■ davon
Diakoniestationen
3.566,45
– 10,8
Gefangenenseelsorge
[2]
717,11
– 21,8
Gebäudeinvestitionen und -unterhaltung
46.288,59
– 14,4
Gehörgeschädigten-, Gehörlosenseelsorge
[2]
364,94
+ 130,9
Dekanate, regionale Verwaltung
21.805,73
+ 8,9
Zentrum Seelsorge und Beratung
[2]
820,16
– 3,4
2.755,48
– 1,5
Behindertenseelsorge
[2]
240,00
+ 772,6
– 5,9
Polizei- und Zollgrenzdienstseelsorge
[2]
252,54
– 4,2
Flughafenseelsorge
[2]
146,66
– 8,5
Blindenseelsorge
[2]
132,73
– 81,2
Schaustellerseelsorge
[2]
80,64
– 19,1
Notfall- und sonstige Seelsorge
[2]
668,21
+ 32,4
Summe Seelsorge
[2]
7.546,92
Kirchengemeindliche Rückstellungen und -lagen
Summe Kirchengemeinden und Dekanate
203.003,62
36,6
Gemeindepfarrdienst
Gemeindepfarrdienst,
Kirchliche Personalberatung
[1]
Übergemeindliche Poolstellen
Profilstellen, Pfarrstellen ERV
[2]
65.392,63
– 24,3
787,12
– 14,5
1.111,89
+ 152,3
Pfarrerausschuss und sonstige Vertretungen
[6]
62,79
Summe Gemeindepfarrdienst
[7]
67.354,44
Zwischensumme kirchliche Arbeit
auf Kirchengemeindeebene
270.358,06
– 92,5
12,2
48,8
– 24,0
– 11,2
Unterstützungsleistungen der Gesamtkirche
für Handlungsfelder und Querschnittsbereiche
Zentrum Verkündigung
[3]
missionarisches Handeln
und geistliches Leben
4.823,61
+ 44,8
■ davon
1.097,11
+ 18,0
1.259,05
+ 0,6
349,34
– 48,3
Sonstige Kirchenmusik
134,20
– 27,1
Gottesdienst
229,43
– 8,1
■ davon
Kirchenmusik
■ davon
Gottesdienstgestaltung, Kunst
und Kirche
[2]
Gemeindearbeit
[2]
218,15
+ 52,6
Bibelgesellschaften
[6]
122,00
– 30,5
1.401,21
– 3,9
19,40
– 88,0
Evangelische Studierendengemeinden
Evangelische Kirchentage
[6]
Stadtkirchenarbeit
[4]
Summe Verkündigung
361,09
7.309,08
1,3
+ 27,9
– 17,7
Zentrum Bildung und Erziehung
6.040,04
– 2,1
■ davon
Kinder- und Jugendarbeit
2.872,52
+ 16,8
Evangelische Frauenhilfe
und Arbeitsgemeinschaft Frauen
1.698,37
+ 5,9
461,55
– 26,9
■ davon
■ davon
Erwachsenenbildung
■ davon
Fachbereich Kindertagesstätten
[4]
724,83
[2]
24.704,28
Schulseelsorge [4]
Verkündigung
1,4
Bildung
Religionsunterricht
74
Anteil an
den Gesamtausgaben
[%]
+ 101,9
749,52
Kirchliche Schulen
4.187,74
Religionspädagogisches Zentrum
1.574,62
– 4,8
Religionspädagogische Ämter
1.478,14
– 8,2
391,14
± 0,0
Jugendkulturkirche Frankfurt
Tagungshäuser und Bildungsstätten
2.284,31
Stadtjugendpfarrer
Kinder- und Jugendkirchentag
Konfirmandenunterricht
Sonstiges
Summe Bildung
244,37
[4] [6]
[5]
– 22,2
488,60
63,14
+ 868,0
155,86
+ 10,9
42.657,15
7,7
+ 29,6
[1] Durch den 2004 vollzogenen
Beschluss des Ausstiegs aus der
BfA erfolgt für den Ausweis der
Versorgungsleistungen eine neue
Zuordnung.
Hierin enthalten ist eine Einmalzahlung von 97 Mio. Euro an die
Evangelische Ruhegehaltskasse.
Bislang hatte die EKHN ein Drittel
der Altersversorgung ihrer 2.000
Kirchenbeamten, darunter auch die
Pfarrerinnen und Pfarrer, über die
Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte (BfA) organisiert.
Im November 2003 beschloss die
Synode, diese Zusammenarbeit
allmählich auslaufen zu lassen
(»BfA-Ausstieg«) und stattdessen die
Altersversorgung über eine kapitalgedeckte private Rentenkasse abzudecken. Mit dieser Maßnahme werden
knapp 7 Mio. Euro pro Jahr eingespart. Die EKHN war, zusammen mit
der Evangelischen Kirche in Bayern,
die einzige evangelische Landeskirche, die sich vor einigen Jahrzehnten in die BfA eingekauf t hatte.
[2] Starke prozentuale Abweichungen
sind die Folge von veränderten
Zuordnungen und strukturellen Verschiebungen innerhalb des Haushalts.
[3] Im Jahr 2004 wurden zahlreiche
Baumaßnahmen beendet und einige
Projekte neu begonnen, wodurch sich
das Ausgabevolumen veränderte.
[4] Diesen Positionen steht im
Vorjahr keine Vergleichsgröße gegenüber.
[5] Der Anstieg der Ausgaben in
diesem Bereich resultiert aus dem
Projekt »Jahr der Konf irmanden« und
stellt keine dauerhaf te Erhöhung dar.
Bereits 2005 werden die Ausgaben
wieder auf dem normalen Niveau
liegen.
[6] Einige Projekte und Maßnahmen
erfolgen mit einem mehrjährigen Abstand und führen bei der Betrachtung
im Folgejahr jeweils zu größeren
Abweichungen nach oben oder unten
(z.B. Kirchentage, Kirchenvorstandswahlen, Neuauflagen).
[7] Deutliche Absenkung durch neue
Berechnungsgrundlage.
75
Ausgaben für kirchliche Arbeit
Verwendung des Haushalts 2004
[Fortsetzung]
Ausgaben
[T Euro]
Anteil an
den Gesamtausgaben
[%]
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
Gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie
Ausgaben
[T Euro]
Anteil an
den Gesamtausgaben
[%]
Veränderung
gegenüber
2003
[%]
Kirchenleitung/-verwaltung
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau
15.826,92
– 3,5
Kirchenverwaltung
16.635,43
– 17,7
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung
3.361,03
+ 7,1
Bibliotheken/Archiv
1.044,54
+ 9,0
145,62
– 68,5
Synode
695,44
– 4,7
Kirchenleitung
661,79
+ 18,2
Beratung für Arbeitslose
[2]
Summe Gesellschaftliche Verantwortung
und Diakonie
19.333,57
3,5
– 3,4
Zentrum Mission und Ökumene
2.264,55
– 2,1
Bekämpfung der Not in der Welt
(Kirchlicher Entwicklungsdienst)
4.682,28
– 7,0
Missionswerke
3.784,71
– 3,4
[9]
42,04
+ 114,6
[10]
231,34
– 613,1
Sonstiges
11.004,91
2,0
– 2,1
– 21,5
1.219,27
– 45,4
21.549,73
Versorgungsleistungen Pfarrer
[1]
Immobilien- und Kirchensteuerverwaltung
Baurückstellungen
3,9
– 18,2
Vorbereitungsdienst der Vikarinnen und Vikare
[3]
Theologisches Konvikt
2.311,04
– 19,8
3.433,25
+ 105,1
177,89
+ 9,9
Kirchliche Hochschulen und Stiftungsprofessuren
[2]
225,60
+ 41,9
Evangelische Fachhochschule Darmstadt
[2]
3.154,49
– 38,9
9.302,27
1,7
115.278,92
+ 654,3
8.177,36
– 22,2
5,80
– 99,7
Sammelversicherungen
1.928,26
+ 8,6
Betriebsmittelrücklage
3.133,23
– 25,3
Bürgschaftssicherungsrücklage
1.000,00
+ 100,0
Versorgungsstiftung
Theologische Ausbildung
Summe theologische Ausbildung
1.293,26
[1] [2]
Vermögensverwaltung, Altersversorgung
Summe Ökumene
Theologisches Seminar Herborn
[1] [2]
Rechnungsprüfung
Summe Kirchenleitung/-verwaltung
Ökumene
Friedensarbeit
Leitendes Geistliches Amt
sonstige Vermögensverwaltung
Diakonissenhaus
[8]
Summe Vermögensverwaltung, Altersversorgung
Zwischensumme
weitere gesamtkirchliche Dienstleistungen
200,00
± 0,0
18,08
+ 38,5
154,50
+ 2.378,4
129.896,14
[1]
151.445,87
23,5
27,3
+ 285,1
+ 152,1
und Supervision
0,2
Summe Öffentlichkeitsarbeit
Zwischensumme Unterstützungsleistungen
der Gesamtkirche
76
5,1
+ 1,3
[1]
553.924,89
100,0
+ 14,6
[8] Durch Übernahme von Vermögen
des Paulinenstif ts durch die EKHN
konnten Erträge aus diesem
Vermögen für die Versorgung der
Diakonissen zur Verfügung gestellt
werden.
[9] Ein Teil der Mittel stammt aus
Vorjahren. Die tatsächliche Erhöhung
liegt bei rund 20 %.
Querschnittsbereich Öffentlichkeitsarbeit
Wissenschaftliche Studien
28.474,07
– 9,4
Summe
Regionale Öffentlichkeitsarbeit, Presse,
Medienhaus, Ton- und Bildstelle,
Hörfunk und Fernsehen, Projekte
[3] Im Jahr 2004 wurden zahlreiche
Baumaßnahmen beendet und einige
Projekte neu begonnen, wodurch sich
das Ausgabevolumen veränderte.
[4] Diesen Positionen steht im
Vorjahr keine Vergleichsgröße gegenüber.
EKHN-Anteil am EKD-Haushalt und
Finanzausgleich mit östlichen Landeskirchen
Zentrum für Organisationsentwicklung
1.093,35
[2] Starke prozentuale Abweichungen
sind die Folge von veränderten
Zuordnungen und strukturellen Verschiebungen innerhalb des Haushalts.
+ 90,7
EKD
Personal- und Sachkosten
[1] Durch den 2004 vollzogenen
Beschluss des Ausstiegs aus der
BfA erfolgt für den Ausweis der
Versorgungsleistungen eine neue
Zuordnung.
Hierin enthalten ist eine Einmalzahlung von 97 Mio. Euro an die
Evangelische Ruhegehaltskasse.
Bislang hatte die EKHN ein Drittel
der Altersversorgung ihrer 2.000
Kirchenbeamten, darunter auch die
Pfarrerinnen und Pfarrer, über die
Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte (BfA) organisiert. Im
November 2003 beschloss die
Synode, diese Zusammenarbeit
allmählich auslaufen zu lassen
(»BfA-Ausstieg«) und stattdessen die
Altersversorgung über eine kapitalgedeckte private Rentenkasse abzudecken. Mit dieser Maßnahme werden
knapp 7 Mio. Euro pro Jahr eingespart. Die EKHN war, zusammen mit
der Evangelischen Kirche in Bayern,
die einzige evangelische Landeskirche, die sich vor einigen Jahrzehnten in die BfA eingekauf t hatte.
5.178,97
– 3,5
220,67
– 7,4
5.399,64
1,0
– 3,7
103.646,89
18,7
+ 14,2
[10] Die Reduktion resultiert aus
dem planmäßigen Ende von
Projekten zu Beginn des Jahres 2004.
77
Glossar
EKD-Umlage
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)
arbeitet als Dachverband der evangelischen
Landeskirchen. Sie finanzieren entsprechend
ihrer Größe in einer Umlage die Arbeit der
EKD, also zum Beispiel das Kirchenamt der
EKD in Hannover, die Repräsentanz in Berlin
und das Gemeinschaftswerk der Evangelischen
Publizistik in Frankfurt.
»Anführungszeichen« verweisen
auf andere Stichworte des Glossars
Bibelgesellschaften
Einrichtungen, die sich besonders für die
Übersetzung und weltweite Verbreitung der
Bibel engagieren. In der EKHN gibt es die
Frankfurter Bibelgesellschaft.
Bürgerlich-traditionaler Lebensstil
Die Sozialforschung unterscheidet bei ihrer
Analyse verschiedene Lebensstile, die durch
Unterschiede im Denken, Wahrnehmen
sowie in den Interessen und Lebenszielen
entstehen und die sich anhand dieser Merkmale definieren lassen. Einen bürgerlichtraditionalen Lebensstil haben demnach
Personen, denen Geselligkeit und Nachbarschaftskontakte wichtig sind, die ihr Leben an
traditionellen Normen ausrichten und denen
der Wunsch nach Unabhängigkeit und Lebensgenuss eher fremd ist.
Dekan/-in
Eine Pfarrerin oder ein Pfarrer mit Leitungsaufgaben in der Region, dem »Dekanat«.
Dekanat
Gemeinden sind in der Region in Dekanate
zusammengefasst. Derzeit gibt es in der EKHN
50 Dekanate mit jeweils 20.000 bis 100.000
Mitgliedern.
Dekanatsstrukturreform
Die EKHN hat im Zuge einer Strukturreform
die 50 Dekanate als evangelische Kirche in der
Region gestärkt. Kompetenzen und Aufgaben
aus anderen Bereichen wurden in die
Dekanate verlagert. Damit will die EKHN das
Angebot der Gemeinden und kirchlichen
Einrichtungen in den Regionen besser vernetzen. Ziel ist es, sie für Interessierte von
außen leichter zugänglich zu machen und
Gemeinden zu entlasten. Außerdem können
im Dekanat Entscheidungen basisnäher
getroffen und damit besser auf die konkreten
Bedingungen vor Ort abgestimmt werden.
Diakonie/Diakonisches Werk
Aus dem Griechischen: ›Dienst‹. Der Begriff
steht für die sozialen Dienste der Kirche.
In den Urgemeinden war es die Armenpflege,
heute ist es die professionelle Sozialarbeit der
evangelischen Kirche, entsprechend der
katholischen Caritas.
Diakonissen
Evangelische Ordensschwestern, die sich
sozialen Aufgaben, meist der Krankenpflege,
verpflichtet haben.
Diaspora
Gebiet, in dem die Angehörigen einer
Konfession nur eine sehr kleine Minderheit
sind.
78
Enklave
Politisches Gebiet, das von einem anderen
umschlossen wird und dadurch in einer Insellage ist.
Evangelischer Regionalverband (ERV)
Der ERV ist die Verwaltung der Evangelischen
Kirche in Frankfurt, die Teil der EKHN ist. Bei
der Gründung der EKHN aus den drei zuvor
selbstständigen Kirchen in Nassau, HessenDarmstadt und der freien Reichsstadt Frankfurt wurde letzterer eine Teilautonomie in
bestimmten Verwaltungsfeldern eingeräumt,
die heute vom ERV wahrgenommen wird.
Gesamtkirche
In der Ordnung der EKHN zunächst die Summe
aller ihrer Gemeinden. Repräsentiert wird
die Gesamtkirche von der Kirchen-»Synode«,
der »Kirchenleitung« und dem »Leitenden
Geistlichen Amt«. In der Wahrnehmung
kirchlicher Gesamtverantwortung kann sie
auch zum Gegenüber für Gemeinden und
Einrichtungen werden. Bestimmte Funktionen,
etwa Verhandlungen mit den Bundesländern,
kann nur die Gesamtkirche wahrnehmen.
Gnadauer Verband –
genauer: Evangelischer Gnadauer
Gemeinschaftsverband e.V.
Der Verband ist ein freies missionarisches
Werk, das innerhalb der evangelischen
Landeskirchen und darüber hinaus arbeitet.
Es bietet ein organisatorisches Dach für
örtliche Gemeinschaften (Landeskirchliche
Gemeinschaften, Stadtmissionen etc.) sowie
die zur Gemeinschaftsbewegung gehörenden
Ausbildungsstätten, Missionen und diakonischen
Einrichtungen (www.gnadauer.de).
Handlungsfelder
Die vielen Tätigkeiten und Angebote der EKHN
wurden in einem Umstrukturierungsprozess in
fünf Handlungsfeldern gebündelt. Für jedes
dieser Handlungsfelder gibt es ein Zentrum.
Hospiz
Vom lateinischen ›hospitium‹: ›Herberge‹.
Hospiz meinte ursprünglich ein christliches
Gästehaus etwa für Pilger und Schutzbedürftige. Heute sind damit meist Orte gemeint, an
denen Sterbenskranke medizinisch und geistlich begleitet und betreut werden. Ziel ist hier
nicht, das Sterben zu verhindern, sondern,
das Leiden der Kranken zu lindern, ihnen das
Verbleiben in der vertrauten Umgebung zu
ermöglichen und auch den Angehörigen beizustehen. Davon leitet sich die Hospizbewegung und die Hospizarbeit ab, die
Sterbebegleitung durch befähigte ehrenamtliche Hospizhelfer und Hospizhelferinnen
anbietet. Sie stehen gemeinsam mit
Medizinern, Pflegekräften, Sozialarbeitern
und Theologen sterbenskranken Menschen in
ihrem letzten Lebensabschnitt zur Seite.
Jugendkultur
Die Sozialforschung unterscheidet bei ihrer
Analyse verschiedene Lebensstile, die durch
Unterschiede im Denken, Wahrnehmen sowie
in den Interessen und Lebenszielen entstehen und die sich anhand dieser Merkmale
definieren lassen. Zur Jugendkultur werden
demnach Personen gezählt, die persönliche
Unabhängigkeit besonders schätzen, die
traditionellen Werten gegenüber skeptisch
eingestellt sind und die neuen geistigen
Strömungen und Innovationen gegenüber
besonders aufgeschlossen sind.
Kantor/-in
Kirchenmusiker/-in.
Kirchengesetz
Laut Artikel 140 des Grundgesetzes sind die
Artikel 136 bis 139 und 141 der Weimarer
Verfassung Teil des Grundgesetzes. Sie regeln
Fragen der Religion und Religionsausübung.
Nach Paragraf 137, Absatz 3 ordnet und
verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre
Angelegenheiten selbstständig innerhalb der
Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
Entsprechend regelt die EKHN ihre internen
Angelegenheiten mit von der Synode verabschiedeten Kirchengesetzen.
Kirchenleitung
Ständige Leitung der Kirche im Auftrag der
»Synode«. Entscheidet bei geistlichen Fragen
im Benehmen mit dem »Leitenden Geistlichen
Amt«. Vorsitzender der Kirchenleitung ist der
»Kirchenpräsident«. Mitglieder außerdem:
Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten, Leiter
der Kirchenverwaltung, eine »Pröpstin« oder
ein »Propst«, zwei Mitglieder des Kirchensynodalvorstandes, zwei Gemeindemitglieder.
Kirchenordnung
Kirchenverfassung der EKHN, die ihre wesentlichen Aufgaben und Organe festlegt.
Kirchenpräsident
Geistliches Leitungsamt in der EKHN. Der
Kirchenpräsident ist Vorsitzender der
»Kirchenleitung« und des »Leitenden Geistlichen Amtes«.
Kirchenrätin/Kirchenrat
Bezeichnung für leitende Verwaltungsangestellte der Kirche. Theologinnen bleiben
als Kirchenrätin Pfarrerin. Juristinnen etc.
werden Kirchenbeamtinnen. Theologen bleiben
als Kirchenrat Pfarrer. Juristen etc. werden
Kirchenbeamte. Der staatlichen Behördenstruktur nachempfunden.
Kirchensteuer
Haupteinnahmequelle der großen Kirchen in
Deutschland. Eigentlich keine Steuer, sondern
ein nach Einkommen gestaffelter Mitgliedsbeitrag, juristisch gesehen eine Abgabe
gemäß Steuerordnung. Um Verwaltungskosten
zu sparen, kooperieren die Kirchen dabei mit
den Finanzämtern. Diese ziehen als bezahlte
Dienstleister der Kirchen die Kirchensteuer
mit der Lohn- und Einkommensteuer ein.
Die Kirchensteuer beträgt in der Regel
9 Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer.
Konfirmation, Konfirmand/-in
Traditionell werden Babys getauft und damit
nach dem Willen ihrer Eltern in die christliche
Tradition gestellt. Religionsmündig werden
diese Kinder erst mit 14 Jahren. Der
Konfirmanden-Unterricht für die 14-Jährigen
ist der nachgeholte Taufunterricht.
Am Ende steht die Konfirmation, bei der die
Konfirmand(inn)en feierlich ihr persönliches
Ja zum christlichen Glauben sprechen.
Küster/-innen, Küsterverband
Auch Kirchendiener/-innen, Verwalter oder
Hausmeister/-innen einer Kirche. Die Küster/
-innen der EKHN sind in einem Berufsverband
organisiert.
Landeskirche
Häufig synonym für »Gesamtkirche« verwendet, aber sachlich nicht ganz richtig.
Landeskirchen sind historisch gewachsene
Kirchengebiete, analog zu katholischen
Diözesen. In der Reformationszeit haben die
einzelnen Landesfürsten die Konfession
ihrer Untertanen bestimmt und dafür eigene
Organisationen, die Landeskirchen, eingerichtet. Aus ihnen sind die heutigen
evangelischen Kirchen hervorgegangen.
Ihre Grenzen entsprechen aber nur noch
selten den heutigen Ländergrenzen. Aus
diesen historischen Gründen ist der
Protestantismus in Deutschland auch föderal
strukturiert.
Laubach-Kolleg
Eine evangelische Oberstufenschule mit angeschlossenem Internat bei Gießen, das einerseits Schüler aus dem ländlichen Raum und
andererseits Personen auf dem zweiten
Bildungsweg zum Abitur führt.
Leitendes Geistliches Amt (LGA)
Eine Besonderheit der EKHN. Die ständige
geistliche Leitung der Kirche – also das
Bischofsamt – wird dabei diesem Gremium
anvertraut. Ihm gehören neben dem »Kirchenpräsidenten« und dessen Stellvertreterin
auch die sechs »Pröpstinnen« und »Pröpste«
an.
Liturgie
Vom griechischen ›leiturgia‹: ›Dienst im
Gottesdienst‹. Gemeint ist der Ablauf des
Gottesdienstes mit seinen festen Teilen wie
Glaubensbekenntnis und Vaterunser sowie
den variablen Teilen wie Gebeten und
Lesungen.
Mission
Zeugnis des Glaubens bei Nichtchristen. Die
Bibel fordert Christen auf, den christlichen
Glauben in allen Ländern und bei allen
Menschen bekannt zu machen.
Nassau
Bei der Gründung der EKHN 1947 wurden die
Gebiete des ehemaligen Großherzogtums
Nassau mit dem des Großherzogtums Hessen
und bei Rhein sowie der ehemaligen freien
Reichsstadt Frankfurt zusammengelegt. Das
ehemalige Großherzogtum Nassau, heute
aufgeteilt zwischen Hessen und RheinlandPfalz, umfasste die Bereiche Taunus, Westerwald und Rheingau.
Ökumene
Aus dem Griechischen: ›die ganze bewohnte
Erde‹. Heute steht der Begriff für den Dialog
und die Gemeinschaft verschiedener christlicher Kirchen. Im landläufigen Sprachgebrauch als evangelisch-katholischer Dialog.
Im weiteren Sinne als weltweiter Dialog der
Kirchen. Neuerdings fälschlich auch als Dialog
der Weltreligionen verwendet.
Pflegegutachten
Wenn die Pflegeversicherung Mittel genehmigt,
können die Betroffenen diese entweder als
Pflegeleistungen in Anspruch nehmen und
abrechnen oder sich auszahlen lassen, um die
Pflege damit privat organisieren zu können.
Im zweiten Fall überprüft einmal im Quartal
eine dafür ausgebildete Fachkraft die Qualität
der häuslichen Pflege. Diese Prüferin erstellt
das Pflegegutachten.
Präses
Vorsitzender der »Synode« und des Kirchensynodalvorstandes. Das Amt wird ehrenamtlich ausgeübt.
Pröpstin/Propst
Geistliches Leitungsamt in den sechs
Propsteien der EKHN. Zusammen mit dem
»Kirchenpräsidenten« und dessen Stellvertreterin bilden die Pröpstinnen und
Pröpste das »Leitende Geistliche Amt«.
Psalm
Religiöse Poesie der jüdisch-christlichen
Tradition, die in Gebeten und Liedern
Erfahrungen des Glaubens ausdrückt. Eine
Sammlung von 150 Psalmen ist Teil der Bibel.
In der Anfangsliturgie der Gottesdienste wird
meist ein Psalm daraus vorgetragen.
Reformation,
niederländische, Schweizer, Wittenberger
Reformation
Die Reformation geht auf verschiedene
Gründerpersönlichkeiten zurück und hat in
den europäischen Ländern einen unterschiedlichen Verlauf genommen. Zentrum der
lutherischen Tradition war Wittenberg. Dort
haben Martin Luther und Philipp Melanchthon
versucht, in die katholische Kirche behutsame
Reformen einzubringen. Ihre Tradition hat
sich besonders in Ost- und Norddeutschland
verbreitet.
Die Schweizer Reformatoren Ulrich Zwingli
und Johannes Calvin waren stärker vom
Humanismus beeinflusst und grenzten ihre
reformierte Tradition stärker von der
katholischen Kirche ihrer Zeit ab. Ihr Einfluss
erfasste große Teile von Süddeutschland und
über Frankreich auch die Niederlande und
Nordwestdeutschland.
Die lutherische und die reformierte Tradition
standen jahrhundertelang unvermittelt
nebeneinander. Erst im 19. Jahrhundert
wurden sie mit den Kirchenunionen einander
angenähert. Die EKHN ist heute eine unierte
Kirche, zu der Gemeinden unterschiedlicher
Traditionen gehören. Die verschiedenen innerprotestantischen Traditionen sind heute noch,
zum Beispiel in der »Liturgie« und im
Kirchenbau, zu finden. Einzelne Gemeinden
pflegen sie bis heute sehr bewusst.
Rüstzeit
Traditionelles kirchliches Wort für eine Fortbildung mit geistlichem Anspruch.
Schwesternschaften
Kommunitäten und Verbände von
evangelischen Frauen, die meist in
diakonischen Einrichtungen Dienst tun oder
taten. Viele von ihnen sind im Kaiserswerther
Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser
e.V. organisiert (www.kaiserswertherverband.de).
Stadtjugendpfarramt
In den größeren Städten hat die EKHN eigene
Jugendzentren eingerichtet, um speziell
Jugendlichen Angebote machen zu können.
Sie werden von Stadtjugendpfarrerinnen und
-pfarrern geleitet.
Supervision
Professionelle psychologische Begleitung von
Menschen, bei der bestimmte Projekte,
Arbeitsabläufe oder Verhaltensweisen
reflektiert werden.
Synode
Aus dem Griechischen: ›Zusammenkunft‹.
Die Synode ist das parlamentsähnlich
organisierte ›maßgebende Organ geistlicher
Leitung und kirchlicher Ordnung‹. Die Synode
beschließt Gesetze sowie die jährlichen
Haushalte und besetzt durch Wahl wichtige
Leitungsämter. Synoden gibt es auf der Ebene
der »Dekanate« und der »Gesamtkirche«.
Theologisches Konvikt
Studentenwohnheim in Frankfurt, das
Studierenden der Theologie besondere
studienbegleitende Angebote macht.
Theologisches Seminar
Nach dem ersten theologischen Examen
absolvieren angehende Pfarrerinnen und
Pfarrer im Theologischen Seminar die zweite,
praktisch orientierte Ausbildungsphase, das
Vikariat.
Vikar/-in
Theologe/-in in der zweiten, der praktischen
Ausbildungsphase zur Pfarrerin/zum Pfarrer.
Visitationsbezirke
Die Sorge um die angemessene Verkündigung
und die Einhaltung der kirchlichen Ordnungen
in den Gemeinden ist Aufgabe der Pröpstinnen
und Pröpste. Sie kommen ihr nach, indem sie
in Gemeinden regelmäßige Visitationen
(Besuche) durchführen. Dazu ist die EKHN,
entsprechend der Propsteien, in Visitationsbezirke aufgeteilt.
Wohlfahrtverband
In Deutschland engagieren sich sechs nichtstaatliche Wohlfahrtsverbände: das
Diakonische Werk, die Caritas, die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz und
die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden.
Zentrum für Supervision
Einrichtung der EKHN, die deren Mitarbeiter/
-innen professionelle arbeitsbegleitende
Beratung anbietet.
Relaunch
Aus dem Englischen übernommener Begriff
für eine umfassende Erneuerung oder einen
Neubeginn.
79
Impressum
Wir freuen uns über Ihre Fragen, Anregungen, Kritiken oder Kommentare:
EKHN © August 2005
Herausgegeben von der Kirchenleitung
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-504
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www.ekhn.de
Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
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E-Mail kirchenpraesident@ekhn.de
Verantwortlich:
Oberkirchenrat Dr. Joachim Schmidt
Redaktion/Koordination:
Kirchenrat Stephan Krebs
Darstellung des Haushalts:
Dipl.-Betriebswirtin Ulrike Gaube-Franke
Statistische Daten/soziologische Befunde:
Oberkirchenrat Dr. Peter Höhmann
Gestaltung:
Prof. Gregor Krisztian,
Prof. Marian Nestmann
Produktion:
Judy Hermsdorf,
Prof. Marian Nestmann
Korrektorat:
Peter Schughart
Texte:
Olaf Borgsen: Seite 42
Wolf Gunter Brügmann: Seiten 18, 40, 62
Jörn Dietze: Seiten 34, 46, 50, 56, 60, 64, 66
Andreas Hartmann: Seite 68
Petra Jakobi: Seite 16
Stephan Krebs: Seiten 8, 10, 11, 14, 30, 32, 44, 58
Georg Magirius: Seiten 25, 37, 48
Sylvia Meise: Seite 28
Volker Rahn: Seite 53
Peter Steinacker: Seiten 4, 20
Heinz Thomas Striegler: Seiten 6, 70
Fotos:
Stanislaw Chomicki: Seiten 14, 32, 44, 58, 70
Eva Giovannini: Seiten 16, 17, 25, 26, 27,
34, 35, 36, 42, 46, 47, 50, 51, 52, 53, 54,
55 rechts, 56, 57, 68, 69
Holger Groß: Seite 10
Peter Klein: Seite 55 oben
Julia Kneuse: Seiten 60, 61, 63 Mitte,
63 unten, 66, 67
Martin Reinel: Seite 24
Friederike Schaab: Seiten 4, 5, 6, 8, 9,
20 oben, 30, 31
Jürgen Schanz: Seiten 29, 38, 48 links, 64, 65
Andreas Schlote: Seiten 18, 19, 20 unten,
21, 22, 23, 37, 39, 48 rechts, 49, 63 oben
Rolf K. Wegst: Seiten 40, 41
Wir danken allen, die uns durch ihre Mitarbeit,
durch Bereitstellung von Informationen, Material
oder auch Anregungen bei der Erstellung dieses
Jahresberichts unterstützt haben.
80
Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten
Oberkirchenrätin Cordelia Kopsch
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-297
E-Mail cordelia.kopsch@ekhn-kv.de
Leiterin der Kirchenverwaltung
Oberkirchenrätin
Sigrid Bernhardt-Müller
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-296
E-Mail sigrid.bernhardt-mueller
@ekhn-kv.de
Leiter des Dezernats Finanzen,
Bau und Liegenschaften
Oberkirchenrat Heinz Thomas Striegler
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-344
E-Mail heinz-thomas.striegler
@ekhn-kv.de
Propstei Rheinhessen
Propst: Pfarrer Dr. Klaus-Volker Schütz
An der Allee 34
55122 Mainz
Telefon (06131) 31027
E-Mail propstei.rheinhessen
@t-online.de
Propstei Süd-Nassau
Propst: Pfarrer Dr. Sigurd Rink
Humperdinckstraße 7A
65193 Wiesbaden
Telefon (0611) 522475
E-Mail propstei.sued-nassau
@t-online.de
Propstei Rhein-Main
Pröpstin: Pfarrerin Helga Trösken
Saalgasse 17
60311 Frankfurt
Telefon (069) 287388
E-Mail propstei.rhein-main
@t-online.de
Propstei Starkenburg
Pröpstin: Pfarrerin Karin Held
Ohlystraße 71
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 41151
E-Mail propstei.starkenburg
@t-online.de
■
Leiter der Öffentlichkeitsarbeit
Oberkirchenrat Dr. Joachim Schmidt
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-289
E-Mail joachim.schmidt@ekhn-kv.de
■
Präses der Kirchensynode
Direktor beim Rechnungshof
Dr. Karl Heinrich Schäfer
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-308
E-Mail karl-heinrich.schaefer.ekhn
@t-online.de
■
Propstei Nord-Nassau
Propst: Pfarrer Michael Karg
Friedrich-Birkendahl-Straße 31
35745 Herborn
Telefon (02772) 3304
E-Mail propstei.nord-nassau
@t-online.de
Propstei Oberhessen
Propst: Pfarrer Klaus Eibach
Lonystraße 13
35390 Gießen
Telefon (0641) 7949610
E-Mail propstei.oberhessen@ekhn.de
Zentrum Seelsorge und Beratung
Leitung: Pfarrer Gerhard Helbich
Kaiserstraße 2
61169 Friedberg
Telefon (06031) 162950
Telefax (06031) 162951
E-Mail ingrid.meier.zsb
@ekhn-net.de
www.zsb-ekhn.de
Zentrum Organisationsentwicklung
und Supervision
Leitung: Gerd Bauz
Kaiserstraße 2
61169 Friedberg
Telefon (06031) 162970
Telefax (06031) 162971
E-Mail zos@ekhn-net.de
www.zos-ekhn.de
Kirchliche Personalberatung
Leitung: Sylta Stautner und
Hans-Georg Berg
Kaiserstraße 2
61169 Friedberg
Telefon (06031) 162990
Telefax (06031) 162991
E-Mail personalberatung
@ekhn-net.de
www.personalberatung-ekhn.de
Zentrum für Bildung
Arbeitsbereiche:
■ Erwachsenenbildung
■ Kinder- und Jugendarbeit
■ Kindertagesstätten
■ Arbeit mit Frauen
Leitung: Pfarrerin Ute Knie
Erbacher Straße 17
64287 Darmstadt
Telefon (06151) 6690-100
Telefax (06151) 6690-140
E-Mail c.moser-zfb.ekhn@t-online.de
www.zentrumbildung-ekhn.de
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung
Arbeitsbereiche:
■ Bildung
■ Ökumenische Sozialethik und
Wirtschaftsraum Rheinhessen
■ Ökonomie und Sozial- und
Familienpolitik
■ Wirtschaftsraum Rhein-Main und
Öffentlichkeitsarbeit
■ Wirtschaftsraum Südhessen
■ Jugend und Gesellschaft
■ Arbeitslosigkeit
■ Ländlicher Raum
■ Umwelt
■ Handwerk
■ Öffentlichkeitsarbeit
Dem Zentrum angeschlossene Regionalpfarrämter in Gießen und Herborn
Leitung: Pfarrerin Gundel Neveling
Albert-Schweitzer-Straße 113 – 115
55128 Mainz
Telefon (06131) 2874441
Telefax (06131) 2874411
E-Mail p.weller@zgv.info
www.zgv.info
Zentrum Ökumene
Arbeitsbereiche
■ Entwicklung und Partnerschaft
■ Frieden und Konflikt
■ Zeugnis und Dialog
■ Bildung und Begegnung
Leitung: Pfarrer Dr. Jochen Kramm
Praunheimer Landstraße 206
60488 Frankfurt
Telefon (069) 97651811
Telefax (069) 97651819
E-Mail info@zoe-ekhn.de
www.zentrum-oekumene-ekhn.de
Zentrum Verkündigung
Arbeitsbereiche:
■ Missionarisches Handeln und
Geistliches Leben
■ Gottesdienst, Kunst und Kultur
■ Kirchenmusik
Leitung: Pfarrerin Christine Noschka
Markgrafenstraße 10
60487 Frankfurt
Telefon (069) 71379-0
E-Mail info@zentrumverkuendigung-ekhn.de
www.zentrum-verkuendigung.de