J! - Schwules Netzwerk NRW
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J! - Schwules Netzwerk NRW
Editorial s ist schon bemerkenswert: Da hat eine ganze Generation hejtig die Abschajfung der Familie gejordert, alternative Wohnmodelle/Kommunen gegrUndet, um schlieBlich doch "ganz normal" mit Kind und Kegel in Doppelhaushiiljten zu sitzen. Da haben uber Jahrzehnte Schwule ihren Stolz entwickelt, Lesben bissig jur den Abbau patriarchaler Strukturen gekiimpjt, um schlieBlich nun doch Hand in Hand uber den bislang "verdammten" Begrijf "Familie" nachzudenken. Aber so sehr sollte uns diese Entwicklung nicht erstaunen: wiihrend unsere heterosexuellen Geschwister und Nachbarn sich schlieBlich - und wenn's nur der Bequemlichkeit oder der Steuern halber war - auj die gesellschajtlich gemutlich-priiparierte Ebene zUrUckgezogen haben, konnten Schwule und Lesben sich eben nicht zurUck auj gesichertes Festland begeben - und haben auj ihrer Insel oder ihren Inseln schon liingst das entwickelt, was sich "alternative" und denn auch noch "Familie" nennen kann. Quasi aus der Not heraus haben wir Lesben und Schwule das jiirchterlich antiquierte, aber brav weitergereichte und immer noch in den meisten Kopjen priisente Lebensziel "Ein Hal, ein Pjerd, eine Frau" nicht nur moduliert, sondern weitgehend ersetzt. Unsere Welt besteht eben nicht aus lauter Kleinjamilien. Wir haben zudem sehr wahl gelernt, daB wir Verantwortung ubernehmen mussen - for die vorangegangenen wie auch die nachjolgende Generationen. Und wir ubernehmen Verantwortung foreinander - zum Beispiel in Wohnprojekten oder in den liingst totgesagten Wohngemeinschajten. Will heiBen: Wir leben eigentlich schon all das, was in heterosexuellen Kreisen gern als "Zukunjt" verhandelt wird. So exotisch die Idee einer schwul-Iesbischen Familien-Kampagne auj den ersten Blick sein mag, so selbstverstiindlich ist sie im Grunde schon jur uns. Eine Kampagne wie diese hat also keinen revolutioniiren Charakter. Sie ist die konsequente Fortsetzung des bisher dagewesenen - und ist im ubrigen gar nicht so exklusiv homosexuell, wie Sie meinen mochten. 1m Gegenteil: Wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns weiterzudenken und zu -planen. Ulrike Anhamm Impressum Das Fragebogendesign entstand in Zusammenarbeit von Lespress, Queer, First, Pride, Rosa Strippe Bochum, AIDSHilfe NRW und Schwules Netzwerk NRW Konzeption d~r Befragung: Michael Scharmann Statistische Auswertung: WORKS,Koln Redaktion: illrike Anhamm, lespress, Bonn Layout: Babette Dormer, Bonn Photos Innenteil: Gabi Kies (aus ihrem Buch: "Ich bin ...") Photos Umschlag: illrike Anhamm Logo: Ralf Konig AutorInnen: Thomas Kramer, Wera Reusch, Monika Richrath, Michael Scharmann, Christian Scheuss, Sabine Tenta, Georg Uecker Herausgeber: SchwuJ.esNetzwerk NRW - Hohenzollernring 48 - 50674 Koln - Tel.0221-2572847 - Fax. 0221-2572848 e-mail: schwul@netcologne.de Auflage: 10.000 Gefordert durch das Ministerium fur Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen -Zf~N ~InMqJS SEP fEq "U~mUlEd ~InMqJs pun ~qJS!q -S~l" ~U~EdUlE)I U~f~f1EfS~~8661 1~u9s HW 'lnE u~p -U~dSfnm Ulnz u~qs~l 5861 "Sl~l{f01S:mo dPH Sl~fS!S poom" UE)30ISl~p "S:"Z~f1~P10J oS "U~P1~MU~UUOM~)3 sPN u~)3~)3JdUlE)I u~p 1ill u~nE1d ~l{JS!qs~] Ul~nE lOA u~mOS "AHUlEd~.ry~M" onoV\[ Ul~p l~fUn "U~pU~Ml~A nz "N!UnUlUlO)" 1ill illAuouAs pun U~l~!s!mod nz JJ!l)3 -~qu~mUlEd u~p 'U~nEl{ U~UUO)3~q1~08 l~p ~mV\[ ~!P 'U~UUnS!A!:prv-Sp!y l~tpS!uq!1~UlE-sn u~q~)310A SEP u~JHqsPN u~l{Jsfn~p u~p ~fU~!P pnq10A sN "fS!Ipnx -~SOUlOl{~f)3E1JdS:~!P l~pO l~p qo '+q!)3l~qD1EP yum] -sny 'f1Ql{~)3~mUlEd mz pUEUl~r qo '~)3E1d~!P l{JEUOM 'JnE ~u~zS l~p ~PO) 'U~f~PU~Ml~All{~Ul UlnE)[ u~l{Js -!MZU! 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Ul UJ.J.S S.J.1J..IJqUl116 -1.J.np..IfI ..IJp UUdrn 'UUl1P If.:JllUlPU ···ualJnqas pun all~jsapo 1 'ual,azq:J0H werk NRW nun den Familiengedanken noch einmal aufgegriffen. Nicht der Appell an schwule SolidarWi.t mit Infizierten und Kranken ist Ziel dieser Kampagne, es soll vielmehr eine Diskussion damber angestoJ3en werden, "was Lesben und Schwule heutzutage ausmacht, wie es urn ihrer Partnerschaften, ihre Beziehungen und ihren Zusammenhang untereinander aussieht". Die Vielfalt unterschiedlicher Lebensformen soll "sichtbar und bewuJ3t" gemacht werden, und zwar nach innen, urn die Lesben- und Schwulenbewegung zu starken, sowie nach auJ3en, urn Forderungen nach rechtlicher Gleichstellung und gesellschaftlicher Anerkennung zu untermauem. Doch noch sind die zahlreichen Aspekte des Begriffs Familie in Deutschland weder ausdiskutiert noch systematisiert. "Familie" kann in einem schwul-Iesbischen Kontext ebensogut die (heterosexuelle) Herkunftsfamilie meinen wie eine Vater-Vater-Kind-Konstellation, es kann sich auf den ausgedehnten (schwul/lesbischen) Freundlnnenkreis beziehen oder auf die Gemeinschaft ("Community") aller Lesben und Schwulen. Da13es grundsatzlich durchaus sinnvoll ist, schwul-lesbische Zusammenhange mit dem Begriff Familie zu bezeichnen, macht die Studie einer us-amerikanischen Anthropologin uber das lesbische und schwule San Fransciso deutlich. (Kath Weston: Families We Choose: Lesbians, Gays, Kinship. New York, Oxford 1991). Kath Weston zufolge gibt es in San Francisco seit Mitte der BOer Jahre die Tendenz, systematisch von "Familie" zu sprechen und damit einen schwul-lesbischen Kontext zu meinen, der Geliebte und enge Freundlnnen umfa13t. Gleichzeitig gewannen zu dies em Zeitpunkt erstmals schwul-lesbische Eltemschaft und Familiengmndung 10sge16st von heterosexuellen Zusammenhangen - an Bedeutung. Die Herkunftsfamilie wurde so im Sprachgebrauch zur "heterosexuellen", "biologischen" oder "Bluts-Familie", der die Wahlfamilien ("Families We Choose") gegenuberstehen. Schwul-Iesbische Familien lassen sich zwar nicht ohne die Erfahrungen in der Herkunftsfamilie begreifen, fur Weston sind sie jedoch auch keine simple Ersatzkonstruktion in den Fallen - einem Drittel der Befragten -, in denen die biologische Familie auf das ComingOut mit massiver Zumckweisung reagierte. Zwar wird in diesen Fallen die Wahlfamilie von den Betroffenen als uberlebensnotwendig bezeichnet, aber auch diejenigen Lesben und Schwulen, die nach wie vor Kontakt zu ihrer biologischen Familie haben, schaffen sich Wahlfamilien. Kennzeichen dieser selbstgewahlten Familien sind ihre flieJ3enden Grenzen, die Tatsache, daJ3 sie sich aus Geliebten, Freundlnnen, Ex-Geliebten und Kindem in jeder denkbaren Kombination zusammensetzen, sowie die v611ige Abwesenheit von Regeln, Vorbildem und Modellen. Feste wie Geburtstage, Weihnachten oder Hochzeiten - im Sinne von Ritualen, die eine gleichgeschlechtliche Beziehung besiegeln - geben ebenso Auskunft uber die Zusammensetzung der Wahlfamilie wie Beerdigungen, die Organisation der Kinderbetreuung, Pflegedienste im Falle von Krankheit etc. Auf die Bitte der Forscherin hin, aufzuschreiben, wer zu ihrer Familie zahlen wurde, nannten die Befragten fast ausschlieJ3lich homosexuelle Menschen. Die Mehrheit der Familienmitglieder hatte dasselbe Geschlecht, dieselbe Altersgruppe, denselben sozialen und kulturellen (ethnischen) Hintergrund. Fur Weston haben die selbstgewahlten Familien nicht nur freundschaftlichen Charakter, sie umfassen symbolische Liebesbeweise, eine gemeinsame Geschichte, Mechanismen zur Konflikt16sung, materielle und emotionale Unterstutzung sowie andere Zeichen verbindlicher Solidaritat. 1m Unterschied zu heterosexuellen Beziehungen spielen finanzielle Transfers jedoch gegenuber nichtmaterieller Unterstutung eine untergeordnete Rolle und sind meistens auf kurze Zeitraume beschrankt, da von den Familienmitgliedem prinzipiell finanzielle Unabhangigkeit und Autonomie erwartet wird. Nach Unterschieden zu heterosexuellen Beziehungen gefragt, auJ3erten die Befragten stolz, homosexuelle Menschen wurden Freundschaften eine gr613ere Bedeutung zumessen, sie wurden - im Gegensatz zu Heterosexuellen - Paarbe- lesbische und schlVule Familien 5 qJsn;;)N l?l;;)M • SUr;;) SHB]U;;)P;;)!purs 'l;;)SS;;)q ;;)Sl;;)d :lqJru ;}lnMqJs ;;)+PUBM1;;)A;}qJrW1'P):/ pun ;}):/nqJDSU;;)):/OlP l;;)qD qJne ;}1I1'!]S;}POI'U;}lr;;)zqJOH l;;)qD mu U;;)P qJoP;}! ;;)lnMqJS pun lqJ!U qJrs l;}LprS ;}rS - pUIS "Sl;;)PUB" l;}PO "qJ!;}I):/" U;;)!T!lUed ;;)LpsrqS;}I pun -u;}pnzqJBu 'ldPUD! pun -n1 -Oldsuo!ssm[s!G -!+om;;)u ;;)+ilos ';}pmM ;;)qJS!qS;}l" qo IB):/;}UU;;)G 'U;}){ ;;)):/;}r1){s):/unpr;;)1.ps Ul;}PUOS u;}lmq;;)D lqJ!U 'U;;)lS!;}1snx U;;)gOlS;}):/UB"U;}mlUBd ;;)u):/BdlUB)I ;}!P qJmp l;;)P 'g;}Z ;;)Ul;}lU! l;}G 'Jl;} ;;)l;;)PUB SIB PUIS l;;)qJS l;}PUD! ;;)lq! gep 'U;}):/lOS l;}pUeuplDJ U;}lS!;;)1l!;;)qleSUO!l){npOld;;)"H ;;)InMqJS pun pun U;;)qS;}l qJnB gBp 'U;}UOl;;)q nz 'U;;)I;;)!zqB ~UnUU;;)){l;}UY ;}qJ!nJBqJslI;}S -;;)):/pun ):/unlI;}lsqJ!;;)ID U! 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Das heiBt Versorgungsgemeinschaften, zwischen Geschwistern beispielsweise, sind ausdriicklich ausgenommen. Die rechtliche Gleichstellung als Selbstverstandlichkeit einfordernd sagt MaIjan selbstbewuBt: "Wir haben jetzt die gleichen Rechte und Pflichten, die die Heteros auch haben, und das gehOrt sich so!" Da die beiden keine eigenen Kinder haben mochten, ist es fur sie personlich nicht so relevant, daB ein Recht zur Zeit noch aus der registrierten Partnerschaft ausgeklammert bleibt: das Adoptionsrecht. Die sozial-liberale Regierung unter Ministerprasident Wim Kok ist aber dabei, auch diese Dngleichbehandlung abzuschaffen. Mitte November letzten Jahres hat das Kabinett einem Gesetzentwurf zugestimmt, der lesbischen und schwulen Paaren die Adoption ermoglicht, wenn sie bereits seit drei Jahren zusammenleben und seit einem Jahr fur das Kind gesorgt haben. Auslandische Kinder sind von der Regelung ausgenommen. Die Regierung befurchtet, daB ansonsten auch an heterosexuelle Paare keine auslandis chen Kinder mehr vermittelt werden. Es wird mit einer breiten Zustimmung im Parlament gerechnet, so daB das Gesetz bis zum Jahr 2000 in Kraft treten kann. Dnd dies wird wohl auch nicht von der katholischen Kirche verhindert werden ki:innen, die massiv gegen das Adoptionsrecht fur Lesben und Schwule polemisierte. Der Vatikantheologe Gino Concetti sagte beispielsweise mit Blick auf die Niederlande, Homosexuelle seien nicht fahig, "Mutter- und Vaterbilder zu vermitteln, die fur die gesunde Entwicklung der Kinder unersetzlich" seien und sieht gar eine "Bedrohung der Wurde der Kinder." Drspriinglich sollte die registrierte Partnerschaft in den Niederlanden nur fur homosexuelle Paare gelten. Doch ein ausgepragtes BewuBtsein fur mogliche Diskriminierungen fuhrte dazu, daB sie auch fur Heterosexuelle geoffnet wurde, denn die sollten nicht ungleich behandelt werden. Diese Erweiterung fuhrte dazu, daB die urspriingliche Zustimmung der christdemokratischen Partei CDAin Ablehnung umschlug. Sie waren zwar fur eine weitgehende rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen, wollten jedoch die heterosexuellen Paare nach wie vor in der Institution Ehe ver- Gleichberechtigung im Land der Grachten ~chon ofter ist der lesbisch-schwule Blick von Deutschland neidisch fiber die Grenze in die Niederlande gegangen. Waren die Nachbarlnnen uns doch in Sachen Toleranz und Emanzipation immer ein paar Schritte voraus. Auch was die rechtliche Absicherung von Lebensgemeinschaften anbelangt, sind die Niederliinderlnnen wieder vorangeschritten. Seit Anfang 1998 gibt es die registrierte Partnerschaft. In den ersten sechs Monaten des letzten lahres haben sich 1.800 lesbische und schwule Paare registrieren lassen. 6 ini Silvertand (36 Jahre) und Marjan Konings (52 Jahre) aus der kleinen Gemeinde Stein in der Provinz Limburg leben seit neun Jahren zusammen. 1m Juni 1998 haben sie sich getraut, den Schritt zum Standesamt zu wagen. Die rechtliche Absicherung war fur beide die Hauptmotivation. Fur Rini war es wichtig, "weil wir schon sehr lange zusammen sind und auch zusammen bleiben wollen und weil es schon ist, alles geregelt zu haben." Das, was fur die beiden nun rechtlich geregelt ist, sind zum Beispiel eine Sorge- und eventuell auch Alimentationspfiicht fureinander, ferner die Ubertragung der Hinterbliebenenrente auf die uberlebende Partnerin und natiirlich auch das Auskunfts- und Besuchsrecht im Krankenhaus. Dnd durch die Registrierung entsteht ein Verwandtschaftsverhaltnis zwischen den Blutsverwandten der Partnerinnen. Auch wenn die registrierte Partnerschaft mit annahernd den gleichen Rechten und Pfiichten verbunden ist, wie eine heterosexuelle Ehe, so wollen die beiden ihre Beziehung doch nicht als Ehe verstanden wissen. "Ehe? Oh, wie schrecklich!" sagt Rini spontan und fahrt fort: "Die Ehe ist etwas fur Mann und Frau mit getrennten Rollen ..." und Marjan erganzt nahtlos: "... und wir tun alles zusammen." Die Beziehung zu ihren Herkunftsfamilien ist fur beide sehr wichtig. MaIjan kommt aus einem kinderreichen Elternhaus, sie hat neun Geschwister. Uber den Tag ihrer Registrierung sagt sie: "Es war ein herrlicher Tag, nur mit Menschen, die wir mogen: Das SchOnste war, daBjeder aus meiner Familie dabei war, wirklich lesbische und schwule Familien L "jJj!P1DMSJjUnldP1QJ pUIS dSd!P ~udmp[nllSTB!ZOS Udl1d! -!PB1l-lq::>!U !dq ){!l!TodTB!ZOSdndU dUP Uln lqdJj stI °YBq::>suPUldJjsudqdl dlJjdTdJjUB 1dnBa JnB dU!d °17 'udTBlllm UdUlBSU!dUldJjpun :l\ldMldJjd~ UldUdqd!lLJ::>S -dJjun 1dpo/pun UdHd!ZYJOUlduld l!Ul UldlSAS SdTB!ZOS SdlBqUlqdUlqBM q::>mmp udfjnB pun UdUU! 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Erste Antworten gibt eine Bejragung an 1124 Lesben, Schwulen und Bisexuellen, die in Zusammenarbeit mit Lespress, Queer, First und 14 Initiativen aus NRW Ende 98 vom Schwulen Netzwerk NRW organisiert wurde. Um es gleich vorweg zu nehmen: Lesben und Schwule unterscheiden sich weit weniger als bisher angenommen. 1 Singles schein en unglticklich 5 o 5,3 % aller Befragten leben gegenwartig als Singles. Doch die meisten von ihnen sind mit ihrem Single- Dasein unzufrieden: nur 12,1 0/0 der Lesben und Schwulen leben "gem als Single", dagegen wtirden 76,7 % "lieber in einer festen Beziehung leben". Interessanterweise unterscheiden sich hierbei Lesben und Schwule: wahrend die zufriedenen Singles bei den Schwulen noch 13,7 0/0 ausmachen, sind es bei den Lesben nur noch 5,3 %. Offensichtlich sind Lesben etwas bindungsfreudiger! Von den Jtingeren wird die Frage tendenziell haufiger bejaht: nur noch 5,6 % aller Alteren ab 50 leben geme als Single, sie haben auch den starksten Wunsch nach einem Lebenspartner (69,4 0/0). Diese Tendenz ist deprimierend. Trotz einer ausgepragten Szene, neuen Freiheiten und einer immer starker werdenden Akzeptanz schein en viele Lesben und Schwule unzufrieden mit ihrem Leben zu sein. Die momentane Kampagne, die unseren Zusammenhalt unter "Familien" thematisiert, scheint dringend notwendig zu sein. Bei den bestehenden Beziehungen findet sich hingegen allgemein eine hohe Zufriedenheit mit der gegenwartigen Lebensform: 84,8 % finden die Vorstellung interessant, "zusammen mit meinem Partner/meiner Partnerin aIt zu werden", bei den offenen Beziehungen sind dies immerhin noch 71,9 %. Herkunftsf amilie und rreundschaften as sich innerhalb der Gesellschaft entwickelt, zeigt sich bei den Lesben und Schwulen besonders deutlich: die Herkunftsfamilie besitzt keine herausragende Stellung mehr. Von den befragten Lesben fanden sie nur noch 2,6 % bedeutsamer als den Freundeskreis, bei den Schwulen sind dies ebenfalls nur 7,5 0/0. Dagegen wird die Bedeutung des Freundeskreises bei Lesben und Schwulen einhellig mit 29,8 bzw. 30,5 % als "wichtiger" eingestuft. Die Bedeutung der Herkunftsfamilie nimmt mit zunehmendem Alter noch ab: Jugendliche unter 20 empfinden sie noch zu 16 % als "wichtiger" im Vergleich zum Freundeskreis, jede/r dritte Lesbe und Schwule ab 35 bevorzugt dagegen den eigenen Freundeskreis, bei den Alteren ab 50 ist dies bereits fastjeder zweite (47,2%). m Leben in lUohngemeinschaften OCh deutlicher zeigt sich unser ZusammenhaIt mit Freunden/Freundinnen in der bevorzugten Wohnform. Haus- und Wohngemeinschaften sind der Renner: 16,8 % der Lesben und Schwulen leben bereits in einer WG, 44,4 % wtirden "geme in einer Wohn- bzw. Hausgemeinschaft mit Freunden/Freundinnen leben". Damit wtinscht sich fast jede/r zweite Homo eine gemeinsame Wohnung oder ein gemeinsames Haus zusammen mit seinem Freundeskreis! Vielleicht soUte dieses Ergebnis bei der geplanten rechtlichen Absicherung unsrer "Familien" entsprechend berocksichtigt werden ... n Homos und Hinder? roher gaIten Homos als potentielle Kinderverfuhrer: eine lesbische Sportlehrerin oder ein freundlicher Nachbar (Bonbons stets in der Hosentasche!) waren die heterosexuellen Klischees der funfziger Jahre tiber Lesben und Schwulen, die P iesbische !Iud scilwuie Famiiieu 6 -Oqdl3uy q:me ldqe dUdZS UdYfd!ZldUlUlO)]: ldp U! UdY -qdJ q;)HUldl{;)Sll{eM 'UdldlIV ldP -ESH1~!ZOSdIP UdU!d UlnZ'lp!S ud)3ullil{eJldSUO!l Ud)3PZ ld!H ')3PQl{ -d)3nz A+!UnUlUlOJ ldp l{;)!S UdIl{D] OS qE udInMl{;)S pun udqsdl1dP Ofo v'69 dZIolS :ldlIV UldPUdUl -l{dUnz l!Ul l{;)0pdf lSl{;)~M zUdPUdH10MlUY dSd!Q )3uEIS!q UdllOMlUE Udll{E[ OZ ldlU[l lSI lll{d){d)3Ul[l IIJIf'WIJd ;}/l1llllP~ pun :).Sd1UdP ud:).q;)eUl lIM 'nequdUlUlEsnz JlUIl Jlpm/S'J/ Udldsun Uln A+!UnUlUloJ ldP U! 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SU!d mu l{;)Hqd)3UE te fur altere Lesben und Schwule, eine regelrechte Marktlticke fur Szenebetreiber! moglich, vorher ist an eine Beziehung gar nicht zu denken ... (siehe Tabelle 3) Proud to be grey? iner der groJ3en M~~en unter den Schwulen ist die Angst vor dem Alterwerden. Das Lamentieren an jedem Geburtstag kennt jeder und dient vor allem dem Einheimsen von Lob: man hort gem, daJ3 man so alt doch noch gar nieht aussehe (und in den meisten Fallen stimmt das ja sogar!). Bei den Lesben spielt die sexuelle Attraktivitat dagegen keine dominierende Rolle, sie verfugen - im Gegensatz zu den Schwulen - tiber Ideale reiferer Sexualpartner. Bei der "Angst vor dem Alter" wurden dementsprechend groJ3e Unterschiede unter Lesben und Schwulen vermutet. Diese zeigten sieh auch, allerdings weit geringer als erwartet (wenn auch "statistisch signifikant"): Jeder vierte Schwule kreuzte auf einer Skala von 1-7 seine Angst vor dem Alterwerden mit der Hohe 5, 6 oder 7 an. 1m Vergleieh der Mittelwerte zeigen Lesben mit 3,0 statt 3,3 eine geringere Tendenz, aber auch hier bleiben die groJ3en Unterschiede aus. Wo bleibt nun die vielbeschworene Angst vor dem Alter? Kokettieren die Schwulen nur? Alterwerden bedeutet geringere sexuelle Attraktivitat und damit weniger Mogliehkeiten sozialer Kontakte innerhalb der schwulen Szene. Letztlich kann die Angst vor dem Alter als Angst vor der Einsamkeit interpretiert werden. Sie scheint aber weniger ausgepragt zu sein als immer behauptet. Vielleicht ist unsere soziale Kompetenz doch besser entwickelt als wir uns dies eingestehen wollen, und selbst das Altwerden wird souveraner gemeistert, als die Sprtiche es allgemein vermuten lassen? Das gibt ja Hoffnung! • Michael Scharmann E • besuche gerne Jesbisch/schwuJe Herkunftsfamilie weniger wichtig Szenetreffs als • ftihle mich als Tei! der Community cler Freundeskreis Coming=Out im Deruf ie sieht es aus mit dem offenen Leben am Arbeitsplatz? Konnen wir uns unbeschadet unter Kollegen outen? Vor allem Lesben zeigen hier Mut: weniger als ein Drittel (30,50f0) sehen ihre Homosexualitat auf der Arbeitsstelle als Privatsache an, 55,6 Ofo leben sie "ganz selbstverstandlich auch im Berufsleben". Dagegen meinen immerhin 37,3 0/0 der Schwulen, ihre Homosexualitat hatte "am Arbeitsplatz niehts zu suchen". Bisexuelle thematisieren ihre Sexualitat auf der Arbeit noch seltener: nur noch 30,3 % leben hier offen als Bi's. Wenn man sieh tiberlegt, daJ3 die Befragten im Durchschnitt eher selbstbewuJ3te Szenebesucher sind, kann man davon ausgehen, daJ3 die Situation am Arbeitsplatz im Grunde genommen noch schlechter ist. Es gibt sieher noch viele versteckt lebende Lesben und Schwulen, die wir mit der Befragung nieht erreiehen konnten. Sie hatten diese Zahlen noch weiter nach unten korrigiert - ein Hinweis darauf, wie dringend ein Antidiskriminierungsgesetz fur uns notwendig wird! Das Zugehorigkeitsgefuhl zur Community macht im tibrigen auch selbstbewuJ3ter: wer hier zustimmte, lag auch in der Antworttendenz "ComingOut am Arbeitsplatz" mehr als 10 % tiber dem Durchschnitt. Auch eine bestehende Beziehung starkt den Lesben und Schwulen eventuell den Rticken. Egal ob offene oder feste Partnerschaft, im Berufsleben tritt man rund 140f0 haufiger offen lesbisch/schwul auf, wenn eine Partnerschaft besteht. Oder ist es einfach nur schwieriger, sieh zu verstecken, wenn einen immer wieder die gleiche Freundin/der gleiehe Freund abholt? Eine umgekehrte Erklarung ware ebenfalls plausibel: das Coming-Out macht eine gelebte Partnerschaft erst lU 10 1 Fur die Berechnung von Gruppenunterschieden wurden in der engeren statistischen Auswertung aile Befragten entfernt. die heterosexuell waren oder keine Daten zur sexuellen Jdentitat angegeben hatten. Uhrig blieben 955 Personen, hien;on 77,3 % Schwule, 15,8 % Lesben, und 6,9 % Bisexuelle. Die Altersverteilung lag mehrheitlich zwischen 20 und 35 Jahren, 7,6 % der Befragten waren junger als 20, 17,5 % lagen zwischen 36 bis 50 Jahre und nur 3,8 % waren alter als 50 Jahre. Tabelle 3: Coming-Out am Arbeitsplatz Schwule • "Privatangelegenheit" Lesben "selbstverstandlich Bisexuelle offen leben" /(,,/Jiscilc UluI Sclll1'ule Familiell II n ~.IO;}D .I;}){J;} • j f!.{BM ;}!;}lJ ;}!P lDJ lPZ ;}lsqJQq - S;}P~ Pl!M S;} ;}~UBI sun l!M U;}qBq lqJsuDM -;}D ·"qJsunM" "IqBM pun ;}!;}ld" :U;}+I;}){ -qJH~QUIS~UnZl;}S -1;}q[]. !;}MZ "uondo" JJP~;}H U;}qJS!U -!;}lBI U;}P lDJ qJnB N!~ UO){!X;}1 ;}:j.1;}mZ S~UB~U!;} SBP pun jgnUI U;}UIq;}U qJruds -uy U! ;}!S UBUI gBp '~yn~Is~uBMZ lqJ!U U;}uondo Bf W!;}q U;}lUUBU;}~ l;}P U;}UU!M;}~){JDl -nz UIn ·U;}qBq II.lll!WIJ,l -U;}!P;}li'\Tpun -Bl~B1Bd ;)uqo <'I(.lSlqSJ/ 1"m <,/nil/lfJs U;}qJ!P;}~lDq-nUB ·qJsIdoln -;)~qJPI~ qJnB 'U;}:j.1;}M lnu l;}UIdS qJnB pun U;}P l;}qJSIlS ~mQA 'U;)l;)ndopB qJmqJ;)l pun +TT;)lS U;)P1DM ~U!UIOJ U;)uondO qJIs UI;}U '!;)q lIUI U;)qS;}1 U;)l;)~UDf UOA ;}qJHPU~lSl;}A+SqpS ;)IG :U;)U l;}lSl;} U!;} ;}IS UU;}M 'pU;}UUBds ~unH;}lsqJPTD U;}qJmqJ;}l UII pun U;)~HBUIlSl;} l;)P lqB[ U;}lSl;} UI;}P qJBU 'SL ;}lqB[ ~IZUBMZ S;}P ~uru;}ISHB1;}qn l;}P qJBU ;uqB[ ·U;)~U~MZ U;}qJSIqJ1Bl;}Iq pun I u;}qd ~!m;}lQ l!;}qU;}~lOq -;)D 1;}PU;)UI1~M U;)qJS!MZ ~un~~ldsny -Hl;}~lDq lIUI U;}InMqJS U;}qJ ;)IM lsqI;}S JJP~;)H UI;)P U;)qS;)1 UOA U;}~UruqBJl3: U;}~nmdS;}!MZ ;)!P ;}lsqJmn;)Q ~Ummp;)qI;)ddoQ '~unI ;}!P IBM ;}lqB[ l;)OL I;}H ·U;}nBq ;)IU ;)H;)nx;)s ;}l;}n~ ;}!P 'U;}UU!M;)~ -Bp pUIS ;}!S ·qJsunM1;}puDI -s~unq;)IZ;}H U;}InMqJS ~UB~UIn l;}P qJIUI lDJ lS! 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Immer, wenn ich aUf meinen Heimatplaneten "Bottrop" zu diversen Familienriten zuriick beame, komme ich mir var wie ein AuBerirdischer in einem Paralleluniversum. Meine Eltern begriiBen mich freudig, und ich verstehe auch ganz gut, was sie so treiben in ihrer Galaxie. Nur habe ich Schwierigkeiten zu vermitteln, was ich eigentlich den ganzen Tag iiber fabriziere. Da ist dann plOtzlich der Ubersetzer defekt, meine Stimmenmuster versagen affensichtlich. Ich bleibe stumm, oder versuche drumrumzureden. Ganz eindeutig: Die schwul-Iesbische Familie entjremdet mich unheimlich von der Stammfamilie. 12 iese babylonische Geschichte hat natiirIich einen Anfang, der, da er sich schon unzahlige Male in deutschen Wohnzimmern zugetragen hat, inzwischen wie eine billige Soap-Oper wirkt: Papi und Mami sitzen schreckensbleich auf der Wohnzimmercouch. Sie bricht in Tranen aus, er brullt und droht mit RausschmiB. Das Coming-Out ("Ich bin ein AuBerirdischer") in der eigenen Familie gerM zum Debakel. Hilflosigkeit, Wut, Verstandnislosigkeit beim Abschied yom Tisch, "unter den man so lange seine FuBe gestellt hat", sind nicht selten. Die Familie? Die brauche ich nicht mehr! Da hat man das elterliche Horrorkabinett nun Lich1jahre hinter sich, und plOtzlich kommt man wieder auf den Familiengeschmack. Nicht unbedingt den Abgeschmackten der Herkunftsfamilie, wie gesagt, die Verstandigungsschwierigkeiten. Aber der taste der neuen family, die mich tagein, tagaus umgibt. Diejenigen, mit denen ich diskutiere, lache, streite und arbeite, mit denen ich kuschele oder Sex habe. Was sind die fur mich? Familie? Die erste Reaktion ist Ablehnung: Was soli das? 1st das die konzertierte Aktion der familienabhangigen Mobelindustrie zur Erweiterung ihrer Absatzmarkte bei Schrankwanden und Einbaukuchen? Ist es ein Appell, sponsored by Muttergenesungswerk, damit die verlorenen Sohne und Tochter reumutig zuruckkehren, urn gemeinsam den schiefhangenden Familiensegen wieder geradezurucken? Dann die Besinnung: In der Politik wird, zumindest im iiberalen und linken Spektrum, schon seit Iangerem uber einen neuen Familienbegriff nachgedacht. Familie ist hier nicht mehr allein das verheiratete Paar und deren Verwandte, zur Familie gehort auch der nichtverheiratete heterosexuelle Partner oder das in "wilder Ehe" lebende Paar, das Kinder erzieht. Man kann aber noch viel weiter gehen als die SoziaipolitikerInnen in ihren Beratungen zu rechtlichen Regelungen. Der Begriff der "Familie" wird aus der konservativen Hulle herausgeschalt urn ihm ein eigenes, individuelles, dem Leben der Lesben und Schwulen angepaBtes Outfit zu geben. Familie muB neu gedeutet, das alte "FamiIienstammbuch" urn neue Seiten erganzt werden. Frei sind wir zumindest in der Ausgestaltung unserer Spieiraume zwischen Produktion und Reproduktion, damit haben wir heute die Moglichkeit, unsere eigenen Beziehungsmodelle und Familien zu konstruieren, uns Teilfamilien zu schaffen, die uns den Rahmen an Verstandnis, an Fursorge und an Miteinander geben, den wir benotigen. Die klassische Zweierbeziehung wird sicher weiterhin das vorherrschende Beziehungsmodell sein. Doch Schwuisein zu zweit ist auf Dauer nicht abendfullend. (Wie hoch sind eigentlich die Scheidungsraten bei Homopaaren?) So gibt es immer wieder die Dreier- oder Viererkisten. Junge Schwule und Lesben definieren sich zunehmend weniger uber ihre Homosexualitat, die gerade vorherrschende Jugendkultur ist weitaus pragender als die Coming-out-Gruppe. Die Gruppe der Bisexuellen beginnt sich zu emanzipieren, ihr Symbol - der Halbmond in Regenbogenfarben - ist zunehmend auf StraBenfesten und Paraden zu sehen. Die Transgender-, Crossdressing und Transidentitas-Diskussion aus den USA greift nach Deutschland uber. Wir gehoren zwar aIle "zur Familie", wie der Volksmund bereits treffend bemerkte, doch wie die im einzelnen aussieht, das ist sehr individuell. Die (beste) Heterofreundin gehort ebenso dazu wie der schwule oder lesbische Betrieb, in dem man arbeitet. Das kann der stiIsichere Homo-Coiffeur sein oder die lesbische Versicherungsvertreterin, die sich im Partnerschaftsrecht bestens auskennt. Der Begriff "gay community" Iiegt einigen bereits auf der Zunge, vielleicht ist "Familie" die treffende Ubersetzung dafur. Die gay community ist die GroBfamilie, in der wir uns aufhalten konnen, wenn wir wollen. Dort finden wir das, was wir fur unser schwul-Iesbisches Leben brauchen - die Kontakte, die Freundschaften, die groBen und kleinen Lieben, den schnellen Flirt, den geilen Quickie. Man kann es auch ganz frei von den emotionalen Bedlirfnissen formulieren. Dann ist es die GroBfamilie, in der ich gemeinsam handele, politisch oder wirtschaftlich zusammenarbeite, wo ich gebe und nehme, Ierne und lehre. Die zunehmende Vielfalt der Gruppen zeigt, daB der Part des gemeinsamen Handelns in der community bereits funktioniert. Mit den Gay Managern oder Unternehmen wie der Pride-Company wachsen zarte Pflanzchen der wirtschaftlichen Macht heran. Und wenn Gay and Grey sich mit den Youngstern auf einer Technoparty zum Streuselkuchen (meinetwegen auch zum Caipirinha beim Klavierkonzert) trifft, kommt der Austausch zwischen den Generationen in Gang. DaB die "warme Familie" auch Verantwortung fureinander libernehmen kann, hat sie bereits bewiesen. Mit der Aids-Krise entstanden zunachst die Aids-Hilfen aus der Bewegung heraus, spater die schwulen Pflegedienste. Und mit der beginnenden Diskussion um schwul-Iesbische Wohlfahrtsverbande und Homo-Altersheime setzen wir gerade einen neuen Generationenvertrag auf. Familiengefuhle im positiven Sinne fur uns Lesben und Schwule? Das sind doch schone Aussichten, oder? Noch ist der Familiengedanke fur viele neu, hauflg wird die Szene noch mehr als Ghetto begriffen denn als "Heimat" (noch so ein Wort, das man fur eigene Zwecke verformen kann). Und: Die schwulen und lesbischen Familien sind nicht das wahre Homoparadies. Wir werden uns auch zoffen und anbruIlen, es wird Spielverderber geben und Falschspieler. Aber so ist das nun mal - in einer richtigen Familie . • Christian ScheuB £1 uoqJS ~S! SBa ·1l0 UJlUqJUJ~UB ·~nUJ~ lqJS lUJU!J nz nJnpB~S l[JVJU!J ULn..lJpJ!m IJJllllll"-l )11li/llpS ·N3fI3I JllJnXJSOUWH svm 1'1111 JlpSI1/S.J1 SlJpUV [fVP 'J6JJZ InU 'uJ6v..lp6..l0(l VUlV.la pun UJU!JlU ~qJBlU SBa ·pU!S llB1JqD UJqJ lIM gBp 'TqDJJD SBP ~!lUBP l!lU UTJmlU1JA pun lBq~qJ!S qJ!lU lDJ 'Bp PU!S J!S 'JplJM -lqB~SqJQq UJUlJTUJUUJ)[ UJqJllU! UJqJSUJW J!U qJ!TU!JqJS JSJ!P qJ! gBp 'qJS!~Bl~ -!JM ~qJ!U ~S! SJ !pU!S ~~m~qJSJq UJUJp U! 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Das Gesetz ist nicht nur, aber in erster Linie fur Lesben und Schwule gedacht. ie sozialistische Regierung ist dabei, die Familie zu zerstoren!" behauptet der rechtsgerichtete Abgeordnete Philippe de Villiers und formuliert damit die Hauptsorge der PACS-GegnerInnen. Die katholische Bischofskonferenz sieht den Sinn von Ehe und Familie in Frage gestellt. Fur deren Vorsitzenden Louis-Marie Bille ist das Gesetz ein "Koffer mit doppeltem Boden", denn es gehe eigentlich darum, Homosexualitat zu legitimieren. Auch andere Weltreligionen wandten sich gegen den zivilen Solidaritatsvertrag PACS. Der judische GroBrabbiner Joseph Sirtuk sieht einen Angriff auf das Familien-Ideal und damit gar die ganze Gesellschaft in Gefahr: "Ohne Ideal lOst sich die Gesellschaft auf." Das, wogegen von konservativer und kirchlicher Seite so vehement vorgegangen wird, ist eine rechtliche Gleichstellung fur lesbische und schwule Paare. Allerdings soli der Weg zur traditionellen Familie verwehrt bleiben. Die Adoption und die kunstliche Befruchtung fur Homosexuelle soli en nicht erlaubt werden, wie der sozialistische Premierminister Lionel Jospin immer wieder mit beschwichtigendem Blick auf die GegnerInnen betont. Der Gesetzentwurf sieht ansonsten Veranderungen vor, die der heterosexuellen Ehe nahe kommen. Ge- le~b, .,,, !llld Sc/I/I'll/!' Fami/leu 51 I/JI!WfIJ!i Jl'lilllIJ·~ pUll JlfJsliJs'Jl dpmM llilOd Id:).ldpU~ldA ul "dfUUO)[ Udj'lU~lq nBd nz pnMlu3: -dugno~ UdP j'lBllUB llidU!d l!lli uoq -!soddO dIP UBP os 'UdU -d!q::>Sld j'lnudj'l q::>!dlTqBZ lq::>~u UdlBM UdldUPlOdj'l -qV udq::>sqsHB~ZOS d!Q "dj'lB[1dPd~N dqldq dU!d UO~mBO)[sj'lurud!j'ld~ dIP n1[1d q::>nsldA UdlSld lli~dH "dpmM lj'lngqdj'l pnMlu3: Idp s~q 'j'l!pUdM -lOU UdlBM dJn~Tuv dldl -qdW "j'ldM Idq::>HldMq::>S -dq Uld IBM d)[::>dllS - ndl dlSld dSd!P Sl!dldq pun "UdllilliOUdj'l dPl~H dq::>S~lBlUdlliB[1Bd dlSld dIP j'luBTS!q pnMlUdzldS -dD Idp lBq j'lunTllilliBS -ldATBUOqBN Idp UI "U~dudq::>dldsldATqBM U!d u~dsOf IdlS!U~llild~lli -S:yBq::>STldSdDdq::>~PP~M" dU~d q::>nB UldPUOS '"npq::>S -:).l0d Idq::>SnBlOlli pun IdTB~ZOS"U~d mu lq::>~u S)Vd UBP 'q::>mq::>~SldAnz lS~ noj'l~nD qldqBS Idp "UUB)[ UdpldM ldPd~q::>SqBldA 6661 dP Idp lSI drS l~d -u3: S!q S)Vd -H3: uPdls~u~llizgsnf dq::>sgsHB~ZOSdIP q::>oQ "ldUq::>dldj'l -dId dq::>sqsHB~ZOSIdp dlSQ[ SdJmMlUdZldSdD -upqum 'lBUdS Idp 'ldllilliB)[SlUdlliBPBd U! pnMlUdZldSdD -ldATBUOgBN dIP dlj'lnnq JnB UdpmM "dTldnxdsollioH IDJ S)Vd dl!dMZ d~P Pl!M UdP j'lunTllilliBs 8661 IdqllidZdQ uduoHnW "6 lliV JUDJ s~q IDJ q::>nB OfoOS ddBID[ pun UdP uduuISQZUBld "s::>BdguV JO SlO[O) pdl!Un" OOZ"L Idp OfoL9 dIM Ud[OlBd mu q::>opdf dlIq~z ~dzHOd dU~d uomsoddo dAgBAldSUO)[ UdP nz PTTBIBd U~ dSd!P q::>Blq 'JIBMlOA "Udj'luruduny dgdMldTn!lli dIP Idq~ lnlliUn UdP llidlq~ u~qJnBIBp Udl pun dq::>OTH)[::>PlBd UdlSH -B!ZOS llidP UOA dIP ')[::>~nz UdPu~qldAUdTldnXdSOlliOH dIP JnB S)Vd Idp lqdj'l q::>Hj'lu~dsln ,,"dU~dMq::>S Idp IdnQds 'ldqT~)l 'ldP~H" :TdlU UdP IBj'l j'lunzu~j'll3: UdqBj'l j'lnzdH udq::>HPU~[ UdP JnB )[::>Hqum Hlli '[!dlUdj'ldD lli~ ZUBD "UdUqQSldA lq::>Iu UdUUPdUj'ldD dIP uuq zlBsnz IdSd!P q::>oQ "UdqldM S)Vd dAgBAldSUO)[-q::>H Idp Udj'lU~j'ldnBqdQ UdP IDJ Idlq::>~dTUdS~d1)[TqBM Udlq! u~ unu UdUUQ)[ ZU~AOld Dp snB UdUUPdPBlUdlliB[1Bd -U~dllidj'lsj'lunj'llosldA 'dpmM d!Q "Udqd! 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Wir konnen hier ausflihrlich nachlesen, wieviele Kinder Helmut Kohl hat und wie oft Gerhard Schroder verheiratet war. Schwierig wird diese Kategorie "Familie" allerdings, wenn die Biographie von der Norm abweicht: "w. ist unverheiratet." hellit es da zu FDP-Generalsekretar Guido Westerwelle und "Frau Sch. ist unverheiratet" zu BadenWtirttembergs CDU-Kultusministerin Annette Schavan. SoIche Negativ-Aussagen verraten narurlich nichts tiber familiare Bindungen. Sie geben eher AnlaB zu Spekulationen, als daB sie informieren. Die Munzinger-Archivare geraten hier ebenso in ein DUemma, wie Joumalistlnnen, die tiber Personen des Offentlichen Lebens schreiben. Dabei geht es immer um die Frage: Wieviel Familienleben geh6rt an die Offentlichkeit? Bei der Abwagung zwischen 6ffentlichern Interesse und dem Schutz der Privatsphare gilt bis heute unter Journalistlnnen und Publizistlnnen die angebliche Regel: Es wird nUTtiber das Privatleben berichtet, wenn die betreffende Person einverstanden ist. Prominenteste Vertreterin dieser Auffassung ist Alice Schwarzer. In der Debatte urn das Outing des Tagesschausprechers Jens Riewa fordert sie, "daB Menschen ein Recht auf richtige Fakten haben und darauf, selbst zu bestimmen, was sie Privates tiber ihr Leben mitteilen." (vgl. Emma Jan! Feb, CE99)Frau Schwarzer teilt hier zwischen den Zeilen (unfreiwillig?) viel tiber sich 1 ,t: ~ - - ., ,:;:- ~ -...;:..~ selbst mit, und ist dabei noch hochgradig inkonsequent. Die Ein16sung ihrer ersten Forderung hatte namlich ein Outing alier versteckt lebenden Lesben und Schwulen zur Folge. Wir durfen bezweifeIn, daB sie dariiber erfreut ware. An ihre zweite Forderung halt sie sich ebensowenig. Beispielsweise wird ein Sexualstraftater in Frau Schwarzers Augen wohl kaum selbst bestimmen durfen, was er "Privates" uber sein Leben mitteilt. Und wieder sind wir also bei der Frage, wann das Private Offentlich sein mu13oder sollte. Tragisch ware es, wenn immer nur die sexuelle Orientierung von skandalumwitterten oder kriminellen "Negativ-Beispielen" offenbar wurde. Dabei gibt es uberal! um uns herum Beispiele flir gelebte lesbiscbe und schwule Familien: lesbische und schwule Paare oder Singles, die bei den Eltem, Geschwistem und deren Kindem oder auch bei den eigenen Kindem akzeptiert sind und sich einen Freundeskreis als eine "Wahlfamilie" aufgebaut haben Lesben und Schwule, die mit "ibrer Familie" gliicklich sind. Nur prominente Lesben und Scbwule scheint es unter 80 Millionen Deutschen nicht mehr als eine Handvoll zu geben. Dabei k6nnten sie eine wichtige Rolle als Identifikationsfiguren spielen und die Offentliche Meinung tiber Homosexuelle maBgeblich positiv beeinflussen. "Schutz" bietet diesen Prominenten die heuchlerische Regel, nach der das Privatleben von Personen des 6ffentlichen Lebens angeblich tabu ist. Die Realitat sieht natiirlich anders aus. Das Familienleben von heterosexuel!en Promi~ - -~"'-,," ..,. ,.. ~ - - .•• ~- - nenten wird mit gewissen Einschrankungen alltaglich thematisiert, ebenso das vorgetauscht heterosexuelle Familienleben von Homosexuellen. Hier zahlen also nieht immer die Fakten, sondem die Befriedigung einer vermeintlichen Erwartungshaltung. Dagegen ist Homosexualitat als Teil des Privatlebens nur dann ein Thema, wenn jemand "offen lebt" oder sein Recht auf Privatsphiire "verwirkt" hat, z. B. durch eine Straftat, oder weil jemand geoutet wurde und sowieso schon aIle dartiber berichten. Dieser seltsam widerspriichliehe Umgang mit Homosexualitat kann aus selbstbewuBt schwul-lesbischer Sieht nieht richtig sein. Er verstoBt gegen den Grundsatz der GJeichberechtigung und ist emanzipatorisch kontraproduktiv. Prominente Lesben und Schwule sollten anfangen, ibre Umwelt endlieh ernst zu nehmen, indem sie sich ihr so zeigen, wie sie sind: eine lesbisch-schwule Familie. Ubrigens, Herr Westerwelle ist in dieser Hinsicht aufgeklarter als diejenigen, die uber ibn schreiben. FliTdas Buch "Out - 500 bertihmte Lesben, Schwule und BisexueIle" schickte er dem Quer-Verlag ein nettes Foto von sich zu. Es ware schon, wenn wir bald noch mehr Namen aus Deutschland sehen konnten. Also, nehmen wir Alice Schwarzer beim Wort und fordem unser "Recht auf richtige Fakten". Fragen wir doch einfach mal unsere Promis nach ihrer wahren Familie! VieIleieht fangen wir gleich mit dem nachsten Bundesprasidenten an ... • Thomas F. Kramer