Ferry Stocker
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Ferry Stocker Krisencheck: Licht in die verworrenen Zusammenhänge der Finanz-, Staatsschulden- und Eurokrise Steirische Wirtschaftskammer Tag der Technik 8. November 2012 © by Ferry Stocker 2011 Queen Elizabeth II, at the London School of Economics 4.11.2008 “Why did no one see this coming?” 2 by FerryStocker Stocker2011 2012 ©©© byby Ferry Ferry Stocker 2011 Übersicht: 1. Einleitung 2. Betriebsunfall oder systemisches Versagen? 3. Ein falsches Wachstumsmodell 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone 5. Auswirkungen der Finanz-, Staatsschulden- und Eurokrise 6. Schlussfolgerungen 3 by FerryStocker Stocker2011 2012 ©©© byby Ferry Ferry Stocker 2011 1. Einleitung Die Finanz-, Staatsschulden- und „Eurokrise“ („Krise3“) dominieren die wirtschaftliche Debatte – leider aber oft auf einem sehr oberflächlichen wie teilweise irrwitzigen Niveau. Im Mittelpunkt dieses Vortrags stehen drei Themenbereiche: • Die „tieferen ökonomischen Ursachen der Krise(n)“, der NichtNachhaltigkeit „unseres“ Wachstumsmodells, • weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone • Auswirkungen der Finanz-, Staatsschulden und Eurokrise 4 by FerryStocker Stocker2011 2012 ©©© byby Ferry Ferry Stocker 2011 2. Betriebsunfall oder systemisches Versagen? Ist der stärkste Wirtschaftseinbruch seit dem 2. Weltkrieg ein vorübergehendes Ereignis oder markiert er den Übergang zu einer neuen Wirtschaftsära? Ist das bisher verfolgte Wachstumsmodell der Industriestaaten noch valide oder komplett zu verwerfen? Und wenn letzteres der Fall ist, ist das Grund zur Besorgnis oder zu Optimismus? 5 by FerryStocker Stocker2011 2012 ©©© byby Ferry Ferry Stocker 2011 Jährliche Wachstumsraten des realen BIP, 1980 – 2011, (Veränderung ggü. Vorjahr in Prozent) 6 4 2 0 World Euro Area -2 -4 -6 6 Quelle: IMF World Economic Outlook Database, eigene Darstellung. FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 2. Betriebsunfall oder systemisches Versagen? Österreich: Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts 7 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 3. Ein falsches Wachstumsmodell Dieses falsche Wachstumsmodell wurde im Wesentlichen in allen „westlichen“ Ökonomien seit den 1970ern und in immer extremerer Ausprägung praktiziert. Es besteht aus • „billigem und schnellem Geld“: doppelt falsche Geldpolitik: viel zu expansiv und asymmetrisch. • Staatlicher Schuldenpolitik: falsche wie verantwortungslose Fiskalpolitik Dieses „gesamthafte“, letztlich indes illusionäre „Versicherungssystem“ („entitled to everything – responsible for nothing“) • erhöht die Systemrisiken, • führt zu enormen Fehlallokationen und • lähmt die Wachstumskräfte. FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 8 Geldmengenentwicklung 1980 - 2010 (M3, Index 1980 = 100) 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 Japan United States Euro area Quelle: OECD 9 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry © by Ferry Stocker 2012 The ECB´s and FED´s refinancing rate, % January 1999 - December 2011 7 US Fed Funds target rate 6 5 ECB 4 3 2 1,00% 1 0 (since Dec. 14th, 0,25% (since Dec. 16th, 2008) 01/99 01/00 01/01 01/02 01/03 01/04 01/05 01/06 01/07 01/08 01/09 01/10 01/11 Sources: ECB (http://www.ecb.int), FED (http://www.federalreserve.gov). FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 11 „Euro Bankbilanzen“ in Prozent der Euro-BIP 12 Quelle: Barclays Capital 2011 © by Ferry Stocker 2012 Budgetdefizite in Österreich seit 1976 © by Ferry Stocker 2012 Quelle: Stiftung Marktwirtschaft 2011 14 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry Quelle: Stiftung Marktwirtschaft 2011 15 ©© byby Ferry FerryStocker Stocker2011 2012 Wachstum M3 Euroraum - BIP Euroraum - Staatsschulden Österreich, 1999-2010 220 200 180 160 140 120 100 1999 2000 2001 2002 Index_g_BIP_real © by Ferry Stocker 2012 2003 2004 Index_g_BIP_nom 2005 2006 Index_g_debt 2007 Index_g_M3 2008 2009 2010 Deutschland und PIGS: Leistungsbilanzsalden, 1999-2011 (in % d. BIP) Quelle: OECD, 19.9.2012, eigene Darstellung. FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 17 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone Wie kann es weitergehen? Extreme Unsicherheit bezüglich künftiger Entwicklungen: „new normal“? BIP ? ? ? ? 18 2009 by FerryStocker Stocker2011 2012 ©©© byby Ferry Ferry Stocker 2011 Zeit 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone Status quo in der Eurozone: Drei miteinander verwobene Probleme: • „mangelnde Wettbewerbsfähigkeit“ einzelner EuroMitgliedsstaaten • Staatsschuldenkrisen – Zweifel an der Solvenz einzelner EuroMitgliedsstaaten • Unterkapitalisierte Banken mit z.T. hohen Risiken & hoher Intransparenz: Interbankmärkte (noch immer) nicht funktionsfähig. 19 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone Zusammenhänge zwischen diesen Problemfeldern: • Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit führt zu einem starken Wachstumseinbruch und hoher Belastung öffentlicher Haushalte … • Angesichts ohnedies hoher Schuldenstände verschärft sich das Staatsschuldenproblem … • Zweifel an der Solvenz einzelner Staaten führen zu steigenden Zinsen für diese …. • das bedeutet weitere Belastung der Staatshaushalte … und … • führt zu weiteren Verlusten (Kursverluste) der an sich bereits unterkapitalisierten Banken. FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 20 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone Succus: • Disintegration der Finanzmärkte • Lähmung der Wachstumskräfte •„Zombification of Europe“ •„New Normal“ … alles ist möglich … besonders hoher Grad an Unsicherheit … multiple Gleichgewichte! 21 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone Vier grundsätzliche Szenarien für die Eurozone: • Status quo, i.e. „Weiterwursteln“ mit „erzwungener Austerität“ • Institutionelle Reform I: Bankenunion • Institutionelle Reform II: Fiskalunion mit gemeinsamen Anleihen (politische Union) • Austritt einzelner Mitgliedsstaaten (z.B. „GREXIT“ oder Austritt der „Hartwährungsländer“/FIXIT) bis zum • totalen Zusammenbruch der Eurozone. Variante 1 und 4 instabil – Variante 5: „Armageddon“ 22 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone • Status quo, i.e. „Weiterwursteln“ mit „erzwungener Austerität“: Hier fehlt die Wachstumsdimension! Aufgrund nicht erfolgender Reformen und Bereinigungen („Pleiten“) viel zu geringes Wachstum, um Staatsschuldenquoten zu stabilisieren oder gar zu reduzieren. • Banken- bzw. Fiskalunion: Kompetenzverlagerung auf die „EU-“ bzw. „Euro-Ebene“: Fiskalpakt deutet in diese Richtung mit gemeinsamen Anleihen (Eurobonds), es bedarf aber auch gemeinsamer Bankenregulierung und -aufsicht, einschließlich euroweiter Einlagensicherung und „Bankenabwicklung“. 23 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 4. Weitere „Entwicklungsmöglichkeiten“ – insbes. in der Eurozone • Austritt einzelner Mitgliedsstaaten: z.B. GREXIT oder Austritt der „Hartwährungsländer“: „orderly exit“ oder „exit fear contagion“: hohe Gefahr der Ansteckung wie Gefährdung des Gemeinsamen Marktes („tail risk“). • Zusammenbruch der Eurozone: Möglich – aber aus mehreren Gründen nicht wahrscheinlich. 24 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 5. Allgemeine Auswirkungen der Finanz-, Staatsschulden- und Eurokrise Die Auswirkungen bleiben nicht auf den Finanz- oder den Öffentlichen Sektor beschränkt, sie erfassen alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft: • Finanzsektor • Öffentlichen Sektor • Realwirtschaft, und damit Konjunktur und Wachstum • Sozialpolitik • Gesellschaft und – zentral – den • gesellschaftlichen Zusammenhalt. 25 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 5. Allgemeine Auswirkungen der Finanz-, Staatsschulden- und Eurokrise Umfassende Auswirkungen … • Finanzsektor: Deleveraging und „RRR“: Redesign, Restructure, Resolve! • Öffentlicher Sektor: Austerität – das bedeutet aber nicht “Rasenmäher” – was und wie eingespart wird, wofür Staatsausgaben getätigt werden, zählt. • Realwirtschaft: Wettbewerb & Flexibilisierung der Arbeitsmärkte • Sozialpolitik: auf “die Bedürftigen” konzentrieren, Disincentives minimieren • Gesellschaft und – zentral – den • gesellschaftlichen Zusammenhalt … Einsicht, Aussicht und Fairness! FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 26 6. Schlussfolgerungen • Die Auswirkungen bleiben nicht auf den Finanz- oder den Öffentlichen Sektor beschränkt, sie erfassen alle Bereiche der Ökonomie und Gesellschaft. • Eine „Redimensionierung“ des Finanz- wie auch des Öffentlichen Sektors ist unabdingbar – zumindest, wenn die Ökonomie wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs kommen soll. • Es bedarf eines radikalen Kurswechsels – ansonsten droht uns das Schicksal Japans: • Zombification und • Stagnation: lost decades! 27 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry 6. Schlussfolgerungen • Alles hängt am Wachstum – dieses an grundsätzlichen, strukturellen Reformen und Neuausrichtungen. • Das größte Hemmniss für Wachstum ist die Unsicherheit bezüglich der Entwicklung der Eurozone. • Ähnlich wie bei den möglichen Entwicklungen in der Eurozone ist aber auch hier nicht auszuschließen, dass die Fehlentwicklungen der vergangenen Dekaden der „Marktwirtschaft“ bzw. dem „Neoliberalismus“ zugeschrieben werden und deshalb verstärkt planwirtschaftliche Ansätze verfolgt werden – sich also just jene Anschauungen durchsetzen, denen wir die Krisen „verdanken“. 28 FerryStocker Stocker2011 2012 ©© byby Ferry Literaturhinweise: Ferry Stocker: Zahltag: Finanz- und Wirtschaftskrise und ökonomische Prinzipien. 2. Auflage, Wien 2010, Facultas Verlag. byFerry Ferry Stocker Stocker 2012 ©©by 2011