Jakobswege im Südwesten Frankreichs

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Jakobswege im Südwesten Frankreichs
JAKOBSWEGE IM
SÜDWESTEN FRANKREICHS
VIA LEMOVENSIS UND VIA TOURONENSIS
Vom 23.05. bis 05.06.2015 unter Leitung von
Friedrich Naab
Reise-Nr. 15-04-2-01
„Vier Wege sind es, die nach Santiago führen und sich in Puente la
Reina, auf spanischem Boden, zu einem einzigen vereinen. Der
erste führt über Saint-Gilles, Montpellier und den Somport-Pass;
der zweite über Le Puy-en-Velay, Conques und Moissac; der dritte
über Vézelay, Limoges und die Stadt Périgueux; und der vierte über
Tours, Poitiers, Saintes und die Stadt Bordeaux.“ So vermeldet der
Codex Calixtinus, ein um 1120 entstandenes Sammelwerk mit
„praktischem Reiseführer“, als dessen Verfasser Papst Calixtus II.
angesehen wurde.
Auf den beiden ersten dieser Wege sind wir im Frühjahr 2014
gewesen, nun folgen die zwei anderen: hinwärts die nach Limoges
benannte Via Lemovensis, zurück die Via Turonensis mit Tours als
Namenspatron. Ausgangs- und Endpunkt ist Paris, denn unsere
Reise auf den Spuren der Jakobspilger beginnt in Vézelay und endet in Chartres. Großartige Schöpfungen, die auch beim
wiederholten Besuch ihre Wirkung entfalten, aber keineswegs die einzigen Höhepunkte. Denn wo fände man
Sehenswürdigkeiten dichter und eindrucksvoller aufgereiht als an den „Chémins de Saint-Jaques“, die im Mittelalter
Pilgerströme aus allen Teilen Europas entlang zogen – auf uralten Routen, die eine Abfolge herrlicher Landschaften
durchqueren.
Profil der Reise: Lufthansafluge von München, Frankfurt oder anderen Flughäfen direkt nach Paris oder mit umsteigen in
Frankfurt und zurück – wahlweise Bahnfahrt nach Paris – Busfahrt mit großzügigem Platzangebot – bedingt durch das Programm
wechselnde Übernachtungsstandorte, fast immer zwei Nächte, in guten Hotels – 8 bis 18 Teilnehmer.
Unser Reiseleiter Friedrich Naab,
in der Pfalz geboren, studierte Kunstgeschichte, Geschichte und
Archäologie in München und Wien. Seit Mitte der sechziger
Jahre ist er Studienreiseleiter aus Leidenschaft und kein Land
Europas und des Orients blieb unbereist. Dazwischen fand er
aber auch Zeit in namhaften Buchverlagen an nicht weniger
namhaften Werken federführend mitzuarbeiten.
Herr Naab versteht es meisterlich, sein breit gefächertes Wissen
in allen Kulturbereichen weiter zu geben, Zusammenhänge
herzustellen und dabei auch die Gegenwart mit einzubeziehen.
Meisterlich auch sein Geschick thematisch bedeutende
Reiseziele – wie die Jakobswege in Frankreich – spannend,
umfassend und doch geruhsam zu einem Gesamtreisekunstwerk zu schnüren. Daneben gelingt es ihm auch Küche
und Keller zur erfreulichen Facette einer Reise werden zu
lassen.
Programm der Reise:
1. Tag 23.05. Samstag
Mit Flug- oder Bahn nach Paris, Busfahrt nach Vézelay
FLUG: Vormittags mit Lufthansa von München, Frankfurt,
Düsseldorf, Berlin oder anderen Flughäfen direkt oder über
Frankfurt nach Paris.
BAHN: Vormittags mit den schnellen bequemen TGV- oder
ICE-Zügen nach Paris
Die Pilgerkirche Ste-Madeleine in Vézelay – Beginn der Via
Lemovensis / Bild oben: Avallon – das prachtvolle Portal der
Lazaruskirche
Abholung der Flugreisenden am Flughafen Charles-deGaulle (CDG), der Bahnreisenden am Gare de l‘Est. Gegen
14.00 Uhr gemeinsame Weiterreise nach Vezelay.
2 Übernachtungen im Hotel Poste et Lion d`Or.
(220 km)
5. Tag 27.05. Mittwoch
Châteauroux – Neuvy-St-Sépulcre – Limoges
Déols, heute ein bescheidener Vorort von Châteauroux im
Bas-Berry, war im Mittelalter eine der mächtigsten Abteien
Frankreichs, ihre Kirche ein Hauptwerk romanischer
Baukunst, von dem allein der prachtvolle Turm übrig blieb. In
Neuvy-St-Sépulcre ließ der Seigneur von Déols im 11. Jh.
nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land eine Rotunde
nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem errichten
und gab ihr den Apostel Jakobus als Patron. Aufs Berry folgt
nun das Bergland des Limousin. In dessen Hauptstadt
Limoges 2 Übernachtungen im Hotel Mercure Royal
Limousin.
(190 km)
6. Tag 28.05. Donnerstag
Limoges – Ausflug ins Umland
Vormittags Rundgang durch Limoges, die Stadt des Emails
und Porzellans: Krypta St-Martial, Überrest einer der
bedeutendsten Pilgerkirchen; Kathedrale und Museum der
limousiner Emailkunst im alten Bischofspalais. Am
Nachmittag Fahrt zu den Klöstern in der Umgebung:
Solignac, 632 durch den hl. Eligius gegründet, und StLéonard-de-Noblat, dessen erster Abt der so beliebte und
verehrte Nothelfer ländlicher Gebiete war.
(40 km)
2.. Tag 24.05. Sonntag
Vézelay und Avallon
Lage, Raumbild und Skulpturenschmuck machen die
Pilgerkirche Ste-Madeleine in Vézelay zum unvergesslichen
Erlebnis. Kurze Fahrt nach Avallon, durch das romantische
Tal des Cousin zu dem von Schluchten und Festungsmauern
geschützten Städtchen, dessen Lazarus-Kirche mit einem
prachtvollen Portal aufwartet.
(50 km)
3. Tag 25.05. Montag
La Charité-sur-Loire – Nevers – Bourges
Fahrt ins Loiretal nach La Charité. Trotz Teilabbruch gehört
die Kirche des einstigen Cluniazenserpriorats zu den
eindrucksvollsten Schöpfungen burgundischer Romanik –
nach Cluny war sie die größte. Die Loire aufwärts liegt
Nevers. Außer der gotischen Kathedrale hat die alte
Herzogs- und Fayencestadt als zweites sakrales Zentrum die
Cluniazenserkirche St-Etienne, ein bedeutendes Frühwerk
romanischer Baukunst. Von Burgund geht es nun ins
benachbarte Berry und seine Hauptstadt Bourges.
2 Übernachtungen im Grand Hotel Mercure De Bourbon
(170 km)
4. Tag 26.05. Dienstag
Bourges
Die Kathedrale von Bourges nimmt in der Reihe gotischer
Gesamtkunstwerke einen der ersten Plätze ein:
majestätische Architektur, reicher Skulpturenschmuck der
Portale, herrliche Glasfenster. Eindrucksvoll auch der
Spaziergang durch die Altstadt: Prachtbauten wie das Palais
Jacques-Coeur oder die Hôtels Cujas und Lallemant,
reizvolle Fachwerkhäuser, schöne Gartenanlagen.
Blick auf Périgueux
7. Tag 29.05. Freitag
Périgueux – Bergerac – Orthez
Fahrt vom Limousin durchs Périgord ins Vorland der
Pyrenäen. Stationen sind: Périgueux (St. Front und StEtienne-de-la-Cité, großartige Kuppelkirchen aquitanischen
Typs), Bergerac, Bazas (Kathedrale), Mont-de-Marsan, StSever am Adour (romanischer Staffelchor mit sehenswerten
Figurenkapitellen) und Orthez. 2 Übernachtungen im Hotel
du Parc
. (270 km)
8. Tag 30.05. Samstag
Ausflug zum Pass von Roncevaux
Wahrzeichen von Orthez, der alten Hauptstadt des Béarn, ist
die kühne Brücke über den Gave de Pau. Auf ihr zogen die
Jakobspilger zu den Herbergen von St-Jean-Pied de Port
und von dort weiter zum Hospiz von Roncevaux. Unser
Ausflug folgt ihrem Weg bis zu dem 1057 m hohen
Pyrenäenpass.
(220 km)
9. Tag 31.05. Sonntag
Peyrehorade – Dax – Bordeaux
Vom Béarn durch die Landes de Gascogne an die Gironde.
Bei Peyrehorade wurden Sorde l`Abbaye und Abbaye
d`Arthous von den Jakobspilgern aufgesucht. In dem
Thermalbad Dax ist am Chor von St-Paul ein Zyklus
11. Tag 02.06. Dienstag
Saintes – Aulnay – Melle – Poitiers
Durch die Saintonge ins Poitou. Zwischen Bordeaux und
Saintes, in Pons, steht noch ein besonders gut erhaltenes
Pilgerhospiz. Die Hauptstadt der Saintonge beeindruckt mit
römischen Monumenten (Germanicus-Bogen, Amphitheater)
und romanischen Sakralbauten (Abbaye aux Dames,
Pilgerkirche St-Eutrope). In Aulnay und Melle dann erste
Meisterwerke poitevinischer Romanik. In Poitiers 2.
Übernachtungen im Hotel de l‘Europe
(250 km)
Bordeaux an der Garonne
romanischer Reliefs zu bewundern. Dann geht es durch die
Pinienwälder der Landes nach Bordeaux. 2 Übernachtungen
im Hote4l Mercure Cité Mondial
(180 km)
10. Tag 01.06. Montag
Aufenthalt in Bordeaux
Für Stendhal war es „unstreitig die schönste Stadt
Frankreichs“, doch hernach witzelte man über Bordeaux als
„la belle endormée“, die schlafende Schöne. Davon ist nicht
mehr die Rede, seit sich die Weltkapitale des Weins einer
Verschönerungskur unterzogen und als Kulturmetropole neu
erfunden hat. Das einheitlich-elegante Stadtbild aus
Bordeaux´ Goldenem Zeitalter im 18. Jh. strahlt heute als
urbanes Gesamtkunstwerk und schaffte 2006 den Sprung
auf die Weltkulturerbeliste der Unesco. Glanzstücke sind das
Grand Théatre und die zur Garonne geöffnete Place de la
Bourse, aber auch eindrucksvolle Zeugen des Mittelalters
sind noch da: die großen Kirchen und monumentale
Stadttore.
Aulnay, ein Meisterwerk poitevinischer Romanik
12. Tag 03.06. Mittwoch
Aufenthalt in Poitiers
Die Hauptstadt des Poitou hat eine große Vergangenheit und
ist reich an bedeutenden Baudenkmälern aller Epochen: das
frühchristliche Baptisterium, Ste-Radegonde mit einer Krypta
aus der Merowingerzeit, die siebenschiffige Kuppelkirche StHilaire-leGrand, Notre-Dame-la-Grande, ein Höhepunkt
romanischer Fassadengestaltung, der großartige gotische
Hallenraum der Kathedrale, das Herzogsschloss, schöne
Renaissancepalais.
13. Tag 04.06. Donnerstag
Châtellerault – Tours – Vendôme – Chartres
In Châtellerault nahm ein dem Apostel Jakobus geweihtes
Priorat die Pilger auf. Auch die imposante Kathedrale und
hübsche Altstadtgassen können in Tours nicht darüber
hinwegtrösten, dass von der Pilgerkirche des hl. Martin, einer
der großartigsten und meistbesuchten überhaupt, nur noch
wenig übrig geblieben ist. In Vendôme war bis zur Revolution
die „Sainte Larme“ das Ziel der Pilgerscharen – eine Träne,
die Jesus am Grab seines Freundes Lazarus geweint hat.
Aufbewahrt wurde sie in der Abbaye de la Trinité, einem
bedeutenden Werk französischer Gotik. Dem Oberlauf des
Loir, der in der Beauce entspringt, folgend, erreichen wir
Chartres. Übernachtung im Hotel Ibis Centre Cathedral
(240 km)
14. Tag 05.06. Freitag
Chartres – Rückreise von Paris
Die unvergleichliche Kathedrale von Chartres bildet den
Schlussakkord unserer Reise auf den Spuren der
Jakobspilger. Nach der Besichtigung Busfahrt zurück nach
Paris.
Bahnrückreise gegen 16.00 Uhr, Rückflüge gegen 18.00
Reisepreis
EUR
Flugreise mit Direktflug nach Paris
3490
Preis ohne Flug – ab und bis Flughafen/ Bahnhof 3190
Zuschlag für Flug mit Umsteigeverbindung
50
Einzelzimmer
520
Bahnfahrt nach Paris
auf Anfrage
Poitiers - Notre-Dame-la-Grande, ein Höhepunkt
romanischer Fassadengestaltung
Reiseversicherungen – Wichtiger Hinweis
Wir empfehlen Ihnen bei Bedarf den Abschluss
entsprechender Reiseversicherungen wie Gepäck-,
Kranken- und Unfall-Versicherung, vor allem aber der
Reise-Rücktrittskosten-Versicherung,
die ab 2015 nicht mehr in unseren Reiseleistungen
enthalten ist. Einen entsprechenden Bestellschein
erhalten Sie mit der Reisebestätigung.
Ermäßigte DB-Bahnfahrkarten für die Anreise zum Abflug
oder nach Paris: Wir können Ihnen für die Anreise
vorteilhafte, sogenannte RIT-Fahrkarten für den deutschen
Streckenanteil besorgen: Keine Zugbindung, gültig für alle
DB-Züge einschl. ICE, Unterbrechung bei Hin- und Rückreise
innerhalb von jeweils zwei Tagen möglich. Preise und weitere
Einzelheiten entnehmen Sie unserem Hinweisblatt
„DB-Fahrkarten für Ihre Anreise“.
Der Reisepreis schließt folgende Leistungen ein:
 Linienfüge München – Paris – München, Touristenklasse,
einschließlich Gepäckbeförderung, alle Steuern,
Sicherheits- und Flughafengebühren
 Rundfahrten und Ausflüge lt. Programm mit einem
modernen, bequemen Reisebus
 13 Übernachtungen in den genannten oder
gleichwertigen Hotels, Doppelzimmer mit Dusche/WC
 Halbpension - Frühstück und eine Hauptmahlzeit, in der
Regel das Abendessen im Hotel, ausgenmmen je ein
Abendessen in Limoges und Bordeaux
 Qualifizierte
Studienreiseleitung,
Eintrittsund
Bedienungsgelder, Trinkgelder bei den Mahlzeiten und
Besichtigungen
NICHT eingeschlossen sind die Getränke bei den
Mahlzeiten, persönliche Trinkgelder im Hotel und das übliche
Trinkgeld für den Busfahrer.
Teilnehmerzahl: Mindestens 8, höchstens 18 Personen
Buchungen und Zahlungen: Buchungen für diese Reise
sind direkt beim Veranstalter möglich. Die Anzahlung beträgt
€ 690, die Restzahlung ist 3 Wochen vor Reisebeginn fällig.
Die Reiseunterlagen werden 14 Tage vor Reisebeginn
verschickt.
Reiseveranstalter und Reisevereinbarungen: Es gelten
die mit der Anmeldung anerkannten Reisevereinbarungen
des Veranstalters Internationale Studienreisen Max A.
Klingenstein e.K. – Kultur auf Reisen – München
Stand der Ausschreibung: 11/2014
(Änderungen vorbehalten)
Ein Beitrag aus dem Reisekurier Nr. 41 / Februar 2014
Wege nach Santiago
Die Pilgerfahrten zum Jakobsgrab waren ein europäisches Ereignis
Von Friedrich Naab
Um das Jahr 813 erblickt ein Mann namens Pelayo, von dem es
heißt, er sei Eremit oder ein Hirte gewesen, seltsames Sternenlicht
und informiert den Bischof Theodomir von Iria Flavia. Von dem
Lichtschein geleitet, entdecken sie auf freiem Feld zwischen Ruinen einen Sarkophag, in dem der
Bischof die Grabstätte Santiagos – des Apostels Jakobus – erkennt. Der Ort erhielt den Namen
Campus Stellae – Sternenfeld: Santiago de Compostela.
Die Legende erzählt in unterschiedlichen Versionen, wie die
Gebeine Jakobus des Älteren in den
äußersten Nordosten der Iberischen
Halbinsel gekommen sind. Nach dem
Bericht der Evangelien hatte ihn
Jesus zusammen mit seinem Bruder
Johannes als Jünger berufen,
während sie am See Genezareth bei
ihrem Vater Zebedäus im Boot
saßen, um die Netze herzurichten,
und er gab ihnen den Beinamen
„Donnersöhne“: „Sollen wir befehlen,
dass Feuer vom Himmel fällt und sie
vernichtet?“, ereiferten sich die
beiden, als ein samaritanisches Dorf
sich weigerte, ihren Meister auf dem
Weg nach Judäa gastfreundlich
aufzunehmen. Aus der Apostelgeschichte erfahren wir, Jakobus sei
auf Befehl des Königs Herodes
Agrippa im Jahr 44 in Jerusalem
enthauptet worden.
Spätere Erzählungen wiesen jedem
der „Zwölfboten“ ein bestimmtes
Missionsgebiet zu. Jakobus der
Ältere, so heißt es, habe sieben
Jahre lang im Umkreis von Iria Flavia
das Evangelium gepredigt, sei dann
ins Heilige Land zurückgekehrt und
dort den Märtyrertod gestorben.
Jünger brachten den Leichnam nach
Jaffa, wo sie wunderbarerweise ein
Schiff erwartete, ein Schiff ohne
Ruder und Segel. Sie bestiegen es
und landeten, von einem Engel
geleitet, an der einstigen Wirkungsstätte des Apostels in Galicien,
bauten ein Grab und setzten einen
Altar darauf.
Die Auffindung des Jakobsgrabes
geschah zu einer Zeit, in der fast
ganz Iberien unter maurischer
Herrschaft stand. 711 waren die
muslimischen Eroberer bei Gibraltar
gelandet und hatten sich binnen
weniger Jahre des Westgotenreiches
bemächtigt. Nur im gebirgigen
Norden vermochten sich Rückzugsgebiete zu behaupten. Nach Asturien
geflüchtete Krieger aus dem Heer
des Gotenkönigs Roderich stellten
sich an die Spitze der schon immer
ihre Unabhängigkeit zäh verteidigenden Bergbewohner und führten
den Kampf gegen die Emire von AlAndalus mit dem Ziel der Wiedereroberung des an die Invasoren
verlorenen Reiches. Bei einem
Gefecht im Hochtal von Covadonga
behielt ihr Aufgebot die Oberhand.
Dieser 722 erfochtene Sieg, ebnete
den Weg zur Entstehung des
christlichen Königreichs Asturien,
das Ausgangspunkt und treibende
Kraft der Reconquista werden sollte.
Auch im Bereich der Pyrenäen, von
Navarra bis Urgel in Katalonien,
hatte sich die ansässige Bevölkerung
von der Herrschaft des Islam
freigehalten. Rückhalt fand sie bei
den Franken, die unter dem
Hausmeier Karl Martell 732 bei
Poitiers der arabischen Expansion
Einhalt geboten. Die Abwehr blieb
den
Machthabern
Aquitaniens
überlassen, bis Karl der Große 778
kraftvoll die Initiative ergriff. Sein
Vorstoß gegen Saragossa scheiterte,
aber die sieben Jahre später
einsetzenden Feldzüge in Katalonien
führten
zur
Errichtung
der
Spanischen Mark und ihrem Ausbau
als militärisches Bollwerk.
Das Eingreifen der Franken
verschaffte auch dem Königreich
Asturien Auftrieb. Von 791 bis 842
regierte dort Alfons II. der Keusche,
der seinen Hof aus dem Schutz
bietenden Hochgebirge nach Oviedo
verlegen konnte. Von Bischof
Theodomir über die Entdeckung des
Jakobsgrabes unterrichtet, ließ er in
Compostela ein Heiligtum errichten.
Der Apostel erschien als überirdischer Beistand im Kampf gegen
die Muslime höchst willkommen, er
wurde
zum
siegbringenden
„Matamoros“, dem Maurentöter, und
schließlich zum Schutzherrn und
Patron Spaniens. Scharen von
Gläubigen kamen nach Compostela,
sodass sich bereits Alfons III. der
Große zum Bau einer größeren
Kirche veranlasst sah, die 849 in
Anwesenheit von siebzehn Bischöfen
geweiht wurde.
Mit dem Schlachtruf „Santiago“
gegen die Ungläubigen
Die
von
dem
himmlischen
Kampfgefährten erwartete Hilfe
schien tatsächlich wirksam zu
werden. Das asturische Reich
dehnte sich bis an die Ufer des
Duero aus. 914 konnte Ordono II.
seinen Hof in der Hochebene südlich
der Gebirgspässe einrichten: in
León, dort wo die Wege nach
Galicien und Asturien mit den
Grenzgebieten des Duero und des
Ebro zusammentrafen.
In Córdoba herrschte von 912 bis
969 Abd-ar-Rahman III., der sich 929
zum Kalifen ausrief und das
maurische Spanien auf den
Höhepunkt seiner Machtentfaltung
führte. Gleichzeitig begannen innere
Auseinandersetzungen, in deren
Verlauf sich die Grafschaft Kastilien
von León abspaltete, die christlichen
Reiche zu schwächen. Al-Mansur,
der allmächtige Wesir des Kalifen
Hischam, sah 976 den Augenblick
gekommen, die Feinde an der
Nordgrenze des Kalifenreiches zu
vernichten. Er konnte ihnen schwere
Schläge versetzen: zahlreiche Städte
und Klöster von Katalonien bis
Galicien lernten Schwert und Feuer
der Muslime kennen, darunter auch
Santiago de Compostela. Die bis
1002 andauernden Kriegszüge des
Al-Mansur führten den Zusammenbruch der zwei großen Mächte im
Spanien des 10. Jahrhunderts
herbei: des Kalifats, das in eine
Vielzahl von „Taifas“ zerfiel, und des
Königreichs Asturien-León. Aus
dessen Trümmern sollte sich
Kastilien mit der Hauptstadt Burgos
als neues Machtzentrum erheben.
Auch anderwärts in Europa war dies
eine
unheilvolle
Zeit,
die
Schreckenszeit der Normannen- und
Ungarneinfälle, die alles, was sie
erreichten, in Schutt und Asche
legten. Doch nach der Jahrtausendwende begann sich das
Abendland in einer großen Wiederaufbau-Bewegung zu entfalten. Ihre
Triebkraft
entsprang
der
Cluniazenser-Reform. Im Grunde
eine monastische Reaktion gegen
den Feudalismus, brachte sie einen
umfangreichen Prozess kultureller
Erneuerung in Gang, aus dem die
Romanik hervorging, und Hand in
Hand damit setzte eine Neubelebung
der Agrarwirtschaft ein.
Die christlichen Gebiete Spaniens
erreichten diese Neuerungen über
die
cluniazensischen
Klöster
Südfrankreichs, die vielerorts jenseits
der Pyrenäen Niederlassungen
gründeten. Aber vor allem wegen der
Pilgerfahrten nach Santiago, die sich
im Verlauf des 11. Jahrhunderts zur
Massenbewegung
steigerten,
schwoll der Einfluss aus dem Norden
zu einem breiten Strom an. Der
Jakobsweg vom Garonne-Becken bis
zum Grab des Apostels in
„Finisterrae“, dem Ende der
damaligen Welt, verwandelte sich zur
Transferstraße von Handel, Kunst
und Kultur; ihm verdankten die
Länder, die er durchquerte, ihren
Anschluss an den Geist des
Abendlandes.
Pulsierende Lebensader des
Kulturtransfers
Nicht nur Scharen von Pilgern zogen
hier entlang, auch Baumeister,
Steinmetzen
und
Bildhauer,
Kaufleute und Handwerker, Ritter,
die das Abenteuer der Reconquista
lockte und die ihr Glück dabei zu
machen hofften, und in ihrem
Gefolge Siedler, die sich auf neu
erobertem
Land
niederlassen
wollten. Diese ganz Europa von
Skandinavien bis Italien erfassende
Massenbewegung und all das, was
sie an Organisation und Infrastruktur
erforderte,
gehört
zu
den
erstaunlichsten Phänomenen des
Mittelalters.
Straßen mussten angelegt und
instand gehalten, Brücken und
Herbergen erbaut werden, Hospize,
Wegkreuze, Kirchen und Kapellen
markierten den Weg. Die Initiative
ging in vielen Fällen von Prioraten
des
zum
„Mönchsimperium“
aufgestiegenen Ordensverbandes
aus, der im burgundischen Cluny
seinen Mittelpunkt hatte. Aber auch
Bischöfe und Fürsten sowie
Konvente anderer Obedienz sahen
es als ihre Aufgabe an, den
Wallfahrern auf ihrem strapaziösen
Weg
beizustehen,
die
drei
spanischen Ritterorden ebenso wie
die Johanniter und Templer, die sich
ursprünglich Schutz und Betreuung
der Jerusalempilger zur Pflicht
gemacht hatten.
Gute Tipps für Wallfahrer
Den
Jakobspilgern
standen
„Pilgerführer“ zur Verfügung, wie
einer im „Liber Sancti Jakobi“,
bekannt als „Codex Calixtinus“
enthalten ist. Sie informierten über
alles, was unterwegs von Nutzen
war: über Land und Leute,
Wegstrecken,
Flussübergänge,
Zollstätten, Ortschaften, die Art der
Unterbringung und Verpflegung, ob
Brot, Wein und Wasser genießbar
seien. Auch Warnungen vor Wölfen,
Wegelagerern und Betrügereien
enthielten solche Vorläufer des
„Baedekers“ und natürlich Hinweise
auf Reliquienschätze, von denen sie
allerlei Wunder zu erzählen wussten.
Der weite Einzugsbereich brachte es
mit sich, dass ein ganzes Netz von
Jakobswegen Europa überzog. Am
bedeutendsten war der „Camino
francés“, der in dem navarresischen
Städtchen Puente la Reina die vier
durch
Frankreich
führenden
Hauptrouten zu einem Strang
bündelte. Aus der Provence kam
über St-Gilles, Toulouse, Oloron und
den
Somport-Pass
die „Via
Tolosana“. Die von Le Puy-en-Velay
ausgehende „Via Podiensis“ hatte als
Stationen Conques, Cahors, Moissac
und das Hospiz am Pass von
Roncesvalles. Ihn nahmen auch die
„Via Lemosina“ und die „Via
Turonensis“; die eine führte vom
Sammelpunkt Vezelay durch das
Limousin, die andere von Paris über
Tours, Poitiers und Bordeaux nach
St-Jean-Pied-du-Port am Fuß der
Passhöhe.
Wie der „Camino francés“ in
Nordspanien sind diese vier
französischen Jakobswege gesäumt
von eindrucksvollen steinernen
Zeugen der großen Wallfahrerzeit,
und jeder von ihnen ist eine Reise
wert.