Licht.wissen 19
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licht.wissen Wirkung des Lichts auf den Menschen 19 f u a ad o l n de w o ht. D ic r l . e i w Fre ww licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 01 Inhalt 3 Editorial 4 Licht prägt die Evolution des Menschen 32 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht in der Schule 34 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht im Seniorenheim 6 Biologische Rhythmen 10 Die innere Uhr 36 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht für zu Hause 14 Biologisch wirksames Licht 38 Lampenspektren 16 Biologisch wirksames Licht in Innenräumen 40 Ausblick: Forschung wird intensiviert 42 Glossar 20 Lichttherapie 44 Normen, Literatur [Titel] Das Gehirn synchronisiert die innere Uhr des Menschen mit der Außenwelt. Ein Taktgeber ist das Licht. [01] Biologisch wirksame Beleuchtung ergänzt bedarfsgerecht das einfallende Tageslicht. [02] In der dunklen Jahreszeit besonders wichtig: Biologisch wirksames Licht unterstützt den schwächeren Tageslichtreiz in Innenräumen. 24 Hinweise zur Lichtplanung 46 Publikationen von licht.de 26 Beleuchtungsqualität und Energieeffizienz 28 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht im Büro 30 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht am Industriearbeitsplatz 47 Impressum und Bildnachweis 02 Editorial Hell und dunkel, warm und kalt oder der Wechsel der Jahreszeiten: Erdrotation und -neigung bedingen konstant wiederkehrende Veränderungen, die im Laufe der Evolution dazu geführt haben, dass der Mensch ein System von inneren Uhren entwickelt hat, das solche Veränderungen antizipiert – das circadiane System: Einem komplizierten Uhrwerk gleich, steuert es die 24-Stunden-Variation sämtlicher Körperfunktionen und stimmt sie aufeinander ab. Wird es gestört, kann das zu unterschiedlichsten Krankheitssymptomen wie Depressionen oder Immunerkrankungen führen. Bereits seit den 1980er-Jahren erforschen Wissenschaftler, wie sich über das Auge vermitteltes Licht biologisch auf den Menschen auswirkt. Doch erst 2002 entdeckten sie Ganglienzellen in der Netzhaut von Säugetieren, die nicht dem Sehen dienen. Sie reagieren am sensibelsten auf sichtbares blaues Licht und stellen die „Master Clock“, die wiederum das System innerer Uhren mit dem äußeren Hell-Dunkel-Zyklus synchronisiert. Das vorliegende Heft fasst praxisrelevant und anwenderorientiert heute verfügbares Wissen über die okular vermittelte, nicht visuelle Wirkung des Lichts auf den Menschen zusammen. Es ist kein abschließendes Übersichtswerk, sondern der ambitionierte Versuch, das schnell wachsende Forschungsfeld von Licht, Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu einem frühen Zeitpunkt darzustellen. Die Chronobiologie wird unser tägliches Leben künftig substanziell verändern. Ein Ziel ist es, das circadiane System durch dynamisches Licht zu stärken: Im Kern geht es darum, Tageslicht in Innenräume zu bringen und tagsüber bedarfsgerecht durch künstliches Licht mit erhöhtem Blauanteil zu ergänzen. Arbeit soll dadurch sicherer und effizienter werden, das Lernen konzentrierter. In Pflegeheimen oder Krankenhäusern unterstützt dynamisches Licht den Schlaf-/Wachzyklus der Menschen, fördert Wohlbefinden und Heilungsprozesse. In den Abend- und Nachtstunden dagegen wird Licht mit geringerem Blauanteil dazu führen, dass zum Beispiel Schichtarbeiter seltener krank werden und Schlafstörungen insgesamt abnehmen. Das Thema Licht und Gesundheit ist faszinierend. Die Entdeckung des dritten Fotorezeptors hat ihm neue Dynamik verliehen: Chronobiologen, Lichtindustrie und Architekten haben jetzt die Chance, durch gemeinsame Anstrengungen die Lebensqualität der Menschen entscheidend zu verbessern. licht.wissen 19 leistet hierzu einen Beitrag. Dr. Dieter Kunz, Abteilung für Schlafmedizin, St. Hedwig-Krankenhaus, Berlin Institut für Physiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, CBF 3 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 03 4 Licht prägt die Evolution des Menschen Licht ist Leben. Unter dem Einfluss der Sonne entwickelten sich vor drei Milliarden Jahren die ersten Lebewesen auf der Erde. Den „weisen“ Menschen (Homo sapiens) gibt es seit etwa 170.000 Jahren. Lange Zeit hatte er nur das Feuer, erst seit etwas mehr als 100 Jahren nutzt er elektrisches Licht. Kein Wunder also, dass Tageslicht den Menschen geprägt hat. Alles Leben auf der Erde ist räumlich und zeitlich organisiert. Viele natürliche Vorgänge verlaufen rhythmisch. Die Erde dreht sich in 24 Stunden um ihre Achse und in 365 Tagen um die Sonne. So entstehen Tag und Nacht, Sommer und Winter. Der Mond wiederum dreht sich um die Erde, bewirkt dadurch die Gezeiten und im Wechselspiel mit der Sonne den monatlichen Rhythmus. ihren eigenen Fortbestand und den der Pflanze. Im Laufe der Zeit haben Organismen ihre innere Uhr immer wieder biologisch sinnvoll an äußere Rhythmen anpassen müssen. Diese Fähigkeit hat sich evolutionsbiologisch als Vorteil herausgestellt. So hat auch der Mensch ein genetisch verinnerlichtes Wissen über Zeiträume entwickelt. Diese Zyklen haben die Lebensräume auf der Erde stark beeinflusst: Viele Pflanzen beispielsweise passen ihre Überlebensstrategie an Tag und Nacht an. Sie öffnen ihre Blüten mit dem ersten Sonnenlicht. Ihr Nektar wird dadurch für Insekten erreichbar, die ihre Sammelflüge daran anpassen. Dabei bestäuben sie die Pflanze. So sichern sie 04 [03 – 05] Tag oder Nacht, Sommer oder Winter: Licht bestimmt die Rhythmen allen Lebens auf der Erde – auch die des Menschen: Im Laufe der Evolution hat er sich daran angepasst und eine innere Uhr entwickelt. 05 5 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Biologische Rhythmen Vom Gehirn kontrolliert, läuft im menschlichen Körper jeden Tag das gleiche Programm ab. Die innere Uhr steuert Schlaf- und Wachphasen, aber auch Herzfrequenz, Blutdruck und Stimmung. Jede Zelle und jedes Organ hat einen eigenen Rhythmus, der regelmäßig mit der Außenwelt synchronisiert werden muss. Der Mensch orientiert sich dazu vor allem an Tag und Nacht. Viele Körperfunktionen des Menschen und anderer Lebewesen verlaufen zyklisch. Chronobiologen unterscheiden je nach Periodenlänge drei wichtige Kategorien: > Ultradiane Rhythmen betragen jeweils nur wenige Stunden, wie zum Beispiel Tageszeiten oder Hunger-, Schlaf- und Wachphasen bei Säuglingen. > Circadiane Rhythmen orientieren sich an Tag und Nacht. Sie dauern etwa 24 Stunden (lat. circa = ungefähr, dies = Tag). > Infradiane Rhythmen schließlich sind länger als 24 Stunden, wie beispielsweise der Wechsel der Jahreszeiten. Circadianer Rhythmus Der Mensch und seine Körperfunktionen folgen tages- und jahreszeitlichen Rhythmen. Von der Zelle bis zu den Organen, jede Einheit steuert ihr zeitliches Programm selbst. Atmung und Herzschlag, Wachen und Schlafen: Alle biochemisch kontrollierten Funktionen haben im Laufe eines Tages ihre individuellen Hoch- und Tiefpunkte. Kurz vor dem Aufwachen steigt die Körpertemperatur, Blutdruck und Pulsfrequenz erhöhen sich. Etwa eine Stunde später produziert der Körper stimulierende Hormone. Mediziner wissen, dass die gefährlichste Zeit für einen Herzinfarkt vormittags zwischen 10 und 12 Uhr ist. Zum gleichen Zeitpunkt dagegen fallen knifflige Denksportaufgaben wie Sudoku am leichtesten. Auch das Kurzzeitgedächtnis läuft jetzt auf Hochtouren, beste Voraussetzungen also für Prüfungen und Bewerbungsgespräche. Aber auch ohne etwas zu essen, hat der Mensch am Mittag ein Leistungstief. Am frühen Nachmittag geht es wieder bergauf mit Körper und Geist. Dafür ist das Schmerzempfinden auf seinem Tiefpunkt. Empfindliche Patienten sollten daher ihren Zahnarzttermin nicht morgens, sondern gegen 15 Uhr wahrnehmen. Wer zwischen 16 und 17 Uhr Sport treibt, ist besonders leistungsfähig. Die Zeit ist ideal für Muskelaufbau und Konditionstraining. Das Bier danach baut der Körper zwischen 18 und 20 Uhr am besten ab. Wenn es dunkel wird, ermüdet der Mensch. Um 3 Uhr nachts erreicht sein Organismus das absolute Tief. Die Statistik erfasst für diesen Zeitpunkt übrigens die meisten natürlichen Sterbefälle. Rhythmus ist genetisch bedingt Der Mensch hat den Rhythmus von Tag und Nacht verinnerlicht. Die Fähigkeit, den Körper auf die Tageszeit einzustellen, ist im Erbgut verankert. Versuche mit Testpersonen in Isolierkammern haben bewiesen, dass regelmäßige Schlaf- und Wachphasen auch dann eingehalten werden, wenn sie nicht durch Tageslicht stimuliert werden. Der genetisch vorgegebene Rhythmus des Menschen liegt üblicherweise bei etwas mehr als 24 Stunden. Einige folgen einem Zyklus von unter 24 Stunden, andere liegen deutlich darüber. Entsprechend lassen sich Menschen in sogenannte Chronotypen einteilen. Chronotypen [06+07] Der Mensch hat den Rhythmus von Tag und Nacht verinnerlicht: Schlaf- und Wachphasen wechseln sich ab, aber auch Körpertemperatur, Atmung und Puls folgen eigenen Rhythmen – mit individuellen Hochund Tiefpunkten zu bestimmten Tageszeiten. 6 Zwischen 12 und 14 Uhr produziert der Magen am meisten Säure. So fällt es nicht weiter schwer, das Mittagessen zu verdauen. Dabei verschlingt der Magen so viel Energie, dass der restliche Körper ermüdet. Erkennen lassen sich Chronotypen vor allem an ihren Schlafgewohnheiten. Für viele Menschen gilt: Morgenstund’ hat Gold im Mund. Die sogenannten „Lerchen“ sind 06 07 7 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen schon frühmorgens hellwach. „Eulen“ dagegen brauchen einige Zeit, um sich mit dem neuen Tag anzufreunden. Ihre innere Uhr läuft deutlich langsamer als die anderer Menschen. Die innere Uhr der Lerchen hingegen ist zu schnell. Ihr Rhythmus ist oftmals schon nach 23 Stunden abgeschlossen, der der Eulen manchmal erst nach 26 Stunden. Verglichen mit dem Durchschnitt haben beide einen verschobenen Schlaf-/WachRhythmus. Den einen drängt seine innere Uhr zum frühen Aufstehen, während sie den anderen zum Morgenmuffel macht. Vor allem die Eulen erleben einen permanenten „sozialen Jetlag“, wenn sie frühmorgens aus der Nachtruhe gerissen werden, die für sie subjektiv noch lange nicht beendet ist. Ihr Organismus passt sich trotz ausgleichender externer Faktoren wie Arbeitszeiten oder Tageslicht nur schlecht an den kürzeren Rhythmus der Erdumdrehung an. Mit jedem Werktag häufen sie ein immer größeres Schlafdefizit an, das dann am Wochenende ausgeglichen werden muss. Aber auch Frühaufsteher empfinden ihre innere Uhr als störend. Vor allem am Wochenende, wenn sie spät ins Bett gehen und dennoch am Morgen zur gewohnt frühen Zeit aufwachen. Ausgeprägte Chronotypen leiden oftmals auch gesundheitlich unter dem permanenten Konflikt mit ihrer biologischen Uhr. Sie sind anfälliger für organische Erkrankungen und greifen statistisch gesehen häufiger zu Nikotin und Alkohol. Jahreszeitliche Unterschiede Auch Sommer und Winter beeinflussen die chronobiologischen Rhythmen des Menschen. Oftmals ist er im Winter weniger fit, kann sich nur schlecht konzentrieren oder reagiert langsamer. Zudem isst er mehr, so dass Körpergewicht und Blutzuckerspiegel steigen. Darüber hinaus wirken sich die Jahreszeiten psychologisch aus. Vor allem in Gegenden mit ausgeprägten Jahreszeiten sind die Menschen im Winter nervöser als im Sommer und meist auch schlechter gelaunt. Einige Menschen sind während der dunklen Jahreszeit jedoch nicht nur leicht getrübter 8 Stimmung, sondern regelrecht depressiv. Sie leiden unter einer saisonal abhängigen Depression (Seasonal Affective Disorder = SAD). In Deutschland ist jeder zehnte Erwachsene davon betroffen (siehe Seite 20, Lichttherapie gegen SAD-Symptome). Rhythmus und Lebensalter Wenn junge Eltern oft gestresst und müde sind, dann liegt das auch an der inneren Uhr ihres Nachwuchses. Denn Säuglinge und Kleinkinder bewegen sich noch in ultradianen Rhythmen, also Phasen von jeweils drei oder vier Stunden. Erst im Alter von fünf Jahren passt sich der Mensch an Tag und Nacht an. Doch schon als Teenager entwickelt er neue Rhythmen und erntet von seinen Eltern dafür bestenfalls Unverständnis. Er geht spät ins Bett und schläft morgens gerne länger, oft auch über acht Stunden hinaus. Mit 18 bis 20 Jahren nimmt das Schlafbedürfnis dann wieder ab auf gut sieben Stunden. Mit Beginn des dreißigsten Lebensjahres lässt die Schlafqualität kontinuierlich nach. Der Mensch schläft flacher und subjektiv schlechter, obwohl er früher und regelmäßiger ins Bett geht. Die Symptomatik verschärft sich mit Überschreiten des siebzigsten Lebensjahres: Der Körper benötigt nachts immer weniger Schlaf, selbst die Körpertemperatur schwankt kaum noch im Laufe eines Tages. Der Schlaf-/Wach-Rhythmus koppelt sich zunehmend von den äußeren Taktgebern ab. Daher wird die Großmutter auch kaum auf ihren Mittagsschlaf verzichten. Je älter der Mensch wird, desto weniger unterscheidet sein Körper zwischen Tag und Nacht. 08 [08] Schlaf- und Wachrhythmen verändern sich im Laufe des Lebens. 09 [09] Leistungskurve des Menschen im Tagesverlauf: Morgens gegen 10 Uhr sind Körper und Geist am effektivsten. Um 3 Uhr nachts erreicht der Organismus seinen Tiefpunkt. 9 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 10 11 10 Die innere Uhr Jeder Mensch tickt anders. Dennoch ist er gebunden an Tag und Nacht. Alle Zellen haben ihre eigene Rhythmik im „Konzert“ des Körpers, sind aber blind für die Außenwelt. Die „Master Clock“ dirigiert die vielen inneren Uhren und synchronisiert sie mit ihrer Umwelt. Taktgeber ist das Licht. SCN ist die Master Clock Der Suprachiasmatische Nucleus (SCN) ist Mittler zwischen dem Licht und der körperlichen Reaktion darauf. Hauptaufgabe des SCN ist es, wie ein Dirigent die vielen kleinen Uhren des Körpers zu koordinieren, die keinen direkten Draht zur Außenwelt haben. Denn der Stoffwechsel muss an die Tageszeiten angepasst sein. Nur so lassen sich die vielen verschiedenen Prozesse zeitlich aufeinander abstimmen. Als Master Clock taktet der SCN die Zellen, indem er über Nervenverbindungen oder Botenstoffe die einzelnen Uhren im Körper synchronisiert. Dazu schaltet er sie an oder ab, aktiviert oder hemmt Enzyme, lässt Hormone produzieren oder blockieren. Der SCN besteht aus zwei reiskorngroßen Gehirnkernen, die über der Kreuzung der beiden Sehnerven sitzen und als Schaltzentrale unserer inneren Uhr gelten. Sie bestehen jeweils aus einigen tausend Nervenzellen, deren circadiane Rhythmen durch das Tageslicht täglich „gestellt“ werden. Dritter Lichtrezeptor [10] Der Mensch synchronisiert seine innere Uhr immer wieder mit der Außenwelt. Natürlicher Taktgeber ist das Tageslicht. [11] Erst 2002 entdeckten Wissenschaftler spezielle Ganglienzellen auf der Netzhaut, die nicht dem Sehen dienen. Sie sind im nasalen und unteren Bereich der Netzhaut am empfindlichsten. Die Zapfen und Stäbchen sind für das Sehen verantwortlich. Dass selbst Langschläfer auch ohne Wecker irgendwann von alleine aufwachen, verdanken sie ihrem circadianen Rhythmus, der durch Licht stimuliert wird. Lange war jedoch unklar, wie Menschen diese Lichtreize wahrnehmen. Erst 2002 haben Wissenschaftler neben Stäbchen und Zapfen einen dritten Fotorezeptor in der Netzhaut entdeckt. Dieser dient jedoch nicht dem Sehen. Es handelt sich um spezielle Ganglienzellen, die sich über die Netzhaut verteilen. Ganglienzellen bilden eine zum Glaskörper hin gelegene Nervenzellschicht und leiten als Ausgangsneuronen visuelle Informatio- nen der Netzhaut über den Sehnerv ins Gehirn weiter. Insgesamt unterscheidet die Wissenschaft 20 verschiedene Arten. Im neuen Typus, der den dritten Rezeptor bildet, entdeckten die Forscher das lichtempfindliche Protein Melanopsin, das zum Beispiel bekannt ist aus der Haut von Fröschen, die ihre Hautfarbe der Umgebung anpassen können. In Versuchen veränderten sich lichtunempfindliche Zellen von Mäusen zu lichtsensitiven, nachdem sie mit menschlichem Melanopsin geimpft wurden. Am empfindlichsten reagierten sie auf das blaue Licht des sichtbaren Spektrums mit einer Wellenlänge um 460 Nanometer. Beim Menschen haben Wissenschaftler den neuen Fotorezeptor daraufhin zuerst indirekt nachgewiesen. Dazu bestrahlten sie Testpersonen nachts für eineinhalb Stunden mit monochromatischem Licht verschiedener Wellenlängen und beobachteten die Konzentration des als Schlafhormon bekannten Melatonins in deren Blut. Sie verglichen die Werte vor und nach der Bestrahlung und stellten fest, dass blaues Licht die Produktion von Melatonin in der Nacht unterdrückt. Licht taktet die innere Uhr Licht ist also der entscheidende Taktgeber für den SCN. Als Reiz verarbeiten die melanopsinhaltigen Ganglienzellen es jedoch nicht visuell: Über den retino-hypothalamischen Trakt sind die Ganglienzellen direkt mit dem SCN, der Epiphyse (Zirbeldrüse) und dem Hypothalamus verbunden. Dieser ist das wohl wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems. Abends produziert die Epiphyse Melatonin. Es sorgt dafür, dass der Mensch ermüdet. Morgens sinkt der Melatoninspiegel wieder. 11 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Visueller (Grün) und biologischer (Blau) Pfad Sehzentrum Suprachiasmatischer Nucleus (SCN) Zirbeldrüse Oberes Zervikalganglion Retinohypothalamischer Trakt Rückenmark 12 Der Einfluss des Tageslichts auf den menschlichen Körper 3.00 Uhr nachts 06:00 13 12 12:00 18:00 24:00 9.00 Uhr morgens 06:00 12:00 18:00 Cortisol-Spiegel 24:00 06:00 Melatonin-Spiegel Das erste Sonnenlicht unterstützt den genetisch festgelegten Rhythmus, indem es die Produktion des Hormons zusätzlich hemmt. Hormone: Botenstoffe der inneren Uhr Verdauung, Stimmung oder Schlaf: Der Mensch ist bestimmt von komplizierten biochemischen Prozessen. Wann das Essen gut bekömmlich ist, die Leistungsfähigkeit am höchsten und der Schlaf am tiefsten sind, regeln die Hormone. Vor allem Melatonin und Cortisol bestimmen den circadianen Rhythmus, denn sie wirken im Körper entgegengesetzt. Auch der „Stimmungsaufheller“ Serotonin ist für diesen Prozess biochemisch unerlässlich. Melatonin Melatonin macht müde, entschleunigt die Körperfunktionen und senkt die Aktivität zugunsten der verdienten Nachtruhe. Es sorgt zudem dafür, dass viele Stoffwechselvorgänge zurückgefahren werden. Die Körpertemperatur sinkt, der Organismus läuft sozusagen auf Sparflamme. In dieser Phase schüttet der Körper Wachstumshormone aus, die nachts die Zellen reparieren. Cortisol [12] Stäbchen und Zapfen übertragen den optischen Reiz via Sehnerv ins Sehzentrum des Gehirns (grüner Pfad). Die Ganglienzellen des dritten Lichtrezeptors dagegen sind über den retinohypothalamischen Trakt mit dem oberen Zervikalganglion im Rückenmark und dem SCN verbunden (blauer Pfad). Über Zirbeldrüse und Hormonhaushalt synchronisiert der SCN den Körper mit der Außenwelt. [13] Cortisol und Melatonin wirken antizyklisch: Morgens produziert der Körper Cortisol. Gegen 9 Uhr ist es im Blut maximal konzentriert, fällt über den Tag dann kontinuierlich ab. Die Melatoninproduktion setzt erst mit der Dunkelheit wieder ein. Um 3 Uhr ist der Melatoninspiegel am höchsten. Cortisol dagegen ist ein Stresshormon, das etwa ab drei Uhr morgens in der Nebennierenrinde produziert wird. Es regt den Stoffwechsel wieder an und programmiert den Körper auf Tagesbetrieb. Das erste Morgenlicht reizt dann den dritten Rezeptor im Auge und unterdrückt die Produktion von Melatonin in der Epiphyse. Gleichzeitig sorgt die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) dafür, dass der Körper verstärkt Serotonin ausschüttet. Serotonin Serotonin wirkt stimmungsaufhellend und motivierend. Während der Cortisolspiegel im Blut über den Tag abfällt und sich dabei antizyklisch zum Melatoninspiegel verhält, verhilft das Serotonin dem Menschen zu mehreren Leistungshochs. Bei einbrechender Dunkelheit schaltet die innere Uhr auf Nacht. Hat der Körper tagsüber aber Lichtmangel, wird auch der Melatoninspiegel niedrig ausfallen. Die Folgen: Der Mensch schläft schlecht, wacht unausgeruht auf, ist tagsüber müde und wirkt antriebslos. Bleibt ab Herbst ein ausreichender Lichtreiz am Tag aus, kann der Prozess in eine Negativspirale münden. Einige Menschen entwickeln in dieser Zeit sogar eine saisonal abhängige Depression (SAD). Ihre innere Uhr gerät aus dem Takt, weil das hormonelle Gleichgewicht im Gehirn gestört ist. Biologische Dunkelheit Der Mensch entfernt sich heute immer mehr von seinen natürlichen Rhythmen. Viele arbeiten im Schichtbetrieb oder in fensterlosen Gebäuden. Morgens oder abends, im Supermarkt oder im Büro: Fast unbegrenzt steht künstliches Licht bereit, um Menschen das Sehen zu ermöglichen oder ihre Nacht einfach zum Tag zu machen. Doch trotz normgerechter Beleuchtung fehlen oft Dynamik und biologische Wirkung des Tageslichts. Die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang bereits von „Biologischer Dunkelheit“. Für den Menschen hat das Folgen: Seine innere Uhr gerät aus dem Takt. Künstliche Beleuchtung ergänzt Tageslicht Aufgabe biologisch wirksamen künstlichen Lichts ist es, die Wirkung von Tageslicht in Innenräumen zu unterstützen. Im Verlauf eines Tages verändern sich Einfallwinkel, Anteile an direktem und indirektem Licht, Lichtfarbe und Helligkeit. Moderne Beleuchtungskonzepte stellen deshalb Licht unterschiedlicher Farbtemperatur und unterschiedlicher Beleuchtungsstärke dynamisch bereit. Künstliches Licht kann so den menschlichen Rhythmus stabilisieren und ihn mit Zeiten synchronisieren, die von seiner inneren Uhr abweichen. Dabei ist der Zeitpunkt entscheidend, wann das Auge hellem Licht ausgesetzt wird. Licht am Abend verzögert die Melatoninproduktion und stellt die innere Uhr nach. Licht am frühen Morgen dagegen verlagert den natürlichen Rhythmus nach vorne. 13 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 14 14 Biologisch wirksames Licht Licht unterstützt die biologischen Prozesse im menschlichen Körper. Es synchronisiert den Organismus mit seiner Umwelt. Doch nicht immer und überall steht es ausreichend bereit. Gut, dass künstliches Licht dann biologisch wirksam hinzugeregelt werden kann. In der freien Natur, zu Hause oder am Arbeitsplatz: Licht ist für den Menschen unerlässlich. Zu wenig Licht kann dafür verantwortlich sein, dass sich die innere Uhr des Menschen verschiebt oder seine Schlafund Wachphasen weniger stark ausgeprägt sind. Beides wirkt sich negativ auf den chronobiologischen Rhythmus aus und kann die Gesundheit beeinträchtigen. Tageslicht und künstliche Beleuchtung kombinieren Die Helligkeit des Tageslichts hängt stark von geografischer Lage, Wetter, Jahresoder Tageszeit ab. In Mitteleuropa könnten die meisten Räume zwar von etwa 8 bis 17 Uhr mit natürlichem Licht beleuchtet werden. Doch das durch die Fenster einfallende Tageslicht reicht in der Raumtiefe meist nicht aus. Biologisch wirksame künstliche Beleuchtung kann dann zugeschaltet oder – abhängig vom Tageslicht – automatisch stufenlos hinzugeregelt werden. Tageslicht und künstliche Beleuchtung sollten einander also ergänzen und bei der Innenraumbeleuchtung nicht konkurrieren. Beide zu kombinieren, spart zudem Energie und erhöht die Beleuchtungsqualität. Faktoren biologisch wirksamen Lichts Die Natur gibt die Faktoren für biologisch wirksames Licht vor: > Beleuchtungsstärke, > Flächigkeit, > Lichtrichtung, > Farbtemperatur und > Dynamik. Tageslicht ist mehrere Tausend Lux stark. Untersuchungen zeigen jedoch, dass bereits Beleuchtungsstärken zwischen 500 und 1.500 Lux biologisch wirksam sind. Dazu muss das Licht aber auch viele Rezeptoren in der Netzhaut erreichen. Wie beim Himmel muss es deshalb großflächig von oben und von vorne ins Auge fallen. Dabei spielt die Farbtemperatur eine entscheidende Rolle: Sie sollte dem Tageslicht ähneln. Sein Spektrum enthält den biologisch wirksamen blauen Bereich und wird von Menschen als angenehm empfunden. Schließlich verändern sich Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur des Tageslichts von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang dynamisch. Künstliche Beleuchtung, die sich an diesen Parametern orientiert, unterstützt wirksam und bedarfsgerecht die positiven Effekte des Tageslichts auf den menschlichen Organismus. [14] Licht aktiviert und beeinflusst unsere Stimmung. [15] Die Farbtemperatur bestimmt, wie das Licht wirkt: Ein warmweißes Spektrum entspannt, Tageslichtweiß aktiviert. 15 15 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Biologisch wirksames Licht in Innenräumen Damit künstliche Beleuchtung in Innenräumen biologisch wirkt, orientiert sie sich am Vorbild der Natur: Intelligent gesteuert, lenkt sie die notwendigen Beleuchtungsstärken abhängig von Tageszeit und Tageslicht effektiv ins Auge. Moderne Lampen sorgen für das richtige Spektrum, Leuchten für die richtige Verteilung des Lichts. Lichtsteuerung für die Dynamik Biologisch wirksame künstliche Beleuchtung sollte auf den circadianen Rhythmus des Anwenders abgestimmt sein. Sie muss aktive Zeiten und Ruhephasen biologisch sinnvoll unterstützen. Im Verlauf eines Tages ändern sich Sonnenstand und Farbtemperatur des natürlichen Lichts. Dynamische Beleuchtung orientiert sich daran und ersetzt in Innenräumen zunehmend statische Lichtlösungen. gelingt zum Beispiel mit entsprechend großflächigen Leuchten. Der Effekt wird auch erzielt, wenn Raumbegrenzungsflächen wie der obere Teil einer Wand und die Decke als reflektierend helle Flächen genutzt werden. Dazu eignen sich insbesondere Leuchten, die ihr Licht direkt und indirekt abstrahlen oder Wand- und Deckenfluter, die ihr Licht ausschließlich indirekt verteilen. Natürliches Lichtspektrum Dazu setzt sie auf intelligente Steuerungstechnik und Sensorik. So können Leuchten, die ihr Licht gleichzeitig direkt und indirekt abstrahlen, beispielsweise mit Lichtquellen unterschiedlicher Lichtfarbe bestückt werden, die individuell angesteuert werden. Lichtmanagement-Systeme erzeugen dadurch einen bedarfsgerechten Farbtemperaturverlauf, der den natürlichen Rhythmus des Menschen unterstützt. Natürlich verteiltes Licht Verteilung und spektrale Empfindlichkeit des dritten Rezeptors auf der Netzhaut zeigen, wie perfekt sich das Auge an die natürlichen Bedingungen angepasst hat: Die sensibelsten melanopsinhaltigen Ganglienzellen sind im nasalen und unteren Bereich des Auges angeordnet (siehe S.10). Denn der Himmel beleuchtet das Auge von oben und von vorne. So muss auch künstliche Beleuchtung das Licht lenken, wenn es biologisch wirken soll. [16] Großflächige Leuchten lenken ihr Licht biologisch wirksam von vorne und von oben ins Auge. Sind Decken und oberer Teil der Wände reflektierend hell, unterstützt das den Effekt zusätzlich. 16 Untersuchungen haben gezeigt, dass der Rezeptor einen Sättigungszustand erreichen kann. Es genügt also nicht, eine Lichtquelle mit punktförmiger Lichtaustrittsfläche und hohem Blauanteil zu verwenden, um eine circadiane Wirkung zu erzielen. Dafür ist es vielmehr notwendig, möglichst viele Rezeptoren im Auge anzusprechen. Dies Elektromagnetische Wellen im Bereich von 100 Nanometer bis 1 Millimeter werden als optische Strahlung bezeichnet. Licht ist das für das menschliche Auge sichtbare Spektrum von 380 bis 780 Nanometer. Den Lichtreiz nimmt das menschliche Auge mit drei unterschiedlichen Zapfen wahr, die jeweils empfindlich auf rote, grüne oder blaue Strahlung reagieren. Allerdings empfindet der Mensch nicht jede Farbe als gleich hell. Versuche mit Testpersonen haben gezeigt, dass Farben im gelb-grünen Bereich bei 555 Nanometern am hellsten wahrgenommen werden (siehe Grafik 19, S. 19, hier Kurve v(). Kräftiges Rot oder Blau erscheinen hingegen eher dunkel. Neben den Zapfen tragen weitere Rezeptoren im Auge zum Sehprozess bei. Die Stäbchen ermöglichen es dem Menschen, auch während der Dämmerung zu sehen. Allerdings können sie keine Farben unterscheiden. Ihre Hellempfindlichkeit zeigt die Kurve v’(). Biologisch wirksam ist der blaue Bereich um 460 Nanometer (Kurve c(). Spektrum nach Maß Nachdem der dritte Lichtrezeptor nachgewiesen worden war, konnte technisch zunächst nur Leuchtstofflampen ein erhöhter 16 17 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Blauanteil beigemischt werden. Inzwischen kann die Lampen- und Leuchtenindustrie auch viele andere Lichtquellen in ihrer biologischen Wirkung optimieren. Licht emittierende Dioden (LEDs) sind besonders flexibel. Das Spektrum weißer LEDs besteht aus blauem, im Halbleiter erzeugten Licht und dem im Leuchtstoff erzeugten, breitbandigen Grün-Gelb-Anteil. Blau- und Gelbanteile können fast beliebig verändert werden. So entsteht ein Lichtspektrum nach Maß, das auch biologisch wirkt. Gelbe LEDs wirken dagegen nur minimal, rote fast gar nicht. Hersteller kombinieren in Hybrid-Leuchten daher beispielsweise warmweiße Leuchtstofflampen mit blauen LEDs oder tageslichtweiße mit gelben und 17 18 roten LEDs. So werden biologische und visuelle Wirkung individuell aufeinander abgestimmt und variiert. Nicht alle Lampen sollen biologisch wirken Einige Lichtquellen zeigen produktionsbedingt eine sogenannte Quecksilberlinie: In Abbildung 20, die das Spektrum einer Dreibanden-Leuchtstofflampe zeigt, ist sie als deutliche Spitze bei 434 Nanometer erkennbar. Sie liegt im spektralen Bereich, für den der dritte Fotorezeptor des Auges am sensibelsten ist. Doch nicht zu jeder Tageszeit ist das circadian wirksame Spektrum erwünscht. Im Rahmen des Verbundforschungsprojektes PLACAR hat die Lam- 18 pen- und Leuchtenindustrie daher Leuchtstofflampen entwickelt, die diesen Bereich eliminieren oder betonen und dennoch alle visuellen Qualitätsansprüche erfüllen. Beleuchtungsstärke variiert dynamisch projekte in Altenheimen (siehe S. 34) und Schulen (siehe S. 32): Die Beleuchtung hat dazu beigetragen, den Wach-/SchlafRhythmus älterer Menschen zu stabilisieren. Zudem waren sie kommunikativer. Schüler erbrachten bessere Leistungen, waren aufmerksamer und konzentrierter. Im Laufe eines Tages variiert dynamische Beleuchtung nicht nur die Farbtemperatur von Warmweiß bis Tageslichtweiß. Auch ihre Beleuchtungsstärke passt sich mit 500 bis 1.500 Lux dem circadianen Rhythmus des Menschen an, indem sie den natürlichen Lichtreiz bedarfsgerecht ergänzt. Besonders sinnvoll ist das für Räume, in denen sich Menschen über längere Zeit aufhalten. Die positiven Effekte zeigen Pilot- [17+18] Die Ganglienzellen des dritten Lichtrezeptors sind im nasalen und unteren Bereich der Netzhaut am empfindlichsten. Damit hat sich das Auge an die natürlichen Lichtverhältnisse angepasst, denn der Himmel beleuchtet das Auge von vorne und von oben. Licht, das aus dieser Richtung aufs Auge trifft, ist daher biologisch am wirksamsten. [19] Aktionsspektrum der Melatoninsuppression [c()] im Vergleich zur Hellempfindlichkeit des Auges beim Nacht- [v’()] und Tagsehen [v()]: Biologisch am wirksamsten ist Licht mit einer Wellenlänge zwischen 460 und 480 Nanometer. [20] PLACAR-Leuchtstofflampe mit 10.000 Kelvin Farbtemperatur 19 Forschungsprojekt PLACAR 100% – rel. Intensität 75% – 50% – 25% – 0% – | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 Wellenlänge (nm) | 700 | 750 Mit dem Auftrag, zu untersuchen, wie unterschiedliche Lampen auf verschiedene Parameter des circadianen Systems wirken, wurde 2006 das Forschungsprojekt PLACAR ins Leben gerufen. Die Abkürzung steht für „Plasmalampen für circadiane Rhythmen“. Die Forschungsergebnisse sollen langfristig dazu führen, Lampen zu entwickeln, die circadiane Rhythmen positiv beeinflussen. An PLACAR beteiligt sind die deutsche Lampen- und Leuchtenindustrie, die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité und das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald. 20 19 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Lichttherapie Biologisch wirksames Licht wird auch in der Medizin eingesetzt. Saisonal abhängige Depressionen (SAD), die in der dunklen Jahreszeit auftreten, werden mit Licht bereits erfolgreich therapiert. Erste Untersuchungen deuten jetzt darauf hin, dass die Lichttherapie auch gegen nicht saisonale Depressionen und andere Krankheiten wirkt. Bäume verlieren ihre Blätter, Störche ziehen nach Süden, und Igel halten Winterschlaf. Nur der Mensch glaubt, den Jahreszeiten trotzen zu können. Ganz klar, ein von der Natur bestimmtes Leben passt nicht in die industrialisierte Welt. Kaum ein Arbeitgeber würde akzeptieren, wenn seine Mitarbeiter ihren biologischen Rhythmen folgend zur Arbeit erschienen. Also quälen sich viele Menschen mit auffallend schlechter Stimmung durch Herbst und Winter. Saisonal abhängige Depression Der Lichtmangel ist tatsächlich ein ernstes Problem: Fehlt ausreichend natürliches Licht, entwickeln fünf bis 20 Prozent der Gesamtbevölkerung regelrechte „Mangelerscheinungen“. Symptome wie verstärktes Schlafbedürfnis, fehlende Antriebskraft, Stimmungsschwankungen und sogar Depressionen können sich in Wintermonaten zu einer saisonal abhängigen Depression (SAD) entwickeln, die therapiert werden muss. US-amerikanische Wissenschaftler haben dieses Phänomen seit Anfang der 1980erJahre erforscht. SAD unterscheidet sich von anderen Formen der Depression vor allem dadurch, dass die Symptome mit länger werdenden Tagen im Frühling abklingen, im Herbst aber wieder auftreten. Heißhunger durch Lichtmangel [21] Beim Hausarzt, in der Klinik oder bequem zu Hause: Lichttherapiegeräte beugen wirksam und unkompliziert einer saisonal abhängigen Depression vor. 20 Die Betroffenen leiden im Gegensatz zu anderen depressiven Patienten auch nicht an Schlaflosigkeit. Im Gegenteil, sie gehen früher ins Bett als im Sommer und haben dennoch Schwierigkeiten, aufzustehen. Auch Appetitlosigkeit – sonst eine typische Begleiterscheinung von Depressionen – ist ihnen fremd. Sie entwickeln sogar Heißhunger, vor allem auf Kohlenhydrate wie Schokolade, Kartoffelprodukte oder Brot. 21 21 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Wissenschaftler gehen daher von mehreren Ursachen für SAD aus: Eine Fehlfunktion der Lichtrezeptoren auf der Netzhaut kann dafür ebenso in Frage kommen wie ein nur unzureichend ausgeprägter Schlaf-/WachRhythmus und andere Faktoren. Wahrscheinlich ist, dass sich SAD-Patienten individuell schlechter an die kürzeren Wintertage anpassen. Dies wiederum bringt ihre innere Uhr aus dem Takt. Auch ein Mangel der absoluten Menge an Licht wird diskutiert. Dafür spricht die Tatsache, dass in Alaska jeder dritte Erwachsene von SAD betroffen ist, in Florida dagegen nur einer von 25. Eine vergleichende repräsentative Umfrage führender Chronobiologen in den USA und der Schweiz kommt dennoch zu einem anderen Ergebnis. Danach litten 1999 prozentual deutlich mehr Amerikaner an einer schwächer ausgeprägten SAD als Eidgenossen – trotz vergleichbaren Wetters. Die Studie stellt fest, dass SAD nicht von der Sonnenscheindauer abhängt, sondern vom individuellen Lichtverhalten. Denn um das innere Schwungrad in Bewegung zu halten, tut es auch in der dunklen Jahreszeit gut, sich tagsüber ausreichend lange im Freien zu bewegen. Therapiegeräte mit Tageslichtspektrum Für Menschen, die tagsüber nicht genügend Tageslicht bekommen, sind Lichttherapiegeräte eine echte Alternative. Kleinere Geräte gibt es auch für den häuslichen Gebrauch oder für das Büro. Sie unterscheiden sich von den professionellen Geräten in Kliniken oder bei niedergelassenen Ärzten hauptsächlich durch die Größe der leuchtenden Fläche. Klinikgeräte sind am größten. Drei bis vier Patienten können damit gleichzeitig behandelt werden. Geräte für daheim sind hingegen nur für eine Person ausgelegt. Ein Betriebsstundenzähler überwacht die Lampen. Sie büßen nach 8.000 Stunden etwa 20 Prozent ihres Lichtstroms ein und sollten dann ausgewechselt werden. Der spezielle Abstrahlungswinkel von Lichttherapiegeräten berücksichtigt die Geometrie des Auges, denn die melanopsinhaltigen Ganglienzellen (siehe S. 10) sind großflächig 22 auf der Netzhaut verteilt und im unteren Bereich am sensibelsten. Je mehr Rezeptoren angesprochen werden, desto erfolgreicher ist die Behandlung. Auch sind die menschlichen Pupillen unterschiedlich weit geöffnet. Dadurch wird die Netzhaut bei gleicher Leuchtdichte unregelmäßig bestrahlt. Schließlich trübt sich die menschliche Linse mit zunehmendem Alter ein, das Auge wird undurchlässiger für Licht. Therapiegeräte müssen daher ausreichend hell sein. Technische Anforderungen an Lichttherapiegeräte Therapeuthische Lichtquellen sollten eine Leuchtdichte von etwa 8.000 Candela pro Quadratmeter (cd/m2) haben. Die Leuchtdichte ist das Maß für den Helligkeitseindruck, den das Auge von einer leuchtenden oder beleuchteten Fläche hat. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte sie 10.000 cd/m2 nicht überschreiten. Die leuchtende Fläche der Therapiegeräte sollte möglichst groß sein. Die Helligkeit muss auf der leuchtenden Fläche möglichst gleichmäßig verteilt sein. Therapiegeräte strahlen ihr Licht in großem Winkel ab, damit sich der Patient in einem relativ weiten Bereich vor der Leuchte bewegen kann. Die Beleuchtungsstärke liegt bei bis zu 10.000 Lux, je nach Abstand zum Gerät. Als therapeuthisch wirksam gilt Licht ab einer Stärke von etwa 2.000 Lux. Die Farbtemperatur beträgt circa 6.500 Kelvin und entspricht damit dem Tageslicht um zwölf Uhr mittags. Besonders intensiv strahlt es im kurzwelligen blauen Bereich. Spezielle Glasscheiben filtern schädigendes ultraviolettes Licht völlig aus dem Spektrum heraus. In keinem Fall können und sollen Lichttherapiegeräte die Haut bräunen. Lichttherapie unterdrückt Schlafhormon Lichttherapie wirkt nach heutigen medizinischen Erkenntnissen ausschließlich über das Auge. Fällt Tageslicht auf die Netzhaut, produziert die Hypophyse im Zwischenhirn Hormone und Botenstoffe wie Serotonin. Als Neurotransmitter ist es oftmals Ursache für Depressionen, denn es ist verantwortlich für die Informationsübermittlung zwischen den Gehirnzellen. Nur wenn es ausreichend vorhanden ist, funktionieren Vitalfunktionen und Denkprozesse. Sie wiederum wirken sich auf die Psyche aus. Serotonin hellt die Stimmung auf, steigert das Wohlbefinden und motiviert. Damit der Körper verstärkt Serotonin ausschütten kann, simulieren therapeutische Lampen Intensität und Farbtemperatur des Tageslichts. Zudem produzieren sie kurzwelliges Licht im blauen Bereich des sichtbaren Spektrums, das die Ganglienzellen des dritten Fotorezeptors auf der Netzhaut reizt. Diese hemmen daraufhin die Produktion des Hormons Melatonin. Tagsüber ist der Organismus dadurch wach und leistungsfähig, nachts schläft der Mensch besser. So stabilisiert das Melatonin den circadianen Rhythmus des Menschen. Um diesen Effekt zu erreichen, genügt das künstliche Licht am Arbeitsplatz in der Regel nicht. Licht ist morgens am effektivsten Empfehlenswert ist eine Lichttherapie am Morgen, um der inneren Uhr eindeutig mitzuteilen, dass der Tag begonnen hat und sie den Körper in Schwung bringen soll. Aus dem gleichen Grund ist sie am Abend wenig sinnvoll, da die Melatoninproduktion unterdrückt und somit das Einschlafen erschwert wird. Frequenz und Dauer der Therapie sind variabel. Der Arzt legt sie im Gespräch mit seinem Patienten individuell fest, abhängig davon, wie ausgeprägt die Symptome sind. In den meisten Fällen tritt eine heilende Wirkung bereits nach ein bis zwei Wochen ein. Patienten, die regelmäßig an SAD leiden, setzen die Lichttherapie erfolgreich auch vorbeugend ein. Ernste Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt. Gelegentliche Beschwerden wie Augenreizungen, Kopfschmerzen und trockene Haut gehen nach wenigen Stunden zurück. Generell sollte vor einer Lichttherapie aber der Augenarzt konsultiert werden, denn bei bestimmten Erkrankungen des Auges ist Vorsicht geboten. Lichttherapie mit großem Potenzial Die Lichttherapie wird in jüngster Zeit vielfältig eingesetzt. Vereinzelt werden selbst Parkinson- und Alzheimerpatienten mit dem biologisch wirksamen Licht bestrahlt. Gesicherte Erkenntnisse liegen hierzu aber nicht vor. Erste Untersuchungen zeigen hingegen, dass zum Beispiel prämenstruelle Beschwerden erfolgreich therapiert werden können, vor allem die emotionalen Begleiterscheinungen. Auch gibt es Anzeichen dafür, dass bulimische Essattacken behandelt werden können, insbesondere bei saisonal bedingter Bulimie. Eine Vergleichsstudie der naturheilkundlichen Abteilung der Klinik Blankenstein in Hattingen belegt, dass Lichttherapie auch bei nicht saisonalen Depressionen gute Ergebnisse erzielt, vor allem in Kombination mit Johanniskraut. 22 Erst langsam beginnen Mediziner, die therapeutische Wirkung von Licht zu verstehen. Die Ansätze sind vielversprechend. Sicher ist aber schon jetzt, dass Lichttherapie ein natürliches Antidepressivum gegen den „Winterblues“ ist, wie die schwächere Form von SAD auch genannt wird. > 2.000 23 > 4.000 > 6.000 > 8.000 > 10.000 > 12.000 > 14.000 > 16.000 100% – rel. Intensität 75% – [22] Lichttherapiegerät für zu Hause 25% – [23] Leuchtdichteverteilung eines Lichttherapiegerätes mit Leuchtstofflampen 쏗 26 mm [24] Spektrum eines Lichttherapiegeräts (spezielle tageslichtweiße Leuchtstofflampen): Die Lichtfarbe ähnelt dem Tageslicht. 50% – 0% – | | | | | | | | 400 450 500 550 600 650 700 750 Wellenlänge (nm) 24 23 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 25 26 27 Hinweise zur Lichtplanung Tageslicht verändert sich, professionelle Beleuchtungskonzepte auch. Heute sind sie in der Lage, die biologische Wirkung von Tageslicht in Innenräume zu holen. Damit ihr Licht tatsächlich biologisch wirkt und dabei komfortables Sehen ermöglicht, müssen Lichtplaner einige Faktoren beachten. Gütemerkmale Gutes Licht unterstützt den Menschen bei seinen täglichen Aufgaben. Deshalb muss auch biologisch wirksame Beleuchtung allen visuellen Qualitätsansprüchen genügen. Ob am Schreibtisch, an der Maschine oder im Operationssaal: Licht muss den Arbeitsbereich optimal ausleuchten, ohne zu beeinträchtigen. Eine gute Beleuchtungsanlage stimmt die Beleuchtungsstärken auf die Sehaufgabe ab und verteilt die Leuchtdichte gleichmäßig im Raum. Sie begrenzt die Direkt- und Reflexblendung und hat eine gute Farbwiedergabe. Ihr Licht flimmert nicht und berücksichtigt das einfallende Tageslicht. Die grundsätzlichen Anforderungen nennt die Norm DIN EN 12464-1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen“. Sie gibt Mindestwerte für die lichttechnisch relevanten Größen vor und beschreibt Mindestvoraussetzungen für gute Beleuchtungsqualität. Für biologisch wirksames Licht muss eine Beleuchtungsanlage zudem Lichtfarbe und Lichtrichtung den Bedingungen anpassen. Die Lichtfarbe wird als Farbtemperatur in der Einheit Kelvin angegeben. Sie charakterisiert das farbliche Aussehen des Lichts einer Lampe. Die Lichtfarbe des Himmels 24 variiert überwiegend zwischen 6.000 und 10.000 Kelvin. Lichtfarbe ist entscheidend Die unterschiedlichen Farbtemperaturen der Leuchtstofflampen hängen von der Mischung des Leuchtstoffs ab. Daraus entstehen unterschiedlich ausgeprägte Lichtspektren, die sich in verschiedener Weise auf das circadiane System des Menschen auswirken. So ist Licht mit höherem Blauanteil circadian wirksamer als warmweiße Lichtfarben. Lichtverteilung im Raum Damit Licht biologisch wirken kann, ist nicht nur die Lichtfarbe wichtig. Die Augen müssen helle Bereiche im Raum auch möglichst effektiv wahrnehmen können. Zu diesem Zweck erhellen großflächige Leuchten den Raum. Alternativ sorgen Leuchten mit Indirektanteilen für die Aufhellung der Decke und des oberen Drittels der Wände. Die aktivierende Wirkung des Lichts ist in der Regel nur am Tage erwünscht. Abends sollten warme Lichtfarben gewählt werden. Dann können auch die sichtbaren Helligkeiten im oberen Bereich des Raumes reduziert werden. Für eine dynamische Beleuchtung muss darauf geachtet werden, dass das von der Lampe abgestrahlte Spektrum weder von 28 29 30 [25 – 30] Dynamische Beleuchtung im Büro: Einstellungen mit biologisch aktivierendem Licht werden im Tagesverlauf nur eingesetzt, wenn eine Aktivierung erwünscht ist. [31+32] Lichtverteilung in DarklightTechnologie: Das Licht wird für die visuellen Aufgaben am Schreibtisch bereitgestellt. 31 32 33 34 der Leuchte noch von den Umgebungsfarben im Raum negativ beeinflusst wird. Materialeigenschaften und Lichtfarbe Bei Leuchten verändern vor allem die lichtlenkenden Elemente wie Raster, Abdeckungen oder Prismen das Licht. Sie können dazu beitragen, dass ein von der Lampe abweichendes Spektrum auf das Auge trifft. Die spektralen Eigenschaften dieser Elemente bestimmen die Qualität des dynamischen Lichts. Berücksichtigt werden muss außerdem, wie alterungsbeständig die Bauteile sind, wenn sie dauerhaft Licht mit erhöhtem Blauanteil unter höheren Temperaturen ausgesetzt sind. LEDs haben häufig Linsensysteme [33+34] Optimierte Beleuchtungslösung: Biologisch wirksame Leuchten (33) strahlen ihr Licht großflächig direkt und indirekt ab, nutzen Leuchtenelemente oder die Decke und den oberen Teil der Wände als reflektierend helle Flächen (34). aus Kunststoff, deren Transmissionseigenschaften im blauen Spektralbereich über die gesamte Lebensdauer erhalten bleiben müssen. Raumumgebung und Lichtfarbe Großen Einfluss auf den Raumeindruck haben neben der Lichtfarbe der Lampen auch die Farben der Möbelstücke, der Wände und der Decke. Dunkle Farben reflektieren weniger Licht als helle. Viel Licht kann „verschluckt“ werden, wenn vor allem indirekte Leuchtensysteme ihr Licht ausschließlich gegen die Raumbegrenzungsflächen abstrahlen. Holzelemente oder Rotund Brauntöne absorbieren gar die Blauanteile des Spektrums und reduzieren so die biologische Wirkung des Lichts erheblich. 25 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Beleuchtungsqualität und Energieeffizienz Licht soll dem Menschen dienen – heute und in Zukunft. Um alle Vorteile künstlicher Beleuchtung auch morgen noch nutzen zu können, sollte das Licht auch ökologischen Ansprüchen genügen. Beleuchtungsqualität und Energieeffizienz sind kein Widerspruch. Licht ermöglicht dem Menschen, sich zu orientieren. Es unterstützt ihn bei der Arbeit, erzeugt Stimmungen und kann sogar die Gesundheit positiv beeinflussen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Mensch möglichst in jeder Lebenssituation eine optimale Beleuchtung vorfinden möchte. Energiesparende Lichtlösungen gehen dabei verantwortungsvoll mit den Ressourcen um. 19 Prozent des weltweiten Bedarfs an elektrischer Energie werden laut Internationaler Energieagentur (IEA) für die Beleuchtung verwendet. Entsprechend hoch ist der Beitrag, den intelligent eingesetztes Licht für die Energieeffizienz leisten kann. Besonders sparsame Lichtlösungen setzen an verschiedenen Punkten an: Um Bereiche mit unterschiedlichem Lichtbedarf entsprechend zu beleuchten, ist es wichtig, dass das Lichtkonzept aus mehreren Komponenten besteht. Darüber hinaus sollen Leuchten und Leuchtmittel einen hohen Wirkungsgrad haben und das Licht dimmbar sein. Moderne Lampen sind zudem äußerst langlebig. Intelligente Lichtsteuerung bietet schließlich das höchste Einsparpotenzial. Eine tageslichtabhängig gesteuerte Beleuchtung benötigt bis zu 35 Prozent weniger Energie als herkömmliche, nicht verbrauchsoptimierte Lichtlösungen. Zeit- und Anwesenheitssensoren senken den Verbrauch zusätzlich. Ergonomische Faktoren [35] Innenräume mit Tageslichtnutzung sind ideal. Eine intelligente Steuerung regelt künstliches Licht bedarfsgerecht hinzu. Das spart Energie und Kosten. 26 Verschiedene ergonomische Faktoren bestimmen die Qualität der Beleuchtung: > Sehleistung, > Erscheinungsbild, > Sehkomfort, > Vitalität und > Individualität. Energieressourcen schonen Die Beleuchtungsqualität muss der Energieeffizienz gegenübergestellt werden. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) der Bundesregierung legt Mindestanforderungen für den effizienten Betriebsenergieverbrauch von Beleuchtungsanlagen fest. Mit den in DIN V 15899 definierten Kriterien und Nutzungsrandbedingungen lässt sich der Energieverbrauch von Räumen und Gebäuden bewerten. Entspricht ein Beleuchtungskonzept beiden Qualitätsanforderungen, stehen wirtschaftliche und ökologische Aspekte nicht im Widerspruch zueinander. Dennoch darf die Anwendung der EnEV nicht dazu führen, dass die Beleuchtungsqualität vernachlässigt wird. Intelligente Lichtsteuerung ist am effizientesten In einem Forschungsprojekt untersucht das Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Holzkirchen bei München, in natürlich und künstlich beleuchteten Einzelräumen unterschiedliche Gebäudetechniken wie Heizungs-, Kühlungs- oder Lüftungsanlagen, aber auch Beleuchtungskonzepte unter realistischen Bedingungen. Mit Blick auf die Beleuchtung ist die am weitesten ausgereifte Variante eine arbeitsbereichsbezogene und tageslichtgesteuerte Indirekt-/Direkt-Beleuchtung, die die Wände zusätzlich aufhellt. In den Morgenstunden und am späteren Nachmittag werden die Stirnwände des Raumes zusätzlich beleuchtet, um mit höheren vertikalen Beleuchtungsstärken das Erscheinungsbild, die Emotionalität und den Sehkomfort zu verbessern. Ein an der Rückwand montierter Wallwasher mit einer Farbtemperatur von 6.500 Kelvin soll die Nachmittagsmüdigkeit deutlich verringern. 35 Die Messergebnisse zeigen, dass die beschriebene Lichtinstallation als „sehr gut“ einzustufen ist. Auch wenn die Anschlussleistung hoch ist, liegt der Energieverbrauch im Rahmen einer Standardbeleuchtung, allerdings bei sehr guter ergonomischer Qualität. Die beste Balance zwischen Beleuchtungsqualität und Energieeffizienz zeigen Installationen mit hohem Automatisierungsgrad. Tageslichtsteuerung und bewusstes Zu- und Abschalten von Beleuchtungskomponenten senken den Energieverbrauch deutlich. Akzentbeleuchtung ist attraktiv und motiviert Die Studie „Licht und Mensch“ des Deutschen Instituts für Angewandte Lichttechnik DIAL, Lüdenscheid, hat analysiert, wie Nutzer unterschiedlich im Raum verteiltes Licht beurteilen. Hier zeigte sich ebenfalls, dass der Raum als heller empfunden wird, wenn auch die Wände gut ausgeleuchtet werden. Außerdem steigt die Attraktivität des Raumes durch zusätzliche Akzentbeleuchtung. Die Testpersonen bewerteten die Beleuchtungssituation dann als „einladend, lebendig, freundlich oder interessant“. Rein direktes und rein indirektes Licht bewerteten sie negativ. Akzentuierte Wandflächen erhöhten hingegen das persönliche Wohlbefinden. In einer der umfassendsten Studien ihrer Art kamen Forscher des Light Right Consortiums, New York, überdies zu dem Ergebnis, dass gutes Licht die Produktivität verbessert. Neun bis 31 Prozent der Personen, deren Arbeitsplatz nur mit direkt strahlenden Systemen beleuchtet war, beurteilten diese als unangenehm. Dagegen empfanden 91 Prozent der Personen ein System aus Direkt- und Indirektbeleuch- tung sowie Wallwashern als angenehm. War die Arbeitsplatzbeleuchtung zusätzlich individuell dimmbar, zeigten sich die Mitarbeiter motivierter, ausdauernder und wacher. Außerdem arbeiteten sie genauer. Angesichts dieser Ergebnisse lassen sich Beleuchtungsqualität und Energieeffizienz nicht gegeneinander ausspielen. Intelligent gesteuertes dynamisches Licht wirkt sich positiv auf den Menschen aus. Der etwas höhere Energieverbrauch, den ein solches Beleuchtungskonzept gegenüber einer Standardlösung mit sich bringt, macht sich durch ein Mehr an Motivation, Leistung und Gesundheit bezahlt. 27 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 36 37 28 38 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht im Büro Lux, Lust und Leistung haben bei der Arbeit mehr miteinander zu tun, als es auf den ersten Blick scheint. Denn richtige Bürobeleuchtung macht Mitarbeiter nicht nur wacher – sie motiviert auch und steigert die Effizienz. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die sich damit beschäftigt, wie sich dynamische Beleuchtung am Büroarbeitsplatz auf Mitarbeiter auswirkt. Dazu arbeiteten 19 Angestellte über je vier Wochen in einem Großraumbüro bei unterschiedlichen Lichtstimmungen. Die subjektiven und messbaren Effekte verglichen die Forscher mit den Ergebnissen einer Kontrollbeleuchtung. sie 500 Lux und 3.000 Kelvin bereit. Rechtzeitig zum menschlichen Leistungstief am frühen Nachmittag aber steigt die Beleuchtungsstärke auf bis zu 1.000 Lux. Auch die Farbtemperatur erhöht sich zwischen 13.15 Uhr und 14.45 Uhr – auf etwa 8.000 Kelvin. Gleichzeitig reduziert sich der warmweiße Lichtanteil. Richtiges Licht: Die Mischung macht’s Unterschiedliche Lichtstimmungen Für die Deckenbeleuchtung wurden Elemente aus jeweils drei Einzelleuchten gewählt, die ihr Licht sowohl direkt als auch indirekt abstrahlen können. Lichtstimmung 1 entspricht mit normgerechten 500 Lux Beleuchtungsstärke und 4.000 Kelvin Farbtemperatur der Kontrollbeleuchtung. Einziger Unterschied: Die Lichtrichtung verändert sich über den Tag dynamisch. Wie die Sonne strahlt das Licht morgens direkt, wird gegen Mittag diffuser und nachmittags wieder zunehmend direkter. In Lichtstimmung 2 sind die direkt strahlenden Leuchten mit 3.000 Kelvin warmweißer Lichtfarbe ausgerüstet, die indirekt strahlenden hingegen mit kaltweißen 8.000 Kelvin. Über den größten Teil des Tages stellen [36] Farbtemperatur und Beleuchtungsstärke sind dynamisch: Auch im Büro unterstützt biologisch wirksames Licht den Menschen. Es aktiviert, motiviert und erzeugt Stimmungen. [37] Am frühen Nachmittag mobilisiert kaltweißes Licht Reserven: Es aktiviert, fördert die Konzentration und hilft so, die müde Phase nach dem Mittagessen zu überbrücken. [38] Am späten Nachmittag sorgen warme Farbtemperaturen für sanftes Hinübergleiten in den Feierabend. Während des Feldversuchs arbeiteten die Probanden normal. Morgens füllten sie Schlafprotokolle aus, die Aufschluss darüber geben sollten, wie ausgeruht sie zur Arbeit erschienen waren. Durch Reaktionstests ermittelten die Wissenschaftler den Wachheitsgrad zu bestimmten Tageszeiten. In Fragebögen äußerten sich die Teilnehmer darüber hinaus subjektiv zu Wohlbefinden, Helligkeit, Lichtrichtung und Lichtfarbe. Die Ergebnisse zeigen, dass Mitarbeiter durch ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen tageslichtweißem Indirektanteil und warmweißem Direktanteil wacher und leistungsfähiger werden. Punktuell höhere Beleuchtungsstärken und Lichtfarben wirken sich positiv auf die Reaktionszeit aus – und das nicht nur mittags, sondern nachhaltig über den ganzen Tag. Insgesamt fühlten sich die Probanden wacher und wohler. bäude mit volldynamischer Beleuchtung ausgestattet. Anregende Morgenstimmung, nachmittägliche Konzentrationsphasen oder sanftes Hinübergleiten in den Feierabend: Elektronisch steuert die Beleuchtungsanlage über den Tag voreingestellte Lichtstimmungen, die den circadianen Rhythmus des Menschen sinnvoll unterstützen. Dazu sind die großflächigen Leuchten mit tageslichtweißen und warmweißen Leuchtstofflampen ausgerüstet. Sie erzeugen stufenlos jede gewünschte Lichtfarbe zwischen 3.000 Kelvin und 5.500 Kelvin in verschiedenen Beleuchtungsstärken. Zudem lassen sich einzelne Arbeitsplätze je nach individueller Verfassung beleuchten, in Konferenzräumen darüber hinaus die passenden Lichtstimmungen für Sitzungen oder Präsentationen einstellen. Eine solche Komplettlösung benötigt etwa 25 Prozent mehr Energie als ungeregelte nicht farbveränderliche Beleuchtungsanlagen mit elektronischen Vorschaltgeräten. Die Anschaffungskosten liegen etwa 20 Prozent höher. Im gleichen Maße allerdings stieg in Hamburg die Produktivität der Mitarbeiter: Sie sind konzentrierter und fühlen sich durch die Beleuchtung motiviert. Eine dritte Lichtstimmung hat gezeigt, dass die Teilnehmer morgens und abends warme Lichtfarben als deutlich angenehmer empfinden. Produktiver durch gutes Licht Ein Beleuchtungsprojekt in Hamburg greift diese Erkenntnisse auf. Erstmals hat ein Unternehmen hier ein komplettes Büroge- 29 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Praxisbeispiel: Dynamisches Licht am Industriearbeitsplatz An der Maschine oder bei der Montage: Ins rechte Licht gerückt, sind Industriearbeiter wacher und konzentrierter. Das senkt die Fehlerquote, erhöht die Sicherheit und steigert die Produktivität. Eine Studie aus Finnland zeigt: Wenn Mitarbeiter aus der manuellen Fertigung die Wahl hätten, würden sie deutlich höhere Beleuchtungsstärken wählen als gesetzlich vorgeschrieben. Das ist das Ergebnis eines Feldversuchs in einer Produktionshalle. Bis dahin hatten Mitarbeiter elektrische Komponenten bei einer statischen Beleuchtungsstärke von 500 Lux zusammengesetzt. Das entspricht dem Wert für mittelschwere Montagearbeiten in DIN EN 12464-1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen“. Mehr als nur Sehen Für die Untersuchung haben die Wissenschaftler eine Beleuchtungsanlage installiert, die für jeden Arbeitsplatz individuell und stufenlos bis 3.000 Lux regelbar ist. Fazit: Über einen Zeitraum von 15 Monaten haben 48 von 49 Monteuren dauerhaft teils deutlich höhere Beleuchtungsstärken gewählt – obwohl bereits 500 Lux die Sehaufgabe gut unterstützen. Der Grund, warum Mitarbeiter dennoch helleres Licht wählen, muss daher auch auf nicht-visuelle Effekte zurückgeführt werden: Denn die gewählten Beleuchtungsstärken waren biologisch wirksam. Dadurch erleichterten sie nicht nur die Sehaufgabe, sie steigerten auch Konzentration, Leistung und Wohlbefinden. Eine weitere Studie unterstützt diese Ergebnisse. Dabei haben die Forscher Arbeitsplätze in einer anderen Montagehalle abwechselnd unterschiedlich beleuchtet. Die Versuchsbeleuchtung bestand aus durchgängigen Lichtbändern – wahlweise auf 800 oder 1.200 Lux Beleuchtungsstärke einstellbar. Über einen Zeitraum von 14 Monaten wechselte die Beleuchtungsstärke unregelmäßig von Schicht zu Schicht. 30 Die Auswertung ergab, dass das gleiche Produkt bei mehr Licht durchschnittlich um 7,7 Prozent schneller gefertigt wird. Kosteneffizient zu mehr Sicherheit Auch am Industriearbeitsplatz unterstützt dynamische Beleuchtung den circadianen Rhythmus des Menschen. Es aktiviert morgens und am Mittag, kann Aufmerksamkeit und Produktivität dauerhaft steigern. In Industriehallen mit Fensterfronten oder Oberlichtern kann künstliches Licht dem Tageslicht flexibel hinzugeregelt werden. Das spart Energie und Kosten. Eine solche Lösung erfordert elektronisch steuerbare Leuchtensysteme, die warmweißes Licht mit tageslichtweißem kombinieren. Sie empfehlen sich für büroähnliche Fertigungsbereiche oder kleinere Hallen mit hoher Personaldichte. Alternativ können bestehende Beleuchtungsanlagen mit Lampen kühlerer Farbtemperaturen ab 6.500 Kelvin nachgerüstet werden. Bei einem Lampenwechsel ist darauf zu achten, dass der vorgeschriebene Wartungswert der Beleuchtungsstärke eingehalten wird. Der finanzielle Aufwand ist entsprechend geringer, trotzdem ist das Licht biologisch wirksam. Es erhöht Produktivität und Motivation, vor allem aber steigert es die Konzentration und damit die Sicherheit am Industriearbeitsplatz. So hilft es auch, folgenschwere Unfälle zu vermeiden. [39] Tageslicht sorgt in der industriellen Produktion für sicheres und produktiveres Arbeiten. Es kann effektiv durch biologisch wirksame Beleuchtung ergänzt oder ersetzt werden. 39 31 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 40 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht in der Schule Licht erzeugt Stimmungen, es beruhigt oder regt an. Lichtindustrie und Forschung haben Beleuchtungsanlagen mit diesen Eigenschaften jetzt versuchsweise in Schulen installiert, um zu untersuchen, wie sich dynamisches Licht auf das Lernverhalten auswirkt. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Für die Studie wurden Klassenräume in drei Hamburger Schulen mit dynamischem Licht ausgestattet. Die Arbeitsgemeinschaft Epidemiologie und Evaluation der Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf führte die Studie von Oktober 2007 bis zu Beginn der Sommerferien 2008 durch. Licht für aufgeweckte Köpfe Untersucht wurde wöchentlich, wie sich voreingestellte Beleuchtungsprogramme auf Konzentration und Lernergebnis aus- 32 wirken. Die Daten der Gruppe, die unter dynamischem Licht lernte (Interventionsgruppe), verglichen die Forscher mit den Ergebnissen einer Kontrollgruppe, die dieselben Aufgaben wie Konzentrations- und Textverständnistests unter Standardbeleuchtung ausführte. Drei Lichtprogramme haben sich als sehr wirksam erwiesen: Lichtprogramm 1 soll die Schüler morgens zu Beginn der ersten Stunde „aktivieren“. Eine dem blauen Himmel vergleichbare Farbtemperatur von 12.000 Kelvin und 650 Lux Beleuchtungs- stärke sind wirkungsvoll. Lichtprogramm 2 unterstützt mit circa 1.000 Lux und 6.000 Kelvin „konzentriertes Arbeiten“, zum Beispiel bei wichtigen Rechen- und Schreibaufgaben oder während Klassenarbeiten. Aufgabe des dritten Lichtprogramms ist es, die Schüler mit 300 Lux und 2.700 Kelvin während Gruppendiskussionen, hektischer Schulstunden oder nach Klassenarbeiten zu „beruhigen“. Die Messergebnisse wurden ergänzt durch Befragungen, in denen Schüler und Lehrer angaben, wie zufrieden sie waren. Außer- 41 dem haben psychologische Gutachter prosoziales Verhalten und Aggressionsverhalten erfasst und ausgewertet. Konzentrierter und ruhiger Unter dem Einfluss des konzentrationsfördernden Lichts (Lichtprogramm 2) zeigten sich die Schüler der Interventionsgruppe deutlich leistungsstärker als die der Kontrollgruppe. Sie konnten ihre Fehlerquote jeweils von einem ersten Test zu einem zweiten um 45 Prozent senken. Die Kontrollgruppe hingegen, die beide Tests unter Normalbeleuchtung absolvierte, verbesserte sich um nur 17 Prozent. Auch Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit stiegen um bis zu 30 Prozent. Die Beleuchtungssituation „beruhigend“ verfehlte ihre Wirkung ebenfalls nicht. Um die Bewegungsunruhe zu messen, entwickelten die Forscher ein Videoverfahren, dass diese optisch analysiert. Die motorische Unruhe konnte in der Interventions- 42 gruppe bereits nach etwa acht Minuten um 75 Prozent gesenkt werden. Die Kontrollgruppe hingegen beruhigte sich im gleichen Zeitraum um nur etwa zehn Prozent. Die Ergebnisse der Leistungstests waren dabei vergleichbar: Alle Schüler waren trotz beruhigender Lichtwirkung unvermindert leistungsfähig. Zudem haben die Gutachter beobachtet, dass Schüler aus der Interventionsgruppe friedfertiger und umgänglicher sind. Die Schüler bestätigten diesen Eindruck. In den Fragebögen schätzten sie sich selbst als weniger aggressiv ein. Dynamisches Licht fördert Leistung Die Hamburger Studie zeigt, dass sich biologisch wirksames Licht positiv auf das Lernverhalten von Schülern auswirkt. Lehrer können die Beleuchtung an die Lernsituation anpassen und ihre Schüler so aktivieren oder zur Konzentration anhalten. Licht kann die Schüler aber auch beruhigen. Insge- samt entspannt dynamisches Licht Stresssituationen für Lehrer und Schüler – mit dem Ergebnis, dass beide Seiten bessere Leistungen erbringen können. Sicherlich sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die vorliegenden Ergebnisse zu untermauern. Dennoch bewerten die Schüler, die an dieser Studie teilgenommen haben, die an ihrer Schule installierten Lichtprogramme mit gut bis sehr gut. 70 Prozent würden Lehrern, Eltern und anderen Schülern ein dynamisches Beleuchtungskonzept weiterempfehlen. [40] Tageslicht unterstützt das Lernen. Muss es vorübergehend ausgeschlossen werden, sorgt biologisch wirksames Licht dafür, dass Schüler wach und aufmerksam bleiben. [41+42] Vor der ersten Stunde, nach dem Sportunterricht oder während Klassenarbeiten: An die Situation anpassbare Lichtstimmungen können Schüler aktivieren, beruhigen oder ihre Konzentration fördern. 33 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Praxisbeispiel: Dynamisches Licht im Seniorenheim Für die einen ist es ihr Arbeitsplatz, für die anderen das Zuhause. Die Beleuchtung in Altenpflegeheimen muss vielfältigste Anforderungen erfüllen. Sie muss Ambiente schaffen, den circadianen Rhythmus der Bewohner unterstützen und die Sehaufgaben des Pflegepersonals erleichtern. Altersbedingte Krankheitsbilder stellen hohe Anforderungen an die Beleuchtung in Pflegeheimen. Bei vielen Bewohnern hat die Sehkraft nachgelassen. Die Lebensqualität des Menschen hängt aber entscheidend davon ab, wie gut er sehen kann. Allein, weil sich ihre Linse eintrübt, benötigen ältere Menschen beispielsweise zum Lesen und Basteln Beleuchtungsstärken von 1.500 Lux. Zum Vergleich: Normen für Büros sehen 500 Lux vor. Hinzu kommt: 60 bis 80 Prozent der Seniorenheimbewohner leiden an unterschiedlichen Formen der Demenz. Die Betroffenen sind oft ruhelos, wandern unentwegt die Flure auf und ab. Ihre Bewegungsabläufe werden unsicherer und die Sturzgefahr größer. Bei Demenzkranken treten zudem Trugbilder auf, so dass sie Situationen falsch einschätzen. Schatten auf dem Boden nehmen sie leicht als Hindernisse wahr, die sie verunsichern. Oftmals zeigen sie sich auch orientierungslos oder haben einen unregelmäßigen Schlaf-/WachRhythmus. Tagsüber unbeschäftigt Diese Probleme sind häufig die Folge mangelnder Beschäftigung. Kombiniert mit unzureichender Beleuchtung kommt es tagsüber zu Nickerchen und Dämmerzuständen. Deshalb werden viele Bewohner morgens nur schwer wach, kommen abends und nachts dagegen nicht zur Ruhe. Diese Situation ist auch für Pflegekräfte belastend und erfordert einen erhöhten Personaleinsatz. Neben ausreichend hellem Licht kann biologisch wirksames Licht in Altenpflegeheimen Wohlbefinden und Aktivität der Bewohner positiv beeinflussen. In einem Projekt in Österreich untersuchten Industrie 34 und Forschung 15 Monate lang, wie sich unterschiedliche Beleuchtungsszenarien auswirken. Zu diesem Zweck statteten sie das Altenpflegeheim für Demenzkranke St. Katharina in Wien mit drei verschiedenen Beleuchtungsszenen aus: > Lichtsituation 1 erhöht die Beleuchtungsstärke von 300 Lux (Standardsituation) auf 2.000 Lux. > Lichtsituation 2 sorgt für eine Erhöhung der Lichtfarbe von 3.000 Kelvin (Standardsituation) auf 6.500 Kelvin im Flur und auf 8.000 Kelvin im Wohn-/Essbereich. > Lichtsituation 3 verändert Beleuchtungsstärke und Lichtfarbe dem Tagesverlauf entsprechend dynamisch. Installiert wurden zehn Lichtdeckenmodule mit je zwölf Lampen. Da herkömmliche Lichtquellen nur biologisch wirken, wenn die Beleuchtungsstärke drastisch erhöht wird, verwendeten die Lichtplaner spezielle Leuchtstofflampen unterschiedlicher Farbtemperatur: je viermal 3.000 Kelvin, 6.500 Kelvin und 8.000 Kelvin. Die Lampen mit der höheren Farbtemperatur verbrauchen die gleiche Energie wie konventionelle Leuchtstofflampen, sind aber bis zu 2,5 Mal biologisch wirksamer. Aktiver und kommunikativer Die Forscher verglichen die Effekte einer Standardbeleuchtung mit denen der drei neuen Lichtsituationen – jeweils über den ganzen Tag. Dabei interessierte vor allem das Kommunikationsverhalten untereinander und mit dem Pflegepersonal. Die Ergebnisse überzeugen: Bei allen drei Lichtsituationen kommunizieren die Bewohner intensiver und beteiligen sich häufiger an hauswirtschaftlichen Aktivitäten. Sie backen Kuchen und bereiten das Essen mit vor. Auch sozial sind sie aktiver. Vor allem unter hohen Beleuchtungsstärken basteln und singen sie vermehrt. So weist allein das Sozialverhalten darauf hin, dass sich die Lebensqualität der Bewohner verbessert hat. Auch auf den hell ausgeleuchteten Fluren halten sich die älteren Menschen nun gerne auf. Sie werden offensichtlich als sicherer empfunden. 43 Weil die Bewohner tagsüber aktiver sind, können sie nachts auch besser schlafen. Das biologisch wirksame Licht unterstützt den circadianen Rhythmus und kann dazu führen, dass weniger Schlafmittel benötigt werden. So entlastet es das Pflegepersonal und spart Geld, das gegen die erhöhten Anschaffungskosten einer neuen Beleuchtungsanlage verrechnet werden kann. Gerechnet auf zehn Jahre müssen zusätzlich 1,45 Euro pro Bewohner und Tag investiert werden. Die Ergebnisse dieses Projektes sind vielversprechend. Weitere Studien sind geplant, um genauer zu untersuchen, wie sich dynamisches Licht auf das Schlafverhalten auswirkt. [43– 45] Mehr Lebensqualität im Seniorenheim: Dynamisches Licht aktiviert am Morgen, ermöglicht besseres Sehen während des Tages und entspannt zum Abend. So stabilisiert es den circadianen Rhythmus der Bewohner und sorgt nachts für guten Schlaf. 44 45 35 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 46 36 Praxisbeispiel: Dynamisches Licht für zu Hause Farben beeinflussen den Betrachter in unterschiedlicher Weise: Psychologisch beruhigt blaue Farbe den Menschen. Das blaue Spektrum von Lampen hingegen wirkt biologisch aktivierend. In Wohnungen wird biologisch wirksames Licht derzeit vor allem bei der heimischen Lichttherapie und zum Aufwachen eingesetzt. Niemand kann sich der emotionalen Wirkung entziehen, die farbiges Licht ausübt. LEDs und moderne LeuchtstofflampenSysteme ermöglichen dynamische Lichtszenarien mit farbigem Licht auch für zu Hause. Unterschiedliche Farben rücken jedes Zimmer ins rechte Licht und verwandeln es in einen Erlebnisraum, der je nach Stimmung zum Entspannen einlädt oder dazu, gemeinsam mit Freunden zu feiern. Das Spektrum bestimmt die Farbe Der Mensch kann nur Farben sehen, die im Farbspektrum einer Lichtquelle enthalten sind und vom beleuchteten Objekt reflektiert werden. Jeder kennt das: Im Kaufhaus ist der vermeintlich schwarze Pullover noch das Objekt der Begierde. Bei Tageslicht stellt er sich aber eindeutig als Dunkelblau heraus. Das Sonnenlicht enthält alle für den Menschen sichtbaren Farben, nicht aber jedes Leuchtmittel. Halogenlampen strahlen das volle Farbspektrum ab und geben deshalb alle Farben wieder. Leuchtstofflampen hingegen enthalten nicht immer das komplette Spektrum. Welche biologischen Mechanismen hinter der Wirkung von farbigem Licht auf den Menschen stecken, ist wissenschaftlich nur für das blaue Spektrum bewiesen. Aus psychologischer Sicht ist nicht geklärt, wie ein Lichtreiz Emotionen hervorruft. [46] Lichtwecker für messbar sanftes Aufwachen: 30 Minuten vor der Weckzeit erhöht er nach und nach die Beleuchtungsstärke, simuliert so einen Sonnenaufgang. Großflächig verteiltes Licht wirkt biologisch Einige Wissenschaftler vermuten, dass der neu entdeckte dritte Rezeptor mitverantwortlich sein könnte für das emotionale Empfinden einer Farbe. Ein interessantes Phänomen spricht allerdings dagegen: Denn während die Psychologie Blau als beruhigend einstuft, wirkt blaues Licht biologisch aktivierend. Lichtplaner können diesen Widerspruch faktisch aber aufheben. Denn die Forscher vermuten, dass die psychologische Wirkung von einzelnen Objekten und daher von Akzentbeleuchtung ausgeht, während großflächige Allgemeinbeleuchtung biologisch wirkt. Nur ihr Licht erreicht große Bereiche der Netzhaut im Auge des Betrachters und damit den dritten Rezeptor. Allgemeinbeleuchtung sollte vor allem das Sehen unterstützen, farbiges Licht hingegen nur gezielt akzentuieren. Komplette Beleuchtungslösungen für biologisch wirksames Licht zu Hause werden derzeit noch nicht realisiert. Trotzdem muss auch daheim niemand auf dieses Licht verzichten. Seit langem gibt es Geräte für die ambulante Lichttherapie. Etwas jünger ist die Erfindung des Lichtweckers. Lichttherapie Viele Menschen leiden in der dunklen Jahreszeit unter Lichtmangel-Symptomen. Sie sind müde und antriebslos, haben Stimmungsschwankungen, die sich zu einer saisonal abhängigen Depression (SAD) entwickeln können. SAD kann mit kleineren Lichttherapiegeräten auch zu Hause gut behandelt werden. Das Lichtspektrum ist abgestimmt auf die Empfindlichkeit des dritten Fotorezeptors. Besonders intensiv strahlt es im kurzwelligen blauen Bereich und wirkt so biologisch. Die Farbtemperatur von etwa 6.500 Kelvin entspricht dem Tageslicht. Lichtwecker für natürliches Aufwachen Auch der Lichtwecker sorgt zu Hause für biologisch wirksames Licht. 30 Minuten vor der eingestellten Weckzeit erhöht er nach und nach die Beleuchtungsstärke im Raum und simuliert mit zunehmender Beleuchtungsstärke einen Sonnenaufgang. Der Mensch erwacht so auf natürliche Weise, fühlt sich frisch und ausgeschlafen. Der Lichtwecker bietet bis zu 300 Lux starkes dimmbares Licht. Klinische Studien beweisen, dass diese Beleuchtungsstärke erforderlich ist, um das Aufstehen messbar zu verbessern. Bei SAD-Patienten hat sich die morgendliche Stimmung vergleichbar zum Effekt einer medikamentösen Behandlung verbessert. Auch der Cortisol-Spiegel ist deutlich höher als ohne Lichtwecker. Anwender sind wacher und starten energiegeladen in den neuen Tag. Zudem stehen sie durchschnittlich schon nach neun Minuten auf. Ohne das Licht des Weckers dauert das bis zu 25 Minuten. Die Beleuchtungsstärke ist individuell einstellbar. Dadurch ist der Lichtwecker auch als Nachttischleuchte nutzbar, zum Beispiel für die abendliche Bettlektüre. Darüber hinaus kann sie an den persönlichen Aufwachrhythmus angepasst werden. Wer zu früh aufwacht, sollte schwächeres Licht wählen, wer grundsätzlich zu spät aufwacht, helleres. Ein wählbarer Weckton wie etwa Vogelgezwitscher unterstützt das sanfte Aufwachen. 37 100% – 100% – 75% – 75% – 75% – 50% – 25% – 0% – rel. Intensität 100% – rel. Intensität rel. Intensität licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 50% – 25% – | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 25% – | 400 | 450 Wellenlänge (nm) | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 75% – 75% – 75% – 25% – rel. Intensität 100% – rel. Intensität 100% – 50% – 50% – 25% – | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 Wellenlänge (nm) 53 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 | 750 | 700 | 750 49 100% – | 400 | 450 Wellenlänge (nm) 48 0% – | 400 Wellenlänge (nm) 47 rel. Intensität 50% – 50% – 25% – | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 Wellenlänge (nm) 54 | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 Wellenlänge (nm) 55 Lampenspektren Mit dem Wissen um seine biologische Wirkung gewinnt das Spektrum des Lichts immer mehr an Bedeutung. Lichtplaner setzen es gezielt ein, um den natürlichen Rhythmus des Menschen zu unterstützen. Eine Metrik macht die circadiane Wirkung von Lichtquellen vergleichbar. Licht löst im menschlichen Körper unterschiedliche Reaktionen aus. Die spektrale Bandbreite, die einer bestimmten Wirkung zugeschrieben werden kann, heißt Aktionsspektrum. 2002 entdeckten Forscher einen dritten Rezeptor im Auge, der auf das blaue Spektrum reagiert. Sein maximales Aktionsspektrum liegt bei etwa 460 Nanometer. Seither kommt künstlichem Licht eine neue Bedeutung zu: Unabhängig von hohen Beleuchtungsstärken können neu entwickelte Lampen mit spezifischen Lichtspektren die biologische Wirkung des Lichts nun gezielt beeinflussen. 38 Metrik für Lichtplaner Abgeleitet vom Aktionsspektrum beschreibt die circadiane Wirkungsfunktion c() (siehe Grafik 19, S. 19) die Lichtempfindlichkeit des dritten Rezeptors, abhängig von der Wellenlänge. Zusammen mit der v()-Kurve, die der Hellempfindlichkeit des menschlichen Auges entspricht, ist sie Basis für die in der DIN V 5031-100 eingeführten Metrik zur vergleichenden Bewertung von Lampenspektren. Die Messgröße heißt circadianer Wirkungsfaktor aCV und beschreibt, wie viel Energie einer Lampe für das visuelle und wie viel Energie für das biologische System bereit- stehen. Lichtplaner ziehen sie heran, um unterschiedliche Lampentypen intelligent zu kombinieren und so zu steuern, dass sie ein biologisch wirksames Beleuchtungskonzept ergeben, das sich an der Wirkung des natürlichen Tageslichts orientiert. Leuchtstofflampen mit einer Farbtemperatur von 8.000 Kelvin haben einen erhöhten Blauanteil und sind biologisch so wirksam wie Tageslicht (aCV = 1). In sogenannten Lichtdecken werden sie zum Beispiel mit den bisher von Leuchtstofflampen bekannten Farbtemperaturen von 3.000 (aCV = 0,3) und 6.500 Kelvin (aCV = 0,9) kombiniert. So lässt sich die Farbtemperatur von Warmweiß über Neutralweiß bis hin zu Ta- 100% – 75% – 75% – 75% – 50% – 25% – 0% – rel. Intensität 100% – rel. Intensität rel. Intensität 100% – 50% – 25% – | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 25% – | 400 | 450 Wellenlänge (nm) | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 75% – 75% – 75% – 25% – rel. Intensität 100% – rel. Intensität 100% – 50% – 50% – 25% – | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 Wellenlänge (nm) 56 geslichtweiß variieren und damit auch die biologische Wirkung des künstlichen Lichts. Bei vergleichbarer Beleuchtungsstärke sind tageslichtweiße Leuchtstofflampen genauso energieeffizient wie normalerweise verwendete Leuchtstofflampen, biologisch aber mindestens doppelt so wirksam. Sie steigern die Konzentration, wirken anregend und können die innere Uhr des Menschen stabilisieren. In den Abendstunden hingegen sorgen warme Lichtfarben dafür, dass der Mensch entspannt. Sie stellen den Körper langsam auf die Nacht ein und gewährleisten, dass die Produktion von Melatonin nicht unterdrückt wird, und der Mensch deshalb besser schlafen kann. | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 | 750 | 700 | 750 52 100% – | 400 | 450 Wellenlänge (nm) 51 0% – | 400 Wellenlänge (nm) 50 rel. Intensität 50% – 50% – 25% – | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 | 700 0% – | 750 Wellenlänge (nm) 57 | 400 | 450 | 500 | 550 | 600 | 650 Wellenlänge (nm) 58 [47] Spektrum einer Halogenlampe: kontinuierliches Spektrum mit hohem Rotanteil (aCV = 0,38) [54] PLACAR-Lampe mit 2.000 Kelvin Farbtemperatur und minimaler biologischer Wirkung (aCV = 0,14) [48] Lichtfarbe 825 von Leuchtstofflampen: ähnelt im Erscheinungsbild dem Warmton einer gedimmten Glühlampe und hat eine sehr geringe biologische Wirkung (aCV = 0,23) [55] PLACAR-Lampe mit 10.000 Kelvin Farbtemperatur und hoher biologischer Wirkung (aCV = 1,09) [49] Lichtfarbe 827: glühlampenähnliches Licht von Leuchtstofflampen mit geringer biologischer Wirkung (aCV = 0,27) [56] Lichtfarbe 965 für Lichttherapie: Tageslichtweiß von speziellen Leuchtstofflampen mit erhöhtem Blauanteil (aCV = 0,86) [50] Lichtfarbe 840 von Leuchtstofflampen: neutralweißes Licht (aCV = 0,52) [57] Lichtfarbe 965: tageslichtweißes Licht von Leuchtstofflampen mit verbesserter Farbwiedergabe (aCV = 0,90) [51] Lichtfarbe 965 optimiert für höchste Farbwiedergabe: tageslichtweißes Licht von Leuchtstofflampen (aCV = 0,93)) [58] Tageslicht: kontinuierliches Spektrum mit hohen Blauanteilen und hoher biologischer Wirkung (aCV = 0,94) [52] Lichtfarbe 880: Tageslichtweiß von Leuchtstofflampen mit erhöhtem Blauanteil (aCV = 0,98) [53] Leuchtstofflampe mit 17.000 Kelvin Farbtemperatur: höherer Blauanteil als Tageslicht, entsprechend erhöhte biologische Wirkung (aCV = 1,23) 39 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen 59 Ausblick: Forschung wird intensiviert Wissenschaft und Industrie sind dabei, die biologische Bedeutung des Lichts für den Menschen weiter zu erforschen. Grundlegende Erkenntnisse verfestigen sich aber schon jetzt und finden zunehmend Eingang in Beleuchtungskonzepte. Die beobachteten Effekte von Licht auf Körper, Psyche und Gemütszustand sind vielversprechend. Sie beflügeln Mediziner und Psychologen, Chronobiologen, Schlaf- und Lichtforscher gleichermaßen. Elektrisiert von den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, den Organismus gezielt über das Auge anzusprechen, stellen sie Weichen: Aus biologischer Sicht ist nun nicht mehr egal, welches Licht Menschen künftig in Innenräumen angeboten wird. Faktoren zweckgebunden optimieren Die wichtigsten Einflussgrößen circadian wirksamer Beleuchtung sind heute bekannt, sie zweckgebunden zu optimieren – 40 einzeln und in Kombination miteinander – ist der nächste Schritt. Dazu betrachten Wissenschaftler die Faktoren differenziert, wollen zum Beispiel klären, wie großflächig Leuchten und angestrahlte Raumbegrenzungsflächen idealerweise sein müssen. Das Interesse gilt aber auch dem richtigen Mix für einen gewünschten Effekt: Welches Spektrum kann den circadianen Rhythmus von Schichtarbeitern stabilisieren? Welche Beleuchtungsstärken sind dafür notwendig, und wie lange müssen sie wann bereitgestellt werden, lauten mögliche Fragestellungen. Ziel ist es, gewonnene Erkenntnisse schnell für die Lichtplanung nutzbar zu machen. Erste Erfolge Pilotprojekte in Schule, Industrie und Büro belegen schon jetzt, wie das richtige Licht zum richtigen Zeitpunkt Konzentration und Leistung steigern kann. Ebenso setzen Altenheime biologisch wirksame Beleuchtung erfolgreich ein: Altersgerechte Beleuchtung, bei der das Licht je nach Tageszeit variiert, kann den Schlaf-/Wachrhythmus der Senioren nachweislich stabilisieren. Eine erste Studie zeigt, dass der Einsatz von Schlafund Beruhigungsmitteln dadurch deutlich reduziert werden kann. weiterer Depressionen zielgerecht beeinflussen: So wirkt zum Beispiel Licht am Morgen effektiv gegen SAD. Inzwischen gibt es Therapiegeräte auch für zu Hause. Nach Bedienungsanleitung und Rücksprache mit dem Arzt werden sie künftig vermutlich dazu beitragen, vor allem SAD vermehrt vorzubeugen. Wissenschaftler erforschen intensiv, welche Krankheitsbilder erfolgreich mit Licht behandelt werden können – ohne Medikamente und ernste Nebenwirkungen. Potenzial noch nicht erschöpft Auch die moderne Lichttherapie ist ein Kind intensiver Forschung. In der Vergangenheit hat weißes Licht hoher Beleuchtungsstärke den Behandlungserfolg gesichert – vor allem im Kampf gegen die Saisonal abhängige Depression (SAD). Heute stimulieren die Geräte die Rezeptoren gezielter und noch effizienter. Dazu gehört das Wissen um den optimalen Behandlungszeitpunkt. Über ihn lassen sich circadiane Rhythmen und Symptome Doch das Potenzial circadian wirksamer Beleuchtung ist damit nicht erschöpft. Je belastbarer die Forschungsergebnisse werden, desto lauter wird der Ruf nach dynamischer Beleuchtung, die künstliches Licht mit Tageslicht kombiniert und seine biologische Wirkung in alle Innenräume holt. Wo immer sich Menschen über längere Zeit in geschlossenen Räumen aufhalten, wer- den sie in dem, was sie tun, künftig durch biologisch wirksames Licht unterstützt. Licht wird sanftes Aufwachen begleiten, könnte morgens in der U-Bahn vitalisieren und so dafür sorgen, dass der Arbeitstag schwungvoll beginnt. Schon jetzt überbrückt dynamische Beleuchtung Leistungstiefs und ermöglicht sanftes Hinübergleiten in den Feierabend. In naher Zukunft werden neue Erkenntnisse dazu führen, dass biologisch wirksames Licht praktisch allgegenwärtig ist. Auch Energieeffizienz bekommt dann eine neue Definition: Sie wird daran gemessen werden, wie sie Ressourceneinsatz, ergonomisches Licht und biologische Wirkung ins Gleichgewicht bringt. [59] Über den Dächern von Wien: Auch die Forschung beweist Weitsicht. Wo immer sich Menschen in geschlossenen Räumen aufhalten, sollen sie in dem, was sie tun, künftig durch Licht unterstützt werden. 41 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Glossar Aktionsspektrum – Spektrale Empfindlichkeit für eine durch Licht ausgelöste Wirkung. Das Maximum des Aktionsspektrums des dritten Rezeptors (siehe Dritter Rezeptor) liegt bei etwa 460 Nanometer, also im blauen Bereich des für den Menschen sichtbaren Spektrums. Cortisol (Hydrocortison) – Hormon mit anregender Wirkung auf verschiedene Körperfunktionen („Stresshormon“) Adrenalin – Hormon mit anregender Wirkung zum Beispiel auf Herz, Kreislauf oder Atmung. Produziert wird es im Kern der Nebenniere. Depression – Krankhaft gedrückte Stimmung, die der Therapie bedarf Alzheimer – Diese Krankheit ist die häufigste Form der Demenzerkrankung. Sie geht mit einer fortschreitenden Abnahme des Gehirnvolumens einher. Beleuchtungsstärke – Die Beleuchtungsstärke (Kurzzeichen: E, Maßeinheit: Lux) definiert, wie viel Licht – lichttechnisch genauer: wie viel Lichtstrom (in Lumen) – auf eine bestimmte Fläche fällt: Sie beträgt ein Lux, wenn der Lichtstrom von einem Lumen einen Quadratmeter Fläche gleichmäßig ausleuchtet. Biologische Dunkelheit – Zustand, der beschreibt, dass der biologische Rhythmus des Menschen im modernen Alltag trotz normgerechter Beleuchtung nicht ausreichend durch biologisch wirksames Licht unterstützt wird. Biorhythmus – Unspezifischer Begriff für einen natürlichen Rhythmus biologischer Zyklen bei Organismen. Chronobiologie – Lehre von zeitlichen Zusammenhängen biologischer Prozesse. Circadianer Rhythmus – Biologischer Rhythmus mit einer Periode von etwa 24 Stunden (Lateinisch: circa = ungefähr, dies = Tag), wie zum Beispiel der Schlaf-/ Wach-Rhythmus des Menschen. Licht ist der wichtigste Zeitgeber (siehe Zeitgeber) für den circadianen Rhythmus. 42 Demenz – Krankhafte Form des Nachlassens geistiger Fähigkeit, zumeist bei älteren Menschen Dritter Rezeptor – Melanopsinhaltige Sinneszellen (Ganglienzellen), die im blauen Spektralbereich sensibel sind und Helligkeitsinformationen an den SCN und die Zirbeldrüse im Zentralnervensystem übermitteln. Endogen – Im Inneren des Organismus entstanden, nicht durch Umgebungsfaktoren verursacht Epiphyse – Hormonproduzierende Drüse zwischen dem Groß- und Kleinhirn (siehe Zirbeldrüse). Sie erzeugt das „Schlafhormon“ Melatonin, das sie bei Dunkelheit ins Blut ausschüttet. Farbtemperatur – Die Lichtfarbe einer Lampe wird durch die Farbtemperatur in Kelvin (K) beschrieben. Sie wird bestimmt durch den Vergleich mit der Farbe eines „Schwarzen Strahlers“ einer bestimmten Temperatur. Je höher die Farbtemperatur ist, desto tageslichtweißer wird die Farbe. Farbwiedergabe – Sie kennzeichnet, wie gut Farben im Licht einer Lampe wiedergegeben werden. Der Farbwiedergabe-Index ist von acht häufig vorkommenden Testfarben abgeleitet. Ra = 100 steht für den besten Wert. Ganglienzellen – Nervenzellen in einem Ganglion (Nervenzellknoten), die visuelle Informationen der Netzhaut über den Sehnerv ins Gehirn weiterleiten. Zwei bis drei Prozent der Ganglienzellen sind selbst lichtempfindlich. Sie enthalten das Pigment Melanopsin und lösen biologische Reaktionen im Körper aus. Gesichtsfeld – Bereich der Umwelt, der vor den Augen liegt und ohne Augenbewegung auf der Netzhaut abgebildet werden kann. Hypophyse (Hirnanhangdrüse) – Sie reguliert den Hormonhaushalt des Körpers, indem sie selbst Hormone produziert oder durch Botenstoffe andere Organe dazu veranlasst. Hypothalamus – Das wohl wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems sitzt im Zwischenhirn und regelt über den suprachiasmatischen Nucleus (SCN) auch die circadiane Rhythmik des Menschen. Infradianer Rhythmus – Rhythmus mit einer Spanne von mehr als 24 Stunden Innere Uhr – Auch Master Clock genannt, synchronisiert die innere Uhr den Körper mit dem äußeren Tag. Sie liegt im Suprachiasmatischen Nucleus. Licht ist somit der wichtigste Zeitgeber für die innere Uhr. Sie taktet über Hormone und Botenstoffe die vielen kleinen Uhren in Körperzellen, die keine direkte Verbindung zur Umwelt haben. Licht emittierende Dioden (LEDs) – Elektronische Halbleiter, die unter Spannung Licht in den Farben Rot, Grün, Gelb oder Blau abgeben. Mit Hilfe einer zusätzlichen internen Leuchtschicht kann mit blauen LEDs weißes Licht erzeugt werden. Lichtfarbe – Die Lichtfarbe beschreibt das farbliche Aussehen des Lichts einer Lampe und wird charakterisiert durch die Farbtemperatur in Kelvin (K): Trotz gleicher Lichtfarbe können Lampen aufgrund der spektralen Zusammensetzung ihres Lichts eine sehr unterschiedliche Farbwiedergabe haben. Lichttherapie – Bestrahlung von Patienten mit biologisch wirksamem Licht (auch ultraviolettem oder infrarotem) zur Behand- 60 lung von Krankheiten. Das Licht wird vor allem bei Hautkrankheiten oder Depressionen eingesetzt. Leuchtdichte – Die Leuchtdichte (Kurzzeichen: L) ist das Maß für den Helligkeitseindruck, den das Auge von einer leuchtenden oder beleuchteten Fläche hat. Gemessen wird die Leuchtdichte in Lichtstärke pro Flächeneinheit (cd/m2). Lichtausbeute – Die Lichtausbeute beziffert, wie viel Lichtstrom eine Lampe pro Watt erzeugt. Der Quotient aus dem von einer Lampe abgegebenen Lichtstrom in Lumen (lm) und deren zuvor aufgenommener Leistung in Watt (W) ist das Maß für die Wirtschaftlichkeit einer Lampe. Je höher das Verhältnis Lumen/Watt ist, desto besser setzt eine Lampe die eingebrachte Energie in Licht um. Lichtrezeptor – Lichtempfindliche Sinneszellen, die auf sie treffende Lichtquanten (Photonen) als elektrische Signale ins Nervensystem weiterleiten. In der Netzhaut des menschlichen Auges sind dies Zapfen, Stäbchen und melanopsinhaltige Ganglienzellen. Zapfen sind für das farbige Sehen verantwortlich. Stäbchen ermöglichen das Sehen bei geringen Beleuchtungsstärken, denn sie sind lichtempfindlicher als Zapfen. Die melanopsinhaltigen Ganglienzellen sind keine Sehzellen. Sie übermitteln Helligkeitsinformationen an das Zentralnervensystem und steuern damit die innere Uhr. Lichtstrom – Der Lichtstrom (Kurzzeichen: ⌽), Maßeinheit: Lumen (lm) ist die Lichtleistung einer Lampe. Er beschreibt die von der Lichtquelle in alle Richtungen abgegebene Strahlungsleistung im sichtbaren Bereich. Lichtstärke – Die Lichtstärke (Kurzzeichen: ⌱) ist der Teil des Lichtstroms, der in eine bestimmte Richtung strahlt. Sie wird in Candela (cd) gemessen. Melanopsin – Fotopigment, das für die Lichtempfindlichkeit der retinalen Ganglienzellen verantwortlich ist. Seine Empfindlichkeit kann durch das Aktionsspektrum für die Melatoninunterdrückung beschrieben werden, dessen Maximum bei etwa 460 Nanometer – also im blauen Spektralbereich – liegt. Lichtmangel während der Wintermonate, die lichttherapeutisch behandelt werden kann. Im Frühjahr klingen die Symptome automatisch ab. Sehnerv – Nervenverbindung, über die Stäbchen und Zapfen visuelle Informationen von der Netzhaut ins Gehirn weiterleiten. Melatonin – Hormon, das dem menschlichen Körper „Nachtruhe“ signalisiert und ihn ermüden lässt. Auch als „Schlafhormon“ bezeichnet, wird es in der Epiphyse aus Serotonin gewonnen und in der Nacht freigesetzt. Es kann durch Licht in der Nacht gehemmt werden. Serotonin – Botenstoff, der Signale zwischen Nervenzellen überträgt und stimmungsaufhellend wirkt. Seine Produktion wird durch Tageslicht angeregt. Nachts wandelt die Epiphyse das Serotonin biochemisch in Melatonin um. Monochromatisches Licht – Licht nur einer Wellenlänge, das beim Menschen einen Farbeindruck erzeugt Skotopisches Sehen – Nachtsehen (mit den Stäbchen im Auge) bei Leuchtdichten unter 1 cd/m2, S. 19, Bild 19: v’(). Netzhaut – Zellschicht in der hinteren Augenwand; auf ihr sitzen die Sehzellen (Zapfen und Stäbchen), die den Lichtreiz zu visuellen Nervenimpulsen verarbeiten. Diese Impulse wiederum werden über die Ganglienzellen ins Gehirn weitergeleitet. Auch die melanopsinhaltigen Ganglienzellen (dritter Rezeptor) sitzen in der Netzhaut. Sie geben ihre Impulse aber nicht als visuelle Information über den Sehnerv ins Zwischenhirn weiter, sondern als biologische über den retinohypothalamischen Trakt. Suprachiasmatischer Nucleus (SCN) – Ansammlung einiger tausend Nervenzellen, deren Rhythmen durch das Tageslicht täglich synchronisiert werden. Er liegt oberhalb (supra) der Kreuzung der Sehnerven (Chiasma opticum) und gilt als Schaltzentrale der inneren Uhr (Master Clock), die die biologischen Prozesse im Körper zeitlich koordiniert. Photopisches Sehen – Tagsehen (vor allem mit den Zapfen im Auge), das mittlere Leuchtdichten ab etwa 3 cd/m2 erfordert, S. 19, Bild 19: v(). Retinohypothalamischer Trakt – Nervenverbindung zwischen der Netzhaut und dem Suprachiasmatischen Nucleus (SCN) im Zwischenhirn, über den die melanopsinhaltigen Ganglienzellen (dritter Rezeptor) Lichtreize als biologische Informationen weiterleiten. Ultradianer Rhythmus – Rhythmus mit einer Spanne von weniger als 24 Stunden, zum Beispiel Schlafphasen Zeitgeber – Zeitgeber sind Einflussgrößen, die sich auf die innere Uhr auswirken. Der wichtigste Zeitgeber ist Licht, das über den dritten Rezeptor im Auge den Suprachiasmatischen Nucleus (SCN) beeinflusst. Der SCN wiederum taktet als Master Clock die circadianen Rhythmen einzelner Zellen und koordiniert ihre Funktionen. Daneben gibt es auch soziale Zeitgeber wie Arbeitszeiten. Zirbeldrüse – siehe Epiphyse Saisonal abhängige Depression (SAD) – (engl. seasonal affective disorder) Krankhaft ausgeprägte Verstimmung meist bei 43 licht.wissen 19 _ Wirkung des Lichts auf den Menschen Normen, Literatur DIN EN 12464-1 Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten, Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen DIN EN 12464-2 Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten, Teil 2: Arbeitsplätze im Freien DIN EN 12665 Licht und Beleuchtung – Grundlegende Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforderungen an die Beleuchtung DIN EN 15193 Energetische Bewertung von Gebäuden – Energetische Anforderungen an die Beleuchtung DIN V 5031-100 Strahlungsphysik im optischen Bereich und Lichttechnik – Teil 100: Über das Auge vermittelte, nichtvisuelle Wirkung des Lichts auf den Menschen – Größen, Formelzeichen und Wirkungsspektren DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, Endund Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung Berson, D.M., F.A. 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Es erläutert die lichttechnischen Grundlagen und zeigt, wie wichtig das Licht für die Sicherheit ist. [licht.wissen 05] 60 Seiten Licht für Arbeitsplätze in Industrie und Handwerk: Das Heft zeigt, wie optimale Beleuchtungsanlagen ergonomisches Arbeiten ermöglichen. Es geht auch ein auf deren energieeffizienten Betrieb. [licht.wissen 10] 40 Seiten Notund Sicherheitsbeleuchtung: Das Heft informiert vor allem über die licht- und elektrotechnischen Anforderungen. Anwendungsbeispiele belegen die Bedeutung für die Sicherheit. [licht.wissen 14] 60 Seiten Anregungen für individuelle Beleuchtungskonzepte: Die Gliederung des Heftes folgt einem Hausrundgang. Fünf Kapitel „Licht-Spezial“ erläutern lichttechnische Sachverhalte, „Licht-Tipps“ ergänzen die Anwendungskapitel. licht.wissen – per Post oder als kostenfreie PDF-Datei (Download) unter www.licht.de/lichtwissen 01 02 03 04 05 06 07 Die Beleuchtung mit künstlichem Licht (2008) Gutes Licht für Schulen und Bildungsstätten (2003) Straßen, Wege und Plätze (2007) Gutes Licht für Büros und Verwaltungsgebäude (2003) Industrie und Handwerk (2009) Gutes Licht für Verkauf und Präsentation (2002) Gutes Licht im Gesundheitswesen (2004) 08 09* 10 11 12 13 14 Sport und Freizeit (2010) Repräsentative Lichtgestaltung (1997) Notbeleuchtung, Sicherheitsbeleuchtung (2008) Gutes Licht für Hotellerie und Gastronomie (2005) Beleuchtungsqualität mit Elektronik (2003) Arbeitsplätze im Freien (2007) Ideen für Gutes Licht zum Wohnen (2009) 15 16 17 18 19 Gute Beleuchtung rund ums Haus (2009) Stadtmarketing mit Licht (2002) LED – Licht aus der Leuchtdiode (2005) Gutes Licht für Museen, Galerien, Ausstellungen (2006) Wirkung des Lichts auf den Menschen (2010) * With the exception of booklet 9, all booklets are available in English as PDFs, download free of charge at www.all-about-light.org 46 Alles über Beleuchtung! Herstellerneutrale Informationen licht.de informiert über die Vorteile guter Beleuchtung. Die Fördergemeinschaft Gutes Licht hält zu allen Fragen des künstlichen Lichts und seiner richtigen Anwendung umfangreiches Informationsmaterial bereit. Die Informationen sind herstellerneutral und basieren auf den einschlägigen technischen Regelwerken nach DIN und VDE. licht.wissen Die Hefte 1 bis 19 der Schriftenreihe licht.wissen (bisher: Informationen zur Lichtanwendung) helfen allen, die auf dem Gebiet der Beleuchtung planen, Entscheidungen treffen und investieren, Grundkenntnisse zu erwerben. Damit wird die Zusammenarbeit mit Fachleuten der Licht- und Elektrotechnik erleichtert. Alle lichttechnischen Aussagen sind grundsätzlicher Art. Impressum Herausgeber licht.de Fördergemeinschaft Gutes Licht Lyoner Straße 9, 60528 Frankfurt am Main, Tel. 069 6302-353, Fax 069 6302-400 licht.de@zvei.org, www.licht.de Redaktion, Gestaltung und Realisation: rfw. kommunikation, Darmstadt Druck Druckhaus Haberbeck, Lage/Lippe ISBN-Nr. Druckausgabe 978-3-926193-58-2 ISBN-Nr. PDF-Ausgabe 978-3-926193-59-9 02/10/25/19I Berücksichtigt wurden die bei Herausgabe gültigen DIN-Normen (Bezug: Beuth Verlag, Berlin) und VDE-Vorschriften (Bezug: VDE-Verlag, Berlin). Der komplette oder auszugsweise Nachdruck von licht.wissen 19 ist mit Genehmigung des Herausgebers gestattet. licht.forum licht.forum behandelt aktuelle Fragen der Lichtanwendung und stellt Beleuchtungstrends vor. Diese kompakten Fachinformationen erscheinen in loser Folge. Bildnachweis Bildnummern Rückseite: 62 www.licht.de Das gesamte Lichtwissen wird im Internet unter www.licht.de präsentiert. Beleuchtungsbeispiele in den Rubriken „Licht für Zuhause“ und „Licht für Profis“ geben praxisorientierte Tipps für private und professionelle Lichtanwendungen. „Licht-Know-how“ bündelt Erläuterungen lichttechnischer Begriffe. Eine Datenbank mit umfangreichen Produktübersichten, Liefermatrix sowie den Adressdaten der licht.de-Mitgliedsunternehmen weist den direkten Weg zum Hersteller und seinen Produkten. „Info und Service“ ergänzen das Angebot mit einem Online-Shop mit gedruckten Publikationen und Downloads, Linktipps zu „Licht im Web“, FAQs und einem umfangreichen Lichtlexikon. 63 64 65 66 67 68 Bilder Fotolia.com: Titel (Sebastian Kaulitzki), 8 (Jeanne Hatch), 10 (Lai Leng Yiap), 14 (Corbis), 60 (Forgiss), 61 (nyul), 69 (nyul) • 3 Photocase.com/danielll • picture alliance: 4 (15141578, dieKLEINERT.de), 5 (13673642, dpa), 7 (13592144), 18 und 67 (11053447, Picture Press) • 32 Waldner Labor- und Schuleinrichtungen GmbH, Dresden Alle anderen Bilder und Grafiken wurden von licht.deMitgliedsunternehmen zur Verfügung gestellt oder im Auftrag von licht.de angefertigt. licht.wissen 19 Wirkung des Lichts auf den Menschen Fördergemeinschaft Gutes Licht Lyoner Straße 9 60528 Frankfurt am Main Germany Tel. +49 (0)69 63 02-353 Fax +49 (0)69 63 02-400 licht.de@zvei.org www.licht.de