Genetik der neuronalen Zeroidlipofuszinosen - NCL

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Genetik der neuronalen Zeroidlipofuszinosen - NCL
Leitthema
Ophthalmologe 2010 · 107:612–615
DOI 10.1007/s00347-009-2107-x
Online publiziert: 9. Juni 2010
© Springer-Verlag 2010
M.N. Preising · B. Lorenz
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen
Genetik der neuronalen
Zeroidlipofuszinosen
Aspekte der humangenetischen Beratung
Lysosomale Speicherkrankheiten
stellen eine breit gefächerte Gruppe von Stoffwechselerkrankungen
dar. Ihnen gemein ist die Ansammlung von Stoffwechselendprodukten
in den lysosomalen Kompartimenten.
Diese Ablagerungen belasten den zellulären Stoffwechsel und führen über
kurz oder lang zur Degeneration der
Zellen. Neuronale Zellen sind dabei
oft empfindlicher als andere Körperzellen, wodurch vermehrt Beeinträchtigungen im Bereich der Hirnfunktionen, der Wahrnehmung und der motorischen Funktionen auftreten. Eine
Untergruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten sind die neuronalen
Zeroidlipofuszinosen. Die Vererbung
und die humangenetische Beratung
der Betroffenen dieser – mit wenigen
Ausnahmen – sich sehr früh manifestierenden Erkrankungen ist Thema
der folgenden Übersichtsarbeit.
Die neuronalen Zeroidlipofuszinosen
(NCL) sind eine Gruppe von seltenen progredienten neurodegenerativen Erkrankungen. Die weltweite Prävalenz liegt bei
1:100.000. In den USA oder Skandinavien
erreicht die Prävalenz bis zu 1:12.500 [6].
Die NCL sind eine Gruppe von lysosomalen Speicherkrankheiten, die sowohl
Zerebrum, Zerebellum und Hirnstamm
als auch wichtige afferente und efferente Nervenbahnen betreffen [1]. Dies führt
in erster Linie zu Epilepsien, Krampfanfällen, motorischen und kognitiven Störungen sowie Persönlichkeitsstörungen,
betrifft aber auch, bis auf wenige Aus-
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nahmen (CLN4 und CLN8 [1, 4]), den
N. opticus und die Netzhaut. Die Erkrankung ist klinisch heterogen und wird anhand des zeitlichen Beginns der Symptomatik eingeteilt (. Tab. 1, s. Krohne
et al. in dieser Ausgabe). Der Visusverlust aufgrund einer Netzhautdegeneration ist in den meisten Fällen eines der ersten Symptome und bei der juvenilen NCL
(JNCL) sogar die Einstiegsdiagnose. Damit kommt dem Augenarzt eine wichtige
Funktion bei der Früherkennung dieser
Erkrankungen zu.
NCL zeichnen sich durch Ablagerungen von Protein-Lipid-Komplexen in
den lysosomalen Kompartimenten aller
Zellen aus [4, 10]. Diese Ablagerungen bestehen aus einer Proteinkomponente und
autofluoreszentem lipophilem Material.
In den meisten Fällen stellt die Untereinheit c der mitochondrialen ATP-Synthase die Proteinkomponente [1, 7]. In diesen Fällen stellen sich die Ablagerungen
in den lysosomalen Kompartimenten als
lineare Profile im elektronenmikroskopischen Bild dar. Die Linien dieser Profile
können dabei geradlinig (RFP), kurvenförmig (CLP) oder ähnlich Fingerabdrücken (FPP) sein [1, 7]. Bei anderen NCLFormen, v. a. bei jenen mit sehr frühem
Beginn, finden sich Saposine (sphingolipidaktivierende Proteine: SAP-A, SAPD) als Hauptanteil der Proteinkomponente. In diesen Fällen zeigt das elektronmikroskopische Bild einen granulären osmiophilen Inhalt für die lysosomalen Ablagerungen ([1, 7], . Tab. 1). Mit Ausnahme
des CLN6- und des CLN8-Genprodukts
sind alle bislang bekannten NCL-Gen-
produkte im Lysosom selbst aktiv. Die genaue Funktion ist allerdings nicht bekannt
[1]. Es werden Beteiligungen am Einwärts­
transport von z. B. Arginin in die lysosomalen Kompartimente und bei der pHRegulation in den Lysosomen diskutiert.
Auch eine Beteiligung am Abbau von Proteinen innerhalb der Lysosomen wird immer wieder angeführt [2].
Wenn die Diagnose einer NCL aufgrund der klinischen Symptome durch
den Augenarzt oder Neuropädiater gestellt wurde (s. Krohne et al. in dieser
Ausgabe), folgt eine elektronenmikroskopische Untersuchung an Blutzellen oder
anderem Biopsiematerial zur Beschreibung der lysosomalen Ablagerungen. Die­
se Ergebnisse dienen dem Humangenetiker als Entscheidungsgrundlage für die
weiterführende molekulargenetische Diagnostik. Derzeit sind 10 Genorte beschrieben, denen 8 Gene zugeordnet wurden
(. Tab. 1). Dabei ist die JNCL mit CLN3
als mutationstragendem Gen eine der häufigsten Formen und die kongenitale NCL
(KNCL) mit Cathepsin D (CTSD) als mutationstragendem Gen die seltenste Form.
CLN5 bis CLN8 wurden initial als lokale
Formen in definierten Populationen angesehen. Zwischenzeitlich konnten aber
Mutationen in den ursächlichen Genen
bei Patienten anderer Populationen nachgewiesen werden, sodass auch hier von einer weiteren Verbreitung auszugehen ist.
CLN1, CLN2 und CLN3 sind die am häufigsten betroffenen Gene [1]. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass bei CLN3 bei 85%
der Patienten dieselbe 1-kb-Deletion zwischen Exon 6 und Exon 9 vorliegt und zu-
Zusammenfassung · Abstract
sätzlich noch weitere 40 Mutationen bekannt sind [1, 5]. CLN1 und CLN2 zeigen
etwa gleich viele Mutationen. Dabei zeigt
sich, dass für bestimmte Populationen lokal gehäuft bestimmte Mutationen vorkommen. Dies korreliert mit der erhöhten Prävalenz der NCL in verschiedenen
Populationen und der lokalen Häufung
für CLN5–8-Mutationen und liegt an der
Struktur verschiedener ethnischer Gruppen in diesen Populationen.
Für die genetische Beratung in
Deutschland sind diese lokalen Mutationen von nachgeordneter Bedeutung
und kommen erst zum Tragen, wenn ein
entsprechender Patient eine Beratung
wünscht. Viel wichtiger für die genetische
Beratung in Deutschland ist die 1-kb-Deletion im CLN3-Gen, da sie etwa 85% der
JNCL-Patienten in Deutschland betrifft.
Eine derartige Häufung von Fällen mit einer einzigen Mutation erlaubt einen vereinfachten Zugang und eine beschleunigte
Testung. Heterozygote Fälle müssen zwar
in einem zweiten Schritt auf das vollständige Gen untersucht werden, aber der Vor­
ausschluss über die 1-kb-Deletion hat eine
hohe Trefferquote.
>Die NCL wird meistens
autosomal-rezessiv vererbt
Abgesehen von einzelnen Patienten mit
CLN4 wird die NCL autosomal-rezessiv
vererbt. Daher besteht formal für die Geschwister eines Patienten ein 25%iges Risiko, ebenfalls betroffen zu sein. Zu spontanen Mutationsereignissen oder uniparentalen Disomien (UPD), die eine Vererbung außerhalb der Mendel-Formalgenetik bedingen, liegen in der Literatur keine Angaben vor. Eltern betroffener Kinder steht nach Identifikation der ursächlichen Mutation die pränatale Diagnostik
offen. Dabei sind die klinische Diagnose
und die mikroskopische Diagnostik Vorraussetzung für eine zielgerichtete molekulargenetische Diagnostik.
Als rezessive Erkrankung ist die NCL
ein gutes Ziel für gentherapeutische Behandlungen. Die verschiedenen anatomischen Veränderungen sind allerdings schwierig aus einer einzelnen Anwendung heraus zu behandeln. Der Zugang zu ihnen ist erschwert, da sie einerseits im gesamten Körper und über al-
Ophthalmologe 2010 · 107:612–615 DOI 10.1007/s00347-009-2107-x
© Springer-Verlag 2010
M.N. Preising · B. Lorenz
Genetik der neuronalen Zeroidlipofuszinosen.
Aspekte der humangenetischen Beratung
Zusammenfassung
Die neuronalen Zeroidlipofuszinosen sind autosomal-rezessiv vererbte Erkrankungen der
Nervenzellen. Sie werden zu den lysosomalen
Speicherkrankheiten gerechnet und zeichnen sich durch Akkumulation von Protein-Lipid-Komplexen in den lysosomalen Kompartimenten aller Körperzellen aus. Diese Ablagerungen führen zu degenerativen Vorgängen im Nervensystem, speziell im Groß- und
Kleinhirn und den zu- und abführenden Hirnnerven. Die Erkrankung führt, mit einer spät
manifestierenden Ausnahme, zu einem Verlust rezeptiver, kognitiver und motorischer
Funktionen in der 1. Lebensdekade und somit derzeit unweigerlich zu einem frühen
Tod in der 3. bis 4. Dekade. Derzeit wurden 10
Gen­orte identifiziert, denen 8 bekannte Gene
zugeordnet sind. Der spezifische Phänotyp
und die Prognose sind abhängig vom ursächlichen Gen, ohne dass eine gezielte GenotypPhänotyp-Korrelation möglich ist. Letzteres
liegt an dem fehlenden Wissen um die Funktion der einzelnen betroffenen Genprodukte.
Wir fassen in dieser Übersicht die bekannten
genetischen Informationen zu den neuronalen Zeroidlipofuszinosen zusammen und
kommentieren die Möglichkeiten der therapeutischen Intervention.
Schlüsselwörter
Juvenile Zeroidlipofuszinose · Adulte Zeroid­
lipofuszinose · Lysosomale Speicherkrankheiten · Autosomal-rezessiv · Morbus Batten
Genetics of neuronal ceroidlipofuscinoses.
Aspects of genetic counseling
Abstract
Neuronal ceroid lipofuscinoses are autosomal recessive inherited disorders of neuronal cells. Neuronal ceroid lipofuscinoses belong to the lysosomal storage disorders and
are characterized by accumulation of proteinlipid complexes in the lysosomal compartments of all somatic cells. This debris causes
degenerative activities in the nervous system,
especially in the cerebrum, the cerebellum
and the afferent and efferent cranial nerves.
With one exception of adult onset the disorder causes the loss of receptive, cognitive and
control function in the first decade of life and
an early death by the age of 20. Currently 10
loci are known which correlate to 8 genes.
The genotype related phenotype and the
correlated prognosis depend on the underlying gene and type of mutation. The genotype
phenotype correlation is hampered by a lack
of knowledge on the function of the mutant
gene products. In this review we summarize
the known genetic data on neuronal ceroid lipofuscinoses and comment on therapeutic
approaches.
Keywords
Juvenile ceroidlipofuscinoses · Adult ceroidlipofuscinoses · Lysosomal storage disorders ·
Autosomal recessive · Batten disease
Der Ophthalmologe 7 · 2010 | 613
Leitthema
Tab. 1 Neuronale Zeroidlipofuszinosen
Lokalisation Gen/OMIM
des Genprodukts
Entreza HUGOb LSDBc
Kongenital bis frühe
11p15.5
Schulzeit/nach Stunden
bis zu wenigen Wochen
oder bis zur 2. Dekade
Lysosom
CTSD/116840
1509
2529
SAP-A, SAP-D/GROD
0,5.–1,5. LJ/6.–15. LJ
1p32
Lysosom
(keine Vakuolen [3])
PPT1/600722
5538
9325
cln1
ATP-Synthase Untereinheit c/CLP
ATP-Synthase Untereinheit c/RLP, CLP, FPP
ATP-Synthase Untereinheit c/RLP, CLP, FPP
ATP-Synthase Untereinheit c/RLP, CLP, FPP
ATP-Synthase Untereinheit c/CLP
2.–4. LJ/?
11p15.5
Lysosom
TPP1/607998
1200
2073
cln2
4.–7. LJ/14.–36. LJ
13q21.1–q32
Lysosom
CLN5/608102
1203
2076
cln5
1,5.–8. LJ/5.–12. LJ
15q21–23
ER
CLN6/606725
54982
2077
cln6
2.–7. LJ/?
4q28.1–q28.2 Lysosom
MFSD8/611124 256471 28486
5.–10. LJ/13.–? LJ
8p23
ER
CLN8/607837
2055
2079
cln8
ATP-Synthase Unterein- 5.–10. LJ/2.–3. LD
heit c/FPP, granulär
ATP-Synthase Unterein- heit c/CLP (FPP, GROD)
16p12.1
Lysosom
CLN3/607042
1201
2074
cln3
?
ATP-Synthase Unterein- heit c
?
1202
2075
?
Erkrankung/Trivialname/OMIM
Speicherprotein/Struk- Beginn/Lebenserwartur der Ablagerungen tung [1, 7]
Kongenital (KNCL)
CLN10/610127
SAP-A, SAP-D/GROD
Infantil (INCL)
CLN1/Santavuori-Haltia/256735
Spät infantil (vLINCL)
CLN2/Jansky-Bielschowsky/204500
CLN5 / Finnische Variante/256731
CLN6/Costa Rica Variante/601780
CLN7/Türkische Variante/610951
CLN8/Northwestern Epilepsievariante/610003
Juvenil (JNCL)
CLN3/Batten-SpielmeyerSjögren-Vogt/204200
CLN9/609059
Adult (ANCL)
CLN4a (rezessiv)/Morbus
Kuf/162350
CLN4b (dominant)/Parry/204300
Chromosomale Lokalisation
cln7
ER endoplasmatisches Retikulum, GROD granuläre osmiophile Ablagerungen, CLP kurvenförmige Profile, FPP Fingerabdruckprofile, RLP geradlinige Profile, LJ Lebensjahr,
LD Lebensdekade, SAP sphingolipidaktivierende Proteine.
ahttp://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez?Db=gene. bhttp://www.genenames.org/data/hgnc_data.php?hgnc_id=[geneID]. chttp://www.ucl.ac.uk/ncl/[page link].shtml.
le Zellarten verteilt sind und andererseits besonders massiv im Gehirn auftreten, das gegen­über dem restlichen Körper
abgeschottet ist. Außerdem ist die Tatsache, dass bei Auftreten der Symptome bereits große Schäden an irreparablen Geweben vorhanden sind und dass die Erkrankung sehr früh in der Kindheit einsetzt, kontraproduktiv. Eine heilende medikamentöse Therapie gibt es derzeit nicht
(s. auch Rüther et al. und Steinfeld et al. in
dieser Ausgabe). Die Behandlung der Patienten dient lediglich der Linderung der
Beschwerden (Krämpfe, epileptische Anfälle, Persönlichkeitsveränderungen oder
Depressionen), sodass der fatale Ausgang
der Erkrankung derzeit nicht abwendbar
ist.
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Aspekte der genetischen
Beratung
Die Diagnose einer NCL stellt den Anfang
eines Betreuungsnetzwerks dar. In der Regel besteht dieses Netzwerk aus 3 Säulen:
1.dem Ophthalmologen als initialem
Diagnostiker der frühen Symptome,
2.dem Humangenetiker, der die klinische Diagnose molekulargenetisch
sichert bzw. dem klinischen Chemiker, der die klinische Diagnose biochemisch sichert,
3.dem Neuropädiater, der die Betreuung der Patienten und eine mögliche
Therapien übernimmt.
Die genetische Beratung umfasst dabei die
Besprechung des Erbgangs, der als autoso-
mal-rezessiver Erbgang auf dem Funktionsverlust beider Genkopien beruht. Charakteristisch ist, dass beide Geschlechter
gleich häufig betroffen sind und die Erkrankung durch beide Geschlechter weitergegeben wird. Die rezessive Wirkung
der defekten Genkopien führt zu symptomfreien heterozygoten Mutationsträgern, wie an den in der Regel nicht betroffenen Eltern der NCL-Patienten zu
sehen ist. Damit liegt das Risiko für ein
Elternpaar, die beide heterozygote Mutationsträger sind, ein betroffenes Kind zu
zeugen, jeweils bei 25%. Dieses Risiko ist
für jedes weitere Kind identisch. 50% der
Nachkommen sind statistisch gesehen
symptomlose, gesunde heterozygote Mutationsträger und weitere 25% der Nachkommen tragen keine veränderte Genko-
Fachnachrichten
pie und sind somit gesund. Oft ist die Familienplanung zum Auftreten der ersten
Symptome bei den betroffenen Nachkommen bereits abgeschlossen, sodass den Eltern der Betroffenen keine Gelegenheit
bleibt, die Erkenntnisse aus der molekulargenetischen Diagnostik für ihre eigene
Familienplanung zu nutzen.
Dem Humangenetiker bleibt nach der
Diagnosesicherung und der Aufklärung
über den Erbmodus nur die Überweisung an den Neuropädiater zur Behandlung der Symptomatik, da er selbst therapeutisch nicht tätig ist. An wenigen Standorten in Deutschland besteht die Möglichkeit, die genetische Beratung durch
den Diagnostiker zu leisten, da die beteiligten Ophthalmologen oder Neuropädiater selbst über eine entsprechende Zusatzausbildung verfügen.
>Eine Bündelung von
Diagnostiker, Berater und
Therapeut ist erstrebenswert
Da ohnehin nur wenige hoch spezialisierte Labore die molekulare Diagnostik anbieten, ist eine Bündelung von Diagnostiker, Berater und Therapeut in einer Person unter Nutzung eines der vorhandenen
diagnostischen Speziallabors erstrebenswert, auch wenn die Anfangssymptomatik
häufig primär nicht zu einer Konsultation
des behandelnden Facharztes führt.
Letztlich müssen der Patient und seine Familie die schwerwiegende Diagnose ohne aktuelle kausale Therapiemöglichkeiten bewältigen. Neben den spezia­
lisierten Ärzten können dabei v. a. auch
Patientenorganisationen helfen.
Korrespondenzadresse
M.N. Preising
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,
Standort Gießen
Friedrichstraße 18, 35392 Gießen
markus.preising@uniklinikum-giessen.de
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor
gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
  1. Jalanko A, Braulke T (2009) Neuronal ceroid lipofuscinoses. Biochim Biophys Acta 1793(4):697–709
  2. Kyttala A, Lahtinen U, Braulke T et al (2006) Functional biology of the neuronal ceroid lipofuscinoses (NCL) proteins. Biochim Biophys Acta
1762(10):920–933
  3. Mitchison HM, Hofmann SL, Becerra CHR et al
(1998) Mutations In The Palmitoyl-Protein Thioesterase gene (PPT CLN1) causing juvenile neuronal ceroid lipofuscinosis with granular osmiophilic
deposits. Hum Mol Genet 7(2):291–297
  4. Mole SE, Williams RE, Goebel HH (2005) Correlations between genotype, ultrastructural morphology and clinical phenotype in the neuronal ceroid
lipofuscinoses. Neurogenetics 6(3):107–126
  5. Rothberg PG, Ramirez-Montealegre D, Frazier SD
et al (2004) Homogeneous polymerase chain reaction nucleobase quenching assay to detect the 1kbp deletion in CLN3 that causes Batten disease. J
Mol Diagn 6(3):260–263
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Cathepsin D deficiency is associated with a human neurodegenerative disorder. Am J Hum Genet 78(6):988–998
10. Williams RE, Aberg L, Autti T et al (2006) Diagnosis
of the neuronal ceroid lipofuscinoses: an update.
Biochim Biophys Acta 1762(10):865–872
Sehen Depressive alles grau?
Depression und Melancholie werden in Kunst
und Literatur schon immer mit visuellen
Begriffen umschrieben: Grau und Schwarz
sind die Farben, die für Melancholie oder
Depressivität stehen. Dass sich hinter diesen
Sprachbildern auch eine empirische Wirklichkeit versteckt, hat nun eine Arbeitsgruppe am
Universitätsklinikum Freiburg in Zusammenarbeit von Psychiatrie und Psychotherapie
und Augenheilkunde gefunden.
Schon bei früheren Untersuchungen fanden sie heraus, dass depressive Menschen
Schwarz-Weiß-Kontraste schlechter wahrnehmen als Gesunde. In ihrer aktuellen
Studie untersuchten die Freiburger Wissenschaftler mittels einer objektiven elektrophysiologischen Methode (quasi ein EKG
der Netzhaut) die Antwort der Netzhaut auf
alternierende Schachbrettmuster mit unterschiedlichen Kontrasten bei Depressiven und
Gesunden. Es zeigten sich hoch signifikante
Unterschiede: Depressive Menschen haben
dramatisch kleinere Antwortamplituden auf
der Netzhaut.
Sollten sich diese Untersuchungsbefunde
in weiteren Studien bestätigen, stünde mit
dieser Methode ein Verfahren zu Verfügung,
mit dem auf objektive Art und Weise der
eigentlich subjektive Zustand der Depression
gemessen werden könnte. Dies könnte weit
reichende Auswirkungen nicht nur auf die
Depressionsforschung, sondern auch auf
die Diagnose und Therapie von depressiven
Zuständen haben.
Literatur: Bubl E, Kern E, Ebert D et al (2010)
Seeing Gray When Feeling Blue? Depression
Can Be Measured in the Eye of the Diseased.
Biological Psychiatry Epub ahead of print
Fazit für die Praxis
Nicht selten ist es der Ophthalmologe,
der die Zeichen der neuronalen Lipofuszinose als erster diagnostiziert. Daher ist
es notwendig die Aufmerksamkeit für
die Symptomatik dieser seltenen, aber
fatalen Erkrankungen bereits bei den
niedergelassenen Augenärzten zu schärfen, um die wenigen therapeutischen
Optionen frühzeitig nutzen und die beteiligten Personen frühzeitig beraten zu
können.
Quelle: Universitätsklinikum Freiburg,
www.uniklinik-freiburg.de
Der Ophthalmologe 7 · 2010 | 615